Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Aug. 2007 - 5 StR 267/07

bei uns veröffentlicht am28.08.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 267/07

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 28. August 2007
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. August 2007

beschlossen:
1. Auf die Revision des Verurteilten wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 14. März 2007 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die nachträgliche Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 1 und 2 StGB angeordnet. Hiergegen richtet sich die Revision des Verurteilten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde der Verurteilte am 8. August 2002 vom Landgericht Braunschweig wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 35 Fällen (Einzelstrafen: in drei Fällen ein Jahr und neun Monate Freiheitsstrafe, in 32 Fällen ein Jahr und sechs Monate), versuchten schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen (je neun Monate Einzelstrafe) und sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen (je ein Jahr Einzelstrafe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dem lag zugrunde, dass der Verurteilte im Zeitraum zwischen März und September 2001 mit vier Jungen aus seinem Bekanntenkreis, die zu den Tatzeiten sieben bis dreizehn Jahre alt waren und sich ihm teilweise anboten, sexuelle Handlungen, u. a. Anal- und Oral- verkehr, ausführte. Zur Anwendung von Gewalt kam es dabei nicht; für die Sexualkontakte entlohnte der Angeklagte die Kinder mit Geld.
3
Nach einem in der damaligen Hauptverhandlung verlesenen psychiatrischen Gutachten lag bei dem Angeklagten eine Störung der Sexualpräferenz im Sinne einer Pädophilie vor. Diese blieb nach Auffassung des Sachverständigen jedoch ohne Einfluss auf die Schuldfähigkeit, wofür insbesondere spreche, dass der Angeklagte zu den Geschädigten eine langfristige und emotional getragene Beziehung unterhalten habe, Tendenzen zur Promiskuität und Anonymität nicht zu erkennen gewesen seien und er in der Lage gewesen sei, von seinem Vorhaben abzusehen, wenn die Geschädigten sich widersetzt hätten. Weiterhin hielt der Gutachter fest, dass der Verurteilte die Taten auch im Nachhinein „befürwortet“. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 StGB wurde im Urteil nicht erörtert.
4
Vor Begehung dieser Taten war der Verurteilte neben nicht einschlägigen Vorverurteilungen bereits 1993 wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes und wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Kindes und mit homosexuellen Handlungen zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Zum Gegenstand der einschlägigen Vorverurteilung enthält das Urteil keine Feststellungen.
5
Während des Strafvollzuges lebte der Verurteilte sehr zurückgezogen, engen Kontakt zu Mitgefangenen hatte er nicht. Ein Therapieversuch scheiterte , da er keinen eindeutigen Lebenslauf schilderte. Wegen der Begehung von Sexualdelikten zu Lasten von Kindern und seiner offensiven Verteidigung des DDR-Regimes wurde er von Mitgefangenen gehänselt. Der Verurteilte reagierte auf diese Außenseiterstellung, indem er seinen Zellengenossen skurrile Angebereien erzählte (UA S. 14). So beanspruchte er in einem Brief an Fidel Castro eine kubanische Insel, brüstete sich mit Waffenlagern und der Ankündigung, er werde sich an den Leuten rächen, die ihn ins Gefängnis gebracht hätten. Seinem Zellengenossen L. erzählte er auch, er habe noch eine „alte Sache“ offen, diese verjähre nicht. Als L. ihm vorhielt , dass er die Finger nicht von Kindern lassen könne und deshalb bald wieder in Haft komme, entgegnete der Verurteilte, in Zukunft werde es keine Kinder mehr geben, die gegen ihn aussagen könnten. Als L. einwandte, dass er dann alle Kinder, mit denen er „etwas mache“, umbringen müsse, antwortete der Verurteilte, „was getan werden müsse, müsse getan werden“. L. wandte sich an einen Stationsbeamten, dem er von dem Gespräch mit dem Verurteilten berichtete. Als der Beamte dem Verurteilten vorhielt, er habe gesagt, es werde keine Kinder mehr geben, die gegen ihn aussagen könnten, antwortete er, dass dies zutreffe, aber nicht ernst gemeint gewesen sei, er habe sich nur gegenüber seinem Zellengenossen brüsten wollen.
6
Das Landgericht hat diese Äußerung als neue Tatsache im Sinne des § 66b Abs. 1 und 2 StGB gewertet. Wenngleich die übrigen Äußerungen reine Prahlereien gewesen und auch so von den Mithäftlingen verstanden worden seien, könne dies für die Ankündigung von Verdeckungsmorden – nur so sei die Erklärung des Verurteilten zu verstehen – nicht gelten. Die Ankündigung derartiger Taten sei zum Angeben gegenüber Mithäftlingen nicht geeignet , da sie nur zu einer Verschlechterung der ohnehin bedrängten Situation des Verurteilten auf der Station führen konnte. Die Frage, wie ernst diese Äußerung zu nehmen sei, sei letztlich eine Frage der Gefährlichkeitsprognose , die aufgrund der neuen Tatsache erneut zu stellen sei. Die Äußerungen zeigten, dass sich der Verurteilte weiter mit Missbrauchshandlungen gedanklich beschäftigt habe und auch die Tötung potenzieller Opfer in Betracht gezogen habe. Wegen seiner verfestigten Pädophilie, die einen Hang im Sinne des § 66 StGB darstelle, seien einschlägige Straftaten sehr wahrscheinlich, hinzu trete nunmehr als neue Tatsache die Befürchtung, der Verurteilte werde seine Opfer auch töten. Dies sei nicht „von der Hand zu weisen“, vielmehr sogar hoch wahrscheinlich, da der Verurteilte nichts mehr zu verlieren habe.
7
2. Die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Vorliegen neuer Tatsa- chen, die erst nach der Verurteilung erkennbar geworden sind und auf eine erhebliche Gefährlichkeit hinweisen, ist nicht tragfähig festgestellt.
8
Zwar können neue Tatsachen im Sinne des § 66b StGB auch innere Tatsachen, wie Umstände und Veränderungen in der Persönlichkeit oder der Motivation des Verurteilten sein (BGH StraFo 2007, 120, 121), ebenso wie die Drohung des Verurteilten, nach der Entlassung weitere Straftaten zu begehen (BT-Drucks. 15/2887 S. 12). Grundsätzlich ist daher eine erst nach der Verurteilung durch entsprechende Drohungen erkennbare Bereitschaft, zukünftige Opfer von Straftaten zu töten, ein zulässiger Anknüpfungspunkt für die besondere Gefährlichkeit im Sinne des § 66b StGB. Das Landgericht hat allerdings eine erhebliche Indizwirkung der festgestellten Äußerungen für eine solche Bereitschaft und damit für die Gefährlichkeit des Verurteilten nicht dargelegt. Denn es hat sich nicht rechtsfehlerfrei von der Ernsthaftigkeit der Äußerungen des Verurteilten überzeugt.
9
Die Urteilsgründe lassen die erforderliche umfassende Auseinandersetzung mit den Deutungsmöglichkeiten des Gesprächs zwischen dem Verurteilten und seinem Zellengenossen vermissen. Dies war hier umso mehr geboten, als es sich hierbei um das einzige Beweismittel für die von der Strafkammer angenommene – aber nicht weiter belegte – hohe Wahrscheinlichkeit der Tötung eines Kindes durch den Verurteilten handelt.
10
Bei der Würdigung der Motivation des Verurteilten für die in Frage stehenden Äußerungen hat das Landgericht wesentliche Anhaltspunkte für eine abweichende Erklärung seines Verhaltens nicht erörtert. So hat es nicht ausreichend geprüft, inwieweit diese Äußerungen ihre Ursache nur in der Vollzugssituation (vgl. hierzu BGHSt 50, 373, 378; BGH, Urteil vom 19. Januar 2006 – 4 StR 393/05) bzw. in der Stellung des Verurteilten in der Vollzugsgemeinschaft haben könnten. Das Landgericht reduziert das Ziel möglicher Prahlereien auf eine Verbesserung der Außenseiterstellung des Verurteilten. Dabei bedenkt es nicht, dass es ihm auch darum gegangen sein könnte, diese durch die Ankündigung besonderer Skrupellosigkeit zu verstärken und sich als unnahbar und unangreifbar – immerhin erfolgte die Drohung als Reaktion auf den Vorhalt, der Verurteilte werde alsbald wieder überführt werden – darzustellen. Insbesondere im Zusammenhang mit den übrigen, nicht als ernstlich gewerteten Äußerungen des Verurteilten und dessen festgestelltem Vollzugsverhalten musste eine solche Deutung unbedingt erörtert werden.
11
Bei der Bewertung der Ernsthaftigkeit der Drohung des Verurteilten setzt sich das Landgericht auch nicht mit seiner Persönlichkeit, seinem Lebensweg bis zu den Anlasstaten, deren Ausführung und seinem Vollzugsverhalten auseinander. Hierbei wäre zunächst der Umstand zu berücksichtigen gewesen, dass gewalttätiges Handeln des Verurteilten nicht belegt ist. Vielmehr sind bei der Anlassverurteilung die gewaltlose Durchführung und die emotionale Beziehung zu den Opfern besonders hervorgehoben worden. Auch im Vollzug, also über einen Zeitraum von über fünf Jahren, hat der nunmehr 51 Jahre alte Verurteilte keine Gewalt angewendet. Dies alles steht zwar der Ernstlichkeit der Ankündigung nicht zwingend entgegen, hätte aber einer vertieften Auseinandersetzung bedurft.
12
Das unkommentierte Hineinkopieren von Teilen der vorbereitenden schriftlichen Gutachten der hinzugezogenen Sachverständigen in die Urteilsgründe ersetzt eine solche Erörterung nicht. Zudem ist den auf diese Weise mitgeteilten Ergebnissen der Sachverständigen ein tragfähiger Bezug zwischen der Ankündigung des Verurteilten und seiner Persönlichkeitsstruktur bzw. den diagnostizierten Persönlichkeitsstörungen nicht zu entnehmen. Die Sachverständigen bestätigen die bereits bei der Anlassverurteilung festgestellte tiefverwurzelte Pädophilie, darüber hinaus haben sie keinen belastbaren Erkenntniswert. Der Sachverständige R. erachtet eine Aussage „über die Persönlichkeitsartung als Prognoseparameter für schlichtweg nicht möglich“; der Sachverständige M. konzentriert sich bei der Erörterung maßgeblicher neuer Tatsachen auf das – hier nicht erhebliche – Fehlen der Therapiemotivation und äußert sich zur Wahrscheinlichkeit für die Begehung von Gewaltdelikten widersprüchlich. Stellt er zunächst fest, dass Gewalttaten vom Verurteilten nicht zu erwarten seien, relativiert er dies, indem er – ausgehend von Berichten des Verurteilten über gewalttätige Handlungen, deren Inhalt nicht mitgeteilt wird – von einer „motivational getragenen Eintrittswahrscheinlichkeit“ ausgeht. Rückschlüsse auf die Bereitschaft des Verurteilten zu Tötungsdelikten oder sonstigen Gewalttaten erlauben diese Ausführungen nicht.
13
3. Der neue Tatrichter wird zeitnah unter Hinzuziehung neuer Sachverständiger erneut über den Antrag auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung zu entscheiden haben. Dabei wird zu beachten sein, dass § 66b StGB nicht der Korrektur rechtsfehlerhafter früherer Entscheidungen dient (BGHSt 50, 373, 379; BVerfG NJW 2006, 3483), mithin die damals wie auch heute vorliegende außerordentlich hohe Wahrscheinlichkeit für die Begehung neuer Sexualdelikte nicht alleinige Grundlage für die nachträgliche Sicherungsverwahrung sein kann. Das von der Staatsanwaltschaft akzeptierte Absehen von der Anordnung der Sicherungsverwahrung im Urteil vom 8. August 2002 kann nicht durch die Anwendung von § 66b StGB geheilt werden. Ausschlaggebende Bedeutung wird der Frage zukommen, ob neue Tatsachen im Sinne des § 66b StGB vorliegen, die eine neue Art und Dimension der Gefährlichkeit des Verurteilten belegen, die damals nicht erkennbar war. Nur wenn die Äußerungen des Verurteilten ernstlich gemeint sind, weisen sie auf eine erhebliche Gefährlichkeit hin. Erst die positive Feststellung der Ernsthaftigkeit öffnet das Tor zur anschließenden umfassenden Gesamtwürdigung (BGHSt 50, 275, 278).
Basdorf Gerhardt Raum Schaal Jäger

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Gesetz über den Lastenausgleich


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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 66 Unterbringung in der Sicherungsverwahrung


(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn 1. jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die a) sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die per

Strafgesetzbuch - StGB | § 2 Zeitliche Geltung


(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt. (2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt. (3) Wird das Gesetz, das

Strafgesetzbuch - StGB | § 66b Nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung


Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidu

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bei uns veröffentlicht am 19.01.2006

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Tenor 1. Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 29. März 2011 - 1 StR 93/11 - und das Urteil des Landgerichts Deggendorf vom 18. November 2010 - 1 KLs 4 Js 1276/06 jug. - verletzen den Besch

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 wegen mehrerer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
Dies gilt auch, wenn im Anschluss an die Unterbringung nach § 63 noch eine daneben angeordnete Freiheitsstrafe ganz oder teilweise zu vollstrecken ist.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 wegen mehrerer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
Dies gilt auch, wenn im Anschluss an die Unterbringung nach § 63 noch eine daneben angeordnete Freiheitsstrafe ganz oder teilweise zu vollstrecken ist.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 wegen mehrerer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
Dies gilt auch, wenn im Anschluss an die Unterbringung nach § 63 noch eine daneben angeordnete Freiheitsstrafe ganz oder teilweise zu vollstrecken ist.

BUNDESGERICHTSHOF

URTEIL
4 StR 393/05
vom
19. Januar 2006
in der Strafsache
gegen
wegen nachträglicher Anordnung der Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. Januar
2006, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Verurteilten wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 6. April 2005 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die nachträgliche Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 b Abs. 1 StGB angeordnet. Hiergegen richtet sich die Revision des Verurteilten, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts beanstandet. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


2
1. Der Verurteilte wurde am 15. Februar 2001 vom Landgericht Hagen wegen Vergewaltigung zu einer Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten sowie wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung und Nötigung zu einer Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Aus beiden Einzelstrafen bildete das Landgericht eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten. Nach den Feststellungen jenes Urteils traf der Verurteilte an einem Abend im April 2000 die Geschädigte Michaela K. in einer Gaststätte und ging mit ihr, um gemeinsam einen "Joint" zu rauchen, nach draußen, wo es auch zum Austausch von Zärtlichkeiten kam. Als sie sich in einer nahegelegenen Unterführung zum Urinieren hinhockte, fühlte sich der deutlich alkoholisierte Verurteilte durch das distanzlose Verhalten der Frau „animiert“. Er zwang sie daraufhin unter Ausnutzung ihrer schutzlosen Lage , u.a. den Oralverkehr des Verurteilten an ihr zu dulden und an ihm auszuführen. In dem weiteren Fall lernte der Verurteilte am Tatabend im Mai 2000 die Geschädigte Angelika F. auf dem Bahnhofsvorplatz in Hagen kennen, von wo aus sie die Wohnung eines Bekannten aufsuchten. Dort und später auch auf dem Weg in die Hagener Innenstadt kam es zum einvernehmlichen Austausch von Zärtlichkeiten. Als die Geschädigte sich plötzlich weiteren Küssen des wiederum alkoholisierten Verurteilten widersetzte, akzeptierte dieser den Sinneswandel nicht. Vielmehr schubste er sie zu Boden, legte sich auf sie und faßte ihr, um ihre Hilferufe zu unterbinden, fest an den Hals, ließ dann aber auf ihre Bitte, sie nicht zu vergewaltigen, mit der Bemerkung von ihr ab: „Ich werde Dir nicht wehtun“.
3
2. Vor Begehung dieser Taten war der vielfach vorbestrafte Verurteilte bereits dreimal wegen sexueller Gewaltdelikte in Erscheinung getreten. Er wurde deshalb im November 1986 wegen einer im März jenes Jahres begangenen Vergewaltigung (der leicht alkoholisierte Verurteilte hatte eine Frau, die er zuvor in einer Discothek kennengelernt hatte, zu sich zum Frühstück eingeladen. Auf dem Weg zu seiner Wohnung führte er sie über einen Friedhof, wo er sie auf den Boden drückte und u.a. den Oralverkehr erzwang) zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Nur knapp vier Monate nach vollständiger Verbüßung überfiel der nicht ausschließbar alkoholbedingt erheblich vermindert steuerungsfähige Verurteilte Ende Juli 1990 auf offener Straße eine Frau, um mit ihr geschlechtlich zu verkehren, und zerrte sie in ein Gebüsch; sie konnte ihm aber entkommen. Er wurde deshalb im Februar 1991 wegen versuchter Vergewaltigung zu einem Jahr und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Noch bevor diese Strafe vollstreckt wurde, kam es Ende Juli 1991 zu einer neuerlichen sexuel- len Gewalttat. Der wiederum nicht ausschließbar alkoholbedingt erheblich vermindert steuerungsfähige Verurteilte hatte sich mit einer Gruppe mehrerer sämtlich alkoholisierter Männer und Frauen, darunter auch die später Geschädigte , getroffen. Er veranlaßte sie, sich mit ihm von der Gruppe zu entfernen, wobei sie sich von ihm auch küssen ließ. Als sie aber weitere sexuelle Handlungen ablehnte, brachte der Verurteilte sie zu Fall und erzwang durch Schläge ins Gesicht und unter der Drohung, ihr mit einem Stein auf den Kopf zu schlagen , dass der Verurteilte den Oralverkehr an ihr ausüben und mit den Fingern in ihre Scheide eindringen konnte. Er wurde deshalb im Juni 1992 wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit Vergewaltigung zu drei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, die er bis Juni 1995 verbüßte.
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3. Obwohl nach den Feststellungen des Ursprungsurteils sowohl die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 StGB als auch – worauf das Landgericht allein abgestellt hat – die des Absatzes 3 der Vorschrift vorlagen, sah das Landgericht seinerzeit von der Anordnung der Sicherungsverwahrung ab, da der Gefährlichkeit des Verurteilten aus aktueller Sicht erfolgreich dadurch entgegengewirkt werden könne, dass er in der Entziehungsanstalt nach § 64 StGB untergebracht werde (UA 18). Im Vollzug dieser durch das Landgericht angeordneten Maßregel verweigerte der Verurteilte jedoch eine therapeutische Zusammenarbeit zunehmend, worauf die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 12. August 2002 gemäß § 67 d Abs. 5 StGB bestimmte, dass die Unterbringung in der Entziehungsanstalt nicht weiter zu vollziehen sei. Nach Abbruch des Maßregelvollzugs lehnte der Verurteilte sämtliche Behandlungsangebote der Justizvollzugsanstalt, auch in Bezug auf seine Sexual- und Gewaltproblematik , als für sich „völlig unangemessen“ (UA 24) ab. Der Verurteilte verbüßte die verhängte Strafe vollständig bis zum 2. September 2004, verblieb aber weiterhin in Haft, nachdem das Landgericht am 1. September 2004 gemäß § 275 a Abs. 5 StPO seine einstweilige Unterbringung in der nachträglichen Sicherungsverwahrung angeordnet hatte.
5
Zum Verhalten des Verurteilten im Vollzug hat das Landgericht im angefochtenen Urteil im Übrigen folgende Feststellungen getroffen:
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Ende Mai 2001 wurde der Verurteilte zur Vollstreckung der nach § 64 StGB angeordneten Maßregel in die Klinik verlegt. Dort suchte er alsbald den Kontakt und die Nähe zu Frau A., die erst seit kurzer Zeit als jüngste Pflegekraft auf seiner Station beschäftigt war. Der Verurteilte kam häufig zu ihr ins Dienstzimmer, machte ihr Komplimente und kochte sogar für sie, wenn sie Nachtdienst hatte. Da sie noch jung und unerfahren im Umgang mit Patienten war, den Verurteilten sympathisch und attraktiv fand und sich von seinen Komplimenten geschmeichelt fühlte (UA 19), unterhielt sie sich viel mit ihm und erzählte dabei auch von sehr persönlichen Umständen und durchaus auch sexualbetonten Gefühlen, so dass – auch wenn sie dabei keine Hintergedanken hegte – möglicherweise eine "knisternde Atmosphäre“ oder „erotische Spannung“ entstand (UA 20).
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Spätestens Ende April 2002 beendete Frau A. diese "flirtive Situation" (UA 56) und ging auf Distanz zu dem Verurteilten. Dieser konnte mit ihrem Rückzug jedoch nicht umgehen. Seine bisherige Zuneigung schlug jetzt in Hass und Aggression um (UA 21). Dies zeigte sich in Drohungen und massiven Beleidigungen. So äußerte er noch Ende April 2002 zu dem Stationspsychologen, "wenn er enttäuscht werde, überlege er nur, wie er dem anderen schaden könne ; er habe sich für jeden aus dem Team eine Strafe überlegt". Als der Verurteilte wegen wiederholter Beleidigungen in den Kriseninterventionsraum verlegt wurde, fand man bei ihm ein Teppichmesser, welches er sich eigenmächtig be- schafft hatte und das er dazu benutzen wollte, sich selbst oder gegebenenfalls andere Personen zu verletzen (UA 22). Zudem fanden sich bei seiner persönlichen Habe die Adresse und Telefonnummer von Frau A. sowie "Briefe und Postkarten, in denen ein einseitiges, sehnsüchtiges Verliebtsein in Frau A. zum Ausdruck kam" (UA 22). Während eines Freigangs Anfang Juni 2002 traf er auf seinen früheren Bezugspfleger, dem gegenüber er äußerte, er werde "das Team von der Station 7 D in zwei Jahren, wenn er rauskomme, 'niedermetzeln'; ganz besonders … Frau A. und … Frau N. werde er übel mitspielen" (UA 23).

II.


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Das angefochtene Urteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Allerdings hat das Landgericht zutreffend die formellen Voraussetzungen des § 66 b Abs. 1 i.V.m. § 66 Abs. 1 StGB bejaht. Jedoch sind die materiellen Voraussetzungen des § 66 b Abs. 1 StGB nicht ausreichend dargetan.
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1. Das Landgericht hat zur Frage der Gefährlichkeit des Angeklagten die ärztliche Direktorin am Zentrum für forensische Psychiatrie ( ) in , Dr. med. S. , sowie den ärztlichen Direktor der Klinik in H. und Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie und psychotherapeutische Medizin, Prof. Dr. T. , als Sachverständige gehört. Beide Sachverständigen sind in ihren Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, bei dem Verurteilten liege eine dissoziale Persönlichkeitsstörung vor, die aufgrund ihrer typischen Merkmale maßgeblich für das Bestehen eines Hanges im Sinne von § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB spreche. Beide Sachverständigen sind ferner übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, es bestehe nicht nur eine bestimmte, sondern eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Verurteilte wieder sexuelle Gewalttaten begehen werde. Für ein solches hohes Risiko künftiger Sexualde- likte spreche auch, dass der Verurteilte zur Sexualisierung von Alltagssituationen und -beziehungen neige, erotische Signale nicht relativieren könne und Situationen sexuell übersteigert interpretiere (UA 56). Dies habe sich insbesondere in dem Verhalten des Verurteilten in der Klinik in Bezug auf Frau A. gezeigt. Dadurch sei auch die auf das seinerzeit erstattete Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. Sch. gestützte Einschätzung des Landgerichts Hagen in seinem Urteil vom 15. Februar 2001 widerlegt, wonach die Straftaten des Verurteilten "maßgeblich" auf seinen jahrelangen Missbrauch von Alkohol und den jeweils aktuell genossenen Alkohol zurückzuführen seien. Vielmehr sei nunmehr deutlich geworden, dass der Verurteilte auch unabhängig von einer tatzeitbezogenen Alkoholintoxikation zu gleichen Verhaltensweisen wie bei seinen Sexualstraftaten neige und er somit unabhängig von einer akuten Alkoholisierung allein aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur gefährlich sei (UA 42).
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Davon ausgehend, hat das Landgericht die für die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung erforderlichen „neuen Tatsachen“ in dem „Verhalten des Verurteilten in der Klinik in in Bezug auf die Zeugin A.“ gesehen; „denn dadurch (habe) sich gezeigt, dass er unabhängig von dem konstellativen Faktor einer tatzeitbezogenen Alkoholintoxikation gefährlich ist“ (UA 42). Dies begegnet in mehrfacher Hinsicht durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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2. Allerdings ergeben sich vorliegend aus dem Vollzugsverhalten des Verurteilten in der Unterbringung nach § 64 StGB gegenüber dem Ausgangsurteil „neue Tatsachen" (vgl. zu diesem Begriff BGH, Urteile vom 1. Juli 2005 - 2 StR 9/05 -, NJW 2005, 3078, und vom 25. November 2005 - 2 StR 272/05 -, zum Abdruck in BGHSt bestimmt; Senatsbeschlüsse vom 9. November 2005 – 4 StR 483/05 – und vom 12. Januar 2006 – 4 StR 485/05), die im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen nach § 66 b Abs. 1 StGB Bedeutung erlangen können. Doch kommt den hierzu festgestellten Umständen weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit das Gewicht erheblicher neuer Tatsachen zu, das erst den Weg zu der in § 66 b StGB geforderten Gesamtwürdigung des Verurteilten eröffnet (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 9. November 2005 – 4 StR 483/05).
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Das Landgericht hat nicht ausreichend dargetan, dass das Verhalten des Verurteilten in der Klinik auf eine Bereitschaft des Verurteilten hinweist, schwere Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung anderer zu begehen, wie sie die Annahme erheblicher neuer Tatsachen im Sinne des § 66 b StGB voraussetzt (BGH, Urteil vom 25. November 2005 – 2 StR 272/05). Insbesondere begegnet die auf die Gutachten der beiden gehörten Sachverständigen gestützte Wertung des Landgerichts, das Verhalten des Verurteilten gegenüber Frau A. sei eine "Reinszenierung" seiner bisherigen, recht stereotyp verlaufenden Sexualstraftaten (UA 43), durchgreifenden Bedenken. Zwar war das Verhalten des Verurteilten von Hass und Aggression geprägt, nachdem Frau A. Ende April 2002 zu ihm auf Distanz gegangen war. Auch können die von dem Verurteilten angedeuteten oder ausdrücklich ausgesprochenen Drohungen unter Einbeziehung des bei ihm vorgefundenen Teppichmessers „neue Tatsachen“ von Gewicht im Sinne des § 66 b StGB sein. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers sollen auch "wiederholte verbal-aggressive Angriffe" ebenso "wie die Drohung des Verurteilten, nach der Entlassung weitere Straftaten zu begehen", als Anknüpfungspunkt für eine weitere Prüfung in Betracht kommen (BTDrucks. 15/2887 S. 12). Doch ist bei der Frage der Erheblichkeit immer in Rechnung zu stellen, ob und inwieweit diese Umstände ihre Ursache nicht nur in der Vollzugssituation haben (Senatsbeschluss vom 12. Januar 2006 – 4 StR 485/05).
Insoweit hätte das Landgericht hier berücksichtigen müssen, dass das Verhalten des Verurteilten eine nicht völlig unverständliche Reaktion auf die Zurückweisung durch Frau A. darstellte, nachdem sie die "notwendige professionelle Distanz" außer acht gelassen und durch diese "beruflichen Fehler" (UA 29) maßgeblich die "erotische Spannung" und die "Wunschfantasien" des Verurteilten (UA 20) mit verursacht hatte. Gegen die Wertung des Verhaltens des Verurteilten als „Reinszenierung“ seiner früheren Sexualstraftaten spricht schließlich, dass diesen nach den dazu im Urteil mitgeteilten Sachverhalten jeweils ein spontaner Entschluss des Verurteilten zur alsbaldigen Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse zugrunde lag. Davon unterscheidet sich das monatelange „werbende“, von gegenseitiger Sympathie getragene Verhalten des Verurteilten gegenüber Frau A. grundlegend.
13
Zudem hat das Landgericht nicht ausreichend dargetan, dass die Drohungen auch naheliegend Ausdruck der konkreten Gefahr sind, der Verurteilte werde seine im Vollzug geäußerten Drohungen auch in die Tat umsetzen (zur Bedeutung des Vollzugsverhaltens einschließlich des Auffindens verbotener Gegenstände (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2005 – 2 StR 272/05). Auch vor dem Hintergrund der Anlasstaten ergeben die Feststellungen im angefochtenen Urteil nicht, dass der Verurteilte etwa nur wegen der Situation im Vollzug an gewalttätigen Übergriffen gegenüber Frau A. oder anderen Personen gehindert gewesen wäre. Die Feststellungen legen vielmehr nahe, schließen es jedenfalls aber nicht aus, dass der Verurteilte sehr wohl des öfteren insbesondere auch mit Frau A. allein war, ohne dass jeweils andere Personen zu ihrem Schutz unmittelbar hätten eingreifen können. Die Annahme des Landgerichts, zu einer tatsächlichen Anwendung von Gewalt durch den Verurteilten – wie bei seinen früheren Straftaten – sei es nur deshalb nicht gekommen, weil sich das Geschehen diesmal im Maßregelvollzug und damit in einem „geschützten Raum“ abspielte (UA 43), stellt deshalb eine bloße Vermutung zu Lasten des Verurteilten dar.
14
Die Sache bedarf schon deshalb insgesamt neuer Prüfung und Entscheidung.

III.


15
Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin:
16
1. Soweit das Landgericht mit den beiden gehörten Sachverständigen die Gefährlichkeit des Verurteilten als "allein aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur" und "unabhängig von einer akuten Alkoholisierung" bestehend angesehen hat (UA 42), liegt in diesen Umständen hier für sich noch keine für die Prüfung der Voraussetzungen des § 66 b StGB erforderliche „neue Tatsache“. Zwar weicht die jetzige Beurteilung der Sachverständigen, der sich das Landgericht im angefochtenen Urteil angeschlossen hat, von derjenigen im Ausgangsverfahren insoweit ab, als danach das den Sexualdelikten des Verurteilten zu Grunde liegende Verhaltensmuster "primär" auf seiner dissozialen Persönlichkeitsstörung beruhe, während eine akute Alkoholintoxikation nur ein zusätzlich enthemmender, nicht aber per se der tatauslösende Faktor sei (UA 44). Die Abweichung betrifft aber lediglich die Bewertung prognoserelevanter Ursachen der Sexualdelinquenz des Verurteilten, ohne dass damit neue Ursachen selbst zu Tage getreten wären (vgl. Senatsbeschluss vom 9. November 2005 – 4 StR 483/05). Die vom psychiatrisch-psychologischen Sachverständigen zu verantwortende Diagnose einer Persönlichkeitsstörung als solche stellt auch dann, wenn sie von einem der international gebräuchlichen Klassifikationen (ICD oder DSM) erfasst wird, keine Tatsache dar; "nova" können sich immer nur auf die eine solche Diagnose begründenden Anknüpfungstatsachen beziehen (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Januar 2006 – 4 StR 485/05). Zudem weist das angefochtene Urteil selbst aus, dass auch die jetzige psychiatrisch-psychologische Beurteilung des Verurteilten nicht "neu" ist. Denn bereits der psychiatrische Gutachter im Ausgangsverfahren hatte bei dem Verurteilten eine dissoziale Persönlichkeitsstörung in Verbindung mit einer psychischen und Verhaltensstörung durch psychotrope Substanzen diagnostiziert (UA 17). Auch hatte der psychologische Sachverständige F. in dem Strafverfahren beim Landgericht Arnsberg schon 1992 die Sexualdelinquenz des Verurteilten "maßgeblich" auf seine "dissozialen Interaktionsmuster" (UA 44) zurückgeführt, was der jetzigen Beurteilung der Sachverständigen entspricht.
17
2. Eine berücksichtigungsfähige „neue Tatsache“ kann hier allerdings die Therapieverweigerung des Verurteilten sein, wenn das Ursprungsgericht zum Zeitpunkt seiner Verurteilung davon ausgehen konnte, der Verurteilte werde sich im Vollzug einer Erfolg versprechenden Therapie unterziehen (Senatsbeschluss vom 9. November 2005 aaO). Im Rahmen der dadurch eröffneten Gesamtwürdigung (vgl. dazu zuletzt BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2005 – 1 StR 482/05) darf der Tatrichter jedoch nicht allein auf eine derartige Verweigerungshaltung abstellen (BVerfGE 109, 190 = NJW 2004, 750, 758; BGH NJW 2005, 2022). Vielmehr hat er dazu die Persönlichkeit des Verurteilten, seine bisherigen Straftaten und seine Entwicklung bis zur letzten tatrichterlichen Verhandlung in den Blick zu nehmen.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible

Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 wegen mehrerer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
Dies gilt auch, wenn im Anschluss an die Unterbringung nach § 63 noch eine daneben angeordnete Freiheitsstrafe ganz oder teilweise zu vollstrecken ist.