Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Aug. 2019 - 4 StR 317/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag – und mit Zustimmung – des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 28. August 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357, § 154a Abs. 2 StPO beschlossen:
a) die Strafverfolgung auf den Vorwurf des bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz eines Schlagrings und unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe beschränkt;
b) das vorbezeichnete Urteil aa) im Schuldspruch dahingehend berichtigt, dass der Angeklagte des bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz eines Schlagrings und unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe schuldig ist; bb) im Ausspruch über die Einziehung sichergestellter Betäubungsmittel, Betäubungsmittelutensilien und Waffen, auch soweit es die Mitangeklagte S. betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge „in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Waffengesetz“ zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass ein Jahr der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung zu vollstrecken ist. Außerdem hat es die Einziehung eines sichergestellten Geldbetrages in Höhe von 2.395 Euro und der „in diesem Verfahren ausweislich der Sicherstellungsprotokolle vom 24. Mai 2018 (…) sichergestellten Betäubungsmittel , Betäubungsmittelutensilien und Waffen (vgl. laufende Nr. IV 4. bis 21. der Anklageschrift)“ angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Verfolgungsbeschränkung und – insoweit auch zugunsten der nicht revidierenden Mitangeklagten S. – zur Aufhebung der Entscheidung über die Einziehung sichergestellter Betäubungsmittel, Betäubungsmittelutensilien und Waffen. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Der Senat hat die Strafverfolgung aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts angeführten Gründen mit Zustimmung des Generalbundesanwalts auf den Vorwurf des bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz eines Schlagrings und unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe nach § 154a Abs. 2 StPO beschränkt.
- 3
- 2. Im Übrigen weisen der Schuld- und Strafausspruch, die Maßregelanordnung und die auf § 73a Abs. 1 StGB gestützte Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 2.395 Euro keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
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- a) Anhaltspunkte für eine rechtsstaatswidrige Tatprovokation, die ausnahmsweise ein Verfahrenshindernis nach sich ziehen könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 2015 – 1 StR 128/15, BGHSt 60, 238, Rn. 5 ff. mwN), haben sich weder aus den Urteilsgründen noch aus den Ermittlungsakten ergeben. Eine hierauf bezogene Verfahrensrüge ist nicht erhoben.
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- b) Auch vermag der Senat auszuschließen, dass die Strafkammer ohne den durch die Verfolgungsbeschränkung ausgeschiedenen waffenrechtlichen Verstoß (unerlaubter Besitz eines als Taschenlampe getarnten Elektroimpulsgerätes ) auf eine mildere Strafe erkannt hätte. Denn dieser Umstand hat bei der Strafzumessung keine Erwähnung gefunden.
- 6
- c) Die Verfolgungsbeschränkung zieht die aus der Beschlussformel ersichtliche Änderung des Schuldspruchs nach sich. Der Tenor ist entsprechend den Erfordernissen der Rechtsprechung zur genauen Bezeichnung der Tatbe- stände nach dem Waffengesetz neu gefasst (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juni 2016 – 4 StR 116/16).
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- 3. Dagegen kann die Anordnung der Einziehung sichergestellter Betäubungsmittel , Betäubungsmittelutensilien und Waffen nicht bestehen bleiben.
- 8
- a) Grundsätzlich sind die einzuziehenden Gegenstände im Urteilstenor konkret zu bezeichnen, um Klarheit über den Umfang der Einziehung für die Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde zu schaffen und eine ordnungsgemäße Vollstreckung zu ermöglichen. Eine Bezugnahme auf ein Asservatenverzeichnis oder Sicherstellungsprotokolle genügt nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juni 2010 – 4 StR 216/10, Rn. 5).
- 9
- b) Diesen Anforderungen wird die auf nicht näher bezeichnete Betäubungsmittel , Betäubungsmittelutensilien und Waffen gerichtete Einziehungsanordnung , in der auf Sicherstellungsprotokolle und die Anklage Bezug genommen wird, nicht gerecht. Sie lässt sich auch nicht anhand der Urteilsgründe so konkretisieren, dass sie vom Senat ergänzt werden könnte. So ist bereits unklar , welche in den Urteilsgründen beschriebenen sichergestellten Gegenstände als Betäubungsmittelutensilien gelten sollen und inwieweit etwa auch Transportmittel (Rucksäcke etc.) von der Einziehung betroffen sind.
- 10
- Da die Einziehungsanordnung insoweit auch die nicht revidierende Mitangeklagte S. betrifft, war die Aufhebung auf sie zu erstrecken (§ 357 Satz 1 StPO).
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,
- 1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder - 2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.
(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,
- 1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder - 2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.
(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.
(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.
(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.