Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Feb. 2012 - 5 StR 486/11

bei uns veröffentlicht am08.02.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 486/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 8. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Februar 2012

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten U. wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 24. Mai 2011 nach § 349 Abs. 4 StPO im Straf- und Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Zu neuer Verhandlung und Entscheidung hierüber, auch über die Kosten des Rechtsmittels, wird die Sache an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision des Angeklagten U. und die Revision des Angeklagten W. gegen das genannte Urteil werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Angeklagte W. hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dadurch den Nebenklägern und dem Adhäsionskläger G. entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Dem Adhäsions- und Nebenkläger G. wird für die Revisionsinstanz Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt M. aus Berlin beigeordnet.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Beschwerdeführer wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt, den Angeklagten W. ferner wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung zu sechs Jahren und zwei Monaten Gesamtfreiheitsstrafe, den An- geklagten U. zu vier Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe und zur Unterbringung in einer Entziehungsanstalt; ferner hat das Landgericht die Beschwerdeführer zu gesamtschuldnerischer Schmerzensgeldzahlung an den Adhäsions- und Nebenkläger verurteilt. Die Revision des Angeklagten W. ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, ebenso die des Angeklagten U. zum Schuld- und Adhäsionsausspruch. Dagegen hat der übrige Rechtsfolgenausspruch gegen diesen Angeklagten keinen Bestand.
2
Das Landgericht hat zwar gesehen, dass dem Angeklagten U. ein Härteausgleich zuzubilligen ist, weil er vor dem angefochtenen Urteil, aber nach der hier abgeurteilten Tat von einer anderen Jugendkammer des Landgerichts – damals noch nicht rechtskräftig – unter Anwendung des § 105 Abs. 1 JGG zu Jugendstrafe verurteilt worden ist und eine einheitliche Sanktionierung entsprechend §§ 32, 105 Abs. 2 JGG mit der nunmehr zwingend zu verhängenden Erwachsenenstrafe für die hier zu beurteilende Tat, die der Angeklagte eine Woche nach Vollendung des 21. Lebensjahres begangen hat, gesetzlich nicht in Betracht kommt (UA S. 16, 32; vgl. dazu BGH, Urteil vom 12. Oktober 1989 – 4 StR 445/89, BGHSt 36, 270). Das Landgericht hat aber seiner Verpflichtung nicht genügt, eine infolge des Härteausgleichs vorgenommene Strafmilderung deutlich zu dokumentieren (BGHSt aaO, S. 277; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 27. Januar 2010 – 5 StR 432/09 – und 9. November 2010 – 4 StR 441/10, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 19 und 20).
3
Vielmehr ist kaum nachvollziehbar, dass ein ausreichender Strafnachlass überhaupt erfolgt wäre. Die niedrigere Strafe im Vergleich zu dem anderen Beschwerdeführer und einem Nichtrevidenten erklärt sich ersichtlich bereits aus der Mitläuferstellung des Angeklagten U. . Hingegen überschreitet die Freiheitsstrafe die Sanktion gegen den weiteren Nichtrevidenten ganz beträchtlich, der etwa sieben Monate jünger ist als der Angeklagte U. , aber noch nach Jugendstrafrecht abgeurteilt werden konnte, und zwar ungeachtet von dessen deutlich gewichtigerem Tatbeitrag. Bei alldem ist die infolge der getrennten Aburteilung verursachte auszugleichende Härte aus zwei Gründen eine besonders gewichtige: Zum einen hätte angesichts der frühzeitigen Geständigkeit des Angeklagten U. in dieser (vgl. UA S. 30) und der anderen Sache seine einheitliche Aburteilung in einem verbundenen Verfahren überaus nahe gelegen. Zum anderen hätten Zeitpunkt und Charakter der hier abgeurteilten Tat, die der gesondert verhandelten, noch nach Jugendstrafrecht beurteilten Tat und auch anderen zuvor verübten – fraglos gewichtigen – Taten des Angeklagten U. ähnelt, eine ein- heitliche Anwendung von Jugendstrafrecht gemäß § 32 Satz 1 oder § 105 Abs. 2 JGG im Falle anderen Verfahrensablaufs wahrscheinlich erwarten lassen.
4
Das neue Tatgericht – eine Jugendkammer, an die der Senat die Sache trotz der gebotenen Verhängung von Erwachsenenstrafrecht im Blick auf die zu §§ 32, 105 JGG gebotenen Hilfserwägungen zurückverweist (vgl. zu dieser Verfahrensweise BGH, Urteil vom 27. April 1994 – 3 StR 690/93, BGHR StPO § 354 Abs. 2 Jugendkammer 2) – wird danach den Grund für den Härteausgleich und namentlich dessen Auswirkung deutlich zu kennzeichnen haben. Der Senat hebt indes auch sämtliche Feststellungen zum Strafausspruch auf, um insbesondere auch Gelegenheit zu einer nochmaligen Klärung der bei der anderen Verurteilung abweichend vom angefochtenen Urteil beurteilten Frage einer Anwendbarkeit des § 21 StGB, wieder unter Beiziehung eines psychiatrischen Sachverständigen, zu geben. Schließlich ist auch der Maßregelausspruch, der zu § 67 Abs. 2 StGB ohnehin der vom Generalbundesanwalt beantragten Korrektur bedurft hätte, insgesamt mitaufzuheben , um doppelte Anordnungen nach § 64 StGB noch im Vorfeld des § 67f StGB zu vermeiden.
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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafgesetzbuch - StGB | § 55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe


(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h

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(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen. (2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vol

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 105 Anwendung des Jugendstrafrechts auf Heranwachsende


(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, we

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Für mehrere Straftaten, die gleichzeitig abgeurteilt werden und auf die teils Jugendstrafrecht und teils allgemeines Strafrecht anzuwenden wäre, gilt einheitlich das Jugendstrafrecht, wenn das Schwergewicht bei den Straftaten liegt, die nach Jugendst

Strafgesetzbuch - StGB | § 67f Mehrfache Anordnung der Maßregel


Ordnet das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an, so ist eine frühere Anordnung der Maßregel erledigt.

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bei uns veröffentlicht am 27.01.2010

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

Für mehrere Straftaten, die gleichzeitig abgeurteilt werden und auf die teils Jugendstrafrecht und teils allgemeines Strafrecht anzuwenden wäre, gilt einheitlich das Jugendstrafrecht, wenn das Schwergewicht bei den Straftaten liegt, die nach Jugendstrafrecht zu beurteilen wären. Ist dies nicht der Fall, so ist einheitlich das allgemeine Strafrecht anzuwenden.

(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
Eine ausländische Vorverurteilung, die an innerstaatlichen
Maßstäben gemessen gesamtstrafenfähig wäre, ist im
Rahmen der allgemeinen Strafzumessung mit Blick auf das
Gesamtstrafübel zu berücksichtigen.
BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 – 5 StR 432/09
LG Hamburg –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 27. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Betruges u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Januar 2010

beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten P. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anbringung einer Verfahrensrüge wird zurückgewiesen.
2. Seine Revision gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 20. November 2008 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) verworfen, dass der Angeklagte neben einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt ist.
3. Die Revisionen der Angeklagten Y. K. und H. K. gegen das genannte Urteil werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
4. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. K. wegen Computerbetruges in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie wegen Hehlerei in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, den Angeklagten Y. K. wegen Computerbetruges in acht Fällen, jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie wegen Heh- lerei zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafen hat es für beide Angeklagte zur Bewährung ausgesetzt. Den Angeklagten P. hat die Strafkammer wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen sowie wegen Betruges unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus einem bislang nicht vollstreckten amtsgerichtlichen Urteil vom 21. Juni 2006 und unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtgeldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat verurteilt sowie eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten wegen Urkundenfälschung in acht Fällen sowie wegen versuchten Betruges und Betruges in vier Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, verhängt. Die auf formelle wie sachlichrechtliche Rügen gestützten Revisionen der Angeklagten Y. K. und H. K. bleiben aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg; dagegen hat die Revision des Angeklagten P. im Strafausspruch in geringem Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Hinsichtlich des Angeklagten P. sind der Schuldspruch, sämtliche Einzelstrafen sowie der erste Gesamtstrafausspruch (IV. 1.3 der Urteilsgründe) frei von Rechtsfehlern.
3
Auch die Rüge einer Verletzung des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK wegen eines Versehens bei der Zustellung des Urteils dringt nicht durch. Aufgrund der Sachrüge vermag der Senat den geltend gemachten Rechtsfehler hier nicht zu überprüfen. Die in diesem Fall erforderliche Rüge einer rechtsstaatswidrigen und kompensationspflichtigen Verfahrensverzögerung hat der Angeklagte nicht form- und fristgerecht angebracht (vgl. BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 32).
4
Der nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist vom Beschwerdeführer gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachho- lung der Begründung dieser Rüge ist schon deshalb unzulässig, weil der Beschwerdeführer die Verfahrensrüge erneut nicht formgerecht ausgeführt und damit die versäumte Handlung nicht fristgerecht nachgeholt hat (§ 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 StPO). Dem unvollständigen Rügevortrag vermag der Senat nicht zu entnehmen, welche Verzögerung konkret wegen des geltend gemachten Zustellungsmangels eingetreten und gegebenenfalls zu kompensieren ist. Um die dafür erforderliche Berechnung anhand der (gestaffelten) Höchstfristen des § 275 Abs. 1 StPO vornehmen zu können, wäre zumindest die Anzahl der Hauptverhandlungstage mitzuteilen gewesen.
5
2. Die Begründung der zweiten im Urteil gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe (VI. 1.6 der Urteilsgründe) begegnet durchgreifenden sachlichrechtlichen Bedenken. Die Strafkammer hat zwar zu Recht aus den vom Amtsgericht Hamburg-St. Georg durch rechtskräftiges Urteil vom 21. Juni 2006 verhängten Einzelgeldstrafen und der Einzelfreiheitsstrafen für die Fälle II.1, II.2 und II.11 der Urteilsgründe eine nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe gebildet. Sie hat auch den mit der Zäsurwirkung der amtsgerichtlichen Verurteilung verbundenen Nachteil mehrerer zu bildender Gesamtfreiheitsstrafen noch hinreichend berücksichtigt. Die Erwägungen der Strafkammer sind indes lückenhaft , soweit eine ausländische Vorverurteilung im Rahmen dieser Gesamtstrafenbildung soweit ersichtlich unberücksichtigt geblieben ist:
6
Zu dieser Vorverurteilung hat das Landgericht festgestellt, dass der Beschwerdeführer „anlässlich eines Diebstahls im Frühjahr 2007 in Dänemark verhaftet und zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe verurteilt“ worden ist. Die Freiheitsstrafe verbüßte er „bis Juni 2007“ (UA S. 10).
7
a) Zwar war keine nachträgliche Gesamtstrafe im Sinne des § 55 StGB aus diesem dänischen Erkenntnis und den übrigen durch die Strafkammer festgesetzten Einzelfreiheitsstrafen zu bilden. Im Ausland verhängte Strafen sind der nachträglichen Gesamtstrafenbildung über § 55 StGB nicht zugänglich, weil eine Gesamtstrafe mit einer von einem ausländischen Ge- richt verhängten Strafe schon wegen des damit verbundenen Eingriffs in deren Vollstreckbarkeit ausgeschlossen ist (vgl. BGHSt 43, 79; BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 16; BGH NStZ 2008, 709, 710).
8
b) Mit Rücksicht auf die insoweit tragende Entscheidung des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 16) musste sich das Tatgericht auch nicht veranlasst sehen, den in der Rechtsprechung zum Recht der Gesamtstrafenbildung entwickelten Rechtsgedanken des sogenannten Härteausgleichs auf diesen Fall zu übertragen. Ein Härteausgleich dieser Art scheidet demzufolge aus, wenn eine Aburteilung im Ausland begangener Straftaten in Deutschland mangels entsprechender rechtlicher und tatsächlicher Voraussetzungen grundsätzlich nicht oder allenfalls theoretisch unter dem Aspekt der stellvertretenden Strafrechtspflege möglich ist (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB). Der Nachteilsausgleich für eine unterbliebene Gesamtstrafenbildung sei in diesen Fällen nicht geboten, weil die Möglichkeit der Verhängung einer milderen Strafe in einem einzigen Verfahren in Deutschland tatsächlich nie bestanden habe. So lag es im Falle des polnischen Angeklagten P. auch hier.
9
c) An seinen im Anfrageverfahren des 2. Strafsenats (Beschluss vom 29. Oktober 2008 – 2 StR 386/08) geäußerten Bedenken gegen die Ausgangsüberlegung (vgl. BGH StraFo 2009, 302) hält der erkennende Senat allerdings ausdrücklich fest. Er vermag insbesondere der vom 2. Strafsenat vorgenommenen Auslegung des Rahmenbeschlusses des Rates vom 24. Juli 2008 zur Berücksichtigung der in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ergangenen Verurteilungen in einem neuen Strafverfahren (2008/675/JI ABl. L 220 vom 15. August 2008, S. 32) nicht zu folgen, soweit daraus keine Rechtsfolgen für die Behandlung grundsätzlich gesamtstrafenfähiger Verurteilungen im In- und Ausland nach deutschem Strafrecht herzuleiten seien (BGHR aaO). Freilich bezweckt der Rahmenbeschluss nicht, dass in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Verurteilungen vollstreckt werden (vgl. Art. 3 Abs. 3 und Erwägungsgrund 6 Satz 1 des Rahmenbe- schlusses). In einem anderen Staat ergangene Verurteilungen müssen nach dem Willen des Rates indes „in dem Maße berücksichtigt werden, wie im Inland nach innerstaatlichem Recht ergangene Verurteilungen“ und sollten „gleichwertige Wirkungen“ entfalten wie eine im Inland ergangene Entscheidung (Erwägungsgründe 5 Satz 2 und 7 des Rahmenbeschlusses). Schon dem entnimmt der Senat ein Gebot zur Berücksichtigung früherer Verurteilungen in anderen Mitgliedstaaten im deutschen Strafzumessungsrecht. Dementsprechend heißt es in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutsches Bundestages vom 1. Juli 2009, „eine Beschränkung dieses Ausgleichs auf ausländische Verurteilungen, denen Taten zugrunde liegen, auf die auch deutsches Strafrecht hätte Anwendung finden können, wäre hingegen bei Verurteilungen aus anderen EU-Staaten mit den Vorgaben des Rahmenbeschlusses, der keine solche Beschränkung vorsieht, nicht zu vereinbaren“ (BT-Drucks. 16/13673, S. 5).
10
Ein Anfrageverfahren wegen einer Divergenz zur Rechtsauffassung des 2. Strafsenats ist gleichwohl nicht veranlasst (§ 132 Abs. 3 Satz 1 GVG). Der 2. Strafsenat zieht seine abweichende Auslegung des Rahmenbeschlusses lediglich ergänzend für die Versagung einer entsprechenden Anwendung des Härteausgleichs wegen unterbliebener Gesamtstrafenbildung mit Verurteilungen im In- und Ausland heran. Wird der Begriff des Härteausgleichs zutreffend eng auf im Einzelfall entgangene Rechtsvorteile grundsätzlich anwendbarer innerstaatlicher Gesamtstrafenbildung bezogen (vgl. näher d a.E.), ist er auf einen Fall der hier vorliegenden Art in der Tat nicht anzuwenden.
11
Auch ein Vorlageverfahren nach Art. 234 EUV ist nicht angezeigt. Dem im Rahmenbeschluss enthaltenen, auf das Recht der Mitgliedstaaten jeweils unmittelbar wirkenden Gebot (vgl. nur EuGH, Urteil vom 10. Juni 2005 Rs-C 105/03 – Pupino, NJW 2005, 2839) gegenseitiger Rücksichtnahme auf strafgerichtliche Verurteilungen anderer Mitgliedstaaten kann durch die nationalen Gerichte im deutschen Strafrecht ohne weiteres Geltung verschafft werden. Eine entsprechende Anwendung des sogenannten Härteausgleichs ist dazu nicht zwingend erforderlich. Zureichend ist die Berücksichtigung einer gemessen an innerstaatlichen Maßstäben gesamtstrafenfähigen ausländischen Vorverurteilung im Rahmen der allgemeinen tatrichterlichen Strafzumessung nach § 46 StGB (ähnlich BGH NStZ-RR 2009, 200). Diese freilich ist gemeinschaftsrechtlich eindeutig geboten.
12
d) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass mit Rücksicht auf die Wirkungen der Strafe, die für das künftige Leben des Angeklagten zu erwarten sind, das Gesamtstrafübel bei Festsetzung der neuen Strafe nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB im Blick behalten werden muss (vgl. BGHSt 41, 310, 314; Theune in LK StGB 12. Aufl. § 46 Rdn. 10 ff. m.N.). Der Tatrichter hat danach grundsätzlich das gesamte Gewicht der verhängten Strafe und ihrer Folgen in seine Entscheidung einzustellen (vgl. nur BGH aaO; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung 4. Aufl. 2008 Rdn. 415 ff. m.N.). In diesem Sinne ist ein wegen der neuerlichen Verurteilung drohender Widerruf einer vormals gewährten Strafaussetzung zur Bewährung und damit ein insgesamt längerer Freiheitsentzug zu berücksichtigen (vgl. BGHSt aaO). Gleiches gilt für eine drohende Ist-Ausweisung, sofern diese im Einzelfall eine außergewöhnliche Härte für den Angeklagten darstellt (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Ausländer 5; BGH StV 2008, 298), und für berufs- oder dienstrechtliche Folgen einer Verurteilung (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 8 und 18; Schäfer /Sander/van Gemmeren aaO Rdn. 430).
13
Dieses im allgemeinen strafzumessungsrechtlichen Sinne verstandene Gesamtstrafübel ist auch nicht etwa deckungsgleich mit dem vom 2. Strafsenat für Fälle der vorliegenden Art ausgeschlossenen sogenannten Härteausgleich. Während der Härteausgleich den spezifischen und systemimmanenten Zufälligkeiten der Gesamtstrafenbildung geschuldeten Nachteilen Rechnung tragen soll (vgl. Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. § 55 Rdn. 34 m.N.; Bringewat, Die Bildung der Gesamtstrafe 1987 Rdn. 250 ff., 257), hat der Gesichtspunkt des Gesamtstrafübels die Auswirkungen der Strafe auf den Angeklagten im Blick. Mit Rücksicht auf die durch die ausländische Vorverurteilung bewirkte Zusatzbelastung kann es letztlich auch keinen Unterschied machen, ob die an sich gesamtstrafenfähige Vorverurteilung aus einem Mitgliedstaat oder einem Drittstaat herrührt. Das gebietet schon der Grundsatz der Strafgerechtigkeit.
14
e) Um jedenfalls dem gemeinschaftsrechtlichen Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme Rechnung zu tragen, ist eine Erörterung des mit der ausländischen Vorverurteilung möglicherweise verbundenen Gesamtstrafübels in den schriftlichen Urteilsgründen regelmäßig notwendig. Aus Gründen der Strafgerechtigkeit muss dies auch für feststehende entsprechende Bestrafungen in Drittländern gelten. Die Strafzumessung muss dabei erkennen lassen , inwieweit diesem Umstand strafmildernde Wirkung beigemessen worden ist. Angesichts grundsätzlicher Geltung der gesetzlichen Grenzen der Strafrahmen (vgl. BGH NStZ-RR 2009, 200) wird in ganz anders als hier gelagerten Fällen eine Anwendung der Vollstreckungslösung zu erwägen sein (vgl. BGHSt 52, 124 sowie Senatsbeschluss vom 8. Dezember 2009 – 5 StR 433/09 Tz. 10 m.N., zur Aufnahme in BGHSt bestimmt, für den Fall nicht mehr möglicher Gesamtstrafenbildung von Geldstrafe mit lebenslanger Freiheitsstrafe). In Ermangelung eines echten Härteausgleichs (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 26. Januar 2010 – 5 StR 478/09) hält der Senat zunächst indes die generelle Anwendung der Vollstreckungslösung auf Fälle dieser Art nicht für zwingend.
15
3. Das Landgericht hat es hier unterlassen, das mit der zweiten Gesamtfreiheitsstrafe und der dänischen Vorverurteilung verbundene Gesamtstrafübel in seinen Urteilsgründen darzulegen. Angesichts der Höhe der Einzelstrafen und des engen zeitlichen Zusammenhangs war eine ausdrückliche Erörterung hier auch nicht ausnahmsweise entbehrlich (vgl. BGH NStZ 2000, 137, 138). Ein Beruhen auf diesem Rechtsfehler vermag der Senat nicht auszuschließen; es liegt vielmehr in Ermangelung jeglicher damit zusam- menhängender Strafmilderung auf der Hand. Vor dem Hintergrund der ansonsten ausführlichen Strafzumessungserwägungen der Strafkammer und zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerung bei der angesichts der Kürze der im Ausland verhängten Strafe begrenzten strafmildernden Wirkung sieht der Senat von einer Teilaufhebung und Zurückverweisung ab; er vermindert von sich aus die betroffene zweite Gesamtfreiheitsstrafe entsprechend § 354 Abs. 1 StPO um zwei Monate (vgl. BGH NStZ-RR 2009, 43, 44).
16
Trotz des geringen Teilerfolgs der Revision des angeklagten P. hält es der Senat nicht für unbillig, auch diesen Angeklagten mit den vollen Rechtsmittelkosten zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Basdorf Raum Schaal Schneider König

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

Für mehrere Straftaten, die gleichzeitig abgeurteilt werden und auf die teils Jugendstrafrecht und teils allgemeines Strafrecht anzuwenden wäre, gilt einheitlich das Jugendstrafrecht, wenn das Schwergewicht bei den Straftaten liegt, die nach Jugendstrafrecht zu beurteilen wären. Ist dies nicht der Fall, so ist einheitlich das allgemeine Strafrecht anzuwenden.

(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

Für mehrere Straftaten, die gleichzeitig abgeurteilt werden und auf die teils Jugendstrafrecht und teils allgemeines Strafrecht anzuwenden wäre, gilt einheitlich das Jugendstrafrecht, wenn das Schwergewicht bei den Straftaten liegt, die nach Jugendstrafrecht zu beurteilen wären. Ist dies nicht der Fall, so ist einheitlich das allgemeine Strafrecht anzuwenden.

(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.

(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.

(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.

(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.

(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.

(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

Ordnet das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an, so ist eine frühere Anordnung der Maßregel erledigt.