Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2017 - 3 StR 58/17

bei uns veröffentlicht am29.06.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 58/17
vom
29. Juni 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:290617B3STR58.17.1

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 29. Juni 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Verden vom 18. Mai 2016, soweit es ihn betrifft, aufgehoben - im gesamten Strafausspruch, - im Ausspruch über die Einziehung; die jeweils zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen und wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt, den Verfall von Wertersatz in Höhe von 20.000 € angeordnet und den Wertersatz in Höhe von 40.000 € aus dem Verkauf eines Grundstücks eingezogen. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Verfahrensrügen bleiben aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg. Die auf die Sachrüge durchgeführte Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch und zum Verfall des Wertersatzes keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Dagegen können der Strafausspruch und die Einziehung des für den Verkauf des Grundstücks erlangten Geldbetrags keinen Bestand haben.
3
1. Das Landgericht hat die Einziehung des Wertersatzes für den Verkauf des Grundstücks, auf dem eine Cannabisplantage betrieben worden war, rechtlich zutreffend auf § 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 74c Abs. 1 StGB gestützt (BGH, Beschluss vom 31. März 2016 - 2 StR 243/15, NStZ 2017, 89, 90). Es hat indes nicht bedacht, dass eine Maßnahme nach dieser Vorschrift den Charakter einer Nebenstrafe hat und damit eine Strafzumessungsentscheidung darstellt. Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unbeträchtlichem Wert entzogen, so ist dies als bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (st. Rspr.; etwa BGH, Beschluss vom 16. Februar 2012 - 3 StR 470/11, NStZ-RR 2012, 169, 170 mwN).
4
2. Eine solche Gesamtbetrachtung hat das Landgericht nicht vorgenommen. Vielmehr hat es die Einziehung des Erlöses aus dem freihändigen Ver- kauf des Grundstücks im Wert von immerhin 40.000 € bei der Strafzumessung nicht berücksichtigt. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass die Strafkammer bei Beachtung der oben dargelegten Grundsätze die von dem Angeklagten verwirkten Einzelfreiheitsstrafen und damit auch die Gesamtfreiheitsstrafe milder bemessen hätte.
5
Der Wegfall des gesamten Strafausspruchs führt auch zur Aufhebung der an sich rechtsfehlerfreien Einziehungsentscheidung, denn diese steht mit der Bemessung der Strafe wie beschrieben in einem untrennbaren inneren Zusammenhang (BGH aaO).
6
Die dem Rechtsfolgenausspruch zu Grunde liegenden Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und können deshalb bestehen bleiben.
7
Der Senat weist für die neue Bemessung der Einzelstrafen darauf hin, dass in den Fällen, in denen der Angeklagte lediglich wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist, bei der Frage, ob ein minder schwerer Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG vorliegt, in die Gesamtbewertung auch einzustellen ist, dass - gegebenenfalls neben § 31 Abs. 1 BtMG - mit § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB ein (weiterer) vertypter Milderungsgrund vorlag.
Becker Spaniol Tiemann Berg Hoch

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Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2017 - 3 StR 58/17 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 27 Beihilfe


(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. (2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu milde

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Strafgesetzbuch - StGB | § 74 Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern


(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden. (2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bez

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 31 Strafmilderung oder Absehen von Strafe


Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter1.durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich d

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 243/15
vom
31. März 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:310316B2STR243.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 31. März 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Die Revision der Angeklagten H. -H. gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 18. Februar 2015 wird verworfen. 2. Die Angeklagte hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen. 3. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das vor genannte Urteil im Strafausspruch sowie im Ausspruch über die Einziehung, insoweit mit den zugehörigen Feststellungen, aufgehoben. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Frei- heitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten, die Angeklagte H. - H. wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Außerdem hat es die Einziehung eines in der Urteilsformel näher bezeichneten Grundstücks des Angeklagten M. angeordnet.

I.


2
Die Revision der Angeklagten H. -H. wird als unbegründet verworfen, weil die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zu ihrem Nachteil ergeben hat.

II.


3
Die Revision des Angeklagten M. , mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
4
1. Die nicht ausgeführte Rüge der Verletzung formellen Rechts ist unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
5
2. Die Nachprüfung des Urteils zum Schuldspruch hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Hingegen begegnet die Anordnung über die Einziehung des Grundstücks durchgreifenden sachlich-rechtlichen Bedenken. Dies führt auch zur Aufhebung des Strafausspruchs.
6
a) Nach den Feststellungen entschloss sich der Angeklagte M. , eine Vielzahl von Cannabispflanzen in einer Indoorplantage zur Gewinnung von Marihuana anzubauen, um dieses anschließend gewinnbringend zu veräußern. Zum Zweck der Installation der Plantage erwarb der Angeklagte im April 2012 das später vom Landgericht eingezogene Gewerbegrundstück zu einem Kaufpreis in Höhe von 67.000 Euro, den er aus ihm zuvor von der Mitangeklagten H. -H. zur Verfügung gestellten Mitteln beglich.
7
Das erworbene Grundstück war von einer Mauer umfriedet, mit einer Halle, bestehend aus einem Haupt- und Nebenraum, bebaut und besaß einen Innenhof. Der Angeklagte nahm in der Folge eine Vielzahl von Umbauarbeiten auf dem Grundstück vor, unter anderem mauerte er die Garageneinfahrt zum Haupteingang zu, legte Belichtungs-, Wärme-, Bewässerungs- und Lüftungsvorrichtungen an. Außerdem manipulierte er den Stromzähler und brachte Kameras an der Halle und der Mauer des Grundstücks sowie eine Alarmanlage an.
8
Nach Abschluss der Umbauarbeiten begann der Angeklagte Ende 2012 mit der Aufzucht von Cannabispflanzen in der auf dem Grundstück befindlichen Halle. Im Zeitraum zwischen Ende des Jahres 2012 und März 2014 blieben einige Aufzuchtzyklen zunächst erfolglos. Ab Mitte März 2014 zog der Angeklagte in dem fensterlosen Hauptraum der Halle Cannabispflanzen in Töpfen auf und begann wenige Tage vor dem 18. Mai 2014 mit der Ernte. Die Plantage mit 403 Cannabispflanzen wurde im Zuge von Durchsuchungsmaßnahmen im Mai 2014 aufgefunden. Die Pflanzen hatten ein Gesamtgewicht von 15,475 kg und einen Wirkstoffgehalt von mindestens 11,5 % mit einem THC-Anteil von insgesamt 1,779 kg.
9
b) Die Anordnung über die Einziehung des Grundstücks hat keinen Bestand.
10
aa) Ein Grundstück ist als Tatmittel oder Tatwerkzeug im Sinne von § 74 Abs. 1 Var. 2 StGB grundsätzlich ein geeigneter Einziehungsgegenstand. Gegenstände , die zur Begehung der Tat oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (instrumenta sceleris), können eingezogen werden. Die Einziehung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters. Die Urteilsgründe müssen deshalb nicht nur erkennen lassen, von welchem Einziehungszweck der Tatrichter ausgegangen ist (strafähnliche Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB, Sicherungseinziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 StGB oder unter Umständen auch von beiden); ihnen muss auch zu entnehmen sein, dass sich das Tatgericht bewusst war, eine Ermessensentscheidung zu treffen, und welche Gründe für die Ausübung des Ermessens gegeben waren (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2011 – 4 StR 375/11; BGH, Beschluss vom 4. Januar 1994 – 4 StR 718/93, BGHR StGB § 74 Abs. 1 Ermessensentscheidung 1). Eine Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB hat den Charakter einer Nebenstrafe und ist damit Teil der Strafzumessung. Die Urteilsgründe müssen deshalb darlegen, dass das Gericht den Strafcharakter der Einziehung erkannt hat und ob die Einziehung nach den gesamten Umständen als Ergänzung der Hauptstrafe zur Sühne des Unrechtsgehalts unter angemessener Berücksichtigung der übrigen Strafzwecke erforderlich ist (vgl. BGHSt 10, 337, 338; NJW 1983, 2710; vgl. auch Fischer, StGB, 63. Aufl., § 74b, Rn. 2 mwN).
11
Das Tatgericht hat nach § 74b Abs. 1 StGB weiter zu prüfen, ob eine Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 (und § 74a) StGB zur Bedeutung der Tat und zum Vorwurf, der den Täter, Teilnehmer oder Dritteigentümer trifft, außer Verhältnis steht. Die Urteilsgründe müssen jedenfalls bei Einziehungsobjekten von einigem Belang, darunter fällt auch ein Grundstück von nicht unerheblichem Wert, erkennen lassen, dass die Abwägung stattgefunden hat (BGH, Beschluss vom 4. November 2014 – 4 StR 294/15). Dabei sind insbesondere die wirtschaftlichen und sonstigen Auswirkungen der Einziehung (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 1993 – 1 StR 585/93, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Strafzumessung 1), der Wert und ggf. der Umstand teilweiser Vermietung des Grundstücks, sowie Dauer und Umfang der illegalen Nutzung der Immobilie zu berücksichtigen (vgl. Volkmer in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 33 Rn. 60, 78a mwN). In den Fällen der Sicherungseinziehung gilt § 74b Abs. 1 StGB zwar nicht ausdrücklich , doch ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch hier zu beachten (vgl. Fischer, StGB, aaO, § 74b Rn. 3).
12
Auch wenn die Einziehung nicht unverhältnismäßig im Sinne des § 74b Abs. 1 StGB ist, wird nach § 74b Abs. 2 StGB eine weniger einschneidende Maßnahme angeordnet, wenn der Zweck der Einziehung auch durch sie erreicht werden kann. Als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hat die Vorschrift zwingenden Charakter; ein Ermessen ist dem Tatrichter, der sich in den Urteilsgründen damit auseinander setzen muss, ob mildere Maßnahmen zur Zweckerreichung in Betracht kommen, nicht eröffnet (Senat, Beschluss vom 28. November 2008 – 2 StR 501/08, BGHSt 53, 69, 71; BGH, Beschluss vom 28. August 2012 – 4 StR 278/12, StraFo 2012, 509).
13
bb) Die knappen Ausführungen der Strafkammer genügen diesen Anforderungen nicht.
14
Die Urteilsgründe lassen zwar erkennen, dass das Landgericht sich bewusst war, eine Ermessensentscheidung zu treffen; ihnen lässt sich auch entnehmen , dass es die Einziehung im Sinne von § 74b Abs. 2 Nr. 1 StGB als nicht außer Verhältnis stehend zu dem Unrechtsgehalt der Tat und dem den Angeklagten treffenden Schuldvorwurf angesehen hat. Schließlich hat es auch festgestellt, dass weniger einschneidende Maßnahmen mit Blick auf den Zweck der Einziehung nicht ersichtlich gewesen seien (§ 74b Abs. 2 StGB). Dies allein versetzt aber das Revisionsgericht nicht in die Lage zu prüfen, ob die Einziehungsanordnung den gesetzlichen Vorgaben entspricht.
15
Es lässt sich den Urteilsgründen schon nicht eindeutig entnehmen, von welchem Zweck der Einziehung die Strafkammer überhaupt ausgegangen ist. Einerseits stützt sich das Landgericht bei seiner Einziehung auf § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB, andererseits bezeichnet es die Maßnahme als „Sicherungseinzie- hung“, wasauf eine Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB schließen lässt, und behandelt sie in diesem Zusammenhang – insoweit widersprüchlich – als Frage der Strafzumessung. Fehlt es damit schon an einer hinreichend klaren Einordnung der Maßnahme, lässt sich für das Revisionsgericht nicht nachvollziehen , ob das Landgericht eine dem jeweiligen Zweck der Einziehung entsprechende Prüfung der Verhältnismäßigkeit nach § 74b Abs. 1 StGB bzw. § 74b Abs. 2 StGB vorgenommen hat. Dies kann regelmäßig auch nicht dahinstehen, weil die Reichweite der vorzunehmenden Prüfung je nach dem Zweck der Einziehung unterschiedlich sein kann (vgl. zu § 74b Abs. 2 StGB BGH, Beschluss vom 26. April 1983 – 1 StR 28/83, NJW 1983, 2710).
16
Selbst wenn man davon ausginge, dass die Strafkammer von einer strafähnlichen Einziehung ausgegangen wäre, erweisen sich die Ausführungen der Strafkammer als nicht hinreichend. So berücksichtigt das Landgericht im Rahmen seiner Prüfung nach § 74b Abs. 1 StGB nicht, dass der Grundstückserwerb des Angeklagten auf einem (ungesicherten) Darlehen der Mitangeklagten beruht und eine Einziehung des Grundstücks die Vermögensverhältnisse des ohnehin verschuldeten Angeklagten weiter verschlechtern. Diesen Umstand , der ggf. auch zu einem Ausfall der Rückzahlungsforderung führen kann, durfte das Landgericht bei seiner Entscheidung, ob die (strafähnliche) Einziehung zum Ausgleich des Unrechtsgehalts neben der Freiheitsstrafe unter Berücksichtigung der übrigen Strafzwecke erforderlich war, nicht außer Betracht lassen.
17
Im Rahmen der Prüfung des § 74b Abs. 2 StGB hat die Strafkammer in ihren knappen, lediglich den Gesetzeswortlaut wiederholenden Ausführungen nicht erkennbar erwogen, ob tatsächlich weniger einschneidende Erwägungen in Betracht zu ziehen sind. Hier wären mit Blick auf den erheblichen Wert des Grundstücks und die Vermögensverhältnisse des Angeklagten zumindest – und zwar insbesondere, wenn das Landgericht von einer Sicherungseinziehung ausgegangen (vgl. Senat, Beschluss vom 28. November 2008 – 2 StR 501/08, BGHSt 53, 69, 71; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2014 – 4 StR 128/14), aber auch dann, wenn für das Landgericht der Strafzweck der Einziehung maßgeblich gewesen wäre (vgl. Volkmer in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 33 Rn. 78a; Krug in FD-StrafR 2012, 335699) – der Vorbehalt der Einziehung des dem Angeklagten gehörenden Grundstücks, verbunden mit Anweisungen, am Grundstück die zum Zwecke der Errichtung einer Marihuanaplantage angebrachten Gegenstände zu beseitigen und/oder das Grundstück unverzüglich zu veräußern (§ 74b Abs. 2 Satz 2 Nrn. 2, 3 StGB), zu erörtern gewesen. Dass das Landgericht diese naheliegende Möglichkeit gesehen und erwogen hat, ergeben die Urteilsgründe hingegen nicht.
18
cc) Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Entscheidung über die Einziehung des Grundstücks auf dem dargelegten Rechtsfehler beruht, und hebt sie deshalb zusammen mit den zugehörigen Feststellungen auf. Dies gibt dem Tatrichter Gelegenheit, nach entsprechender Bestimmung des mit einer möglichen Einziehung verfolgten Zwecks ohne Bindung an bestehende Feststellungen die erforderlichen Prüfungen nach § 74b Abs. 1 und 2 StGB vorzunehmen.
19
c) Die Aufhebung der Einziehungsentscheidung zieht den Wegfall des Strafausspruchs nach sich. Der Senat kann letztlich nicht ausschließen, dass der neue Tatrichter den finanziellen Verlust durch eine mögliche Einziehung des Grundstücks nach der neu vorzunehmenden Prüfung höher einschätzen könnte , als der vorangegangene Tatrichter und deshalb mit Blick auf eine mögliche strafähnliche Einziehung dessen an sich nicht schuldunangemessene Freiheitsstrafe reduzieren möchte. Der Aufhebung von Feststellungen zum Strafausspruch bedarf es insoweit aber nicht.
Krehl Eschelbach Ott
Zeng Bartel

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 470/11
vom
16. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
16. Februar 2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 6. September 2011, soweit es sie betrifft, aufgehoben - im gesamten Strafausspruch, - im Ausspruch über die Einziehung; die jeweils zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen, in zwei dieser Fälle in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu der Ge- samtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Ihren zum Transport der Drogen benutzten Pkw hat es eingezogen; weiter hat es zu ihren Lasten eine Verfallsentscheidung getroffen. Die Revision der Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Strafausspruch hat insgesamt keinen Bestand; dies führt zur Aufhebung auch der Entscheidung über die Einziehung.
3
1. Die Einziehung des zur Tatbegehung gebrauchten Pkws der Angeklagten hat das Landgericht rechtlich zutreffend auf § 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB gestützt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2004 - 3 StR 189/04, NStZ 2005, 232). Eine Maßnahme nach dieser Vorschrift hat indes den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 74 Rn. 2 mwN). Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (BGH, Beschlüsse vom 27. September 2011 - 3 StR 296/11, NStZ-RR 2011, 370; vom 20. Juli 2011 - 5 StR 234/11, StV 2011, 726; vom 20. September 1988 - 5 StR 418/88, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 16; Urteil vom 12. Oktober 1993 - 1 StR 585/93, StV 1994, 76).
4
Dies hat das Landgericht nicht bedacht. Den Wert des Pkw hat es offen gelassen. Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass das Landgericht, hätte es die oben dargelegten Grundsätze beachtet, die von der Angeklagten verwirkten Einzelfreiheitsstrafen und damit auch die Gesamtstrafe milder bemessen hätte.
5
2. Der Wegfall des gesamten Strafausspruchs führt auch zur Aufhebung der an sich rechtsfehlerfreien Einziehungsentscheidung, denn diese steht mit der Bemessung der Strafe wie beschrieben in einem untrennbaren inneren Zusammenhang (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juli 2011 - 5 StR 234/11, StV 2011, 726; Urteil vom 12. Oktober 1993 - 1 StR 585/93, StV 1994, 76).
6
3. Die den aufgehobenen Aussprüchen jeweils zu Grunde liegenden Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und können bestehen bleiben. Der neue Tatrichter wird lediglich ergänzende Feststellungen zum Wert des Pkw zu treffen haben.
Becker von Lienen Schäfer Mayer Menges

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nummer 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. § 46b Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.