Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Nov. 2015 - 4 StR 276/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten K. „wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Einzelstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 27.08.2014 bezüglich der gefährlichen Körperverletzung in Höhe von 9 Monaten Freiheitsstrafe und unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstra- fe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt“; ferner hat es die Adhäsions- entscheidung aus jenem Urteil aufrechterhalten. Den Angeklagten H. hat das Landgericht wegen Raubes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Gegen die Verurteilungen richten sich die auf die Sachrüge gestützten Rechtsmittel der Angeklagten; der Angeklagte H. beanstandet zudem das Verfahren. Die Revision des Angeklagten K. hat hinsichtlich der Gesamtstrafenbildung und Aufrechterhaltung der Adhäsionsentscheidung Erfolg. Im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet.
- 2
- 1. Das Rechtsmittel des Angeklagten K. ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO), soweit es sich gegen den Schuld- und Strafausspruch hinsichtlich der Tat vom 9. August 2014 richtet. Jedoch haben die Einbeziehung einer Einzelstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 27. August 2014 und die Aufrechterhaltung der Adhäsionsentscheidung aus diesem Urteil keinen Bestand.
- 3
- a) Nach den hierzu vom Landgericht getroffenen Feststellungen wurde der Angeklagte K. am 27. Februar 2009 vom Amtsgericht Essen wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt (Tatzeit: 9. November 2008). Auf die hiergegen eingelegte Berufung hin verurteilte das Landgericht Essen den Angeklagten am 27. August 2014 unter Einbeziehung einer Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Essen vom 15. Juli 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten und setzte deren Vollstreckung zur Bewährung aus. In diesem Strafbefehl war gegen den Angeklagten wegen eines Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz eine Freiheitsstrafe von drei Monaten (mit Bewährung) verhängt worden (Tatzeit: 13. Januar 2014). Den nunmehr abgeurteilten besonders schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung hat der Angeklagte am 9. August 2014 begangen.
- 4
- b) Angesichts dieser Feststellungen war die nachträgliche Gesamtstrafenbildung im Urteil des Landgerichts Essen vom 27. August 2014 richtig; insbesondere ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass dem Strafbefehl des Amtsgerichts Essen vom 15. Juli 2014 Zäsurwirkung zukommt. Da die nunmehr abgeurteilte Tat aber erst nach diesem Strafbefehl vom 15. Juli 2014 begangen wurde, scheidet eine Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 StGB aus.
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- In einem solchen Fall bildet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur die (zeitlich) erste Vorverurteilung eine Zäsur mit der Folge, dass eine später begangene Straftat gesamtstrafenrechtlich so zu betrachten ist, als ob sie nach der (aus der ersten und zweiten Vorverurteilung gewissermaßen zusammengesetzten) ersten und einzigen Vorverurteilung begangen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2013 – 4 StR 111/13, StraFo 2013, 345 f.). So verhält es sich hier. Damit ist eine Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 StGB mit der verhängten Einzelstrafe für die am 9. November 2008 begangene, jedoch erst am 27. August 2014 abgeurteilte Tat ausgeschlossen; sie ist infolge der in diesem Urteil zutreffend gebildeten nachträglichen Gesamt- strafe gesamtstrafenrechtlich „verbraucht“ und steht für eine erneute Gesamt- strafenbildung nicht mehr zur Verfügung (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2014 – 4 StR 574/13 mwN).
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- 2. Das Rechtsmittel des Angeklagten H. hat insgesamt keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO; vgl. zur Abgrenzung zwischen Raub und Diebstahl auch die Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 13. März 2002 – 1 StR 47/02, NStZ 2003, 89, und vom 9. Juli 2013 – 3 StR 174/13, juris Rn. 8).
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- Zu der von diesem Angeklagten H. erhobenen Verfahrensrüge bemerkt der Senat ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 14. September 2015, dass diese – soweit sie die Vorgänge inZusammenhang mit der Nebenklage betrifft – bereits deshalb unzulässig ist, weil die Revision die Tatsachen nicht mitteilt, die für die Prüfung von Bedeutung sind, ob der Befangenheitsantrag rechtzeitig im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 StPO gestellt wurde (vgl. SSW-StPO/Widmaier, § 338 Rn. 23; Radtke/Hohmann/Nagel, § 338 StPO Rn. 37). Dass die Entscheidung des Landgerichts über das Ablehnungs- gesuch den Antrag ohne nähere Ausführungen als „rechtzeitig im Sinne des § 25 Abs. 1 StPO“ erachtet, ersetzt den nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO notwendigen Revisionsvortrag schon deshalb nicht, weil dem nach Beschwerdegrundsätzen entscheidenden Revisionsgericht im Rahmen des § 338 Nr. 3 StPO die umfassende Prüfung obliegt, ob das Ablehnungsgesuch „mit Unrecht“ verworfen wurde, was auch bei einem als unbegründet zurückgewiesenen, tatsächlich jedoch bereits unzulässigen Antrag nicht der Fall ist (vgl. SSWStPO /Widmaier, § 338 Rn. 21; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 338 Rn. 27 f.).
Mutzbauer Bender
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Ablehnung eines erkennenden Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist bis zum Beginn der Vernehmung des ersten Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse, in der Hauptverhandlung über die Berufung oder die Revision bis zum Beginn des Vortrags des Berichterstatters, zulässig. Ist die Besetzung des Gerichts nach § 222a Absatz 1 Satz 2 schon vor Beginn der Hauptverhandlung mitgeteilt worden, so muss das Ablehnungsgesuch unverzüglich angebracht werden. Alle Ablehnungsgründe sind gleichzeitig vorzubringen.
(2) Im Übrigen darf ein Richter nur abgelehnt werden, wenn
Nach dem letzten Wort des Angeklagten ist die Ablehnung nicht mehr zulässig.Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn - a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder - b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und - aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind, - bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder - cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
- 2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war; - 3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist; - 4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat; - 5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat; - 6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind; - 8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.
(1) Die Ablehnung eines erkennenden Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist bis zum Beginn der Vernehmung des ersten Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse, in der Hauptverhandlung über die Berufung oder die Revision bis zum Beginn des Vortrags des Berichterstatters, zulässig. Ist die Besetzung des Gerichts nach § 222a Absatz 1 Satz 2 schon vor Beginn der Hauptverhandlung mitgeteilt worden, so muss das Ablehnungsgesuch unverzüglich angebracht werden. Alle Ablehnungsgründe sind gleichzeitig vorzubringen.
(2) Im Übrigen darf ein Richter nur abgelehnt werden, wenn
Nach dem letzten Wort des Angeklagten ist die Ablehnung nicht mehr zulässig.(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn - a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder - b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und - aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind, - bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder - cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
- 2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war; - 3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist; - 4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat; - 5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat; - 6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind; - 8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.