Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Nov. 2017 - 5 StR 395/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 14. November 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass er der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und der Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,
b) im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in drei Fällen, davon in einem Fall mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Sie hat auf die Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Nach den Feststellungen war der Angeklagte, der zuvor schon das Betäubungsmittelgeschäft eines anderen Lieferanten mit dem anderweitig Verurteilten B. durch eine Rauschgiftübergabe gefördert hatte (Fall 1 der Urteilsgründe ), auch eingebunden in Betäubungsmittellieferungen an B. , die der gesondert Verfolgte Y. nach dem 4. Juli 2016 übernahm. Nunmehr kam Y. mit dem Angeklagten und dem gesondert Verfolgten G. überein, gewinnbringende Betäubungsmittelgeschäfte mit B. zu betreiben. Dabei hatten G. und der Angeklagte die Aufgabe, die Drogen an B. zu übergeben und von ihm bei diesen Gelegenheiten jeweils das Geld aus dem vorherigen Drogenverkauf entgegenzunehmen. Zwischen dem 5. und dem 31. Juli 2016 erhielt B. von beiden zweimal jeweils 200 Gramm Amphetamin mit einem geringen Wirkstoffgehalt (Fälle 2 und 3 der Urteilsgründe). Am 1. August 2016 übergaben der Angeklagte und G. 200 Gramm Amphetamin und 189 Gramm Marihuana an B. . Diese Betäubungsmittel wurden bei einer zwei Tage später durchgeführten polizeilichen Durchsuchung von dessen Wohnung sichergestellt (Fall 4 der Urteilsgründe).
- 3
- Das Landgericht hat jede der drei im Auftrag von Y. durchgeführten Drogenlieferungen des Angeklagten an B. in den Fällen 2 bis 4 als rechtlich selbständige Handlung einer Beihilfe zum (bandenmäßigen) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln angesehen. Nur die letzte Lieferung bezog sich auf eine nicht geringe Menge.
- 4
- 2. Soweit das Landgericht den Angeklagten wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben in drei Fällen verurteilt hat, hält die Konkurrenzbewertung rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 5
- Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werden Einzelhandlungen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zur Tateinheit verbunden, wenn die Bezahlung einer früheren Lieferung und die Übergabe einer neuen Drogenmenge jeweils als Teilakte des Handeltreibens zusammentreffen (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2013 – 4 StR 418/12, NStZ 2014, 162 f.; Beschlüsse vom 23. Juni 1993 – 2 StR 47/93, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 3 Konkurrenzen 5; vom 22. Januar 2010 – 2 StR 563/09, NStZ 2011, 97 mwN; vom 15. Juli 2014 – 5 StR 169/14, und vom 13. Januar 2016 – 4 StR 322/15, NStZ 2016, 420 mwN). Da hier B. das ihm zum Weiterverkauf überlassene Rauschgift jeweils erst bei der nächsten Lieferung bezahlte und mithin die Betäubungsmittelgeschäfte in einem Handlungsteil zusammentrafen, bezogen sich die drei Unterstützungshandlungen des Angeklagten nur auf eine einzige Haupttat des Lieferanten Y. und stellen somit auch nur ein einheitliches Beihilfedelikt dar (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Januar 2014 – 1 StR 664/13, NStZ 2014, 465 mwN, und vom 9. Dezember 2014 – 2 StR 381/14).
- 6
- Der Schuldspruch in den Fällen 2 bis 4 war dementsprechend zu ändern. Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil der Angeklagte sich gegen diese Verurteilung nicht anders hätte verteidigen können.
- 7
- Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der betreffenden Einzelstrafen und der Gesamtstrafe.
- 8
- 3. Darüber hinaus kann auch die Einzelstrafe im Fall 1 der Urteilsgründe nicht bestehen bleiben. Das Landgericht hat hinsichtlich dieser Tat (wie auch bei den Fällen 2 und 3) straferschwerend den Umstand berücksichtigt, dass die Drogen in den Verkehr gelangt sind. Damit hat es das Fehlen eines Strafmilderungsgrundes , den ein Nichterreichen des Drogenmarktes darstellt, rechtsfehlerhaft strafschärfend gewertet (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 1993 – 2 StR 47/93, aaO; Patzak inKörner/Patzak/Volkmer, BtMG 8. Aufl., Vorbe- merkung zu §§ 29 ff. BtMG Rn. 113).
- 9
- 4. Die der Strafzumessung zugrunde gelegten Feststellungen sind von der unzutreffenden konkurrenzrechtlichen Beurteilung in den Fällen 2 bis 4 und dem Wertungsfehler im Fall 1 (sowie in den Fällen 2 und 3) nicht betroffen und können bestehen bleiben.
Berger Mosbacher
moreResultsText
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft, - 2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt, - 3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein, - 4.
(weggefallen) - 5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt, - 6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel - a)
verschreibt, - b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
- 6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt, - 6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht, - 7.
entgegen § 13 Absatz 2 - a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke, - b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
- 8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt, - 9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen, - 10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet, - 11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt, - 12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind, - 13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt, - 14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt, - 2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.
(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.
(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.