Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Apr. 2016 - I ZR 194/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. April 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Prof. Dr. Koch und Feddersen
beschlossen:
Gründe:
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- Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge hat in der Sache keinen Erfolg.
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- I. Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (BVerfGE 86, 133, 144; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712). Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivortrags ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.; BGH, Beschluss vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04, NJW 2005, 1432 f.). Die Partei hat auch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht sich in dem von ihr für richtig erachteten Sinn mit ihrem Vorbringen befasst (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juli 2011 - I ZB 68/10, GRUR 2012, 314 Rn. 12 - Medicus.log).
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- II. Der Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG ist durch das Senatsurteil vom 4. Februar 2016 nicht verletzt. Die Anhörungsrüge macht ohne Erfolg geltend, der Senat habe sich in dem Urteil weder mit dem im Rahmen der Rechtsverteidigung wesentlichen Vortrag der Beklagten befasst, es sei ihr unmöglich, sich die Information über die Teilnahme der Franchisenehmer zu verschaffen, noch mit dem Vorbringen der Beklagten zum Gebot der Verhältnismäßigkeit auseinandergesetzt.
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- 1. Die Anhörungsrüge verweist auf Ausführungen in der Revisionsbegründung , wo unter Bezugnahme auf in den Vorinstanzen gehaltenen Vortrag der Beklagten ausgeführt ist, die Informationsverschaffung über die Teilnahme der Franchisenehmer an den Verkaufsaktionen erforderte eine Abstimmung, die zu einer unzulässigen Preisbindung und damit zu einem gravierenden Verstoß gegen kartellrechtliche Vorgaben führte. Die Sichtweise des Berufungsgerichts, die Beklagte müsse dann eben die Art der Werbung ihren Franchisenehmern überlassen, stelle eine evidente Benachteiligung des Vertriebssystems des Franchising gegenüber Filialketten dar, für die es an einer Rechtsgrundlage fehle. Nach dem in der Revisionsbegründung angeführten Vortrag der Beklagten vor dem Berufungsgericht ergebe sich auch aus Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, dass vom Unternehmer nichts rechtlich Unmögliches verlangt werden könne.
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- 2. Auf die vorstehend angeführten Gesichtspunkte kam es von dem Standpunkt, den der Senat im Urteil vom 4. Februar 2016 eingenommen hat, nicht an. Der Senat hat dort nicht ausgeführt, die Beklagte sei verpflichtet, alle jeweils teilnehmenden Märkte aufzulisten. Er hat vielmehr angenommen, die Beklagte sei dann, wenn sie (die örtlich in der Nähe liegenden) Märkte aufliste, verpflichtet, die (an der beworbenen Aktion) teilnehmenden Märkte zu nennen (BGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - I ZR 194/14, GRUR 2016, 403 Rn. 21 und 24 = WRP 2016, 450 - Fressnapf). Diese Verpflichtung beruht auf der Erwägung , dass die Beklagte mit der Nennung dieser Märkte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts den - nicht zutreffenden - Eindruck erweckte, diese Märkte nähmen an der beworbenen Aktion teil. Die Beklagte hat daher insoweit wesentliche Informationen auf unklare, unverständliche oder zweideutige Weise bereitgestellt.
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- Der Senat hat im Urteil vom 4. Februar 2016 ausdrücklich offengelassen, ob eine Verpflichtung der Beklagten bestand, in dem angegriffenen Werbeprospekt nicht aufgelistete Märkte, die an der beworbenen Aktion teilnahmen, zu nennen. Das von der Anhörungsrüge als übergangen beanstandete Vorbringen der Revision war von diesem Standpunkt des Senats aus nicht entscheidungserheblich. Büscher Schaffert Kirchhoff Koch Feddersen
LG Krefeld, Entscheidung vom 17.06.2011 - 11 O 12/11 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 05.08.2014 - I-20 U 140/11 -
Annotations
(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
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ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.