Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Juli 2018 - 4 StR 227/18

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:030718B4STR227.18.0
bei uns veröffentlicht am03.07.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 227/18
vom
3. Juli 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:030718B4STR227.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 3. Juli 2018 gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 21. November 2017 wird als unzulässig verworfen. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit versuchtem Raub mit Todesfolge und mit Brandstiftung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Ferner hat es die besondere Schwere der Schuld festgestellt und die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Die Revision ist unzulässig, weil der Angeklagte wirksam auf Rechtsmittel verzichtet hat.
2
1. Der Angeklagte hat nach Verkündung des Urteils in der Hauptverhandlung einen wirksamen Rechtsmittelverzicht erklärt (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO).
3
a) Dem liegt das folgende, entsprechend protokollierte Geschehen am letzten Tag der Hauptverhandlung zugrunde:
4
Unmittelbar nach der Urteilsverkündung und der Rechtsmittelbelehrung hat der Angeklagte erklärt, dass er das Urteil „sofort annehmen wolle“; er „bestehe darauf“, das Urteil anzunehmen. Gleichzeitig äußerte er, dass der Vorsitzende „ein Märchen“ erzählt habe und dass er kein Mörder sei. Nach dem Hin- weis des Vorsitzenden, dass sich aus diesem Zusatz ergebe, dass der Ange- klagte mit dem Urteil nicht einverstanden sei, äußerte dieser, dass er „ja doch keine Chance habe“ und das Urteil deshalb annehmen wolle. Auf den weiteren Hinweis des Vorsitzenden, dass sich der Angeklagte dies überlegen solle, äußerte dieser erneut, dass er „darauf bestehe“, das Urteil anzunehmen.
5
b) Aus diesen Erklärungen des Angeklagten ergibt sich ein wirksamer Rechtsmittelverzicht.
6
aa) Für das Vorliegen eines Rechtsmittelverzichts kommt es nicht darauf an, dass das Wort „verzichten“ benutzt wird, sondern maßgeblich ist der Ge- samtsinn der Erklärung (vgl. BGH, Beschluss vom 11. März 2003 – 1 StR 60/03, bei Becker, NStZ-RR 2004, 225, 228; Beschluss vom 18. August 1988 – 4 StR 316/88, BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 7; KK-StPO/Paul, 7. Aufl., § 302 Rn. 11; LR-StPO/Jesse, 26. Aufl., § 302 Rn. 21; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 302 Rn. 20). Die Erklä- rung, das Urteil werde „angenommen“, enthält regelmäßig einen Rechtsmittel- verzicht (vgl. BGH, Beschluss vom 18. August 1988 – 4 StR 316/88, aaO; OLG Hamm, NStZ-RR 2010, 215; LR-StPO/Jesse, aaO; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO). Vorliegend sind die mehrfachen und unmissverständlichen Erklärungen des Angeklagten, er wolle das Urteil annehmen, eindeutig in dem Sinne zu ver- stehen, dass auf die Einlegung von Rechtsmitteln verzichtet worden ist. Entgegen den Ausführungen des Generalbundesanwalts ist auch nichts dafür ersichtlich , dass es sich um eine bloß in die Zukunft gerichtete Absichtserklärung han- delte, zumal der Angeklagte erklärt hat, das Urteil „sofort“ annehmen zu wollen, und ausdrücklich abgelehnt hat, sein Vorgehen zu überdenken.
7
Die zusätzlichen Äußerungen des Angeklagten, wonach er kein „Mörder“ sei und der Vorsitzende „ein Märchen“ erzählt habe, stehen der Annahme eines Rechtsmittelverzichts nicht entgegen, da ein solcher nicht voraussetzt, dass das verkündete Urteil für inhaltlich richtig gehalten wird. Zudem hat der Angeklagte seinen Verzichtswillen auch noch nachdrücklich geäußert, nachdem ihn der Vorsitzende auf Bedenken am Vorliegen eines Rechtsmittelverzichts hingewiesen hatte. Spätestens hierdurch wurden etwaige Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Erklärung ausgeräumt.
8
Ebenso wenig stellt es die Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts in Frage , wenn es sich bei der Erklärung des Angeklagten um eine wütende Spontanäußerung gehandelt haben sollte; auch der in emotionaler Aufgewühltheit erklärte Rechtsmittelverzicht ist wirksam (vgl. BGH, Beschluss vom 7. März 2017 – 3 StR 545/16, NStZ-RR 2017, 186 [Ls]; Beschluss vom 25. Februar 2014 – 1 StR 40/14, NStZ 2014, 533, 534; Beschluss vom 20. April 2004 – 1 StR 14/04, bei Becker, NStZ-RR 2005, 257, 261). Vorliegend kommt hinzu, dass der strafrechtlich erheblich vorbelastete Angeklagte in der Vergangenheit wiederholt zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt und bereits zweimal seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist – er mithin gerichtserfahren ist und sich nicht erstmals mit einer gravierenden Verurteilung konfrontiert sah.
9
bb) Auch der Verteidiger hat nicht zu erkennen gegeben, dass bezüglich der Frage eines einzulegenden Rechtsmittels noch Erörterungsbedarf bestehe, was der Wirksamkeit des Verzichts des Angeklagten hätte entgegenstehen können (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 12. Februar 1963 – 1 StR 561/62, BGHSt 18, 257 ff.; Beschluss vom 7. März 2017 – 3 StR 545/16, aaO; Beschluss vom 25. Februar 2014 – 1 StR 40/14, aaO). Vielmehr hat der Verteidiger ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls keine Erklärung abgegeben.
10
cc) Dass die Erklärung des Angeklagten in der Hauptverhandlung nicht vorgelesen und genehmigt worden ist, ist für ihre Wirksamkeit ebenfalls ohne Belang; dieser Umstand betrifft lediglich die Frage des Nachweises (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2014 – 1 StR 40/14, aaO; Beschluss vom 13. Januar 2000 – 4 StR 619/99, NStZ 2000, 441 f.; Beschluss vom 9. Mai 1988 – 3 StR 161/88, BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 5). Vorliegend wurde die inhaltliche Richtigkeit des Hauptverhandlungsprotokolls von keinem Verfahrensbeteiligten in Frage gestellt. Angesichts der Unmissverständlichkeit der protokollierten Äußerungen des Angeklagten bedurfte es auch keiner weiteren Nachforschungen durch den Senat.
11
2. Durch den wirksamen Rechtsmittelverzicht ist das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 21. November 2017 rechtskräftig geworden. Infolge eines von dem Angeklagten selbst erklärten Rechtsmittelverzichts ist auch ein später eingelegtes Rechtsmittel des Verteidigers wirkungslos (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2014 – 1 StR 40/14, aaO; LR-StPO/Jesse, aaO, § 297 Rn. 10; SSW-StPO/Hoch, 3. Aufl., § 297 Rn. 5). Die Revision war daher gemäߧ 349 Abs. 1 StPO mit der Kostenfolge des § 473 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO als unzulässig zu verwerfen.
Sost-Scheible Roggenbuck RiBGH Dr. Franke ist im Urlaub und daher gehindert zu unterschreiben. Sost-Scheible
Quentin Feilcke

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Strafprozeßordnung - StPO | § 302 Zurücknahme und Verzicht


(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausges

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.

(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 60/03
vom
11. März 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Verbreitung pornographischer Schriften
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. März 2003 gemäß § 349
Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 30. August 2002 wird als unzulässig verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


Der Senat teilt die Auffassung des Generalbundesanwalts, auf dessen Antragsschrift vom 11. Februar 2003 Bezug genommen wird. Auch wenn der Erklärende nicht ausdrücklich von "Verzicht" spricht, kann die Erklärung diesen Inhalt haben (BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 7). Der Gesamtsinn der Erklärung ist maßgebend. Insoweit verweist der Senat ergänzend auf folgende Formulierung des Angeklagten in seinem Schreiben vom 1. September 2002 an den Vorsitzenden der Strafkammer: "Ich wäre heilfroh und Ihnen von Herzen dankbar, wenn Sie im Urteil vielleicht auf Haftverkürzungen bzw. -erleichterungen eingehen könnten wie Halbstrafe, 7/12 oder 2/3." Damit ist zweifelsfrei gemeint, daß das verkündete Urteil rechtskräftig werden sollte.
Die trotz wirksamen Rechtsmittelverzichts eingelegte Revision des Ver- teidigers ist daher nach § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen. Nack Wahl Schluckebier Kolz Elf

(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.

(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 545/16
vom
7. März 2017
in der Strafsache
gegen
wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung
ECLI:DE:BGH:2017:070317B3STR545.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. März 2017 gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision desAngeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 25. August 2016 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revision.
2
Das Rechtsmittel ist unzulässig (§ 349 Abs. 1 StPO). Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift im Wesentlichen das Folgende ausgeführt: "Gründe, die ausnahmsweise zur Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts des Angeklagten führen könnten, liegen nicht vor: Die von dem Verteidiger vorgetragenen Umstände führen - selbst wenn sie zutreffen sollten - nicht zur Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts :
a) Soweit die Revision behauptet, dem Angeklagten sei die Tragweite seiner Erklärung nicht bewusst gewesen, sind hierfür außer des 'Schocks' über die Urteilsbegründung und die Höhe der Haftstrafe keine Anhaltspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich. Auch ein in emotionaler Aufgewühltheit erklärter Rechtsmittelverzicht ist wirksam (vgl. BGH NStZ 2014, 533, 534; BGH, Beschluss vom 20. April 2004, 1 StR 14/04, bei Becker NStZ-RR 2005, 257, 261). Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten wird weder vorgebracht, noch wäre hierfür sonst etwas ersichtlich.
b) Soweit die Revision vorträgt, der Angeklagte habe vor seiner Erklärung keine Rücksprache mit seinen Verteidigern gehalten, steht dies der Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts nicht entgegen. Zwar entspricht es gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass durch das Gericht dem Angeklagten vor Erklärung eines Rechtsmittelverzichts Gelegenheit gegeben werden muss, sich mit seinem Verteidiger zu besprechen, oder dass der Verteidiger Gelegenheit erhalten muss, seinen Mandanten zu beraten (BGHSt 45, 51, 57 m. w. N.; vgl. auch BVerfG NStZ-RR 2008, 209, 210 f.). Ein bindender Rechtsmittelverzicht wird deshalb nicht angenommen, solange der Angeklagte oder sein Verteidiger zu erkennen geben, dass sie die Frage des Verzichts noch miteinander oder mit Dritten erörtern wollen (vgl. BVerfG a. a. O.; BGHSt 18, 257, 260; BGH NStZ 2014, 533, 534). Solche Umstände sind hier jedoch weder vorgebracht noch sonst ersichtlich. Anstatt Erörterungsbedarf hinsichtlich der Frage des Rechtsmittelverzichts anzumelden, haben die Verteidiger nach der eindeutigen und unmissverständlichen Erklärung des Angeklagten, er verzichte auf die Einlegung von Rechtsmitteln, keine Erklärung abgegeben. Es gibt deshalb nach dem Vortrag der Revision keine Anhaltspunkte dafür, dass das Landgericht dem Angeklagten einen Rechtsmittelverzicht ohne vorherige Beratung mit seinem Verteidiger abverlangt oder ihm jedenfalls vor der Verzichtserklärung keine Gelegenheit gegeben hätte, sich mit seinen Verteidigern zu besprechen (vgl. hierzu BGH NStZ 2014, 533, 534; NStZ 2000, 441, 442)."
3
Dem stimmt der Senat zu.
Becker Schäfer Spaniol
Berg Hoch

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 4 0 / 1 4
vom
25. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Februar 2014 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Nürnberg-Fürth vom 1. Juli 2013 wird gemäß § 349 Abs. 1 StPO
als unzulässig verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und
die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen
zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und zu Gunsten der Nebenklägerin eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen und formellen Rechts.
2
Die Revision ist unzulässig. Der Angeklagte hat nach Verkündung des Urteils und nach Rechtsmittelbelehrung erklärt: „Ich akzeptiere das Urteil und verzichte auf Rechtsmittel.“ Seine Verteidiger haben anschließend keine Erklä- rung abgegeben. Damit hat der Angeklagte wirksam auf Rechtsmittel verzichtet (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO).
3
1. Der Angeklagte hat eindeutig, vorbehaltlos und ausdrücklich erklärt, dass er auf Rechtsmittel verzichtet und das Urteil annimmt. Diese Prozesser- klärung ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Januar 1986 – 1 StR 589/85, NStZ 1986, 277, 278).
4
2. Gründe, die ausnahmsweise zur Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts des Angeklagten führen könnten, liegen nicht vor:
5
a) Eine die Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts hindernde Verständigung nach § 257c StPO (vgl. § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO) oder eine ebenso wirkende informelle Verständigung (vgl. BGH, Beschluss vom 24. September 2013 – 2 StR 267/13) gab es in dem Verfahren nicht. Ebenso wenig gibt es Anhalts- punkte für eine unzulässige Willensbeeinflussung des Angeklagten vor Abgabe des Rechtsmittelverzichts.
6
b) Die von der Verteidigerin vorgetragenen Umstände führen – selbst wenn sie zutreffen sollten – nicht zur Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts:
7
aa) Dass es sich bei der Erklärung des Angeklagten um eine wütende Spontanäußerung handelt, stellt die Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts nicht in Frage; auch der in emotionaler Aufgewühltheit erklärte Rechtsmittelverzicht ist wirksam (vgl. Senat, Beschluss vom 20. April 2004 – 1 StR 14/04, bei Becker NStZ-RR 2005, 257, 261). Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten wird weder vorgebracht, noch wäre hierfür sonst etwas ersichtlich.
8
bb) Soweit die Revision vorträgt, der Angeklagte habe vor seiner Erklärung keine Rücksprache mit seinen Verteidigern gehalten, steht dies der Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts nicht entgegen.
9
Zwar entspricht es gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass durch das Gericht dem Angeklagten vor Erklärung eines Rechtsmittelver- zichts Gelegenheit gegeben werden muss, sich mit seinem Verteidiger zu besprechen , oder dass der Verteidiger Gelegenheit erhalten muss, seinen Mandanten zu beraten (BGH, Urteil vom 21. April 1999 – 5 StR 714/98, BGHSt 45, 51, 57 mwN; vgl. auch BVerfG – Kammer, Beschluss vom 25. Januar 2008 – 2BvR 325/06, NStZ-RR 2008, 209). Ein bindender Rechtsmittelverzicht wird deshalb nicht angenommen, solange der Angeklagte oder sein Verteidiger zu erkennen geben, dass sie die Frage des Verzichts noch miteinander oder mit Dritten erörtern wollen (vgl. BVerfG aaO; Senat, Urteil vom 12. Februar 1963 – 1 StR 561/62, BGHSt 18, 257, 260). Solche Umstände sind hier jedoch weder vorgebracht noch sonst ersichtlich. Anstatt Erörterungsbedarf hinsichtlich der Frage des Rechtsmittelverzichts anzumelden (vgl. Senat aaO S. 259), haben die Verteidiger nach der eindeutigen und unmissverständlichen Erklärung des Angeklagten, er nehme das Urteil an und verzichte auf Rechtsmittel, keine Erklärung abgegeben. Es gibt deshalb nach dem Vortrag der Revision keine Anhaltspunkte dafür, dass das Landgericht dem Angeklagten einen Rechtsmittelverzicht ohne vorherige Beratung mit seinem Verteidiger abverlangt oder ihm jedenfalls vor der Verzichtserklärung keine Gelegenheit gegeben hätte, sich mit seinen Verteidigern zu besprechen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 13. Januar 2000 – 4 StR 619/99, NStZ 2000, 441, 442 mwN).
10
cc) Soweit die Revision behauptet, dem nicht deutsch sprechenden Angeklagten sei die Tragweite seiner Erklärung nicht bewusst gewesen, sind hierfür außer der Fremdsprachigkeit keine Anhaltspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich. Die Sprachunkundigkeit eines Angeklagten ist jedoch regelmäßig unerheblich, wenn – wie hier – ein Dolmetscher anwesend ist und dieser die Rechtsmittelbelehrung des Vorsitzenden übersetzt, so dass der Angeklagte weiß, dass er über die Frage einer Anfechtung des Urteils entscheidet (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2000 – 4 StR 619/99, NStZ 2000, 441, 442 mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 3. März 2004 – 1 StR 1/04, NStZ-RR 2004, 214).
11
dd) Dass die Erklärung des Angeklagten nicht vorgelesen und genehmigt wurde, ist für ihre Wirksamkeit ohne Belang; dieser Umstand betrifft lediglich die Frage des Nachweises (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2000 – 4 StR 619/99, NStZ 2000, 441 f. mwN). Die Richtigkeit des Protokollvermerks wird vorliegend nicht nur durch die Verfügung des in der Sitzung anwesenden Vertreters der Staatsanwaltschaft (Band III Bl. 614 d.A.), sondern auch von der Verteidigung bestätigt. Weiterer Nachforschungen insoweit bedurfte es deshalb nicht.
12
3. Verzichtet der Angeklagte wirksam auf Rechtsmittel, ist – anders als die Revision meint – ein später eingelegtes Rechtsmittel seines Verteidigers wirkungslos (vgl. BGH, Beschluss vom 9. August 1985 – 3 StR 289/85, bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1986, 206, 208; Jesse in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 297 Rn. 10 mwN; SSW-StPO/Hoch, § 297 Rn. 5).
13
4. Infolge des wirksamen Verzichts ist das Urteil des Landgerichts Nürnberg -Fürth vom 1. Juli 2013 rechtskräftig. Die dagegen eingelegte Revision des Angeklagten war daher gemäß § 349 Abs. 1 StPO mit der Kostenfolge des § 473 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO als unzulässig zu verwerfen.
Raum Graf Jäger
Cirener Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 545/16
vom
7. März 2017
in der Strafsache
gegen
wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung
ECLI:DE:BGH:2017:070317B3STR545.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. März 2017 gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision desAngeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 25. August 2016 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revision.
2
Das Rechtsmittel ist unzulässig (§ 349 Abs. 1 StPO). Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift im Wesentlichen das Folgende ausgeführt: "Gründe, die ausnahmsweise zur Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts des Angeklagten führen könnten, liegen nicht vor: Die von dem Verteidiger vorgetragenen Umstände führen - selbst wenn sie zutreffen sollten - nicht zur Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts :
a) Soweit die Revision behauptet, dem Angeklagten sei die Tragweite seiner Erklärung nicht bewusst gewesen, sind hierfür außer des 'Schocks' über die Urteilsbegründung und die Höhe der Haftstrafe keine Anhaltspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich. Auch ein in emotionaler Aufgewühltheit erklärter Rechtsmittelverzicht ist wirksam (vgl. BGH NStZ 2014, 533, 534; BGH, Beschluss vom 20. April 2004, 1 StR 14/04, bei Becker NStZ-RR 2005, 257, 261). Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten wird weder vorgebracht, noch wäre hierfür sonst etwas ersichtlich.
b) Soweit die Revision vorträgt, der Angeklagte habe vor seiner Erklärung keine Rücksprache mit seinen Verteidigern gehalten, steht dies der Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts nicht entgegen. Zwar entspricht es gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass durch das Gericht dem Angeklagten vor Erklärung eines Rechtsmittelverzichts Gelegenheit gegeben werden muss, sich mit seinem Verteidiger zu besprechen, oder dass der Verteidiger Gelegenheit erhalten muss, seinen Mandanten zu beraten (BGHSt 45, 51, 57 m. w. N.; vgl. auch BVerfG NStZ-RR 2008, 209, 210 f.). Ein bindender Rechtsmittelverzicht wird deshalb nicht angenommen, solange der Angeklagte oder sein Verteidiger zu erkennen geben, dass sie die Frage des Verzichts noch miteinander oder mit Dritten erörtern wollen (vgl. BVerfG a. a. O.; BGHSt 18, 257, 260; BGH NStZ 2014, 533, 534). Solche Umstände sind hier jedoch weder vorgebracht noch sonst ersichtlich. Anstatt Erörterungsbedarf hinsichtlich der Frage des Rechtsmittelverzichts anzumelden, haben die Verteidiger nach der eindeutigen und unmissverständlichen Erklärung des Angeklagten, er verzichte auf die Einlegung von Rechtsmitteln, keine Erklärung abgegeben. Es gibt deshalb nach dem Vortrag der Revision keine Anhaltspunkte dafür, dass das Landgericht dem Angeklagten einen Rechtsmittelverzicht ohne vorherige Beratung mit seinem Verteidiger abverlangt oder ihm jedenfalls vor der Verzichtserklärung keine Gelegenheit gegeben hätte, sich mit seinen Verteidigern zu besprechen (vgl. hierzu BGH NStZ 2014, 533, 534; NStZ 2000, 441, 442)."
3
Dem stimmt der Senat zu.
Becker Schäfer Spaniol
Berg Hoch

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 4 0 / 1 4
vom
25. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Februar 2014 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Nürnberg-Fürth vom 1. Juli 2013 wird gemäß § 349 Abs. 1 StPO
als unzulässig verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und
die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen
zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und zu Gunsten der Nebenklägerin eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen und formellen Rechts.
2
Die Revision ist unzulässig. Der Angeklagte hat nach Verkündung des Urteils und nach Rechtsmittelbelehrung erklärt: „Ich akzeptiere das Urteil und verzichte auf Rechtsmittel.“ Seine Verteidiger haben anschließend keine Erklä- rung abgegeben. Damit hat der Angeklagte wirksam auf Rechtsmittel verzichtet (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO).
3
1. Der Angeklagte hat eindeutig, vorbehaltlos und ausdrücklich erklärt, dass er auf Rechtsmittel verzichtet und das Urteil annimmt. Diese Prozesser- klärung ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Januar 1986 – 1 StR 589/85, NStZ 1986, 277, 278).
4
2. Gründe, die ausnahmsweise zur Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts des Angeklagten führen könnten, liegen nicht vor:
5
a) Eine die Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts hindernde Verständigung nach § 257c StPO (vgl. § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO) oder eine ebenso wirkende informelle Verständigung (vgl. BGH, Beschluss vom 24. September 2013 – 2 StR 267/13) gab es in dem Verfahren nicht. Ebenso wenig gibt es Anhalts- punkte für eine unzulässige Willensbeeinflussung des Angeklagten vor Abgabe des Rechtsmittelverzichts.
6
b) Die von der Verteidigerin vorgetragenen Umstände führen – selbst wenn sie zutreffen sollten – nicht zur Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts:
7
aa) Dass es sich bei der Erklärung des Angeklagten um eine wütende Spontanäußerung handelt, stellt die Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts nicht in Frage; auch der in emotionaler Aufgewühltheit erklärte Rechtsmittelverzicht ist wirksam (vgl. Senat, Beschluss vom 20. April 2004 – 1 StR 14/04, bei Becker NStZ-RR 2005, 257, 261). Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten wird weder vorgebracht, noch wäre hierfür sonst etwas ersichtlich.
8
bb) Soweit die Revision vorträgt, der Angeklagte habe vor seiner Erklärung keine Rücksprache mit seinen Verteidigern gehalten, steht dies der Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts nicht entgegen.
9
Zwar entspricht es gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass durch das Gericht dem Angeklagten vor Erklärung eines Rechtsmittelver- zichts Gelegenheit gegeben werden muss, sich mit seinem Verteidiger zu besprechen , oder dass der Verteidiger Gelegenheit erhalten muss, seinen Mandanten zu beraten (BGH, Urteil vom 21. April 1999 – 5 StR 714/98, BGHSt 45, 51, 57 mwN; vgl. auch BVerfG – Kammer, Beschluss vom 25. Januar 2008 – 2BvR 325/06, NStZ-RR 2008, 209). Ein bindender Rechtsmittelverzicht wird deshalb nicht angenommen, solange der Angeklagte oder sein Verteidiger zu erkennen geben, dass sie die Frage des Verzichts noch miteinander oder mit Dritten erörtern wollen (vgl. BVerfG aaO; Senat, Urteil vom 12. Februar 1963 – 1 StR 561/62, BGHSt 18, 257, 260). Solche Umstände sind hier jedoch weder vorgebracht noch sonst ersichtlich. Anstatt Erörterungsbedarf hinsichtlich der Frage des Rechtsmittelverzichts anzumelden (vgl. Senat aaO S. 259), haben die Verteidiger nach der eindeutigen und unmissverständlichen Erklärung des Angeklagten, er nehme das Urteil an und verzichte auf Rechtsmittel, keine Erklärung abgegeben. Es gibt deshalb nach dem Vortrag der Revision keine Anhaltspunkte dafür, dass das Landgericht dem Angeklagten einen Rechtsmittelverzicht ohne vorherige Beratung mit seinem Verteidiger abverlangt oder ihm jedenfalls vor der Verzichtserklärung keine Gelegenheit gegeben hätte, sich mit seinen Verteidigern zu besprechen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 13. Januar 2000 – 4 StR 619/99, NStZ 2000, 441, 442 mwN).
10
cc) Soweit die Revision behauptet, dem nicht deutsch sprechenden Angeklagten sei die Tragweite seiner Erklärung nicht bewusst gewesen, sind hierfür außer der Fremdsprachigkeit keine Anhaltspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich. Die Sprachunkundigkeit eines Angeklagten ist jedoch regelmäßig unerheblich, wenn – wie hier – ein Dolmetscher anwesend ist und dieser die Rechtsmittelbelehrung des Vorsitzenden übersetzt, so dass der Angeklagte weiß, dass er über die Frage einer Anfechtung des Urteils entscheidet (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2000 – 4 StR 619/99, NStZ 2000, 441, 442 mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 3. März 2004 – 1 StR 1/04, NStZ-RR 2004, 214).
11
dd) Dass die Erklärung des Angeklagten nicht vorgelesen und genehmigt wurde, ist für ihre Wirksamkeit ohne Belang; dieser Umstand betrifft lediglich die Frage des Nachweises (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2000 – 4 StR 619/99, NStZ 2000, 441 f. mwN). Die Richtigkeit des Protokollvermerks wird vorliegend nicht nur durch die Verfügung des in der Sitzung anwesenden Vertreters der Staatsanwaltschaft (Band III Bl. 614 d.A.), sondern auch von der Verteidigung bestätigt. Weiterer Nachforschungen insoweit bedurfte es deshalb nicht.
12
3. Verzichtet der Angeklagte wirksam auf Rechtsmittel, ist – anders als die Revision meint – ein später eingelegtes Rechtsmittel seines Verteidigers wirkungslos (vgl. BGH, Beschluss vom 9. August 1985 – 3 StR 289/85, bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1986, 206, 208; Jesse in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 297 Rn. 10 mwN; SSW-StPO/Hoch, § 297 Rn. 5).
13
4. Infolge des wirksamen Verzichts ist das Urteil des Landgerichts Nürnberg -Fürth vom 1. Juli 2013 rechtskräftig. Die dagegen eingelegte Revision des Angeklagten war daher gemäß § 349 Abs. 1 StPO mit der Kostenfolge des § 473 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO als unzulässig zu verwerfen.
Raum Graf Jäger
Cirener Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 619/99
vom
13. Januar 2000
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. Januar 2000
gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 7. Mai 1999 wird als unzulässig verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im übrigen wegen "gewerbsmäßiger Bandenhehlerei in sechs Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, und wegen eines Verstoßes gegen das Ausländergesetz" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Hiergegen hat der Angeklagte Revision eingelegt.
Die Revision ist unzulässig, weil der Angeklagte nach der Urteilsverkündung wirksam auf Rechtsmittel verzichtet hat (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO). Wie sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergibt, hat der Angeklagte erklärt, er nehme das Urteil an; anschließend hat sein (damaliger) Verteidiger auf die Einlegung eines Rechtsmittels verzichtet. Beide Erklärungen wurden zwar nicht - wie es sich im Interesse der Verfahrensklarheit empfiehlt (BGH wistra 1994, 29; vgl. Nr. 143 Abs. 1 Satz 2 RiStBV) - gemäß § 273 Abs. 3 StPO vorgelesen und genehmigt; dies hat aber nur zur Folge, daß dem Protokollvermerk über
den Rechtsmittelverzicht keine Beweiskraft im Sinne des § 274 StPO zukommt. Gleichwohl ist dieser Vermerk ein gewichtiges Beweisanzeichen dafür, daß der Angeklagte die in der Niederschrift festgehaltene Erklärung abgegeben hat (vgl. BGHSt 18, 257, 258; BGH bei Tolksdorf DAR 1995, 196; NStZ-RR 1997, 305; BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 5). Der Angeklagte behauptet jedoch, er habe eine solche Erklärung nicht abgegeben, sein damaliger Verteidiger habe den Rechtsmittelverzicht eigenmächtig erklärt. Auf die Frage, welche Folgen die widerspruchslose Hinnahme einer solchen Ä ußerung hat (vgl. Ruß in KK/StPO 4. Aufl. § 302 Rdn. 20, 22), kommt es hier nicht an; denn der Senat ist im Freibeweis zu der Überzeugung gelangt, daß der Angeklagte selbst, wie in der Sitzungsniederschrift festgehalten, das Urteil angenommen hat: Die Vorsitzende der Strafkammer hat in ihrem Beschluß vom 10. August 1999, mit dem sie den gegen diesen Vermerk gerichteten Antrag auf Protokollberichtigung abgelehnt hat, ausgeführt, sie erinnere sich daran, daß der Angeklagte die Annahme des Urteils in polnischer Sprache erklärt habe ; auch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat in ihrer dienstlichen Stellungnahme vom gleichen Tag die Abgabe einer solchen Erklärung bestätigt. Der Senat sieht daher keinen weiter gehenden Aufklärungsbedarf, etwa durch Befragung der zugezogenen Dolmetscherin.
Er trägt auch keine Bedenken, daß die Annahme des Urteils hier wie regelmäßig einen Rechtsmittelverzicht enthält (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 302 Rdn. 20); von diesem Verständnis geht auch der Angeklagte in seinem Revisionsvortrag aus.
Der Rechtsmittelverzicht kann als Prozeßhandlung nicht widerrufen, wegen Irrtums angefochten oder sonst zurückgenommen werden (st. Rspr.; vgl.
BGH NStZ 1999, 526). Die Rechtsprechung erkennt allerdings an, daß in besonderen Fällen schwerwiegende Willensmängel bei der Erklärung des Rechtsmittelverzichts aus Gründen der Gerechtigkeit dazu führen können, daß eine Verzichtserklärung von Anfang an unwirksam ist (BGHSt 17, 14, 18 f.; BGH NStZ-RR 1997, 173; NJW 1999, 2449, 2451). Hier bestehen indessen entgegen der Auffassung der Revision und der örtlichen Staatsanwaltschaft keine Zweifel daran, daß sich der Angeklagte der Tragweite und Verbindlichkeit seiner Verzichtserklärung im Zeitpunkt ihrer Abgabe bewußt war. Ein Rechtsmittelverzicht kann auch im Anschluß an die Urteilsverkündung wirksam abgegeben werden (BGHSt 18, 257, 258; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983, 359; NStZ 1996, 297). Unerheblich ist, daß der nicht vorbestrafte Angeklagte , ein polnischer Staatsangehöriger, die deutsche Sprache nicht beherrscht und dem polnischen Strafprozeßrecht nach der Behauptung der Revision das Institut des Rechtsmittelverzichts unbekannt sein soll. Die Vorsitzende der Strafkammer hat den Angeklagten nämlich über das Rechtsmittel der Revision belehrt; dies wurde von der Dolmetscherin, gegen deren Übertragungstätigkeit der Angeklagte in der mehrtägigen Hauptverhandlung keine Einwände erhoben hatte (vgl. BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1987, 221; OLG München StV 1998, 646), in die polnische Sprache übersetzt. Dem Angeklagten war daher bewußt, daß er über die Frage einer Anfechtung des Urteils entscheidet. Die Bedeutung des Vorgangs wurde zudem dadurch unterstrichen, daß das Gericht zuvor Rechtsmittelverzichtserklärungen von vier früheren Mitangeklagten sowie deren Verteidigern entgegengenommen hatte.
Anhaltspunkte dafür, daß das Landgericht dem Angeklagten einen Rechtsmittelverzicht ohne vorherige Beratung mit seinem Verteidiger abverlangt oder ihm jedenfalls vor der Verzichtserklärung keine Gelegenheit gege-
ben hätte, sich mit seinem Verteidiger zu besprechen (vgl. BGHSt 18, 257, 259 f.; 19, 101, 103 ff.; BGH NJW 1999, 2449, 2452; NStZ 1999, 364; 526), liegen nicht vor. Es bedarf hier auch keiner Aufklärung, ob die Vorsitzende der Strafkammer den Angeklagten zu der Erklärung über den Rechtsmittelverzicht veranlaßt hat (vgl. BGHSt 19,101; Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 302 Rdn. 24, 25 m.w.N.); ausweislich der Sitzungsniederschrift wurde die Hauptverhandlung nämlich nach der Rechtsmittelbelehrung für zehn Minuten unterbrochen und zunächst mit der Verkündung von zwei Beschlüssen, die frühere Mitangeklagte betrafen, fortgesetzt. Wie die Vorsitzende in ihrem Beschluß vom 10. August 1999 – in Übereinstimmung mit der Protokollführerin – ausgeführt hat, hat sich der Angeklagte vor Abgabe seiner Erklärung durch Blickkontakt mit seinem (damaligen) Verteidiger verständigt und, als die Reihe an ihm war, in polnischer Sprache erklärt, daß er das Urteil annehme. Vor der Verzichtserklärung haben der Angeklagte und sein Verteidiger daher die Gelegenheit zur Beratung genutzt; auch ein Mißverständnis ist auszuschließen, zumal der Verteidiger anschließend selbst auf Rechtsmittel verzichtet hat.
Meyer-Goßner Maatz Athing Ernemann

(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.

(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 4 0 / 1 4
vom
25. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Februar 2014 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Nürnberg-Fürth vom 1. Juli 2013 wird gemäß § 349 Abs. 1 StPO
als unzulässig verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und
die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen
zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und zu Gunsten der Nebenklägerin eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen und formellen Rechts.
2
Die Revision ist unzulässig. Der Angeklagte hat nach Verkündung des Urteils und nach Rechtsmittelbelehrung erklärt: „Ich akzeptiere das Urteil und verzichte auf Rechtsmittel.“ Seine Verteidiger haben anschließend keine Erklä- rung abgegeben. Damit hat der Angeklagte wirksam auf Rechtsmittel verzichtet (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO).
3
1. Der Angeklagte hat eindeutig, vorbehaltlos und ausdrücklich erklärt, dass er auf Rechtsmittel verzichtet und das Urteil annimmt. Diese Prozesser- klärung ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Januar 1986 – 1 StR 589/85, NStZ 1986, 277, 278).
4
2. Gründe, die ausnahmsweise zur Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts des Angeklagten führen könnten, liegen nicht vor:
5
a) Eine die Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts hindernde Verständigung nach § 257c StPO (vgl. § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO) oder eine ebenso wirkende informelle Verständigung (vgl. BGH, Beschluss vom 24. September 2013 – 2 StR 267/13) gab es in dem Verfahren nicht. Ebenso wenig gibt es Anhalts- punkte für eine unzulässige Willensbeeinflussung des Angeklagten vor Abgabe des Rechtsmittelverzichts.
6
b) Die von der Verteidigerin vorgetragenen Umstände führen – selbst wenn sie zutreffen sollten – nicht zur Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts:
7
aa) Dass es sich bei der Erklärung des Angeklagten um eine wütende Spontanäußerung handelt, stellt die Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts nicht in Frage; auch der in emotionaler Aufgewühltheit erklärte Rechtsmittelverzicht ist wirksam (vgl. Senat, Beschluss vom 20. April 2004 – 1 StR 14/04, bei Becker NStZ-RR 2005, 257, 261). Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten wird weder vorgebracht, noch wäre hierfür sonst etwas ersichtlich.
8
bb) Soweit die Revision vorträgt, der Angeklagte habe vor seiner Erklärung keine Rücksprache mit seinen Verteidigern gehalten, steht dies der Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts nicht entgegen.
9
Zwar entspricht es gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass durch das Gericht dem Angeklagten vor Erklärung eines Rechtsmittelver- zichts Gelegenheit gegeben werden muss, sich mit seinem Verteidiger zu besprechen , oder dass der Verteidiger Gelegenheit erhalten muss, seinen Mandanten zu beraten (BGH, Urteil vom 21. April 1999 – 5 StR 714/98, BGHSt 45, 51, 57 mwN; vgl. auch BVerfG – Kammer, Beschluss vom 25. Januar 2008 – 2BvR 325/06, NStZ-RR 2008, 209). Ein bindender Rechtsmittelverzicht wird deshalb nicht angenommen, solange der Angeklagte oder sein Verteidiger zu erkennen geben, dass sie die Frage des Verzichts noch miteinander oder mit Dritten erörtern wollen (vgl. BVerfG aaO; Senat, Urteil vom 12. Februar 1963 – 1 StR 561/62, BGHSt 18, 257, 260). Solche Umstände sind hier jedoch weder vorgebracht noch sonst ersichtlich. Anstatt Erörterungsbedarf hinsichtlich der Frage des Rechtsmittelverzichts anzumelden (vgl. Senat aaO S. 259), haben die Verteidiger nach der eindeutigen und unmissverständlichen Erklärung des Angeklagten, er nehme das Urteil an und verzichte auf Rechtsmittel, keine Erklärung abgegeben. Es gibt deshalb nach dem Vortrag der Revision keine Anhaltspunkte dafür, dass das Landgericht dem Angeklagten einen Rechtsmittelverzicht ohne vorherige Beratung mit seinem Verteidiger abverlangt oder ihm jedenfalls vor der Verzichtserklärung keine Gelegenheit gegeben hätte, sich mit seinen Verteidigern zu besprechen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 13. Januar 2000 – 4 StR 619/99, NStZ 2000, 441, 442 mwN).
10
cc) Soweit die Revision behauptet, dem nicht deutsch sprechenden Angeklagten sei die Tragweite seiner Erklärung nicht bewusst gewesen, sind hierfür außer der Fremdsprachigkeit keine Anhaltspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich. Die Sprachunkundigkeit eines Angeklagten ist jedoch regelmäßig unerheblich, wenn – wie hier – ein Dolmetscher anwesend ist und dieser die Rechtsmittelbelehrung des Vorsitzenden übersetzt, so dass der Angeklagte weiß, dass er über die Frage einer Anfechtung des Urteils entscheidet (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2000 – 4 StR 619/99, NStZ 2000, 441, 442 mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 3. März 2004 – 1 StR 1/04, NStZ-RR 2004, 214).
11
dd) Dass die Erklärung des Angeklagten nicht vorgelesen und genehmigt wurde, ist für ihre Wirksamkeit ohne Belang; dieser Umstand betrifft lediglich die Frage des Nachweises (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2000 – 4 StR 619/99, NStZ 2000, 441 f. mwN). Die Richtigkeit des Protokollvermerks wird vorliegend nicht nur durch die Verfügung des in der Sitzung anwesenden Vertreters der Staatsanwaltschaft (Band III Bl. 614 d.A.), sondern auch von der Verteidigung bestätigt. Weiterer Nachforschungen insoweit bedurfte es deshalb nicht.
12
3. Verzichtet der Angeklagte wirksam auf Rechtsmittel, ist – anders als die Revision meint – ein später eingelegtes Rechtsmittel seines Verteidigers wirkungslos (vgl. BGH, Beschluss vom 9. August 1985 – 3 StR 289/85, bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1986, 206, 208; Jesse in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 297 Rn. 10 mwN; SSW-StPO/Hoch, § 297 Rn. 5).
13
4. Infolge des wirksamen Verzichts ist das Urteil des Landgerichts Nürnberg -Fürth vom 1. Juli 2013 rechtskräftig. Die dagegen eingelegte Revision des Angeklagten war daher gemäß § 349 Abs. 1 StPO mit der Kostenfolge des § 473 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO als unzulässig zu verwerfen.
Raum Graf Jäger
Cirener Mosbacher

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.