Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2017 - 4 StR 531/16

bei uns veröffentlicht am31.01.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 531/16
vom
31. Januar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 31. Januar 2017 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Bochum vom 1. Juni 2016 wird als unbegründet verworfen, da die
Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2
Es wird davon abgesehen, dem Beschwerdeführer die Kosten des Revisionsverfahrens
aufzuerlegen (§§ 74, 109 Abs. 2 JGG); jedoch hat er
seine notwendigen Auslagen selbst zu tragen.
ECLI:DE:BGH:2017:310117B4STR531.16.0

Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Es kann dahinstehen, ob die Rüge, die Strafkammer habe bei der Ablehnung eines Antrags auf Einholung eines aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens hinsichtlich zweier Zeugen gegen Verfahrensrecht verstoßen, deshalb nicht zulässig erhoben ist, weil dem Vorbringen nicht entnommen werden kann, dass die Zeugen mit ihrer Untersuchung einverstanden gewesen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2013 – 1 StR 602/12, NStZ 2013, 672; Beschluss vom 5. Oktober 2004 – 1 StR 284/04; dagegen BGH, Urteil vom 21. August 2014 – 3 StR 208/14, NStZ 2015, 299 mwN). Denn die Rüge ist aus den vom Generalbundesanwalt angeführten Erwägungen jedenfalls unbegründet.
2. Die Rüge, das Landgericht habe einen gegen den Sachverständigen Dr. W. gerichteten Befangenheitsantrag unter Verstoß gegen § 74 Abs. 1 StPO abgelehnt, ist zulässig erhoben. Eines über die Mitteilung des Ablehnungsgesuchs und des diesen Antrag zurückweisenden Beschlusses hinausgehenden Sachvortrags bedurfte es in dem hier gegebenen Fall nicht. Denn bei der Ablehnung eines Sachverständigen prüft das Revisionsgericht nicht selbstständig, ob die Voraussetzungen für die Besorgnis einer Befangenheit im konkreten Fall vorliegen. Es hat vielmehr allein nach revisionsrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden, ob das Ablehnungsgesuch ohne Verfahrensfehler (hier nicht geltend gemacht) und mit ausreichender Begründung zurückgewiesen worden ist. Dabei ist es an die vom Tatgericht festgestellten Tatsachen gebunden, die dieses in seinem Beschluss darzulegen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juli 2014 – 3 StR 302/14, NStZ 2014, 663, 664 mwN). Die Rüge ist jedoch – wie vom Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt – unbegründet.
3. Die Feststellungen zu der als vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG bewerteten Tat unter Ziffer II. 2. der Urteilsgründe sind ausreichend. Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO müssen in den Urteilsgründen die für erwiesen erachteten Tatsachen angegeben werden, in denen die gesetzlichen
Merkmale der Straftat gefunden werden. Hierzu hat der Tatrichter auf der Grundlage einer vorausgegangenen rechtlichen Subsumtion die Urteilsgründe so abzufassen, dass sie erkennen lassen, welche der festgestellten Tatsachen den einzelnen objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen zuzuordnen sind und sie ausfüllen können (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2005 – 3 StR 473/04, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 13 mwN). Dem werden die Urteilsgründe gerecht. Denn sie lassen ausreichend erkennen, wann und wo der Angeklagte ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen geführt hat, ohne – wie ihm bekannt war – im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis zu sein.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Quentin Feilcke

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2017 - 4 StR 531/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2017 - 4 StR 531/16

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2017 - 4 StR 531/16 zitiert 6 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 21 Fahren ohne Fahrerlaubnis


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dies

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 74 Kosten und Auslagen


Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 109 Verfahren


(1) Von den Vorschriften über das Jugendstrafverfahren (§§ 43 bis 81a) sind im Verfahren gegen einen Heranwachsenden die §§ 43, 46a, 47a, 50 Absatz 3 und 4, die §§ 51a, 68 Nummer 1, 4 und 5, die §§ 68a, 68b, 70 Absatz 2 und 3, die §§ 70a, 70b Absatz

Strafprozeßordnung - StPO | § 74 Ablehnung des Sachverständigen


(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, daß der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist. (2) Das Ab

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2017 - 4 StR 531/16 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2017 - 4 StR 531/16 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2013 - 1 StR 602/12

bei uns veröffentlicht am 05.03.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 602/12 vom 5. März 2013 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. hier: Anhörungsrüge Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. März 2013 beschlossen: Die Anhörungsrüge des Verurteilten vom 13

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Okt. 2004 - 1 StR 284/04

bei uns veröffentlicht am 05.10.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 284/04 vom 5. Oktober 2004 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Oktober 2004 beschlossen : Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landge

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Aug. 2014 - 3 StR 208/14

bei uns veröffentlicht am 21.08.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 S t R 2 0 8 / 1 4 vom 21. August 2014 in der Strafsache gegen wegen Mordes Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. August 2014, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Ric

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juli 2014 - 3 StR 302/14

bei uns veröffentlicht am 22.07.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 S t R 3 0 2 / 1 4 vom 22. Juli 2014 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2017 - 4 StR 531/16.

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Jan. 2018 - 1 StR 437/17

bei uns veröffentlicht am 10.01.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 437/17 vom 10. Januar 2018 BGHSt: nein BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ________________________ StPO § 74 Das Unverzüglichkeitsgebot des § 25 Abs. 2 Satz 1 StPO findet für die Abl

Referenzen

Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.

(1) Von den Vorschriften über das Jugendstrafverfahren (§§ 43 bis 81a) sind im Verfahren gegen einen Heranwachsenden die §§ 43, 46a, 47a, 50 Absatz 3 und 4, die §§ 51a, 68 Nummer 1, 4 und 5, die §§ 68a, 68b, 70 Absatz 2 und 3, die §§ 70a, 70b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2, die §§ 70c, 72a bis 73 und 81a entsprechend anzuwenden. Die Bestimmungen des § 70a sind nur insoweit anzuwenden, als sich die Unterrichtung auf Vorschriften bezieht, die nach dem für die Heranwachsenden geltenden Recht nicht ausgeschlossen sind. Die Jugendgerichtshilfe und in geeigneten Fällen auch die Schule werden von der Einleitung und dem Ausgang des Verfahrens unterrichtet. Sie benachrichtigen den Staatsanwalt, wenn ihnen bekannt wird, daß gegen den Beschuldigten noch ein anderes Strafverfahren anhängig ist. Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse des Heranwachsenden geboten ist.

(2) Wendet der Richter Jugendstrafrecht an (§ 105), so gelten auch die §§ 45, 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 3, Abs. 2, 3, §§ 52, 52a, 54 Abs. 1, §§ 55 bis 66, 74 und 79 Abs. 1 entsprechend. § 66 ist auch dann anzuwenden, wenn die einheitliche Festsetzung von Maßnahmen oder Jugendstrafe nach § 105 Abs. 2 unterblieben ist. § 55 Abs. 1 und 2 ist nicht anzuwenden, wenn die Entscheidung im beschleunigten Verfahren des allgemeinen Verfahrensrechts ergangen ist. § 74 ist im Rahmen einer Entscheidung über die Auslagen des Antragstellers nach § 472a der Strafprozessordnung nicht anzuwenden.

(3) In einem Verfahren gegen einen Heranwachsenden findet § 407 Abs. 2 Satz 2 der Strafprozeßordnung keine Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 602/12
vom
5. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
hier: Anhörungsrüge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. März 2013 beschlossen:
Die Anhörungsrüge des Verurteilten vom 13. Februar 2013 gegen den Senatsbeschluss vom 8. Januar 2013 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Der Senat hat mit Beschluss vom 8. Januar 2013 die von dem Verurteilten eingelegte Revision gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 19. Juni 2012 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
2
Mit einem am 13. Februar 2013 eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers hat der Verurteilte die Anhörungsrüge gemäß § 356a StPO erhoben. Er sieht eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG darin, dass der Senat die gesetzlichen Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO an eine Verfahrensrüge überspannt habe. Indem der Senat in Bezug auf eine Rüge der Ablehnung eines Beweisantrags auf Einholung eines aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens über die geschädigte Zeugin Darlegungen zu deren Einwilligung in die Untersuchung verlangt habe , sei der Revision Unmögliches abverlangt worden.

II.


3
1. Die Anhörungsrüge ist unzulässig.
4
Es fehlt an der von § 356a Satz 3 StPO gesetzlich geforderten Glaubhaftmachung des Zeitpunkts der Kenntniserlangung des Betroffenen von der Verletzung rechtlichen Gehörs. Die Anhörungsrüge kann zulässig nur binnen einer Woche nach dieser Kenntniserlangung erhoben werden (§ 356a Satz 2 StPO). Da das Revisionsgericht diesen Zeitpunkt regelmäßig nicht aus den Akten entnehmen kann (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2013 - 1 StR 382/10), verlangt das Gesetz die Glaubhaftmachung des relevanten Zeitpunkts durch den Antragsteller. Dabei handelt es sich um eine Zulässigkeitsvoraussetzung des Antrags nach § 356a Satz 1 StPO (BGH, Beschluss vom 29. September 2009 - 1 StR 628/08, StV 2010, 297; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 356a Rn. 9). An der Glaubhaftmachung fehlt es. Der Antrag teilt unabhängig von der Glaubhaftmachung noch nicht einmal den Zeitpunkt der Kenntniserlangung als solchen mit.
5
2. Die Anhörungsrüge hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg.
6
Der Senat hat das angefochtene Urteil unter Berücksichtigung der in der Revisionsbegründung enthaltenen Beanstandungen und unter Einbeziehung der Ausführungen in der Erwiderung vom 27. Dezember 2012 auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts umfassend geprüft. In seinem Beschluss vom 8. Januar 2013 hat der Senat seine mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs übereinstimmende Auffassung über die gesetzlichen Darlegungsanforderungen an die hier fragliche Verfahrensrüge näher begründet. Tatsachen oder Beweisergebnisse, zu denen der Verurteilte nicht zuvor gehört worden war, hat er dabei nicht verwertet. Auch ist kein entscheidungserhebli- ches Vorbringen übergangen worden. Dass der Senat der Rechtsauffassung der Revision über die Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht gefolgt ist, lässt einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht erkennen. Auch wird mit der Forderung nach Ausführungen zu der für eine Exploration rechtlich erforderlichen Einwilligung der Zeugin nichts Unmögliches gefordert. Vielmehr wird damit dem Umstand Rechnung getragen, dass Zeugen nicht ohne deren Einwilligung auf ihre Glaubwürdigkeit hin untersucht werden dürfen (siehe insoweit Meyer-Goßner, aaO, § 81c Rn. 7 mwN).
7
Im Übrigen hat der Senat in seinem Verwerfungsbeschluss ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen die Verfahrensrüge auf Einholung des Glaubwürdigkeitsgutachtens auch unbegründet war. Damit wird den aus Art. 103 Abs. 1 GG resultierenden Pflichten zur Begründung letztinstanzlicher, nicht mehr mit ordentlichen Rechtsmitteln anfechtbaren gerichtlichen Entscheidungen genügt. Wahl Rothfuß Jäger Cirener Radtke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 284/04
vom
5. Oktober 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Oktober 2004 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 13. Februar 2004 wird als unbegründet verworfen,
da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts und unter
Berücksichtigung des weiteren Revisionsvorbringens vom 3.,
23. und 24. August 2004 bemerkt der Senat:
Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich kein Rechtsfehler
daraus, daß das Landgericht nur dem Antrag auf Anhörung eines
psychiatrischen Sachverständigen gefolgt ist und nichtauch
über die Einholung des gleichzeitig beantragten psychologischen
Gutachtens entschieden hat. Dabei steht es im Ermessen des
Tatrichters, welchen Sachverständigen er beauftragt, wenn sich
die Kompetenz von Sachverständigen verschiedener oder ähnlicher
Fachrichtungen überschneidet (vgl. BGHSt 34, 355 ff.; BGH,
Beschl. vom 19. August 1993 - 1 StR 395/93). Psychologische
Kenntnisse gehören zum Rüstzeug auch des Psychiaters; außer-
dem sind die Fachkenntnisse eines Psychologen dann nicht ausreichend
, wenn - worauf die Revision beharrt - eine geistige Erkrankung
oder aktuelle psychopathologische Ursachen Einfluß
auf die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage haben können; dann
ist ein Psychiater zu hören (BGHSt 23, 8 ff.; Senge in KK 5. Aufl.
§ 73 Rdn. 5). Zudem hat der Generalbundesanwalt zu Recht darauf
hingewiesen, daß eine psychologische Untersuchung der Geschädigten
nur mit deren Einwilligung zulässig ist (BGHSt 36,
217, 219), wobei die Revision entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO
das Vorliegen einer entsprechenden Zustimmung nicht dargetan
hat.
Im übrigen ist die Beweiswürdigung allein Sache des Tatrichters,
welche vom Revisionsgericht nur auf Rechtsfehler überprüfbar ist.
Solche sind vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere hat das
Landgericht die von der Revision als Indizien angeführten Umstände
, das Heimbegleiten der Geschädigten durch den Angeklagten
nach der Tat, bei welchem es zu der Drohung mit der Tötung
des Kindes und der Familie der Geschädigten kam, und deren
mehrfache Ansätze auf diesem Heimweg, sich vor ein Auto zu
werfen, ebenso berücksichtigt wie die Aufnahme einer neuen Beziehung
durch die Geschädigte zu einem anderen Mann nur wenige
Tage nach der Tat. Die Strafkammer mußte hieraus nicht,
wie die Revision glaubt, Schlußfolgerungen dahin ziehen, daß die
Angaben der Geschädigten zum Tatgeschehen unglaubhaft sind.
Nack Kolz Hebenstreit
Elf Graf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 2 0 8 / 1 4
vom
21. August 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. August
2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Vertreterin des Nebenklägers R. B. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin M. L. ,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 23. Oktober 2013 werden verworfen.
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägern dadurch entstandenen notwendigen Auslagen. Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes zu der Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte erstrebt die Einstellung des Verfahrens nach § 260 Abs. 3 StPO, da der Eröffnungsbeschluss unwirksam sei. Im Übrigen erhebt er zwei Verfahrensrügen und die Sachrüge. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer vom Generalbundesanwalt nicht vertretenen, auf den Rechtsfolgenausspruch mit Ausnahme der Anordnung der Maßregel beschränkten Revision die Milderung des Strafrahmens nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB und das Strafmaß.

2
Beide Rechtsmittel führen nicht zum Erfolg. Vielmehr erweisen sich die Revisionen aus den in den Antragsschriften des Generalbundesanwalts aufgeführten Gründen als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
Ergänzend bemerkt der Senat:
4
Der Generalbundesanwalt vertritt in seiner Antragsschrift vom 28. Mai 2014 unter Bezugnahme auf den Beschluss des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 8. Januar 2013 (1 StR 602/13, NStZ 2013, 672; s. etwa auch BGH, Beschluss vom 22. Februar 2012 - 1 StR 647/11, StV 2013, 73, 74) die Auffassung, die Rüge des Angeklagten, das Landgericht habe seinen Antrag auf aussagepsychologische Begutachtung einer ihn belastenden Zeugin rechtsfehlerhaft wegen eigener Sachkunde abgelehnt, sei bereits unzulässig, weil dem Rügevorbringen nicht entnommen werden könne, ob die Zeugin die Zustimmung zu ihrer Untersuchung (§ 81c Abs. 1 StPO) erklärt habe. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Die aussagepsychologische Begutachtung eines Zeugen bedarf nicht notwendig dessen Exploration unter seiner Mitwirkung. Vielmehr ist es je nach Fallgestaltung regelmäßig möglich, dem Sachverständigen auf anderem Wege die erforderlichen Anknüpfungstatsachen für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen zu verschaffen (s. beispielsweise etwa BGH, Urteil vom 3. Juni 1982 - 1 StR 184/82, NStZ 1982, 432; Beschlüsse vom 25. September 1990 - 5 StR 401/90, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 1 Unzulässigkeit 6; vom 28. Oktober 2008 - 3 StR 364/08, NStZ 2009, 346, 347). Daher erweist sich ein derartiger Beweisantrag in der Regel nicht als unzulässig, wenn der Zeuge die notwendige Einwilligung in die Exploration verweigert (vgl. zur Abgrenzung BGH, Urteil vom 18. September 1990 - 5 StR 184/90, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 1 Unzulässigkeit 5). Insbeson- dere bedarf es für die revisionsgerichtliche Überprüfung, ob das Tatgericht einen solchen Beweisantrag rechtsfehlerfrei wegen eigener Sachkunde zurückgewiesen - und damit eine Exploration des Zeugen unter dessen Mitwirkung gerade nicht für erforderlich gehalten - hat, nicht der Kenntnis des Revisionsgerichts , ob sich der Zeuge im Falle der Beauftragung eines Sachverständigen mit seiner Exploration einverstanden erklärt hätte. Ob je nach Sachlage etwas anderes dann zu gelten hat, wenn das Landgericht den Antrag wegen völliger Ungeeignetheit des Beweismittels ablehnt, bedarf hier keiner Entscheidung.
5
Die zulässige Rüge ist jedoch aus den vom Generalbundesanwalt hilfsweise genannten Erwägungen unbegründet.
Becker Pfister RiBGH Hubert befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Mayer Spaniol

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, daß der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Die ernannten Sachverständigen sind den zur Ablehnung Berechtigten namhaft zu machen, wenn nicht besondere Umstände entgegenstehen.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; der Eid ist als Mittel der Glaubhaftmachung ausgeschlossen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 3 0 2 / 1 4
vom
22. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 22. Juli
2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 4. März 2014, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und versuchtem Schwangerschaftsabbruch zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Angeklagte beanstandet zu Recht, dass das Landgericht einen Befangenheitsantrag gegen einen Sachverständigen mit unzureichender und damit rechtsfehlerhafter Begründung zurückgewiesen hat (§ 74 StPO).
3
1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
4
Der Angeklagte hat den Sachverständigen, der mit seiner forensischpsychiatrischen Begutachtung beauftragt war, wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt, das Gutachten sei nicht mit der erforderlichen wissenschaftlichen Sorgfalt erstellt worden. Außerdem habe der Sachverständige den Wunsch des Angeklagten unterbunden, dass bei der Exploration sein Verteidiger anwesend sein sollte. Schließlich habe der Sachverständige den Verteidiger nicht über dieses Anliegen informiert; vielmehr habe er diesem telefonisch bewusst wahrheitswidrig ausrichten lassen , die Begutachtung sei praktisch abgeschlossen und der Angeklagte habe ihm gegenüber nicht geäußert, dass er seinen Verteidiger dabei haben wollte.
5
Das Landgericht hat diesen Antrag zurückgewiesen und dies damit begründet , weder das wissenschaftliche Vorgehen des Sachverständigen noch die Tatsache, dass dieser die Exploration in Abwesenheit des Verteidigers durchgeführt habe, rechtfertigten die Besorgnis der Befangenheit. Zu dem weiteren Vorwurf, der Sachverständige habe den Verteidiger unzutreffend über den Wunsch des Angeklagten informiert, die Exploration im Beisein seines Verteidigers durchzuführen, verhält sich der den Antrag ablehnende Beschluss nicht.
6
2. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
7
Anders als bei der Ablehnung eines Richters prüft das Revisionsgericht bei der Ablehnung eines Sachverständigen nicht selbstständig, ob die Voraussetzungen für die Besorgnis einer Befangenheit im konkreten Fall vorliegen. Es hat vielmehr allein nach revisionsrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden, ob das Ablehnungsgesuch ohne Verfahrensfehler und mit ausreichender Begründung zurückgewiesen worden ist. Dabei ist es an die vom Tatgericht festgestellten Tatsachen gebunden und darf keine eigenen Feststellungen treffen. Aus diesem Grunde muss das Tatgericht in seinem Beschluss darlegen, von welchen Tatsachen es ausgeht (BGH, Beschluss vom 23. März 1994 - 2 StR 67/94, NStZ 1994, 388). Die gemäß § 34 StPO erforderliche Begründung des Beschlusses muss im Übrigen so ausführlich sein, dass das Revisionsgericht prüfen kann, ob das Tatgericht die anzuwendenden Rechtsbegriffe verkannt hat; daneben muss sie die Verfahrensbeteiligten in die Lage versetzen, ihr weiteres Prozessverhalten darauf einzurichten (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 74 Rn. 17 mwN).
8
Diesen Anforderungen wird die Begründung des Beschlusses des Landgerichts nicht gerecht. Die Strafkammer hat zu einem wesentlichen Teil der Begründung des Ablehnungsgesuchs nicht Stellung genommen. Damit ist weder erkennbar, von welchen Tatsachen sie insoweit ausgegangen ist, noch, ob ihre Entscheidung im Übrigen rechtsfehlerfrei ist. Eine sachliche Überprüfung der Entscheidung durch den Senat als Revisionsgericht ist deshalb nicht möglich. Ebenso wenig konnte der Angeklagte sein weiteres Prozessverhalten auf die Begründung der Strafkammer einrichten.
9
3. Der aufgezeigte Rechtsfehler berührt den Schuldspruch nicht. Es ist mit Blick auf die im Übrigen rechtsfehlerfreien Feststellungen zum Lebenslauf des Angeklagten und zur Tat auszuschließen, dass das Landgericht im Falle des Erfolgs des Ablehnungsgesuchs und Zuziehung eines anderen Sachverständigen zu der Überzeugung gelangt wäre, der Angeklagte sei bei Begehung der Tat schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB gewesen. Allerdings beruht der Strafausspruch auf der fehlerhaften Ablehnung des Befangenheitsgesuches, denn der Senat kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass die Strafkammer bei Einholung eines anderen Sachverständigengutachtens, auf eine geringere Strafe erkannt hätte, etwa weil weitere Strafmilderungsgründe zutage getreten wären oder sie sich davon überzeugt hätte, dass die Schuldfähigkeit des Angeklagten erheblich vermindert im Sinne des § 21 StGB war. Die Sache bedarf deshalb zum Strafausspruch neuer Verhandlung und Entscheidung.
Becker Schäfer Mayer
RiBGH Gericke befindet sich Spaniol im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist, oder
2.
als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen wird bestraft, wer

1.
eine Tat nach Absatz 1 fahrlässig begeht,
2.
vorsätzlich oder fahrlässig ein Kraftfahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist, oder
3.
vorsätzlich oder fahrlässig als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 kann das Kraftfahrzeug, auf das sich die Tat bezieht, eingezogen werden, wenn der Täter

1.
das Fahrzeug geführt hat, obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder obwohl eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs gegen ihn angeordnet war,
2.
als Halter des Fahrzeugs angeordnet oder zugelassen hat, dass jemand das Fahrzeug führte, dem die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder gegen den eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs angeordnet war, oder
3.
in den letzten drei Jahren vor der Tat schon einmal wegen einer Tat nach Absatz 1 verurteilt worden ist.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.