Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR173/14
vom
3. Juni 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 3. Juni 2014 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 13. November 2013
a) aufgehoben, soweit der Angeklagte im Fall II.4 der Urteilsgründe verurteilt wurde,
b) im gesamten Strafausspruch und hinsichtlich der Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in sieben Fällen und wegen Diebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich seine auf die Sachrüge gestützte Revision, die in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg hat.
2
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls im Fall II.4 der Urteilsgründe hat keinen Bestand.
3
a) Nach den hierzu vom Landgericht getroffenen Feststellungen hebelte der Angeklagte "eine Tür zu einem an das Wohnhaus … angebauten Schuppen auf. Durch eine weitere Holztür, die von dem Schuppen direkt in das Wohnhaus führt, gelangte der Angeklagte sodann in das Wohnhaus" (UA S. 12), wo er zahlreiche Gegenstände entwendete.
4
b) Diese Feststellungen belegen die Voraussetzungen des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht hinreichend.
5
Die Vorschrift setzt in ihrer 1. Alternative den Einbruch in eine Wohnung voraus. Ob hierzu auch der Schuppen als ein dem Begriff des Wohnens typischerweise zuzuordnender Raum gehört, weil er etwa einem Keller oder dem Dachboden eines Einfamilienhauses gleichsteht, lässt sich den Ausführungen des Landgerichts nicht entnehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. April 2008 - 4 StR 126/08, NStZ 2008, 514, 515; Urteil vom 22. Februar 2012 - 1 StR 378/11, NStZ 2013, 120, 121; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 244 Rn. 47a, 48). Ebenso wenig teilt das Landgericht mit, ob der Angeklagte auch die von dem Schuppen in das Wohnhaus führende Tür aufgebrochen hat.
6
Ein "Einsteigen" im Sinne der 2. Alternative des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB, auf die das Landgericht in der rechtlichen Würdigung ebenfalls verweist (UA S. 30), liegt dagegen ersichtlich nicht vor. Denn Einsteigen in einen Raum ist über den engeren Sprachsinn hinaus jedes nur unter Schwierigkeiten mögliche Eindringen durch eine zum ordnungsgemäßen Eintritt nicht bestimmte Öffnung (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2010 - 1 StR 319/10, NStZ-RR 2010, 374, 375; Fischer, aaO, § 243 Rn. 6 mwN).
7
c) Die Aufhebung der Verurteilung wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in diesem Fall zwingt nicht zur Aufhebung der jedenfalls einen Diebstahl belegenden , rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen. Ergänzende Feststellungen sind zulässig.
8
2. Auch die Strafaussprüche und die Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt haben keinen Bestand.
9
Zu Letzterer hat der Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 7. Mai 2014 unter anderem ausgeführt: "Die Feststellungen legen nahe, dass die gegenständlichen Taten auf einen Hang des Angeklagten zurückgehen, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. … Der Angeklagte[hat] bereits zu Schulzeiten Marihuana und seit dem 20. Lebensjahr auch Amphetamin kon- sumiert … Im Tatzeitraum … hat der Angeklagte täglich zwei bis vier Gramm Amphetamin nasal und … eineinhalb bis zwei Gramm Marihuana konsumiert. Auch wenn die sachverständig beratene Kammer rechtsfehlerfrei eine körperliche Betäubungsmittelabhängigkeit verneint, legen die Konsummengen und die Dauer des Konsums nahe, dass eine zumindest psychische Abhängigkeit entstanden ist."
10
Dem tritt der Senat bei. Es lässt sich auch nicht von vorneherein ausschließen , dass die Taten auf den Hang zurückgehen, da der Angeklagte nach den Feststellungen des Landgerichts über keine legalen Einkünfte verfügte, um seinen Drogenkonsum zu finanzieren. Dies kann auch für die von § 64 StGB geforderte negative Gefahrenprognose Bedeutung haben. Feststellungen zu den Erfolgsaussichten einer Therapie hat die Strafkammer, die § 64 StGB in den Urteilsgründen nicht erwähnt und nicht geprüft hat, nicht getroffen.
11
Soweit der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift darauf verweist , dass die Aufhebung der Nichtanordnung der Maßregel auch die Aufhebung sämtlicher Strafaussprüche zu Folge habe, weil nicht auszuschließen sei, dass die Kammer sich im Fall der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt zu einer Herabsetzung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe veranlasst sehen könnte, kann der Senat sich dem nicht verschließen.
12
Jedoch hebt der Senat - entgegen dem Antrag des Generalbundesanwalts - auch die allein die Ahndung betreffenden Feststellungen auf. Dies ist schon im Hinblick auf die Feststellungen der Strafkammer zum Drogenkonsum des Angeklagten geboten, die auf seinen - indes widersprüchlichen - Angaben beruhen.
13
3. Im Übrigen weist das Urteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf (§ 349 Abs. 2 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafgesetzbuch - StGB | § 244 Diebstahl mit Waffen; Bandendiebstahl; Wohnungseinbruchdiebstahl


(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer 1. einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel b

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(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 126/08
vom
24. April 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Diebstahl u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 24. April 2008 gemäß §§ 349
Abs. 2 und 4, 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Münster vom 30. November 2007, auch soweit es den Mitangeklagten Tarzan A. betrifft, im Schuldspruch dahin geändert, dass
a) der Angeklagte der Beihilfe zum Diebstahl in Tateinheit mit Beihilfe zum versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahl und
b) der Mitangeklagte A. des Diebstahls in Tateinheit mit versuchtem Wohnungseinbruchsdiebstahl schuldig sind. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. der Beihilfe zum Wohnungseinbruchsdiebstahl und den Mitangeklagten A. , der keine Revision eingelegt hat, des Wohnungseinbruchsdiebstahls schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten D. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten und den Mitangeklagten A. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, wobei es die Vollstreckung der Strafe beim Mitangeklagten zur Bewährung ausgesetzt hat. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel führt - auch bezüglich des Mitangeklagten A. (§ 357 StPO) - zur Abänderung des Schuldspruchs. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Annahme eines vollendeten Wohnungseinbruchsdiebstahls hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
3
1. Nach den Feststellungen gewann der Mitangeklagte A. den Angeklagten sowie Yusuf Ag. für seinen Plan, nachts in das Wohn- und Betriebsanwesen der Eheleute K. einzudringen, um dort Geld aus einem Tresor zu entwenden. Das Anwesen bestand aus zwei miteinander verbundenen Gebäudekomplexen. In einem Gebäudeteil befand sich im Erdgeschoss ein Café nebst Bürobereich und im Obergeschoss der Wohnbereich des Ehepaars; im anderen Teil waren eine Gaststätte, eine Brauerei und weitere Büroräume untergebracht. Die Gebäudeaufteilung war den Tatbeteiligten nicht im Einzelnen bekannt. Sie wussten aber, dass das Betreiberehepaar in dem Anwesen auch wohnte. Während der Angeklagte den Mitangeklagten A. und Ag. in die Nähe des Tatortes fuhr und dort gemeinsam mit A. im Fahrzeug wartete, schlug Ag. absprachegemäß im Erdgeschoss des Gebäudes ein Fenster ein und stieg durch dieses in die Damentoilette des Cafés ein. Nach Durchqueren des Cafés gelangte er über eine Treppe zum Wohnbereich der Tatopfer im ersten Obergeschoss. Dort traf er auf das Ehepaar K. und zwang dieses - insoweit vom Tatplan abweichend - mittels massiver Schläge mit einem Holzknüppel , ihn zum Tresor, der sich in dem anderen Gebäudeteil befand, zu führen und diesen zu öffnen. Ag. nahm 10.000 € an sich, flüchtete und wurde abredegemäß vom Angeklagten und A. wieder im Fahrzeug aufgenommen. Die Beute wurde geteilt.
4
2. Die festgestellte Tathandlung erfüllt nicht die Anforderungen, die an ein Eindringen bzw. Einsteigen in eine Wohnung im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB zu stellen sind.
5
Der Wohnungseinbruchsdiebstahl wurde mit dem 6. Gesetz zur Reform des Strafrechts (6. StrRG) vom 26. Januar 1998 aus dem Katalog der Regelbeispiele des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB a.F. herausgenommen und zum Qualifikationstatbestand aufgewertet. Der Einbruchsdiebstahl aus Wohnungen ist seither gegenüber den übrigen Einbruchsdiebstählen mit einer im Mindestmaß doppelt so hohen Strafe bedroht und kann nicht mehr mit Geldstrafe geahndet werden. Das Geringfügigkeitsprivileg des § 243 Abs. 2 StGB findet auf Wohnungseinbruchsdiebstähle keine Anwendung mehr. Eine Regelung für minder schwere Fälle sieht § 244 StGB nicht vor.
6
Diese mit einer deutlichen Strafschärfung einhergehende Gesetzesänderung erfordert eine sorgfältige Abgrenzung des Begriffs der Wohnung im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB von den übrigen Räumlichkeiten, die weiterhin dem Schutzbereich des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB unterfallen (Schmitz in MünchKomm. § 244 Rdn. 56; Schall in Festschrift für Schreiber S. 423, 424).
7
Ausgehend von der Auslegung des § 123 StGB umfasst der Begriff der Wohnung grundsätzlich alle abgeschlossenen und überdachten Räume, die Menschen zumindest vorübergehend als Unterkunft dienen. Dazu zählen nicht bloße Arbeits-, Geschäfts- oder Ladenräume (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Mai 2001 - 4 StR 59/01; Fischer StGB 55. Aufl. § 244 Rdn. 24; Schmitz in MünchKomm. aaO). Dieser in erster Linie am Wortsinn orientierte Wohnungsbegriff kann jedoch mit Blick auf die Motive des Gesetzgebers für die Heraufstufung des Wohnungseinbruchsdiebstahls zum Qualifikationstatbestand nicht uneingeschränkt auf den Tatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB übertragen werden. Der Gesetzgeber hat die Strafschärfung des Wohnungseinbruchsdiebstahls mit der Erwägung begründet, es handele sich um eine Straftat, die tief in die Intimsphäre des Opfers eingreife und zu ernsten psychischen Störungen, etwa langwierigen Angstzuständen führen könne; nicht selten seien Wohnungseinbrüche zudem mit Gewalttätigkeiten gegen Menschen und Verwüstungen von Einrichtungsgegenständen verbunden (BTDrucks. 13/8587 S. 43). Anlass für die Höherstufung des Wohnungseinbruchsdiebstahls war somit nicht etwa der besondere Schutz von in einer Wohnung - und damit besonders sicher - aufbewahrten Gegenständen, sondern die mit einem Wohnungseinbruch einhergehende Verletzung der Privatsphäre des Tatopfers (vgl. BGH NStZ 2001, 533; Schmitz in MünchKomm. aaO; Schall aaO S. 431; Behm in GA 2002, 153, 158). Bezweckt also der Tatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB neben dem Schutz des Eigentums den verstärkten Schutz der häuslichen Privat- und Intimsphäre, scheidet dessen Anwendbarkeit aus, wenn der Täter in Räumlichkeiten einsteigt oder einbricht, die nicht diesem besonderen Schutzbereich zuzuordnen sind.
8
Mit Blick auf die Motive des Gesetzgebers hat es der Bundesgerichtshof daher bei gemischt genutzten Gebäuden für die Tatbestandsverwirklichung als ausreichend angesehen, wenn der Täter nur deshalb in einen privaten Wohnraum einbrach, um von dort ungehindert in Geschäftsräume, aus denen er Gegenstände zu entwenden beabsichtigte, zu gelangen. In umgekehrten Fällen, in denen der Täter in einem Mischgebäude in einen Geschäftsraum eindrang, um nur dort, nicht aber aus den Wohnzwecken dienenden Räumlichkeiten zu stehlen , hat der Bundesgerichtshof einen Wohnungseinbruchsdiebstahl hingegen verneint (vgl. für den Einbruch in den Gastraum eines Hotels, in dem sich auch - der Regelung des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB unterfallende - Hotelzimmer befinden : BGH, Beschluss vom 3. Mai 2001 - 4 StR 59/01; für den Fall des Ein- bruchs in den Flur und Empfangsbereich eines Seniorenheims: BGH NStZ 2005, 631).
9
Den Fall, dass der Täter - wie hier - in ein Geschäfts- oder Ladenlokal einbricht und von dort ungehindert in den Wohnbereich des Tatopfers gelangt, um gegebenenfalls (auch) dort zu stehlen, hat der Bundesgerichtshof, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden.
10
Zwar ist der Schutz der Intim- und häuslichen Privatsphäre fraglos gleichermaßen verletzt, wenn sich der Täter in einem gemischt genutzten Anwesen den ungehinderten Zutritt zur Wohnung durch den Einbruch in ein im selben Gebäude untergebrachtes Geschäftslokal verschafft. Gleichwohl ist jedenfalls dann, wenn der Täter in einem Mischgebäude in einen vom Wohnbereich räumlich eindeutig abgegrenzten und nur zu betrieblichen Zwecken genutzten Geschäftsraum einsteigt, um von dort ohne Überwindung weiterer Hindernisse in den Wohnbereich vorzudringen, eine Verurteilung aus § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB mit der äußersten Auslegungsgrenze des Wortlauts nicht mehr vereinbar (vgl. Seier in Festschrift für Kohlmann S. 295, 304). Die Vorschrift setzt den Einbruch in eine Wohnung voraus. Vom Wohnbereich völlig getrennt untergebrachte, rein geschäftlich genutzte Räumlichkeiten können selbst bei weitester Auslegung des Wohnungsbegriffs diesem jedoch nicht mehr zugeordnet werden (Seier aaO).
11
Anders mag es sich, was der Senat nicht zu entscheiden hat, verhalten, wenn der Täter in dem Begriff des Wohnens typischer Weise zuzuordnende, mit dem Wohnbereich unmittelbar verbundene Räume - etwa in Kellerräume oder in den Dachboden eines Einfamilienhauses (anders allerdings bei separat untergebrachten Kellerräumen in Mehrfamilienhäusern vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juli 2002 - 4 StR 242/02 - [nicht tragend]; OLG Schleswig NStZ 2000, 479) - einbricht und sich von dort ungehindert Zugang zum Wohnbereich verschafft. Ebenso wenig hat der Senat zu entscheiden, ob der Tatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB etwa dann erfüllt wäre, wenn ein Täter zwar in einen ausschließlich gewerblich genutzten Raum - etwa die Kanzlei eines Rechtsanwalts - einsteigt , dieser Raum - anders als im vorliegenden Fall - aber so in den Wohnbereich integriert ist, dass dieser und der Geschäftsraum eine in sich geschlossene Einheit bilden.
12
3. Danach liegt im vorliegenden Fall ein (vollendeter) Einbruch in eine Wohnung nicht vor. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe kann entnommen werden, dass sich der Wohnbereich der Tatopfer vollständig räumlich getrennt vom Gastraum und den Nebenräumen des Cafés, der Gastwirtschaft und dem Brauereibetrieb im Obergeschoss eines der beiden Gebäudekomplexe befand. Eingebrochen wurde indes in einen dem Café, mithin dem Geschäftslokal zuzurechnenden Nebenraum. Die Geschäftsräume wurden nach den Feststellungen ausschließlich als solche genutzt und waren unter keinem Gesichtspunkt dem Wohnbereich zuzuordnen. Die Wortlautgrenze verbietet deshalb eine Verurteilung wegen vollendeten Wohnungseinbruchsdiebstahls nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB.
13
Der Mitangeklagte A. , der sich die entsprechenden Tatbeiträge des unmittelbaren Täters Ag. zurechnen lassen muss (§ 25 Abs. 2 StGB), hat sich somit als Mittäter lediglich des vollendeten Diebstahls in einem besonders schweren Fall nach § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB schuldig gemacht. Tateinheitlich hat er jedoch - da die Tatbeteiligten infolge ihrer unzureichenden Kenntnisse der Örtlichkeiten ein Einsteigen auch in eine Wohnung billigten - einen versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahl nach § 244 Abs. 2 StGB begangen (vgl. Mitsch in ZStW 1999, 65, 71). Der Angeklagte hat zu dieser Tat durch seine Fahrerdienste Beihilfe geleistet.
14
4. Der Senat kann den Schuldspruch entsprechend - beim Mitangeklagten A. gemäß § 357 StPO - selbst ändern, da auszuschließen ist, dass sich die geständigen Angeklagten gegen die abweichende rechtliche Beurteilung der Tat anders als geschehen hätten verteidigen können.
15
5. Der Strafausspruch wird von der Schuldspruchänderung nicht berührt. Durch die abweichende rechtliche Bewertung hat sich am Schuldgehalt der Tat nichts geändert. Für den Angeklagten D. wäre die Strafe überdies infolge der gemäß §§ 27, 49 Abs. 1 StGB vorzunehmenden Strafrahmenverschiebung auch bei Zugrundelegung des geänderten Schuldspruchs dem selben Strafrahmen zu entnehmen gewesen. In Anbetracht der maßvollen Strafen kann der Senat deshalb ausschließen, dass das Landgericht im Falle einer Verurteilung auf der Grundlage des geänderten Schuldspruchs auf mildere Strafen erkannt oder die Vollstreckung der Strafe beim Angeklagten D. zur Bewährung ausgesetzt hätte. Tepperwien Maatz Athing Ernemann Sost-Scheible

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 378/11
vom
22. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Diebstahls u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
22. Februar 2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Richter am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten J. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten P. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten P. gegen das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 13. April 2011 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Auf die Revision des Angeklagten J. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Dauer des Vorwegvollzugs mit den Feststellungen aufgehoben.
3. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben
a) in den Fällen II B 8, 10, 11, 13, 15, 19, 20, 23, 29 der Urteilsgründe unter Aufrechterhaltung der Feststellungen zum äußeren Sachverhalt;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafen.
4. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Die in Leipzig wohnenden Angeklagten finanzierten Lebensunterhalt und Drogenkonsum durch Einbrüche, vor allem in Pfarrhäuser, aber auch Zahnarztpraxen und andere Objekte in oft kleineren Orten vorwiegend in Oberfranken. Der Angeklagte P. steuerte den PKW zum Tatort und stand Schmiere, der Angeklagte J. drang in die Häuser ein. Beide wurden wegen Diebstahls in 15 Fällen - meist in Tateinheit mit Sachbeschädigung -, versuchten Diebstahls in sechs Fällen sowie - im Zusammenhang mit entwendeten EC- und Kreditkarten - Computerbetrugs in 18 Fällen und versuchten Computerbetrugs in drei Fällen verurteilt, P. zu zwei Jahren und sieben Monaten, der erheblich vorbestrafte J. zu vier Jahren und neun Monaten Gesamtfreiheitsstrafe. J. wurde bei Anordnung eines Vorwegvollzugs von zwei Jahren und neun Monaten Strafe auch in einer Entziehungsanstalt untergebracht.
2
Während die Revision des Angeklagten P. erfolglos bleibt (A.), hat die auf die Dauer des Vorwegvollzugs beschränkte Revision des Angeklagten J. ebenso Erfolg (B.) wie die der Staatsanwaltschaft, die in den angefochtenen Fällen eine Verurteilung wegen (versuchten) Wohnungseinbruchdiebstahls (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB) anstrebt (C.).

A.

3
Revision des Angeklagten P. :
4
I. Zum Schuldspruch:
5
1. Zweimal wurden zwei erbeutete Karten jeweils fast zeitgleich eingesetzt. Offenbar haben die Angeklagten jeweils gleichzeitig eingekauft. Anders als die Revision meint, war trotzdem jeder Angeklagte wegen sämtlicher Einkäufe zu verurteilen, da sie gemeinsam geplant und im gemeinsamen Interesse arbeitsteilig, also mittäterschaftlich, durchgeführt wurden.
6
2. Auch sonst ist der Schuldspruch ohne den Angeklagten beschwerende Rechtsfehler.
7
II. Zum Strafausspruch:
8
1. Die Revision hält § 267 Abs. 3 (Satz 4) StPO für verletzt. Ein Antrag auf Bewährung löst aber nur dann eine gesonderte Begründungspflicht aus, wenn eine aussetzungsfähige Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt wird. Bei einer höheren Strafe braucht nicht gesondert begründet zu werden, warum die beantragte Bewährungsstrafe nicht ausreicht (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 - 1 StR 438/11 mwN).
9
2. Auch sonst ist der Strafausspruch nicht zu beanstanden. Die Revision beschränkt sich im Wesentlichen auf eine eigene Gewichtung auch von der Strafkammer beachteter Gesichtspunkte.

B.

10
Revision des Angeklagten J. :
11
Die Urteilsgründe behandeln die Dauer des Vorwegvollzugs nicht. Das Ergebnis widerspricht dem Gesetz:
12
Ist teilweiser Vorwegvollzug bei mehr als drei Jahren Strafe nicht einzelfallbedingt generell ausgeschlossen, so i s t er gemäß § 67 Abs. 2 Sätze 2 und 3 StGB in Verbindung mit § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB so zu bemessen, dass da- nach und nach einer anschließenden Unterbringung eine Halbstrafenentlassung möglich ist. Der Tatrichter hat insoweit keinen Beurteilungsspielraum. Erwägungen dazu, ob eine Entlassung zum Halbstrafenzeitpunkt zu erwarten ist, sind also bei der Bemessung des Vorwegvollzugs nach gesetzlicher Wertung nicht möglich. Stattdessen ist, naheliegend mit sachverständiger Hilfe, die erforderliche Unterbringungsdauer genau zu prognostizieren. Der Zeitraum zwischen dem so bestimmten Ende der Unterbringung und dem Halbstrafenzeitpunkt ergibt den - ohne Beurteilungsspielraum zu errechnenden - vorweg zu vollziehenden Teil der Strafe (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Mai 2008 - 1 StR 233/08 mwN). Da die Anordnung, vor der Unterbringung über die Hälfte der Strafe zu vollziehen, keinesfalls zutreffen kann, ist hierüber neu zu befinden.

C.

13
Revisionen der Staatsanwaltschaft:
14
Die Strafkammer hat die Annahme eines (gegebenenfalls versuchten) Wohnungseinbruchdiebstahls gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB in allen in Frage kommenden Fällen verneint, weil die Angeklagten nie in bewohnte Anwesen einbrechen wollten. Die gegen diese Annahme gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft sind auf die Fälle beschränkt, in denen die Tatobjekte entweder bewohnt waren oder in denen dies offen bleibt. Nicht angefochten - etwa im Blick auf einen untauglichen Versuch - sind die Fälle, in denen die Angeklagten in unbewohnte Pfarrhäuser eingebrochen sind.
15
I. Im Umfang der Anfechtung haben die Revisionen der Staatsanwaltschaft Erfolg. Die Annahme, die Angeklagten hätten nicht in bewohnte Anwesen einbrechen wollen (im Ergebnis also die Annahme eines Tatbestandsirrtums, vgl. hierzu Vogel in LK-StGB, 12. Aufl., § 244 Rn. 76), ist nicht auf eine rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung gestützt.
16
1. Die Strafkammer hält die Einlassung der Angeklagten, sie hätten keinesfalls in bewohnte Anwesen einbrechen wollen, für nachvollziehbar. Sie stützt dies unter anderem auf folgende Erwägungen:
17
a) In fünf der Pfarrhäuser, in die die Angeklagten eingebrochen waren, befanden sich - obwohl sie „durchaus wie Wohngebäude wirken“ - nur Büros. Daraus folgert die Strafkammer, die Angeklagten hätten sich offensichtlich davon überzeugt, dass diese Pfarrhäuser nicht bewohnt waren.
18
b) Hinzu komme, dass die Angeklagten in einem dieser Pfarrhäuser (Himmelkron) eine Innentür aufgebrochen hatten, die zu einer ungenutzten Wohnung führte. Diese haben sie nicht betreten, was ebenfalls, so die Strafkammer , die Absicht belege, nicht in Wohnungen einzubrechen.
19
c) Die Angeklagten haben die Versuche, in das bewohnte Pfarrhaus von Neuhaus und in das ebenfalls bewohnte Pfarrzentrum von Ahorntal einzubrechen , abgebrochen und sind geflohen, nachdem sie von Zeugen gestört wur- den. Dadurch hätten sie „dokumentiert, dass sie von bewohnten Einbruchsob- jekten Abstand nehmen wollten“.
20
2. Diese Erwägungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
21
a) Allein der Hinweis, dies sei „offensichtlich“, macht nicht deutlich, wann - noch in Leipzig oder nach der Ankunft am jeweiligen Tatort - und wie die Angeklagten die Überzeugung gewonnen haben könnten, dass die genannten fünf Pfarrhäuser unbewohnt waren.
22
b) Es ist fraglich, wie der Aufbruch der Tür im nicht angefochtenen Fall des Einbruchs in das Pfarrhaus von Himmelkron mit der Annahme vereinbar ist, die Angeklagten hätten sich zuvor über die Verhältnisse im jeweiligen Tatobjekt informiert. Unabhängig hiervon lässt dieser Fall Schlussfolgerungen auf andere Fälle nicht zu. Die Absicht eines Einbrechers, nicht aus bewohnten Häusern zu stehlen, wird nicht dadurch belegt, dass er eine unbewohnte Wohnung nicht betritt.
23
c) Auch für die übrigen vier Einbrüche in unbewohnte Pfarrhäuser gilt im Ergebnis nichts anderes: Selbst wenn die Angeklagten wussten, dass diese unbewohnt sind, kann dies nicht belegen, dass sie in bewohnte Pfarrhäuser nur einbrachen, weil sie sie für unbewohnt hielten.
24
d) Auch der Umstand, dass die Angeklagten flohen, als sie in Neuhaus und Ahorntal beim Einbruch gestört wurden, kann ihre Absicht, nicht in bewohnte Häuser einzubrechen, nicht tragfähig belegen. Einen Erfahrungssatz, dass ertappte Einbrecher nicht flüchten, wenn sie in ein bewohntes Haus einbrechen wollten, gibt es - ohne dass dies weiterer Darlegung bedürfte - nicht.
25
3. Darüber hinaus sind Gesichtspunkte, die sich aus einigen abgeurteilten Taten ergeben, nicht erörtert, obwohl nicht ohne Weiteres klar ist, wie sie mit der Einlassung der Angeklagten zu vereinbaren sind, dass sie niemals in bewohnte Anwesen einbrechen wollten.
26
a) Im bewohnten Pfarrhaus von Streitau wurden „diverse Schmuck- stücke“ entwendet. In welchem Raum des Hauses sich diese befunden hatten, ist nicht mitgeteilt. Schmuck wird aber typischerweise nicht in Büros, sondern in Wohnungen verwahrt.
27
b) Vergleichbares gilt für das Pfarrhaus von Hassfurt. Es ist nicht erörtert, ob es bewohnt war. Hierfür spricht aber die Beute, die z.B. aus einer Taschenuhr , einer Handtasche und Silbertalern bestand.
28
c) Es ist auch weder dargelegt noch ersichtlich, warum die Angeklagten bei dem Einbruch in das Pflegeheim König David in Naila dieses für ein unbewohntes (Büro-)Gebäude gehalten haben sollten.
29
d) Gleiches gilt für den Einbruch in ein bewohntes privates Wohnhaus in Berg. Hier kommt hinzu, dass Garage und Keller durchsucht wurden. Die Annahme , dass die Angeklagten geglaubt hätten, in Garage oder Keller eines unbewohnten Hauses würden stehlenswerte Gegenstände aufbewahrt, liegt nicht nahe.
30
4. In den in Rede stehenden Fällen war das Urteil daher aufzuheben. Dies führt zugleich zur Aufhebung der Gesamtstrafen, während die von der Staatsanwaltschaft nicht gesondert angefochtene Unterbringungsentscheidung (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 20. September 2011 - 1 StR 120/11) von der durch deren Revision bewirkten (nur) teilweisen Aufhebung des Schuldspruchs unberührt bleibt. Die bisher getroffenen Feststellungen zum äußeren Geschehensablauf können bestehen bleiben, weil sie rechtsfehlerfrei getroffen sind.
31
II. Der Senat sieht Anlass zu folgenden Hinweisen:
32
1. Die Strafkammer hat ihre Annahme, die Angeklagten hätten nicht in bewohnte Anwesen einbrechen wollen, ergänzend auch darauf gestützt, es sei „allgemein bekannt“, dass in Pfarrhäusern „Wohn- und Bürobereich … getrennt sind … die Büros im Erdgeschoss und die Wohnräume im ersten Stock“. Die Staatsanwaltschaft meint demgegenüber, zumindest auf dem Land diene das Pfarrhaus einheitlich als Arbeits- und Wohnraum. Dem geht der Senat nicht nä- her nach, da die Beweiswürdigung der Strafkammer zur inneren Tatseite schon aus den dargelegten Gründen keinen Bestand haben kann. Er bemerkt jedoch, dass ein Erfahrungssatz über eine regelhafte Nutzungsstruktur von Pfarrhäusern nicht zum allgemein verbreiteten Wissen gehört. Bevor ein solcher Erfahrungssatz einem Urteil zu Grunde gelegt wird, müssen die Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung und zur Anbringung von Beweisanträgen gehabt haben (vgl. Gollwitzer in Löwe/Rosenberg StPO, 25. Aufl., § 261 Rn. 24, 25; Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozess, 5. Aufl., S. 570, 571 jew. mwN).
33
2. Da die Strafkammer Wohnungseinbruchdiebstahl schon aus subjektiven Gründen abgelehnt hat, ist sie seinen objektiven Voraussetzungen nicht näher nachgegangen. Dies wird gegebenenfalls nachzuholen sein, nicht jeder Einbruch in ein bewohntes Haus ist Wohnungseinbruchdiebstahl:
34
a) Wohnungseinbruchdiebstahl ist - zusammengefasst - wegen der damit verbundenen Verletzung der Privatsphäre des Opfers ein eigener Tatbestand mit erhöhter Strafdrohung (BGH, Beschluss vom 24. April 2008 - 4 StR 126/08, NStZ 2008, 514, 515 mwN). Nach seinem Wortlaut muss der Täter „in“ eine Wohnung eingebrochen (bzw. eingestiegen, eingedrungen oder in ihr verborgen gewesen) sein, aber er muss nicht „aus“ ihr gestohlen haben (vgl. zusammen- fassend Vogel in LK-StGB, 12. Aufl., § 244 Rn. 76 mwN).
35
b) Für die auch hier (möglicherweise) einschlägigen Fragen nach der Bewertung von Einbrüchen in gemischt genutzte Gebäude und/oder in Nebenräume von Wohnhäusern ergibt sich daher nach dem Schutzzweck des Gesetzes und seinem Wortlaut - der die Grenze einer Gesetzesauslegung zum Nachteil des Angeklagten bildet - Folgendes:
36
(1) Der Bundesgerichtshof hat bei gemischt - also zugleich zu Wohn- und Geschäftszwecken - genutzten Gebäuden Wohnungseinbruchdiebstahl bejaht, wenn der Täter nur deshalb in einen privaten Wohnraum einbrach, um von dort ungehindert in Geschäftsräume zu gelangen und dort zu stehlen.
37
Bei einem Einbruch in einen Geschäftsraum gilt dagegen die Annahme eines Wohnungseinbruchdiebstahls auch dann als mit dem Gesetzeswortlaut unvereinbar, wenn es dem Täter nur darum geht, von dort ohne weitere Hindernisse in den Wohnbereich vorzudringen und dort zu stehlen (BGH aaO mwN), jedoch nur soweit die Räumlichkeiten, in die eingebrochen wurde, vom Wohnbereich völlig getrennt untergebracht sind (BGH aaO).
38
Dagegen liegt Wohnungseinbruchdiebstahl vor, wenn der Täter in einen Raum einbricht, der zwar ausschließlich beruflich genutzt, aber so in den Wohnbereich integriert ist, dass insgesamt eine in sich geschlossene Einheit vorliegt (offen gelassen b. BGH aaO). Ein Raum in einer Wohnung bleibt auch dann Teil der Wohnung, wenn der Bewohner ihn zu seinem Arbeitsraum bestimmt hat. Dies gilt nicht nur für das Büro eines Rechtsanwalts in dessen Wohnung (vgl. hierzu BGH aaO; Vogel aaO), sondern auch für das Amtszimmer in der Wohnung eines Pfarrers. Die Verletzung der Privatsphäre wiegt nicht weniger schwer, wenn der Täter in diesen Raum der Wohnung einbricht. Greift aber der Schutzzweck des Gesetzes in gleicher Weise ein wie bei einem Einbruch in einen anderen Wohnungsteil und steht der Wortlaut des Gesetzes nicht entgegen, so führt dies in derartigen Fällen zur Annahme eines Wohnungseinbruchdiebstahls (im Ergebnis ebenso Vogel aaO).
39
(2) Vergleichbares gilt für Einbrüche in Nebenräume wie z.B. Keller oder Garagen. Auch hier wird Wohnungseinbruchdiebstahl verneint, wenn diese, auch bei räumlicher Nähe zur Wohnung, abgeschlossen oder selbständig sind (vgl. näher Vogel aaO mwN).
40
Jedoch liegt aus den genannten Gründen Wohnungseinbruchdiebstahl vor, wenn der Täter in Räume einbricht, die dem Begriff des Wohnens typischerweise zuzuordnen sind, wie z.B. den Keller eines Einfamilienhauses. Dies gilt sowohl, wenn er sich von dort ungehindert Zugang zum ohne Weiteres erreichbaren Wohnbereich im Erd- oder Obergeschoß verschafft (Vogel aaO; offen geblieben bei BGH aaO, in der Tendenz aber ebenso) als auch dann, wenn er aus derartigen Räumen stiehlt (Vogel aaO).
41
a) Auf dieser Grundlage bemerkt der Senat zu den einzelnen, von der Revision betroffenen Fällen:
42
(1) Fall II B 8 der Urteilsgründe, Pfarrhaus in Streitau:
43
Hier wurde (auch) Schmuck gestohlen (vgl. oben C. I. 3. a)), die Annahme , dass aus einer Wohnung gestohlen wurde, liegt nahe. Feststellungen darüber , wo eingebrochen wurde, werden nachzuholen sein.
44
(2) Fall II B 10 der Urteilsgründe, Pflegeheim König David in Naila:
45
Hier ist nur festgestellt, dass aus dem Inneren des Pflegeheims gestohlen wurde. Ein Wohnungseinbruchdiebstahl läge zweifelsfrei vor, wenn in ein Zimmer des Pflegeheims eingebrochen worden wäre (vgl. zum insoweit vergleichbaren Einbruch in ein Hotelzimmer BGH, Beschluss vom 3. Mai 2001 - 4 StR 59/01). Für den Fall eines Einbruchs in den Flur und/oder den Empfangsbereich des Heims käme es darauf an, ob diese Räumlichkeiten als Nebenräume der Zimmer der Heimbewohner (also deren Wohnungen) zu bewerten sind (BGH, Beschluss vom 20. Mai 2005 - 2 StR 129/05, NStZ 2005, 631).
46
(3) Fall II B 11 der Urteilsgründe, Pfarrhaus in Joditz:
47
Das Pfarrhaus war bewohnt, gestohlen wurde aus einem Büro. Entscheidend ist daher, wo genau eingebrochen wurde.
48
(4) Fall II B 13 der Urteilsgründe, privates Wohnhaus in Berg:
49
Das Haus war bewohnt. Eingedrungen wurde in die Kellerräume, (vergeblich ) durchsucht wurden die Räume im Keller und die Garage (vgl. C. I. 3. d)). Es kommt also darauf an, ob Keller und/oder Garage unmittelbar mit dem Wohnbereich verbunden oder hiervon baulich getrennt waren.
50
(5) Fall II B 15 der Urteilsgründe, Pfarramt in Neuhaus:
51
Hier ist nur festgestellt, dass J. gerade versuchte, ein Fenster aufzubrechen , als der im Haus wohnende Pfarrer kam (vgl. C. I. 2. d)). In welchen Raum J. im Erfolgsfalle eingedrungen wäre, ist nicht festgestellt.
52
(6) Fall II B 19 der Urteilsgründe, Pfarramt in Hollfeld:
53
Ob das Pfarramt bewohnt war, ist nicht festgestellt. Hier könnte gegen einen Wohnungseinbruchdiebstahl sprechen, dass im Urteil nur von dem Pfarrsaal, den Jugendräumen und dem Büro des Pfarrers die Rede ist. Eine abschließende Beurteilung ist jedoch nicht möglich, da auch hier nicht festgestellt ist, wo genau eingebrochen wurde.
54
(7) Fall II B 20 der Urteilsgründe, Pfarramt in Altenkunstadt:
55
Hier ist weder festgestellt, ob das Pfarramt bewohnt war, noch, wo genau eingebrochen wurde. Nachdem „sämtliche“ Schränke und Behältnisse durch- sucht wurden, erscheint ein Wohnungseinbruchdiebstahl möglich.
56
(8) Fall II B 23 der Urteilsgründe, Pfarrhaus in Hassfurt:
57
Feststellungen darüber, ob das Objekt bewohnt war, fehlen ebenso wie Feststellungen darüber, wo genau eingebrochen wurde. Die Beute, u.a. eine Taschenuhr, eine Handtasche und Silbertaler, spricht dagegen, dass ausschließlich aus einem Büro gestohlen wurde (vgl. C. I. 3. b)), wenngleich nur von „Büroschränken“ die Rede ist.
58
(9) Fall II B 29 der Urteilsgründe, Pfarrzentrum in Ahorntal:
59
J. hatte sich durch Einschlagen eines Kellerfensters schon Zutritt zum bewohnten Pfarrzentrum verschafft. Als er von einer Zeugin überrascht wurde, entfernte er sich ohne Beute (vgl. oben C. I. 2. d)). Für die Annahme eines versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls kommt es auch hier auf die genauen örtlichen Verhältnisse an.
60
3. Sollten aus den dargelegten Gründen ergänzende Feststellungen notwendig werden, wären hierfür noch erforderliche Ermittlungen zweckmäßigerweise schon vor der neuen Hauptverhandlung nachzuholen. Damit könnte entsprechend § 202 StPO auch die Staatsanwaltschaft betraut werden (vgl. näher Lindemann, Ermittlungsrechte und -pflichten der Staatsanwaltschaft nach Beginn der Hauptverhandlung S. 221 f. mwN).
61
4. Würde festgestellt, dass die Angeklagten billigend in Kauf nahmen, in einen von § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB umfassten Raum einzubrechen, der dann diese Voraussetzungen nicht erfüllte, käme untauglicher Versuch in Betracht.
62
5. Im Blick auf § 2 Abs. 3 StGB wird gegebenenfalls zu beachten sein, dass § 244 Abs. 3 StGB nF einen minder schweren Fall vorsieht (vgl. Artikel 1 Ziffer 5 des Vierundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs vom 1. November 2011, BGBl. I S. 2130).
63
6. Werden, wie hier, im Urteil Feststellungen gemäß § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO getroffen, sollten diese tunlichst auch in die Urteilsformel aufgenommen werden (Nack in KK-StPO, 6. Aufl., § 111i Rn. 14).
Nack Wahl Graf Jäger Sander

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 319/10
vom
27. Juli 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Juli 2010 gemäß § 346
Abs. 2 StPO sowie § 349 Abs. 2 und 4 StPO und § 206a StPO beschlossen:
1. Der Beschluss des Landgerichts München I vom 16. März 2010, durch den die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist, wird aufgehoben. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 23. November 2009 aufgehoben, soweit der Angeklagte im Fall I.5 der Urteilsgründe verurteilt worden ist. Das Verfahren wird insoweit gemäß § 206a StPO eingestellt. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen. 4. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Revision zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in 14 Fällen in Tatmehrheit mit versuchtem Wohnungseinbruchdiebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Dabei hat es Einzelstrafen zwischen zehn Monaten und drei Jahren und acht Monaten verhängt. Für den Fall I.5 der Urteilsgründe hat es eine Einzelstrafe von einem Jahr und sieben Monaten festgesetzt. Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Die Revision wurde rechtzeitig begründet. Der Beschluss des Landgerichts München I vom 16. März 2010, mit dem das Landgericht die Revision des Angeklagten gemäß § 346 Abs. 1 StPO verworfen hat, ist daher auf den Antrag des Beschwerdeführers hin gemäß § 346 Abs. 2 StPO aufzuheben.
3
2. Auf die Revision des Angeklagten ist das angefochtene Urteil hinsichtlich der Verurteilung im Fall I.5 der Urteilsgründe wegen Wohnungseinbruchdiebstahls gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB aufzuheben (§ 349 Abs. 4 StPO); das Verfahren wird insoweit wegen eingetretener Strafverfolgungsverjährung gemäß § 206a StPO eingestellt.
4
a) Zum Betreten der Wohnung durch den Angeklagten in diesem Fall hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen: „Am 29.01.1999 zwischen 14.00 Uhr und 18.00 Uhr brach der Angeklagte in die im Erdgeschoss liegende Wohnung der Zeugin A. … ein, indem er auf die an der Rückseite des Hauses liegende Terrasse ging, dort durch einen gekippten Terrassenflügel hindurch griff und so den Griff der danebenliegenden weiteren Terrassentüre öffnete.“
5
Bei dieser Sachlage ist der Tatbestand des Wohnungseinbruchdiebstahls nicht gegeben. Das Landgericht hat zu Unrecht ein „Einsteigen“ i.S.d. § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB angenommen. Einsteigen in einen Raum ist über den engeren Sprachsinn hinaus jedes nur unter Schwierigkeiten mögliche Eindringen durch eine zum ordnungsgemäßen Eintritt nicht bestimmte Öffnung (vgl. Fischer , StGB 57. Aufl. § 243 Rdn. 6 mN). Eine im Erdgeschoss gelegene Terrassentür ist demgegenüber allgemein zum Betreten des Gebäudes vorgesehen. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 16. Juni 2010 zutreffend ausgeführt hat, liegt in solchen Fällen ein Einsteigen selbst dann nicht vor, wenn der Täter zum Öffnen der Tür zunächst durch einen gekippten Türflügel in die Wohnung hineingreifen muss (vgl. BGH, Beschl. vom 6. September 1968 - 4 StR 390/68; BGH, Urt. vom 5. Februar 1957 - 5 StR 526/56, BGHSt 10, 132, 133; Vogel in LK StGB 12. Aufl. § 243 Rdn. 22). Der Angeklagte hätte deshalb insoweit nur wegen einfachen Diebstahls gemäß § 242 StGB schuldig gesprochen werden dürfen.
6
b) Einer Änderung des Schuldspruchs in diesem Fall steht die eingetretene Strafverfolgungsverjährung entgegen. Denn anders als der Wohnungseinbruchdiebstahl (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB) mit einer Verjährungsfrist von zehn Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB) verjährt der Diebstahl i.S.v. § 242 StGB auch dann in fünf Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB), wenn - was hier nahe liegt - ein (unbenannter) besonders schwerer Fall des Diebstahls gemäß § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB gegeben ist. Die Eröffnung des Hauptverfahrens konnte die Strafverfolgungsverjährung nicht mehr gemäß § 78b Abs. 4 StGB hemmen, weil die Verjährung hinsichtlich dieser Straftat bereits vor diesem Zeitpunkt eingetreten war.
7
3. Der Senat schließt angesichts der Vielzahl der von dem Angeklagten im Rahmen zweier Tatserien im Übrigen begangenen Wohnungseinbruchdiebstähle aus, dass sich der Wegfall der im Fall I.5 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe auf die übrigen Einzelstrafen und die Gesamtstrafe auswirken könnte, zumal da verjährte, aber prozessordnungsgemäß festgestellte Straftaten bei der Strafzumessung berücksichtigt werden dürfen (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 19; Fischer, StGB 57. Aufl. § 46 Rdn. 38b und § 78 Rdn. 2).
8
4. Die weitergehende Revision des Angeklagten ist unbegründet, weil die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung im Übrigen kei- nen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Auch die Strafzumessung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Ein Verstoß gegen das Verbot der Doppelverwertung (§ 46 Abs. 3 StGB) liegt nicht vor. Das Landgericht durfte die konkret festgestellten psychischen Beeinträchtigungen der Opfer der Wohnungseinbruchdiebstähle strafschärfend werten. Soweit das OLG Köln (NStZ-RR 2002, 247) der Ansicht ist, die mit einem Wohnungseinbruch für die Opfer verbundenen psychischen Belastungen dürften auch dann nicht zu Lasten des Täters strafschärfend berücksichtigt werden, wenn psychische Folgen der Tat im Einzelfall festgestellt sind, folgt ihm der Senat nicht.
9
5. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Revision zu tragen. Der geringfügige Teilerfolg rechtfertigt kein anderes Ergebnis (§ 473 Abs. 4 StPO).
Nack Wahl Graf
RiBGH Prof. Dr. Sander befindet sich in Urlaub und ist deshalb verhindert zu unterschreiben. Jäger Nack

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.