Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Juli 2006 - II ZB 28/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Bad Kreuznach vom 18. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Beschwerdeverfahren zu tragen.
Gründe:
- 1
- I. Nachdem außergerichtliche Vergleichsverhandlungen der Parteien gescheitert waren, begehrte der Kläger mit seiner im September 2004 bei dem Landgericht Bad Kreuznach eingegangenen Klage im Urkundenprozess die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 10.225,84 € nebst Zinsen mit der Begründung, dieser Betrag stehe ihm als Abfindungsguthaben aus einem von ihm gekündigten Unterbeteiligungsvertrag zwischen den Parteien zu. Das Landgericht führte ein schriftliches Vorverfahren durch, in dessen Verlauf die Prozessbevollmächtigten der Parteien ihre grundsätzliche Bereitschaft zum Abschluss eines Vergleichs bekundeten, mit dem Gericht, das die jeweiligen Vorschläge weiterleitete, über den Inhalt dieses möglichen Vergleichs korrespondierten und auch untereinander Verhandlungen führten. Durch Beschluss vom 21. Februar 2005 stellte das Landgericht das Zustandekommen und den Inhalt des Vergleichs nach § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO fest. Hiernach haben der Kläger 30 v.H. und der Beklagte 70 v.H. der Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs zu tragen.
- 2
- In seinem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18. Juli 2005 berücksichtigte das Landgericht neben den von den Parteien zum Ausgleich angemeldeten 1,3 Verfahrensgebühren gemäß Nr. 3100 des Vergütungsverzeichnisses (im Folgenden: VV) in Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG und den 1,0 Einigungsgebühren gemäß Nr. 1003 VV auch die vom Kläger angemeldete 1,2 Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV. Das Oberlandesgericht hat auf die sofortige Beschwerde des Beklagten den Kostenfestsetzungsbeschluss um die anteilige Terminsgebühr reduziert, den Erstattungsbetrag neu festgesetzt und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
- 3
- II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des Landgerichts.
- 4
- 1. Verfehlt hat das Beschwerdegericht (NJW-RR 2006, 358 f.) die Festsetzung der Terminsgebühr abgelehnt. Nach dem unter I. geschilderten Verfahrensgang kann keine Rede davon sein, dass der Vergleich ohne Besprechungen der Prozessbevollmächtigten untereinander zustande gekommen ist.
- 5
- 2. Im Übrigen ist - auch wenn man dem Beschwerdegericht im Ausgangspunkt folgen wollte - dessen Ansicht, eine Terminsgebühr sei nicht angefallen , aus Rechtsgründen verfehlt.
- 6
- Das Beschwerdegericht hat sich zu Unrecht bei seiner Entscheidung allein vom Wortlaut der Bestimmung leiten lassen und die Gründe außer Betracht gelassen, die den Gesetzgeber zum Erlass der Regelung in Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV veranlasst haben. Danach verdient der Rechtsanwalt - wie der Senat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung in Übereinstimmung mit dem III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (Beschl. v. 27. Oktober 2005 - III ZB 42/05, NJW 2006, 157 ff.) mit Beschluss vom 3. Juli 2006 (II ZB 31/05) entschieden hat - die Terminsgebühr immer dann, wenn ein schriftlicher Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen wird, unabhängig davon, ob dies in einem Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO oder § 495 a ZPO geschieht oder die Parteien in einem Verfahren, in dem zunächst die mündliche Verhandlung vorgesehen war, durch Abschluss eines schriftlichen Vergleichs auf die mündliche Verhandlung verzichten. Das ergibt sich aus der gebotenen teleologischen Interpretation, weil der Gesetzgeber mit der Regelung in Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV hat erreichen wollen, dass der Prozessbevollmächtigte, der in einem Zivilprozess im Hinblick auf den Grundsatz der Mündlichkeit (§ 128 Abs. 1 ZPO) erwarten kann, in der mündlichen Verhandlung seine Terminsgebühr zu verdienen , keinen Gebührennachteil erleiden soll, wenn durch eine andere Verfahrensgestaltung auf eine mündliche Verhandlung verzichtet wird (BGH, Beschl. v. 27. Oktober 2005 aaO S. 158). Eine solche "andere Verfahrensgestaltung" liegt neben den in Nr. 3104 VV ausdrücklich genannten Fällen auch dann vor, wenn - wie hier - die zunächst vorgesehene mündliche Verhandlung deshalb nicht stattfindet, weil das Gericht gemäß § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO durch Beschluss das Zustandekommen und den Inhalt eines Vergleichs feststellt.
- 7
- Dem trägt die vordergründig am Wortlaut haftende Auslegung des Beschwerdegerichts nicht Rechnung. Sie hat im Gegenteil zur Folge, dass das eintreten würde, was der Gesetzgeber mit der Ausweitung der Terminsgebühr - auch im Interesse der Entlastung der Gerichte - vermeiden wollte, dass nämlich die früher geübte Praxis, einen gerichtlichen Verhandlungstermin nur um einer anwaltlichen Gebühr willen anzustreben, fortgesetzt wird (siehe hierzu Goebel BGH-Report 2006, 66).
- 8
- Beschwerdewert: 512,53 € Goette Kraemer Gehrlein Caliebe Reichart
LG Bad Kreuznach, Entscheidung vom 18.07.2005 - 2 O 335/04 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 12.10.2005 - 14 W 620/05 -
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Annotations
(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.
(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.
(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.
(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.
(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.
(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.
(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.
(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.
(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.
(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.
(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.
(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.
(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.
(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).
(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.
(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.
(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.
(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.
(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.
(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.
(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.
(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.
(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.
(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.
(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.
(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.
(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.
(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.
(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.
(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.
(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.