Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2019 - 4 StR 329/19

bei uns veröffentlicht am10.10.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 329/19
vom
10. Oktober 2019
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1. + 3.: unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
zu 2.: Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2019:101019B4STR329.19.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 10. Oktober 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz)
a) in den Schuldsprüchen dahin geändert, dass der Angeklagte R. des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, der Angeklagte P. der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und der Angeklagte I. des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen und des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen schuldig ist,
b) in den Strafaussprüchen betreffend die Angeklagten R. und P. insgesamt und betreffend den Angeklagten I. in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen II. 7. bis 11. der Urteilsgründe und über die Gesamtstrafe aufgehoben. 1. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmit- tel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen, den Angeklagten P. wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in vier Fällen und den Angeklagten I. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen jeweils zu Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt. Ferner hat es die Einziehung von Wertersatz gegen den Angeklagten I. angeordnet. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten jeweils mit der Sachrüge. Die Rechtsmittel haben in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils verkaufte der Angeklagte I. von Sommer 2016 bis Oktober 2017 in drei Fällen Marihuana und in weiteren drei Fällen Marihuana in nicht geringer Menge mit Gewinn an den gesondert verfolgten Pi. . Das Marihuana hatte der Angeklagte von einem Freund seines Bruders bezogen (Fälle II. 1. bis 6. der Urteilsgründe).
3
Spätestens in der ersten Jahreshälfte 2017 beschlossen die Angeklagten I. und R. , im Anwesen der Lebensgefährtin des I. in Ö. eine Indoor-Cannabisplantage einzurichten. I. finanzierte den Aufbau und besorgte die notwendigen Gerätschaften, der Aufbau wurde gemeinsam vorgenommen. R. , der im Haus wohnte, übernahm die Anpflanzung , Aufzucht, Pflege und Aberntung der Cannabispflanzen. Am 15. Januar 2018 verkaufte der Angeklagte I. 1.300 g Marihuana mit einem Mindestwirkstoffgehalt von 11,3 % THC an den gesondert verfolgten H. . Das für H. vorgesehene, aus der Plantage in Ö. stammende Marihuana vergaß er im Fahrzeug des Angeklagten P. . Auf seine Bitte brachte ihmP. das Marihuana in Kenntnis des geplanten Betäubungsmittelgeschäfts. Weil die Cannabispflanzen mit Pflanzenschutzmitteln behandelt worden waren, spürten die Konsumenten ein unangenehmes Kratzen im Hals, so dass H. dem Angeklagten I. 1.277,4 g des unverkäuflichen Marihuanas mit 144,3 g THC zurückbrachte (Fall II. 7. der Urteilsgründe). Mitte Januar 2018 erkrankte der Angeklagte R. schwer. Auf Bitten des Angeklagten I. unterstützte der Angeklagte P. in Kenntnis des Betriebs der Indoorplantage den erkrankten R. , indem er ihn an 58 Tagen aufsuchte, um ihn zu pflegen und mit Lebensmitteln zu versorgen. Bei einer Durchsuchung des Anwesens in Ö. am 17. April 2018 fanden sich dort insgesamt 841 Cannabispflanzen in verschiedenen Reifestadien aus drei unterschiedlichen Anbauvorgängen (Fälle II. 8. bis 10. der Urteilsgründe) und aus mindestens einer früheren Anbauphase stammend insgesamt 16.557,29 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 1.079,24 g THC sowie 188,27 g Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von 62,5 g THC, die zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt waren (Fall II. 11. der Urteilsgründe).
4
Das Landgericht hat die Fälle II. 7. bis 11. der Urteilsgründe dahin rechtlich gewürdigt, dass sich die Angeklagten R. und I. des unerlaub- ten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf tatmehrheitlichen Fällen schuldig gemacht haben. Beide hätten an allen Einzeltaten mitgewirkt. Der Angeklagte P. habe sich durch seinen Tatbeitrag am 15. Januar 2018 und die Pflege und Versorgung von R. zwischen dem 21. Januar 2018 und dem 16. April 2018 der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen (Fälle II. 7. bis 10. der Urteilsgründe) schuldig gemacht. Hinsichtlich des bereits abgeernteten Materials (Fall II. 11. der Urteilsgründe) sei davon auszugehen, dass die Ernte vor der Erkrankung des Angeklagten R. und den damit einsetzenden Unterstützungsleistungen des Angeklagten P. erfolgt sei.
5
2. Die Bewertung des konkurrenzrechtlichen Verhältnisses der Fälle II. 7. bis 11. der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Generalbundesanwalt hat in seinen Antragsschriften vom 15. Juli 2019 u.a. ausgeführt:
6
„…Das Landgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass gesonderte Anbauvorgänge grundsätzlich als für sich selbständige, zueinander in Tatmehrheit stehende Taten des Handeltreibens zu bewerten sind (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2019 – 2 StR 212/18, BeckRS 2019, 5128, Rn. 14 mwN). Allein der gleichzeitige Besitz bereits abgeernteten Pflanzenmaterials mit noch im Wachstum befindlichen Pflanzen führt nicht zu Annahme einer Bewer- tungseinheit, denn dies setzt voraus, dass die verschiedenen Tätigkeiten des Handeltreibens sich im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes auf den Vertrieb einer einheitlichen Rauschgiftmenge beziehen (BGH, aaO, Rn. 15). Anders läge es nur dann, wenn – was vorliegend nicht der Fall war – die verschiedenen Handelsmengen zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat zusammengeführt werden (BGH, Beschluss vom 28. Mai 2018 – 3 StR 95/18, BeckRS 2018, 22775, Rn. 5; BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 – 3 StR 485/10, BeckRS 2011, 19180, Rn. 5).
7
Indessen hat das Landgericht nicht bedacht, dass der gleichzeitige Besitz verschiedener Betäubungsmittelmengen bei Vorliegen besonderer Umstände mehrere an sich selbständige Fälle des Handeltreibens zur Tateinheit verknüpfen kann. Zwar hat grundsätzlich der gleichzeitige Besitz bereits abgeernteten Blütenmaterials und noch im Wachstum befindlicher Cannabispflanzen allein nicht die Kraft, getrennte Handelstätigkeiten zur Tateinheit zu verbinden (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2019 – 2 StR 212/18, BeckRS 2019, 5128, Rn. 14; BGH, Urteil vom 19. Februar 2015 – 3 StR 546/14, BeckRS 2015, 8389, Rn. 10). Jedoch liegt Tateinheit dann vor, wenn die Art und Weise der Besitzausübung über eine bloße Gleichzeitigkeit hinausgeht und – etwa aufgrund eines räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs – die Wertung rechtfertigt, dass die Ausübung des Besitzes über die eine Menge zugleich die tatsächliche Verfügungsgewalt über die andere darstellt (BGH, Beschluss vom 28. Mai 2018 – 3 StR 95/18, BeckRS 2018, 22775, Rn. 6). Diese Wertung ist auch im vorliegenden Fall veranlasst, denn das bereits abgeerntete Pflanzenmaterial (Fall II. 11.) befand sich nach den Feststellungen des Urteils teilweise in denselben Räumen, in denen die weiteren Cannabispflanzen heranwuchsen (UA S.17 – 19), also in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zu den Betäubungsmitteln der Fälle II. 8.-11. Das gesamte Material stammte aus dem fortlaufenden Betrieb einer Cannabisplantage. Die Pflanzen der drei verschiedenen Wachstumsphasen (Fälle II. 8.-10.) befanden sich zudem zumindest teilweise in denselben Stockwerken und sogar in denselben Räumen des Anwesens (vgl. UA S. 18 f.). Vor diesem Hintergrund geht die Art und Weise der Besitzausübung über die bloße Gleichzeitigkeit hinaus, so dass die festgestellten Fälle II. 8.-11. zur Tateinheit gemäß § 52 verknüpft werden. …“
8
Dem kann sich der Senat nicht verschließen. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ist jedoch auch der Fall II. 7. der Urteilsgründe keine eigenständige Tat. Das an H. verkaufte Marihuana stammte aus der Plantage (UA S. 8), die Wirkstoffkonzentration passte zu Teilmengen des in der Indoorplantage sichergestellten Marihuanas (UA 27). Es ist deshalb davon auszugehen , dass das Marihuana im Fall II. 7. aus dem Verkaufsvorrat im Fall II. 11. der Urteilsgründe stammte und beide Mengen eine Bewertungseinheit bildeten.
9
Der Senat hat die Schuldsprüche in den Fällen II. 7. bis 11. der Urteilsgründe daher entsprechend geändert. Zwar hat der Angeklagte P. keine Beihilfehandlung zu der Tat im Fall II. 11. der Urteilsgründe geleistet; wegen der Akzessorietät der Teilnahme führt das Vorliegen einer einheitlichen Haupttat bei den Angeklagten R. und I. aber auch bei ihm zu nur einer Beihilfetat. § 265 StPO steht den Schuldspruchänderungen nicht entgegen, weil sich die Angeklagten bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können. Entsprechend können die in den Einzelfällen II. 7. bis 11. jeweils verhängten Einzelstrafen und die Gesamtstrafen keinen Bestand haben.

Quentin Roggenbuck RiBGH Cierniak ist wegen Krankheit an der Unterschriftsleistung gehindert. Quentin
Bender Feilcke

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

14
a) Erfolgt die Aufzucht von Marihuanapflanzen zum Zwecke des späteren gewinnbringenden Absatzes der geernteten Pflanzen, geht der Anbau als unselbständiger Teilakt in der Bewertungseinheit des Handeltreibens auf (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschluss vom 3. August 2011 – 2 StR 228/11, NStZ 2012, 43; BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2018 − 4 StR 318/18, NStZ 2019, 82 jeweils mwN). Gesonderte Anbauvorgänge sind dann grundsätzlich als für sich selbständige, zueinander in Tatmehrheit stehende Taten des Handeltreibens zu bewerten (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 3 StR 407/12, juris Rn. 14 [in BGHSt 58, 99 insoweit nicht abgedruckt]). Es kommt nicht darauf an, ob die Pflanzen sukzessive oder gleichzeitig in einer oder mehreren Plantagen angebaut werden. Maßgeblich ist allein der jeweilige Verkaufsvorgang. Dieser stellt die Zäsur des Anbaus dar. Mit ihm konkretisiert sich die Tat des Handeltreibens und trennt die zur Erzeugung des verkauften Betäubungsmittels notwendigen Anbauvorgänge von denen ab, die der Herstellung der nächsten Lieferung und damit der nächsten Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln dienen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2015 − 3 StR 546/14, juris Rn. 10). Nichts anderes gilt, wenn Betäubungsmittel aus einer Plantage mit Pflanzen unterschiedlicher Reifungsgrade, die sukzessiv nach ihrer Reife geerntet werden, verkauft werden oder die Aufzucht der Pflanzen aus dem nachfolgenden Anbauvorgang noch vor der Ernte der zuvor gezüchteten Pflanzen begonnen wurde. Denn daraus folgt nur eine Gleichzeitigkeit der Anbauvorgänge im Sinne einer zeitlichen Überschneidung, die für eine tateinheitliche Verbindung als solche nicht ausreicht (st. Rspr.; vgl. Senat, Beschluss vom 28. März 2018 − 2 StR 176/17 mwN). Der bloße gleichzeitige Besitz der bereits abgeern- teten, zum Verkauf bei Erreichen einer entsprechenden Menge bereitliegenden Blüten einerseits und der noch auf dem Halm befindlichen Blüten hat nicht die Kraft, die getrennten Handelstätigkeiten zur Tateinheit zu verbinden (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1994 – 3 StR 261/94, juris Rn. 6).
5
b) Zwar geht das Landgericht im Ansatz zutreffend von zwei Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln aus. Denn gesonderte Anbauvorgänge, die auf gewinnbringende Veräußerung der dadurch erzeugten Betäubungsmittel abzielen, sind grundsätzlich als für sich selbständige Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu bewerten (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, juris Rn. 5; Urteil vom 20. Dezember 2012 - 3 StR 407/12, NStZ 2013, 546, 548 jew. mwN). Dass der Angeklagte die Handelsmengen aus beiden Anbauvorgängen gleichzeitig in Besitz hatte, begründet insbesondere keine Bewertungseinheit. Eine solche Bewertungseinheit, bei der eine Mehrzahl auf den Vertrieb von Betäubungsmitteln gerichteter Tätigkeiten tatbestandlich zu einer Tat im Rechtssinne zusammengefasst werden (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 2017 - GSSt 4/17, juris Rn. 18 f. mwN [zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen]; LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 40), liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn die verschiedenen Betätigungen , die jeweils von dem pauschalierenden, verschiedene Tätigkeiten umfassenden Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln umfasst werden, sich im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes auf den Vertrieb einer einheitlichen Rauschgiftmenge beziehen (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017 - 3 StR 487/16, NStZ 2017, 711, 712 mwN). Da das bei jedem Erntevorgang gewonnene Marihuana jeweils eine eigene Handelsmenge darstellt, scheidet eine Bewertungseinheit schon deshalb aus, weil die den Vertrieb fördernden Tätigkeiten hinsichtlich der Einzelmengen jeweils nicht denselben Güterumsatz betreffen. Auch der bloße gleichzeitige Besitz zweier Handelsmengen vermag mehrere selbständige Fälle des Handeltreibens nicht zu einer Bewertungseinheit im Sinne einer tatbestandlichen Handlungseinheit zu verbinden (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 2. April 2015 - 3 StR 642/14, juris Rn. 7; Beschluss vom 24. Januar 2017 - 3 StR 487/16, NStZ 2017, 711, 712 jew. mwN). Anders ist es nur dann, wenn die beiden Handelsmengen - sei es auch nur teilweise - zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat zusammengeführt werden.
5
Zwar geht das Landgericht im Ansatz zutreffend davon aus, dass gesonderte Anbauvorgänge, die auf gewinnbringende Veräußerung der dadurch erzeugten Betäubungsmittel abzielen, grundsätzlich als für sich selbständige, zueinander in Tatmehrheit stehende Taten des Handeltreibens zu bewerten sind (vgl. BGH, Beschluss vom 20. April 2005 - 3 StR 106/05, NStZ 2005, 650; Weber , BtMG, 3. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 516; § 29 Rn. 109). Anderes gilt indes, soweit der Täter - wie hier hinsichtlich des Verkaufs an den Zeugen W. festgestellt - mehrere der durch die einzelnen Anbauvorgänge erzielten Erträge in einem einheitlichen Umsatzgeschäft veräußert. Dies führt jedenfalls zu einer Teilidentität der jeweiligen tatbestandlichen Ausführungshandlungen und verknüpft so die einzelnen Fälle des Handeltreibens zur Tateinheit (vgl. BGH, Urteil vom 2. Mai 2003 - 4 StR 130/03; Weber aaO vor §§ 29 ff. Rn. 521, 563). Sammelt der Täter darüber hinaus mehrere Ernten zu einem Gesamtvorrat an, bevor er mit dem Verkauf beginnt, so verbindet dies alle hierauf bezogenen Einzelakte des Handeltreibens zu einer Bewertungseinheit mit der Folge einer materiellrechtlich einheitlichen, auch die zu Grunde liegenden Anbauvorgänge umfassenden Tat (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2002 - 4 StR 233/02, NJW 2003, 300; Beschluss vom 25. Juni 1998 - 1 StR 68/98, NStZ-RR 1999, 250; Weber aaO vor §§ 29 ff. Rn. 514 f.).
14
a) Erfolgt die Aufzucht von Marihuanapflanzen zum Zwecke des späteren gewinnbringenden Absatzes der geernteten Pflanzen, geht der Anbau als unselbständiger Teilakt in der Bewertungseinheit des Handeltreibens auf (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschluss vom 3. August 2011 – 2 StR 228/11, NStZ 2012, 43; BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2018 − 4 StR 318/18, NStZ 2019, 82 jeweils mwN). Gesonderte Anbauvorgänge sind dann grundsätzlich als für sich selbständige, zueinander in Tatmehrheit stehende Taten des Handeltreibens zu bewerten (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 3 StR 407/12, juris Rn. 14 [in BGHSt 58, 99 insoweit nicht abgedruckt]). Es kommt nicht darauf an, ob die Pflanzen sukzessive oder gleichzeitig in einer oder mehreren Plantagen angebaut werden. Maßgeblich ist allein der jeweilige Verkaufsvorgang. Dieser stellt die Zäsur des Anbaus dar. Mit ihm konkretisiert sich die Tat des Handeltreibens und trennt die zur Erzeugung des verkauften Betäubungsmittels notwendigen Anbauvorgänge von denen ab, die der Herstellung der nächsten Lieferung und damit der nächsten Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln dienen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2015 − 3 StR 546/14, juris Rn. 10). Nichts anderes gilt, wenn Betäubungsmittel aus einer Plantage mit Pflanzen unterschiedlicher Reifungsgrade, die sukzessiv nach ihrer Reife geerntet werden, verkauft werden oder die Aufzucht der Pflanzen aus dem nachfolgenden Anbauvorgang noch vor der Ernte der zuvor gezüchteten Pflanzen begonnen wurde. Denn daraus folgt nur eine Gleichzeitigkeit der Anbauvorgänge im Sinne einer zeitlichen Überschneidung, die für eine tateinheitliche Verbindung als solche nicht ausreicht (st. Rspr.; vgl. Senat, Beschluss vom 28. März 2018 − 2 StR 176/17 mwN). Der bloße gleichzeitige Besitz der bereits abgeern- teten, zum Verkauf bei Erreichen einer entsprechenden Menge bereitliegenden Blüten einerseits und der noch auf dem Halm befindlichen Blüten hat nicht die Kraft, die getrennten Handelstätigkeiten zur Tateinheit zu verbinden (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1994 – 3 StR 261/94, juris Rn. 6).
10
b) Nichts anderes gilt für den Verkauf von Betäubungsmitteln aus einer Plantage mit Pflanzen unterschiedlicher Reifungsgrade, die sukzessiv nach ihrer Reife geerntet werden (aA Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 2 Rn. 101). Auch hier stellt der einzelne Verkauf die Zäsur des Anbaus dar. Mit ihm konkretisiert sich die Tat des Handeltreibens und trennt die zur Erzeugung des verkauften Betäubungsmittels notwendigen Anbauvorgänge von denen ab, die der Herstellung der nächsten Lieferung und damit der nächsten Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln dienen. Es ist dabei unerheblich, dass die einzelnen Pflanzen nicht - wie vorwiegend anzutreffen - innerhalb einer Plantage gleichzeitig angebaut und von anderen Pflanzungen räumlich getrennt sind. Es kommt allein auf den jeweiligen Verkaufsvorgang an. Auch der bloße gleichzeitige Besitz der bereits abgeernteten, zum Verkauf bei Erreichen einer entsprechenden Menge bereitliegenden Blüten einerseits und der noch auf dem Halm befindlichen Blüten hat nicht die Kraft, die getrennten Handelstätigkeiten zur Tateinheit zu verbinden (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1994 - 3 StR 261/94, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 45).
5
b) Zwar geht das Landgericht im Ansatz zutreffend von zwei Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln aus. Denn gesonderte Anbauvorgänge, die auf gewinnbringende Veräußerung der dadurch erzeugten Betäubungsmittel abzielen, sind grundsätzlich als für sich selbständige Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu bewerten (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, juris Rn. 5; Urteil vom 20. Dezember 2012 - 3 StR 407/12, NStZ 2013, 546, 548 jew. mwN). Dass der Angeklagte die Handelsmengen aus beiden Anbauvorgängen gleichzeitig in Besitz hatte, begründet insbesondere keine Bewertungseinheit. Eine solche Bewertungseinheit, bei der eine Mehrzahl auf den Vertrieb von Betäubungsmitteln gerichteter Tätigkeiten tatbestandlich zu einer Tat im Rechtssinne zusammengefasst werden (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 2017 - GSSt 4/17, juris Rn. 18 f. mwN [zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen]; LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 40), liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn die verschiedenen Betätigungen , die jeweils von dem pauschalierenden, verschiedene Tätigkeiten umfassenden Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln umfasst werden, sich im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes auf den Vertrieb einer einheitlichen Rauschgiftmenge beziehen (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017 - 3 StR 487/16, NStZ 2017, 711, 712 mwN). Da das bei jedem Erntevorgang gewonnene Marihuana jeweils eine eigene Handelsmenge darstellt, scheidet eine Bewertungseinheit schon deshalb aus, weil die den Vertrieb fördernden Tätigkeiten hinsichtlich der Einzelmengen jeweils nicht denselben Güterumsatz betreffen. Auch der bloße gleichzeitige Besitz zweier Handelsmengen vermag mehrere selbständige Fälle des Handeltreibens nicht zu einer Bewertungseinheit im Sinne einer tatbestandlichen Handlungseinheit zu verbinden (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 2. April 2015 - 3 StR 642/14, juris Rn. 7; Beschluss vom 24. Januar 2017 - 3 StR 487/16, NStZ 2017, 711, 712 jew. mwN). Anders ist es nur dann, wenn die beiden Handelsmengen - sei es auch nur teilweise - zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat zusammengeführt werden.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.