Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2019 - 4 StR 318/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. November 2019 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Diebstahl zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
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- 1. Das Urteil hält wegen eines durchgreifenden Darstellungsmangels in der Beweiswürdigung der sachlich-rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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- a) Das Landgericht hat sich auf Grund einer Vielzahl von Beweiszeichen von der Täterschaft des Angeklagten, der die Tat bestritten hat, überzeugt. Es hat den Angeklagten unter anderem deshalb als überführt angesehen, weil von der Polizei am Tatfahrzeug, nämlich an der Außenseite der Beifahrertür und am Türgriff innen, sichergestellte DNA-Spuren eindeutig dem Angeklagten zuzuordnen seien. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich jeweils die Mehrheit der in den beiden Spuren befindlichen Zellen nach dem Abgleich in der DNAAnalyse -Datenbank mit erhöhter Signalstärke dem Angeklagten zuordnen ließen. Das ermittelte DNA-Muster habe exakt dem des Angeklagten entsprochen. In beiden Spuren deute sich zwar zudem eine fragmentarische Beimengung weiterer Zellen an; diese seien aber nur von minimaler Intensität gewesen. Nach der biostatistischen Bewertung des beim Landeskriminalamt NordrheinWestfalen tätigen Gutachters bestünden keine berechtigten Zweifel daran, dass die in den Spuren dominierend nachgewiesenen DNA-Merkmale von dem Angeklagten stammten.
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- b) Dies genügt den Anforderungen an eine rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung nicht. Grundsätzlich hat das Tatgericht in Fällen, in denen es dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, dessen wesentliche Anknüpfungstatsachen und Ausführungen so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Mai 2019 – 1 StR 79/19, Rn. 5; vom 24. Januar 2019 – 1 StR 564/18, Rn. 7; vom 19. Dezember 2018 – 4 StR 410/18, NStZ 2019, 294; jeweils mwN). Liegt dem Gutachten jedoch ein allgemein anerkanntes und weithin standardisiertes Verfahren zu Grunde, wie dies etwa bei daktyloskopischen Gutachten, der Blutalkoholanalyse oder der Bestimmung von Blutgruppen der Fall ist, so genügt die bloße Mitteilung des erzielten Ergebnisses (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Dezember 2018 – 4 StR 410/18, NStZ 2019, 294; vom 15. September 2010 – 5 StR 345/10, NStZ 2011, 171 mwN).
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- Für molekulargenetische Vergleichsgutachten gilt nichts anderes. Nach der neueren Rechtsprechung muss in den in der forensischen Praxis gebräuch- lichen Verfahren lediglich das Gutachtenergebnis in Form der biostatistischen Wahrscheinlichkeitsaussage in numerischer Form mitgeteilt werden, sofern sich die Untersuchungen auf eindeutige Einzelspuren beziehen und keine Besonderheiten in der forensischen Fragestellung aufweisen (BGH, Beschluss vom 28. August 2018 – 5 StR 50/17, NJW 2018, 3192, 3193). Bei Mischspuren, d.h. solchen Spuren, die mehr als zwei Allele in einem DNA-System aufweisen und demnach von mehr als einer einzelnen Person stammen (vgl. Schneider/ Fimmers/Schneider/Brinkmann, NStZ 2007, 447), ist jedoch in den Urteilsgründen weiterhin mitzuteilen, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben, mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination bei einer anderen Person zu erwarten ist und, sofern der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört, ob dieser Umstand bei der Auswahl der Vergleichspopulation von Bedeutung war (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Mai 2019 – 1 StR 79/19, Rn. 6; vom 24. Januar 2019 – 1 StR 564/18, Rn. 8 f.; vom 6. Februar 2019 – 1 StR 499/18, NStZ 2019, 427, 428; jeweils mwN). Je nach den Umständen des konkreten Einzelfalls können strengere Anforderungen gelten. Dabei wird sich regelmäßig die Angabe empfehlen, wie viele Spurenverursacher in Betracht kommen und um welchen Typ von Mischspur es sich handelt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Mai 2019 – 1 StR 79/19, Rn. 6; vom 27. Juni 2017 – 2 StR 572/16, Rn. 13; jeweils mwN; Schneider/Fimmers/Schneider/Brinkmann, NStZ 2007, 447).
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- Diesen Anforderungen wird das Urteil nicht gerecht. Den Ausführungen der Strafkammer, dass sich in beiden Spuren jeweils eine fragmentarische Beimengung weiterer Zellen von minimaler Intensität andeute, ist zu entnehmen , dass es sich bei beiden Spuren um Mischspuren mit eindeutigem Hauptverursacher handelt. Die Zahl der möglichen Spurenverursacher sowie die dem Begriff „minimale Intensität“ zu Grunde liegenden Berechnungsgrundlagen er- geben sich aus dem Urteil allerdings nicht. Darüber hinaus fehlt es an der erforderlichen Darstellung der untersuchten Systeme und den sich ergebenden Übereinstimmungen. Dem Urteil sind auch die Ergebnisse der biostatistischen Berechnung nicht zu entnehmen.
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- c) Da das Landgericht dem Umstand, dass am Tatfahrzeug DNA-Spuren des Angeklagten aufgefunden wurden, bei der Gesamtschau aller Indizien besonderes Gewicht beigemessen hat, kann der Senat das Beruhen des Urteils auf diesem Darstellungsmangel nicht ausschließen.
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- 2. Für die neue Hauptverhandlung merkt der Senat an:
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- Im Fall einer erneuten Verurteilung des Angeklagten wird der neue Tatrichter im Hinblick auf die Frage, ob der Angeklagte im Tatzeitpunkt unter laufender Bewährung stand, Feststellungen zur Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts Osnabrück vom 21. Januar 2015 und zur Dauer der Bewährungszeit zu treffen haben. Auf den Zeitpunkt des Straferlasses nach § 56g StGB kommt es insoweit nicht an. Quentin Roggenbuck Cierniak Bender Bartel
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Widerruft das Gericht die Strafaussetzung nicht, so erläßt es die Strafe nach Ablauf der Bewährungszeit. § 56f Abs. 3 Satz 1 ist anzuwenden.
(2) Das Gericht kann den Straferlaß widerrufen, wenn der Verurteilte wegen einer in der Bewährungszeit begangenen vorsätzlichen Straftat zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt wird. Der Widerruf ist nur innerhalb von einem Jahr nach Ablauf der Bewährungszeit und von sechs Monaten nach Rechtskraft der Verurteilung zulässig. § 56f Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 gilt entsprechend.