Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Okt. 2018 - 3 StR 357/18

bei uns veröffentlicht am16.10.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 357/18
vom
16. Oktober 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Computerbetrugs u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:161018B3STR357.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 16. Oktober 2018 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Verden vom 12. März 2018 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Computerbetrugs in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten in 111 Fällen und wegen Fälschung beweiserheblicher Daten in 30 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dagegen richtet sich die auf eine Verfahrensbeanstandung und die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat mit der Rüge, § 257c Abs. 5 StPO sei verletzt worden, Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), so dass es eines Eingehens auf die Sachbeschwerde nicht bedarf.
2
Der Generalbundesanwalt hat dazu unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zutreffend ausgeführt: "Die Revision des Angeklagten hat mit der Rüge der Verletzung des § 257c Abs. 5 StPO Erfolg. Die Rüge ist zulässig erhoben iSv § 344 Abs. 2 S. 2 StPO. Dass die Revision teilweise - offenkundig - die Haupt- verhandlungstage mit falschen Daten bezeichnet hat, steht dem nicht entgegen. Die Rüge ist auch begründet. Nach zunächst erfolglos geführten Verständigungsgesprächen kam im Rahmen der Hauptverhandlung am 19. Januar 2018 (SA Bd. VII, S. 161, 179 f.; laut Revisionsbegründung fälschlicherweise 10. Januar 2018) eine Verständigung iSv § 257c Abs. 1, Abs. 2 StPO zustande. Dem Hauptverhandlungsprotokoll ist indes nicht zu entnehmen, dass dem Angeklagten im Laufe der Hauptverhandlung die von Gesetzes wegen erforderliche Belehrung über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichts von dem in Aussicht gestellten Ergebnis iSv § 257c Abs. 5 StPO erteilt worden ist, nicht vor der Verständigung - wie geboten - und auch nicht nachträglich in qualifizierter Form zum Zwecke der Heilung des Verfahrensverstoßes. Angesichts der negativen Beweiskraft des Protokolls iSv § 274 S. 1 StPO gilt die gemäß § 273 Abs. 1a S. 2 StPO protokollierungspflichtige Belehrung als nicht erteilt (Meyer-Goßner/Schmitt - 61. Auflage, § 273 Rn. 12b mwN). Ein Beruhen des Urteils auf diesem Verfahrensverstoß ist nicht auszuschließen (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017 - 5 StR 15/17; BGH, Beschluss vom 11. Mai 2016 - 1 StR 71/16; BVerfG NJW 2014, 3506, 3507; BVerfG NStZ-RR 2013, 315, 316; MüKo-Jahn/Kudlich, StGB, 1. Auflage, § 257c Rn. 197 ff. mwN). Der Angeklagte hat dieihm zur Last gelegten Taten auf der Grundlage der Verständigung eingeräumt , wie auch der nicht revidierende Mitangeklagte V. . Die Strafkammer hat die Verurteilung neben weiteren Beweismitteln vor allem auf diese beiden Geständnisse gestützt (UA S. 20 ff.). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dem Angeklagten die Voraussetzungen für den Wegfall der Bindungswirkung und deren Folgen bekannt waren oder er das Geständnis ohnehin abgelegt hätte, bestehen vorliegend nicht." Gericke Tiemann Berg Hoch Leplow

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Okt. 2018 - 3 StR 357/18

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Okt. 2018 - 3 StR 357/18

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Okt. 2018 - 3 StR 357/18 zitiert 6 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 257c Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten


(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Gegenstand dieser Verstä

Strafprozeßordnung - StPO | § 273 Beurkundung der Hauptverhandlung


(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesu

Strafprozeßordnung - StPO | § 274 Beweiskraft des Protokolls


Die Beobachtung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen den diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt des Protokolls ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Okt. 2018 - 3 StR 357/18 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Okt. 2018 - 3 StR 357/18 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Jan. 2017 - 5 StR 15/17

bei uns veröffentlicht am 24.01.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR 15/17 vom 24. Januar 2017 in der Strafsache gegen wegen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion u.a. ECLI:DE:BGH:2017:240117B5STR15.17.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Gen

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Mai 2016 - 1 StR 71/16

bei uns veröffentlicht am 11.05.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 71/16 vom 11. Mai 2016 in der Strafsache gegen wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2016:110516B1STR71.16.0 Der 1. Strafsenat des Bundesg

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

Die Beobachtung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen den diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt des Protokolls ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesung nach § 249 Abs. 2 abgesehen worden ist, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Urteilsformel enthalten. In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden.

(1a) Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken.

(2) Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird. Der Vorsitzende kann anordnen, dass anstelle der Aufnahme der wesentlichen Vernehmungsergebnisse in das Protokoll einzelne Vernehmungen im Zusammenhang als Tonaufzeichnung zur Akte genommen werden. § 58a Abs. 2 Satz 1 und 3 bis 6 gilt entsprechend.

(3) Kommt es auf die Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der Vorsitzende von Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person die vollständige Protokollierung und Verlesung anzuordnen. Lehnt der Vorsitzende die Anordnung ab, so entscheidet auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person das Gericht. In dem Protokoll ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.

(4) Bevor das Protokoll fertiggestellt ist, darf das Urteil nicht zugestellt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 15/17
vom
24. Januar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:240117B5STR15.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 24. Januar 2017 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 14. September 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen banden- und gewerbsmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit banden - und gewerbsmäßigem Computerbetrug zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt und eine Anrechnungsentscheidung getroffen. Die hiergegen gerichtete Revision hat mit der Rüge, § 257c Abs. 5 StPO sei verletzt worden, Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
2
Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt: „Die Rüge ist unter Berücksichtigung der einschlägigen Ent- scheidungen des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss vom 25. August 2014 – 2 BvR 2048/13 –) und des Senats (vgl. Beschlüsse vom 5. November 2014 – 5 StR 253/13 – und vom 25. März 2015 – 5 StR 82/15 –) begründet.
Der Senat hat im Rahmen seiner Entscheidung vom 25. März 2015 unter anderem Folgendes ausgeführt: ‚... der Vorsitzende der Strafkammer hätte den Angeklagten be- reits bei Unterbreitung des Verständigungsvorschlags über die in § 257 c Abs. 4 StPO geregelte Möglichkeit eines Entfallens der Bindung des Gerichts an die Verständigung belehren müssen. Eine Verständigung ist regelmäßig nur dann mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens zu vereinbaren, wenn der Angeklagte vor ihrem Zustandekommen nach § 257 c Abs. 5 StPO über deren nur eingeschränkte Bindungswirkung für das Gericht belehrt worden ist (vgl. hierzu BVerfGE 133, 168, 237; BVerfG [Kammer], NStZ 2014, 721; BGH, Beschluss vom 10. Februar 2015 – 4 StR 595/14 mwN). Das Geständnis des Angeklagten und damit auch das Urteil beruhen auf dem Verstoß gegen die Belehrungspflicht (§ 337 Abs. 1 StPO). Der Senat kann die Ursächlichkeit des Belehrungsfehlers für das Geständnis nicht ausnahmsweise ausschließen. Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegten Taten auf der Grundlage der Verständigung eingeräumt. Neben anderen Beweismitteln hat die Strafkammer vor allem hierauf die Verurteilung gestützt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dem Angeklagten die Voraussetzungen für den Wegfall der Bindungswirkung bekannt waren, bestehen nicht.‘ Diese Erwägungen müssen im Ergebnis auch hier gelten. Die Tatsache, dass der Verteidiger des Angeklagten bereits vor dem Verständigungsvorschlag des Gerichts eine geständige Einlassung in Aussicht gestellt hatte, steht einer solche Wer- tung nicht entgegen.“
3
Dem stimmt der Senat zu. Er bemerkt zudem im Hinblick auf die von der Revision erhobene Inbegriffsrüge (§ 261 StPO), dass es naheliegen wird, die im angegriffenen Urteil wiedergegebenen Urkunden im Selbstleseverfahren (§ 249 Abs. 2 StPO) in die neue Hauptverhandlung einzuführen, sofern das Tatgericht sie im Rahmen seiner Beweiswürdigung zu verwenden beabsichtigen sollte.
Sander Schneider Dölp
König Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 71/16
vom
11. Mai 2016
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:110516B1STR71.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Mai 2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 11. August 2014 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 19 Fällen sowie wegen unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in acht Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat bereits mit der Rüge der Verletzung des § 257c Abs. 5 StPO Erfolg. Eines Eingehens auf die weiteren Verfahrensrügen oder die Sachrüge bedarf es daher nicht.
2
1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
3
Am zweiten Hauptverhandlungstag, dem 3. Juli 2014, teilte der Vorsitzende mit, bei einer Verfahrensweise nach § 154 Abs. 2 StPO für einige der angeklagten Taten könne ein zuvor erfolgtes „Angebot der Kammer hinsichtlich der Vereinbarung einer verfahrensbeschleunigenden Regelung gemäß § 257c StPO dahingehend geändert werden, dass … der Rahmen, aus dem die Ge- samtstrafe für die verbliebenen Taten A 1 bis A 27 gegebenenfalls zu entnehmen wäre, auf sieben Jahre und sechs Monate bis acht Jahre und sechs Monate reduziert werden würde“. Zugleich gab er bekannt, dass eine Verständigung noch nicht erzielt worden sei, der Angeklagte aber bis zu seiner Vernehmung zur Sache eine abschließende Stellungnahme abgeben werde. Dies sei der letzte Zeitpunkt für die Vereinbarung, danach „sehe sich die Kammer an ihren Vorschlag nicht mehr gebunden“. Daraufhin wurde die Sitzung unterbrochen. Am nächsten Verhandlungstag fragte der Vorsitzende nach, ob der vom Gericht unterbreitete Vorschlag angenommen werde, woraufhin der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft, die Verteidigerin und der Angeklagte erklärten, dem am letzten Hauptverhandlungstag gemachten Vorschlag zuzustimmen.
4
Erst danach belehrte der Vorsitzende den Angeklagten über den Inhalt des § 257c Abs. 4 StPO. Die Verteidigerin gab eine Erklärung zur Sache ab, wonach die Taten A 1 – 27 in vollem Umfang eingeräumt werden, was vom Angeklagten als richtig bestätigt wurde.
5
2. a) Die Rüge ist zulässig erhoben. Der Angeklagte hat einen Sachverhalt vorgetragen, der es dem Revisionsgericht ohne weiteres ermöglicht, allein aufgrund des Revisionsvortrags zu überprüfen, ob der gerügte Rechtsfehler vorläge, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2014 – 1 StR 302/13 mwN) und damit die Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erfüllt. Soweit der Generalbundesanwalt den Vortrag des den Verteidigern des Angeklagten vorab schriftlich mitgeteilten Verständigungsvorschlags des Gerichts vermisst, bedarf es dessen für die Prüfung der Frage, ob ein Rechtsfehler vorliegt, nicht.
6
b) Die Rüge ist auch begründet. Der von dem Angeklagten gerügte Rechtsfehler liegt vor. Denn der Vorsitzende der Strafkammer hätte den Angeklagten bereits bei Unterbreitung des Verständigungsvorschlags über die in § 257c Abs. 4 StPO geregelte Möglichkeit eines Entfallens der Bindung des Gerichts an die Verständigung belehren müssen. Eine Verständigung ist regel- mäßig nur dann mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens zu vereinbaren, wenn der Angeklagte vor ihrem Zustandekommen nach § 257c Abs. 5 StPO über deren nur eingeschränkte Bindungswirkung für das Gericht belehrt worden ist (vgl. hierzu BVerfGE 133, 168, 237; BVerfG NStZ 2014, 721; BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2015 – 4 StR 595/14 mwN und vom 25.März 2015 – 5 StR 82/15).
7
Das Geständnis des Angeklagten und damit auch das Urteil beruhen auf dem Verstoß gegen die Belehrungspflicht (§ 337 Abs. 1 StPO). Der Senat kann die Ursächlichkeit des Belehrungsfehlers für das Geständnis nicht ausnahmsweise ausschließen. Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegten Taten auf der Grundlage der Verständigung eingeräumt. Hierauf hat die Strafkammer die Verurteilung gestützt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dem nicht vorbestraften und in Spanien wohnhaften Angeklagten die Voraussetzungen für den Wegfall der Bindungswirkung bekannt waren, bestehen nicht.
8
3. Sollte sich das neue Tatgericht erneut von der Täterschaft des Angeklagten überzeugen, wird für die Rechtsfolgenentscheidung in den Blick zu nehmen sein, dass der Vorsitzende Richter nach Eingang der Revisionsentscheidung die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft übersandte, diese von dort aber erst 14 Monate später an den Generalbundesanwalt weitergegeben wurden und der Angeklagte sich in dieser Zeit in Untersuchungshaft befand.
Raum Jäger Cirener Fischer Bär