Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Feb. 2016 - 2 StR 9/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts , zu 3. auf dessen Antrag, und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. Februar 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen- 1
- Missbrauchs eines Kindes in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts übte der Angeklagte im Zeit2 raum zwischen Sommer 2013 und dem 30. März 2014 mit der zur Tatzeit 13jährigen Geschädigten in mindestens vier Fällen einvernehmlich den Geschlechtsverkehr aus. Das Landgericht hat den Angeklagten, der zur Tatzeit Heranwachsen3 der war, nach allgemeinem Strafrecht verurteilt. Es hat den Strafrahmen jeweils wegen Vorliegens eines minder schweren Falls gemäß § 176a Abs. 4 StGB gemildert und dabei hervorgehoben, dass die Geschädigte zur Tatzeit nicht weit von der Schutzaltersgrenze entfernt gewesen sei und es sich bei der Tatsituation um „eine Art Liebesverhältnis“ gehandelt habe. Aus diesem Strafrahmen hat es unter Berücksichtigung derselben Strafzumessungsgründe in drei Fällen Einzelfreiheitsstrafen von jeweils zwei Jahren und in einem Fall eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verhängt. Durch Erhöhung der Einsatzstrafe hat es die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren gebildet.II.
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet, soweit sie sich gegen- 4
- den Schuldspruch richtet. Jedoch ist der Strafausspruch rechtlich zu beanstanden. Das Landgericht hat nicht erkennbar in seine Überlegungen einbezo5 gen, dass der Angeklagte, der eine „akzentuierte Persönlichkeit mit unreifen und emotional unstabilen Zügen“ aufweist, zur Tatzeit erst Heranwachsender war. Das Tatbild ist insoweit auch von der Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten und seinem jungen Alter zur Tatzeit geprägt. Die im Vergleich mit ande- ren Missbrauchsfällen geringe Altersdifferenz zwischen Täter und Opfer stellt – neben der „Liebesbeziehung“ als strafzumessungsrechtlichem Sonderfall (vgl. BGH, Beschluss vom 5. April 2005 – 4 StR 95/15, StV 2005, 387) – einen bestimmenden Strafzumessungsgrund dar (vgl. BT-Drucks. 13/8567 S. 32, 81; 15/350 S. 18; Senat, Beschluss vom 5. Juni 2013 – 2 StR 189/13, NStZ-RR 2013, 291; Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 176a Rn. 17; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 176a Rn. 14; Laubenthal, Handbuch der Sexualstraftaten, 2012, Rn. 542; MünchKomm/Renzikowski, StGB, 2. Aufl., § 176a Rn. 48). Die Urteilsgründe lassen besorgen, dass das Landgericht dies übersehen hat. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die nach dem Tatbild hoch er6 scheinenden Einzelstrafen und die Gesamtstrafe auf dem Rechtsfehler beruhen. Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder - 3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.
(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.
(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.