Landesarbeitsgericht Nürnberg Beschluss, 21. Feb. 2019 - 5 Ta 144/18

bei uns veröffentlicht am21.02.2019
vorgehend
Arbeitsgericht Nürnberg, 2 Ca 337/17, 08.11.2018

Gericht

Landesarbeitsgericht Nürnberg

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors beim Landesarbeitsgericht Nürnberg vom 20.11.2018 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 08.11.2018, Aktenzeichen: 2 Ca 337/17, wird als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die beiden Parteien haben einen Kündigungsrechtsstreit geführt. Erstinstanzlich wurde der Kündigungsschutzklage mit Endurteil vom 25.10.2017, Aktenzeichen: 2 Ca 337/17, stattgegeben. Das Endurteil wurde den Beklagtenvertretern am 05.12.2017 zugestellt. Diese haben für die Beklagte unter dem Aktenzeichen 5 Sa 437/17 Berufung beim Landesarbeitsgericht Nürnberg eingelegt. Mit Schreiben vom 23.02.2018 hat der Beklagtenvertreter mitgeteilt, dass zwischen den Parteien ein Vergleich geschlossen werden konnte. Der Vergleichstext wurde in dem Schriftsatz vom 23.02.2018 vollständig mitgeteilt. Der Schriftsatz war mit der Überschrift versehen „Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO“ (Bl. 177 d. A.). Mit weiterem Schriftsatz vom 26.02.2018 teilte der Beklagtenvertreter mit, dass sich nach Rücksprache mit dem Klägervertreter in Ziffer VII. eine Modifikation ergeben hätte, so dass in der Anlage ein nochmals modifizierter Schriftsatz dem Gericht übersandt wurde, der gleichfalls die Überschrift getragen hat „Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO“. Mit Schriftsatz vom 28.02.2018 hat der Klägervertreter sich im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg angezeigt und weiterhin beantragt, der Klägerin im Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Unterfertigten zu bewilligen. Die Formulare zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin lagen dem Schriftsatz bei. Zudem wurde beantragt, die Prozesskostenhilfe auf einen etwaigen Vergleich zu erstrecken. Weiterhin teilte der Klägervertreter mit, dass mit dem Vergleichsvorschlag der Beklagten vom 26.02.2018 entsprechend beigefügter Anlage Einverständnis bestehe und das Gericht gebeten werde, das Zustandekommen des Vergleichsvorschlages der Beklagten vom 26.02.2018 durch Beschluss gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festzustellen. Darauffolgend wurde der Klägerin mit Beschluss vom 28.02.2018 Prozesskostenhilfe bewilligt. Diese wurde auch auf den Vergleich erstreckt. Mit weiterem Beschluss vom 28.02.2018 wurde festgestellt, dass zwischen den beiden Parteien durch Annahme eines schriftlichen Vergleichsvorschlages gemäß § 278 Abs. 6 ZPO ein Prozessvergleich zustande gekommen ist. Mit Schriftsatz vom 10.03.2018 beantragte der Klägervertreter Festsetzung der Vergütung aus der Staatskasse. Der Klägervertreter brachte zum Ansatz eine 1,6 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG, eine 1,2 Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV RVG und eine 1,0 Einigungsgebühr gem. §§ 2, 13 VV 1000, 1003 RVG. Mit Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 06.04.2018, Aktenzeichen: 2 Ca 337/17/5 Sa 437/17 wurde die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung festgesetzt und lediglich eine 1,6 Verfahrensgebühr berücksichtigt. Gegen diesen Beschluss hat der Klägervertreter mit Schriftsatz vom 30.04.2018 Erinnerung eingelegt. Mit Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 06.06.2018 wurde der Erinnerung des Klägervertreters nicht abgeholfen und sie dem Kammervorsitzenden zur weiteren Entscheidung vorgelegt. Mit Beschluss vom 25.06.2018 wurde der Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 06.04.2018 abgeändert und dem Antrag des Klägervertreters entsprochen. Hiergegen hat der Bezirksrevisor mit Schreiben vom 05.07.2018 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 25.06.2018 für die Staatskasse Erinnerung eingelegt, soweit mehr als 1,1 Verfahrensgebühren zuzüglich Auslagen aus der Staatskasse erstattet worden seien. Das Arbeitsgericht Nürnberg hat mit Beschluss vom 24.09.2018 der Erinnerung des Bezirksrevisors vom 05.07.2018 nicht abgeholfen. Die Nichtabhilfeentscheidung wurde dem Bezirksrevisor am 09.11.2018 zugestellt. Dieser hat mit Schriftsatz vom 20.11.2018 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 08.11.2018 sofortige Beschwerde eingelegt, soweit mehr als 1,1 Verfahrensgebühren festgesetzt wurde. Das Arbeitsgericht Nürnberg hat mit Beschluss vom 22.11.2018 der sofortigen Beschwerde des Bezirksrevisors nicht abgeholfen und sie zur Entscheidung an das Landesarbeitsgericht Nürnberg vorgelegt. Der Bezirksrevisor hat zur Begründung seiner Beschwerde ausgeführt, dass entscheidend für die Vergütungshöhe der Beiordnungszeitpunkt und die gebührenauslösenden Tätigkeiten danach seien. Der Vergleich sei bereits am 23.02.2018 zustande gekommen. Die Beiordnung sei jedoch erst am 28.02.2018 erfolgt. Die Termins- und Einigungsgebühren hätten daher nicht mehr aus der Staatskasse erstattet werden können. Die Verfahrensgebühr betrage nur 1,1 nach VV 3201 RVG.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Staatskasse ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 08.11.2018 ist zulässig. Insbesondere ist sie gemäß §§ 56 Abs. 1, 2, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses vom 08.11.2018 eingelegt worden.

2. Die Beschwerde der Staatskasse ist unbegründet. Die Festsetzungsentscheidung des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 25.06.2018 ist zutreffend.

3. Nach § 48 Abs. 1 RVG bestimmt sich der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts gegen die Staatskasse nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet wurde. Daraus folgt, dass der Urkundsbeamte und die im Festsetzungsverfahren entscheidenden Gerichte an die Bewilligung der Prozesskostenhilfe und die Beiordnung gebunden sind (LAG Nürnberg vom 22.10.2015 - 2 Ta 118/15, Rn. 30 m.w.N.).

Zutreffend ist die von dem Bezirksrevisor geäußerte Auffassung, dass eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht kommt. Weiter weist der Bezirksrevisor zutreffend darauf hin, dass für die Festsetzung nur die gebührenauslösenden Tätigkeiten nach Gewährung von Prozesskostenhilfe zu berücksichtigen ist.

4 a) Übertragen auf den streitgegenständlichen Sachverhalt ergibt sich Folgendes:

Festzusetzen war die Verfahrensgebühr mit 1,6 entsprechend VV 3200 RVG. Eine vorzeitige Beendigung des Auftrags entsprechend VV 3201 Abs. 1 Nr. 1 RVG der eine Reduzierung wegen der vorzeitigen Beendigung des Auftrags zuließe, liegt nicht vor.

Die beiden Prozessvertreter haben gegenüber dem Gericht erklärt, dass sie beabsichtigen, einen Prozessvergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO schließen zu wollen. Der Prozessvergleich hat die Wirkung, dass er nicht nur den Prozess beendet, sondern auch einen vollstreckbaren Titel nach § 294 Abs. 1 Nr. 1 ZPO schafft. Ein den Prozess beendender und zur Zwangsvollstreckung berechtigender Prozessvergleich im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO kann nicht nur durch die Beurkundung in mündlicher Verhandlung zustandekommen, sondern auch in einem schriftlichen Verfahren. In diesem wird die gerichtliche Urkunde durch einen Beschluss ersetzt, mit dem das Gericht das Zustandekommen und den Inhalt des Vergleichs nach entsprechender Überprüfung feststellt. Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Prozessvergleiches ist, dass die Parteien entweder dem Gericht einen übereinstimmenden Vorschlag unterbreiten oder einen Vorschlag des Gerichts annehmen. In beiden Fällen bedarf es einer entsprechenden Erklärung jeder Partei gegenüber dem Gericht und es genügt nicht die Einreichung einer außergerichtlichen Einigung durch die Parteien (Zöller, 31. Aufl., § 278 Rn. 34 m.w.N., Prütting/Gehrlein, ZPO, Kommentar 8. Aufl., § 278 Nr. 16 ff., Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 77. Aufl., § 278 Rn. 64). Ein materiellrechtlicher Vergleich nach § 779 BGB kommt erst mit der Beurkundung durch das Gericht zustande (§ 154 Abs. 2 BGB). Diese Beurkundung ist im Zweifel als Abschlussvoraussetzung anzusehen. Haben die Parteien eine Beurkundung vereinbart, genügt die vollständige Willenseinigung zum Vertragsabschluss in der Regel nicht. Der Vertrag kommt nach § 154 Abs. 2 BGB im Zweifel erst mit der Beurkundung zustande (Palandt, 78. Aufl., § 154 Rn. 4 m.w.N., BAG vom 16.01.1997 - 2 AZR 35/96 zitiert nach juris).

Ist die Beurkundung des Vergleichstextes vereinbart, so sind besondere Anhaltspunkte dafür erforderlich, dass die Prozessbevollmächtigten schon dem außergerichtlichen Vergleich, der weder die Prozessbeendigung noch einen Vollstreckungstitel schaffen konnte, eine konstitutive Bedeutung beimessen wollten. Sind solche besonderen Anhaltspunkte nicht ersichtlich, bleibt es bei der Auslegungsregel des § 154 Abs. 2 BGB (BAG vom 16.01.1997 - 2 AZR 35/96 a.a.O.) und ist auch im Kostenfestsetzungsverfahren zu beachten.

Damit ist die Gebühr nach VV 3200 RVG angefallen, da die vorzeitige Beendigung des Auftrags nicht vorliegt und die Beendigung des Verfahrens, als auch der Abschluss des materiellrechtlichen Vergleiches noch eines Handelns des Prozessvertreters (Bestätigung) erforderte.

b) Daraus folgend steht dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin auch die Terminsgebühr und die Vergleichsgebühr in beantragter Höhe zu.

Wird über einen rechtshängigen Anspruch ein schriftlicher Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen, entsteht für die Prozessbevollmächtigten auch eine Terminsgebühr (BGH, Beschluss vom 22.02.2007 - VII ZB 101/06 zitiert nach juris). Der BGH hat mehrfach entschieden, dass ein Rechtsanwalt die Terminsgebühr nach Nr. 3104 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG immer dann verdient, wenn ein schriftlicher Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen wird, unabhängig davon, ob dies im Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO geschieht oder die Parteien in einem Verfahren, in dem zunächst die mündliche Verhandlung vorgesehen war, durch Abschluss eines schriftlichen Vergleichs auf die mündliche Verhandlung verzichten. Nach Ansicht des BGH ergibt sich dies aus der gebotenen gesetzlichen Interpretation. Der Gesetzgeber habe mit der Regelung in VV Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG erreichen wollen, dass der Prozessbevollmächtigte, der in einem Zivilprozess im Hinblick auf den Grundsatz der Mündlichkeit (§ 128 Abs. 1 ZPO) erwarten kann in der mündlichen Verhandlung seine Terminsgebühr zu verdienen, keinen Gebührennachteil erleiden soll, wenn durch eine andere Verfahrensgestaltung auf eine mündliche Verhandlung verzichtet wird (BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2005 - III ZB 42/05 und BGH vom 10.07.2006 - II ZB 28/05). Die erkennende Kammer sieht keine Veranlassung von den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs abzuweichen.

Die Kostenfestsetzungsentscheidung des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 25.06.2018 ist daher nicht zu beanstanden und die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Die Beschwerde ist kostenfrei (§ 56 Abs. 2 S. 2 und 3 RVG).

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 294 Glaubhaftmachung


(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. (2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 128 Grundsatz der Mündlichkeit; schriftliches Verfahren


(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich. (2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche V

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 2 Höhe der Vergütung


(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert). (2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 56 Erinnerung und Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 794 Weitere Vollstreckungstitel


(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:1.aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 278 Gütliche Streitbeilegung, Güteverhandlung, Vergleich


(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein. (2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlun

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 779 Begriff des Vergleichs, Irrtum über die Vergleichsgrundlage


(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sach

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 48 Umfang des Anspruchs und der Beiordnung


(1) Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist auf die gesetzliche Vergütung gerichtet und bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist, soweit nichts a

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 154 Offener Einigungsmangel; fehlende Beurkundung


(1) Solange nicht die Parteien sich über alle Punkte eines Vertrags geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Die Verständigung über einzel

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(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist auf die gesetzliche Vergütung gerichtet und bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist, soweit nichts anderes bestimmt ist. Erstreckt sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses oder ist die Beiordnung oder die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hierauf beschränkt, so umfasst der Anspruch alle gesetzlichen Gebühren und Auslagen, die durch die Tätigkeiten entstehen, die zur Herbeiführung der Einigung erforderlich sind.

(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen und die Beiordnung eine Berufung, eine Beschwerde wegen des Hauptgegenstands, eine Revision oder eine Rechtsbeschwerde wegen des Hauptgegenstands betrifft, wird eine Vergütung aus der Staatskasse auch für die Rechtsverteidigung gegen ein Anschlussrechtsmittel und, wenn der Rechtsanwalt für die Erwirkung eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung beigeordnet ist, auch für deren Vollziehung oder Vollstreckung gewährt. Dies gilt nicht, wenn der Beiordnungsbeschluss ausdrücklich etwas anderes bestimmt.

(3) Die Beiordnung in einer Ehesache erstreckt sich im Fall des Abschlusses eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses auf alle mit der Herbeiführung der Einigung erforderlichen Tätigkeiten, soweit der Vertrag

1.
den gegenseitigen Unterhalt der Ehegatten,
2.
den Unterhalt gegenüber den Kindern im Verhältnis der Ehegatten zueinander,
3.
die Sorge für die Person der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder,
4.
die Regelung des Umgangs mit einem Kind,
5.
die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und den Haushaltsgegenständen,
6.
die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht oder
7.
den Versorgungsausgleich
betrifft. Satz 1 gilt im Fall der Beiordnung in Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) Die Beiordnung in Angelegenheiten, in denen nach § 3 Absatz 1 Betragsrahmengebühren entstehen, erstreckt sich auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist. Die Beiordnung erstreckt sich ferner auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich der vorbereitenden Tätigkeit.

(5) In anderen Angelegenheiten, die mit dem Hauptverfahren nur zusammenhängen, erhält der für das Hauptverfahren beigeordnete Rechtsanwalt eine Vergütung aus der Staatskasse nur dann, wenn er ausdrücklich auch hierfür beigeordnet ist. Dies gilt insbesondere für

1.
die Zwangsvollstreckung, die Vollstreckung und den Verwaltungszwang;
2.
das Verfahren über den Arrest, den Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung, die einstweilige Verfügung und die einstweilige Anordnung;
3.
das selbstständige Beweisverfahren;
4.
das Verfahren über die Widerklage oder den Widerantrag, ausgenommen die Rechtsverteidigung gegen den Widerantrag in Ehesachen und in Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(6) Wird der Rechtsanwalt in Angelegenheiten nach den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses im ersten Rechtszug bestellt oder beigeordnet, erhält er die Vergütung auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung, in Strafsachen einschließlich seiner Tätigkeit vor Erhebung der öffentlichen Klage und in Bußgeldsachen einschließlich der Tätigkeit vor der Verwaltungsbehörde. Wird der Rechtsanwalt in einem späteren Rechtszug beigeordnet, erhält er seine Vergütung in diesem Rechtszug auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung. Werden Verfahren verbunden und ist der Rechtsanwalt nicht in allen Verfahren bestellt oder beigeordnet, kann das Gericht die Wirkungen des Satzes 1 auch auf diejenigen Verfahren erstrecken, in denen vor der Verbindung keine Beiordnung oder Bestellung erfolgt war.

Gründe

LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG

2 Ta 118/15

Beschluss

Datum: 22.10.2015

12 Ca 483/14 (Arbeitsgericht Nürnberg)

Rechtsvorschriften:

Leitsatz:

Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 12.03.2015, Az. 12 Ca 483/14, wird zurückgewiesen.

Gründe:

A. Streitig ist im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG die Höhe der der Prozessbevollmächtigten des Klägers aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung.

Die Prozessbevollmächtigte des Klägers erhob gegen die Beklagte mit Schriftsätzen vom 22.01.2014 für insgesamt 13 Arbeitnehmer jeweils getrennte Lohnklagen für August und September 2013 nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz und beantragte jeweils Prozesskostenhilfe sowie ihre Beiordnung als Prozessbevollmächtigte. Insgesamt wurden Löhne in Höhe von 62.603,30 € brutto geltend gemacht, davon im vorliegenden Verfahren 4.877,20 € brutto. Bei Klageeinreichung regte die Prozessbevollmächtigte außerdem an, die Klagen einheitlich einer Kammer vorzulegen, da die Sachverhalte und die Beklagtenseite identisch seien (Blatt 5 der Akten). Die Verfahren wurden entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan auf unterschiedliche Kammern verteilt und später auch nicht verbunden.

Die Klägervertreterin wurde den jeweiligen Klägern in allen 13 Verfahren beigeordnet, so auch im vorliegenden Verfahren mit Beschluss vom 23.02.2015 (Blatt 84 der Akte) rückwirkend zum 25.07.2014 unter Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Festsetzung von Monatsraten.

Die Verfahren endeten durch gerichtlich festgestellten Vergleich, im vorliegenden Fall durch Beschluss vom 05.02.2015.

Nach Abschluss der Verfahren machte die Klägervertreterin jeweils ihre Vergütung geltend und erhielt sie ausbezahlt, insgesamt 13.276,27 €. Im vorliegenden Verfahren wurde ausgehend vom Vergleichswert die Vergütung der Prozessbevollmächtigten auf 1094,21 € festgesetzt (Beschluss vom 12.03.2015).

Mit seiner Erinnerung vom 05.05.2015 wandte sich der Bezirksrevisor beim Landesarbeitsgericht Nürnberg gegen diese Festsetzungen. Die beigeordnete Anwältin sei verpflichtet gewesen, die Ansprüche im Wege der subjektiven Klagehäufung geltend zu machen, so dass letztlich nur die Kosten erstattet werden könnten, die entstanden wären, wenn alle Ansprüche zumindest in einer, maximal zwei Klagen geltend gemacht worden wären.

Der Bezirksrevisor beantragte daher,

die 13 Einzelfestsetzungen aufzuheben, einen Betrag von insgesamt 1885,56 € festzusetzen und den überzahlten Betrag von 11.390,71 € zurückzufordern.

Klägervertreterin beantragte die Erinnerung zurückzuweisen.

Die Einzelsachverhalte seien so unterschiedlich gewesen, dass die Geltendmachung in einer einzigen Klage nicht sachdienlich gewesen wäre. Verschiedene Kläger hätten unterschiedliche Vergleichsbereitschaft gezeigt. Bei der Geltendmachung in einer Klage wären die jeweils anderen Kläger nicht mehr als Zeugen, sondern lediglich als Partei zu vernehmen gewesen. Dies sei, weil sich die Kläger in den vorliegenden Fällen allein auf Zeugenbeweis hätten stützen können, nicht zumutbar gewesen. Ferner sei dem Gericht bei der Bewilligung der Prozesskostenhilfe bekannt gewesen, dass weitere 12 ähnlich gelagerte Verfahren anhängig seien. Trotzdem habe das Gericht für jedes Verfahren getrennt Prozesskostenhilfe bewilligt.

Die Urkundsbeamtin half mit Beschluss vom 26.08.2015 der Erinnerung nicht ab (VI. des Kostenhefts) und legte sie der Kammervorsitzenden vor. Die Kammervorsitzende beim Arbeitsgericht wies die Erinnerung des Bezirksrevisors mit Beschluss vom 04.09.2015 zurück (VII. des Kostenhefts).

Hiergegen erhob der Bezirksrevisor beim Landesarbeitsgericht Nürnberg mit Schriftsatz vom 04.09.2015, eingegangen beim Arbeitsgericht Nürnberg am selben Tage, Beschwerde (Blatt 89 der Akten).

Mit Beschluss vom 08.09.2015 half das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht ab und legte diese dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vor (Blatt 91, 92 der Akten).

Das Landesarbeitsgericht gab den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme bis 25.09.2015. Auf die Stellungnahmen des Bezirksrevisors vom 14.09.2015 (Blatt 94 der Akten) sowie der Klägervertreterin vom 24.09.2015 (Blatt 97, 98 der Akte) wird Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens im Beschwerdeverfahren wird auf den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.

B. Die sofortige Beschwerde der Staatskasse ist zwar zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Beschwerdegericht folgt dabei den ausführlichen Begründungen der Urkundsbeamtin im Nichtabhilfebeschluss vom 26.08.2015 und der Richterin in den Beschlüssen vom 04.09.2015 und vom 08.09.2015. Im Hinblick auf die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung erscheinen noch folgende Ausführungen veranlasst:

I. Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 12.03.2015 ist zulässig. Sie ist insbesondere gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft und gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 3 RVG innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der die Erinnerung zurückweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts vom 04.09.2015 eingelegt worden. Der Beschwerdewert von 200,- € (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG) ist deutlich überschritten.

II. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die der Klägervertreterin zu erstattenden Kosten zu Recht auf 1024,91 € festgesetzt. Das Arbeitsgericht hat die Erinnerung des Bezirksrevisors zu Recht zurückgewiesen. Dem Kläger ist Prozesskostenhilfe bewilligt und die Klägervertreterin beigeordnet worden. Damit hat die die Prozesskostenhilfe bewilligende Richterin auch entschieden, dass die Rechtsverfolgung nicht mutwillig (§ 114 Abs. 2 ZPO) war und durch die getrennte Klageerhebung nicht gegen die Pflicht zur kostensparenden Prozessführung verstoßen wurde. Der Urkundsbeamte ist hieran ebenso wie die Staatskasse und die Beschwerdekammer nach § 48 RVG gebunden. Im Übrigen läge im vorliegenden Fall ein solcher Verstoß nicht vor. Sonstige Einwände gegen die Kostenfestsetzung sind nicht erhoben und auch nicht ersichtlich.

1. Die Frage, ob die Partei gegen die Verpflichtung zur kostensparenden Rechtsverfolgung verstoßen hat, ist nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG zu prüfen, sondern im Rahmen des Verfahrens über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (LAG Hessen15.10.2012 - 13 Ta 303/12; LAG Sachsen-Anhalt 28.12.2010 - 2 Ta 172/10). Der in ständiger Rechtsprechung vertretenen gegenteiligen Ansicht des LAG München (z. B. 23.07.2012 - 10 Ta 284/11; auch LAG Nürnberg 02.02.2009 - 5 Ta 160/07) kann jedenfalls seit Inkrafttreten des mit Wirkung zum 01.01.2014 (BGBl. 2013 I 3533) neu eingefügten § 114 Abs. 2 ZPO nicht mehr gefolgt werden.

a. Es besteht allerdings Einigkeit, dass die Parteien des Rechtsstreits verpflichtet sind, die Kosten des Verfahrens angemessen niedrig zu halten. Diese Pflicht zur kostensparenden Prozessführung findet Ausdruck in der Vorschrift des § 91 Abs. 1 ZPO, wonach nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten zu erstatten sind. Sie betrifft auch die durch gerichtliche Verfahren ausgelösten Anwaltskosten. Wegen der degressiven Ausgestaltung der vom Streitwert abhängigen Anwaltsgebühren im RVG ist die Rechtsverfolgung mehrerer Ansprüche in einem Verfahren regelmäßig kostengünstiger als in getrennten Verfahren. Werden mehrere Streitgegenstände in einem Verfahren zusammengefasst, wird auch der Streitwert oftmals insgesamt niedriger festzusetzen sein (vgl. z. B. Nr. 1.6. des Streitwertkatalogs für die Arbeitsgerichtsbarkeit für das Zusammentreffen von Bestandsschutzverfahren und Annahmeverzug, NZA 2014, 745 ff). Die Partei und der sie vertretende Rechtsanwalt sind daher grundsätzlich gehalten, mehrere Ansprüche in einem Verfahren geltend zu machen, soweit nicht nachvollziehbare Sachgründe für getrennte Klagen vorliegen. Ebenso ist nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass unter bestimmten Voraussetzungen mehrere Personen gehalten sind, in einem Verfahren ihre Ansprüche zu verfolgen. Der Rechtsanwalt soll im Ergebnis nicht mehr Gebühren erstattet erhalten, als er ohne Verstoß gegen die Pflicht zur kostensparenden Prozessführung erhalten würde.

b. Im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO, in dem die obsiegende Partei die ihr zu erstattenden Kosten gegen die unterlegene Partei festsetzen lässt, wird dies dadurch erreicht, dass der nach § 21 Nr. 1 RPflG zuständige Rechtspfleger auch zu prüfen hat, ob die Partei in Anwendung des § 91 Abs. 1 ZPO und des auch das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatzes des Missbrauchsverbots gegen ihre Pflicht zur kostensparenden Rechtsverfolgung verstoßen hat. Die Partei wird dann kostenrechtlich so behandelt, als wären die Ansprüche in einem Verfahren verfolgt worden und die Gebühren entsprechend berechnet (BGH vom 11.09.2012 - VI ZB 60/11 - Rn. 7 ff).

c. Im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG - also im Verhältnis Mandant/Rechtsanwalt - wird ein Verstoß gegen die Pflicht zur kostensparenden Prozessführung nicht geprüft. Es ist zwar anerkannt, dass der Rechtsanwalt aus dem Mandatsverhältnis heraus auch seiner Partei gegenüber verpflichtet ist, die Kosten so niedrig zu halten, wie es zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist. Hat der Rechtsanwalt nicht den kostengünstigsten Weg zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gewählt und den Mandanten hierüber nicht aufgeklärt, kann der Mandant gegen die Gebührenansprüche des Rechtsanwalts mit einem eigenen Schadensersatzanspruch aufrechnen. Macht dies der Mandant im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG geltend, werden die Kosten - da es sich um eine nicht gebührenrechtliche Einwendung handelt - wegen § 11 Abs. 5 RVG nicht gegen ihn festgesetzt (BeckOK RVG/v. Seltmann RVG § 11 Rn. 57). Der Anwalt muss seine Gebühren einklagen.

d. Im hier gegenständlichen Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG, in dem die Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts gegenüber der Staatskasse festgesetzt wird, ist spätestens seit Inkrafttreten des § 114 Abs. 2 ZPO am 01.01.2014 kein Raum mehr für den zuständigen Urkundsbeamten zu überprüfen, ob die Rechtsverfolgung kostengünstiger in einem statt in mehreren Verfahren hätte erfolgen müssen.

aa. Bereits im Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (§§ 11a Abs. 1 ArbGG, 114 ff ZPO) und die anwaltliche Beiordnung (§§ 11a Abs. 1 ArbGG, 121 ZPO) ist zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung kostengünstiger in einem statt in mehreren Verfahren hätte erfolgen müssen. Dies ist Teil der Prüfung der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung (BAG vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11; vom 08.09.2011 - 3 AZB 46/10; BGH vom 21.11.2013 - III ZA 28/13).

(1) Seit 01.01.2014 ist der Begriff der Mutwilligkeit gesetzlich im neu geschaffenen § 114 Abs. 2 ZPO definiert. Danach ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung mutwillig, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder der Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Die Mutwilligkeit erfasst in erster Linie die verfahrensmäßige Geltendmachung eines Anspruchs (BAG 08.09.2011 - 3 AZB 46/10 - Rn. 15).

Mutwillig in diesem Sinne handelt eine Partei insbesondere dann, wenn eine nicht bedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde, weil ihr ein kostengünstigerer Weg offensteht und dieser Weg ebenso erfolgversprechend ist. Hätte eine bemittelte Partei, die vernünftig abwägt und die möglichen Kostenfolgen berücksichtigt, begründeten Anlass gehabt, eine gesondertes Verfahren anhängig zu machen, statt eine bereits anhängige Klage zu erweitern oder in gleich gelagerten Parallelfällen gemeinsam mit anderen Personen als Streitgenossen Klage zu erheben, wäre die Rechtsverfolgung nicht mutwillig (BAG vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn. 9 m. w. N.; vom 08.09.2011 - 3 AZB 46/10; BGH vom 21.11.2013 - III ZA 28/13 m. w. N.; GK-ArbGG/Bader § 11a ArbGG, Rn. 114, Stand April 2014 m. w. N.; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., 2014, § 114 ZPO, Rn. 34 u. 35).

(2) Gegen die erst nachträgliche Berücksichtigung einer möglichen unwirtschaftlichen Prozessführung aufgrund getrennt erhobener Klagen im Kostenfestsetzungsverfahren spricht bereits der Wortlaut der § 114 Abs. 1 ZPO. Die „beabsichtigte Rechtsverfolgung“ darf nicht mutwillig sein. Hieraus wird deutlich, dass schon vor oder jedenfalls kurze Zeit nach dem Beginn der Rechtsverfolgung und nicht erst nach Beendigung des Verfahrens feststehen soll, ob und ggf. in welchem Umfang Prozesskostenhilfe bewilligt wird. Wird erst im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt, dass eine bedürftige Partei statt einer neuen Klage kostengünstiger durch Klageerweiterung in einem anhängigen Rechtsstreit hätte geltend machen können, kann eine solche Klageerweiterung nicht mehr vorgenommen werden. Demgegenüber kann eine bedürftige Partei, deren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte, aber noch nicht erhobene neue Klage abgewiesen worden ist, häufig ihren Anspruch noch im Wege der Erweiterung der bereits anhängigen Klage verfolgen, so dass vermeidbare Mehrkosten nicht erst entstehen (BAG vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn. 13).

Auch aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt sich, dass die Frage der kostensparenden Prozessführung Teil der Mutwilligkeitsprüfung im PKH-Verfahren ist. Ziel der Reform des Prozesskostenhilfeverfahrens zum 01.01.2014 war eine Senkung der Kostenlast (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., 2014, vor § 114 ZPO, Rn. 8). Deshalb wurde beispielsweise die Sondervorschrift im arbeitsgerichtlichen Verfahren, wonach ein Rechtsanwalt beizuordnen war, wenn die Rechtsverfolgung nicht offensichtlich mutwillig war (§ 11a Abs. 1 und 2 ArbGG in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung) ersatzlos gestrichen. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass die Frage der kostensparenden Prozessführung nicht im PKH-Verfahren geprüft werden soll, hätte es nahegelegen, dies ausdrücklich zu regeln. Stattdessen hat der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 114 Abs. 2 ZPO in Kenntnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung die eigenständige Bedeutung der Mutwilligkeitsprüfung noch besonders betont (GK-ArbGG/Bader § 11a ArbGG, Rn. 115, Stand April 2014 unter Hinweis auf BT-Drucks. 17/11472).

bb. Soweit die Frage nach der kostensparenden Rechtsverfolgung bereits Teil des PKH-Verfahrens ist, ist eine nochmalige Prüfung im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG ausgeschlossen.

(1) Nach § 48 Abs. 1 RVG bestimmt sich der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist. Daraus folgt, dass der Urkundsbeamte und die im Festsetzungsverfahren entscheidenden Gerichte an die Bewilligung der Prozesskostenhilfe und die Beiordnung gebunden sind (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., § 55 Rn. 24; Bischof/Mathias, RVG, 5.Aufl, 2013, § 48 RVG Rn. 3; Riedel/Süßbauer/Ahlmann, RVG, 10. Aufl., 2015, § 55 RVG, Rn. 33).

Im Zeitpunkt der Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht aber fest, dass

- die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht oder nur zum Teil in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen,

- die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bot und

- die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig erschien.

Damit steht auch mit bindender Wirkung für das Kostenfestsetzungsverfahren fest, dass die Klageerhebung, so wie sie erfolgt oder beabsichtigt ist, nicht gegen die Verpflichtung zur kostensparenden Rechtsverfolgung verstößt, weil dies Teil der Mutwilligkeitsprüfung ist (LAG Hessen vom 15.10.2012 - 13 Ta 303/12 - Rn. 8; LAG Sachsen-Anhalt vom 28.12.2010 - 2 Ta 172/10 - Rn. 59; Musielak/Fischer, ZPO, 12.Aufl., 2015, § 121 ZPO, Rn. 31; Bischof/Mathias, RVG, 5.Aufl, 2013, § 48 RVG Rn. 3; a. A. LAG München vom 23.07.2012 - 10 Ta 284/11 unter II.2.b.bb. der Gründe; OLG Koblenz vom 17.07.2014 - 7 WF 355/14; Schneider/Volpert/Fölsch/Köpf, Kostenrecht, 1. Aufl., 2014, § 11a ArbGG, Rn. 4). Anderenfalls könnte der Urkundsbeamte über die Kostenerstattung die vom Richter getroffene Entscheidung korrigieren.

(2) Dass die Pflicht zur kostensparenden Rechtsverfolgung nicht Gegenstand des Verfahrens nach § 55 RVG ist, soweit sie Gegenstand im PKH-Verfahren ist, zeigt auch die Regelung in § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Die Vorschrift betrifft die Angaben des Antragstellers, die zur Beurteilung der Erfolgsaussicht und der fehlenden Mutwilligkeit nach § 114 ZPO erforderlich waren, also im Wesentlichen den Tatsachenvortrag zum Streitgegenstand des PKH-Verfahrens (MüKo-ZPO/Motzer, 4. Aufl., 2013, § 124 ZPO, Rn. 8). Hat der Antragsteller durch unrichtige Darstellung die fehlende Mutwilligkeit vorgetäuscht, ist die PKH-Bewilligung aufzuheben. Die unrichtige Darstellung kann auch in einem Unterlassen bestehen. Bedingter Vorsatz genügt (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., 2014, § 124 ZPO Rn. 6). Für die Aufhebung nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist der Richter zuständig, da nur die Aufhebungstatbestände des § 124 Abs. 1 Nr. 2 - 5 ZPO dem Rechtspfleger zugewiesen sind (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 c RPflG).

Das Gesetz sieht somit in § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ganz konkrete Regelungen vor, wann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung wieder aufgehoben werden kann. Ist aber die Frage der kostensparenden Rechtsverfolgung Teil der Mutwilligkeitsprüfung, so ist dieses Verfahren auch einzuhalten. Die Entscheidung ist ebenso wie die Bewilligungsentscheidung ausdrücklich dem Richter vorbehalten und weder dem Rechtspfleger noch dem Urkundsbeamten übertragen.

Darüber hinaus schützt die Regelung des § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auch das Vertrauen des Antragstellers in die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Soweit er sich diese nicht durch vorsätzliche unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses erschlichen hat, darf er darauf vertrauen, den Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber der Staatskasse zu behalten. Diese gesetzgeberische Wertung kann nicht über eine erneute Prüfung im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG konterkariert werden.

(3) Auch das BAG befürwortet eindeutig die alleinige Prüfung im PKH-Bewilligungsverfahren. Zwar formuliert das BAG in der Entscheidung vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn. 12: „Selbst wenn eine … Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Staatskasse nicht hindern würde, im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen, ob die durch den Rechtsanwalt verursachten Kosten … notwendig waren, …“. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass das BAG eine weitere Überprüfung im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG für richtig hält. Im Gegenteil: Nur zwei Randnummern weiter (Rn. 14) heißt es eindeutig, dass es nicht Sache des Urkundsbeamten im Festsetzungsverfahren sei zu beurteilen, ob ein sachlich begründeter Anlass bestanden habe, trotz der höheren Kosten von einer möglichen Klageerweiterung in einem anhängigen Rechtsstreit abzusehen, sondern Sache des Gerichts im PKH-Bewilligungsverfahren. Aus Sicht des erkennenden Beschwerdegerichts ist die zitierte offene Formulierung in Rn. 12 nur der Tatsache geschuldet, dass das BAG im Rahmen der Rechtsbeschwerde in einem PKH-Bewilligungsverfahren entschieden hat, als oberstes Bundesgericht aber nicht zur Entscheidung berufen ist, ob auch noch im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG die Frage der kostensparenden Rechtsverfolgung geprüft wird. Denn nach § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG i. V. m. § 33 Abs. 4 Satz 3 und Abs. 6 Satz 4 RVG findet eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG nicht statt.

(4) Dem entspricht auch die Rechtsprechung des BGH. Auch er prüft die Frage der kostensparenden Rechtsverfolgung im Rahmen der Mutwilligkeit im PKH-Verfahren (BGH vom 21.03.2013 - III ZA 28/13 - Rn. 9 unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung).

Die vom LAG München in ständiger Rechtsprechung zitierten Entscheidungen des BGH, wonach dies erst im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen sei, stehen dem nicht entgegen. Denn diese Entscheidungen sind nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG ergangen, wo eben keine Beschwerde zu einem obersten Bundesgericht stattfindet, sondern im Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO. Dort geht es - wie bereits dargetan - nicht um die Kostenerstattung durch die Staatskasse, sondern durch den unterlegenen Gegner. Ein Prozesskostenhilfeverfahren mit Mutwilligkeitsprüfung hatte nicht stattgefunden (vgl. BGH vom 02.05.2007 - XII ZB 156/06 = MDR 2007, 1160). Die Frage der Bindung an eine vorangegangene richterliche Entscheidung stellte sich insoweit nicht.

(5) Zwischen den Kostenerstattungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO und nach § 55 RVG bestehen wesentliche Unterschiede. Deshalb kann aus der Zulässigkeit der Prüfung der kostensparenden Rechtsverfolgung im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO nicht die Zulässigkeit dieser Prüfung im Verfahren nach § 55 RVG abgeleitet werden.

(a) Das Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO ist nach § 21 Nr. 1 RPflG dem Rechtspfleger übertragen. Demgegenüber weist § 55 RVG die Zuständigkeit dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass bei kleineren Gerichten der Rechtspfleger die Aufgaben des Urkundsbeamten wahrnimmt und insoweit als Urkundsbeamter handelt. Gleichwohl findet auch in diesem Fall das Rechtspflegergesetz keine Anwendung (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., 2013, § 55 RVG, Rn. 10). Die gesetzliche Zuweisung an den Urkundsbeamten und nicht an den Rechtspfleger ist jedoch ein Indiz, das Verfahren nach § 55 RVG einfach zu halten. Dementsprechend findet im Verfahren nach § 55 RVG die Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht statt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 RVG i. V. m. § 33 Abs. 4 Satz 3 und Abs. 6 Satz 4 RVG), im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO hingegen kann die Rechtsbeschwerde zugelassen werden (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, § 78 ArbGG).

(b) Im Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO muss eine Kostengrundentscheidung vorliegen; ein Prozesskostenhilfeverfahren ist dagegen regelmäßig (Ausnahme § 126 ZPO) nicht vorangegangen. Im Gegensatz hierzu ist für das Verfahren nach § 55 RVG eine Kostengrundentscheidung nicht notwendig (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., 2013, § 55 RVG, Rn. 8); immer aber ist vorher Prozesskostenhilfe bewilligt und die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung bereits geprüft worden. Es besteht daher im Gegensatz zum Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO nie die Notwendigkeit für eine Prüfung, ob gegen den Grundsatz der kostensparenden Rechtsverfolgung durch getrennte Klageerhebung verstoßen wurde.

Dem steht nicht entgegen, dass es auch im Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO Fälle gibt, in dem ein Prozesskostenhilfeverfahren voraus gegangen ist - wenn nämlich der für die Partei bestellte Rechtsanwalt seine Gebühren und Auslagen von dem in die Prozesskosten verurteilten Gegner in eigenem Namen nach § 126 Abs. 1 ZPO beitreibt und deshalb die Kosten nach §§ 103, 104 ZPO festsetzen lässt (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., 2014, § 126 ZPO, Rn. 1). Dieses Recht besteht unabhängig vom Beitreibungsrecht der Partei (MüKo-ZPO/Motzer, 4. Aufl., 2013, § 126 ZPO, Rn. 3). Im Hinblick auf die zuvor erfolgte Prüfung der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung im Prozesskostenhilfeverfahren wird auch hier der Rechtspfleger gehindert sein, die Vergütung des Rechtsanwalts entsprechend den Grundsätzen der kostensparenden Prozessführung so zu kürzen, als wären die Ansprüche in einem und nicht in mehreren Verfahren geltend gemacht worden. Dies ist auch für die gegnerische Partei hinnehmbar, denn sie war am Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beteiligt und hätte die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung einwenden können (vgl. § 118 Abs. 1 ZPO). Diese Frage kann im vorliegenden Verfahren allerdings offenbleiben.

(c) Es gelten im Verfahren nach § 55 RVG als justizförmigem Justizverwaltungsverfahren (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., 2013, § 55 RVG, Rn. 23) die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsverfahrens (vgl. Riedel/Süßbauer/Ahlmann, RVG, 10. Aufl., 2015, § 55 RVG, Rn. 30ff m. w. N.). Die sinngemäße Geltung der Vorschriften über das Kostenfestsetzungsverfahren ist - anders als in § 11 Abs. 2 Satz 3 RVG - gerade nicht angeordnet. Zu den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsverfahren gehört zum einen das Amtsermittlungsprinzip, zum anderen aber auch die Bindung an die Entscheidungen, die in dem dem Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Staatskasse zugrunde liegenden gerichtlichen Verfahren ergangen sind (vgl. Riedel/Süßbauer/Ahlmann, RVG, 10. Aufl., 2015, § 55 RVG, Rn. 33; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., 2013, § 55 RVG, Rn. 24). Im Übrigen ist auch der Rechtspfleger im Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO an die vorangegangene Kostengrundentscheidung gebunden.

(6) Auch das Argument, dass die Staatskasse alle Einwendungen der Partei gegen den Kostenerstattungsanspruch geltend machen können müsse und hierzu insbesondere die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch gegen den Rechtsanwalt wegen mangelnder Aufklärung über die kostengünstigste Rechtsverfolgung gehöre (z. B. OLG Koblenz vom 17.07.2014 - 7 WF 355/14, Rn. 14 ff), führt nicht dazu, dass hierüber nur im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG entschieden werden dürfte. So ist zwar richtig, dass die Staatskasse die Einwendungen, die die Partei gegen den Gebührenanspruch geltend machen könnte, im Kostenfestsetzungsverfahren auch erheben kann (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., 2013, § 55 RVG, Rn. 49). Dies kann aber nur für solche Einwendungen gelten, über die das Gericht noch nicht entschieden hat. Hat das Gericht aber entschieden, dass die Rechtsverfolgung nicht mutwillig ist, kann der Rechtsanwalt eine entsprechende Aufklärungspflicht nicht verletzt haben. Die Prämisse des OLG Koblenz, wonach die Bewilligung von Prozesskostenhilfe von vorneherein nur die Übernahme der notwendigen Kosten umfasst, negiert, dass spätestens nach der Einführung des § 114 Abs. 2 ZPO mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe festgestellt ist, dass gegen den Grundsatz der kostensparenden Rechtsverfolgung durch die Führung getrennter Verfahren nicht verstoßen wurde.

cc. Es besteht auch praktisch kein Bedürfnis, die Frage der kostensparenden Rechtsverfolgung nicht im PKH-Verfahren zu prüfen, sondern erst im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG.

(1) Das PKH-Verfahren ist ebenso zur Klärung dieser Fragen geeignet. Der zuständige Richter hat neben den hinreichenden Erfolgsaussichten auch die Frage der Mutwilligkeit zu prüfen. Enthält der PKH-Antrag keine Begründung, warum die Rechtsverfolgung nicht mutwillig ist, hat er im Zweifelsfalle nachzufragen und entsprechende Erklärungen einzufordern. Der Antragsteller hat die Gründe darzulegen, die ihn zur gesonderten Klageerhebung veranlasst haben (BAG vom 08.09.2011 - 3 AZB 46/10 - Rn. 18). Der Antragsgegner kann die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung einwenden (§ 118 Abs. 1 ZPO). Ist es plausibel, dass ein sachlich begründeter Anlass bestanden hat, trotz höherer Kosten von der möglichen Klageerweiterung oder gemeinsamen Klage mehrerer Parteien abzusehen, kann dies die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die neue Klage rechtfertigen (BAG vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn. 14).

Der im PKH-Bewilligungsverfahren zuständige Richter ist zu dieser Prüfung auch tatsächlich ebenso in der Lage wie der Urkundsbeamte im Verfahren nach § 55 RVG. Ob Verstöße gegen die Pflicht zur kostensparenden Prozessführung tatsächlich erkannt werden, kann beim Urkundsbeamten ebenso wie beim Richter durch die jeweilige Geschäftsverteilung erleichtert oder erschwert werden. Problematische Fälle werden umso eher auffallen, je mehr die Zuständigkeit bei einem Bearbeiter konzentriert wird. Sieht etwa die richterliche Geschäftsverteilung die Zuteilung nach Anfangsbuchstaben der beklagten Partei vor, oder werden Verfahren an die Kammer verteilt, bei der bereits ein Vorverfahren zwischen denselben Parteien anhängig ist, so wird der zuständige Richter Verstöße gegen die Pflicht zur kostensparenden Rechtsverfolgung besser erkennen können, als bei einer reinen Verteilung nach Turnus entsprechend dem Zeitpunkt des Eingangs. Umgekehrt werden die für die Verfahren nach § 55 RVG zuständigen Urkundsbeamten insbesondere bei größeren Gerichten nicht für alle Spruchkörper zuständig sein. Jedenfalls kann die dem Präsidium des Gerichts übertragene richterliche Geschäftsverteilung kein Argument dafür sein, dass die richterliche Prüfung der Mutwilligkeit im PKH-Verfahren entgegen klarer gesetzlicher Regelungen eingeschränkt wird. Die Geschäftsverteilung hat sich an den gesetzlichen Vorgaben zu orientieren und nicht umgekehrt.

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren kommt hinzu, dass der PKH-Antrag regelmäßig zusammen mit der Hauptsacheklage gestellt wird. In diesen Fällen wird der PKH-Antrag nur selten bereits vor der nach § 54 ArbGG obligatorischen Güteverhandlung entscheidungsreif sein. Der Vorsitzende hat in der Güteverhandlung somit regelmäßig Gelegenheit, nach anhängigen Vor- oder Parallelverfahren zu fragen. Auch von der Gerichtsverwaltung könnten vorab entsprechende Hinweise an den Richter kommen.

(2) Soweit es als misslich empfunden wird, dass die Staatskasse im PKH-Bewilligungsverfahren bezogen auf die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung keine Beschwerde erheben kann (§ 127 Abs. 3 Satz 3 ZPO), so ist dies als gesetzgeberische Entscheidung hinzunehmen. Die im Rahmen der PKH-Reform zur Senkung der Kostenlast des Staates angeregte Ausweitung des Beschwerderechts der Staatskasse ist in Kenntnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Prüfung der Mutwilligkeit bewusst verworfen worden (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., 2014, vor § 114 ZPO Rn. 8).

Für ein eigenes über den Umweg des § 56 RVG gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss nach § 55 RVG eingeführtes Beschwerderecht der Staatskasse bezogen auf die Pflicht zur kostensparenden Rechtsverfolgung besteht auch kein Bedürfnis. Denn auch ohne Beschwerderecht der Staatskasse soll das Gericht die Entscheidung Prozesskostenhilfe zu bewilligen nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufheben, wenn die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat. Tatsachen, die zur Aufhebung führen, sind von Amts wegen aufzuklären (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., 2014, § 124 ZPO Rn. 4). Wenn also der Richter etwa vom Urkundsbeamten oder der Staatskasse aus dem Kostenfestsetzungsverfahren heraus Hinweise bekommt, die die Aufhebung nach § 124 Abs. 1 ZPO rechtfertigen könnten, muss er diesen nachgehen.

(3) Die Berücksichtigung des Grundsatzes der kostensparenden Rechtsverfolgung im PKH-Bewilligungsverfahren und nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG muss auch unter Kostengesichtspunkten nicht zu ungünstigeren Ergebnissen für die Staatskasse führen. Bei Berücksichtigung im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG würde der Rechtsanwalt nämlich so gestellt werden, als hätte er ein einheitliches Verfahren betrieben. Die Streitwerte der verschiedenen Verfahren würden zunächst zusammengerechnet und hieraus die zu erstattenden Gebühren errechnet. Darauf zielt auch die Erinnerung des Bezirksrevisors im vorliegenden Verfahren.

Wird hingegen Prozesskostenhilfe wegen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung in weiteren eigenständigen Verfahren abgelehnt, entfällt ein Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Staat in diesen Verfahren ganz. Die Möglichkeit der Beschränkung der Mutwilligkeit auf durch die unwirtschaftliche Prozessführung entstehende Mehrkosten hat im Wortlaut des § 114 ZPO auch nach der PKH-Reform zum 01.01.2014 keinen Niederschlag gefunden. Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung ist entweder mutwillig oder sie ist es nicht (BAG vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn. 12).

e. Im vorliegenden Fall ist das Arbeitsgericht nicht von der Mutwilligkeit der gesonderten Klageerhebung ausgegangen und hat Prozesskostenhilfe bewilligt. Daran ist der Urkundsbeamte wie auch die über Erinnerung und Beschwerde entscheidenden Richter gebunden. Dies gilt erst recht, als die Prozessbevollmächtigte bereits bei Klageerhebung auf die Parallelverfahren hingewiesen hat. Die Prozesskostenhilfe ist somit in voller Kenntnis von zunächst möglicherweise die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung indizierender Umstände bewilligt worden. Daher hat der Urkundsbeamte die Rechtsanwaltsgebühren zu Recht getrennt abgerechnet.

2. Unabhängig hiervon läge im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen den Grundsatz der kostensparenden Prozessführung wohl nicht vor.

(1) Hinsichtlich der im vorliegenden Fall ausschließlich streitgegenständlichen Anwaltskosten könnte hier als Maßstab der Prüfung aber nicht § 91 Abs. 1 ZPO analog herangezogen werden. Vielmehr wäre auf den Tatbestand des Rechtsmissbrauchs abzustellen. Allerdings sieht das LAG München (Beschlüsse vom 23.07.2012 - 10 Ta 284/11 unter II. 2 b der Gründe; vom 08.01.2010 - 10 Ta 349/08 - Rn. 25) und auch der BGH in mehreren Entscheidungen für das Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO (z. B. BGH 02.05.2007 - XII ZB 156/06 Rn. 13) die Rechtsgrundlage in § 91 Abs. 1 ZPO. Dabei wird aber nicht beachtet, dass dem § 91 Abs. 1 ZPO die Vorschrift des § 92 Abs. 2 Satz 1 ZPO insoweit vorgeht. Danach gelten die Rechtsanwaltsgebühren „von Rechts wegen als zweckentsprechende Kosten der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung“. (BGH 02.11.2011 -XII ZB 458/10 - Rn. 35; vgl. auch BAG vom 01.11.2004 - 3 AZB 10/04 - Rn. 14;). Der BGH hat sich zuletzt nicht mehr festgelegt und wendet im Kostenfestsetzungsverfahren jedenfalls den Missbrauchstatbestand an (BGH vom 11.09.2012 - VI ZB 60/11 - Rn. 7 ff). Nicht die Notwendigkeit der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (vgl. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO) wäre daher der Maßstab, sondern ob die Rechtsverfolgung in getrennten Verfahren rechtsmissbräuchlich gewesen wäre. Allerdings dürfte sich diese Unterscheidung im Ergebnis kaum auswirken.

(2) Es ist allerdings richtig, dass es als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein kann, wenn der Kläger die Festsetzung von Mehrkosten beantragt, die dadurch entstanden sind, dass er einen oder mehrere gleichartige, aus einem einheitlichen Lebensvorgang erwachsene Ansprüche gegen eine oder mehrere Personen ohne sachlichen Grund in getrennten Prozessen verfolgt hat (BGH vom 11.09.2012 - VI ZB 60/11 - Rn. 10 im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO; BAG vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn. 9 und vom 08.09.2011 - 3 AZB 46/10, jeweils im PKH-Bewilligungsverfahren). Gleiches gilt für Erstattungsverlangen in Bezug auf Mehrkosten, die darauf beruhen, dass mehrere von demselben Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger in engem zeitlichen Zusammenhang mit weitgehend gleichlautenden Antragsbegründungen aus einem weitgehend identischen Lebenssachverhalt ohne sachlichen Grund in getrennten Prozessen gegen den - oder dieselben Beklagten vorgegangen sind (BGH vom 11.09.2012 - VI ZB 60/11 - Rn. 10; LAG München vom 23.07.2012 - 10 Ta 284/11). Ähnliche Maßstäbe hat auch der Richter für die Beurteilung der Mutwilligkeit im PKH-Verfahren anzulegen (vgl. BAG 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn. 9; vom 08.09.2011 - 3 AZB 46/10 - Rn. 16).

(3) Im vorliegenden Fall wäre die Grenze zum Rechtsmissbrauch bzw. zur Mutwilligkeit durch die getrennte Verfahrensführung wohl nicht überschritten.

Dem Bezirksrevisor ist zuzugeben, dass hier mehrere Kläger - insgesamt 13 - in engem zeitlichen Zusammenhang, nämlich gleichzeitig, mit weitgehend identischen Klagebegründungen aus einem weitgehend identischen Lebenssachverhalt gegen dieselbe Beklagte in getrennten Prozessen vorgegangen sind. Dies wird schon daraus deutlich, dass die Prozessbevollmächtigte selbst um die Verhandlung in einer Kammer im zeitgleich mit den Klagen eingegangenen Schreiben vom 23.01.2014 (Blatt 5 der Akten) gebeten hat, da Sachverhalt und Beklagtenseite jeweils identisch seien.

Allerdings hat die Klägervertreterin jedenfalls nunmehr im Kostenfestsetzungsverfahren sachliche Gründe dargetan, die die getrennte Prozessführung plausibel erklären und daher wohl nicht als rechtsmissbräuchlich (oder mutwillig) erscheinen lassen. Ob dies bereits in den jeweiligen PKH-Verfahren thematisiert war, ist unerheblich. Vorliegend hatten 13 ausländische Arbeitnehmer (im vorliegenden Fall ein Bosnisch-Herzegowinischer Arbeitnehmer) Ansprüche gegen eine slowenische Firma geltend gemacht, die wiederum für die Beklagte als Subunternehmer tätig wurde. Eine gemeinsame Besprechung mit den Klägern habe nicht stattfinden können. Die Einsatzzeiten der Kläger auf der Baustelle des Generalunternehmers seien unterschiedlich gewesen. Die Kläger hätten auch unterschiedliche Klageziele verfolgt und seien nur zum Teil und in unterschiedlicher Höhe zu einem Lohnabzug bereit gewesen. Auch hätten die Kläger für den Nachweis der gearbeiteten Stunden keine unterzeichneten Stundenzettel oder Lohnabrechnungen, so dass der Nachweis nur durch die gegenseitige Zeugeneinvernahme hätte erfolgen können.

Insbesondere unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechtsschutzes erscheint es plausibel, dass die Kläger in getrennten Verfahren vorgegangen sind. So hat das BAG bereits für den Fall von Verfahren zwischen denselben Parteien darauf hingewiesen, dass in der Regel die Vermeidung der Überfrachtung eines Verfahrens durch eine Vielzahl inhaltlich nicht miteinander zusammenhängender Streitgegenstände berechtigten Anlass geben könne, eine gesonderte Klage zu erheben. Auch die Gefahr der sonstigen Überlastung des Rechtsstreits könne ebenfalls dafür sprechen, mehrere Rechtsstreitigkeiten anhängig zu machen, auch wenn die Streitgegenstände zusammenhingen (BAG vom 08.09.2011 - 3 AZB 46/11 - Rn. 18). Dies muss erst Recht gelten, wenn es - wie hier - um Verfahren mehrerer Kläger geht. Denn hier besteht die Gefahr der Überlastung des Verfahrens schon wegen der höheren Zahl der Beteiligten, aber auch aus der möglichen unterschiedlichen Interessenlage heraus. Auch die Terminsfindung ist bei weniger Beteiligten deutlich einfacher. Im Zweifel werden daher verschiedene Parteien nicht in einem Verfahren vorgehen müssen.

Im vorliegenden Fall bestand die Gefahr einer Überlastung des Rechtsstreits, wenn die Ansprüche in einem oder zwei Verfahren durchgeführt worden wären. Allerdings hätte die Rechtsverfolgung in einem Verfahren nicht automatisch zum Verlust der Zeugeneigenschaft der jeweiligen Kläger geführt. Denn auch einfache Streitgenossen sind als Zeugen zu vernehmen, wenn sie als Partei nicht selbst betroffen sind. Für die Betroffenheit genügt bei unterschiedlichen Klageansprüchen bereits die Identität des Anspruchsgrundes (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., 2014, § 373 ZPO, Rn. 5a). Um dieser im Einzelfall schwierigen Abgrenzung im Prozess zu entgehen, die auch zu erheblichen Verzögerungen im Verfahren hätte führen können, war es daher nicht rechtsmissbräuchlich bzw. nicht mutwillig, den - was die gegenseitige Zeugenstellung betrifft - sicheren Weg der getrennten Klageerhebung zu gehen. Hinzu kommt, dass die Kläger unterschiedliche Prozessziele verfolgten und daher eine gemeinsame Koordination des Vorgehens gegen die Beklagte in einem Verfahren schwierig gewesen wäre.

3. Der Urkundsbeamte hat die zu erstattenden Gebühren richtig berechnet. Fehler in der Gebührenberechnung sind weder gerügt noch sonst ersichtlich.

4. Die Beschwerde ist kostenfrei (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:

1.
aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vor einem deutschen Gericht oder vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen sind, sowie aus Vergleichen, die gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 492 Abs. 3 zu richterlichem Protokoll genommen sind;
2.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen;
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
aus Entscheidungen, gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde stattfindet;
3a.
(weggefallen)
4.
aus Vollstreckungsbescheiden;
4a.
aus Entscheidungen, die Schiedssprüche für vollstreckbar erklären, sofern die Entscheidungen rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind;
4b.
aus Beschlüssen nach § 796b oder § 796c;
5.
aus Urkunden, die von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, sofern die Urkunde über einen Anspruch errichtet ist, der einer vergleichsweisen Regelung zugänglich, nicht auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist und nicht den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft, und der Schuldner sich in der Urkunde wegen des zu bezeichnenden Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat;
6.
aus für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehlen nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006;
7.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt worden sind;
8.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015, S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist, ergangen sind;
9.
aus Titeln eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, die nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind.

(2) Soweit nach den Vorschriften der §§ 737, 743, des § 745 Abs. 2 und des § 748 Abs. 2 die Verurteilung eines Beteiligten zur Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, dass der Beteiligte in einer nach Absatz 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Recht unterworfenen Gegenstände bewilligt.

(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.

(1) Solange nicht die Parteien sich über alle Punkte eines Vertrags geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Die Verständigung über einzelne Punkte ist auch dann nicht bindend, wenn eine Aufzeichnung stattgefunden hat.

(2) Ist eine Beurkundung des beabsichtigten Vertrags verabredet worden, so ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen, bis die Beurkundung erfolgt ist.

(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 42/05
vom
27. Oktober 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
RVG VV Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1; ZPO § 278 Abs. 6
Wird in einem in erster Instanz geführten Zivilprozess über den rechtshängigen
Anspruch (auf Vorschlag des Gerichts) ein schriftlicher Vergleich nach
§ 278 Abs. 6 ZPO geschlossen, entsteht für den beauftragten Prozessbevollmächtigten
- neben einer 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV und einer
1,0 Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV - eine 1,2 Terminsgebühr nach
Nr. 3104 VV.
BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2005 - III ZB 42/05 - OLG Nürnberg
LG Regensburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Oktober 2005 durch den
Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und
Galke

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden der Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg, 2. Zivilsenat, vom 24. Februar 2005 - 2 W 208/05 - aufgehoben und der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Regensburg vom 10. November 2004 - 1 O 1787/04 (3) - abgeändert.
Die von der Beklagten an den Kläger aufgrund des Vergleichs des Landgerichts Regensburg vom 24. September 2004 zu erstattenden Kosten werden auf 1.148,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2004 festgesetzt.
Die Beklagte hat die Kosten der Beschwerdeverfahren zu tragen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens und des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 347,84 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Mit seiner im Juli 2004 eingegangenen Vollstreckungsabwe hrklage begehrte der Kläger die Unterlassung der Zwangsvollstreckung aus einem von der Beklagten erwirkten Vollstreckungsbescheid über eine Hauptforderung von 5.412,02 € nebst weiterer Kosten und Zinsen. Das Landgericht führte ein schriftliches Vorverfahren durch und machte nach einem entsprechenden vorangegangenen Schriftsatz des Klägers vom 14. September 2004 durch Verfügung vom 16. September 2004 gemäß § 278 Abs. 6 ZPO einen Vergleichsvorschlag , den die Parteien annahmen. Durch Beschluss vom 24. September 2004 stellte das Landgericht das Zustandekommen und den Inhalt des Vergleichs nach § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO fest. Hiernach haben der Kläger 14 v.H. und die Beklagte 86 v.H. der Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs zu tragen.
2
In seinem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10. November 2004 be - rücksichtigte das Landgericht die von den Parteien zum Ausgleich angemeldete 1,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 des Vergütungsverzeichnisses (im Folgenden: VV) in Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG und die 1,0-Einigungsgebühr gemäß Nr. 1003 VV, sah aber von der Ausgleichung der vom Kläger beanspruchten 1,2-Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV ab, weil die mündliche Verhandlung für die in § 278 Abs. 6 ZPO vorgesehene Möglichkeit, in einem schriftlichen Verfahren einen Vergleich abzuschließen, nicht vorgeschrieben sei. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde des Klägers gegen die Nichtberücksichtigung der Terminsgebühr zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

II.


3
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
4
1. Das Beschwerdegericht (vgl. auch OLG Nürnberg NJW-RR 2005, 655 mit kritischen Anmerkungen Henke AnwBl. 2005, 222; Enders JurBüro 2005, 250; Schons AGS 2005, 145) nimmt auf den zur Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte ergangenen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 30. März 2004 (VI ZB 81/03 - NJW 2004, 2311) Bezug. Danach lösten die außerhalb eines gerichtlichen Termins geführte Auseinandersetzung und Verhandlung der Parteien oder ihrer Vertreter vor einem Vergleichsabschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO keine Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO aus, sondern sie wurden durch die Prozessgebühr abgegolten. Des weiteren äußerte der VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs außerhalb der tragenden Gründe die Auffassung, auch nach dem inzwischen verabschiedeten Gesetz zur Neuordnung des Rechtsanwaltsvergütungsrechts solle beim Abschluss eines schriftlichen Vergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO, der die Einigungsgebühr und Verfahrensgebühr auslöse, keine Terminsgebühr entstehen. Das Beschwerdegericht nimmt ferner auf den auf Gegenvorstellung ergangenen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 30. Juni 2004 (NJOZ 2004, 4083, 4084) in dieser Sache Bezug, in dem darauf hingewiesen wird, der Wortlaut von Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV lege die Annahme nahe, dass mit dem Verfahren, in dem im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen werde, das Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO und nicht nach § 278 Abs. 6 ZPO gemeint sei. Das Beschwerdegericht folgt dieser zum neuen Recht angedeuteten Auffassung des Bundesgerichtshofs und meint, für die hier vorliegende Fallkonstellation kom- me allein die Alternative in Betracht, dass für das Verfahren die mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei. Für einen Vergleichsabschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO sei jedoch eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich.
5
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
6
a) Die Neuordnung des anwaltlichen Gebührenrechts durch das am 1. Juli 2004 in Kraft getretene, vorliegend anwendbare Rechtsanwaltsvergütungsgesetz hat für den hier betroffenen Anwendungsbereich der Terminsgebühr - ungeachtet der inhaltlichen Übernahme einiger Bestimmungen der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte - zu Änderungen de r Rechtslage gegenüber der Verhandlungs- und Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1, 4 BRAGO geführt. Die Terminsgebühr entsteht nach Absatz 3 der Vorbemerkung 3 des Vergütungsverzeichnisses für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins. Es kommt damit nicht mehr - wie bei der Verhandlungs- und Erörterungsgebühr - darauf an, ob in dem Termin Anträge gestellt werden oder ob die Sache erörtert wird (vgl. Gesetzentwurf BT-Drucks. 15/1971, S. 209). Anders als nach früherem Recht ist ihr Anwendungsbereich auch auf die Mitwirkung an Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts erstreckt worden, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind, wobei dies allerdings für Besprechungen (nur) mit dem Auftraggeber nicht gilt. Der Gesetzgeber hat mit dieser Ausweitung des Anwendungsbereichs fördern und honorieren wollen, dass der Anwalt nach seiner Bestellung zum Verfahrens- oder Prozessbevollmächtigten in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sachund Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfahrens beitragen soll.
Ihm soll nach neuem Recht eine nach früherem Recht geübte Praxis, einen gerichtlichen Verhandlungstermin anzustreben, in dem ein ausgehandelter Vergleich nach "Erörterung der Sach- und Rechtslage" protokolliert wird, um eine Verhandlungs- bzw. Erörterungsgebühr auszulösen, erspart bleiben (vgl. BT-Drucks. aaO). Konnte daher nach früherem Recht eine außerhalb eines gerichtlichen Termins geführte Auseinandersetzung und Verhandlung der Parteien vor einem Vergleichsabschluss eine Erörterungsgebühr nicht auslösen (vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 2004 aaO), ist dies durch Absatz 3 der Vorbemerkung 3 des Vergütungsverzeichnisses bewusst abweichend geregelt worden. Allerdings ist vorliegend nach dieser Bestimmung keine Terminsgebühr ausgelöst worden, weil der Inhalt des später geschlossenen Vergleichs nicht, wie im Beschwerdeverfahren berichtigend vorgetragen worden ist, Anfang September 2004 in einem Gespräch zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien abgestimmt worden ist.
7
b) Auch wenn es an einer Terminswahrnehmung im vorgena nnten Sinn fehlt, eröffnet Nr. 3104 VV für bestimmte Verfahrenskonstellationen die Entstehung einer Terminsgebühr für einen tatsächlich nicht wahrgenommenen Termin. Nach Abs. 1 Nr. 1 dieser Bestimmung, mit der - allerdings nur zum Teil - die Regelung des § 35 BRAGO übernommen wird, entsteht eine Terminsgebühr alternativ auch dann, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, (1) im Einverständnis mit den Parteien, (2) gemäß § 307 Abs. 2 ZPO (a.F.), (3) gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird oder - und das ist gegenüber der Rechtslage nach § 35 BRAGO neu - (4) in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird.
8
In Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtslage soll d er Prozessbevollmächtigte , der in einem Zivilprozess im Hinblick auf den Grundsatz der Mündlichkeit (§ 128 Abs. 1 ZPO) erwarten kann, in der mündlichen Verhandlung seine Terminsgebühr zu verdienen, keinen Gebührennachteil erleiden, wenn durch eine andere Verfahrensgestaltung auf eine mündliche Verhandlung verzichtet wird (vgl. Keller, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 9. Aufl. 2005, VV Teil 3 Abschnitt 1 Rn. 45). Dies betrifft die Fälle, in denen nach § 128 Abs. 2 ZPO mit Zustimmung der Parteien oder gemäß § 307 Satz 2 ZPO oder bei einem 600 € nicht übersteigenden Streitwert (§ 495a Satz 1 ZPO) auch ohne deren Zustimmung ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann. Dabei wird die Terminsgebühr erst durch den Erlass der Entscheidung ausgelöst (vgl. MüllerRabe , in: Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Aufl. 2004, Nr. 3104 VV Rn. 17; Keller aaO Rn. 46, 50).
9
Der Erlass einer Entscheidung ist jedoch zur Entstehung de r Terminsgebühr nicht erforderlich, wenn nach der Variante (4) in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Der Umstand, dass das Gericht nach § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 der Bestimmung geschlossenen Vergleichs durch Beschluss feststellt, der nach § 128 Abs. 4 ZPO ohne mündliche Verhandlung ergehen kann, ist daher für die Entstehung der Terminsgebühr in dieser Variante ohne Bedeutung. Deshalb schöpft auch die Überlegung des Beschwerdegerichts, für ein Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO sei die mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben, den Bedeutungsgehalt der Variante (4) der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV nicht aus. Zwar stünde der Wortlaut dieser Bestimmung einer Auslegung nicht entgegen, nach der der Abschluss eines schriftlichen Vergleichs nur dann eine Terminsgebühr auslöst, wenn er in einem schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO oder nach § 495a ZPO geschlossen wird (so im Bewusstsein des einengenden Charakters dieser Auslegung OLG Nürnberg NJW-RR 2005, 655, 656; vgl. auch Hartmann , Kostengesetze, 35. Aufl. 2005, VV 3104 Rn. 30). Der Wortlaut legt jedoch - in Übereinstimmung mit der überwiegenden Meinung in der Literatur - die Auslegung näher, dass der in Variante (4) geregelte Abschluss eines schriftlichen Vergleichs für alle Verfahren gilt, für die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 278 Rn. 27; Müller -Rabe aaO Rn. 58, 60; Keller aaO Rn. 51; Mayer, in: Mayer/Kroiß, RVG, 2004, VV 3104 Rn. 22; Bischof, in: Bischof/Jungbauer/Podlech-Trappmann, RVG, 2004, Vergütungsverzeichnis Teil 3 Anm. 2.6.1.1; Vorwerk/Schneider, Prozessformularbuch, 8. Aufl. 2005, Kap. 42 Rn. 88; Hansens, in: Hansens /Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, 2004, Teil 7 Rn. 347 f; Scherer, Grundlagen des Kostenrechts - RVG, 10. Aufl. 2005, Ziffer 6.1.1.2, S. 277 f; Goebel RVG-B 2004, 105, 106 und RVG-B 2005, 8, 9 f; Schneider AGS 2004, 232, 233; wohl auch Jungbauer/Mock, Rechtsanwaltsvergütung, 3. Aufl. 2004, Rn. 1239), also auch für den hier vorliegenden Fall, dass die Sache durch einen Haupttermin (§ 272 ZPO) erledigt werden soll und dieser Haupttermin nach dem Ermessen des Vorsitzenden durch ein schriftliches Vorverfahren (§ 276 ZPO) vorbereitet wird, während dessen Verlauf es zum Abschluss des schriftlichen Vergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO kommt. Insoweit kann es im Hinblick auf das Erfordernis, dass für das Verfahren die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, nicht darauf ankommen, ob der Haupttermin durch einen frühen ersten Termin (§ 275 ZPO) oder ein schriftliches Vorverfahren vorbereitet wird. Wollte man der einengenden Auffassung folgen, nach der lediglich ein im schriftlichen Verfahren (§ 128 Abs. 2 ZPO) oder im Verfahren nach § 495a Satz 1 ZPO geschlossener schriftlicher Vergleich die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV auslöst, ergäben sich Wertungswidersprüche, die durch das Argument einer günstigen kostenmäßigen Erledigung für die Parteien nicht ausgeräumt werden könnten. Aus der Sicht der anwaltlichen Tätigkeit macht es keinen Unterschied, ob eine Sache mit einem 600 € nicht übersteigenden Wert im Verfahren nach § 495a Satz 1 ZPO oder mit einem höheren Wert vor der mündlichen Verhandlung schriftlich verglichen wird. Es ließe sich wohl kaum ernsthaft vertreten, im letzteren Fall habe der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit weniger Zeit und Mühe aufgewendet, weil er noch die mündliche Verhandlung vor Augen gehabt habe. Es will auch nicht einleuchten, dass der Rechtsanwalt in dem letzteren Fall nur deshalb die Terminsgebühr erhalten sollte, weil das Gericht im Einverständnis der Parteien das schriftliche Verfahren (§ 128 Abs. 2 ZPO) angeordnet hat. Die einengende Auslegung wird schließlich den allgemeinen Vorstellungen des Gesetzgebers nicht gerecht, mit denen er die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Terminsgebühr (s. oben a) begründet hat, um im Interesse auch der Gerichte zu vermeiden, dass die früher geübte Praxis, einen gerichtlichen Verhandlungstermin nur um einer anwaltlichen Gebühr willen anzustreben, fortgesetzt wird. Solche allgemeinen Überlegungen im Gesetzgebungsverfahren können zwar nicht dazu führen, davon abzusehen, wie die Entstehung einer Gebühr im Vergütungsverzeichnis im Einzelnen umschrieben und wie der jeweils zu beurteilende Sachverhalt hierunter einzuordnen ist. Legt der Wortlaut der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV jedoch - wie hier - die Entstehung einer Terminsgebühr nahe und stimmt dieses Ergebnis mit den in Absatz 3 der Vorbemerkung 3 des Vergütungsverzeichnisses zu entnehmenden Wertungen überein, verdient eine entsprechende, den Wortlaut der Bestimmung ausschöpfende Auslegung den Vorzug. Daran ist der Senat durch die Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 30. März und 30. Juni 2004 (aaO ), die sich mit den im jetzigen Verfahren streiterheblichen Vorschriften nur am Rande - ohne dass es auf sie angekommen wäre - beschäftigt haben, nicht gehindert. Es ist daher auch ein Verfahren nach § 132 GVG nicht erforderlich.
10
3. Bei der Kostenausgleichung ist daher eine 1,2-Terminsgebühr zusätzlich zu berücksichtigen, und zwar auch ohne einen besonderen Antrag auf Seiten der Beschwerdegegnerin, da die Gebühr auf beiden Seiten entstanden ist (vgl. OLG Oldenburg MDR 1993, 390; OLG Köln JurBüro 1994, 601, 602; Zöller/ Herget, § 106 Rn. 6). Hiernach belaufen sich die außergerichtlichen Kosten des Klägers unter Einschluss der Mehrwertsteuer gegenüber der landgerichtlichen Festsetzung auf (924,98 € + 470,50 € =) 1.395,48 € (vgl. Bl. 66, 57) und diejenigen der Beklagten ohne Mehrwertsteuer auf (797,40 € + 405,60 € =) 1.203 € (vgl. Bl. 66, 59, 57), das sind zusammen 2.598,48 €. Nach dem Vergleich hat der Kläger hiervon 14 v.H., das sind 363,79 €, zu tragen, denen eigene Kosten von 1.395,48 € gegenüberstehen. Aus der Differenz ergibt sich ein Erstattungsbetrag von 1.031,69 €. Hinzu kommt hinsichtlich der Gerichtskosten nach dem insoweit unbeanstandet gebliebenen Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts ein Erstattungsbetrag von 116,96 €, so dass die Beklagte insgesamt 1.148,65 € nebst Zinsen an den Kläger zu erstatten hat.
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Der Wert der Beschwerdeverfahren entspricht der Höhe de s bisher nicht ausgeglichenen Differenzbetrags auf der Grundlage der Terminsgebühr und der Kostenquote des Vergleichs.
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke
Vorinstanzen:
LG Regensburg, Entscheidung vom 10.11.2004 - 1 O 1787/04 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 24.02.2005 - 2 W 208/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 28/05
vom
10. Juli 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
RVG VV Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1; ZPO § 278 Abs. 6

a) Ein Rechtsanwalt verdient die Terminsgebühr nach RVG Anlage 1 zu § 2
Abs. 2 Nr. 3104 VV immer dann, wenn ein schriftlicher Vergleich nach § 278
Abs. 6 ZPO geschlossen wird, unabhängig davon, ob dies im Verfahren
nach § 128 Abs. 2 ZPO oder § 495 a ZPO geschieht oder die Parteien in einem
Verfahren, in dem zunächst die mündliche Verhandlung vorgesehen
war, durch Abschluss eines schriftlichen Vergleichs auf die mündliche Verhandlung
verzichten (Bestätigung von BGH, Beschl. v. 3. Juli 2006
- II ZB 31/05).

b) Den Vergleich vorbereitende "Besprechungen" zwischen den Rechtsanwälten
finden in einem Rechtsstreit auch dann statt, wenn diese ihre unterschiedlichen
Vorstellungen über eine vergleichsweise Beilegung des
Rechtsstreits dem Gericht mitteilen und dieses die Vorschläge und die Antworten
hierauf an den jeweils anderen Anwalt weiterleitet.
BGH, Beschl. vom 10. Juli 2006 - II ZB 28/05 - OLG Koblenz
LG Bad Kreuznach
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 10. Juli 2006 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer,
Prof. Dr. Gehrlein, Caliebe und Dr. Reichart

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 12. Oktober 2005 aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Bad Kreuznach vom 18. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Beschwerdeverfahren zu tragen.

Gründe:


1
I. Nachdem außergerichtliche Vergleichsverhandlungen der Parteien gescheitert waren, begehrte der Kläger mit seiner im September 2004 bei dem Landgericht Bad Kreuznach eingegangenen Klage im Urkundenprozess die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 10.225,84 € nebst Zinsen mit der Begründung, dieser Betrag stehe ihm als Abfindungsguthaben aus einem von ihm gekündigten Unterbeteiligungsvertrag zwischen den Parteien zu. Das Landgericht führte ein schriftliches Vorverfahren durch, in dessen Verlauf die Prozessbevollmächtigten der Parteien ihre grundsätzliche Bereitschaft zum Abschluss eines Vergleichs bekundeten, mit dem Gericht, das die jeweiligen Vorschläge weiterleitete, über den Inhalt dieses möglichen Vergleichs korrespondierten und auch untereinander Verhandlungen führten. Durch Beschluss vom 21. Februar 2005 stellte das Landgericht das Zustandekommen und den Inhalt des Vergleichs nach § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO fest. Hiernach haben der Kläger 30 v.H. und der Beklagte 70 v.H. der Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs zu tragen.
2
In seinem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18. Juli 2005 berücksichtigte das Landgericht neben den von den Parteien zum Ausgleich angemeldeten 1,3 Verfahrensgebühren gemäß Nr. 3100 des Vergütungsverzeichnisses (im Folgenden: VV) in Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG und den 1,0 Einigungsgebühren gemäß Nr. 1003 VV auch die vom Kläger angemeldete 1,2 Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV. Das Oberlandesgericht hat auf die sofortige Beschwerde des Beklagten den Kostenfestsetzungsbeschluss um die anteilige Terminsgebühr reduziert, den Erstattungsbetrag neu festgesetzt und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
3
II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des Landgerichts.
4
1. Verfehlt hat das Beschwerdegericht (NJW-RR 2006, 358 f.) die Festsetzung der Terminsgebühr abgelehnt. Nach dem unter I. geschilderten Verfahrensgang kann keine Rede davon sein, dass der Vergleich ohne Besprechungen der Prozessbevollmächtigten untereinander zustande gekommen ist.
5
2. Im Übrigen ist - auch wenn man dem Beschwerdegericht im Ausgangspunkt folgen wollte - dessen Ansicht, eine Terminsgebühr sei nicht angefallen , aus Rechtsgründen verfehlt.
6
Das Beschwerdegericht hat sich zu Unrecht bei seiner Entscheidung allein vom Wortlaut der Bestimmung leiten lassen und die Gründe außer Betracht gelassen, die den Gesetzgeber zum Erlass der Regelung in Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV veranlasst haben. Danach verdient der Rechtsanwalt - wie der Senat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung in Übereinstimmung mit dem III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (Beschl. v. 27. Oktober 2005 - III ZB 42/05, NJW 2006, 157 ff.) mit Beschluss vom 3. Juli 2006 (II ZB 31/05) entschieden hat - die Terminsgebühr immer dann, wenn ein schriftlicher Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen wird, unabhängig davon, ob dies in einem Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO oder § 495 a ZPO geschieht oder die Parteien in einem Verfahren, in dem zunächst die mündliche Verhandlung vorgesehen war, durch Abschluss eines schriftlichen Vergleichs auf die mündliche Verhandlung verzichten. Das ergibt sich aus der gebotenen teleologischen Interpretation, weil der Gesetzgeber mit der Regelung in Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV hat erreichen wollen, dass der Prozessbevollmächtigte, der in einem Zivilprozess im Hinblick auf den Grundsatz der Mündlichkeit (§ 128 Abs. 1 ZPO) erwarten kann, in der mündlichen Verhandlung seine Terminsgebühr zu verdienen , keinen Gebührennachteil erleiden soll, wenn durch eine andere Verfahrensgestaltung auf eine mündliche Verhandlung verzichtet wird (BGH, Beschl. v. 27. Oktober 2005 aaO S. 158). Eine solche "andere Verfahrensgestaltung" liegt neben den in Nr. 3104 VV ausdrücklich genannten Fällen auch dann vor, wenn - wie hier - die zunächst vorgesehene mündliche Verhandlung deshalb nicht stattfindet, weil das Gericht gemäß § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO durch Beschluss das Zustandekommen und den Inhalt eines Vergleichs feststellt.
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Dem trägt die vordergründig am Wortlaut haftende Auslegung des Beschwerdegerichts nicht Rechnung. Sie hat im Gegenteil zur Folge, dass das eintreten würde, was der Gesetzgeber mit der Ausweitung der Terminsgebühr - auch im Interesse der Entlastung der Gerichte - vermeiden wollte, dass nämlich die früher geübte Praxis, einen gerichtlichen Verhandlungstermin nur um einer anwaltlichen Gebühr willen anzustreben, fortgesetzt wird (siehe hierzu Goebel BGH-Report 2006, 66).
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Beschwerdewert: 512,53 € Goette Kraemer Gehrlein Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG Bad Kreuznach, Entscheidung vom 18.07.2005 - 2 O 335/04 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 12.10.2005 - 14 W 620/05 -

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.