Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juli 2015 - 2 StR 75/14

published on 21/07/2015 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juli 2015 - 2 StR 75/14
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR75/14
vom
21. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 21. Juli 2015 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 23. Juli 2013, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in siebzehn Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus zwei Strafbefehlen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren sowie zu einer Gesamtgeldstrafe von fünfzig Tagessätzen zu je zwanzig Euro verurteilt. Hiergegen richtet sich seine auf die Sachrüge gestützte Revision. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts schlossen sich die Angeklagten Il. , E. , S. , O. und C. sowie die gesondert Verfolgten S. Il. , M. , In. und B. M`H. im Lauf des Jahres 2011 zusammen, um in A. gemeinsam Betäubungsmittel zu verkaufen.An der Spitze der Gruppe standen der gesondert Verfolgte S. Il. sowie die Angeklagten Il. und In. . Eine Ebene darunter rangierten die Angeklagten O. und S. , eine weitere Ebene darunter die Angeklagten E. , C. sowie die gesondert Verfolgten M. und B. M`H. . Für den Verkauf der Drogen in kleinen Mengen an Endverbraucher setzte die Gruppe sogenannte Läufer ein. Das von der Gruppe verkaufte Marihuana wurde zunächst in den Niederlanden beschafft und war von guter bis sehr guter Qualität. Es wurde von dem Angeklagten O. in Mengen bis zu zwei Kilogramm zu Fuß über die deutsch-niederländische Grenze transportiert und in eine Bunkerwohnung gebracht. Dort wurde es in kleine Mengen für den Straßenverkauf portioniert und neu verpackt. Der Angeklagte S. war innerhalb der Gruppe für den Einkauf größerer Mengen Marihuana zuständig. Außerdem war er Depothalter inBunkerwohnungen, wo er auch selbst Drogen neu verpackte. Gewinne aus dem Drogenverkauf wurden unter den Mitgliedern der Gruppe verteilt, wobei die Aufteilung unter den verschiedenen Hierarchieebenen unterschiedlich ausfiel. Zahlreiche Taten wurden von Bandenmitgliedern in unterschiedlicher Beteiligung begangen. Ab dem 19. Dezember 2011 kam es zu siebzehn im Urteil näher dargestellten Betäubungsmitteltaten, an denen der Angeklagte S. beteiligt war.
3
2. Das Landgericht hat die Handlungen des Angeklagten S. jeweils als bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 1 BtMG bewertet.

II.


4
Die Revision des Angeklagten S. gegen dieses Urteil ist mit der Sachrüge begründet. Das Urteil leidet an einem Darstellungsmangel.
5
1. In den Feststellungen ist „Grundsätzliches zur Bandenstruktur“ vorab im Einzelnen erläutert worden. Es fehlt danach jedoch an einer nachvollziehbaren Darstellung der Beweisgrundlagen für diese Feststellungen.
6
Das Landgericht hat zu jedem der festgestellten Einzelfälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge die diesbezüglichen Beweisgrundlagen erläutert. Daraus ergeben sich zum Teil auch Hinweise auf die Rollenverteilung unter den Beteiligten. Jedoch ist nicht nachzuvollziehen, auf welchem Weg das Landgericht bei seiner Beweiswürdigung zu den grundsätzlichen Feststellungen über die Bandenstruktur der Gruppe und die auch vom Angeklagten S. dazu getroffene Bandenabrede gelangt ist. Den Urteilsgründen kann auch nicht entnommen werden, dass einer der Mitangeklagten oder der gesondert Verfolgten bei seiner Aussage zur Sache die Bandenstruktur insgesamt so dargestellt hat, wie es vom Landgericht festgestellt wurde.
7
Danach leidet das Urteil zum Nachteil des Angeklagten S. an einem Darstellungsmangel, auf dem es beruhen kann, soweit es um den Qualifikationstatbestand der bandenmäßigen Begehung geht. Das zwingt zur Urteilsaufhebung im Ganzen.
8
2. An der Annahme eines Darstellungsmangels ändert es nichts, dass dem Urteil, soweit es den Angeklagten S. betrifft, eine Verständigung im Sinne von § 257c StPO zugrunde liegt. Die Verständigung darf den Schuldspruch nicht zum Gegenstand haben (§ 257c Abs. 2 Satz 3 StPO). Auch die Pflicht des Tatgerichts zur vollständigen Aufklärung des Sachverhalts bleibt von der Verständigung unberührt (§ 257c Abs. 1 Satz 2 StPO), ebenso die Pflicht zur Wahrung der Mindestanforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung (vgl. Senat, Beschluss vom 22. September 2011 – 2 StR 383/11, StV 2012, 133). Zugleich wird die tatrichterliche Aufgabe der Darstellung des festgestellten Sachverhalts (§ 267 Abs. 1 Satz 1 StPO) und der diesen Feststellungen zu Grunde liegenden Beweiswürdigung (§ 267 Abs. 1 Satz 2 StPO) nicht eingeschränkt, weil eine Verständigung stattgefunden hat. Vielmehr unterliegt das Urteil auch dann, wie es dem Regelungsgedanken der §§ 35a Satz 3, 302 Abs. 1 Satz 2 StPO zu entnehmen ist, der uneingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Dies macht bei der Urteilsabsetzung eine genaue Mitteilung der zur jeweiligen Tat getroffenen Feststellungen sowie der dafür maßgeblichen Beweisgrundlagen erforderlich. Allein die Bereitschaft eines Angeklagten , wegen eines bestimmten Sachverhalts eine Strafe hinzunehmen, die das gerichtlich zugesagte Höchstmaß nicht überschreitet, entbindet das Gericht nicht von diesen Pflichten (vgl. Senat, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 StR 222/10).

III.


9
Der Senat hat geprüft, ob die mit der Sachrüge erfolgreiche Revision des Angeklagten S. auf andere Angeklagte, die keine Revision eingelegt oder ihr Rechtsmittel zurückgenommen haben, zu erstrecken ist (§ 357 StPO). Das ist prinzipiell auch bei einem Fehler der Beweiswürdigung möglich (vgl.
Senat, Beschluss vom 22. September 2011 – 2 StR 383/11, StV 2012, 133; LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 357 Rn. 14). Hier liegt jedoch bei den Nichtrevidenten kein gleichartiger Rechtsfehler vor, der zur Revisionserstreckung zwingen würde.
10
1. Hinsichtlich der Angeklagten O. und C. , die keine Revision eingelegt haben, ist das Urteil vom Landgericht gemäß § 267 Abs. 4 StPO abgekürzt worden. Insoweit gestattet das Gesetz gerade eine Reduzierung der Sachdarstellung in den schriftlichen Urteilsgründen. Deshalb kann ein Darstellungsmangel des Urteils, welcher die Voraussetzungen der Revisionserstreckung erfüllen könnte, nicht festgestellt werden (vgl. Hamm in: Festschrift für Rissing-van Saan, 2011, S. 195, 200; Meyer-Goßner in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 357 Rn. 14; BeckOK/Wiedner, StPO, Ed. 21, § 357 Rn. 3a).
11
2. Hinsichtlich des früheren Angeklagten E. , der sein Rechtsmittel zurückgenommen hat, ist eine Abkürzung der Urteilsgründe nicht erfolgt. Gleichwohl liegen die Voraussetzungen für eine Revisionserstreckung nicht vor. Der Angeklagte E. handelte nach den Urteilsfeststellungen auf einer niedrigeren Hierarchieebene als der Angeklagte S. . Er wirkte an Bandentaten in unterschiedlicher Beteiligung weiterer Personen mit. Die Beweisgründe für die Feststellung seiner jeweiligen Tatbegehung haben vor diesem Hintergrund eine andere Bedeutung als diejenigen, die den Angeklagten S. betreffen.
Fischer Krehl Eschelbach
RiBGH Zeng ist an der Unterschrift gehindert. Fischer Bartel
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(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Gegenstand dieser Verstä
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published on 22/09/2011 00:00

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Annotations

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

Bei der Bekanntmachung einer Entscheidung, die durch ein befristetes Rechtsmittel angefochten werden kann, ist der Betroffene über die Möglichkeiten der Anfechtung und die dafür vorgeschriebenen Fristen und Formen zu belehren. Bei der Bekanntmachung eines Urteils ist der Angeklagte auch über die Rechtsfolgen des § 40 Absatz 3 und des § 350 Absatz 2 sowie, wenn gegen das Urteil Berufung zulässig ist, über die Rechtsfolgen der §§ 329 und 330 zu belehren. Ist einem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist der Betroffene auch darüber zu belehren, dass er in jedem Fall frei in seiner Entscheidung ist, ein Rechtsmittel einzulegen.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.