Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 410/18
vom
19. Dezember 2018
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:191218B4STR410.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 19. Dezember 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 17. April 2018 mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Diebstahl verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die Strafe wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr, im Gesamtstrafenausspruch und im Ausspruch über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nebst Vorwegvollzug. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Diebstahl sowie wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Es hat die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt und den Vorwegvollzug von einem Jahr und sechs Monaten der Freiheitsstrafe sowie Maßregeln gemäß §§ 69, 69a StGB angeordnet. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge und mit Verfahrensrügen. Das Rechtsmittel hat überwiegend Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils schlug und trat der Angeklagte gemeinsam mit einer anderen Person am 20. November 2016 gegen 3.00 Uhr morgens in einer Gaststätte auf den Nebenkläger ein, der dadurch ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und zwei Frakturen im Mittelgesicht davontrug. Er nahm außerdem das Smartphone des Nebenklägers an sich und steckte es in seine Jacke.
3
Der Nebenkläger selbst konnte zum eigentlichen Tatgeschehen keine Angaben machen. Seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten stützt das Landgericht in erster Linie auf die Aussage der damaligen Freundin des Nebenklägers, der Zeugin S. , die durch weitere Indizien erhebliche Unterstützung gefunden habe. So habe der Angeklagte bei seiner Festnahme auf einer schwarzen Jacke gelegen, in der sich das Smartphone des Nebenklägers befunden habe. An den Schuhen, die der Angeklagte nach dem Aufstehen angezogen habe, seien Blutantragungen gewesen. Eine molekulargenetische Untersuchung habe ergeben, dass der Nebenkläger als Haupturheber der Blutspuren angesehen werden könne. Der Angeklagte könne als Miturheber von DNA-Spuren an den Einlegesohlen nicht ausgeschlossen werden. Die Strafkammer hat daraus den Schluss gezogen, dass der Angeklagte diese Schuhe bei der Auseinandersetzung mit dem Nebenkläger trug. Bei der Zusammenschau der Angaben der Zeugin S. , des bei dem Angeklagten gefundenen Smartphones des Nebenklägers und der von ihm getragenen Schuhe, de- nen Blut des Nebenklägers anhaftete, ist die Strafkammer zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte einer der Täter war.
4
2. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das DNA-Gutachten des gehörten Sachverständigen ist in den Urteilsgründen nicht hinreichend dargestellt.
5
a) Grundsätzlich hat das Tatgericht in Fällen, in denen es dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, dessen wesentliche Anknüpfungstatsachen und Ausführungen so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Juli 2013 – 4 StR 270/13, NStZ-RR 2014, 115, 116 mwN). Liegt dem Gutachten jedoch ein allgemein anerkanntes und weithin standardisiertes Verfahren zugrunde, wie dies etwa beim daktyloskopischen Gutachten, der Blutalkoholanalyse oder der Bestimmung von Blutgruppen der Fall ist, so genügt die bloße Mitteilung des erzielten Ergebnisses (vgl. BGH, Beschluss vom 15. September 2010 – 5 StR 345/10, NStZ 2011, 171 mwN).
6
b) Nach diesen Grundsätzen muss nach der neueren Rechtsprechung in den in der Praxis vorkommenden Regelfällen der DNA-Vergleichsuntersuchungen , die sich auf eindeutige Einzelspuren beziehen und keine Besonderheiten in der forensischen Fragestellung aufweisen, lediglich das Gutachtenergebnis in Form der biostatistischen Wahrscheinlichkeitsaussage in numerischer Form mitgeteilt werden (BGH, Beschluss vom 28. August 2018 – 5 StR 50/17, Rn. 10, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen).
7
c) Diesen Anforderungen genügt das Urteil nicht. Es enthält keinerlei Darlegungen zum DNA-Gutachten. Da der Nebenkläger als „Haupturheber“ an- gesehen und der Angeklagte als „Miturheber“ von DNA-Spuren nicht ausge- schlossen werden kann, lässt sich den Urteilsgründen schon nicht entnehmen, dass ein Regelfall der DNA-Vergleichsuntersuchung in Bezug auf eindeutige Einzelspuren vorliegt.
8
Selbst die in diesen Fällen zumindest notwendige Darstellung der biostatistischen Wahrscheinlichkeit der Zuordnung der Spuren fehlt vollständig. Die Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Diebstahl kann danach keinen Bestand haben. Die Strafkammer hat ihre Beweiswürdigung ausdrücklich auf die Gesamtschau aller Indizien gestützt. Das Revisionsgericht ist nicht befugt, eine eigene Beweiswürdigung vorzunehmen und aufgrund des übrigen Beweisergebnisses den DNA-Spuren ihre Bedeutung für die Überzeugungsbildung des Tatrichters abzusprechen.
9
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Diebstahl führt zum Entfallen der hierfür verhängten Einsatzstrafe , der Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe und der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nebst Anordnung des Vorwegvollzugs von Freiheitsstrafe. Das Landgericht hat die Gefahr erneuter erheblicher rechtswidriger Taten gerade auf das trotz laufender Bewährung unter Alkoholeinfluss begangene Körperverletzungsdelikt gestützt.
10
4. Da die Revision bereits mit der Sachrüge hinsichtlich der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Diebstahl Erfolg hat, kommt es nicht mehr darauf an, dass auch die Ablehnung eines Beweisantrags, der sich auf diese Tat bezieht, rechtlichen Bedenken begegnet.
11
a) Die Verteidigung hatte beantragt, rötliche Anhaftungen an den Türen der Damentoilette spurentechnisch zu untersuchen zum Beweis der Tatsache, dass sich aus deren Höhe und Flugrichtung ergebe, dass sie typische Folge einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen zwei aufrecht stehenden Personen seien. Daraus ergebe sich weiter, dass der Nebenkläger in der Toilette aufrecht gestanden habe und bei Bewusstsein gewesen sei, was nicht der Schilderung der Zeugin S. entspreche. Das Landgericht hat den Beweisantrag abgelehnt, weil die unter Beweis gestellten Tatsachen für die Entscheidung aus tatsächlichen Gründen ohne Bedeutung seien. Die Strafkammer gehe davon aus, dass sich der Nebenkläger, nachdem die Zeugin S. niedergeschlagen worden sei, in der Damentoilette befunden habe. Hierhin sei er geschleppt worden. Ein eigenständiges Fortbewegen aus freiem Willen sei dem Nebenkläger, den die Zeugin S. bereits beim Heraustreten ausder Damentoilette als bewusstlos angesehen habe, danach nicht mehr möglich gewesen. Möglicherweise habe der Nebenkläger dort weitere Schläge erhalten, während er gestützt oder gehalten worden sei. Sollte der Beweisantrag so zu verstehen sein, dass zwingend bewiesen werden solle, dass der Nebenkläger im Rahmen einer körperlichen Auseinandersetzung aufrecht gestanden habe, wäre er abzulehnen, weil die Strafkammer aus eigener Sachkunde feststellen könne, dass die vereinzelten Blutspuren nicht zu einer solchen Schlussfolgerung zwängen.
12
b) Lehnt das Gericht einen Beweisantrag wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit der behaupteten Tatsachen ab, hat es die unter Beweis gestellten Tatsachen wie eine erwiesene Tatsache in das bisherige Beweisergebnis einzustellen. Die hypothetische Beweiswürdigung darf keine Abstriche an der Beweisbehauptung vornehmen, sie darf diese nicht entgegen ihrem Sinn aus- legen. Dagegen hat das Landgericht verstoßen, indem es in die hypothetische Beweiswürdigung eingestellt hat, dass der Nebenkläger in die Damentoilette geschleppt und dort gestützt oder gehalten worden sei.
13
c) Die hilfsweise Ablehnung wegen eigener Sachkunde des Gerichts hält gleichfalls der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, weil die Strafkammer die Grundlagen ihrer eigenen Sachkunde nicht dargelegt hat. Der Rückschluss von Blutanhaftungen auf einen Tatablauf übersteigt im Regelfall das Allgemeinwissen , hierfür ist ein Wissen erforderlich, das nur in besonderer Ausbildung oder sonstiger Beschäftigung mit Fragen dieser Art erworben wird. Einen solchen Kenntniserwerb hat die Strafkammer nicht dargetan.
14
5. Die Annahme von Vorsatz bei der Trunkenheitsfahrt des Angeklagten ist angesichts der einschlägigen Vorstrafen noch ausreichend belegt. Bei der Bemessung der Einzelstrafe für diese Tat (zehn Monate Freiheitsstrafe) hat das Landgericht allerdings einen überhöhten Strafrahmen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren zugrunde gelegt. Der Strafrahmen des § 316 Abs. 1 StGB sieht als Höchststrafe Freiheitsstrafe von einem Jahr vor. Der Senat kann nicht ausschließen , dass die konkrete Strafbemessung von der Annahme eines höheren als dem vom Gesetz vorgegebenen Strafrahmen zum Nachteil des Angeklagten beeinflusst worden ist.
15
Die Maßregeln nach §§ 69, 69a StGB können bestehen bleiben, da der Schuldspruch wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr Bestand hat.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Feilcke

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.

(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen

1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),
1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d),
2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder
4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.

(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.

(2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird.

(3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist.

(4) War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ 111a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.

(5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 270/13
vom
31. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1. Bestimmens einer Person unter 18 Jahren, als Person über
21 Jahren, zum unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln u.a.
zu 2. Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 31. Juli 2013 gemäß § 349 Abs. 2
und Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Siegen vom 16. Januar 2013 mit den Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte K. wegen Raubes verurteilt wurde,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weiter gehende Revision des Angeklagten K. wird verworfen.
2. Die Revision des Angeklagten G. gegen das Urteil des Landgerichts Siegen vom 16. Januar 2013 wird verworfen.
Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen Raubes und wegen versuchter räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, den Angeklagten G. hat es wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit "Bestimmen einer Person unter 18 Jahren zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln" zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt; im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit der Sachrüge, der Angeklagte K. zudem mit Verfahrensrügen. Das Rechtsmittel des Angeklagten K. hat hinsichtlich der Verurteilung wegen Raubes Erfolg; dies führt zur Aufhebung auch der Gesamtstrafe. Im Übrigen ist es, wie die Revision des Angeklagten G. insgesamt, unbegründet.
2
1. Das Rechtsmittel des Angeklagten K. hat mit der Sachrüge Erfolg, soweit es sich gegen die Verurteilung wegen Raubes (Überfall vom 17. September 2010) richtet.
3
a) Das Tatgericht hat in den Fällen, in denen es dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Gutachters so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und ob die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. August 1993 - 4 StR 627/92, BGHSt 39, 291, 296 f.; vom 21. September 2004 - 3 StR 333/04, NStZ 2005, 326). Dabei dürfen die Anforderungen, welche das Tatgericht an das Gutachten zu stellen hat, nicht mit den sachlichrechtlichen Anforderungen an den Inhalt der Urteilsgründe gleichgesetzt werden. Mögliche Fehlerquellen sind nur zu erörtern, wenn der Einzelfall dazu Veranlassung gibt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. August 1993 - 4 StR 627/92, aaO, 297 f.; zum Ganzen: BGH, Urteil vom 21. März 2013 - 3 StR 247/12).
4
In den Fällen einer DNA-Untersuchung reicht es für das Revisionsgericht zur Überprüfung, ob das Ergebnis einer auf einer DNA-Untersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung plausibel ist, im Regelfall aus, wenn das Tatgericht mitteilt, wie viele Systeme untersucht wurden, ob diese unabhängig voneinander vererbbar sind (und mithin die Produktregel anwendbar ist), ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalkombination zu erwarten ist; sofern der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört, ist zudem darzulegen, inwieweit dies bei der Auswahl der Vergleichspopulation von Bedeutung war (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2013 - 3 StR 247/12 mwN; zu ggf. geringeren Anforderungen bei einer Vielzahl weiterer gewichtiger Indizien BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2012 - 1 StR 377/12, NStZ 2013, 179, 180).
5
b) Den sich hieraus ergebenden Anforderungen genügen die Darlegungen in dem landgerichtlichen Urteil nicht.
6
Denn die Strafkammer stützt die Überzeugung von der (Mit-)Täterschaft des Angeklagten K. wesentlich auf das Ergebnis der Untersuchung von DNA in einer Mischspur, die an dem bei der Tat von einem der Täter getragenen Einmal-Overall gesichert worden war. Hierzu teilt das Landgericht (lediglich ) mit, dass "beim Vergleich der in der Analysedatei erfassten Vergleichswer- te …die Spur der Person A mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu 53 Mrd. bei der in der Bundesrepublik lebenden Bevölkerung als Vergleichspopulation vom Angeklagten" stamme (UA S. 16).
7
c) Die Aufhebung der Verurteilung wegen Raubes hat die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe zur Folge.
8
2. Im Übrigen hat das Rechtsmittel des Angeklagten K. , wie auch die Revision des Angeklagten G. insgesamt, aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 20. Juni 2013 dargelegten Gründen keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO). Ergänzend bemerkt der Senat zur Revision des Angeklagten K. lediglich:
9
a) Hängt die Frage, ob der Tatrichter zur Prüfung der Täterschaft des Angeklagten ein anthropologisches Identitätsgutachten zu erholen hat, von der Qualität vorhandener Lichtbilder (hier: einer Überwachungskamera) ab, so hat er zunächst selbst zu beurteilen, ob die Tataufnahmen als Anknüpfungstatsachen für ein solches Gutachten geeignet sind (BGH, Urteil vom 15. Februar 2005 - 1 StR 91/04 [Rn. 31], NStZ 2005, 458, 460). Hat er Zweifel, muss er im Wege des Freibeweises - etwa durch Befragung eines Sachverständigen - klären , ob die Qualität der Lichtbilder für eine sachverständige Beurteilung ausreicht. Dabei ist Maßstab nicht, ob der Sachverständige sichere oder eindeutige Schlüsse ziehen kann, vielmehr ist die Erholung des Gutachtens schon dann geboten, wenn seine Folgerungen die (Nicht-)Täterschaft des Angeklagten mehr oder weniger wahrscheinlich machen und das Gutachten hierdurch unter Berücksichtigung des sonstigen Beweisergebnisses Einfluss auf die Überzeugungsbildung des Gerichts erlangen kann (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - 3 StR 284/11, StV 2013, 481, 482).
10
b) Zur Fassung des Schuldspruchs (hier der Kennzeichnung der Mittäterschaft im Urteilstenor als "gemeinschaftlich") verweist der Senat auf die Kommentierung bei Meyer-Goßer, StPO, 56. Aufl., § 260 Rn. 24.
Sost-Scheible Roggenbuck Mutzbauer
Bender Quentin
5 StR 345/10

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 15. September 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. September 2010

beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 24. März 2010 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte J. wegen Diebstahls in 42 Fällen und der Angeklagte R. wegen Diebstahls in vier Fällen verurteilt worden sind; ausgenommen bleiben die Feststellungen zu Art und Umfang der jeweiligen Diebesbeute und der verursachten Sachschäden, die aufrechterhalten bleiben;
b) ferner in den Gesamtstrafaussprüchen und in der Entscheidung über die Einziehung der Werkzeuge.
2. Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten J. wegen Diebstahls in 42 Fällen (II.1 bis 32, 34 bis 43), wegen versuchten Diebstahls (II.33) sowie wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (II.45 und 46) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und den Angeklagten R. wegen Diebstahls in vier Fällen (II.1, 21, 34 und 44) sowie wegen versuchten Diebstahls (II.33) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Es hat ferner sichergestelltes Heroin und vier Werkzeuge eingezogen. Die Revisionen der Angeklagten erzielen den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Das Landgericht hat sich im Wesentlichen aufgrund von übereinstimmenden Werkzeugspuren an abgekippten Schließzylindern mit dem Profil von im Besitz der Angeklagten befindlichen Werkzeugen davon überzeugt, dass der Angeklagte J. zwischen dem 5. August 2006 und dem 26. September 2008 in Kiel 42 Einbruchsdiebstähle in Geschäfts- und Büroräume , davon drei (II.1, 21 und 34 der Urteilsgründe) gemeinsam mit dem Angeklagten R. begangen hat.
3
Am 12. Mai 2008 blieb ein gemeinsamer Einbruch in ein Bekleidungsgeschäft ohne Erfolg. Das Landgericht hat die von einer Videoüberwachungskamera gefilmten Angeklagten wegen versuchten Diebstahls jeweils zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt (II.33 der Urteilsgründe

).


4
Der Angeklagte R. befand sich am 9. Dezember 2008 im Besitz einer in der Zeit vom 23. Juni bis 26. Juni 2008 aus einem Tresor entwendeten Digitalkamera. Das Landgericht hat ihn deshalb wegen eines weiteren Einbruchsdiebstahls schuldig gesprochen (II.44 der Urteilsgründe).
5
In der Wohnung des Angeklagten J. wurde bei Durchsuchungen am 9. Dezember 2008 und 22. Januar 2009 Heroin mit einer Wirkstoffmenge von über 3 g bzw. über 8 g sichergestellt. Das Landgericht hat diesen Angeklagten deshalb wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungs- mitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen jeweils zu Freiheitsstrafen von sechs Monaten verurteilt (II.45 und 46 der Urteilsgründe).
6
2. Diese Verurteilungen des Angeklagten J. wegen Betäubungsmitteldelikten und die beider Angeklagter wegen versuchten Diebstahls beruhen auf einer rechtsfehlerfrei festgestellten Tatsachengrundlage und haben Bestand.
7
3. Dies gilt indes nicht für die Verurteilung der durchweg schweigenden Angeklagten wegen der Diebstähle unter Verwendung von Werkzeugen. Die Urteilsgründe genügen insoweit nicht den sachlich-rechtlichen Anforderungen an die Darlegung von Gutachten in den schriftlichen Urteilsgründen.
8
a) Das Landgericht hat „die Überzeugung von der Täterschaft der Angeklagten auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen M. vom Landeskriminalamt gewonnen, der die am jeweiligen Tatort an den Schlössern gesicherten Werkzeugspuren mit den bei den Angeklagten aufgefundenen Werkzeugen bezüglich der von ihnen verursachten Spurenbilder verglichen und im Ergebnis als tatverursachend identifiziert hat“ (UA S. 26 f.). Der Sachverständige habe bekundet, dass man nach entsprechender Betrachtung und Auswertung der in eine Datenbank eingestellten Fotografien von Werkzeugspuren an zur Untersuchung eingesandten Schließzylindern identische Tatspuren festgestellt habe. „Zunächst habe man drei unterschiedliche Werkzeugspuren feststellen können und sei folglich von drei Tatserien ausgegangen. Irgendwann sei festgestellt worden, dass sich auf einer Tatspur gleichzeitig der Abdruck mehrerer verschiedener Werkzeuge gefunden habe, die sich wiederum jeweils in verschiedenen Tatserien wiedergefunden hätten, so dass ursprünglich unterschiedlich geführte Serien schließlich zu einer Serie hätten zusammengeführt werden können. Im Ergebnis sei bei dem abschließenden Vergleich nach Auffinden der Werkzeuge bei den Angeklagten die von den Werkzeugen hergestellte Vergleichsspur nicht mehr mit jeder einzelnen Tatspur verglichen worden, sondern lediglich mit einigen http://www.juris.de/jportal/portal/t/oou/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=6&numberofresults=12&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006290950BJNE037701309&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/oou/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=6&numberofresults=12&fromdoctodoc=yes&doc.id=BORE100257909&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/oou/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=6&numberofresults=12&fromdoctodoc=yes&doc.id=KSRE054680372&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/oou/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=6&numberofresults=12&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE328899300&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - ausgewählten aus der jeweiligen Tatserie. Im Falle einer Identität der Spuren habe man logisch folgern können, dass dieses Werkzeug dann auch alle anderen Tatspuren aus derselben Serie verursacht haben müsse“ (UA S. 29 f.). Der Sachverständige habe anhand von sechs fotografisch dargestellten Spurenvergleichen – die vier sichergestellten Werkzeuge betreffend – die Methodik des visuellen Spurenvergleichs, die letztlich eine Bewertungs- und Überzeugungsfrage beim erfahrenen Betrachter sei (UA S. 28), deutlich und nachvollziehbar gemacht (UA S. 31).
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b) Die vom Landgericht vorgenommene, im Wesentlichen auf die Mitteilung des Ergebnisses des Gutachtens beschränkte Darstellung seiner Überzeugungsbildung kann zwar ausreichen, wenn es sich um ein allgemein anerkanntes und weithin standardisiertes Verfahren wie das daktyloskopische Gutachten (BGHR StPO § 261 Sachverständiger 4), die Blutalkoholanalyse (BGHSt 28, 235, 237 f.) oder die Bestimmung von Blutgruppen (BGHSt 12, 311, 314), handelt (grundlegend BGHSt 39, 291, 297 ff.). Ein solches standardisiertes Verfahren ist aber ein Vergleichsgutachten betreffend Werkzeugspuren nicht, deshalb sind weitergehende Anforderungen an die Darlegung der Überzeugugsbildung zu stellen, die vorliegend nicht erfüllt sind.
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c) Ein fotografischer Spurenvergleich, der teilweise in den Urteilsgründen vorgenommen wird, ist ohne weiteres geeignet, die Spurenübereinstimmung zu belegen und die Überzeugung von der Verwendung des bestimmten Werkzeugs bei einem bestimmten Einbruch zu begründen. Diese Methode ist „in der Regel (für) R. , Staatsanwälte und Verteidiger überschaubar und überzeugend“ (Katterwe NStZ 1992, 18, 21; vgl. Eisenberg, Beweisrecht der StPO 6. Aufl. Rdn. 1917a). Das Landgericht hat aber noch nicht einmal die in Bezug genommenen Spurenvergleichsbilder bestimmten Verurteilungsfällen zugeordnet.
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d) Zwar ist es nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 261 StPO) nicht ausgeschlossen, die Übereinstimmung von Tatortspur und Werkzeugprofil allein auf den für das Gericht nachvollziehbaren und überzeugenden Wertungsakt des Sachverständigen zu gründen (vgl. Schoreit in KK-StPO, 6. Aufl. § 261 Rdn. 32 m.w.N.). Dies setzt indes voraus, dass die einer Verurteilung zugrunde liegende Wertung auch in jedem Fall vom Sachverständigen vorgenommen wurde und nachvollziehbar ist. Dies wird durch das angefochtene Urteil nicht hinreichend belegt.
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aa) Für die Übereinstimmung von Tatortspur und Werkzeugprofil ausschlaggebend war zunächst die Feststellung der Übereinstimmung der Spuren an den Schließzylindern als Grundlage für die Bildung von Tatserien. Nach den Darlegungen UA S. 29 bleibt schon unklar, wie der Sachverständige diese Übereinstimmung festgestellt hat. Die Formulierung „man“ habe nach Betrachtung und Auswertung drei Tatserien wahrgenommen, lässt offen , ob nicht Dritte diese Bewertung vorgenommen haben.
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bb) Die Zusammenführung der angenommenen drei Tatserien ist ebenfalls nicht ausreichend dargelegt. Es bleibt offen, in welchem konkreten Einzelfall, auf welchen Spurenträgern und in welchem Zusammenhang die drei Spuren gefunden wurden. In lediglich einem Fall (II.6 der Urteilsgründe) sind zwei dem Angeklagten J. zugeordnete Werkzeuge und in drei Fällen (II.1, 21 und 24 der Urteilsgründe) ebenfalls zwei Werkzeug benutzt worden, von denen jeweils eines einem Angeklagten zugeordnet worden ist. Es bleibt darüber hinaus unklar, unter welchen Vergleichsaspekten das vierte Werkzeug in die Serie aufgenommen worden ist. Bei dieser Sachlage ist es ausgeschlossen, dass – wie es das Landgericht getan hat – eine Übereinstimmung von Tatortspur und Werkzeugprofil in den Verurteilungsfällen lediglich nach – auch nicht näher erläuterten – Stichproben unter Verzicht auf Einzelvergleiche festgestellt werden konnte.
14
cc) Soweit das Landgericht dargelegt hat, dass der Sachverständige auch Überlagerungen von Werkzeugspuren und lediglich entstandene Teilabdrucke zu werten gehabt habe (UA S. 28 f.), fehlt es an jeder Erläuterung, wie bei diesen schwieriger zu beurteilenden Anknüpfungstatsachen die Wertung einer Spurenübereinstimmung nachvollziehbar dargelegt worden ist (vgl. BGHR StPO § 261 Sachverständiger 4; Schoreit aaO).
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4. Auch die Verurteilung des Angeklagten R. im Fall II.44 der Urteilsgründe hat keinen Bestand; die Entwendungshandlung wird auch mangels Werkzeugspur nicht belegt. Zudem begegnet die Würdigung des Zeitpunkts der Aussage des Vaters (vgl. BGH StV 2009, 679 m.w.N.) und des Schweigens des Angeklagten (vgl. BGHSt 45, 363, 364 m.w.N.) Bedenken.
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5. Die Sache bedarf demnach weitgehend neuer Aufklärung und Bewertung. Dies betrifft freilich nicht die bisher getroffenen Feststellungen zu Art und Umfang der jeweiligen Diebesbeute und der Sachschäden. Diese konnten aufrechterhalten bleiben. Die Aufhebung der Schuldsprüche entzieht den Gesamtfreiheitsstrafen und der Einziehungsentscheidung bezüglich der Werkzeuge die Grundlage.
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Das neu berufene Tatgericht wird bei der Gesamtstrafenbildung zu prüfen haben, ob die gegen den Angeklagten J. am 12. Dezember 2007 und gegen den Angeklagten R. am 6. März 2008 verhängten Geldstrafen bereits vollstreckt waren und deshalb keine Zäsur begründen konnten. Gesamtstrafen, die im Vergleich zur Einsatzstrafe stark erhöht wer- den, bedürfen einer eingehenden Begründung (vgl. Fischer, StGB 57. Aufl. § 54 Rdn. 11 m.w.N.). Zur besseren Verständlichkeit wird es sich empfehlen, im Urteil nicht – wie bisher geschehen – zwischen Ordnungsnummern des Urteils und der Anklage zu wechseln.
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c) An den beiden erstgenannten Darlegungsanforderungen hält der Senat für die in der Praxis vorkommenden Regelfälle der DNA-Vergleichsuntersuchungen , die sich auf eindeutige Einzelspuren beziehen und keine Besonderheiten in der forensischen Fragestellung aufweisen, nicht fest. Denn nach dem erreichten wissenschaftlichen Stand der forensischen Molekulargenetik ist die biostatistische Wahrscheinlichkeitsberechnung in Fällen eindeutiger Einzelspuren soweit vereinheitlicht, dass es einer Darstellung der Anzahl der untersuchten Merkmalssysteme und der Anzahl der Übereinstimmungen in den untersuchten Merkmalssystemen nicht mehr bedarf. Vielmehr genügt die Mitteilung des Gutachtenergebnisses in Form der biostatistischen Wahrscheinlichkeitsaussage in numerischer Form, da diese die beiden übrigen bisherigen Anforderungen widerspiegelt.

(1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315e) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 315a oder § 315c mit Strafe bedroht ist.

(2) Nach Absatz 1 wird auch bestraft, wer die Tat fahrlässig begeht.

(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.

(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen

1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),
1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d),
2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder
4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.

(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.

(2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird.

(3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist.

(4) War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ 111a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.

(5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend.