Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Nov. 2015 - 4 StR 276/15

bei uns veröffentlicht am17.11.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 276/15
vom
17. November 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: besonders schweren Raubes u.a.
zu 2.: Raubes
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 17. November 2015 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 17. Februar 2015 dahin geändert, dass dieser Angeklagte wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt wird. Die Einbeziehung einer Einzelstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 27. August 2014 und die Aufrechterhaltung der Adhäsionsentscheidung aus diesem Urteil entfallen. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten K. und die Revision des Angeklagten H. werden verworfen. 3. Die Angeklagten haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. „wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Einzelstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 27.08.2014 bezüglich der gefährlichen Körperverletzung in Höhe von 9 Monaten Freiheitsstrafe und unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstra- fe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt“; ferner hat es die Adhäsions- entscheidung aus jenem Urteil aufrechterhalten. Den Angeklagten H. hat das Landgericht wegen Raubes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Gegen die Verurteilungen richten sich die auf die Sachrüge gestützten Rechtsmittel der Angeklagten; der Angeklagte H. beanstandet zudem das Verfahren. Die Revision des Angeklagten K. hat hinsichtlich der Gesamtstrafenbildung und Aufrechterhaltung der Adhäsionsentscheidung Erfolg. Im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet.
2
1. Das Rechtsmittel des Angeklagten K. ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO), soweit es sich gegen den Schuld- und Strafausspruch hinsichtlich der Tat vom 9. August 2014 richtet. Jedoch haben die Einbeziehung einer Einzelstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 27. August 2014 und die Aufrechterhaltung der Adhäsionsentscheidung aus diesem Urteil keinen Bestand.
3
a) Nach den hierzu vom Landgericht getroffenen Feststellungen wurde der Angeklagte K. am 27. Februar 2009 vom Amtsgericht Essen wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt (Tatzeit: 9. November 2008). Auf die hiergegen eingelegte Berufung hin verurteilte das Landgericht Essen den Angeklagten am 27. August 2014 unter Einbeziehung einer Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Essen vom 15. Juli 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten und setzte deren Vollstreckung zur Bewährung aus. In diesem Strafbefehl war gegen den Angeklagten wegen eines Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz eine Freiheitsstrafe von drei Monaten (mit Bewährung) verhängt worden (Tatzeit: 13. Januar 2014). Den nunmehr abgeurteilten besonders schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung hat der Angeklagte am 9. August 2014 begangen.
4
b) Angesichts dieser Feststellungen war die nachträgliche Gesamtstrafenbildung im Urteil des Landgerichts Essen vom 27. August 2014 richtig; insbesondere ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass dem Strafbefehl des Amtsgerichts Essen vom 15. Juli 2014 Zäsurwirkung zukommt. Da die nunmehr abgeurteilte Tat aber erst nach diesem Strafbefehl vom 15. Juli 2014 begangen wurde, scheidet eine Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 StGB aus.
5
In einem solchen Fall bildet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur die (zeitlich) erste Vorverurteilung eine Zäsur mit der Folge, dass eine später begangene Straftat gesamtstrafenrechtlich so zu betrachten ist, als ob sie nach der (aus der ersten und zweiten Vorverurteilung gewissermaßen zusammengesetzten) ersten und einzigen Vorverurteilung begangen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2013 – 4 StR 111/13, StraFo 2013, 345 f.). So verhält es sich hier. Damit ist eine Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 StGB mit der verhängten Einzelstrafe für die am 9. November 2008 begangene, jedoch erst am 27. August 2014 abgeurteilte Tat ausgeschlossen; sie ist infolge der in diesem Urteil zutreffend gebildeten nachträglichen Gesamt- strafe gesamtstrafenrechtlich „verbraucht“ und steht für eine erneute Gesamt- strafenbildung nicht mehr zur Verfügung (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2014 – 4 StR 574/13 mwN).
6
2. Das Rechtsmittel des Angeklagten H. hat insgesamt keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO; vgl. zur Abgrenzung zwischen Raub und Diebstahl auch die Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 13. März 2002 – 1 StR 47/02, NStZ 2003, 89, und vom 9. Juli 2013 – 3 StR 174/13, juris Rn. 8).
7
Zu der von diesem Angeklagten H. erhobenen Verfahrensrüge bemerkt der Senat ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 14. September 2015, dass diese – soweit sie die Vorgänge inZusammenhang mit der Nebenklage betrifft – bereits deshalb unzulässig ist, weil die Revision die Tatsachen nicht mitteilt, die für die Prüfung von Bedeutung sind, ob der Befangenheitsantrag rechtzeitig im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 StPO gestellt wurde (vgl. SSW-StPO/Widmaier, § 338 Rn. 23; Radtke/Hohmann/Nagel, § 338 StPO Rn. 37). Dass die Entscheidung des Landgerichts über das Ablehnungs- gesuch den Antrag ohne nähere Ausführungen als „rechtzeitig im Sinne des § 25 Abs. 1 StPO“ erachtet, ersetzt den nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO notwendigen Revisionsvortrag schon deshalb nicht, weil dem nach Beschwerdegrundsätzen entscheidenden Revisionsgericht im Rahmen des § 338 Nr. 3 StPO die umfassende Prüfung obliegt, ob das Ablehnungsgesuch „mit Unrecht“ verworfen wurde, was auch bei einem als unbegründet zurückgewiesenen, tatsächlich jedoch bereits unzulässigen Antrag nicht der Fall ist (vgl. SSWStPO /Widmaier, § 338 Rn. 21; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 338 Rn. 27 f.).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 111/13
vom
7. Mai 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Geldfälschung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. Mai 2013 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 22. Oktober 2012 im Strafausspruch dahin geändert, dass die Einbeziehung der Strafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Lemgo vom 11. November 2011 entfällt und der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und einem Monat verurteilt wird. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen Geldfälschung (Tatzeit : Juni bis August 2011) auf eine Einzelstrafe von zwei Jahren und vier Monaten erkannt und ihn unter Einbeziehung der Strafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Lemgo vom 11. November 2011 (Tatzeit: 11. Mai 2010) unter Auflösung des Gesamtstrafenbeschlusses desselben Amtsgerichts vom 26. März 2012, mit dem eine nachträgliche Gesamtstrafe aus den Einzelgeldstrafen aus dem Strafbefehl vom 11. November 2011 und der Geldstrafe aus einem weiteren Strafbefehl dieses Gerichts vom 2. August 2010 gebildet worden war, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zugleich hat es klargestellt, dass die Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Lemgo vom 2. August 2010 in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 15 Euro bestehen bleibt.
2
Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg ; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Der Strafbefehl des Amtsgerichts Lemgo vom 11. November 2011, durch den der Angeklagte zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt wurde, ist gesamtstrafenrechtlich „verbraucht“, weil aus den beiden ihm zugrunde liegenden Einzelstrafen und der im vorausgegangenen Strafbefehl des Amtsgerichts Lemgo vom 2. August 2010 verhängten Strafe (Verurteilung wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen) mit Beschluss vom 26. März 2012 rechtsfehlerfrei gemäß § 55 StGB eine nachträgliche Gesamtstrafe von 160 Tagessätzen gebildet worden war. Da alle Straftaten , die dem Strafbefehl vom 11. November 2011 zugrunde liegen, schon durch den Strafbefehl vom 2. August 2010 hätten geahndet werden können, hat der Strafbefehl vom 11. November 2011 gesamtstrafenrechtlich keine eigenständige Bedeutung. In einem solchen Fall bildet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur die erste Vorverurteilung eine Zäsur mit der Folge, dass die hier verfahrensgegenständliche, zwischen den beiden Vorverurteilungen begangene Straftat der Geldfälschung gesamtstrafenrechtlich so zu betrachten ist, als ob sie nach der (aus der ersten und zweiten Vorverurteilung gewissermaßen zusammengesetzten) ersten und einzigen Vorverurteilung begangen wäre (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1983 – 1 StR 148/83, BGHSt 32, 190, 193; BGH, Beschluss vom 22. Juli 1997 – 1 StR 340/97, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 13; Beschluss vom 20. November 1997 – 4 StR 475/97).
4
Die von der Strafkammer vorgenommene Einbeziehung der Strafen aus der (letzten) Vorverurteilung durch das Amtsgericht Lemgo vom 11. November 2011 hat daher zu entfallen.
5
2. Bei der vom Landgericht verhängten Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten kann es unter Berücksichtigung des Verschlechterungsverbotes des § 358 Abs. 2 StPO nicht verbleiben.
6
Danach darf die Summe aus einer Freiheitsstrafe und den Tagessätzen einer Geldstrafe die frühere Gesamtfreiheitsstrafe nicht übersteigen, wenn eine aus Freiheits- und Geldstrafe gebildete Gesamtstrafe keinen Bestand hat und nunmehr auf beide Strafarten nebeneinander erkannt wird (vgl. BayObLG, Urteil vom 20. Januar 1971 – RReg. 1 St 132/70, BayObLGSt 1971, 7, 8; MeyerGoßner , StPO, 56. Aufl., § 331 Rn. 20 mwN; Bringewat, Die Bildung der Gesamtstrafe , 1987, Rn. 287 mwN). Da das Landgericht den Angeklagten wegen Geldfälschung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt hat und die Gesamtgeldstrafe von 160 Tagessätzen aus dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Lemgo vom 26. März 2012 wieder gesondert besteht, wäre der Angeklagte in unzulässiger Weise schlechter gestellt. Daher ist die Freiheitsstrafe für die Geldfälschung um drei Monate zu reduzieren. Der Senat kann, da wegen der besonderen Gegebenheiten des Falles diese Rechtsfolge vorgegeben ist, in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO und in Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts selbst entscheiden.
7
3. Der geringfügige Erfolg der Revision des Angeklagten rechtfertigt es nicht, ihn von einem Teil der Kosten des Rechtsmittels freizustellen.
Roggenbuck Franke Bender
Quentin Reiter

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR574/13
vom
27. März 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 27. März 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 6. September 2013, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO zu treffen ist. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels bleibt dem für das Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO zuständigen Gericht vorbehalten.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls unter Einbeziehung der Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Hagenow vom 8. April 2013 unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Die mit der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Im Übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Bildung der nachträglichen Gesamtstrafe aus der Freiheitsstrafe für die verfahrensgegenständliche Tat und den noch nicht erledigten Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Hagenow vom 8. April 2013 hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
Nach den Feststellungen wurden die den einbezogenen Strafen zu Grunde liegenden Taten am 2. Januar 2012, 6. Februar 2012 und 10. Mai 2012 begangen. Bis zu ihrer Aburteilung durch das Amtsgericht Hagenow wurde der Angeklagte noch am 8. Mai 2012 durch das AmtsgerichtBerlin-Tiergarten, am 19. Oktober 2012 durch das Amtsgericht Peine, am 6. Dezember 2012 durch das Amtsgericht Wolfsburg und am 20. Februar 2013 durch das Amtsgericht Bremen jeweils wegen Diebstahls zu Geldstrafen verurteilt. Den Vollstreckungsstand der vom Amtsgericht Bremen verhängten Geldstrafe hat das Landgericht nicht aufzuklären vermocht und die Gesamtstrafenbildung insoweit dem Verfahren nach § 460 StPO überlassen. Zu den Geldstrafen aus den Urteilen der Amtsgerichte Berlin-Tiergarten, Peine und Wolfsburg lässt sich den Ur- teilsgründen lediglich entnehmen, dass sie „den Angaben des Angeklagten zufolge“ bereits vollständig vollstreckt sind. Wann diese Vollstreckungen abge- schlossen werden, teilt das Urteil ebenso wenig mit, wie die Tatzeiten hinsichtlich der Urteile vom 19. Oktober und 6. Dezember 2012.
4
Auf der Grundlage dieser Feststellungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die von den Amtsgerichten Berlin-Tiergarten und Peine verhängten Geldstrafen im Zeitpunkt der Entscheidung des Amtsgerichts Hagenow am 8. April 2013 noch nicht erledigt waren und deshalb zwischen den vom Amtsge- richt Hagenow für die Taten vom 2. Januar und vom 6. Februar 2012 verhängten Einzelstrafen und der Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts BerlinTiergarten vom 8. Mai 2012 sowie zwischen der vom Amtsgericht Hagenow für die Tat vom 10. Mai 2012 festgesetzten Einzelstrafe und der vom Amtsgericht Peine am 19. Oktober 2012 verhängten Geldstrafe jeweils eine Gesamtstrafenlage im Sinne von § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB bestand. Da eine Gesamtstrafenbildung im Nachtragsverfahren nach § 460 StPO erst dann ausgeschlossen ist, wenn sämtliche dafür in Betracht zu ziehenden Strafen vollständig erledigt sind (BGH, Beschluss vom 17. Juli 2007 – 4 StR 266/07, NStZ-RR 2007, 369, 370; Bringewat, Die Bildung der Gesamtstrafe, 1987, Rn. 346; Nestler, JA 2011, 248, 253), stünde eine zwischenzeitlich eingetretene Vollstreckung der Geldstrafen aus den Urteilen der Amtsgerichte Berlin-Tiergarten und Peine der Nachholung einer unterbliebenen Gesamtstrafenbildung mit den vom Amtsgericht Hagenow verhängten und noch nicht erledigten Einzelstrafen nicht entgegen. In diesem Fall wären die Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Hagenow infolge der Zäsurwirkung der zu diesem Zeitpunkt noch unerledigten Verurteilungen durch die Amtsgerichte Berlin-Tiergarten (bezogen auf die Einzelstrafen für die Taten vom 2. Januar und vom 6. Februar 2012) und Peine (bezogen auf die Einzelstrafe für die Tat vom 10. Mai 2012) gesamtstrafenrechtlich „verbraucht“ (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juni 2011 – 4 StR 249/11, NStZ-RR 2011, 307; Beschluss vom 28. Juli 2006 – 2 StR 215/06, NStZ 2007, 28, 29) und stünden für eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung mit der für die verfahrensgegenständlichen Tat vom 23. Januar 2013 verhängten Strafe nicht mehr zur Verfügung.
5
Das nach §§ 460, 462 StPO zuständige Gericht wird den Vollstreckungsstand der für die Bildung der nachträglichen Gesamtstrafe bedeutsamen Verurteilungen klären müssen. Es hat auch über die Kosten des Rechtsmittels zu entscheiden.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 47/02
vom
13. März 2002
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. März 2002 beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18. September 2001 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen ist. Die weitergehende Revision wird verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


Der Angeklagte wurde wegen schweren Raubes (§§ 249, 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB) zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Seine auf die Sachrüge gestützte Revision bleibt zum Schuldspruch und zum Strafausspruch erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO), führt jedoch zur Aufhebung des Urteils, soweit von einer Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) abgesehen wurde (§ 349 Abs. 4 StPO; vgl. BGHSt 37, 5).

I.

1. Die Strafkammer hat festgestellt: Um Geld aus einer Ladenkasse zu entwenden, spritzte der Angeklagte der Kassiererin mit einem zu diesem Zweck mitgeführten Deo-Spray aus etwa 60 cm Entfernung gezielt in das Gesicht. Als diese, wie von ihm beabsichtigt, daraufhin in Folge des "Lidschlußreflexes" die Augen schloß, entnahm er Geldscheine aus der offenen Kasse. Die Kassiererin, die alsbald wieder die Augen öffnete, versuchte letztlich vergeblich, den Angeklagten noch festzuhalten. Er riß sich los und entkam mit einer Beute von 1.380 DM. Wie auch vom Angeklagten erwartet, war das Deo nach der konkreten Art seiner Verwendung ungeeignet, körperliche Beeinträchtigungen herbeizuführen. 2. Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch:
a) Der Angeklagte hat dadurch Gewalt im Sinne des § 249 StGB ausgeübt , daß er der Kassiererin die Deodorantflüssigkeit in das Gesicht gespritzt hat. Gewalt im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn durch physische Einwirkung auf den Körper eines anderen bei diesem eine physische Reaktion herbeigeführt wird, die dazu geeignet und nach dem Willen des Täters dazu bestimmt ist, den von ihm erwarteten Widerstand gegen die von ihm beabsichtigte Wegnahme zu verhindern. Dabei genügt es auch, wenn der Täter zur Einwirkung auf den Körper des Opfers ein Mittel - sei es fest, flüssig oder gasförmig (zur Beibringung eines Schlaf- oder Beruhigungsmittels vgl. BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewalt 6 m. w. N.) - verwendet, ohne daß es darauf ankäme, welche naturwissenschaftlichen (z.B. mechanische oder chemische) Gesetzmäßigkeiten daraufhin letztlich die körperliche Reaktion des Opfers her-
vorgerufen haben (vgl. zusammenfassend Herdegen in LK 11. Aufl. § 249 Rdn. 6, 7 m. w. N.).
b) All dies liegt hier vor. Der Angeklagte hat Flüssigkeit in die Augen der Kassiererin gespritzt. Das dadurch hervorgerufene Schlieûen ihrer Augen hat ihre Widerstandsmöglichkeiten gegen die Wegnahme des Geldes beeinträchtigt und dem Angeklagten das Ergreifen der Geldscheine erleichtert. 3. Die Revision macht demgegenüber geltend, die Tat sei von List und Schnelligkeit gekennzeichnet. Eine Handlung, die lediglich zu einem kurzen reflexartigen Schlieûen der Augen führe, sei nicht mit Gewalt vorgenommen. Schlieûlich sei auch die Abwehrfähigkeit der Kassiererin nicht nennenswert beeinträchtigt worden. Dies zeige sich daran, daû die Kassiererin alsbald die Augen wieder geöffnet und sie, wenn auch letztlich vergeblich, den Angeklagten jedenfalls vorübergehend festgehalten habe. Keiner dieser Einwände greift durch.
a) Allerdings erfüllt eine allein durch Schnelligkeit und List gekennzeichnete Wegnahme wie z. B. das überraschende, aber nicht mit besonderer Kraftanwendung verbundene Wegreiûen einer Handtasche nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht den Raubtatbestand (BGHSt 18, 329 ff., BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewalt 1, 2 und 4). Hier hat der Angeklagte jedoch nicht die Überraschung der Kassiererin ausgenutzt, sondern ihre physische Reaktion, die von einer für sie überraschenden physischen Einwirkung auf ihren Körper ausgelöst wurde. Insoweit gilt nichts anderes als bei der zur Ermöglichung einer Wegnahme erfolgten Beibringung eines Schlaf- oder Beruhigungsmittels , die ebenfalls als Gewalt im Sinne des § 249 StGB zu werten ist,
auch wenn das Opfer ahnungslos ist und der Täter keine besondere Kraft aufwenden muû (BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewaltanwendung 6 m. w. N.).
b) Es führt auch zu keinem anderen Ergebnis, daû die vom Angeklagten herbeigeführte physische Reaktion der Kassiererin erwartungsgemäû nur kurz andauerte und dementsprechend nur ebenso kurz vom Angeklagten genutzt werden konnte. Entscheidend ist auch in diesem Zusammenhang, daû die Wegnahme auf Grund der physischen Reaktion erfolgte und nicht, welcher Zeitraum hierfür zur Verfügung stand. Daher ist auch ohne Bedeutung, daû der Angeklagte in dieser Zeitspanne die Tat zwar durch Ergreifen des Geldes vollenden , sie aber nicht auch beenden konnte, sondern sich losreiûen muûte, nachdem ihn die Kassiererin festhalten wollte.
c) Schlieûlich ist für den Schuldspruch ohne Bedeutung, daû die Folge des Handelns des Angeklagten bei der Kassiererin, ein kurzfristiges Schlieûen der Augen, für sich genommen geringfügig ist. Gewalt gegen eine Person muû keine gegenwärtige Leibes- oder Lebensgefahr bewirken (BGHSt 18, 75, 76). Es genügt, wenn beim Opfer eine von dessen Willen unabhängige physische Reaktion eintritt, die seine Widerstandsmöglichkeiten gegen die Wegnahme beeinträchtigt (vgl. Herdegen aaO). Dies ist hier der Fall. Die Kassiererin konnte nicht verhindern, daû sie die Augen schloû, als ihr der Angeklagte gezielt ins Gesicht spritzte. Dadurch konnte er in die Kasse greifen. 4. Nach alledem hat der Angeklagte Gewalt im Sinne des § 249 StGB angewandt. Da er hierzu das von ihm zu diesem Zwecke mitgeführte DeoSpray verwendete, hat die Strafkammer zutreffend einen schweren Raub gemäû § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB bejaht (vgl. BGH StV 1998, 660; Boetticher/ Sander NStZ 1999, 292, 294 f. m. w. N.).
5. Der Strafausspruch hält rechtlicher Überprüfung stand. Insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen im Antrag des Generalbundesanwalts vom 14. Februar 2002.

II.

Die Erwägungen, aus denen heraus die Strafkammer von einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat, halten dagegen rechtlicher Überprüfung nicht stand: 1. Der Angeklagte ist heroinabhängig. Er war bereits 1997 wegen schweren Raubs zu Freiheitsstrafe verurteilt und in einer Entziehungsanstalt untergebracht worden, weil er eine Spielhalle überfallen hatte, um sich Geld für Drogen zu beschaffen. Die Reststrafe und der weitere Vollzug der Maûregel wurden dann bis 2004 zur Bewährung ausgesetzt. Der Angeklagte war von 1997 bis 2000 drogenfrei, wurde dann aber wieder rückfällig. 2. Auch die hier abgeurteilte Tat geht auf die Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten zurück, der sich Geld für Drogen beschaffen wollte. Nach sachverständiger Beratung geht die Strafkammer davon aus, daû die Schuldfähigkeit des Angeklagten bei der Tat im Hinblick auf drohende Entzugserscheinungen erheblich vermindert (§ 21 StGB) war. 3. Gleichwohl ist die Strafkammer der naheliegenden Möglichkeit einer Unterbringungsanordnung gemäû § 64 StGB nicht näher nachgegangen. Sie hält dies im Hinblick auf die frühere Unterbringungsanordnung nicht für erforderlich. Die dem Angeklagten insoweit zugebilligte Aussetzung zur Bewährung könne widerrufen werden. Aus § 67f StGB ergibt sich jedoch, daû von einer an sich gebotenen Unterbringungsanordnung nicht deshalb abgesehen werden kann, weil eine bereits früher angeordnete und noch vollstreckbare Unterbrin-
gungsanordnung besteht. Vielmehr ist mit der Rechtskraft der späteren Anordnung die frühere erledigt (vgl. BGH NStZ 1992, 432; Beschluû vom 17. Juli 1997 - 4 StR 314/97; Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 64 Rdn. 15, § 67f Rdn. 1 m. w. N.). Daher muû hier über die Möglichkeit einer Unterbringung neu befunden werden. 4. Im Einzelfall kann auch ein für sich genommen rechtsfehlerfreier Strafausspruch (vgl. oben I. 5.) bei einer zu Unrecht unterbliebenen Unterbringungsanordnung aufzuheben sein, sofern nicht auszuschlieûen ist, daû bei einer Unterbringungsanordnung eine niedrigere Strafe verhängt worden wäre. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, da die Strafkammer von der Möglichkeit der Vollstreckung einer anderweitig erfolgten Unterbringungsanordnung ausgeht. Schäfer Nack Wahl Boetticher Kolz
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Daran mangelt es hier. Unter den gegebenen Umständen hätte sich das Landgericht bei der Prüfung der zur Wegnahme erforderlichen Kraftentfaltung nicht allein auf die pauschale Einräumung der Angeklagten stützen dürfen, die Vorwürfe in der Anklageschrift träfen vollumfänglich zu. Die dort gewählte Formulierung , die Geschädigte habe die Tasche "festgehalten", lässt bereits für sich betrachtet keinen eindeutigen Rückschluss auf das Maß ihres der Wegnahme entgegengesetzten Widerstands zu; ob die Angeklagten gerade auch einen Griff der Geschädigten einräumen wollten, der fester war als zum bloßen Tragen erforderlich, bleibt danach offen. Hinzu kommt, dass der Angeklagte P. die Geschädigte während der Wegnahmehandlung bewusst ablenkte, um die Tatausführung zu erleichtern. Was diesen betrifft, entzog sich der zur Wegnahme erforderliche Kraftaufwand schließlich der unmittelbaren Wahrnehmung.

(1) Die Ablehnung eines erkennenden Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist bis zum Beginn der Vernehmung des ersten Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse, in der Hauptverhandlung über die Berufung oder die Revision bis zum Beginn des Vortrags des Berichterstatters, zulässig. Ist die Besetzung des Gerichts nach § 222a Absatz 1 Satz 2 schon vor Beginn der Hauptverhandlung mitgeteilt worden, so muss das Ablehnungsgesuch unverzüglich angebracht werden. Alle Ablehnungsgründe sind gleichzeitig vorzubringen.

(2) Im Übrigen darf ein Richter nur abgelehnt werden, wenn

1.
die Umstände, auf welche die Ablehnung gestützt wird, erst später eingetreten oder dem zur Ablehnung Berechtigten erst später bekanntgeworden sind und
2.
die Ablehnung unverzüglich geltend gemacht wird.
Nach dem letzten Wort des Angeklagten ist die Ablehnung nicht mehr zulässig.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Die Ablehnung eines erkennenden Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist bis zum Beginn der Vernehmung des ersten Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse, in der Hauptverhandlung über die Berufung oder die Revision bis zum Beginn des Vortrags des Berichterstatters, zulässig. Ist die Besetzung des Gerichts nach § 222a Absatz 1 Satz 2 schon vor Beginn der Hauptverhandlung mitgeteilt worden, so muss das Ablehnungsgesuch unverzüglich angebracht werden. Alle Ablehnungsgründe sind gleichzeitig vorzubringen.

(2) Im Übrigen darf ein Richter nur abgelehnt werden, wenn

1.
die Umstände, auf welche die Ablehnung gestützt wird, erst später eingetreten oder dem zur Ablehnung Berechtigten erst später bekanntgeworden sind und
2.
die Ablehnung unverzüglich geltend gemacht wird.
Nach dem letzten Wort des Angeklagten ist die Ablehnung nicht mehr zulässig.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.