Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Okt. 2017 - 3 StR 330/17

bei uns veröffentlicht am19.10.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 330/17
vom
19. Oktober 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:191017B3STR330.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 1. b) und 2. auf dessen Antrag - am 19. Oktober 2017 gemäß § 206a, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog, Abs. 1a, § 464 Abs. 3 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 31. Oktober 2016 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen IV. 1.49 und IV. 1.50 der Urteilsgründe wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 28 Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 23 Fällen schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision sowie die weitergehende sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung des vorgenannten Urteils werden verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seiner Rechtsmittel zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hatte den Angeklagten im ersten Rechtsgang mit Urteil vom 1. Dezember 2014 wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 29 Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 34 weiteren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt sowie eine Verfalls- und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dieses Urteil hatte der Senat auf die Revision des Angeklagten unter Verwerfung des weitergehenden Rechtsmittels mit Ausnahme der Fälle 180 bis 182 der Anklageschrift (zwei Fälle der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge betreffend Einfuhrfahrten vom 18. Dezember 2013 [790 g Marihuana] und vom 30. Dezember 2013 [925 g Marihuana] sowie ein weiterer Fall des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge [1.095,137 g Marihuana, die bei der Wohnungsdurchsuchung am 15. Januar 2014 sichergestellt wurden]) im Schuldspruch, im gesamten Strafausspruch sowie im Ausspruch über die Einziehung von "Marihuana aus Plastikdose" mit Beschluss vom 30. Juni 2015 (3 StR 179/15) aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
2
Nunmehr hat das Landgericht unter wiederholter Aufführung des rechtskräftigen Schuldspruchs den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 29 Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 24 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und das näher bezeichnete Marihuana eingezogen. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner erneuten, auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen, geringfügigen Teilerfolg; im Übrigen erweist es sich aus den zutreffenden Gründen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Zu der von ihm beantragten Schuldspruchänderung hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt: "Der Schuldspruch kann in den Fällen IV.1.49 und 50 der Urteilsgründe keinen Bestand haben, weil es sich dabei um dieselben Taten wie in den Fällen IV.2.1 und 2 der Urteilsgründe handelt, über die insoweit bereits rechtskräftig entschieden ist. Andererseits ist im Fall IV.1.41 - wie das Landgericht zutreffend angemerkt hat (UA S. 26) - der Grenzwert der nicht geringen Menge ebenfalls erreicht worden. Soweit der Angeklagte in diesem Fall nur wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden ist, handelt es sich daher um ein offensichtliches Fassungsversehen , wie sich auch daraus ergibt, dass in den Fällen IV.1.4, 5, 12, 28, 29 und 34, in denen die Handelsmenge ebenfalls jeweils 150 Gramm betragen hat, gleich hohe Einzelstrafen wie im Fall IV.1.41 verhängt worden sind. Der Senat kann daher in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Urteilsformel korrigieren (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 2015 - 3 StR 3/15); § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht erfolgreicher als geschehen hätte verteidigen können."
4
Dem stimmt der Senat zu und bemerkt ergänzend, dass deshalb in den Fällen IV. 1.49 und IV. 1.50 der Urteilsgründe das Verfahren wegen des Prozesshindernisses der bereits eingetretenen Rechtskraft (vgl. MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 60. Aufl., Einl. Rn. 145 mwN) durch Beschluss nach § 206a Abs. 1 StPO einzustellen war. Der Wegfall der für diese Fälle verhängten Einzelstrafen von jeweils zwei Jahren Freiheitsstrafe hat angesichts der verbleibenden 51 Einzelstrafen von zweimal zwei Jahren und zehn Monaten, sechsmal zwei Jahren, siebenmal ein Jahr und zehn Monaten, zweimal ein Jahr und sieben Monaten, elfmal ein Jahr und fünf Monaten, siebenmal ein Jahr und drei Monaten und 16 Mal ein Jahr und einen Monat keine Auswirkung auf die Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren.
5
2. Soweit sich der Beschwerdeführer mit mehreren Verfahrensrügen sowie mit der Sachrüge gegen die Feststellung der Strafkammer wendet, er selbst habe "federführend und auch aus dem Kiosk heraus Marihuana verkauft" bzw. "als Chef der Unternehmung mit Marihuana gehandelt", stehen dem Erfolg dieser Beanstandungen die in Rechtskraft erwachsenen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils vom 1. Dezember 2014 entgegen. Die einleitenden Feststellungen unter II. der Entscheidungsgründe aus diesem Urteil waren sowohl für die später vom Senat aufgehobenen Fälle II.1. bis II.3 als auch für die unbeanstandet gelassenen und damit rechtskräftig gewordenen Fälle II.4. und II.5. der dortigen Urteilsgründe (Fälle 180 bis 182 der Anklage) relevant; sie haben deshalb an der Bindungswirkung teil. Aus diesen Feststellungen ergibt sich indes bereits die federführende Stellung des Angeklagten.
6
3. Bei der Strafzumessung für den Fall II. 3. der Urteilsgründe (rechtskräftiger Schuldspruch betreffend die bei der Durchsuchung am 15. Januar 2014 sichergestellten Betäubungsmittel, Fall 182 der Anklage) hat das Landgericht in rechtsfehlerhafter Weise jedenfalls nicht erkennbar strafmildernd berücksichtigt , dass das Marihuana nicht in den Verkehr gelangte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Juni 2017 - 3 StR 142/17, juris Rn. 3 und 3 StR 476/16, juris Rn. 4; jeweils mwN). Dies führt hier indes nicht zu einem durchgreifenden Rechtsfehler, weil sich die Einzelstrafe von einem Jahr und zehn Monaten - wie auch der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt hat - als angemessen im Sinne von § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO erweist.
7
4. Die Entscheidung über die sofortige Beschwerde gegen die Kostenund Auslagenentscheidung des Landgerichts folgt aus § 464 Abs. 3 StPO. Das Rechtsmittel ist zu verwerfen, weil die angegriffene Entscheidung der Strafkammer - soweit der Senat das Verfahren nicht nach § 206a Abs. 1 StPO eingestellt hat - der Sach- und Rechtslage entspricht.
8
Angesichts des geringfügigen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 Satz 1 StPO).
9
5. Abschließend weist der Senat darauf hin, dass eine Entscheidung im Fall 1 der Anklageschrift (Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge [775 g Marihuana]) bislang nicht ergangen ist. Insoweit hatte das Landgericht den Angeklagten zwar im ersten Rechtsgang verurteilt; diese Tat war indes Teil des verurteilenden Erkenntnisses, den der Senat aufgehoben hatte. Im nunmehr vorliegenden Urteil ist über diesen Fall nicht entschiedenworden.
Insoweit ist das Verfahren auch nicht eingestellt worden, so dass diese prozessuale Tat noch bei dem Landgericht anhängig ist. Es wird darüber noch zu entscheiden haben, um seiner Kognitionspflicht gemäß § 264 Abs. 1 StPO zu genügen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 2017 - 1 StR 26/17, juris Rn. 3).
Becker Gericke Spaniol Tiemann Berg

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(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind. (2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft da

Strafprozeßordnung - StPO | § 206a Einstellung des Verfahrens bei Verfahrenshindernis


(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen. (2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

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(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind.

(2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt.

(3) Gegen die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen ist sofortige Beschwerde zulässig; sie ist unzulässig, wenn eine Anfechtung der in Absatz 1 genannten Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Das Beschwerdegericht ist an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung beruht, gebunden. Wird gegen das Urteil, soweit es die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen betrifft, sofortige Beschwerde und im übrigen Berufung oder Revision eingelegt, so ist das Berufungs- oder Revisionsgericht, solange es mit der Berufung oder Revision befaßt ist, auch für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zuständig.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 1 7 9 / 1 5
vom
30. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 30. Juni 2015 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 1. Dezember 2014 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch in den Fällen II. 1 (Fälle 1, 2, 28 bis 34, 177 bis 179 der Anklage), II. 2 (Fälle 3 bis 27, 35 bis 171, 176 der Anklage) und II. 3 der Urteilsgründe (Fall 175 der Anklage ),
b) im gesamten Strafausspruch sowie
c) im Ausspruch über die Einziehung von "Marihuana aus Plastikdose".
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 29 Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 34 weiteren Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt, den Verfall von Wertersatz in Höhe von 830 € angeordnet sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf mehrere Verfahrensbeanstandungen und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch in den Fällen II. 1 bis II. 3 der Urteilsgründe hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Dies führt zur Aufhebung auch des gesamten Strafausspruchs. Zudem bedarf die Einziehungsentscheidung der teilweisen Korrektur. Der Generalbundesanwalt hat insoweit in seiner Antragsschrift ausgeführt: "§ 267 Abs. 1 Satz 1 StPO verlangt eine in sich geschlossene Darstellung der vom erkennenden Gericht zur Urteilsgrundlage gemachten Feststellungen. Die Urteilsgründe müssen klar, geschlossen, erschöpfend und aus sich heraus verständlich sein. Von den Sonderfällen des § 267 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 StPO abgesehen sind daher Verweisungen oder Bezugnahmen auf Schriftstücke oder anderer Erkenntnisquel- len außerhalb des […] Urteils unzulässig, sofern dadurch die gebotene eigene Sachdarstellung ersetzt werden soll. Dies gilt auch für Bezugnahmen auf die Anklageschrift und die Sitzungsniederschrift (jeweils Kuckein in KK-StPO, 7. Aufl., § 267 Rn. 3 mwN). Diesen Anforderungen wird das Urteil in Bezug auf die Fälle II. 1 und 2 nicht gerecht. Aus den einführenden Bemerkungen zum festgestellten Handel des Angeklagten mit Marihuana und der Führung von Aufzeichnungen darüber (UA S. 5 f.) sowie den diese Aufzeichnungen aufgreifenden Anmerkungen zu den Angaben des Zeugen M. und den Ergebnissen einzelner Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen (UA S. 19 bis 25) ergibt sich nicht in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise, wie im Einzelnen und ob insoweit frei von Rechtsfehlern das Landgericht zur Annahme von 59 selbständigen Taten gelangt ist. Hierzu hätte es vielmehr einer Übernahme der Aufzeichnungen in Form von Abschriften oder Ablichtungen in die Urteilsgründe oder zumindest einer in sich geschlossenen und durchgehend nachvollziehbaren Darstellung der für den Schuldspruch maßgeblichen Eintragungen bedurft. Hinweise auf die Fundstellen der Aufzeichnungen außerhalb der Urteilsgründe vermögen nach dem oben Gesagten diese Darstellungslücken nicht zu füllen. In Bezug auf Fall II. 3 erschließt sich nicht, warum das Landgericht hier - im Gegensatz zu seiner sonstigen rechtlich zutreffenden Einordnung der Verkaufsfälle in Bewertungseinheiten - ausnahmsweise von einer selbständigen Tat ausgegangen ist, obwohl nahe liegt, dass der Verkauf von 25 Gramm Marihuana an den Zeugen M. am 1. Oktober 2013 aus einer der in den Fällen II. 1 und 2 behandelten Vorratsmengen erfolgt ist. (…) Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen II. 1 bis 3 hat die Aufhebung des gesamten Strafausspruchs zur Folge, denn das Landgericht hat auch in den Fällen II. 4 a) und b) sowie II. 5 die Vielzahl der Taten und die Länge des Tatzeitraums, damit aber auch die Verurteilung in den Fällen II. 1 bis 3, strafschärfend gewichtet. Im Übrigen erscheint die umfassende Aufhebung des Strafausspruchs geboten, um dem neuen Tatrichter eine insgesamt stimmige Strafzumessung zu ermöglichen. (…) die Einziehungsanordnung (ist) insoweit rechtsfehlerhaft, als sie 'Marihuana aus Plastikdose (Bl. 122, Nr. 1)' betrifft. Der Ausspruch über die Anordnung einer Einziehung hat die einzuziehenden Gegenstände so genau zu kennzeichnen, dass bei allen Beteiligten und der Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht; im Falle von Betäubungsmitteln gehört dazu die Angabe von Art und Menge des einzuziehenden Rauschgifts, die sich aus dem Urteilstenor ergeben muss; die Bezugnahme auf ein Asservatenverzeichnis oder andere Aktenfundstellen genügt dagegen nicht (vgl. nur BGH, Beschluss vom 5. November 2014 - 2 StR 418/14 mwN)."
3
Dem schließt sich der Senat an und bemerkt ergänzend: Gegenüber einer wörtlichen Übernahme der Aufzeichnungen in Form von Abschriften oder Ablichtungen in die Urteilsgründe erscheint eine eigene, nachvollziehbare Sachdarstellung des Tatgerichts, aus der sich die Merkmale des gesetzlichen Tatbestands ergeben, vorzugswürdig. Die Abfassung der Urteilsgründe gibt dem Senat im Übrigen - erneut - Anlass zu folgenden Bemerkungen:
4
Die Beweiswürdigung soll keine umfassende Dokumentation der Beweisaufnahme enthalten, sondern lediglich belegen, warum bestimmte bedeutsame Umstände so festgestellt worden sind. Es ist deshalb regelmäßig untunlich , den Inhalt der überwachten Telekommunikation wörtlich (hier UA S. 11 bis 18, 20 bis 24, 26 bis 39 und 41 bis 45) oder auch nur in einer ausführlichen Inhaltsangabe wiederzugeben (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 31. März 2015 - 3 StR 630/14, juris Rn. 10 mwN; s. auch Appl, Die Urteile in Strafsachen, 29. Aufl., Rn. 350 mwN).
5
2. Der weitergehenden Revision des Angeklagten bleibt aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen der Erfolg versagt.
Becker Pfister Hubert Mayer Gericke

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 3 / 1 5
vom
18. März 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 18. März 2015 gemäß
§ 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 27. August 2014 wird verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls den Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die allgemeine Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Lediglich der Schuldspruch war - wie aus der Beschlussformel ersichtlich - zu ändern.
2
Soweit das Landgericht eine entsprechende Berichtigung bereits vorgenommen und in der schriftlichen Urteilsurkunde den Angeklagten als der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig bezeichnet hat, erweist sich diese Berichtigung als nicht zulässig. Das angefochtene Urteil ist damit so zu behandeln, als ob diese nicht ergangen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 4. August 2010 - 3 StR 276/10, juris Rn. 2 mwN). Denn eine Änderung der Urteilsformel - die im Übrigen in Form eines Berichtigungsbeschlusses zu ergehen hätte - ist nach Abschluss der Urteilsverkündung nur zulässig, soweit offensichtliche Schreibversehen oder Unrichtigkeiten berichtigt werden, die sich ohne Weiteres aus Tatsachen ergeben, die für alle Verfahrensbeteiligten klar zutage treten und auch nur den entferntesten Verdacht einer späteren inhaltlichen Abänderung des verkündeten Urteils ausschließen (BGH aaO). Diese Voraussetzung ist auch unter Berücksichtigung der von der Kammer im Urteil selbst dargelegten Umstände bei einer Auswechslung der Beteiligungsform nicht gegeben.
3
Da aber die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen die Annahme täterschaftlichen Besitzes tragen, kann der Senat den Schuldspruch selbst in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO ändern (MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 354 Rn. 12 ff.). § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, nachdem der Angeklagte in der Hauptverhandlung auf die Möglichkeit eines solchen Schuldspruchs hingewiesen worden ist.
Becker Pfister Hubert Schäfer Mayer

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

3
Hierbei handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wegen des damit verbundenen Wegfalls der von Betäubungsmitteln üblicherweise ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit um einen bestimmenden Strafzumessungsgrund, der sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der konkreten Strafzumessung zu beachten ist (BGH, Beschlüsse vom 8. Februar 2017 - 3 StR 483/16, StraFo 2017, 117; vom 9. November 2016 - 2 StR 133/16, juris Rn. 3; vom 30. September 2014 - 2 StR 286/14, juris Rn. 2; vom 10. September 2014 - 5 StR 383/14, juris Rn. 2 mwN) und der gemäß § 267 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO in den Gründen des Strafurteils angeführt werden muss (BGH, Beschluss vom 5. Juni 2013 - 4 StR 169/13, NStZ 2013, 662).
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Dabei handelt es sich wegen des damit verbundenen Wegfalls der von Betäubungsmitteln üblicherweise ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit um einen bestimmenden Strafzumessungsgrund, der bei der Strafbemessung zu beachten und grundsätzlich gemäß § 267 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO in den Urteilsgründen anzuführen ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 8. Februar 2017 - 3 StR 483/16, juris Rn. 4 mwN).

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind.

(2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt.

(3) Gegen die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen ist sofortige Beschwerde zulässig; sie ist unzulässig, wenn eine Anfechtung der in Absatz 1 genannten Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Das Beschwerdegericht ist an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung beruht, gebunden. Wird gegen das Urteil, soweit es die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen betrifft, sofortige Beschwerde und im übrigen Berufung oder Revision eingelegt, so ist das Berufungs- oder Revisionsgericht, solange es mit der Berufung oder Revision befaßt ist, auch für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zuständig.

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

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Unter Bezugnahme auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts weist der Senat allerdings darauf hin, dass das Landgericht über Fall 114