Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Dez. 2017 - 4 StR 589/17
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. Dezember 2017 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten „wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie in einem weiteren Fall wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung der durch das Urteil des Landgerichts Münster vom 19. Oktober 2016, , verhängten Strafen und unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe“ zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Ferner hat es die Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 9.450 Euro aufrechterhalten und darüber hin- aus die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 15.900 Euro angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision; das Rechtsmittel erweist sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Zum Schuld- und Strafausspruch hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
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- 2. Auch der Maßnahmenausspruch erweist sich als rechtsfehlerfrei. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift das Folgende ausgeführt : „Insbesondere begegnet es keinen Bedenken, dassdas Landgericht in der Urteilsformel nicht auf eine einheitliche Anordnung der Einziehung von Wertersatz unter Einbeziehung der vom Wertersatzverfall aus der Entscheidung des Landgerichts Münster vom 19. Oktober 2016 erfassten Summe von 9.450 Euro erkannt hat.
Einer solchen einheitlichen Anordnung steht hier indes Art. 316h Satz 2 EGStGB entgegen. Zwar finden ausweislich der einschlägigen Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (Art. 316h Satz 1 EGStGB) mit Inkrafttreten des Gesetzes auch für bereits laufende Verfahren grundsätzlich ausschließlich die
neuen materiell-rechtlichen Regelungen Anwendung (vgl. dazu BTDrucks. 18/11640, S. 84). Allerdings sind gemäß Art. 316h Satz 2 EGStGB die Vorschriften des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 nicht in Verfahren anzuwenden , in denen bis zum 1. Juli 2017 bereits eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz ergangen ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. September 2017 – 1 StR 677/16, Rn. 16, juris). Dies ist im Fall der den aufrechterhaltenen Wertersatzverfall anordnenden Entscheidung des Landgerichts Münster vom 19. Oktober 2016 gegeben.
Die danach zwingend heranzuziehenden unterschiedlichen Fassungen der gesetzlichen Grundlagen (§§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73a Satz 1, 73c Abs. 1 StGB in der bis zum 30. Juni 2017 gültigen Fassung betreffend die Anordnung des Wertersatzverfalls auf Grund der Taten aus dem Urteil des Landgerichts Münster vom 19. Oktober 2016; §§ 73, 73c, 73d in der ab dem 1. Juli 2017 gültigen Fassung betreffend die Anordnung der Einziehung von Wertersatz auf Grund der in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Taten) und damit verbundene Abweichungen in der gesetzlichen Terminologie (Wertersatzverfall und Einziehung von Wertersatz) stehen einer einheitlichen Anordnung der Einziehung von Wertersatzverfall entgegen.
Eine der ratio des § 55 StGB zuwider laufende Schlechterstellung des Beschwerdeführers geht mit der ausnahmsweisen gesonderten Anordnung des Verfalls von Wertersatz aus der einzubeziehenden Entscheidung , bezüglich dessen sich das Landgericht eigenständig von den Anordnungsvoraussetzungen und der anzuordnenden Höhe überzeugt hat (UA S. 29), nicht einher.“
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- Dem tritt der Senat bei und bemerkt ergänzend: Der eindeutig und umfassend formulierte Art. 316h Satz 2 EGStGB knüpft lediglich daran an, dass bis zum 1. Juli 2017 bereits „eine Entscheidung“ über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz ergangen ist. Weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 18/11640 S. 84) ergibt sich ein Anhaltspunkt dafür, Art. 316h Satz 2 EGStGB in Fällen des § 55 Abs. 2 StGB einschränkend auszulegen (vgl. auch Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 682; BeckOK StGB/Heuchemer, 36. Edition, EGStGB, Art. 316h Rn. 3 ff.).
Bender Feilcke
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.
Wird über die Anordnung der Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages wegen einer Tat, die vor dem 1. Juli 2017 begangen worden ist, nach diesem Zeitpunkt entschieden, sind abweichend von § 2 Absatz 5 des Strafgesetzbuches die §§ 73 bis 73c, 75 Absatz 1 und 3 sowie die §§ 73d, 73e, 76, 76a, 76b und 78 Absatz 1 Satz 2 des Strafgesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) anzuwenden. Die Vorschriften des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) sind nicht in Verfahren anzuwenden, in denen bis zum 1. Juli 2017 bereits eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz ergangen ist.
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.
Wird über die Anordnung der Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages wegen einer Tat, die vor dem 1. Juli 2017 begangen worden ist, nach diesem Zeitpunkt entschieden, sind abweichend von § 2 Absatz 5 des Strafgesetzbuches die §§ 73 bis 73c, 75 Absatz 1 und 3 sowie die §§ 73d, 73e, 76, 76a, 76b und 78 Absatz 1 Satz 2 des Strafgesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) anzuwenden. Die Vorschriften des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) sind nicht in Verfahren anzuwenden, in denen bis zum 1. Juli 2017 bereits eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz ergangen ist.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.