Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2014 - 4 StR 36/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten besonders schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Gegen das Urteil richtet sich die auf Beanstandungen des Verfahrens und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Sie hat weitgehend Erfolg.
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- 1. Der Schuldspruch hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 3
- a) Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen überfiel der Angeklagte ein Gardinenstudio, wobei er dessen Inhaberin ein Messer vorhielt. Diese schlug ihm mit einem Kleiderbügel aus Metall auf die Hand und rannte in Richtung Ladentür, um zu flüchten. "Der Angeklagte lief hinter ihr her, entweder um sie an der Flucht zu hindern oder, um selbst zu flüchten." Vor Erreichen der Tür schlug die Ladeninhaberin nochmals mit dem Kleiderbügel gegen die Hand des Angeklagten, der daraufhin das Messer fallen ließ. Sodann lief die Zeugin aus dem Laden und rief um Hilfe. "Spätestens zu diesem Zeitpunkt erkannte der Angeklagte, dass er mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht mehr an das in der geschlossenen Kasse befindliche Geld gelangen konnte, … weshalb er ebenfalls das Gardinenstudio verließ und flüchtete."
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- Einen strafbefreienden Rücktritt hat die Strafkammer abgelehnt, weil der Versuch spätestens in dem Moment fehlgeschlagen gewesen sei, als die Inhaberin des Gardinenstudios durch die Eingangstür auf die Straße gelaufen sei und um Hilfe gerufen habe.
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- b) Diese Wertung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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- Fehlgeschlagen ist ein Versuch, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen nahe liegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält (Senat, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 4 StR 346/12, NStZ 2013, 156, 157 mwN). Jedoch liegt ein fehlgeschlagener Versuch nicht vor, wenn der Angeklagte bereits zuvor von dem - in diesem Zeitpunkt noch nicht fehlgeschlage- nen - Versuch zurückgetreten war (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2011 - 3 StR 298/11, NStZ 2012, 263). Dies ist gegebenenfalls unter Anwendung des Zweifelssatzes festzustellen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 11. Februar 2003 - 4 StR 25/03 [juris Rn. 4], und vom 13. Juni 2006 - 4 StR 67/06, NStZ 2006, 685).
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- Auf dieser Grundlage belegen die Feststellungen die Annahme eines den Rücktritt ausschließenden fehlgeschlagenen Versuchs nicht hinreichend. Denn danach ist möglich, dass der Angeklagte seinen Tatentschluss bereits aufgegeben hatte, als er hinter der in Richtung Eingangstür flüchtenden Ladeninhaberin herlief. Dass er - worauf die Strafkammer ebenfalls abstellt (UA S. 8) - dabei erkennen "musste", dass er die Tat mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln nicht mehr vollenden konnte, und er nicht davon ausgehen "konnte", ohne die Mithilfe der Zeugin an das Geld gelangen zu können, belegt nicht, dass die Voraussetzungen eines Fehlschlags tatsächlich gegeben waren, er also erkannt hat, dass die Tat objektiv nicht mehr vollendet werden kann, oder er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hielt.
- 8
- 2. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Urteils, jedoch können die zum äußeren Tathergang rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bestehen bleiben (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 353 Rn. 15).
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- Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin: - Die beim Angeklagten festgestellte, die Prüfung von Schwachsinn nahe legende "mittelschwere Intelligenzminderung" - er verfügt über einen Intelligenzquotienten von 48 - kann für Rückschlüsse aus dem äußeren Tathergang auf die Vorstellungen des lediglich seine Anwe- senheit am Tatort einräumenden Angeklagten insbesondere zur Aufgabe der Tatvollendung Bedeutung erlangen, selbst wenn die Strafkammer erneut zu einem uneingeschränkt erhalten gebliebenen Einsichts - und Steuerungsvermögen gelangen sollte.
Mutzbauer Roggenbuck Cierniak
Bender Quentin
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.
(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.
(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.
(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.
(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.
(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.