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Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 616/17
vom
6. Februar 2018
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes
ECLI:DE:BGH:2018:060218B3STR616.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 6. Februar 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 20. September 2017
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des besonders schweren Raubes schuldig ist;
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit das Landgericht von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "schweren Raubes" zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Von seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hat es mangels Erfolgsaussicht abgesehen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen erweist es sich als offensichtlich unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und deshalb unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
3
2. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zu Ungunsten des Angeklagten ergeben. Jedoch war der Schuldspruch dahin zu ändern, dass der Angeklagte statt des "schweren Raubes" des "besonders schweren Raubes" schuldig ist, denn er beging die Raubtat unter Vorhalt eines Messers und damit unter den Voraussetzungen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB; die von § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte rechtliche Bezeichnung der Straftat verlangt die Kennzeichnung dieser vom Angeklagten verwirklichten Qualifikation (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 2. Februar 2010 - 3 StR 566/09, juris Rn. 2 mwN).
4
3. Das Urteil hält jedoch der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand, soweit die Strafkammer von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) abgesehen hat.
5
a) Das Landgericht ist - sachverständig beraten - davon ausgegangen, dass der Angeklagte den Hang hat, Alkohol im Übermaß zu konsumieren. Sodann hat es das Bestehen eines symptomatischen Zusammenhangs zwischen diesem Hang und der abgeurteilten Tat für zweifelhaft gehalten, weil "tatdyna- misch die allgemeine dissoziale Verhaltensbereitschaft […], nicht hingegen die alkoholbedingte Enthemmung, der wichtigste Faktor für die Tatbegehung ge- wesen sei". Gleichwohl hat es angenommen, bei dem Angeklagten liege die Gefahr vor, dass er infolge seines Hanges in Zukunft weitere erhebliche Straftaten begehen werde.
6
Die Strafkammer hat indes eine Erfolgsaussicht der Behandlung im Sinne des § 64 Satz 2 StGB verneint, und ausgeführt, eine "hinreichend konkrete Aussicht auf einen Therapieerfolg innerhalb einer maximal zweijährigen Unterbringung könne aus Sicht des Sachverständigen […] nicht bejaht werden". Das Landgericht ist dem Sachverständigen auch insoweit gefolgt und hat zusätzlich berücksichtigt, dass der Angeklagte nach seinen Angaben nur wenige Tage nach der letzten Alkoholentwöhnungstherapie rückfällig geworden sei.
7
b) Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
8
Soweit die Strafkammer einen symptomatischen Zusammenhang bezweifelt hat, kann sich dieser vorliegend bereits daraus ergeben, dass der Angeklagte die Tat im Rausch beging. Im Übrigen ist es nicht erforderlich, dass "die alkoholbedingte Enthemmung der wichtigste Faktor für die Tatbegehung" war, es reicht aus, wenn der Hang neben anderen Ursachen zur Tatbegehung beigetragen hat (st. Rspr.; vgl. zuletzt etwa BGH, Beschluss vom 19. September 2017 - 3 StR 418/17, NStZ-RR 2018, 13 mwN). Die Verneinung eines symptomatischen Zusammenhangs lässt sich hier zudem nicht widerspruchsfrei damit in Einklang bringen, dass das Landgericht die Gefahr weiterer erheblicher hangbedingter Straftaten bejaht hat.
9
Im Rahmen der Ablehnung der Erfolgsaussicht hat die Strafkammer zudem - unter Referierung der Ausführungen des Sachverständigen, denen sie sich angeschlossen hat - mehrfach darauf abgestellt, dass die Unterbringungsbzw. Behandlungsdauer auf "maximal" zwei Jahre begrenzt sei. Dies lässt be- sorgen, dass sie insoweit von einem falschen Maßstab auf der Basis der früher geltenden Rechtslage ausgegangen ist, nach der die Erfolgsaussicht zu verneinen war, wenn die voraussichtlich notwendige Dauer der Behandlung die Höchstfrist des § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB überschritt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2012 - 3 StR 65/12, BGHR StGB § 64 Satz 2 Erfolgsaussicht 1). Dieser ist indes durch die Neufassung von § 64 Satz 2 StGB durch das Gesetz zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuches und zur Änderung anderer Vorschriften vom 8. Juli 2016 (BGBl. I, S. 1610) die Grundlage entzogen worden. Durch die Neuregelung ist der Zeitraum, innerhalb dessen der Erfolg der Suchtbehandlung mit hinreichend konkreter Aussicht erreicht werden muss, in den Fällen , in denen neben der Maßregel auf eine Freiheitsstrafe erkannt wird, auf die sich aus § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB zu errechnende Dauer ausgedehnt worden; es sollte durch den Verweis auf § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB ausdrücklich klargestellt werden, dass die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt auch dann angeordnet werden kann, wenn ausnahmsweise eine notwendige Behandlungsdauer von mehr als zwei Jahren zu prognostizieren ist (BT-Drucks. 18/7244, S. 1, 2, 24 f.). Danach kann die hinreichende Erfolgsaussicht nicht mehr allein damit verneint werden, dass die voraussichtlich notwendige Behandlungszeit die - unverändert gebliebene - zweijährige Frist des § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB übersteigt (BGH, Beschlüsse vom 7. September 2017 - 3 StR 307/17, juris Rn. 7; vom 15. März 2017 - 2 StR 581/16, BGHR StGB § 64 Satz 2 Erfolgsaussicht 3).
10
c) Über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt muss deshalb - wiederum unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) - neu verhandelt und entschieden werden. Dem steht nicht entgegen, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 7. September 2017 - 3 StR 307/17, juris Rn. 10 mwN); er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen.
Becker Gericke Spaniol RiBGH Dr. Tiemann befindet Hoch sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

2
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Jedoch war der Schuldspruch dahingehend zu ändern , dass der Angeklagte statt des "schweren Raubes" des "besonders schweren Raubes" schuldig ist, weil die von § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte rechtliche Bezeichnung der Straftat die Kennzeichnung der vom Angeklagten verwirklichten Qualifikation des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verlangt (BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4; Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 260 Rdn. 25). Weiterhin war die Liste der angewendeten Vorschriften zu ergänzen.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 418/17
vom
19. September 2017
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:190917B3STR418.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. September 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 23. März 2017 aufgehoben, soweit von einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten, die sich insbesondere gegen die Ablehnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt richtet, hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen geriet der Angeklagte , der sich im Methadonsubstitutionsprogramm befand und zusätzlich täglich Heroin konsumierte, in einem alkoholisierten und von Methadon und Morphin beeinflussten Zustand, der seine Steuerungsfähigkeit erheblich einschränkte , in der Küche der gemeinsamen Flüchtlingsunterkunft mit dem Nebenkläger H. in Streit. Im Verlauf der Auseinandersetzung stach er mit Tötungsvorsatz unvermittelt mehrfach auf diesen ein. Verletzt flüchtete der Nebenkläger auf den Flur. Der Angeklagte verfolgte ihn und brachte ihm weitere Stiche bei. Schließlich konnte der Nebenkläger in das Zimmer des Zeugen Ho. ausweichen, die Tür von innen verriegeln und einen Notruf absetzen. Er konnte von den alsbald eingetroffenen Rettungskräften notärztlich versorgt und schließlich gerettet werden.
3
2. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch. Auch der Strafausspruch ist frei von durchgreifenden Rechtsfehlern zum Nachteil des Angeklagten.
4
3. Dagegen hält die Versagung der Unterbringung nach § 64 StGB rechtlicher Prüfung nicht stand. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Zuleitungsschrift ausgeführt: "Das Landgericht hat seine Entscheidung, die Maßregel zu versagen, nicht begründet, obgleich sich eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen des § 64 StGB - auch jenseits des von der Verteidigung urteilsfremd vorgetragenen vorbereitenden Sachverständigengutachtens - aufdrängte:
a) Nach den Feststellungen nahm der Angeklagte an einem Methadonprogramm teil und konsumierte darüber hinaus ein Bubble Heroin am Tag; nach seiner Inhaftierung litt er an Entzugserscheinungen (UA S. 4).
Zwar wird im Schrifttum teilweise die Auffassung vertreten, dass in Fällen fachgerechter Methadon-Substitution von Heroinabhängigen kein Hang im Sinne des § 64 StGB vorliege (vgl. Pollähne in Kindhäuser /Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl., § 64 Rn. 46; Dannhorn NStZ 2003, 484, 485). Diese Auffassung wird indes von der Rechtsprechung nicht geteilt. Vielmehr geht diese davon aus, dass der Umstand einer Methadonbehandlung einen Hang zum Opiatkonsum nahelegt und deshalb eine Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen des § 64 StGB erfordert (BGH NStZ-RR 2001, 12; BGH NStZ 2003, 484; BGH, Beschluss vom 4. November 2015 - 4 StR 337/15).
b) Zudem lässt sich auch ein symptomatischer Zusammenhang zwischen der Tat und einem Hang nach den Urteilsgründen nicht ohne Weiteres ausschließen. Denn es ist nach ständiger Rechtsprechung nicht erforderlich, dass der Hang die alleinige oder vorrangige Ursache der Anlasstat ist; vielmehr ist es ausreichend, dass der Hang neben anderen Umständen dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte erhebliche Straftaten begangen hat (BGH NStZ 2010, 83, 84 mwN). Vorliegend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass aufgrund des Betäubungsmittelkonsums im Zusammenhang mit genossenem Alkohol im Tatzeitpunkt die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten in der Tatsituation erheblich vermindert war i.S.d. § 21 StGB (UA S. 6, 7, 24 - 26). Es hat deshalb die Strafe gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert (UA S. 31). Dies legt einen symptomatischen Zusammenhang zwischen einem Hang zum Opiatkonsum und der Tat nahe.
c) Anhaltspunkte dafür, dass ohne Weiteres von einer fehlenden Erfolgsaussicht der Maßregelanordnung auszugehen sein könnte (vgl. § 64 S. 2 StGB), lassen sich den auf die Sachrüge allein zu berücksichtigenden Urteilsgründen gleichfalls nicht entnehmen.
d) Da zudem der Angeklagte neben seiner Teilnahme am Methadonprogramm weiterhin Heroin konsumierte (UA S. 4), scheidet eine Geeignetheit und Erforderlichkeit der Unterbringung als Voraussetzung für die Verhältnismäßigkeit der Maßregelanordnung gleichfalls nicht ohne Weiteres aus. Damit lag ein Fehlen der Voraussetzungen des § 64 StGB nicht in einer Art und Weise auf der Hand, dass die bloße Mitteilung des Landgerichts , die Maßregel komme 'nicht in Betracht' (UA S. 32), als aus-
reichende Begründung angesehen werden könnte. Liegen nämlich Umstände vor, die nahe legen, dass die Unterbringungsvoraussetzungen gegeben sein könnten, und wird die Maßregel dennoch nicht verhängt , so muss unabhängig von gestellten Anträgen im Urteil dargelegt werden, warum von der Anordnung abgesehen worden ist (van Gemmeren in Münchener Kommentar, StGB, 3. Aufl., § 64 Rn. 119). Da es an solchen Erörterungen mangelt, ist das Urteil im beantragten Umfang aufzuheben; die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen können indes bestehen bleiben."
5
Diesen zutreffenden Erwägungen schließt sich der Senat an.
6
Es ist auszuschließen, dass die rechtsfehlerhafte Ablehnung der Unterbringung nach § 64 StGB Einfluss auf den Strafausspruch gehabt hat. Dieser kann daher bestehen bleiben.
Schäfer Gericke Tiemann
Berg Hoch

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 65/12
vom
17. April 2012
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
___________________________________
Eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
(§ 64 Satz 2 StGB) besteht nicht, wenn die voraussichtlich notwendige
Dauer der Behandlung die Höchstfrist des § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB
überschreitet.
BGH, Beschluss vom 17. April 2012 - 3 StR 65/12 - LG Kleve
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 17. April 2012 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kleve vom 24. November 2011 wird als unbegründet verworfen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Von der Unterbringung der opiatabhängigen und unter einer rezidivierenden depressiven Störung leidenden Angeklagten in einer Entziehungsanstalt hat es sachverständig beraten abgesehen , weil es eine Behandlungsdauer von "deutlich mehr als zwei Jahren" prognostiziert hat. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
Ergänzend zur Zuschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
3
1. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die für die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erforderliche hinrei- chend konkrete Erfolgsaussicht der Therapie (§ 64 Satz 2 StGB) nicht besteht, wenn die voraussichtlich notwendige Dauer der Behandlung die Höchstfrist des § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB überschreitet.
4
a) Gemäß § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB darf die Unterbringung nach § 64 StGB nicht länger als zwei Jahre dauern. Der insoweit eindeutige Wortlaut gründet auf der Überzeugung des Gesetzgebers, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sei nur innerhalb einer bestimmten Frist, konkret innerhalb eines Zeitraums von bis zu zwei Jahren, sinnvoll und erfolgversprechend (vgl. Protokolle des Sonderausschusses "Strafrecht", 4. Wahlperiode, S. 803 ff., 819, 936 f., und 5. Wahlperiode, S. 427; außerdem BT-Drucks. 5/4095, S. 33; bekräftigt BT-Drucks. 16/1110, S. 14; vgl. auch LK/Schöch, StGB, 12. Aufl., § 64 Rn. 167; SK-Sinn, StGB, Stand: Juli 2009, § 67d Rn. 2; MünchKommStGB /Veh, § 67d Rn. 5; Satzger/Schmitt/Widmaier/Jehle, StGB, § 67d Rn. 9; Volckart/Grünebaum, Maßregelvollzug, 7. Aufl., S. 283 Rn. 486).
5
b) Aus der Systematik der Bestimmungen zu den freiheitsentziehenden Maßregeln ergibt sich nichts anderes. Insbesondere lässt sich § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB nicht entnehmen, der Gesetzgeber halte Unterbringungen über zwei Jahre hinaus in Einzelfällen für therapeutisch sinnvoll. § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB knüpft die Höchstfristverlängerung nicht an die tatrichterliche Prognose, eine die Zweijahresfrist des § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB überschreitende Therapie werde ausnahmsweise erfolgreich sein, sondern will ausschließlich Systembrüche korrigieren, die sich aus der Vollstreckungsreihenfolge ergeben können (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2010 - 3 StR 538/09, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Erfolgsaussicht 10 mwN; zu § 89 Abs. 5 StGB E 1962 vgl. BTDrucks. 4/650, S. 219; zur Vorbildfunktion des § 89 Abs. 5 StGB E 1962 für den späteren § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB vgl. BT-Drucks. 5/4095, S. 34).
6
c) Die Auffassung des Gesetzgebers, eine auf länger als zwei Jahre prognostizierte Unterbringung in einer Entziehungsanstalt biete keine hinreichend konkrete Aussicht auf Erfolg und habe deshalb von vornherein zu unterbleiben , findet ihre Bekräftigung in § 67 Abs. 2 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1327). Nach dessen Satz 2 soll das Gericht bei der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren bestimmen , dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Nach Satz 3 ist dieser Teil der Strafe so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden, auf die Strafe angerechneten Unterbringung die Vollstreckung der verbleibenden Hälfte der Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, erfolgversprechende Behandlungen dauerten "nach den Erfahrungen der Praxis gegenwärtig im Durchschnitt" ein Jahr, eine "sinnvolle Entziehungstherapie" sei "spätestens nach zwei Jahren beendet" (BT-Drucks. 16/1110, S. 14; zur durchschnittlichen Behandlungsdauer bereits die Gesetzentwürfe des Bundesrates zur Verbesserung der Vollstreckung freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung , BT-Drucks. 14/8200, S. 10, und zur Reform des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt, BT-Drucks. 15/3652, S. 13 f.).
7
d) Ob ein rechtspolitisches Bedürfnis besteht, Verurteilten, die aufgrund einer mit der Suchterkrankung kombinierten Persönlichkeitsstörung nicht von einer auf höchstens zwei Jahre befristeten Unterbringung nach § 64 StGB profitieren können, im Rahmen einer Maßregel anderen Zuschnitts Heilungschancen zu eröffnen, hat nicht der Senat, sondern der Gesetzgeber zu entscheiden. Dem Senat ist es verwehrt, einem verschiedentlich artikulierten Bedürfnis nach einer Eingliederung solcher Verurteilter in das Maßregelsystem des Strafgesetzbuchs (vgl. Trenckmann, JR 2010, 501, 502 f.) mittels einer den Wortlaut, die Systematik und den Sinn und Zweck der Vorschriften verfehlenden Interpretation der § 67d Abs. 1, § 67 Abs. 2 StGB Rechnung zu tragen und das Institut der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt auf Fälle auszuweiten, auf die es nach dem Willen des Gesetzgebers keine Anwendung finden soll.
8
2. Der Senat ist an einer Verwerfung der Revision aufgrund der tragenden Erwägung (bisher nur obiter Beschlüsse vom 11. März 2010 - 3 StR 538/09, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Erfolgsaussicht 10, und vom 5. August 2010 - 3 StR 195/10, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Erfolgsaussicht 11), die Anordnung der Unterbringung nach § 64 StGB komme bei einer prognostizierten Behandlungsdauer von mehr als zwei Jahren nach geltendem Recht nicht in Betracht , nicht durch den Beschluss des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 6. Februar 1996 (5 StR 16/96) gehindert. Zwar beruhte dieser Beschluss seinerseits tragend auf der Gegenauffassung, in die Frist, innerhalb derer der Erfolg der Maßregel erwartbar sein müsse, sei auch eine gemäß § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB eintretende Verlängerung der Unterbringungsdauer einzubeziehen. Mit der Einführung des § 67 Abs. 2 StGB im Zuge der grundlegenden Reform des Rechts der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt im Jahr 2007 ist dieser Auslegung indessen endgültig die Basis entzogen; Anlass für ein Verfahren nach § 132 GVG besteht damit nicht (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 6. Aufl., § 132 Rn. 21).
Becker RiBGH von Lienen befindet Schäfer sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben Becker Mayer Menges

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

7
Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist nach nunmehr geltendem Recht, wenn - wie hier - daneben eine Freiheitsstrafe verhängt wird, nicht mehr von vornherein auf zwei Jahre beschränkt; die Höchstfrist der Unterbringung verlängert sich in diesen Fällen vielmehr nach Maßgabe des § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB um die Dauer des nach § 67 Abs. 4 StGB anrechenbaren Teils der Freiheitsstrafe. Durch den Verweis auf § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB sollte ausdrücklich klargestellt werden, dass die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt auch dann angeordnet werden kann, wenn ausnahmsweise eine notwendige Behandlungsdauer von mehr als zwei Jahren zu prognostizieren ist (BT-Drucks. 18/7244, S. 1, 2, 24 f.).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 581/16
vom
15. März 2017
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:150317B2STR581.16.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 15. März 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 5. Oktober 2016 im Strafausspruch, und soweit von der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen und sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2
1. Die Nachprüfung des Urteils zum Schuldspruch hat keinen Rechtsfehler ergeben.
3
2. Der Strafausspruch kann dagegen nicht bestehen bleiben. Die Strafkammer hat sowohl bei der Strafrahmenrahmenwahl als auch bei der Strafzumessung im engeren Sinne zu Lasten des Angeklagten darauf abgestellt, dass „er zur Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse nach nicht auf sexuelle Hand- lungen mit der Nebenklägerin angewiesen war, sondern diese Bedürfnisse auch legal mit der Zeugin P. befriedigen konnte“ (UA S. 38 f.). Diese Erwägung ist rechtsfehlerhaft, denn dem Angeklagten wird damit im Ergebnis angelastet, dass er die Taten überhaupt begangen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 11. November 2003 – 4 StR 424/03). Der Senat kann nicht ausschließen, dass ohne diesen Rechtsfehler auf niedrigere Strafen erkannt worden wäre. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf seine Rechtsprechung zur Berücksichtigung von psychischen Schäden bei einer Tatserie sexuellen Kindesmissbrauchs hin (vgl. Senat, Beschluss vom 12. April 2016 – 2 StR 483/15, NStZRR 2016, 242; Urteil vom 9. Juli 2014 − 2 StR 574/13, NStZ 2014, 701 mwN).
4
3. Die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB hält rechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand.
5
a) Bei der Prüfung der Erfolgsaussicht der Maßregel hat das Landgericht die am 1. August 2016 in Kraft getretene Neufassung des § 64 Satz 2 StGB (BGBl. I 2016 S. 1610) nicht bedacht. Das Landgericht hat die Nichtanordnung der Maßregel entscheidend damit begründet, dass beim Angeklagten die für die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erforderliche hinreichend konkrete Erfolgsaussicht der Therapie (§ 64 Satz 2 StGB) nicht bestehe, weil die voraussichtlich notwendige Dauer der Behandlung die in § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB genannte Frist von zwei Jahren überschreite (UA S. 35 f.). Dabei hat sich die Strafkammer an der bisherigen Rechtsprechung einiger Strafsenate des Bundesgerichtshofs zur Rechtslage vor der Gesetzesänderung orientiert, wonach die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 StGB dann nicht vorliegen, wenn die Entzugsbehandlung voraussichtlich nicht innerhalb der in § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB für die Maßregel vorgesehenen Höchstfrist von zwei Jahren zum Erfolg führen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2014 – 3 StR 48/14, NStZ-RR 2014, 212 mwN; Senat Urteil vom 20. Januar 2016 – 2 StR 378/15; Beschluss vom 8. August 2012 – 2 StR 279/12, NStZ-RR 2013, 7, 8; vgl. auch Fischer, StGB, 64. Aufl., § 64 Rn. 19a; dagegen: BGH, Urteil vom 10. April 2014 – 5 StR 37/14, NStZ 2014, 315 f.; zuletzt offengelassen: BGH, Urteil vom 10. April 2014 – 5 StR 37/14, NStZ 2014, 315, 316; vgl. zum Ganzen: Schneider , NStZ 2014, 617). Dieser - auf den Wortlaut des § 67d Satz 1 Satz 1 StGB und den Willen des Gesetzgebers gestützten - Auslegung (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2012 – 3 StR 65/12, NJW 2012, 2292) ist mit der Neufassung des § 64 Satz 2 StGB im Zuge des Gesetzes zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuchs und zur Änderung anderer Vorschriften vom 8. Juli 2016 (BGBl. I 2016 S. 1610) die Grundlage entzogen worden (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl., § 132 Rn. 21). Denn durch diese Gesetzesänderung enthält § 64 Satz 2 StGB nun eine entsprechende Klarstellung, indem nach dem Wort „Entzie- hungsanstalt“ die Worte „innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3“ eingefügt wurden. Damit hat der Gesetzgeber – um eine flexiblere Handhabung des § 64 StGB für den Einzelfall zu ermöglichen (vgl. BT-Drucksache 18/7244, S. 13, 24 f.) – an die Rechtsansicht des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs angeknüpft (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2014 – 5 StR 37/14, aaO), wonach für eine erfolgversprechende Behandlung im Sinne des § 64 Satz 2 StGB grundsätzlich die bei Verhängung einer Begleitstrafe geltende verlängerte Unterbringungsfrist nach § 67d Absatz 1 Satz 3 StGB zur Verfügung steht.
6
b) Die Neufassung des § 64 Satz 2 StGB findet gemäß § 2 Abs. 6 StGB auch auf den vorliegenden Fall Anwendung (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 2007 – 3 StR 390/07, NStZ 2008, 213). Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht, das die übrigen Voraussetzungen des § 64 StGB als gegeben angesehen hat, unter Berücksichtigung der Gesetzesänderung die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet hätte.
7
c) Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert eine Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; Senat, Beschluss vom 28. Januar 2016 – 2 StR 424/15; BGH, Urteil vom 10. April 1990 – 1StR 9/90, BGHSt 37, 5, 7 ff.). Er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. Senat, Urteil vom 7. Oktober 1992 – 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362, 363; Beschluss vom 5. November 2015 – 2 StR 373/15), sondern die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ausdrücklich als rechtsfehlerhaft beanstandet. Appl Krehl Eschelbach Bartel Grube

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Kommt in Betracht, dass die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden wird, so ist in der Hauptverhandlung ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten zu vernehmen. Gleiches gilt, wenn das Gericht erwägt, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen.

(2) Ist Anklage erhoben worden wegen einer in § 181b des Strafgesetzbuchs genannten Straftat zum Nachteil eines Minderjährigen und kommt die Erteilung einer Weisung nach § 153a dieses Gesetzes oder nach den §§ 56c, 59a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 oder § 68b Absatz 2 Satz 2 des Strafgesetzbuchs in Betracht, wonach sich der Angeklagte psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen hat (Therapieweisung), soll ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten vernommen werden, soweit dies erforderlich ist, um festzustellen, ob der Angeklagte einer solchen Betreuung und Behandlung bedarf.

(3) Hat der Sachverständige den Angeklagten nicht schon früher untersucht, so soll ihm dazu vor der Hauptverhandlung Gelegenheit gegeben werden.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

7
Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist nach nunmehr geltendem Recht, wenn - wie hier - daneben eine Freiheitsstrafe verhängt wird, nicht mehr von vornherein auf zwei Jahre beschränkt; die Höchstfrist der Unterbringung verlängert sich in diesen Fällen vielmehr nach Maßgabe des § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB um die Dauer des nach § 67 Abs. 4 StGB anrechenbaren Teils der Freiheitsstrafe. Durch den Verweis auf § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB sollte ausdrücklich klargestellt werden, dass die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt auch dann angeordnet werden kann, wenn ausnahmsweise eine notwendige Behandlungsdauer von mehr als zwei Jahren zu prognostizieren ist (BT-Drucks. 18/7244, S. 1, 2, 24 f.).

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.