Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Sept. 2015 - 4 StR 85/15

bei uns veröffentlicht am22.09.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR85/15
vom
22. September 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Geldfälschung
hier: Anhörungsrüge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. September 2015 beschlossen
:
Die Anhörungsrüge des Verurteilten gegen den Beschluss des
Senats vom 29. Juli 2015 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:


1
Der Senat hat die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Detmold vom 24. Oktober 2014 durch Beschluss vom 29. Juli 2015 gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz des Verteidigers vom 31. August 2015 erhobene Anhörungsrüge. Der Rechtsbehelf hat keinen Erfolg.
2
Die Anhörungsrüge erweist sich bereits als unzulässig, weil dem Vorbringen des Verurteilten nicht zu entnehmen ist, wann er von der behaupteten Verletzung des rechtlichen Gehörs Kenntnis erlangt hat. In Fällen, in denen sich – wiehier – die Einhaltung der Frist des § 356a Satz 2 StPO nicht schon aus dem aus der Akte ersichtlichen Verfahrensgang ergibt, gehört die Mitteilung des nach § 356a Satz 2 StPO für den Fristbeginn maßgeblichen Zeitpunkts der Kenntniserlangung von den tatsächlichen Umständen, aus denen sich die Gehörsverletzung ergeben soll, und dessen Glaubhaftmachung (§ 356a Satz 3 StPO) zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des Rechtsbehelfs (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. März 2005 – 2 StR 444/04, BGHR StPO § 356a Frist 1, vom 29. September 2009 – 1 StR 628/08, StV 2010, 297).
3
Die Anhörungsrüge hätte auch in der Sache keinen Erfolg. Der Senat hat bei seiner Entscheidung weder Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen der Verurteilte nicht gehört worden ist, noch hat er bei der Entscheidung zu berücksichtigendes Vorbringen des Verurteilten übergangen oder dessen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in sonstiger Weise verletzt. Dass er der Auffassung des Verurteilten zu einem möglichen Beruhen des Urteils auf der unterbliebenen Negativmitteilung nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO nicht gefolgt ist, begründet keine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 356a Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bei einer Revisionsentscheidung


Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der

Strafprozeßordnung - StPO | § 243 Gang der Hauptverhandlung


(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind. (

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 628/08
vom
29. September 2009
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
hier: Anhörungsrüge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. September 2009 beschlossen
:
Die Anhörungsrüge des Verurteilten vom 11. September 2009 gegen
den Senatsbeschluss vom 18. November 2008 wird auf seine
Kosten zurückgewiesen.

Gründe:


1
Der Senat hat durch den beanstandeten Beschluss die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 25. April 2008 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
2
Mit Schreiben vom 11. September 2009 hat der Verurteilte diverse Unterlagen übersandt, die als "nachträgliche Anhörung nach §§ 33a und 356a StPO zu werten" seien. Der Rechtsbehelf hat keinen Erfolg.
3
1. Die Anhörungsrüge nach § 33a StPO ist schon ihrem Wortlaut nach als Rechtsbehelf gegen Revisionsentscheidungen nicht statthaft, denn diese Vorschrift gilt nur subsidiär, d.h. nur dann, wenn gegen den Beschluss keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf statthaft ist. Gegen Revisionsentscheidungen ist als speziellere Regelung nur der Rechtsbehelf der Anhörungsrüge nach dem am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen § 356a StPO statthaft (vgl. BGH NStZ 2007, 236 m.N.).
4
2. a) Der Verurteilte hat diesen Rechtsbehelf jedoch nicht innerhalb einer Woche nach Kenntnis von der behaupteten Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör angebracht. Diese Frist beginnt gemäß § 356a Satz 2 StPO mit der Kenntniserlangung von den tatsächlichen Umständen, aus denen sich die behauptete Gehörsverletzung ergeben kann. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung muss gemäß § 356a Satz 3 StPO vom Verurteilten glaubhaft gemacht werden, wobei der Zeitpunkt der Kenntniserlangung binnen der Wochenfrist für die Stellung des Antrages nach § 356a StPOmitzuteilen ist. Das ist jedoch nicht geschehen, so dass der vom Verurteilten erhobene Rechtsbehelf schon deshalb als Anhörungsrüge gemäß § 356a StPO unzulässig ist.
5
b) Die Anhörungsrüge hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg. Denn eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Der Senat hat bei seiner Entscheidung zum Nachteil des Verurteilten weder Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen dieser nicht gehört worden wäre, noch hat er bei der Entscheidung zu berücksichtigendes Vorbringen des Verurteilten übergangen. Nack Wahl Hebenstreit Elf Sander

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.