Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Mai 2018 - 3 StR 355/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:020518B3STR355.17.0
02.05.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 355/17
vom
2. Mai 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
alias:
wegen Mordes
ECLI:DE:BGH:2018:020518B3STR355.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 2. Mai 2018 gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 3. August 2016 werden verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Oberlandesgericht hat die Angeklagten wegen Mordes zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. Die jeweils auf Verfahrensbeanstandungen und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen haben aus den Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts keinen Erfolg. Ergänzend zu den dortigen Ausführungen bedarf es folgender Erörterungen :
2
1. Die von beiden Beschwerdeführern wortgleich erhobene Rüge der Verletzung von § 244 Abs. 2, 3 und 5 StPO durch die Ablehnung der Vernehmung der Zeugen S. und St. ist zulässig, aber unbegründet:
3
a) Die vom Generalbundesanwalt als fehlend bemängelten, im Beweisantrag und in dem Ablehnungsbeschluss in Bezug genommenen Dokumente und Sachaktenbestandteile waren zur Entscheidung über die Verfahrensbeanstandung nicht erforderlich; ihre fehlende Vorlage stellt mithin keine Missach- tung der sich aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ergebenden Formerfordernisse dar. Das Recht zur Geltendmachung von Verfahrensfehlern mit Blick auf eine Verletzung des Beweisantragsrechts haben die Beschwerdeführer auch nicht verwirkt, weil sie ein Missverständnis des Tatgerichts nicht ausgeräumt hätten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Antragsteller eines Beweisantrags zwar gehalten sein, die unzutreffende Auslegung seines Antrags durch einen entsprechenden Hinweis oder einen neuen Beweisantrag noch in der Hauptverhandlung aufzuklären, wenn das gerichtliche Missverständnis jedenfalls auch auf der ungenauen Formulierung des Beweisantrags beruht. Dies ist etwa der Fall, wenn das Gericht ein Beweisbegehren nicht als Beweisantrag behandelt, weil der Antragsteller einen Zeugen nicht zum Beleg für dessen Wahrnehmungen benennt, sondern allein für Schlussfolgerungen (das Beweisziel ), die dieser auf nicht mitgeteilter Erkenntnisgrundlage gezogen haben soll; dann ist der Antragsteller gehalten, die Tatsachen zu konkretisieren, die Gegenstand der unmittelbaren eigenen Wahrnehmung des Zeugen gewesen sein sollen (BGH, Urteil vom 14. August 2008 - 3 StR 181/08, NStZ 2009, 171, 173). So verhält es sich hier indes nicht: Aus der Antragsbegründung ging unmissverständlich hervor, dass die Zeugen die in ihr Wissen gestellten Tatsachen dadurch erlangt haben sollten, dass sie jeweils auf der Seite eines Teilnehmers ein Telefongespräch mitgehört hatten.
4
b) Angesichts dessen hätte das Oberlandesgericht den Antrag nicht deshalb als Beweisermittlungsantrag behandeln dürfen, weil die Zeugen nur hätten bekunden können, was sie gehört hatten, nicht aber, ob das auch tatsächlich zutraf.
5
Auf diesem Fehler beruht das Urteil indes nicht. Denn hätte der Strafsenat den Antrag richtigerweise als Beweisantrag behandelt, wäre dieser nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO zu bescheiden gewesen, denn er war auf die Vernehmung von Auslandszeugen gerichtet. Nach dieser Vorschrift kann der Antrag auf Vernehmung eines Zeugen, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre, abgelehnt werden, wenn die Vernehmung nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist; Maßstab für diese Prüfung ist die Aufklärungspflicht im Sinne von § 244 Abs. 2 StPO (LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 355 ff. i.V.m. Rn. 342 mwN) und damit der gleiche Maßstab, der für die Entscheidung über Beweisermittlungsanträge gilt (vgl. LR/Becker aaO, Rn. 163 mwN). Gemessen an diesem Maßstab hat das Oberlandesgericht - wie auch der Generalbundesanwalt im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat - mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung ausgeführt, warum es auch für den Fall, dass die Zeugen die in ihr Wissen gestellten Tatsachen bekundet hätten, nicht zu der Überzeugung gelangt wäre, dass die mitgehörten Gesprächsinhalte tatsächlich der Wahrheit entsprachen.
6
2. Auf etwaigen Fehlern bei der Bescheidung des Antrags auf die Erhebung von Beweisen zu der daktyloskopischen Untersuchung des Autos des Tatopfers (jeweils Rüge II. 4. der Revisionsbegründungen von Rechtsanwalt Sch. für den Angeklagten M. bzw. den Rechtsanwälten Dr. B. , W. und Z. für den Angeklagten P. ) würde das Urteil nicht beruhen. Die durch die genannten Beweismittel zu belegende Beweistatsache bestand allein darin, dass das Auto des Mordopfers nach daktyloskopischen Spuren abgesucht worden sei und dabei lediglich ein Daumenabdruck des Opfers am Kofferraumdeckel gesichert werden konnte. Aus dieser Einzeltatsache ergeben sich schon für das unmittelbare Beweisziel der Verteidigung, "dass die Täter das Fahrzeug während und/oder nach der Tat mit dem Zweitschlüssel benutzt" und anschließend "sämtliche Spuren beseitigt" hätten, keine über bloße Speku- lation hinausreichenden Indizien; erst recht gilt dies mit Blick auf das mittelbare Beweisziel, aus der Nutzung und anschließenden Reinigung des Fahrzeugs ergebe sich ein Hinweis darauf, dass das Mordopfer im Auftrag des jugoslawischen Geheimdienstes SFB SSUP in seinem eigenen Auto hätte entführt werden sollen und diese Entführung eskaliert sei.
7
Angesichts dessen war die Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache so evident, dass die Beschwerdeführer auch bei einer anderslautenden Ablehnungsbegründung keine weiteren sachdienlichen Anträge hätten stellen können. Es gefährdet den Bestand des Urteils deshalb nicht, dass der Strafsenat bei der Ablehnung des Antrags seinerseits Spekulationen dazu angestellt hat, wie die Täter in den Besitz eines Fahrzeugschlüssels des Opfers gelangt sein könnten.
8
3. Die Rüge, die Verteidigung sei durch die Nichtgewährung vollständiger Akteneinsicht behindert worden, ist von der Verteidigung des Angeklagten M. schon deshalb nicht zulässig erhoben, weil sich aus ihrem Vorbringen nicht ergibt, wie sie durch den Umgang mit Akteneinsichtsgesuchen der Verteidigung des Angeklagten P. in ihren Rechten bzw. denen des Angeklagten M. beeinträchtigt worden sein könnte.
9
Soweit diese Rüge von der Verteidigung des Angeklagten P. erhoben worden ist, gilt Folgendes: Das Oberlandesgericht hat der Verteidigung Einsicht in alle Aktenbestandteile gewährt, die es selbst zur Verfügung hatte. Entscheidungen anderer Gerichte, die betreffend weitergehender Anträge auf Akteneinsicht gegenüber dem bayerischen Landeskriminalamt (Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 22. Februar 2017) und gegenüber dem Generalbundesanwalt (Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 13. Mai 2016) ergangen sind, unterliegen in diesem Revisions- verfahren nicht der Prüfung durch den Senat. Nach alledem ist nicht ersichtlich, dass die Verteidigung des Angeklagten P. durch eine Entscheidung des erkennenden Gerichts in einem wesentlichen Punkt beeinträchtigt worden sein könnte. Aus dem gleichen Grund ist eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren nicht ersichtlich.
10
4. Der Senat kann offen lassen,ob in der vorliegenden Fallkonstellation - wie von den Revisionen mit der Sachrüge beanstandet - die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der mittelbaren Täterschaft bei uneingeschränkt verantwortlichem Tatmittler (zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Mitgliedern des Nationalen Verteidigungsrats der DDR bzw. des Politbüros der SED, vgl. BGH, Urteile vom 26. Juli 1994 - 5 StR 98/94, BGHSt 40, 218; vom 8. November 1999 - 5 StR 632/98. BGHSt 45, 270) anwendbar sind. Dagegen könnte sprechen, dass nicht die Schaffung einer für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen einschlägigen Beschlusslage in Rede steht, sondern ein gezielter Liquidierungsauftrag.
11
Dies gefährdet den Bestand des Urteils indes nicht: Der Angeklagte P. leistete nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts durch die Beschaffung des Schlüssels für die Garage und der letztlichen Festlegung von Tatort und -zeit so wesentliche Tatbeiträge, dass er auch nach allgemeinen Grundsätzen als Mittäter des Mordes anzusehen ist, zumal der Strafsenat insoweit rechtsfehlerfrei begründet hat, dass er die Tat als eigene wollte. Der Angeklagte M. schuf durch seine Mitwirkung an der Liquidierungsentscheidung die nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts nicht wegzudenkende Voraussetzung für die Ausführung des Mordes. Es bedarf insoweit letztlich keiner Entscheidung, ob darin - mit Blick darauf, dass auch dieser Angeklagte die Tat als eigene wollte - bereits ein mittäterschaftlich zu bewertender Tatbei- trag oder in der Weitergabe des Mordauftrags an den Angeklagten P. (nur) eine Anstiftung zum Mord zu sehen ist, die gemäß §§ 211, 26 StGB dazu führen würde, dass der Angeklagte gleich einem Mörder zu bestrafen wäre.
12
5. Die Annahme des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe begegnet entgegen dem Revisionsvorbringen keinen Bedenken. Dabei kommt es auf Einzelheiten der Motivlage nicht entscheidend an: Ohne Rechtsfehler ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass der Ermordung ein politisches Motiv zugrunde lag. Jenseits des Widerstandsrechts aus Art. 20 Abs. 4 GG sind indes keine politischen Beweggründe zur Tötung eines Menschen denkbar, die sich nicht als niedrige Beweggründe im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB erweisen (vgl. MüKoStGB/Schneider, 3. Aufl., § 211 Rn. 94).
Becker Gericke Spaniol RiBGH Dr. Tiemann ist RiBGH Dr. Berg befindet sich erkrankt und daher ge- im Urlaub und ist daher gehindert hindert zu unterschreiben. zu unterschreiben. Becker Becker

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord


(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt

Strafgesetzbuch - StGB | § 26 Anstiftung


Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 181/08
vom
14. August 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
10. Juli 2008 in der Sitzung am 14. August 2008, an denen teilgenommen haben
:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
Pfister,
von Lienen,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
- in der Verhandlung vom 10. Juli 2008 -,
Staatsanwalt
- bei der Verkündung am 14. August 2008 -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
- in der Verhandlung vom 10. Juli 2008 -,
Justizamtsinspektor
- bei der Verkündung am 14. August 2008 -
als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 1. November 2007 werden verworfen. Die Angeklagte trägt die Kosten ihres Rechtsmittels. Die Staatskasse hat die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die der Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Betruges in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten und auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revision, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird. Sie beanstandet in sachlich-rechtlicher Hinsicht die Ablehnung gewerbsmäßigen Handelns der Angeklagten und wendet sich gegen die Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung. Die Angeklagte macht mit ihrer Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend.
2
Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.
3
I. Nach den Feststellungen befindet sich die Angeklagte seit dem Jahr 1991 in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten. Im Jahr 1999 gab sie die ei- desstattliche Versicherung ab. Der Erwerb eines Anwesens, auf dem sie ein Gestüt betrieb, scheiterte, weil sie den Kaufpreis in Höhe von 1,7 Millionen DM nicht finanzieren konnte. Das Grundstück musste sie im März 2000 räumen.
4
Daraufhin pachtete die Angeklagte im September 2000 von der Zeugin M. das "Rittergut O. ", das sich in einem baulich desolaten Zustand befand. Es war von vorneherein geplant, dass die Angeklagte das Gut zu einem Preis erwerben sollte, der die Grundstücksbelastungen in Höhe von 6,8 Millionen € abdeckte. Da die Angeklagte über keine nennenswerten Barmittel, Einkünfte oder sonstiges Vermögen verfügte, wurde ihr der Pachtzins gestundet, der später mit dem Kaufpreis verrechnet werden sollte. Im August 2002 schloss die Angeklagte mit der Eigentümerin einen notariellen Kaufvertrag über den Erwerb des Ritterguts für 6,8 Millionen €.
5
Bereits im Jahr 2001 hatte ein Kreditvermittler der Angeklagten angeboten , mittels eines "selbsttilgenden Kredits" den Erwerb des Anwesens zu finanzieren. Das Konzept sah vor, auf "den internationalen Geldmärkten" einen Kredit in Höhe des doppelten Kaufpreises zu niedrigen Zinsen aufzunehmen. Mit einem Teil des Kreditbetrags sollte der Kaufpreis für das Rittergut finanziert, der andere Teil sollte hoch verzinst so angelegt werden, dass mit der erzielten Rendite der gesamte Kredit bedient werden konnte. Im August 2001 erteilte die U. -Bank der Angeklagten eine Zusage für eine Zwischenfinanzierung über 25 Millionen US-Dollar, verlangte jedoch für die Auszahlung des Kredits die Vorlage einer Bankgarantie. Diese konnte die Angeklagte trotz intensiver Bemühungen nicht erlangen. Die von ihr bei Dritten geborgten 500.000 US-Dollar oder Euro (das Urteil ist insoweit nicht eindeutig), die sie an zwei eingeschaltete Rechtsanwälte zur Beschaffung der Bankgarantie weiterleitete, wurden von diesen veruntreut. Der Kreditvermittler hielt die Angeklagte, auch unter Vorlage gefälschter Bestätigungsschreiben über die bevorstehende Gewährung des Kredits, über längere Zeit hin. Zu einer Auszahlung des Kredits kam es nicht.
6
Vor diesem Hintergrund schloss die Angeklagte in der Zeit zwischen Dezember 2000 und März 2004 im wesentlichen zum Zwecke des Umbaus und der Renovierung des Gutes 11 Werk- bzw. Dienstverträge und in einem Fall einen Kaufvertrag mit verschiedenen Vertragspartnern ab, wobei sie jeweils den Anschein erweckte, die zu erbringenden Leistungen bezahlen zu können. Dabei nahm sie zumindest billigend in Kauf, ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen zu können. Bei Nachfragen zu ihrer Zahlungsfähigkeit, gab sie ihren Vertragspartnern gegenüber u. a. etwa wahrheitswidrig an, Geldbeträge in Millionenhöhe aus einer Erbschaft oder aus frei werdenden Festgeldern zu erwarten. Die für die Leistungen in Rechnung gestellten Beträge zwischen 350 und 19.000 € bezahlte sie nicht oder nicht vollständig, so dass ihren Vertragspartnern ein Schaden in Höhe von insgesamt etwa 100.000 € entstand.
7
II. Revision der Angeklagten.
8
1. Die Verfahrensrüge, mit der die Angeklagte beanstandet, das Landgericht habe durch die Zurückweisung eines Beweisbegehrens gegen § 244 Abs. 3 Satz 2, Abs. 6 StPO verstoßen, dringt im Ergebnis nicht durch.
9
a) Der Verteidiger hat in der Hauptverhandlung beantragt, den "Sachbearbeiter" des Finanzamts zum Beweis dafür zu vernehmen, dass die Angeklagte "im angeklagten Zeitraum insgesamt 939.475 € aus eigenen Mitteln für den Unterhalt und den Betrieb des Ritterguts ausgegeben", namentlich Krankenkassenbeiträge und Lohnsteuern beglichen und Handwerkerrechnungen in bar bezahlt habe. Die entsprechenden Summen seien durch Steuer- und Umsatzsteuerprüfungen rechtskräftig festgestellt worden. Von einer vollständigen Zahlungsunfähigkeit der Angeklagten könne deshalb nicht ausgegangen werden.
10
Die beantragte Beweiserhebung hat das Landgericht mit der Begründung abgelehnt, es fehle an der erforderlichen Konnexität zwischen Beweistatsache und Beweismittel. Der Sachbearbeiter des Finanzamts prüfe lediglich die steuerrechtliche Relevanz der ihm vorgelegten Unterlagen und befasse sich nicht mit den Hintergründen von Geldflüssen. Auch der "von ihm" gefertigte Steuerbescheid sage nichts über die Bewegungen auf den Konten der Angeklagten aus.
11
b) Hiergegen wendet sich die Revision letztlich ohne Erfolg.
12
Ein Verstoß gegen § 244 Abs. 6 StPO liegt - unabhängig davon, ob es sich bei dem Beweisbegehren um einen Beweisantrag handelte oder nicht - schon deswegen nicht vor, weil das Landgericht über das Begehren im Beschlusswege entschieden hat.
13
Jedenfalls auf der Grundlage der Auslegung des Antrags, wie sie das Landgericht vorgenommen hat (Vernehmung des "Steuerfestsetzungsbeamten" ), ist es nicht zu beanstanden, dass es dem Begehren den Charakter eines Beweisantrags abgesprochen hat. Dabei kann dahinstehen, ob mit dem Begriff der "Konnexität" ein eigenständiges konstitutives Element eines Beweisantrags benannt oder lediglich die notwendige Konkretisierung der Beweistatsache umschrieben wird. In der ersten Entscheidung des Bundesgerichtshofs, die den Begriff der Konnexität gebraucht, wird dieser allein in dem letztgenannten Sinne verwendet (BGHSt 40, 3, 6). Danach genügt es namentlich beim Antrag auf Zeugenbeweis nicht, nur das Beweisziel zu benennen; vielmehr sind in der Beweisbehauptung exakt die Tatsachen zu bezeichnen, die Gegenstand der eigenen Wahrnehmung des Zeugen gewesen sein sollen, da ansonsten die Ablehnungsgründe des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO auf das Beweisbegehren nicht sinnvoll und exakt angewendet werden können (vgl. BGHSt 39, 251, 253 f.).
Erst in späteren Judikaten ist ihm allmählich ein darüber hinausgehendes Verständnis beigelegt und daraus das Erfordernis abgeleitet worden, der Antrag müsse im Einzelfall noch zusätzliche Umstände darlegen, aus denen sich ergebe , "warum" der Zeuge die in sein Wissen gestellte Beobachtung gemacht haben könne; andernfalls ermangele dem Begehren die Qualität eines Beweisantrags (BGHSt 43, 321, 329 ff.; BGH NStZ 1998, 97; 1999, 522; 2000, 437, 438; 2001, 604, 605; NStZ-RR 2001, 43, 44; sehr weitgehend zuletzt BGH, Urt. vom 10. Juni 2008 - 5 StR 38/08; vgl. Fezer in FS für Meyer-Goßner S. 636: "Konnexität im weiteren Sinn"; offengelassen von BGH NStZ 2006, 585, 586).
14
Auf diese Fragen kommt es hier indessen nicht an; denn das Landgericht hat dem Begriff der Konnexität kein weitergehendes Verständnis als das in BGHSt 40, 3, 6 umschriebene beigelegt. Aus seinem Ablehnungsbeschluss wird deutlich, dass ihm im Kern nicht ersichtlich war, was zu den im Antrag behaupteten Tatsachen letztlich der eigenen Wahrnehmung des Veranlagungsbeamten unterlegen haben soll, und es sich daher an einer sinnvollen Prüfung des Antrags am Maßstab des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO gehindert sah.
15
Dies hat die Revision - zumindest in der schriftlichen Rechtsmittelbegründung - auch nicht näher beanstandet. Sie hat vielmehr gerügt, der Antrag sei tatsächlich nicht auf die Vernehmung des zuständigen Veranlagungsbeamten , sondern auf diejenige des für die Außenprüfung zuständigen Finanzbeamten gerichtet gewesen. Dieser verfüge kraft Gesetzes - was das Landgericht verkannt habe - über weitergehende Prüfungsbefugnisse und Erkenntnismöglichkeiten als der Veranlagungsbeamte, sei insbesondere nicht auf die Prüfung der ihm vorgelegten Unterlagen beschränkt und deshalb in der Lage, zu den unter Beweis gestellten Tatsachen Angaben zu machen. Hiermit kann die Angeklagte in der Revision indessen nicht mehr gehört werden.

16
Es mag zwar zutreffen, dass dem im Rahmen einer Außenprüfung tätigen Finanzbeamten grundsätzlich weitergehende Erkenntnismöglichkeiten zur Ermittlung der steuerlich relevanten Umstände zur Verfügung stehen als dem für die steuerliche Veranlagung zuständigen Beamten (vgl. Dreßler in Pump/Leibner, AO § 194 Rdn. 2 a, § 199 Rdn. 23). Ob vor diesem Hintergrund allein durch die eindeutige Benennung des zuständigen Außenprüfers als Zeugen bei sinngerechter Auslegung des weiteren Inhalts des Antrags die Beweistatsache im notwendigen Umfang (genauer Inhalt der Wahrnehmung des Außenprüfers ) konkretisiert und dem Begehren daher der Charakter eines Beweisantrags verliehen worden wäre, bedarf jedoch keiner Entscheidung. Denn der Antrag ist insoweit jedenfalls nicht derart klar, dass die Auslegung des Landgerichts, es solle der Veranlagungsbeamte vernommen werden, als von vornherein unverständlich und damit offensichtlich rechtsfehlerhaft zu qualifizieren wäre. Die eigentliche Beweisbehauptung, die Angeklagte habe "aus eigenen Mitteln" insgesamt 939.475,00 € ausgegeben, benennt ersichtlich nur ein Beweisziel; denn diese Umstände waren offenkundig nicht Gegenstand unmittelbarer Wahrnehmung eines Finanzbeamten. Auch war der zu vernehmende Zeuge nicht über Namen oder Funktionsbezeichnung individualisiert ("Zeugnis des Sachbearbeiters des Finanzamts Os. "). Die notwendige Konkretisierung von Beweisbehauptung und Beweismittel war daher nur durch eine Auslegung des Begehrens unter Heranziehung der Antragsbegründung zu gewinnen. Aber auch aus dieser ergibt sich zumindest nicht eindeutig, dass der zuständige Außenprüfer vernommen werden sollte. Eine entsprechende Zuständigkeitsbezeichnung befindet sich im Antrag an keiner Stelle. Zwar ist dort von "Steuerprüfungen inklusive Umsatzsteuersonderprüfungen" die Rede, was auf die Benennung des Außenprüfers hindeuten könnte. Andererseits wird aber auch auf die rechtskräftige Feststellung entsprechender Summen bzw. Zahlun- gen hingewiesen; derartige, der Bestandskraft fähige Feststellungen trifft aber gerade nicht der Außenprüfer, sondern der den Prüfungsbericht auswertende Veranlagungsbeamte (vgl. Dreßler aaO § 202 Rdn. 2, 14). Vor diesem Hintergrund ist es daher jedenfalls nicht unverständlich, dass das Landgericht den Antrag dahin verstanden hat, es solle der Veranlagungsbeamte vernommen werden, wobei nicht hinreichend präzisiert sei, was dessen eigene unmittelbare Wahrnehmung zu den behaupteten Zahlungen der Angeklagten und der Herkunft der dafür eingesetzten Gelder sein soll.
17
Bei dieser Sachlage hätte es dem Antragsteller, dem durch den Inhalt des Ablehnungsbeschlusses die Auslegung des Antrags durch das Landgericht offenbar geworden ist, oblegen, noch in der Hauptverhandlung das - vermeintliche - Missverständnis aufzuklären und durch einen entsprechenden Hinweis oder einen neuen Beweisantrag den von ihm benannten Zeugen sowie dessen genaue Wahrnehmung zu den aus seiner Sicht beweisrelevanten Umständen zu konkretisieren; denn jedenfalls dann, wenn die unzutreffende Auslegung eines Beweisantrags auch auf dessen missverständlicher Formulierung durch den Antragsteller beruht (vgl. BGH StV 2008, 227, 228), ist dieser gehalten, das Missverständnis des Gerichts noch in der Hauptverhandlung auszuräumen (vgl. BGH NStZ 2003, 381, 382; wistra 2007, 259, 260; BGHR StPO § 244 Abs. 3 Rügerecht 2; § 244 Abs. 6 Beweisantrag 3, 30, 42). Unterlässt er dies, so ist es ihm verwehrt, die unzutreffende Auslegung des Beweisantrags und dessen darauf beruhende rechtsfehlerhafte Ablehnung mit der Revision zu beanstanden. So liegt es hier.
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c) Der Senat kann darüber hinaus auch ausschließen, dass das Urteil auf der unterbliebenen Beweiserhebung beruht.
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Die Angeklagte hat eingeräumt, nicht über ausreichende Geldmittel verfügt zu haben, um einen für den Kauf und die Renovierung des Rittergutes erforderlichen Kredit bedienen zu können. Deshalb sei ihr das Konzept des "selbsttilgenden Kredits" als die einzige Möglichkeit erschienen, das Vorhaben zu finanzieren. Selbst wenn die Beweiserhebung das im Antrag benannte Beweisziel bestätigt hätte, kann in Anbetracht dieser Einlassung der Angeklagten ausgeschlossen werden, dass das Landgericht vor dem Hintergrund des Ergebnisses der weiteren Beweisaufnahme (insbesondere Täuschung ihrer Vertragspartner und Gläubiger über die ihr zu Gebote stehenden Finanzquellen) zu der Überzeugung gelangt wäre, die Angeklagte habe ernsthaft darauf vertraut, auch ohne Auskehrung des "selbsttilgenden Kredits" alle von ihr in Bezug auf das Rittergut eingegangenen Verbindlichkeiten in vollem Umfang begleichen zu können.
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2. Auch in sachlich-rechtlicher Hinsicht weist das Urteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.
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III. Revision der Staatsanwaltschaft.
22
Der Revision der Staatsanwaltschaft bleibt der Erfolg ebenfalls versagt.
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1. Die Begründung, mit welcher die Strafkammer das Vorliegen besonders schwerer Fälle des Betrugs nach § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB abgelehnt hat, hält im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand. Das Landgericht hat die Anwendung des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit "nicht für angezeigt" gehalten, da nicht mit der erforderlichen Sicherheit habe festgestellt werden können, dass die Angeklagte beabsichtigt habe, ihren Lebensunterhalt alleine oder überwiegend aus der Begehung von Straftaten zu bestreiten, sondern die Taten nur begangen habe, um für sich, ihre Mutter und die Pferde eine "bewohnbare Unterkunft" zu erlangen.
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Der Revision ist zuzugeben, dass diese Begründung Anlass gibt zu besorgen , das Landgericht könnte die an das Vorliegen von Gewerbsmäßigkeit zu stellenden Anforderungen überspannt und verkannt haben, dass das Gewinnstreben des gewerbsmäßig handelnden Täters nicht darauf gerichtet sein muss, seinen Lebensunterhalt "allein" oder "überwiegend" durch die Begehung von Straftaten zu bestreiten (vgl. BGH NStZ 2004, 265, 266).
25
Indes lassen die Ausführungen des Urteils noch hinreichend deutlich erkennen , dass die Strafkammer die Verwirklichung des Regelbeispiels nicht etwa - wie die Revision meint - aufgrund der Anwendung eines rechtlich unzutreffenden Maßstabs von vorneherein abgelehnt hat, sondern im Grundsatz von gewerbsmäßigem Handeln der Angeklagten ausgegangen ist, jedoch im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens von der Annahme einer Regelwirkung im Sinne des § 263 Abs. 3 StGB abgesehen hat. Der einschränkenden, auf die Ausübung von Ermessen hinweisenden Formulierung, die Strafkammer halte die Anwendung des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB "nicht für angezeigt", hätte es nicht bedurft, wenn das Landgericht bereits die Voraussetzungen der Gewerbsmäßigkeit für nicht gegeben erachtet hätte.
26
Die Ermessensentscheidung des Landgerichts ist tragfähig begründet. Die Indizwirkung eines Regelbeispiels kann durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet werden, die für sich allein oder in ihrer Gesamtheit so schwer wiegen, dass die Anwendung des Strafrahmens für besonders schwere Fälle unangemessen erscheint (BGH NStZ 2004, 265, 266 m. w. N.). Als einen solchen besonders strafmildernden Umstand hat das Landgericht gewertet, dass die Angeklagte die Dienst- und Werkleistungen nur deshalb in Auftrag gab, um für sich, ihre Mutter und ihre Tiere eine "bewohnbare Unterkunft" zu schaffen, mit anderen Worten also nur deshalb betrügerisch handelte, um dringende und lebensnotwendige Bedürfnisse zu befriedigen.
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Hiergegen ist rechtlich nichts zu erinnern. Die Erwägung widerspricht insbesondere nicht den getroffenen Feststellungen zu Art und Umfang der erbrachten Leistungen. Soweit die Beschwerdeführerin die Begründung des Landgerichts in tatsächlicher Hinsicht als unzutreffend erachtet, beruft sie sich auf urteilsfremdes und deshalb im Revisionsverfahren unbeachtliches Vorbringen. Dass die Strafkammer im Rahmen der von ihr vorzunehmenden Gesamtwürdigung frühere Verurteilungen der Angeklagten zu Geldstrafen außer Acht gelassen hat, kann der Senat ausschließen.
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2. Auch die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf.
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Nach dem eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab hat die Annahme besonderer Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB Bestand. Soweit die Strafkammer dabei maßgeblich darauf abgestellt hat, der Schuldgehalt der Taten wiege durch die zumindest vage bestehende Hoffnung der Angeklagten auf Auszahlung des "selbsttilgenden Kredits" weniger schwer, ist dies vor dem Hintergrund der festgestellten Bemühungen der Angeklagten um den Kredit und der Tatsache, dass sie in diesem Zusammenhang letztlich selbst Opfer eines Betrugs geworden ist, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Dass die Strafkammer bei ihrer Entscheidung die vom Generalbundesanwalt aufgeführten Umstände außer Acht gelassen hat, kann der Senat ausschließen.
30
Die Voraussetzungen des § 56 Abs. 3 StGB hat das Landgericht ebenfalls mit rechtsfehlerfreien Erwägungen verneint. Becker Miebach Pfister von Lienen Sost-Scheible

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

5 StR 632/98

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 10. Oktober 2000
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Totschlags
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Vertreters
der Bundeskasse am 10. Oktober 2000 beschlossen:
Der Antrag des Rechtsanwalts P auf Bewilligung einer Pauschvergütung nach § 99 BRAGO für die Teilnahme an der Revisionshauptverhandlung am 8. November 1999 wird zurückgewiesen.
G r ü n d e Der Senat hat den Nebenklägern auf ihren am 8. November 1999 gestellten Antrag mit Beschluß vom gleichen Tage Prozeßkostenhilfe für die Revisionsinstanz bewilligt und Rechtsanwalt P gemäß § 397a Abs. 2 StPO beigeordnet. Prozeßkostenhilfe kann grundsätzlich nicht über den Zeitpunkt der Antragstellung hinaus rückwirkend bewilligt werden (BGHR StPO § 397a Abs. 1 – Prozeßkostenhilfe 4 m.N.). Deshalb umfaßt die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe nicht die Teilnahme an der Hauptverhandlungs - sitzung vom 27. Oktober 1999. In der Fortsetzungssitzung am 8. November 1999 erfolgte lediglich die Urteilsverkündung. Dies rechtfertigt keine Pauschgebühr für den Nebenklägervertreter.
Harms Häger Basdorf Raum Brause

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.