Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Jan. 2014 - 3 StR 318/13
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, zu der Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Das auf zwei Verfahrensrügen und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Rechtsmittel des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- Nach den Feststellungen missbrauchte der zu Beginn des mehr als dreijährigen Tatzeitraums achtzehnjährige Angeklagte in drei Fällen seine um elf Jahre jüngere Schwester, wobei er sie in jedem Fall zum Oralverkehr veranlasste. In einem Fall verursachte er ihr Schmerzen bei dem Versuch, anal in sie einzudringen.
- 3
- Der Ausspruch über die Jugendstrafe hat keinen Bestand. Die Erwägungen , mit denen das Landgericht in vergleichender Beurteilung der Taten nach Erwachsenenstrafrecht jeweils das Vorliegen eines minder schweren Falles (§ 176a Abs. 4 StGB) verneint sowie die konkret zu verhängende Jugendstrafe auf drei Jahre bemessen hat, halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
- 4
- Zutreffend ist die Jugendkammer zwar davon ausgegangen, dass sowohl bei der Beurteilung der Schuldschwere im Sinne des § 17 Abs. 2 Alt. 2 JGG wie bei der Zumessung der konkreten Jugendstrafe der äußere Unrechtsgehalt der Tat insofern von Belang ist, als aus ihm Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und die Höhe der Schuld gezogen werden können (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1960 - 4 StR 387/60, BGHSt 15, 224, 226). Dabei ist zur Bestimmung der zurechenbaren Schuld des jugendlichen oder heranwachsenden Täters das Tatunrecht am Maßstab der gesetzlichen Strafandrohungen des Erwachsenenstrafrechts heranzuziehen; denn die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts behalten insoweit ihre Bedeutung, als in ihnen die Bewertung des Tatunrechts zum Ausdruck kommt. Dies gilt namentlich dort, wo sich die Tat, nach Erwachsenenstrafrecht beurteilt, als minder schwerer Fall darstellen würde (BGH, Beschlüsse vom 4. November 1987 - 3 StR 482/87, BGHR JGG § 18 Abs. 1 Satz 3,minder schwerer Fall 3; vom 21. August 2012 - 4 StR 157/12, NStZ-RR 2013, 50 f.; vom 5. Juni 2013 - 2 StR 189/13, NStZ- RR 2013, 291; Urteil vom 9. August 2000 - 3 StR 176/00, NStZ-RR 2001, 215,
216).
- 5
- Im Rahmen der hierfür vorzunehmenden Gesamtwürdigung hat das Landgericht u.a. indes zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, dass er sich aus egoistischen Gründen in gravierender Form und mit einem erheblichen Maß an krimineller Energie über die Rechtsordnung hinweggesetzt und seine eigenen sexuellen Bedürfnisse über die Integrität des Kindes gestellt habe. Damit hat die Strafkammer rechtsfehlerhaft darauf abgestellt, dass der Angeklagte die Straftaten überhaupt begangen hat. Denn dass sich der Angeklagte über die Interessen des missbrauchten Kindes hinwegsetzt, gehört zum Regelbild der Tatbestände der §§ 176 und 176a StGB und bildet deshalb für sich keinen Umstand, der den Unrechtsgehalt der Tat erhöht (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2004 - 4 StR 237/04, juris Rn. 11; vgl. auch BGH, Beschluss vom 5. Juni 2013 - 2 StR 189/13, NStZ-RR 2013, 291). Da das Landgericht diese rechtsfehlerhafte Erwägung im Rahmen der in Anlehnung an das Erwachsenstrafrecht vorzunehmenden Bestimmung des Unrechtsgehalts der Taten angestellt hat, ist es vorliegend ohne Bedeutung, dass § 46 Abs. 3 StGB bei der Bemessung der Jugendstrafe grundsätzlich keine Bedeutung zukommt (BGH, Urteil vom 28. August 1996 - 3 StR 205/96, NStZ-RR 1997, 21, 22; Beschlüsse vom 10. Januar 2007 - 1 StR 617/06, NStZ 2008, 693; vom 16. April 2007 - 5 StR 335/06, NStZ 2007, 522, 523; vom 20. Januar 2009 - 1 StR 662/08, NStZ-RR 2009, 155).
- 6
- Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Gericht ohne Berücksichtigung der vorgenannten Erwägung eine niedrigere Jugendstrafe verhängt hätte.
Gericke Spaniol
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder - 3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.
(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.
(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.
(1) Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. Handelt es sich bei der Tat um ein Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so ist das Höchstmaß zehn Jahre. Die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts gelten nicht.
(2) Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, daß die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist.
BUNDESGERICHTSHOF
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Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen unter Einbeziehung zweier Urteile des Amtsgerichts Gera eine Jugendstrafe von zwei Jahren verhängt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts bestand zwischen dem zur Tatzeit 20jährigen Angeklagten und der 13jährigen Geschädigten eine zunächst rein freundschaftliche Beziehung. Der Angeklagte besuchte die Geschädigte und ihre Familie regelmäßig, wobei er wiederholt auch dort übernachtete. Zwi- schen beiden entwickelte sich schließlich "zumindest" aus der Sicht der Geschädigten eine Liebesbeziehung, im Rahmen derer es in vier Fällen auch zu einvernehmlichem und geschütztem Geschlechtsverkehr kam.
- 3
- Die Strafkammer hat den Angeklagten in diesen vier Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern schuldig gesprochen, einen minderschweren Fall abgelehnt und wegen schädlicher Neigungen und Schwere der Schuld des Angeklagten eine Jugendstrafe verhängt.
- 4
- 2. Der Ausspruch über die Jugendstrafe hat keinen Bestand.
- 5
- Die Erwägungen, mit denen die Strafkammer sowohl im Sinne der gebotenen Parallelwertung nach Erwachsenenstrafrecht (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2012 – 4 StR 157/12; Beschluss vom 4. November 1987 – 3 StR 482/87, BGHR JGG § 18 Abs. 1 Satz 3 mwN) einen minderschweren Fall abgelehnt als auch die Schwere der Schuld des Angeklagten im Sinne des § 17 Abs. 2, 2. Alt. JGG bejaht hat, sind gleichermaßen rechtsfehlerhaft.
- 6
- a) Das Landgericht hat jeweils schulderhöhend gewertet, dass zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten ein intensives und freundschaftliches Verhältnis bestand, was diesen eher zum Schutz der Geschädigten hätte veranlassen müssen. Auch habe dem Angeklagten als einem bereits seit zwei Jahren volljährigen Erwachsenen die Verantwortung oblegen, die Taten zu unterlassen. Der Angeklagte habe indes nicht nur den Wunsch der Mutter der Geschädigten, weiteren Geschlechtsverkehr wegen des zwischen ihm und der Geschädigten bestehenden großen Altersunterschieds zu unterlassen, ignoriert , sondern auch den Willen des Gesetzgebers "zum Schutze von Kindern auf eine sexuell unbelastete Entwicklung".
- 7
- b) Mit diesen Erwägungen stellt das Landgericht indes rechtsfehlerhaft darauf ab, dass der Angeklagte die Taten überhaupt begangen hat. Das Gericht hat es zudem versäumt, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob nicht die Schuld des Angeklagten wegen des zwischen ihm und der Geschädigten bestehenden besonderen Verhältnisses gemindert sein könnte. Hierzu bestand insofern Anlass, als nach den Feststellungen "zumindest" aus Sicht der Geschädigten eine Liebesbeziehung bestand, zwischen beiden stets einvernehmlicher und geschützter Geschlechtsverkehr stattfand, die Geschädigte zur Tatzeit bereits 13 Jahre alt war und es sich bei dem Angeklagten um einen erst 20jährigen jungen Erwachsenen handelte (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 5. April 2005 – 4 StR 96/05, StV 2005, 387; Urteil vom 26. Juli 2006 – 1 StR 150/06, NStZ-RR 2006, 339; Beschluss vom 12. November 2008 – 2 StR 355/08, NStZ-RR 2009, 72). So hat zwar die Strafkammer festgestellt, dass die Geschädigte in ihrer Entwicklung nicht anders als der Durchschnitt von Mädchen bis zu 14 Jahren zu beurteilen sei. Allein aber der Umstand, dass die vorliegende Fallkonstellation damit nicht exakt der in den Gesetzesmaterialien zu § 176a StGB als Beispiel eines minderschweren Falls genannten Konstellation einer "Liebesbeziehung zwischen einem körperlich und geistig-seelisch weit über den altersgemäßen Zustand hinaus entwickelten Kind (etwa einem knapp 14 Jahre alten Mädchen) und einem jungen (etwa 21 Jahre alten) Erwachsenen" entspricht (BT-Drucks. 13/8587 S. 32), entbindet nicht von der Erörterung ähnlich gelagerter schuldmindernder Umstände.
- 8
- Die Annahme der Schwere der Schuld des Angeklagten (§ 17 Abs. 2, 2. Alt. JGG) begegnet darüber hinaus auch insoweit Bedenken, als die Strafkammer nicht erörtert hat, inwieweit sich die charakterliche Haltung und die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Heranwachsenden in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben. Insbesondere wird nicht deutlich, dass die Strafkammer dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat nur insofern Bedeutung zu- gemessen hat, als aus ihm Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und die Höhe der Schuld gezogen werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 2009 – 3 StR 400/09, NStZ 2010, 281 mwN).
- 9
- 3. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Gericht unter Berücksichtigung der vorgenannten Erwägungen zu einem verringerten Schuldumfang gelangt wäre und daher auf eine insgesamt niedrigere Jugendstrafe erkannt hätte.
- 10
- Die Feststellungen werden von dem aufgezeigten Rechtsfehler, der allein die Bewertung der festgestellten Umstände betrifft, nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Dies schließt ergänzende Feststellungen, die zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen, nicht aus.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder - 3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.
(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.
(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen unter Einbeziehung zweier Urteile des Amtsgerichts Gera eine Jugendstrafe von zwei Jahren verhängt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts bestand zwischen dem zur Tatzeit 20jährigen Angeklagten und der 13jährigen Geschädigten eine zunächst rein freundschaftliche Beziehung. Der Angeklagte besuchte die Geschädigte und ihre Familie regelmäßig, wobei er wiederholt auch dort übernachtete. Zwi- schen beiden entwickelte sich schließlich "zumindest" aus der Sicht der Geschädigten eine Liebesbeziehung, im Rahmen derer es in vier Fällen auch zu einvernehmlichem und geschütztem Geschlechtsverkehr kam.
- 3
- Die Strafkammer hat den Angeklagten in diesen vier Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern schuldig gesprochen, einen minderschweren Fall abgelehnt und wegen schädlicher Neigungen und Schwere der Schuld des Angeklagten eine Jugendstrafe verhängt.
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- 2. Der Ausspruch über die Jugendstrafe hat keinen Bestand.
- 5
- Die Erwägungen, mit denen die Strafkammer sowohl im Sinne der gebotenen Parallelwertung nach Erwachsenenstrafrecht (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2012 – 4 StR 157/12; Beschluss vom 4. November 1987 – 3 StR 482/87, BGHR JGG § 18 Abs. 1 Satz 3 mwN) einen minderschweren Fall abgelehnt als auch die Schwere der Schuld des Angeklagten im Sinne des § 17 Abs. 2, 2. Alt. JGG bejaht hat, sind gleichermaßen rechtsfehlerhaft.
- 6
- a) Das Landgericht hat jeweils schulderhöhend gewertet, dass zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten ein intensives und freundschaftliches Verhältnis bestand, was diesen eher zum Schutz der Geschädigten hätte veranlassen müssen. Auch habe dem Angeklagten als einem bereits seit zwei Jahren volljährigen Erwachsenen die Verantwortung oblegen, die Taten zu unterlassen. Der Angeklagte habe indes nicht nur den Wunsch der Mutter der Geschädigten, weiteren Geschlechtsverkehr wegen des zwischen ihm und der Geschädigten bestehenden großen Altersunterschieds zu unterlassen, ignoriert , sondern auch den Willen des Gesetzgebers "zum Schutze von Kindern auf eine sexuell unbelastete Entwicklung".
- 7
- b) Mit diesen Erwägungen stellt das Landgericht indes rechtsfehlerhaft darauf ab, dass der Angeklagte die Taten überhaupt begangen hat. Das Gericht hat es zudem versäumt, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob nicht die Schuld des Angeklagten wegen des zwischen ihm und der Geschädigten bestehenden besonderen Verhältnisses gemindert sein könnte. Hierzu bestand insofern Anlass, als nach den Feststellungen "zumindest" aus Sicht der Geschädigten eine Liebesbeziehung bestand, zwischen beiden stets einvernehmlicher und geschützter Geschlechtsverkehr stattfand, die Geschädigte zur Tatzeit bereits 13 Jahre alt war und es sich bei dem Angeklagten um einen erst 20jährigen jungen Erwachsenen handelte (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 5. April 2005 – 4 StR 96/05, StV 2005, 387; Urteil vom 26. Juli 2006 – 1 StR 150/06, NStZ-RR 2006, 339; Beschluss vom 12. November 2008 – 2 StR 355/08, NStZ-RR 2009, 72). So hat zwar die Strafkammer festgestellt, dass die Geschädigte in ihrer Entwicklung nicht anders als der Durchschnitt von Mädchen bis zu 14 Jahren zu beurteilen sei. Allein aber der Umstand, dass die vorliegende Fallkonstellation damit nicht exakt der in den Gesetzesmaterialien zu § 176a StGB als Beispiel eines minderschweren Falls genannten Konstellation einer "Liebesbeziehung zwischen einem körperlich und geistig-seelisch weit über den altersgemäßen Zustand hinaus entwickelten Kind (etwa einem knapp 14 Jahre alten Mädchen) und einem jungen (etwa 21 Jahre alten) Erwachsenen" entspricht (BT-Drucks. 13/8587 S. 32), entbindet nicht von der Erörterung ähnlich gelagerter schuldmindernder Umstände.
- 8
- Die Annahme der Schwere der Schuld des Angeklagten (§ 17 Abs. 2, 2. Alt. JGG) begegnet darüber hinaus auch insoweit Bedenken, als die Strafkammer nicht erörtert hat, inwieweit sich die charakterliche Haltung und die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Heranwachsenden in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben. Insbesondere wird nicht deutlich, dass die Strafkammer dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat nur insofern Bedeutung zu- gemessen hat, als aus ihm Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und die Höhe der Schuld gezogen werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 2009 – 3 StR 400/09, NStZ 2010, 281 mwN).
- 9
- 3. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Gericht unter Berücksichtigung der vorgenannten Erwägungen zu einem verringerten Schuldumfang gelangt wäre und daher auf eine insgesamt niedrigere Jugendstrafe erkannt hätte.
- 10
- Die Feststellungen werden von dem aufgezeigten Rechtsfehler, der allein die Bewertung der festgestellten Umstände betrifft, nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Dies schließt ergänzende Feststellungen, die zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen, nicht aus.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.