Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2019 - 2 StR 287/18

bei uns veröffentlicht am05.06.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 287/18
vom
5. Juni 2019
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2019:050619B2STR287.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 5. Juni 2019 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 12. Dezember 2017 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen zweifachen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt, den Angeklagten H. zu zehn Jahren Gesamtfreiheitsstrafe (gebildet aus zwei Einzelfreiheitsstrafen von je sechs Jahren) und die Angeklagte W. zu zwei Jahren Jugendstrafe, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Es hat ferner die Einziehung von sichergestellten Betäubungsmitteln, von Mobiltelefonen , von Tablets, eines Laptops, zweier Notebooks, einer externen Festplatte , von Betäubungsmittelutensilien und eines Elektroimpulsgerätes mit Taschenlampenfunktion sowie die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 227.226,29 € gegen die Angeklagten als Gesamtschuldner angeordnet. Mit ihrer hiergegen gerichteten Revision rügen die Angeklagten die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Rechtsmittel haben Erfolg.

I.

2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts kamen die Angeklagten Anfang des Jahres 2016 überein, im großen Stil Betäubungsmittel und Arzneimittel über das Internet zu verkaufen. Die vom Angeklagten H. erworbenen und im Wohnhaus der Eltern der Angeklagten W. gelagerten Betäubungsmittel und Medikamente wurden über zwei Webshops einzeln oder in Testpaketen angeboten und nach Verpacken am Lagerort und Eingang der Bezahlung an die jeweiligen Besteller versandt. Über einen Webshop im Freenet wurden 1268, über das Darknet weitere 2753 Verkaufsvorgänge durchgeführt, zu denen die Strafkammer tabellenartig ein Datum, den Besteller, eine Verkaufsbezeich- nung (unter anderem „Chiller Test Pack Hash & Weed“, „Weed A“, „Potent Speedpaste A+++“, „Lyrica“, „Oxycodone HCL 20mg“, „HQ Blueberry Haze Weed“, „Tavor 2.5/ Lorazepam“, „Valium (Diazepam) 10 MG Roche“, „hello kittys“, „Handgranaten“, „Speed“, „Tramadol 50 MG“, „Valium“, „Tavor“, „fenta“, „chiller“, „Master“, „Amnazia“ oder „Targin“) und – für die Verkäufe über das Freenet – einen Verkaufspreis festgestellt hat. Der erste, etwa im April 2016 angelegte Vorrat wurde in mindestens einem Fall durch den Erwerb einer weiteren großen Menge an Betäubungsmitteln etwa im August des Jahres 2016 aufgefüllt. Bei der im November 2016 erfolgten Durchsuchung konnten „Betäubungsmittel verschiedener Arten sowie in erheblichen Mengen sichergestellt werden“, unter anderem Heroin, Kokain, LSD, Oxycodon, Alprazolam, Lorazepam und Diclazepam, sowie die weiteren Gegenstände, deren Einziehung angeordnet wurde.
3
2. Die Strafkammer hat dies als unerlaubtes Handeltreiben in nicht geringer Menge in zwei Fällen gewertet. Die Angeklagten hätten in über 4.000 Einzelfällen Betäubungsmittel veräußert, die sie – was die Strafkammer zugunsten der Angeklagten geschätzt hat – in mindestens zwei Fällen erworben hatten.

II.

4
Die Rechtsmittel der Angeklagten haben bereits mit der Sachrüge Erfolg. Auf die Verfahrensbeanstandungen kommt es daher nicht an.
5
1. Die Annahme zweier in Tatmehrheit zueinander stehender Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln wird von den bislang getroffenen Feststellungen nicht zweifelsfrei getragen.
6
a) Zutreffend hat das Landgericht gesehen, dass sich eine Bewertungseinheit daraus ergeben kann, dass der Täter sich einen zum Verkauf bestimmten Verkaufsvorrat beschafft oder darüber verfügt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017 – 3 StR 487/16, NStZ 2017, 711, 712). Bereits mit dem Beschaffen der dem späteren Güterumsatz dienenden einheitlichen Rauschgiftmenge ist der Tatbestand des Handeltreibens in Bezug auf die Gesamtmenge erfüllt. Zu dieser Tat gehören dann auch alle späteren Betätigungen , die auf den Vertrieb desselben Rauschgifts gerichtet sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 14. Februar 2007 – 3 StR 459/06, StV 2007, 562; Senat, Beschluss vom 11. März 1998 – 2 StR 22/98, NStZ 1998, 360; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 9. Aufl., § 29 Teil 4, Rn. 309 mwN). Auf die zahlreichen Einzelverkäufe kommt es daher nicht an. Dies gilt unabhängig von der Zahl der Abnehmer (BGH, Beschluss vom 30. Januar 2001 – 4 StR 581/00, StV 2002, 235) und auch dann, wenn sich der einheitliche Erwerbsvorgang – wie hier vom Landgericht angenommen – auf verschiedene Betäubungsmit- telarten bezieht, so dass auch in einem solchen Fall Bewertungseinheit zwischen dem Erwerb und der sukzessiven Abgabe der unterschiedlichen Betäubungsmittel besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Juli 2001 – 4 StR 110/01, NStZ-RR 2002, 52; vom 11. Januar 2012 – 5 StR 445/11, NStZ-RR 2012, 121; siehe auch Senat, Beschluss vom 20. Februar 2008 – 2 StR 619/07, NStZ 2008, 470).
7
b) Im Ausgangspunkt ebenfalls zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass das wiederholte Auffüllen eines Betäubungsmittelvorrats grundsätzlich nicht zur Verklammerung der Erwerbsakte zu einer Bewertungseinheit führt (vgl. Senat, Beschluss vom 21. August 2012 – 2 StR 277/12, NStZ 2013, 48, unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung). Der bloße Umstand, dass bei jedem Neukauf noch Reste der vorangegangenen Lieferung vorhanden waren, die mit dem neuerworbenen Rauschgift vermischt wurden, verbindet nicht sämtliche Ankäufe zu einer einheitlichen Vorratsmenge (Senat, Beschluss vom 29. Juni 2016 – 2 StR 586/15, NStZ-RR 2016, 345). Dies gilt selbst dann, wenn die einzelnen Portionen von einem – hier nach den Feststellungen unbekannten – Lieferanten erworben worden waren, und dieser sie seinerseits aus einem einheitlichen Vorrat entnommen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 – 1 StR 587/09, NStZ-RR 2011, 25, 26). Allein der gleichzeitige Besitz mehrerer Drogenmengen verbindet die hierauf bezogenen Handlungen nicht zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschluss vom 20. Februar 2008 – 2 StR 619/07, NStZ 2008, 470).
8
c) Das Landgericht hat bei der Annahme von Tatmehrheit aber nicht erkennbar bedacht, dass mehrere Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln – unabhängig vom Vorliegen einer Bewertungseinheit – zueinander dann in Tateinheit im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB stehen, wenn ihre tatbestandlichen Ausführungshandlungen sich – teilweise – überschneiden (BGH, Beschluss vom 28. Mai 2018 – 3 StR 88/18 Rn. 7 mwN). Da das Vorhalten einer Handelsmenge zum Vertrieb als Teilakt des Handeltreibens anzusehen ist, vermag der gleichzeitige Besitz zweier für den Verkauf bestimmter Vorräte jedenfalls dann Tateinheit in diesem Sinne zu begründen, wenn die Art und Weise der Besitzausübung über eine bloße Gleichzeitigkeit hinausgeht und die Wertung rechtfertigt, dass – etwa wegen eines räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 2017 – GSSt 4/17, BGHSt 63,1; Urteil vom 2. April 2015 – 3 StR 642/14 Rn. 7 f.) – die tatsächliche Ausübung des Besitzes über die eine Menge zugleich die Ausübung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über die andere darstellt (BGH, Beschluss vom 28. Mai 2018 – 3 StR 88/18 Rn. 7; Urteil vom 2. April 2015 – 3 StR 642/14 Rn. 7 mwN; LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 43; Weber, BtMG, 5. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 628 ff.). Die Urteilsfeststellungen lassen nicht erkennen , dass die Strafkammer dies hinreichend in den Blick genommen hat, obgleich hierzu hinreichend Anhaltspunkte bestanden. Die Urteilsgründe lassen offen, ob die Angeklagten die mit der zweiten Lieferung erhaltenen Rauschmittel gegebenenfalls ganz oder teilweise in einem engen und unmittelbaren räumlichen Zusammenhang – nämlich in dem nicht von ihnen bewohnten Haus der Eltern der Angeklagten W. – mit dem Rest aus der ersten, nach den Feststellungen nicht unerheblichen Lieferung aufbewahrte, so dass sie die beiden Rauschmittelmengen aus den getrennten Erwerbsgeschäften nicht lediglich unabhängig voneinander gleichzeitig besessen, sondern gemeinsam über beide Betäubungsmittelmengen die Verfügungsgewalt ausgeübt hätte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Handel über die zwei Webshops aus jeweils unterschiedlichen Beständen oder Lieferungen erfolgte. Der Senat kann deshalb nicht überprüfen, ob das Landgericht das Konkurrenzverhältnis rechtsfehlerfrei als tatmehrheitlich bewertet hat.
9
2. Der Schuldspruch kann auch deswegen keinen Bestand haben, weil die Urteilsgründe nicht erkennen lassen, dass die von der Strafkammer festgestellten Ein- und Verkaufsvorgänge ausschließlich Betäubungsmittel im Sinne des § 1 BtMG i.V.m. Anlagen I bis III betreffen.
10
Zwar kann dem von den Angeklagten angebotenen „Targin“ der Wirkstoff Oxycodon zugeordnet werden, der ein Betäubungsmittel der Anlage II zu § 1 BtMG ist. „Fenta“ mag auf das ebenfalls dem BtMG unterfallende synthetische Opioid Fentanyl hinweisen. Diazepam und Lorazepam sind zwar in den Anlagen I bis III zu § 1 Abs. 1 BtMG aufgeführt. Sie können aber – so nicht Ein-, Aus- oder Durchfuhr vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 2. November 2010 – 1 StR 581/09, NStZ-RR 2011, 119) – als ausgenommene Zubereitungen nicht dem BtMG unterfallen. Diazepam (enthalten in Valium) ist ausgenommen in Zubereitungen, die ohne einen weiteren Stoff der Anlagen I bis III bis zu 1 vom Hundert als Sirup oder Tropflösung, jedoch nicht mehr als 250 mg je Packungseinheit , oder je abgeteilte Form bis zu 10 mg Diazepam enthalten, bei Lorazepam (das im verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel Tavor enthalten ist) sind Zubereitungen mit bis zu 2,5 mg Lorazepam ausgenommen (Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 9. Aufl., Stoffe Teil 1 Rn. 493, 502). Dies hat die Strafkammer nicht bedacht. Bei anderen, von der Strafkammer in den Urteilsgründen mitgeteilten Handelsubstanzen (z.B. „hello kitty“, „Handgranaten“, „chiller“, „Master“, „Amnazia“) ist schon nicht ersichtlich, von welcher der in Anlagen I bis III zu § 1 BtMG genannten Substanz die Strafkammer ausgeht.
11
Die getroffenen Feststellungen ermöglichen dem Senat nicht die Nachprüfung , ob sich die Angeklagten nur nach § 29a BtMG oder auch nach dem – allerdings milderen – § 95 AMG strafbar gemacht haben. Da die Strafkammer nicht nur die Einzelverkäufe umfangreich dargestellt hat, sondern auch bei der rechtlichen Würdigung hierauf Bezug genommen hat und seiner Bewertung zugrunde gelegt hat, kann der Senat im vorliegenden Fall nicht ausschließen, dass sich eine unterlassene Verurteilung wegen eines der in § 95 AMG genannten Vergehen zu Lasten der Angeklagten ausgewirkt haben könnte.
12
3. Die Rechtsfehler bedingen die Aufhebung des Schuldspruchs und in dessen Folge des gesamten Rechtsfolgenausspruchs. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Senat hebt die Feststellungen insgesamt auf, um dem neuen Tatrichter umfassende eigene, zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen zu ermöglichen.

III.

13
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
14
1. Auf konkrete Feststellungen zum (vorgestellten) Wirkstoffgehalt kann bei Verurteilung von Verbrechen nach dem Betäubungsmittelgesetz regelmäßig nicht verzichtet werden. Denn der Wirkstoffgehalt wirkt sich entscheidend insbesondere auf den Schuldumfang der Taten aus (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Mai 2016 – 3 StR 138/16 Rn. 3 mwN). Führt bereits das Beschaffen der dem späteren Güterumsatz dienenden einheitlichen Rauschgiftmenge zur Verwirklichung des Tatbestands des Handeltreibens in Bezug auf die Gesamtmenge kann es genügen, entsprechende (Mindest-)Feststellungen zu dem erworbenen Verkaufsvorrat zu treffen. Diese werden regelmäßig ausgehend von der sichergestellten Betäubungsmittelmenge und den zuvor tatsächlich durchgeführten Verkäufen getroffen werden können. Hierzu wird es allerdings – wie stets – nicht genügen, bloße Mengenangaben oder lediglich allgemeinen Qualitätsangaben (vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 2004 – 3 StR 116/04, StV 2004, 602, 603; vom 31. Oktober 1984 – 1 StR 643/84) oder – wie hier – von den Beteiligten gewählte Handelsbezeichnungen anzugeben, die einen Wirk- stoffgehalt nicht erkennen lassen (etwa „Chiller Test Pack Hash & Weed“, „Weed A“, „Potent Speedpaste A+++“). Sind konkrete Feststellungen anhand der sichergestellten Betäubungsmittel oder der durchgeführten Testkäufe nicht möglich, ist der Tatrichter gehalten, die notwendigen Feststellungen zu Menge und Wirkstoffgehalt im Wege einer Schätzung nach den dazu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zu treffen (vgl. nur BGH, Urteile vom 9. Mai 2001 – 3 StR 36/01; vom 10. September 2009 – 3 StR 293/09; Senat, Beschluss vom 1. Oktober 2008 – 2 StR 360/08).
15
2. Hat der neue Tatrichter hinsichtlich des Angeklagten H. erneut eine Gesamtstrafe zu bilden, wird er gemäß § 54 Abs. 1 Satz 3 StGB namentlich auch den Zusammenhang der Einzeltaten zusammenfassend zu würdigen haben; eine lediglich formelhafte Begründung der Gesamtstrafenbildung genügt dem jedenfalls dann nicht, wenn sie Gründe für eine sehr deutliche Erhöhung der Einsatzstrafe nicht enthält (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Februar 2003 – 2 StR 451/02).
16
3. Bei einer etwaig vorzunehmenden Strafzumessung wird hinsichtlich der Angeklagten W. – worauf deren Revision und der Generalbundesanwalt mit Recht hinweisen – ein jedenfalls nach den bislang vom Landgericht getroffenen Feststellungen anzunehmender Eigenkonsum zu berücksichtigen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Januar 2018 – 5 StR 582/17, NStZ-RR 2018, 113; Urteil vom 9. Oktober 2002 – 1 StR 137/02, NStZ-RR 2003, 57). Der neue Tatrichter mag ferner erwägen, das Vorliegen eines minder schweren Falles auch hinsichtlich der geständigen Angeklagten W. zu prüfen. Denn auchim Jugendstrafrecht ist bei der Bewertung des Tatunrechts regelmäßig in die Betrachtung einzubeziehen, ob ein minder schwerer Fall vorliegt (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Juni 2013 – 2 StR 189/13, NStZ-RR 2013, 291).
17
4. Der neue Tatrichter wird auch Gelegenheit haben, unter Zuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) die Voraussetzungen der Unterbringung der Angeklagten W. in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StPO) zu prüfen.Auf die entsprechenden Darlegungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts wird Bezug genommen.
18
5. Hat der neue Tatrichter eine Einziehungsentscheidung zu treffen, wird er zum einen in den Blick zu nehmen haben, dass die Einziehung von Gegenständen als Tatmittel im Sinne der § 33 Satz 1 BtMG, § 74 Abs. 2 StGB eine Tatrelevanz voraussetzt, die bislang nicht für alle Gegenstände festgestellt ist. Zum anderen ist der den (aus der mitgeteilten Verkaufstabelle zweifelsfrei nachvollziehbaren) Betrag von 161.226,29 € übersteigende Einziehungsbetrag nicht nachvollziehbar belegt. Auch insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift Bezug genommen.
Franke Krehl Eschelbach Zeng Meyberg

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 487/16
vom
24. Januar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:240117B3STR487.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 24. Januar 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 18. Juli 2016 im Schuldspruch in den Fällen II. 3. und 4. dahin geändert, dass die Angeklagte jeweils wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen verurteilt wird.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen (Fälle II. 1. und 2.), Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (Fälle II. 3. und 4.) sowie wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Fall II. 5.) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten hat hinsichtlich des Schuldspruchs in den Fällen II. 3.
und 4. den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen erwarb die Angeklagte in den zeitlich auseinanderfallenden Fällen II. 3. und 4. jeweils von unterschiedlichen Lieferanten zum einen Amphetamin, zum anderen Marihuana zum gewinnbringenden Weiterverkauf. Im Fall II. 3. bezog sie von dem einen Verkäufer 140 g Amphetamin, von dem anderen 150 g Marihuana (Wirkstoffgehalt: 7 g Base bzw. 7 g THC), im Fall II. 4. in gleicher Weise 100 g Amphetamin und 150 g Marihuana (Wirkstoffgehalt : 5 g Base bzw. 7 g THC). Die Angeklagte veräußerte die Drogen - durchweg in Teilmengen unterhalb der Grenze der nicht geringen Menge - an verschiedene Abnehmer, wobei sie in beiden Fällen im Rahmen einzelner Veräußerungsgeschäfte gleichzeitig Amphetamin und Marihuana an einen Abnehmer verkaufte.
3
2. Das Landgericht hat die Fälle II. 3. und 4. rechtlich jeweils als Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) bewertet, weil es von einer sich auf beide Rauschgiftarten erstreckenden Bewertungseinheit ausgegangen ist und daher die Wirkstoffgehalte von Amphetamin und Marihuana zusammengerechnet hat. Es ist daher in beiden Fällen von einer Überschreitung des Grenzwerts der nicht geringen Menge ausgegangen (zur Berechnung der Grenzwertüberschreitung bei verschiedenen Arten von Betäubungsmitteln vgl. BGH, Beschluss vom 16. Januar 2003 - 1 StR 473/02, NStZ 2003, 434). Die Annahme der Bewertungseinheit begegnet indes durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
4
Zwar werden sämtliche Betätigungen, die sich im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes auf den Vertrieb einer einheitlichen Rauschgiftmenge beziehen, vom gesetzlichen Tatbestand in dem pauschalierenden, verschiedenartige Tätigkeiten umfassenden Begriff des Handeltreibens zu einer Bewertungseinheit und damit zu einer Tat des Handeltreibens verbunden (vgl. BGH, Beschluss vom 5. August 2014 - 3 StR 340/14, juris Rn. 5; Körner/Patzak/ Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 293). Dabei ist jedoch entscheidend, dass sich die Bemühungen des Täters auf dieselbe Rauschgiftmenge beziehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 1997 - 3 StR 586/96, NStZ 1997, 344). Eine Bewertungseinheit kommt daher insbesondere dann in Betracht, wenn die Betäubungsmittel aus einem einheitlichen Erwerbsvorgang stammen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Februar 2008 - 2 StR 619/07, NStZ 2008, 470), aber auch dann, wenn Drogen aus verschiedenen Erwerbsvorgängen zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat vereint werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Januar 2012 - 5 StR 445/11, NStZ-RR 2012, 121, 122; vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 11; Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 591). Demgegenüber kann allein der gleichzeitige Besitz verschiedener zum Handeltreiben bestimmter Mengen aus verschiedenen Liefervorgängen eine Bewertungseinheit nicht begründen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2000 - 5 StR 444/99, NStZ 2000, 431; Beschluss vom 23. Oktober 1996 - 5 StR 505/96, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 9).
5
Gemessen an diesen Maßstäben liegt in den Fällen II. 3. und 4. der Urteilsgründe keine Bewertungseinheit vor, die den Handel mit beiden Rauschgiften erfasst: Die Drogen stammten nicht aus einem einheitlichen Erwerbsakt, sondern wurden unabhängig voneinander von verschiedenen Lieferanten bezogen ; auch hat das Landgericht nicht festgestellt, dass sie von der Angeklagten zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat zusammengeführt wurden. Sie hatte sie lediglich gleichzeitig in ihrem Besitz.
6
Entgegen der Auffassung des Landgerichts führt auch die Tatsache, dass in beiden Fällen Teilmengen beider Rauschgifte in einheitlichen Verkaufsvorgängen an einen Abnehmer veräußert wurden, nicht zur Annahme einer sich jeweils auf die Gesamtmenge beider Rauschgifte erstreckenden Bewertungseinheit. Vielmehr liegt in einem solchen Fall, in dem Teilmengen aus zwei verschiedenen , zu unterschiedlichen Zeitpunkten erworbenen Rauschgiftmengen gleichzeitig verkauft werden, aufgrund der teilweisen Identität der tatbestandlichen Ausführungshandlung Tateinheit im Sinne des § 52 StGB - hier zwischen der Bewertungseinheit des Handeltreibens mit Amphetamin und der Bewertungseinheit des Handeltreibens mit Marihuana - vor (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. März 1998 - 1 StR 80/98, bei Winkler, NStZ 1999, 232, 233; vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 11; Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 642; LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 43).
7
Damit scheidet ein Zusammenrechnen der Wirkstoffgehalte beider Drogenarten , das allein zur Überschreitung der Grenze der nicht geringen Menge führen würde, und damit eine Strafbarkeit wegen Handeltreibens in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG aus. Vielmehr hat sich die Angeklagte in den Fällen II. 3. und 4. jeweils des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen strafbar gemacht.
8
Eine Strafbarkeit nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Tatbestandsvariante des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Auch insoweit sind die von unterschiedlichen Lieferanten bezogenen und nicht zu einem einheitlichen Vorrat zusammengeführten Rauschgiftmengen nicht als einheitliche - den Grenzwert der nicht geringen Menge erst überschreitende - Gesamtmenge zu betrachten. Es liegt nicht ein Fall des Besitzes eben dieser Gesamtmenge vor; vielmehr handelt es sich zwar um eine Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB, jedoch in der Form von zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen des Besitzes der Teilmengen (vgl. LK/Rissing-van Saan aaO). Dieser Besitz (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG) tritt wiederum hinter dem sich auf die jeweilige Teilmenge beziehenden Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) zurück (vgl. Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 1372 mwN).
9
Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil die geständige Angeklagte sich nicht anders hätte verteidigen können.
10
3. Die Änderung des Schuldspruchs lässt den Strafausspruch unberührt. Der Senat kann ausschließen, dass die Strafkammer, die für die Fälle II. 3. und 4. die gewerbsmäßige Begehung der Tat (§ 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB) rechtsfehlerfrei festgestellt hat, auf niedrigere Einzelstrafen erkannt hätte, wenn sie diese nicht dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG, sondern dem - identischen - Strafrahmen des § 29 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG entnommen hätte.
11
4. Angesichts des geringen Erfolges der Revision ist es nicht unbillig, die Angeklagte mit den gesamten Kosten ihres Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Becker Gericke Tiemann
Berg Hoch

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 581/00
vom
30. Januar 2001
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 30. Januar 2001 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 11. Oktober 2000 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten "wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 100 Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 2. Februar 2000 und Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts verkaufte der Angeklagte "in der Zeit zwischen Anfang 1997 und Ende 1998 - genauere Tatzeiten konnten in der Hauptverhandlung nicht festgestellt werden - ... nahezu wöchentlich in insgesamt 100 Fällen jeweils mit Gewinn ... an Willi R. Haschisch" in Stangenform. Die Stangen wiesen ein Gewicht zwischen 3 und 4 g auf. In 80 der
Fälle kaufte Willi R. eine Haschischstange, in weiteren 20 Fällen zwischen 2 und 4 Haschischstangen.
2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat das Landgericht ohne weitere Erörterung 100 selbständige Taten des - gewerbsmäßig begangenen - unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG) angenommen. Zwar hat es insoweit allein auf die Verkaufsakte abgestellt, ohne dabei die in der Rechtsprechung zur Bewertungseinheit beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln entwickelten Grundsätze (BGHSt 30, 28; 31, 163) in Erwägung zu ziehen. Doch begründet dies insoweit hier keinen durchgreifenden Rechtsfehler. Denn dem Urteil sind konkrete Anhaltspunkte dafür, daß der - zur Sache schweigende - Angeklagte die Verkäufe an Willi R. oder jedenfalls mehrere dieser Veräußerungsgeschäfte aus einer größeren Vorratsmenge getätigt hat (vgl. BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4, 5, 11, 13; BGH, Beschlüsse vom 28. Oktober 1999 - 4 StR 479/99 - und vom 15. März 2000 - 2 StR 614/99), nicht zu entnehmen.
3. Das Urteil kann aber keinen Bestand haben, weil jedenfalls für die im Tatzeitraum zwischen Ende Januar 1998 und September 1998 begangenen Taten das Verfahrenshindernis des Strafklageverbrauchs durch das Urteil des Landgerichts Frankenthal vom 2. Februar 2000 in Betracht kommt, dessen Einzelstrafen das Landgericht in das angefochtene Urteil einbezogen hat. In jenem Verfahren wurde der Angeklagte wegen "unerlaubten gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 93 Fällen und wegen unerlaubter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in fünf Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dem lagen die Feststellungen zugrunde, daß der Angeklagte, der "als 'der Ha-
schischverkäufer' in Neustadt an der Weinstraße im Jahr 1998 bezeichnet wurde" in der Zeit von "etwa Ende Januar 1998 bis in den September 1998 hinein ... im Bereich Neustadt an der Weinstraße einen schwunghaften Handel mit Haschisch" betrieb und dabei bis in den Juni 1998 hinein an W. "fast täglich , insgesamt jedoch mindestens in 90 Einzelfällen" jeweils mindestens 1 g Haschisch, im Zeitraum August/September 1998 in drei Fällen jeweils 5 g an S. und zwischen März und September 1998 in fünf Fällen jeweils 1 bzw. 2 g Haschisch an den J ugendlichen D. gewinnbringend veräußerte (UA 4/5). Nunmehr hat das Landgericht zu den allgemeinen Umständen des von dem Angeklagten "im Bereich des Bahnhofs Neustadt an der Weinstraße" betriebenen Haschischhandels festgestellt, daß er "regelmäßig mehrmals wöchentlich" zur selben Zeit mit dem Zug aus Richtung Mannheim in Neustadt an der Weinstraße eintraf, "seine Kunden" im Bahnhofsbereich bei einem Cafe auf ihn warteten , "die er lediglich knapp 'wie viel' fragte, um dann die gewünschte Haschischmenge , in der Regel kleinere Portionen ... auszuhändigen. Reichte sein ... mitgeführter Haschischvorrat nicht aus, entfernte er sich kurz, um dann nach einigen Minuten mit weiterem 'Stoff' zurückzukommen" (UA 8). Bei dieser Sachlage liegt es nahe, kann jedenfalls aber nicht ausgeschlossen werden, daß die Verkäufe an den Abnehmer Willi R. im Zeitraum Ende Januar bis September 1998 sich ganz oder teilweise mit den rechtskräftig abgeurteilten Veräußerungsgeschäften überschneiden. Das drängt sich schon deshalb auf, weil nach Angaben des Willi R. der Angeklagte "damals der einzige ihm bekannte Verkäufer in Neustadt an der Weinstraße" war, von dem er "ebenso wie etwa zehn weitere ihm aus dem Neustadter Bahnhofsmilieu bekannte Haschischkonsumenten" gekauft hätten (UA 9). Die vom Angeklagten am selben Tag in Neustadt an der Weinstraße getätigten Haschischverkäufe erfolgten nach den Feststellungen aus einer Vorratsmenge. Deshalb bildet die von dem
Angeklagten zumindest am selben Tag entfaltete Handelstätigkeit unabhängig von der Anzahl der Abnehmer jeweils eine rechtliche Bewertungseinheit und damit nur eine Tat im Rechtssinne. Soweit dies der Fall ist, ist die Strafklage verbraucht. Über die Frage, ob die tatsächlichen Voraussetzungen dieses Verfahrenshindernisses vorliegen, ist nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" zu entscheiden. Gründe der Grenzen der gerichtlichen Kognitionspflicht bei Bekanntwerden der Voraussetzungen einer Bewertungseinheit im späteren Verfahren (vgl. dazu BGHSt 43, 252, 257) stehen hier einem Strafklageverbrauch schon deshalb nicht entgegen, weil - wie das Urteil ausweist - alle Umstände bekannt waren, die einen Zusammenhang der hier und im früheren Verfahren abgeurteilten Fällen des Handeltreibens ergeben.
4. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden und das Verfahren teilweise einstellen. Denn die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Strafklageverbrauch eingetreten ist, bedarf weiter gehender tatsächlicher Feststellungen, die zu treffen hier Aufgabe des Tatrichters ist, an den der Senat die Sache deshalb zurückverweist. Unter den hier gegebenen Umständen , zumal angesichts der nicht genau feststellbaren Tatzeiten und der nur aufgrund einer Annahme "zu Gunsten des Angeklagten" festgestellten Anzahl der Verkaufsfälle (UA 11), hält es der Senat auch nicht für tunlich, das Urteil insoweit aufrechtzuerhalten, als es einen über den Tatzeitraum des früheren Urteils hinausgehenden Tatzeitraum betrifft. Vielmehr hebt der Senat das Urteil insgesamt auf, um dem neuen Tatrichter die Gelegenheit zu widerspruchsfreien Feststellungen zu geben.
Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, daß dem Handeltreiben mit Kleinstmengen von Haschisch ungeachtet des Vorlie-
gens der Voraussetzungen der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG die Annahme eines besonders schweren Falles mit Blick auf die angedrohte Mindeststrafe von einem Jahr besonders eingehender Prüfung bedarf.
Maatz Kuckein Athing
5 StR 445/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 11. Januar 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Januar 2012

beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 9. Juni 2011 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Davon ausgenommen sind die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten, insbesondere ihrer uneingeschränkten Schuldfähigkeit, sowie zu den einzelnen Erwerbs- und Verkaufshandlungen, zu den vom Angeklagten B. am 26. Februar 2010 aufbewahrten Substanzen und Gegenständen und zu den jeweiligen Wirkstoffgehalten der Betäubungsmittel; diese Feststellungen bleiben bestehen. Insoweit werden die weitergehenden Revisionen der Angeklagten nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 28 Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe und über Munition, und wegen bewaffneten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und drei Monaten verurteilt. Den Angeklagten Bo. hat es wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Be- täubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt, den Angeklagten C. unter Freisprechung im Übrigen wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten. Ferner hat es die Einziehung der „sichergestellten Betäubungsmittel, Waffen, Waffenteile und Munition“ und Wertersatzverfall in Höhe von 161.733,50 € gegen den Angeklagten B. angeordnet.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts suchten der Angeklagte B. und der gesondert verfolgte T. , die sich bereits zuvor durch den wiederholten gemeinsamen An- und Verkauf von Betäubungsmitteln eine dauerhafte Einnahmequelle verschafft hatten, im Sommer 2008 ein neues Drogenversteck, woraufhin sich ihnen der mit B. bekannte Angeklagte C. „im verbindenden Interesse der gemeinsamen dauerhaften Gewinnerzielung über einen längeren Zeitraum als Depothalter von Betäubungsmit- teln anschloss“ (UA S. 9).C. nahm fortan in seiner Wohnung und in einer darunterliegenden Wohnung, zu der er einen Schlüssel besaß, sowie in einer auf Geheiß des Angeklagten B. angemieteten Kleingartenanlage wiederholt im Auftrag des Angeklagten B. Betäubungsmittel entgegen, lagerte diese und gab sie in ihm vorgegebenen Mengen an andere Beteiligte, die im Auftrag B. s die Betäubungsmittel an Abnehmer auslieferten, heraus. Für seine Mitwirkung erhielt C. von B. monatlich zwischen 700 € und 1.000 € sowie Taxifahrten für seine kranke Ehefrau bezahlt. Der Angeklagte Bo. erklärte sich gegenüber B. , der selbst keine Fahrerlaubnis besaß, zunächst auf unverfängliches Bitten bereit, ihn zukünftig im Bedarfsfall zu chauffieren. Bei den dann stattfindenden Fahrten wurde Bo. „recht schnell klar, dass B. zusammen mit T. und A. C. gewinnbringende Drogengeschäfte machte und dafür seine Fahr- dienste gefragt waren“ (UA S. 10). Bei den nachfolgenden Fahrten befanden sich die transportierten Betäubungsmittel nicht in dem von Bo. gesteuerten Pkw, sondern stets in einem zweiten Fahrzeug, das von Bo. mit B. begleitet und abgesichert wurde.
3
Im Zeitraum August 2008 bis Februar 2010 kam es zu insgesamt 14 Einkaufs- und ebenso vielen Auslieferungsfahrten, die allesamt vom Angeklagten B. als Hintermann veranlasst und zum Teil auch von diesem begleitet wurden. Die Einkaufsfahrten führten nach Tschechien oder in die Niederlande, wobei überwiegend Crystal und Marihuana, aber auch Kokain und Haschisch erworben wurde. Die festgestellten Verkaufshandlungen bezogen sich ganz überwiegend auf Crystal, lediglich in einem Fall wurde neben Crystal auch 1 kg Marihuana verkauft, ein weiterer Fall betraf den Verkauf von 10.000 Ecstasy-Pillen. Bei einer Auslieferungsfahrt führte der gesondert verfolgte T. auf Geheiß des Angeklagten B. für den Fall eines nicht planmäßigen Ablaufs des Drogengeschäfts eine diesem gehörende funktionstüchtige geladene halbautomatische Selbstladepistole mit sich. Während der Angeklagte Bo. den Angeklagten B. bei fünf Einkaufsfahrten und einer Auslieferungsfahrt chauffierte, nahm der Angeklagte C. in fünf Fällen die Betäubungsmittel entgegen und lagerte sie, begleitete den Angeklagten B. auf einer Einkaufsfahrt in dem von Bo. gelenkten Pkw und übergab die Drogen in sechs Fällen an den von B. beauftragten Kurier. Am 26. Februar 2010, dem Tag seiner Festnahme, lagerte der Angeklagte B. in einer auf seine Veranlassung vom gesondert Verfolgten D. angemieteten Wohnung 533,05 g Crystal mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 68,58 % Metamphetaminbase sowie 12.501,07 g Marihuana mit einem Mindestwirkstoffgehalt von 15,8 % THC, die für den gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt waren. Außerdem lagerte der Angeklagte in der Wohnung in einer Tasche eine funktionstüchtige vollautomatische Ma- schinenpistole „UZI“ sowie 55 scharfe Patronen Kaliber 9 mm, 186 scharfe Patronen Kaliber 7,65 mm und drei scharfe Patronen Kaliber 38 Special.
4
2. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten – die Verfahrensrügen des Angeklagten C. dringen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift genannten Gründen nicht durch – erzielen den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen, die aufrecht erhaltenen Feststellungen betreffend, sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
5
Der Schuldspruch hält hinsichtlich aller drei Angeklagten sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand.
6
a) Es begegnet bereits durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht für alle Einzelhandlungen der Angeklagten – Erwerb, Verkauf und Vorrätighalten der Betäubungsmittel – jeweils materiell-rechtlich selbständige Taten des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angenommen hat. Denn nach den Feststellungen bleibt offen, inwieweit die verkauften und die am 26. Februar 2010 gelagerten und zum Weiterverkauf vorrätig gehaltenen Drogen aus den abgeurteilten Erwerbshandlungen oder einem zuvor angeschafften Gesamtvorrat stammen.
7
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist immer dort eine einheitliche Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln anzunehmen , wo ein und derselbe Güterumsatz Gegenstand der strafrechtlichen Bewertung ist (BGH, Beschluss vom 7. Januar 1981 – 2 StR 618/80, BGHSt 30, 28; Urteil vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4; Beschluss vom 26. Mai 2000 – 3 StR 162/00, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 20). Beschafft sich der Täter eine einheitliche Rauschgiftmenge zur gewinnbringenden Weiterveräußerung, so verwirklicht er den Tatbestand des Handeltreibens auch dann nur einmal, wenn er sie in mehreren Teilmengen absetzt, denn die Akte des Handeltreibens, die sich auf dieselbe Rauschgiftmenge beziehen, bilden eine Bewertungseinheit (BGH, Beschlüsse vom 28. Juni 2011 – 3 StR 485/10 – und vom 26. Mai 2000 – 3 StR 162/00, aaO).
8
Das Landgericht hat insoweit nicht erörtert, inwieweit die erworbenen, die verkauften und die vorrätig gehaltenen Mengen von Crystal und Marihuana ein und dieselbe Gesamtmenge betreffen. Es liegt indessen äußerst nahe , dass die zwischen August 2008 und Ende 2009 – überwiegend zu nicht näher bestimmten Zeitpunkten – insgesamt erworbenen 420 g Crystal teilweise mit den zwischen März 2009 und Februar 2010 insgesamt veräußerten 2.692,1 g Crystal sowie den am 26. Februar 2010 beim Angeklagten B. aufgefundenen 533,05 g Crystal identisch sind. Hierbei können die festgestellten Erwerbsmengen auch einen erheblichen Teil der verkauften Gesamtmenge ausgemacht haben, da nach den Feststellungen des Landgerichts zu den Wirkstoffgehalten (UA S. 15) davon auszugehen ist, dass der Angeklagte das zum Weiterverkauf bestimmte Crystal zum Teil auf mehr als die dreifache Menge gestreckt hat. Auch die Erörterung der Möglichkeit, dass das im Fall 8 verkaufte Kilogramm Marihuana aus einer der in den Fällen 1 bis 5 erworbenen Mengen herrührt, drängte sich nach den Urteilsfeststellungen auf. Ebenso wäre zu bedenken gewesen, dass die am 26. Februar 2010 sichergestellten 12,5 kg Marihuana den zuvor erworbenen Mengen entstammen können. Das Landgericht setzt sich auch nicht mit der nach den Feststellungen ebenfalls bestehenden Möglichkeit auseinander, dass die vor Beginn der festgestellten Verkaufstätigkeit erworbenen Mengen zunächst zu einem Gesamtvorrat zusammengefügt wurden, was jedenfalls hinsichtlich der dann vorrätig gehaltenen Menge desselben Betäubungsmittels, bei ei- nem Erwerb „im Gesamtpaket“ unter Umständen auch hinsichtlich verschie- dener Betäubungsmittel, zu einer einzigen Bewertungseinheit führen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 – 3 StR 485/10).
9
Liegen aber konkrete Anhaltspunkte vor, dass Erwerbs- und Verkaufshandlungen sowie ein zum Weiterverkauf vorrätig gehaltener Bestand ganz oder teilweise dieselbe Gesamtmenge betreffen, muss sich das Tatgericht um Feststellungen zu Zahl und Frequenz der Ein- und Verkäufe sowie um deren Zuordnung zueinander bemühen (BGH, Beschluss vom 5. März 2002 – 3 StR 491/01). Lassen sich solche Feststellungen bei ange- messenem Aufklärungsaufwand nicht treffen, hat das Tatgericht eine an den Umständen des Falles orientierte Schätzung vorzunehmen (BGH aaO).
10
Eine Berichtigung des Schuldspruchs ist dem Senat aufgrund der unzureichenden Feststellungen zur Zuordnung der angekauften, verkauften und vorrätig gehaltenen Betäubungsmittel nicht möglich. Das Verhältnis der einzelnen Akte des Handeltreibens zueinander bedarf daher in allen Fällen neuer tatrichterlicher Aufklärung und Bewertung.
11
b) Der Schuldspruch gegen den Angeklagten Bo. ist ferner insoweit durchgreifend bedenklich, als das Landgericht bei ihm die Voraussetzungen des Handelns als Mitglied einer Bande gemäß § 30a Abs. 1 BtMG angenommen hat. Bandenmäßig handelt, wer sich mit mindestens zwei Personen mit dem Willen verbunden hat, künftig und für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstypus zu begehen (BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2010 – 3 StR 363/10, insoweit in BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 74 nicht abgedruckt; Urteil vom 23. April 2009 – 3 StR 83/09, BGHR BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 1 Bande 9; Urteil vom 14. Februar 2002 – 4 StR 281/01, BGHR BtMG § 30a Bande 10; Beschluss vom 22. März 2001 – GSSt 1/00, BGHSt 46, 321).
12
Zwar lässt das Urteil hinsichtlich der ersten sechs ausgeurteilten Taten in hinreichender Weise erkennen, dass sich die Angeklagten B. und C. mit dem gesondert verfolgten T. zusammengeschlossen hatten, um durch mehrfachen An- und Verkauf von Betäubungsmitteln – vorwiegend von Crystal und Marihuana – Gewinn zu erwirtschaften. Auch geht das Landgericht zutreffend davon aus, dass Mitglied einer Bande auch derjenige sein kann, dem nach der Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeit darstellen (BGH, Urteil vom 23. April 2009 – 3 StR 83/09, aaO; Beschluss vom 15. Januar 2002 – 4 StR 499/01, BGHSt 47, 214). Indessen belegen die Urteilsfeststellungen nicht, dass sich der Angeklagte Bo. , mit den anderen Angeklagten und dem gesondert verfolgten T. mit dem Willen verbunden hat, künftig und für eine gewisse Dauer an mehreren Taten des Betäubungsmittelhandels mitzuwirken. Die hierzu im Urteil angeführten floskelhaften Formulierungen (UA S. 10) sind nicht tatsachengestützt und genügen daher nicht. Bedenken gegen einen Willen des Angeklagten Bo. , künftig und auf eine gewisse Dauer an mehreren Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz teilzunehmen, ergeben sich insbesondere daraus, dass er den Angeklagten B. lediglich bei einzelnen Gelegenheiten im Rahmen von Betäubungsmittelgeschäften chauffiert hat und damit nur an einem eher geringen Teil der von B. abgewickelten Betäubungsmittelgeschäfte beteiligt war, ohne dass eine verbindliche Eingliederung in die Tätergruppe erkennbar wäre. Gegen einen Bindungswillen des Angeklagten Bo. gegenüber den übrigen Tatbeteiligten spricht auch, dass er aus den Taten keinen nennenswerten Vorteil erlangt hat.
13
Ist aber die Bandenmitgliedschaft des Angeklagten Bo. nach den Urteilsfeststellungen nicht belegt, tragen diese auch nicht den Schuldspruch wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln. Denn bei der Mitgliedschaft in einer Bande handelt es sich um ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB (BGH, Urteil vom 14. Februar 2002 – 4 StR 281/01, aaO).
14
c) Auch hinsichtlich der Angeklagten B. – in den Fällen II.7 bis 15 der Urteilsgründe – und C. – in den Fällen II.8 (fünf Taten) und II.12 – rechtfertigen die Feststellungen teilweise Schuldsprüche wegen bandenmäßigen Handeltreibens nicht. Denn die Taten II.7 bis 15 betreffen einen Zeitraum , in welchem sich der gesondert Verfolgte T. bereits in Haft befand und die aus B. , C. und T. bestehende Bande mithin keinen Bestand mehr hatte. Eine Einbindung Bo. s oder weiterer Tatbeteiligter, insbesondere der verschiedenen Kuriere, in die Bandenabrede ist den Urteilsfeststellungen nicht hinreichend klar zu entnehmen. Insbesondere bei dem Angeklagten B. wird für jeden einzelnen Fall zu prüfen sein, ob sein Han- deln Ausfluss der Bandenabrede war, was beispielsweise im Fall II.9 zweifelhaft sein könnte.
15
d) Des Weiteren hält auch die Annahme von Mittäterschaft des Angeklagten C. der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand. Die Frage, ob die Beteiligung an einer Bandentat Mittäterschaft oder Beihilfe ist, beurteilt sich auch beim bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 – 4 StR 421/06, NStZ 2007, 288; Beschluss vom 15. Juli 2005 – 2 StR 226/05, StV 2005, 555; Beschluss vom 30. Oktober 2008 – 3StR 397/08). Wesentliche Anhaltspunkte für die Beurteilung, ob ein Tatbeteiligter beim unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln Mittäter oder nur Gehilfe ist, sind insbesondere der Grad des eigenen Interesses am Erfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Tatbeteiligten abhängen (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 – 4 StR 421/06, aaO). Es ist der jeweils konkrete Tatbeitrag insgesamt im Hinblick auf seine Bedeutung für das Gesamtgeschäft zu betrachten (BGH, Beschluss vom 7. August 2007 – 3 StR 326/07, NStZ 2008, 40). Eine solche Gesamtbetrachtung hat die Strafkammer nicht vorgenommen. Sie war auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Angeklagte C. für die Aufbewah- rung der Drogen 700 € bis 1.000 € sowie bezahlte Taxifahrten für seine Ehe- frau erhielt und damit eigensüchtig gehandelt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Mai 1994 – 2 StR 203/94, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 42; Beschluss vom 15. Juli 2005 – 2 StR 226/05). Für eine Gehilfenschaft könnte sprechen, dass er nicht unmittelbar am Umsatz beteiligt war, offenbar strikt nach den Anweisungen des Angeklagten B. und des gesondert verfolgten T. handelte, nicht selbst mit den gezahlten und erhaltenen Geldern in Berührung kam und nach den Urteilsfeststellungen auch keine Möglichkeit hatte, auf Art und Umfang der Geschäfte sowie die Preisgestaltung Einfluss zu nehmen. Seine gegenüber B. und T. untergeordnete Rolle zeigt sich auch daran, dass er mit der Verlegung des Drogenlagers nach der Verhaftung des Kuriers S. aus der Tätergruppe ausschied.
16
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung des gesamten Rechtsfolgenausspruchs nach sich. Von den aufgezeigten Rechtsfehlern sind die Feststellungen zu den einzelnen Ankaufs- und Verkaufshandlungen, zu den am 26. Februar 2010 vorrätig gehaltenen Substanzen und Gegenständen sowie zu den Wirkstoffgehalten der gehandelten Betäubungsmittel jedoch nicht betroffen. Sie können daher bestehen bleiben, wobei ergänzende Feststellungen insoweit möglich sind, soweit sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen. Bestehen bleiben können auch die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten, insbesondere zu ihrer uneingeschränkten Schuldfähigkeit.
17
4. Das neue Tatgericht wird zu beachten haben, dass für die Bemessung der Strafe des Gehilfen das im Gewicht seines Tatbeitrags zum Ausdruck kommende Maß seiner Schuld maßgeblich ist, wenn auch unter Berücksichtigung des ihm zurechenbaren Umfangs oder der Folgen der Haupttat (BGH, Beschluss vom 16. August 2000 – 3 StR 253/00, wistra 2000, 463; Beschluss vom 20. August 1982 – 2 StR 296/82, StV 1983, 14). Zudem muss sich das Tatgericht mit der Frage auseinandersetzen, ob nicht beim Vorliegen des vertypten Milderungsgrundes des § 27 StGB an Stelle einer Milderung über § 49 Abs. 1 StGB der Strafrahmen gegebenenfalls unter Verbrauch des Milderungsgrundes dem für den Angeklagten günstigeren § 30a Abs. 3 BtMG zu entnehmen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 11. August 1987 – 3 StR 341/87, BGHR vor § 1/minder schwerer Fall Strafrahmenwahl 4). Minder schwere Fälle gemäß § 30a Abs. 3 BtMG könnten sich bei dem Angeklagten C. auch für den Fall erneuter Annahme von Mittäterschaft allein aus einer Nähe seiner Tatbeiträge zu Beihilfehandlungen und einer den Voraussetzungen des § 31 BtMG angenäherten Geständigkeit ergeben.
18
Zudem wird darauf hingewiesen, dass eingezogene Gegenstände in der Urteilsformel so genau wie möglich zu bezeichnen sind (BGH, Beschluss vom 15. Oktober 1992 – 1 StR 656/92, NStZ 1993, 95). Bei Betäubungsmitteln gehört dazu die Angabe der Menge; bei Waffen, Waffenteilen und Munition deren Art und Anzahl.
Basdorf Raum Brause Schneider Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 277/12
vom
21. August 2012
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 21. August 2012
gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 21. März 2012 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Nach den Urteilsfeststellungen legte der Angeklagte ab März 2011 in seiner Wohnung ein Kokaindepot an, um das Kokain in Form von so genannten Bubbles mit Gewinn weiterzuverkaufen. Das Depot füllte er mehrfach mit neu erworbenen Kokainmengen auf. So erwarb er Anfang März 2011 100 g, am 9. April 2011 nochmals 100 g, am 10. April 2011 500 g, am 16. April 2011 300 g und danach weitere 700 g Kokaingemisch mit einem Wirkstoffanteil von jeweils mindestens 50 % Kokainhydrochlorid. Zurzeit seiner Festnahme am 19. August 2011 besaß er noch 955,5 g Kokaingemisch.
3
Das Landgericht ist im Hinblick auf die sukzessive Auffüllung des Drogenvorrats davon ausgegangen, dass der Angeklagte insgesamt nur eine Tat im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG begangen habe. Dagegen bestehen rechtliche Bedenken. Beim wiederholten Rauschgifterwerb zum Weiterverkauf in Kleinmengen sind die Handlungen des Käufers grundsätzlich nicht als eine Tat im Sinne einer Bewertungseinheit anzusehen. Dies gilt selbst dann, wenn die einzelnen Portionen von einem Lieferanten erworben werden, der sie seinerseits aus einem einheitlichen Vorrat entnommen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 – 1 StR 587/09, NStZ-RR 2011, 25, 26). Alleine der gleichzeitige Besitz mehrerer Drogenmengen verbindet die hierauf bezogenen Handlungen nicht zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Februar 2008 – 2 StR 619/07, NStZ 2008, 470). Deshalb führt auch das wiederholte Auffüllen eines Betäubungsmittelvorrats nicht zur Verklammerung der Erwerbsakte zu einer Bewertungseinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Mai 2000 – 3 StR 162/00, NStZ 2000, 540 f.). Auf die Zahl der Einzelverkäufe kommt es hier nicht an (vgl. BGH, Beschluss vom 5. März 2002 – 3 StR 491/01, NJW 2002, 1810 f.). Bei allen Einkaufsmengen handelte es sich um nicht geringe Mengen. Danach wäre von fünf Taten im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG auszugehen statt nur von einer derartigen Tat.
4
Die Annahme nur einer Tat durch das Landgericht beschwert den Angeklagten jedoch auch im Hinblick darauf, dass das Landgericht das Verfahren durch Beschluss vom 21. März 2012 gemäß § 154a Abs. 2 StPO auf den abgeurteilten Vorwurf beschränkt hat, hier nicht. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei zutreffender Bewertung der Konkurrenzlage zu einer milderen (Gesamt-)Freiheitsstrafe gelangt wäre. Es hatte im Rahmen der gemäß § 257c StPO getroffenen Verständigung - noch vor Umgestaltung der Strafklage zur Annahme einer Bewertungseinheit - zugesagt, eine Gesamtfreiheitsstrafe zwi- schen vier Jahren und sechs Monaten sowie fünf Jahren und sechs Monaten zu verhängen. Die tatsächlich ausgesprochene Freiheitsstrafe entspricht der Untergrenze dieses Rahmens.
Fischer Appl Berger
Eschelbach Ott

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 586/15
vom
29. Juni 2016
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:290616B2STR586.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 29. Juni 2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 29. Juni 2015 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe und Munition unter Einbeziehung weiterer Strafen aus einer anderen Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und fünf Monaten verurteilt. Außerdem hat es eine Einziehungs-, eine Verfallsund eine Anrechnungsentscheidung (hinsichtlich erbrachter Arbeitsleistungen) getroffen. Das auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Rechtsmittel des Angeklagten hat Erfolg.
2
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
Der Generalbundesanwalt hat insoweit zutreffend ausgeführt: „DasLandgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte ab November 2009 jeweils im Abstand von sechs bis acht Wochen mit Betäubungsmitteln beliefert wurde, wobei von vornherein der überwiegende Teil zum Weiterverkauf und eine Teilmenge zum Eigenverbrauch bestimmt war. In der Zeit bis Dezember 2010 erhielt der Angeklagte pro Lieferung ca. 10-20 Gramm Kokainzubereitung und bis Dezember 2011 jeweils 50 Gramm sowie in zwei Fällen im Juli 2011 und Dezember 2011 jeweils 200 Gramm Kokainzubereitung. Von den insgesamt gelieferten 610 Gramm Kokain hat der Angeklagte 430 Gramm in Kleinmengen zwischen einem und fünf Gramm veräußert und 30 Gramm selbst konsumiert; der Rest wurde im Dezember 2011 in seiner Wohnung sichergestellt. Die gesamte Wirkstoffmenge betrug 182,39 Gramm Cocainhydrochlorid, was dem 36,4fachen der nicht geringen Menge entspricht. Ab Anfang 2011 war der Angeklagte im Besitz einer Schusswaffe, die er gebrauchsbereit in seiner Wohnung in der Nähe der gelagerten Betäubungsmittel aufbewahrte, wo auch die Verkäufe an die Abnehmer des Angeklagten stattfanden. Im Hinblick darauf, dass der Drogenvorrat nie ganz aufgebraucht wurde und der Angeklagte diesen immer wieder sukzessive aufgefüllt hat, ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Angeklagte insgesamt nur eine Tat im Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG begangen habe. Dies begegnet jedoch rechtlichen Bedenken. Denn die Annahme einer einheitlichen Tat im Sinne einer Bewertungseinheit setzt voraus, dass sämtliche Betäubungsmittel Gegenstand ein und desselben Güterumsatzes waren, etwa indem der Angeklagte sie gleichzeitig zum Zwecke gewinnbringender Weiterveräußerung erworben hätte (vgl. BGHSt 30, 28, 31; 43, 252, 261; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 27, 45; § 29 Bewertungseinheit 1 sowie die Nachweise bei Körner BtMG 6. Aufl. § 29 Rn. 847). Dies ist beim wiederholten Rauschgifterwerb zum Weiterverkauf in Kleinmengen grundsätzlich nicht der Fall. Die Strafkammer hat festgestellt, dass das verkaufte Kokain ausverschiedenen – insgesamt mindestens elf (UA S. 7, 12) – Erwerbsvorgängen stammt. Der bloße Umstand, dass bei jedem Neukauf noch Reste der vorangegangenen Lieferung vorhanden waren, die mit dem neuerworbenen Rauschgift vermischt wurden, verbindet nicht sämtliche Ankäufe zu einer einheitlichen Vorratsmenge (BGH, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 20). Alleine der gleichzeitige Besitz mehrerer Drogenmengen verbindet die hierauf bezogenen Handlungen nicht zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens (vgl. Se- nat, Beschluss vom 20. Februar 2008 – 2 StR 619/07, NStZ 2008, 470). Deshalb führt auch das wiederholte Auffüllen eines Betäubungsmittelvorrats nicht zur Verklammerung der Erwerbsakte zu einer Bewertungseinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Mai 2000 – 3 StR 162/00, NStZ 2000, 540 f.). Auf die Zahl der Einzelverkäufe kommt es hier nicht an (vgl. BGH, Beschluss vom 5. März 2002 – 3 StR 491/01, NJW 2002, 1810 f.).“
4
Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts kann der Schuldspruch aber nicht bestehen bleiben. Denn es ist vorliegend nicht ausgeschlossen, dass der Angeklagte durch die Annahme nur einer rechtlichen Tat beschwert ist. Zwar liegt – unter Berücksichtigung der in jedem Einzelfall erworbenen Betäubungsmittelmengen und unter Abzug der von dem Angeklagten für den Eigenkonsum erworbenen Mengen – jedenfalls bei vier Erwerbsvorgängen ab Januar 2011 ein Handeltreiben mit nicht geringer Menge vor, bei dem der Angeklagte jeweils eine Schusswaffe mit sich geführt hat. Auch wenn damit § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG in vier tatmehrheitlichen Fällen gegeben ist, lässt sich weder ausschließen , dass die Strafkammer in jedem dieser Einzelfälle anders als bei der jetzt abgeurteilten Tat, bei der sie unter anderem auch maßgeblich die Gesamtmenge der gehandelten Betäubungsmittel berücksichtigt hat, einen minder schweren Fall angenommen hätte, noch lässt sich davon ausgehen, dass sie in einem solchen Fall (auch in Anbetracht der weiteren Einzelstrafen für die anderen Taten) keine mildere (Gesamt-)Freiheitsstrafe verhängt hätte.
5
Eine Schuldspruchänderung durch den Senat kommt nicht in Betracht. Angesichts des Umstands, dass dem Urteil keine Feststellungen zu entnehmen sind, in welchem Umfang in den jeweiligen Erwerbsvorgängen Betäubungsmittelmengen enthalten sind, lässt sich eine zuverlässige rechtliche Einordnung jeder einzelnen Tat nicht vornehmen. Dies führt zur Aufhebung des gesamten Schuldspruchs, auch hinsichtlich des an sich fehlerfreien Schuldspruches wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz.
6
2. Die Sache bedarf neuer Verhandlung und Entscheidung. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf die in der Antragsschrift geäußerten, zutreffenden Bedenken gegen die Verfallsentscheidung hin. Fischer Appl Krehl Eschelbach Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 587/09
vom
14. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2010 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Ravensburg vom 12. August 2009 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Der Angeklagte wurde im Rahmen einer Verfahrensabsprache wegen einer Reihe in der ersten Jahreshälfte 2008 begangener Verstöße gegen das BtMG unter Einbeziehung der Einzelstrafen eines Urteils des Amtsgerichts Ravensburg vom 24. November 2008, dessen Feststellungen im Einzelnen mitgeteilt sind, zu einer (nachträglichen) Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt , wie dies auch die Verfahrensbeteiligten übereinstimmend beantragt hatten.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich die auf die Rüge der Verletzung sachlichen und förmlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten.
3
Näher ist ausgeführt, wie dies auch schon wiederholt gegenüber der Strafkammer geltend gemacht worden war, dass im Blick auf den in dem einbezogenen Urteil abgeurteilten Sachverhalt ein Verfahrenshindernis wegen Strafklageverbrauchs bestehe. Sie macht weiter geltend, wegen unzulänglicher Hinweise gemäß § 265 StPO seien Verteidigungsmöglichkeiten eingeschränkt worden, und ist nunmehr der Auffassung, die Strafkammer hätte die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) anordnen müssen.
4
Die Revision bleibt erfolglos.
5
1. Gegenstand der hier abgeurteilten Taten waren insgesamt (jeweils mindestens ) 55 g Kokaingemisch, 1,2 kg Amphetamin und 1.200 Ecstasy-Tabletten. Das Rauschgift stammte - an einer Stelle der Urteilsgründe heißt es „überwiegend“ , an einer anderen Stelle, die sich allerdings nur auf Kokain und Amphetamin bezieht, ist diese Einschränkung nicht gemacht - von R. .
6
Hinsichtlich des Strafklageverbrauchs bezieht sich der Kern des Vorbringens auf die im Urteil des Amtsgerichts getroffene Feststellung, dass der Angeklagte in der Diskothek "D. " in Ra. am 11. Mai 2008 61 EcstasyTabletten und 1,7 g Amphetamin gewinnbringend weiterverkaufen wollte. Während das Amtsgericht hinsichtlich sämtlicher sonstiger von ihm abgeurteilter Taten R. als (möglichen) Lieferanten nennt, ist dies hinsichtlich des am 11. Mai 2008 sichergestellten Rauschgifts nicht der Fall.
7
Die Strafkammer erörtert im Anschluss an die Prüfung der Konkurrenzverhältnisse auch die Frage, ob die hier abgeurteilten Taten mit den vom Amtsgericht abgeurteilten Taten eine Bewertungseinheit mit der Folge des Strafklageverbrauchs (vgl. hierzu zusammenfassend Körner BtMG 6. Aufl. § 29 Rdn. 887 m.w.N.) bilden könnten. Die Strafkammer verneint dies. Der Angeklagte sei in vollem Umfang geständig, habe jedoch keine Angaben zur Herkunft des am 11. Mai 2008 im "D. " bei ihm sichergestellten Rauschgifts gemacht. Der Angeklagte habe nach seiner eigenen Einlassung im Tatzeitraum Rauschgift nicht allein von R. bezogen. Bei seiner polizeilichen Vernehmung habe er sogar noch ausgesagt, er habe sein Rauschgift meist nicht direkt von R. , sondern von irgendwelchen anderen Leuten bekommen. Abschließend führt die Strafkammer aus und belegt, dass auch der Zweifelssatz nicht gebiete, ohne hinreichende konkrete Anhaltspunkte dafür, dass mehrere Fälle des unerlaubten Er- werbs, Besitzes und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln dieselbe Rauschgiftmenge betreffen, eine Bewertungseinheit anzunehmen.
8
Die Revision meint, die Strafkammer habe die polizeiliche Aussage des Angeklagten falsch ausgelegt. Er habe lediglich darauf hingewiesen, dass das Rauschgift, das Gegenstand der vom Amtsgericht abgeurteilten Tat gewesen sei, direkt von R. stamme, in anderen Fällen habe er nicht direkt von R. bezogen, sondern von Dritten, die als Boten bzw. Überbringer für R. tätig geworden seien. Auch im Übrigen sei die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte habe nicht sein ganzes Rauschgift von R. bezogen, wie die Revision im Einzelnen darlegt, rechtsfehlerhaft. Daher hätte die Strafkammer von einer Bewertungseinheit ausgehen müssen.
9
Dies ist nicht der Fall.
10
Bei wiederholtem Rauschgifterwerb sind die Handlungen des Käufers selbst dann nicht als eine Tat im Sinne einer Bewertungseinheit anzusehen, wenn das gesamte eingekaufte Rauschgift aus demselben Vorrat stammt (vgl. BGH NStZ 1997, 243; Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. vor § 52 Rdn. 43 jew. m.w.N.). Mehrere Rauschgiftgeschäfte sind dann im Sinne von Tateinheit in einer Bewertungseinheit verbunden, wenn sie in ein und demselben Güterumsatz in einem Handlungsteil, etwa beim Erwerb, bei der Lieferung oder bei der Bezahlung des Kaufpreises in einer Gesamtmenge oder in einem Geldbetrag zusammentreffen (Körner aaO Rdn. 846 f. m.w.N.). Selbst wenn, etwa im Blick auf einen einheitlichen Vorgang des Erwerbs durch den Verkäufer zum Zwecke gewinnbringenden Weiterverkaufs, die von diesem aus dem Vorrat vorgenommenen späteren Verkaufshandlungen in Bewertungseinheit verbunden sind, führte dies nicht dazu, dass diese Vorgänge auch auf Seiten des - immer identischen - Käufers als in Bewertungseinheit verbunden anzusehen wären.
11
Ein (jedenfalls teilweiser) Strafklageverbrauch hinsichtlich des Angeklagten käme allenfalls in Betracht, wenn davon auszugehen wäre, dass er im Rahmen desselben Erwerbsvorgangs - eine nach und nach erfolgte Aufstockung eines Vorrats würde nicht ausreichen ("Silotheorie"; vgl. hierzu Körner aaO Rdn. 857 m.w.N.) - sowohl die am 11. Mai 2008 sichergestellten und dem entsprechend vom Amtsgericht abgeurteilten Mengen als auch eine hier abgeurteilte Menge erworben hätte.
12
Der Senat hat dies nicht im Wege des Freibeweises zu überprüfen, also etwa durch Rekonstruktion des Ergebnisses der Beweisaufnahme und (oder) durch Abgleich der Urteilsgründe mit dem Akteninhalt, sondern nach revisionsrechtlichen Grundsätzen (vgl. BGHSt 46, 349, 352, 353; BGH, Beschl. vom 16. November 2000 - 3 StR 457/00; in vergleichbarem Sinne BGHSt 22, 307, 309; BGH NStZ 2000, 388). Insoweit sind hier nur die Urteilsgründe maßgebend, da eine zulässige Verfahrensrüge in diesem Zusammenhang nicht erhoben ist.
13
Es ist nicht ersichtlich, dass der Strafkammer ein Rechtsfehler unterlaufen wäre.
14
Aus den dargelegten Gründen kommt es schon nicht darauf an, ob der Angeklagte sein Rauschgift ausschließlich von R. bezogen hat (hiergegen können die in den Urteilsgründen dokumentierten Angaben des Angeklagten sprechen) oder gar aus einem einheitlichen Vorrat von R. (hiervon ist bei einer Mehrzahl festgestellter Einzelverkäufe nicht ohne Weiteres auszugehen, vgl. BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 12). Jedenfalls sind keine konkreten Anhaltspunkte für die dargelegte Möglichkeit eines einheitlichen Kaufs des am 11. Mai 2008 sichergestellten Rauschgifts und hier verfahrensgegenständlichen Rauschgifts ersichtlich. Der Angeklagte hat offenbar häufig Rauschgift bezogen, wobei ihm dies von unterschiedlichen Personen ausgehändigt wurde. Unter die- sen Umständen könnte, wenn überhaupt, allenfalls der Zweifelssatz zu der Annahme führen, dass mehrere unterschiedliche Mengen Teile einer einheitlichen Gesamtmenge waren. Wie auch die Strafkammer jedoch zutreffend dargelegt hat, ist der Zweifelssatz aber keine tragfähige Grundlage für die Annahme einer Bewertungseinheit (st. Rspr., vgl. zusammenfassend Körner aaO Rdn. 855 m.w.N.).
15
2. Die Strafkammer gab im Laufe der Hauptverhandlung zwei rechtliche Hinweise gemäß § 265 StPO. Soweit hier von Interesse, lautete der erste Hinweis :
16
"Es wird darauf hingewiesen, dass bei den Taten 1, 13 u. 14 auch unerlaubter Besitz von Btm in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vors. unerlaubtem Handeltreiben mit Btm in Betracht kommt (§§ 29a Abs. 1 Nr. 2, 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG, 52 StGB)".
17
Es folgen in demselben Hinweis Ausführungen zu weiteren Taten. Diesem Teil des Hinweises braucht der Senat nicht weiter nachzugehen, weil er von der Revision nicht angegriffen ist.
18
Der zweite Hinweis lautete:
19
"Es wird darauf hingewiesen, dass bei der Tat Ziff. 1 auch unerl. Besitz von Btm in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerl. Handeltreiben von Btm in nicht geringer Menge in Betracht kommt".
20
Die Revision führt aus, dass "dieser Hinweis" in zweifacher Hinsicht fehlerhaft sei, wobei sie zur Begründung sowohl auf Elemente des ersten Hinweises als auch auf Elemente des zweiten Hinweises verweist. Der erste Hinweis verdeutliche nicht, welche neuen Tatsachen der veränderten rechtlichen Würdigung zu Grunde lägen. Darüber hinaus lasse der zweite Hinweis im Gegensatz zum ersten Hinweis die Schuldform des Handeltreibens "nach der nunmehr veränderten Sachlage" offen. Während zunächst noch von "vorsätzlichem" Handeltreiben die Rede gewesen sei, sei dies in dem zweiten Hinweis nicht mehr der Fall gewesen. Auch fehlte in dem zweiten Hinweis die Angabe der einschlägigen Paragraphen , sodass auch insoweit nicht zu erkennen gewesen wäre, ob die Strafkammer von vorsätzlichem oder fahrlässigem Handeltreiben ausgegangen sei.
21
a) Die Rüge, es werde die veränderte Tatsachengrundlage des Hinweises nicht deutlich, geht schon im Ansatz fehl. Die Annahme, ein Hinweis gemäß § 265 StPO müsse aus Rechtsgründen stets auf neuen tatsächlichen Erkenntnissen beruhen, trifft so nicht zu. Freilich ist dies nach forensischer Erfahrung vielfach der Fall, jedoch ist ein Hinweis gemäß § 265 StPO auch dann geboten, wenn sich der Sachverhalt zwar nicht geändert hat, er aber nach Auffassung des Gerichts dennoch rechtlich anders als noch in der zugelassenen Anklage zu bewerten ist (vgl. Engelhardt in KK 6. Aufl. § 265 Rdn. 17). Allein mit der Behauptung , die geänderten tatsächlichen Grundlagen eines Hinweises gemäß § 265 StPO seien nicht mitgeteilt, ist daher ein Verfahrensverstoß nicht schlüssig dargetan.
22
Im Übrigen könnte eine auf unzulängliche tatsächliche Erläuterung eines Hinweises gemäß § 265 StPO gestützte Rüge schon im Ansatz nur dann Erfolg haben, wenn Urteil und zugelassene Anklage in tatsächlicher Hinsicht wesentlich voneinander abweichen würden. Derartige Differenzen sind von der Revision nicht einmal abstrakt behauptet (zur Maßgeblichkeit der "Angriffsrichtung" einer Verfahrensrüge vgl. BGH NStZ 2008, 229, 230; Sander/Cirener JR 2006, 300 jew. m.w.N.), erst recht nicht konkret ausgeführt (vgl. Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 265 Rdn. 47 m.w.N.).
23
b) Dem Angeklagten lag im Fall 1 der Urteilsgründe vorsätzliches Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Last, und er wurde wegen vorsätzlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Die für Fahrlässigkeit maßgebliche Bestimmung, § 29 Abs. 4 BtMG, ist weder in der Anklage oder in den Hinweisen noch im Urteil genannt.
24
Auch wenn es im Übrigen grundsätzlich untunlich ist, identisches Geschehen in unterschiedlichen formalen Prozessvorgängen unterschiedlich (im ersten Hinweis als vorsätzliches Handeltreiben, im zweiten Hinweis als Handeltreiben) zu bezeichnen (vgl. BGH, Beschl. vom 27. Juli 2006 - 1 StR 147/06), kommt schon deshalb ein Verstoß gegen § 265 StPO nicht in Betracht.
25
Das Vorbringen der Revision, das Unterbleiben des von ihr vermissten Hinweises habe (auch) deshalb besonders Gewicht, weil die Strafkammer von einer geänderten Sachlage ausgegangen sei, kann, wie dargelegt, schon im Ansatz der Prüfung des Revisionsvorbringens nicht zu Grunde gelegt werden.
26
Im Übrigen liegt es nahe, mehrere rechtliche Hinweise, die sich auf die nämliche Tat beziehen, nicht isoliert, sondern in einer Gesamtschau zu bewerten ; selbst die Revision spricht (teilweise) nur von einem Hinweis. Dann aber wird im Abgleich der beiden Teile dieses Hinweises mit noch hinlänglicher Klarheit deutlich, dass mit dem zweiten Hinweis lediglich die Unzulänglichkeit des ersten Hinweises insoweit beseitigt werden sollte, als dort hinsichtlich des Besitzes nicht auf die geringe Menge hingewiesen war, im Übrigen dessen Inhalt aber fortgelten sollte.
27
c) Ohne dass es darauf ankäme, dass hier eine Verfahrensabsprache vorliegt , könnte der Senat aber auch keine, nicht einmal eine entfernte, Möglichkeit erkennen, dass das gesamte in Rede stehende Verfahrensgeschehen irgend einen nachteiligen Einfluss auf Verteidigungsmöglichkeiten des Angeklagten ge- habt haben könnte. Auch die Revision legt in ihren Ausführungen zum Beruhen des Urteils auf den geltend gemachten Mängeln nur - zutreffend, aber nur abstrakt - dar, dass eine andere Verteidigungsmöglichkeit nicht notwendigerweise nahe liegen muss.
28
In diesem Zusammenhang bemerkt der Senat: Von hier nicht einschlägigen Besonderheiten abgesehen, braucht eine Revisionsbegründung den ursächlichen Zusammenhang zwischen (behauptetem) Rechtsfehler und dem angefochtenen Urteil nicht ausdrücklich darzulegen. Es ist vielmehr grundsätzlich Sache des Revisionsgerichts, die Beruhensfrage von sich aus zu prüfen. Dies sollte jedoch gerade in Fällen, in denen die Möglichkeit eines Beruhens nicht leicht zu erkennen ist, den Beschwerdeführer nicht davon abhalten, konkret darzulegen, warum aus seiner Sicht hier ein Beruhen möglich erscheinen kann (vgl. zusammenfassend Kuckein in KK 6. Aufl. § 344 Rdn. 65 m.w.N.). Andernfalls ist nicht auszuschließen, dass das Revisionsgericht trotz seiner umfassenden Überprüfung der Beruhensfrage eine in diesem Zusammenhang (doch) in Betracht zu ziehende Möglichkeit nicht erkennt und daher auch nicht in seine Erwägungen einbezieht (BGH, Beschl. vom 14. Januar 2010 - 1 StR 620/09). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof gerade auch im Zusammenhang mit Rügen der Verletzung von § 265 StPO wiederholt darauf hingewiesen, dass auch dem Revisionsvorbringen nichts zu entnehmen ist, was das (negative) Ergebnis seiner Beruhensprüfung in Frage stellen könne (vgl. z.B. BGHR StPO § 265 Abs.1 Hinweispflicht 9, 12; BGH, Beschl. vom 19. Oktober 1994 - 2 StR 336/94; Beschl. vom 13. Juni 2007 - 2 StR 127/07).
29
3. Die auf Grund der Sachrüge gebotene Überprüfung des Urteils hat, auch über die im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Verfahrenshindernis vorgenommene Überprüfung hinaus, keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Ebenso wenig stellt es den Bestand des Urteils in Frage, dass die Strafkammer davon abgesehen hat, den Angeklagten gemäß § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beschwert es den Angeklagten grundsätzlich nicht, wenn keine Maßregel gemäß § 64 StGB gegen ihn verhängt wird (vgl. BGH NStZ 2009, 261 m.w.N.). Eine Fallgestaltung, bei der trotz fehlender Beschwer des Angeklagten auf seine Revision eine Aufhebung des Urteils wegen einer zu Unrecht unterlassenen Unterbringung gemäß § 64 StGB in Betracht kommen kann (BGHSt 37, 5, 9 f.), liegt nicht vor. Ebenso wie schon der hierzu gehörte Sachverständige hat auch die Strafkammer bei der Prüfung und Verneinung der Notwendigkeit einer Unterbringung keine unzutreffenden Maßstäbe zu Grunde gelegt , wie dies auch der Generalbundesanwalt im Einzelnen näher ausgeführt hat, ohne dass dies von der Erwiderung der Revision entkräftet wäre. Nack Wahl Graf Jäger Sander

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

7
b) Doch hat das Landgericht bei der Annahme von Tatmehrheit nicht bedacht, dass mehrere Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln - unabhängig vom Vorliegen einer Bewertungseinheit - zueinander dann in Tateinheit im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB stehen, wenn ihre tatbestandlichen Ausführungshandlungen sich - teilweise - überschneiden (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017 - 3 StR 487/16, NStZ 2017, 711, 712 mwN; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 10. Juli 2017 - GSSt 4/17, juris Rn. 23 [zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen]; vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, juris Rn. 5). Da das Vorhalten einer Handelsmenge zum Vertrieb als Teilakt des Handeltreibens anzusehen ist, vermag der gleichzeitige Besitz zweier für den Verkauf bestimmter Vorräte jedenfalls dann Tateinheit in diesem Sinne zu begründen, wenn die Art und Weise der Besitzausübung über eine bloße Gleichzeitigkeit hinausgeht und die Wertung rechtfertigt, dass - etwa wegen eines räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs (vgl. auch BGH, Urteil vom 2. April 2015 - 3 StR 642/14, juris Rn. 8; Beschluss vom 10. Juli 2017 - GSSt 4/17, juris Rn. 29 [zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen]) - die tatsächliche Ausübung des Besitzes über die eine Menge zugleich die Ausübung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über die andere darstellt (BGH, Urteil vom 2. April 2015 - 3 StR 642/14, juris Rn. 7 mwN; LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 43; Weber, BtMG, 5. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 628 ff.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 13. Oktober 1998 - 4 StR 315/98, NStZ-RR 1999, 119, 120).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
GSSt 4/17
vom
10. Juli 2017
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––
Das sowohl dem Transport des Kaufgeldes für den Erwerb einer früheren als
auch der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen
des Lieferanten verbindet als natürliche Handlung die beiden Umsatzgeschäfte
zu einer einheitlichen Tat im materiell-rechtlichen Sinne.
Im Rahmen einer bestehenden Lieferbeziehung verbindet die Bezahlung einer
zuvor "auf Kommission" erhaltenen Betäubungsmittelmenge aus Anlass der
Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge die beiden Umsatzgeschäfte
zu einer einheitlichen Tat im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit.
BGH, Beschluss vom 10. Juli 2017 – GSSt 4/17 – LG Stade
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:100717BGSST4.17.0

Der Große Senat für Strafsachen hat durch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg, den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum, die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke, Prof. Dr. Jäger und Dr. Schäfer, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider sowie die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Prof. Dr. Krehl, Dr. Eschelbach und Gericke am 10. Juli 2017 beschlossen:
Das sowohl dem Transport des Kaufgeldes für den Erwerb einer früheren als auch der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten verbindet als natürliche Handlung die beiden Umsatzgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im materiell-rechtlichen Sinne. Im Rahmen einer bestehenden Lieferbeziehung verbindet die Bezahlung einer zuvor "auf Kommission" erhaltenen Betäubungsmittelmenge aus Anlass der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge die beiden Umsatzgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit.

Gründe:


I.


1
Die Vorlage betrifft die konkurrenzrechtliche Bewertung unterschiedlicher Modalitäten der Abwicklung von aufeinanderfolgenden Betäubungsmittelumsätzen , insbesondere dann, wenn die Bezahlung einer zunächst "auf Kommission" erworbenen Betäubungsmittelmenge im Zeitpunkt der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge noch nicht (vollständig) erledigt ist.
2
1. In einem beim 3. Strafsenat anhängigen Verfahren hat das Landgericht den Angeklagten unter anderem wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sieben Monaten verurteilt sowie Einziehungsentscheidungen getroffen.
3
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte in sechs Fällen von derselben Person jeweils mindestens 100 g Kokain mit einem Reinheitsgehalt von mindestens 30 %, um dieses gewinnbringend weiter zu veräußern und sich eine nicht unerhebliche Einnahmequelle von einiger Dauer zu verschaffen. Er fuhr deswegen zwischen Mitte August 2011 und Mitte Mai 2012 insgesamt sechs Mal nach vorheriger telefonischer Absprache mit dem Lieferanten in seinem Auto nach Bremen, erwarb dort das Rauschgift "auf Kommission" und bezahlte es jeweils nach gewinnbringendem Weiterverkauf bei Abholung der neuen, zuvor bestellten Betäubungsmittelmenge. Auf welche Weise das Entgelt für die sechste Betäubungsmittelmenge entrichtet wurde, hat die Strafkammer nicht festgestellt.
4
b) Das Landgericht hat dieses Geschehen ohne weitere Erörterungen als sechs rechtlich selbstständige Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge abgeurteilt. Nur insoweit ist die Verurteilung des Angeklagten , gegen die er sich insgesamt mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts wendet, Gegenstand des Vorlageverfahrens. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, das angefochtene Urteil im Strafausspruch wegen unterlassener Berücksichtigung eines eingezogenen Kraftfahrzeugs bei der Strafzumessung aufzuheben (§ 349 Abs. 4 StPO) und die weiter gehende Revision des Angeklagten zu verwerfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
5
2. Der 3. Strafsenat beabsichtigt, die Revision des Angeklagten in diesen sechs Verurteilungsfällen zu verwerfen, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet. Er ist ebenso wie das Landgericht der Ansicht, dass sechs in Tatmehrheit zueinander stehende Verbrechen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG gegeben seien. Sie würden weder durch das sowohl dem Transport des Kaufgeldes für die erste als auch der Übernahme der weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten noch durch die Bezahlung der zuvor "auf Kommission" erhaltenen Betäubungsmittelmenge bei Gelegenheit der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge tateinheitlich miteinander verknüpft.
6
3. Der 3. Strafsenat sieht sich jedoch nach dem Ergebnis des gemäß § 132 Abs. 3 GVG durchgeführten Anfrageverfahrens daran gehindert, in diesem Sinne zu entscheiden.
7
a) Der 2. und der 4. Strafsenat haben mit Beschlüssen vom 31. Mai 2016 (2 ARs 403/15, NStZ-RR 2016, 313) und 1. September 2016 (4 ARs 21/15, NStZ-RR 2016, 373) mitgeteilt, dass sie an ihrer entgegenstehenden Rechtsprechung festhalten. Dabei hat der 2. Strafsenat seine Rechtsprechung – in der Sache dem 4. Strafsenat folgend – dahin präzisiert, dass in dem Aufsuchen des Lieferanten, das der Bezahlung der bereits früher erworbenen und der Abholung der weiteren Rauschgiftmenge diene, ein den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erfüllendes Handlungselement liege, welches die Teilidentität der Ausführungshandlungen begründe. Es sei deshalb in sol- chen Fällen von Tateinheit im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB auszugehen. Der 2. und der 4. Strafsenat sind der Auffassung, der eindeutige Wortlaut der Vorschrift lasse die Annahme von Tatmehrheit nicht zu. Dem Gewicht oder dem Unrechtsgehalt der jeweiligen Tathandlung komme bei der rechtlichen Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses keine Bedeutung zu.
8
b) Der 5. Strafsenat hat mit Beschluss vom 2. März 2016 (5 ARs 60/15) entschieden, dass seine Rechtsprechung der beabsichtigten Entscheidung des 3. Strafsenats nicht entgegenstehe und er an eventuell früherer, abweichender Rechtsprechung aus den Gründen des Anfragebeschlusses nicht festhalte. Der 1. Strafsenat hat von einer Stellungnahme zu dem Anfragebeschluss abgesehen.

II.


9
1. Mit Beschluss vom 15. November 2016 (3 StR 236/15) hat der 3. Strafsenat die Sache gemäß § 132 Abs. 2 GVG dem Großen Senat für Strafsachen zur Entscheidung über folgende Rechtsfrage vorgelegt: Verbindet das sowohl dem Transport des Kaufgeldes für die erste als auch der Übernahme der weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten oder die Bezahlung einer zuvor auf "Kommission" erhaltenen Betäubungsmittelmenge bei Gelegenheit der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge die beiden Umsatzgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im materiellrechtlichen Sinn?
10
2. Der Generalbundesanwalt hat beantragt zu beschließen: Weder das sowohl dem Transport des Kaufgeldes für die erste als auch der Übernahme der weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten noch die Bezahlung einer zuvor auf "Kommission" erhaltenen Betäubungsmittelmenge bei Gelegenheit der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge verbindet die beiden Umsatzgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im materiell-rechtlichen Sinn.

III.


11
Die Voraussetzungen einer Divergenzvorlage nach § 132 Abs. 2 GVG sind gegeben, da der 3. Strafsenat mit seiner beabsichtigten Entscheidung von Rechtsprechung des 2. und des 4. Strafsenats abweichen würde.

IV.


12
Der Große Senat für Strafsachen beantwortet die Vorlegungsfrage wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich. Aus der Anwendung der Konkurrenzregel des § 52 Abs. 1 StGB auf den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ergibt sich danach Folgendes:
13
Aufeinanderfolgende, sich auf unterschiedliche Betäubungsmittelmengen beziehende Umsatzgeschäfte eines Betäubungsmittelhändlers werden im Sinne des § 52 StGB zu einer Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verbunden , wenn sich der Täter zu seinem Lieferanten begibt, um die vorangegange- ne Lieferung zu bezahlen und dabei zugleich eine weitere, zuvor bestellte Lieferung abzuholen, wenn also das Aufsuchen des Lieferanten zugleich beiden Umsatzgeschäften dient. Kommt es hingegen ohne eine vergleichbare teilidentische Ausführungshandlung zur Entgegennahme weiterer Betäubungsmittel lediglich aus Anlass der Bezahlung zuvor gelieferter Betäubungsmittel, handelt es sich um einen Fall der natürlichen Handlungseinheit.
14
Im Einzelnen:
15
1. Nach § 52 Abs. 1 StGB liegt materiell-rechtlich Tateinheit vor, wenn dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrfach verletzt:
16
a) Den Begriff "dieselbe Handlung" in § 52 Abs. 1 StGB definiert das Gesetz nicht ausdrücklich. Nach allgemeiner Auffassung wird der Handlungsbegriff in den §§ 52 Abs. 1 ff. StGB vorausgesetzt (MüKo-StGB/von HeintschelHeinegg , 3. Aufl., Vorbemerkung zu § 52 Rn. 8). Da die sachlich-rechtlichen Regelungen des § 52 StGB in erster Linie als Voraussetzung für ein funktionierendes Rechtsfolgensystem dienen, ist der Handlungsbegriff im Sinne der Konkurrenzlehre unabhängig vom jeweils erfüllten Tatbestand allgemein zu bestimmen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 1997 – 2 StR 520/96, BGHSt 43, 252, 256; von Heintschel-Heinegg aaO, Rn. 12). Er knüpft an den Vollzug eines Verhaltens im natürlichen Sinne und damit letztlich an eine Körperbewegung an (SSW-StGB/Eschelbach, 3. Aufl., § 52 Rn. 31, 57). Die für die Annahme von Tateinheit im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB erforderliche Verknüpfung der Tatbestände hat der Bundesgerichtshof dabei allein in der Überlagerung der objektiven Ausführungshandlungen gesehen (BGH, Beschluss vom 11. November 1976 – 4 StR 266/76, BGHSt 27, 66, 67; vgl. dazu auch RG, Urteil vom 28. April 1899 – Rep. 1158/99, RGSt 32, 137, 138 f.). Einen darüber hinausgehenden "inneren Zusammenhang" hat der Bundesgerichtshof dagegen nicht gefordert (BGH aaO). Abzugrenzen ist eine derartige Überschneidung jedoch von einem Zusammenfallen zweier Tatbestände, bei dem der Täter den einen Tatbestand nur gelegentlich der anderen Tat verwirklicht (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 27. April 2004 – 1 StR 466/03, NStZ 2004, 694; Urteil vom 5. August 2010 – 3 StR 210/10, juris Rn. 16). An diesen bereits in der früheren Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen hat der Bundesgerichtshof auch in der Folgezeit festgehalten (vgl. die Darstellung bei LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., Vor § 52 Rn. 9 ff., § 52 Rn. 6 ff; jeweils mwN). Eine Einschränkung der Annahme von Tateinheit ergibt sich auch nicht aus dem in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs formulierten Erfordernis der Identität in einem für beide Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil (vgl. BGH, Beschluss vom 11. November 1976 – 4 StR 266/76, BGHSt 27, 66, 67 unter Bezugnahme auf Geerds, Zur Lehre von den Konkurrenzen im Strafrecht, 1961, S. 277). Das Kriterium der Notwendigkeit bezieht sich insoweit lediglich auf die Tatbestandsverwirklichung in ihrer konkreten Form, mithin auf den konkreten Tatplan des Täters (BGH aaO).
17
b) Eine mehrfache Gesetzesverletzung durch eine Tat ist zunächst bei einer Handlung im natürlichen Sinne gegeben, also dann, wenn sich ein Willensentschluss in einem Ausführungsakt erschöpft (sog. natürliche Handlung; vgl. LK/Rissing-van Saan aaO, Vor § 52 Rn. 9, § 52 Rn. 6; jeweils mwN). Darüber hinaus kann von einer Tat im Rechtssinne auszugehen sein, wenn mehrere Handlungen im natürlichen Sinne zu einer Handlungseinheit zusammengefasst werden. Das ist der Fall, wenn zwischen mehreren menschlichen, strafrechtlich erheblichen Verhaltensweisen ein solcher unmittelbarer Zusammenhang besteht, dass sich das gesamte Tätigwerden bei natürlicher Betrach- tungsweise (objektiv) auch für einen Dritten als ein einheitlich zusammengefasstes Tun darstellt und die einzelnen Betätigungsakte durch ein gemeinsames subjektives Element miteinander verbunden sind (sog. natürliche Handlungseinheit ; vgl. nur BGH, Urteile vom 27. März 1953 – 2 StR 801/52, BGHSt 4, 219, 220, vom 21. September 2000 – 4 StR 284/00, BGHSt 46, 146, 153, und vom 29. März 2012 – 3 StR 422/11, NStZ 2012, 525). Eine weitere Fallgruppe stellt die sog. tatbestandliche Handlungseinheit im engeren Sinne dar, die sich dadurch auszeichnet, dass mehrere natürliche Handlungen unter – unterschiedlichen – rechtlichen Aspekten zu einer Handlungseinheit zusammengefasst werden, wie dies etwa in Fällen der mehraktigen oder zusammengesetzten Delikte oder bei Dauerdelikten der Fall sein kann (LK/Rissing-van Saan aaO, Vor § 52 Rn. 20 ff.). Wiederum darüber hinausgehend können auch der Sinn und Zweck der jeweils verletzten gesetzlichen Tatbestände, die im Wege der Auslegung zu ermitteln sind, zur Annahme einer tatbestandlichen Handlungseinheit führen, die – anders als die natürliche Handlungseinheit – vorwiegend normativ bestimmt wird. Solche Handlungseinheiten werden etwa bei Delikten mit pauschalierenden Handlungsbeschreibungen wie z.B. den Organisationsdelikten der §§ 129 ff. StGB (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 – 3 StR 537/14, BGHSt 60, 308, 311 ff.) sowie in Fällen wiederholter oder fortlaufender Tatbestandsverwirklichungen (sog. tatbestandliche Handlungseinheit im weiteren Sinne; vgl. dazu LK/Rissing-van Saan aaO, Vor § 52 Rn. 23 ff., 36 mwN) angenommen.
18
Der Sache nach stellt auch die sog. Bewertungseinheit eine tatbestandliche Zusammenfassung einer Mehrzahl natürlicher Handlungen zu einer Tat im Rechtssinne dar (vgl. LK/Rissing-van Saan aaO, Vor § 52 Rn. 39 ff. mwN [Unterfall der tatbestandlichen Handlungseinheit i.w.S:]; anders MüKo-StGB/von Heintschel-Heinegg aaO, § 52 Rn. 39 mwN [Rechtsfigur sui generis]). Haupt- anwendungsfall der Bewertungseinheit ist das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (LK/Rissing-van Saan aaO, Rn. 39).
19
2. Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist jede eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit, wobei verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungseinheit bilden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256 mwN). Eine auf den gewinnorientierten Umsatz von Betäubungsmitteln ausgerichtete Tätigkeit ist auch darin zu sehen, dass sich der Täter zu einer Örtlichkeit begibt, an welcher er von seinem Lieferanten eine zuvor bestellte, zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmte Betäubungsmittellieferung vereinbarungsgemäß übernehmen soll (BGH, Urteil vom 20. August 1991 – 1 StR 273/91, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 28). Das Aufsuchen des Lieferanten zur Abholung einer bereits zuvor verabredeten Lieferung zur Weiterveräußerung vorgesehener Betäubungsmittel verwirklicht daher den Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.
20
Dem – weit auszulegenden (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 262) – Begriff des Handeltreibens mit Betäu- bungsmitteln unterfallen aber nicht nur Handlungen, die unmittelbar der Beschaffung und der Weitergabe von Betäubungsmitteln an Abnehmer dienen. Tatbestandlich erfasst werden nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr auch dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatz nachfolgende Zahlungsvorgänge, ohne dass danach differenziert wird, ob der Handelnde auf Seiten des Abnehmers oder des Lieferanten tätig geworden ist (BGH, Beschluss vom 5. August 2014 – 3 StR 340/14, NStZ-RR 2015, 16; Urteile vom 7. Februar 2008 – 5 StR 242/07, NStZ 2008, 465; vom 17. Juli 1997 – 1 StR 791/96, BGHSt 43, 158, 162; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 2. Oktober 2002 – 2 StR 294/02, juris; vom 23. Mai 2007 – 2 StR 569/06, NStZ 2008, 42, 43; vom 27. Juni 2008 – 3 StR 212/08, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 7). So hat der Bundesgerichtshof in der Vergangenheit mehrfach entschieden, dass auch die bloße Übermittlung des für eine Betäubungsmittellieferung zu entrichtenden Geldbetrages vom Abnehmer an den Lieferanten den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erfüllt (vgl. BGH, Urteile vom 11. Juli 1995 – 1 StR 189/95, StV 1995, 641; vom 7. Februar 2008 – 5 StR 242/07, NStZ 2008, 465; Beschlüsse vom 5. November 1991 – 1 StR 361/91, StV 1992, 161; vom 17. Mai 1996 – 5 StR 119/96, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 50).
21
3. Gemessen daran gilt in Bezug auf die Vorlegungsfrage das Folgende:
22
a) ln der Fallkonstellation des Ausgangsverfahrens liegt Tateinheit im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB vor.
23
aa) Bei aufeinanderfolgenden, sich auf unterschiedliche Betäubungsmittelmengen beziehenden Umsatzgeschäften liegt eine jedenfalls teilweise, Tateinheit begründende Überschneidung der objektiven Ausführungshandlungen darin, dass sich der Täter zu seinem Lieferanten begibt, um einerseits die vorangegangene Lieferung zu bezahlen und dabei zugleich eine neue, zuvor bestellte Lieferung abzuholen, also das Aufsuchen des Lieferanten als verbindendes Element gleichermaßen beiden Umsatzgeschäften dient. Damit sind die Voraussetzungen für das Vorliegen einer teilidentischen Ausführungshandlung und damit für die Annahme von Tateinheit im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB erfüllt.
24
bb) Entgegen der Auffassung des vorlegenden Senats ergeben sich – unterBerücksichtigung des Zwecks der §§ 52 ff. StGB, das verwirklichte Unrecht und die Schuld im Einzelfall sachgerecht zu erfassen – auch aus den Besonderheiten des weiten Tatbegriffs beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln bei dieser Fallgestaltung keine durchgreifenden Bedenken gegen die Annahme von Tateinheit.
25
(1) Wie ausgeführt sind die Voraussetzungen von Tateinheit im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB unabhängig von den im jeweiligen Einzelfall verwirklichten Tatbeständen zu bestimmen. Maßgebend ist insoweit allein, ob sich zwei oder mehrere Straftatbestände in ihren Ausführungshandlungen notwendig jedenfalls teilweise überschneiden. Ein darüber hinausgehendes sachlich-rechtliches Kriterium für eine einschränkende Auslegung der Voraussetzungen von Tateinheit ist § 52 Abs. 1 StGB nicht zu entnehmen (vgl. MüKo-StGB/von Heintschel-Heinegg aaO, Vor §§ 52 ff. Rn. 8).
26
(2) Die Auffassung, wonach eine teilidentische Ausführungshandlung im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG nur dann zu einer tateinheitlichen Verbindung zweier an sich unabhängiger, sich auf unterschiedliche Betäubungsmittelmengen beziehender Handelsgeschäfte führt, wenn sie für jedes dieser Geschäfte einen nicht unerheblichen eigenen Unrechts- und Schuldgehalt aufweist und dadurch deren Unwert und die jeweilige Schuld des Täters zumindest mitprägt, was bei dem untergeordneten Teilakt der Fahrt zum Zwecke der Bezahlung eines bereits abgewickelten Betäubungsmittelgeschäfts nicht der Fall sei, findet im Gesetz keine Stütze. Sie beruht vielmehr allein auf einer einschränkenden, auf die jeweilige konkrete Fallgestaltung bezogenen Auslegung des Begriffs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Damit steht sie zugleich im Widerspruch zu der vom Bundesgerichtshof in ständiger Recht- sprechung vorgenommenen weiten Auslegung des Begriffs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, die ihren Ausdruck schon im Beschluss des Großen Senats vom 26. Oktober 2005 (GSSt 1/05, BGHSt 50, 252) gefunden hat und von der abzuweichen der Große Senat auch weiterhin keinen Anlass sieht.
27
(3) Auch als generelles Abgrenzungskriterium zwischen Tateinheit und Tatmehrheit ist die Ansicht, wonach eine teilidentische Ausführungshandlung beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nur dann zu einer tateinheitlichen Verbindung zweier Handelsgeschäfte führen kann, wenn sie für jedes dieser Geschäfte einen nicht unerheblichen eigenen Unrechts- und Schuldgehalt aufweist , nicht tragfähig. Mag auch das eigentliche Umsatzgeschäft in Gestalt der Übergabe einer bestellten Betäubungsmittelmenge bereits abgewickelt sein, sind gleichwohl Fallgestaltungen denkbar, in denen die Fahrt des Täters zum Zwecke der Bezahlung des gelieferten Rauschgifts beim Lieferanten nicht lediglich als untergeordneter Teilakt zu bewerten ist. Denkbar ist dies etwa beim Transport hoher Geldsummen oder in Fällen, in denen der Täter die mit sich geführten Geldbeträge auf dem Transport gegen Dritte etwa mit (Waffen-)Gewalt "verteidigt" und dadurch das Handeltreiben gegebenenfalls zu einem bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 StGB wird.
28
b) Kommt es im Rahmen einer bestehenden Lieferbeziehung ohne eine für beide Umsatzgeschäfte teilidentische Ausführungshandlung zur Entgegennahme weiterer Betäubungsmittel aus Anlass der Bezahlung zuvor bereits "auf Kommission" gelieferter Betäubungsmittel, verbindet dies beide Handelsgeschäfte zu einer Tat im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit.
29
aa) Beide strafrechtlichen Betätigungen sind jeweils für sich genommen Bestandteile zweier unterschiedlicher Umsatzgeschäfte im Sinne des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln; die Annahme einer (einzigen) Bewertungseinheit kommt danach regelmäßig nicht in Betracht. Jedoch stehen beide Betätigungsakte – ohne tatbestandliche Überschneidung in zumindest einem Teil der Ausführungshandlung, sondern aufeinander folgend – in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang. In objektiver Hinsicht erscheinen sie daher vor dem Hintergrund der zwischen den Beteiligten bestehenden Lieferbeziehung als ein einheitliches, zusammengehöriges Tun. In einer solchen Konstellation ist nicht lediglich von einem nur gelegentlichen Zusammentreffen zweier Tatbestände auszugehen.
30
bb) Auch das für die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit weiterhin erforderliche subjektive Element des einheitlichen Willens, von dem die einzelnen Betätigungsakte getragen sein müssen, ist in den Fällen der Bezahlung einer früheren und der Entgegennahme der Betäubungsmittel einer weiteren Lieferung regelmäßig gegeben. Zwar erfüllen beide Betätigungen als gesonderte Handlungen das Tatbestandsmerkmal des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nur für die jeweilige Lieferung. Gemeinsame Grundlage ist aber auch hier regelmäßig der über die einzelnen Umsatzgeschäfte hinausreichende Wille von Lieferant und Abnehmer, im Rahmen einer über ein Einzelgeschäft hinausreichenden Lieferbeziehung nicht nur ein Umsatzgeschäft zu tätigen und insgesamt aus mehreren Rauschgiftgeschäften größtmöglichen Gewinn zu erzielen.
Limperg Raum Sost-Scheible Franke
Jäger Schäfer Schneider König
Krehl Eschelbach Gericke
7
Zwar hat der bloße gleichzeitige Besitz von Betäubungsmitteln nicht die Kraft, mehrere selbständige Straftaten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zur Tateinheit zu verklammern (BGH, Urteil vom 1. Oktober 1997 - 2 StR 520/96, BGHSt 43, 252, 261; Urteil vom 28. September 1994 - 3 StR 261/94, NStZ 1995, 37, 38; Beschluss vom 13. Oktober 1998 - 4 StR 315/98, NStZ-RR 1999, 119, 120). Gleichartige Tateinheit ist aber u.a. dann anzunehmen, wenn die Art und Weise der Besitzausübung im Einzelfall über bloße Gleichzeitigkeit hinausgeht und die Wertung rechtfertigt, dass die tatsächliche Ausübung des Besitzes über die eine Menge zugleich die tatsächliche Besitzausübung über die andere darstellt, denn dies begründet Identität der jeweiligen Teilakte des Handeltreibens (LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., vor § 52 ff. Rn. 43; Weber, BtMG, 4. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 599; zur Vermischung unterschiedlicher Mengen BGH, Urteil vom 8. April 1997 - 1 StR 65/97, NStZ-RR 1997, 227).
7
b) Doch hat das Landgericht bei der Annahme von Tatmehrheit nicht bedacht, dass mehrere Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln - unabhängig vom Vorliegen einer Bewertungseinheit - zueinander dann in Tateinheit im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB stehen, wenn ihre tatbestandlichen Ausführungshandlungen sich - teilweise - überschneiden (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017 - 3 StR 487/16, NStZ 2017, 711, 712 mwN; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 10. Juli 2017 - GSSt 4/17, juris Rn. 23 [zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen]; vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, juris Rn. 5). Da das Vorhalten einer Handelsmenge zum Vertrieb als Teilakt des Handeltreibens anzusehen ist, vermag der gleichzeitige Besitz zweier für den Verkauf bestimmter Vorräte jedenfalls dann Tateinheit in diesem Sinne zu begründen, wenn die Art und Weise der Besitzausübung über eine bloße Gleichzeitigkeit hinausgeht und die Wertung rechtfertigt, dass - etwa wegen eines räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs (vgl. auch BGH, Urteil vom 2. April 2015 - 3 StR 642/14, juris Rn. 8; Beschluss vom 10. Juli 2017 - GSSt 4/17, juris Rn. 29 [zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen]) - die tatsächliche Ausübung des Besitzes über die eine Menge zugleich die Ausübung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über die andere darstellt (BGH, Urteil vom 2. April 2015 - 3 StR 642/14, juris Rn. 7 mwN; LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 43; Weber, BtMG, 5. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 628 ff.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 13. Oktober 1998 - 4 StR 315/98, NStZ-RR 1999, 119, 120).
7
Zwar hat der bloße gleichzeitige Besitz von Betäubungsmitteln nicht die Kraft, mehrere selbständige Straftaten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zur Tateinheit zu verklammern (BGH, Urteil vom 1. Oktober 1997 - 2 StR 520/96, BGHSt 43, 252, 261; Urteil vom 28. September 1994 - 3 StR 261/94, NStZ 1995, 37, 38; Beschluss vom 13. Oktober 1998 - 4 StR 315/98, NStZ-RR 1999, 119, 120). Gleichartige Tateinheit ist aber u.a. dann anzunehmen, wenn die Art und Weise der Besitzausübung im Einzelfall über bloße Gleichzeitigkeit hinausgeht und die Wertung rechtfertigt, dass die tatsächliche Ausübung des Besitzes über die eine Menge zugleich die tatsächliche Besitzausübung über die andere darstellt, denn dies begründet Identität der jeweiligen Teilakte des Handeltreibens (LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., vor § 52 ff. Rn. 43; Weber, BtMG, 4. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 599; zur Vermischung unterschiedlicher Mengen BGH, Urteil vom 8. April 1997 - 1 StR 65/97, NStZ-RR 1997, 227).

(1) Betäubungsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies

1.
nach wissenschaftlicher Erkenntnis wegen der Wirkungsweise eines Stoffes, vor allem im Hinblick auf das Hervorrufen einer Abhängigkeit,
2.
wegen der Möglichkeit, aus einem Stoff oder unter Verwendung eines Stoffes Betäubungsmittel herstellen zu können, oder
3.
zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Verkehrs mit Betäubungsmitteln oder anderen Stoffen oder Zubereitungen wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit
erforderlich ist. In der Rechtsverordnung nach Satz 1 können einzelne Stoffe oder Zubereitungen ganz oder teilweise von der Anwendung dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung ausgenommen werden, soweit die Sicherheit und die Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs gewährleistet bleiben.

(3) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt in dringenden Fällen zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Stoffe und Zubereitungen, die nicht Arzneimittel oder Tierarzneimittel sind, in die Anlagen I bis III aufzunehmen, wenn dies wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit erforderlich ist. Eine auf der Grundlage dieser Vorschrift erlassene Verordnung tritt nach Ablauf eines Jahres außer Kraft.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III oder die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zu ändern, soweit das auf Grund von Änderungen der Anhänge zu dem Einheits-Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Februar 1977 (BGBl. II S. 111) und dem Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe (BGBl. 1976 II S. 1477) (Internationale Suchtstoffübereinkommen) oder auf Grund von Änderungen des Anhangs des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der durch die Richtlinie (EU) 2017/2103 (ABl. L 305 vom 21.11.2017, S. 12) geändert worden ist, erforderlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 581/09
vom
2. November 2010
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
BGHR: ja
Veröffentlichung: ja
Zur nicht geringen Menge von Benzodiazepinen und Zolpidem
BGH, Urteil vom 2. November 2010 – 1 StR 581/09 – LG München I
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßiger Ausfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
2. November 2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizangestellte und
Justizangestellte
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 20. Mai 2009
a) im Schuldspruch zu den Taten unter B II 2. („Versand durch S. “) dahingehend geändert, dass der Angeklagte der unerlaubten Ausfuhr von Betäubungsmitteln in 18.995 Fällen schuldig ist;
b) im Schuldspruch zu den Taten unter B II 4. („Versand durch Ke. “) dahingehend geändert, dass der Angeklagte der bandenmäßigen Ausfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 69 Fällen und der unerlaubten Ausfuhr von Betäubungsmitteln in zwei Fällen schuldig ist;
c) im Schuldspruch zu den Taten unter B II 3. („Versand durch St. “) aufgehoben;
d) im Strafausspruch aufgehoben aa) hinsichtlich der Einzelstrafen, mit Ausnahme - der in den Fällen B II 4. („Versand durch Ke. “) für die Lieferungen Nrn. 1 bis 13, 15 bis 21 und 23 bis 71 verhängten Einzelstrafen, - der in den Fällen B II 2. („Versand durch S. “) verhängten Einzelstrafen, bei denen das Landgericht nicht von einer Strafbarkeit nach § 30a BtMG ausgegangen ist, bb) hinsichtlich der Gesamtstrafe. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
1. Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
2
Im Jahr 2004 beschlossen die gesondert verfolgten W. und B. sowie der Angeklagte M. , über das Internet Benzodiazepine (wie z.B. Valium) und sog. Non-Benzodiazepine (Zolpidem) an Kunden aus dem Ausland zu vertreiben, ohne jedoch über die für die Ausfuhr dieser Medikamente nach dem Betäubungsmittelgesetz erforderlichen Erlaubnisse zu verfügen. Der Versandhandel wurde maßgeblich über die von dem Angeklagten M. gegründete Medikamentengroßhandelsfirma „G. “ abgewickelt, deren faktischer Geschäftsführer seit dem Jahr 2002 der gesondert verfolgte B. war. W. war ebenfalls bei der Firma „G. “ beschäftigt, zunächst ab dem Jahr 2003 als ein in die Geschäftsleitung eingebundener Angestellter und ab August 2005 als weiterer Geschäftsführer. Nach dem von B. und W. sowie von dem Angeklagten ersonnenen Geschäftsmodell wurden die Medikamentenbestellungen von Kunden aus dem Ausland über diverse Internetplattformen erlangt, die von der von dem Angeklagten gegründeten Firma „N. “ betrieben wurden. Nach der Prüfung der Kreditkartendaten und der Kreditwürdigkeit des jeweiligen Bestellers wurden die Bestellungen an einen in das Geschäftsmodell eingeweihten Arzt übermittelt, der gegen ein zuvor festgelegtes Entgelt „online“ ein entsprechendes Rezept ausstellte, um so nach außen hin den Anschein einer ordnungsgemäßen ärztlichen Untersuchung zu erwecken. Das Rezept und die Bestellung wurden schließlich an einen ebenfalls eingeweihten Apotheker weitergeleitet, der gegen eine zuvor bestimmte Vergütung die bestellten Medikamente über die Firma „G. “ bezog, diese anschließend versandfertig verpackte und - ohne über die hierfür erforderliche betäubungsmittelrechtliche Erlaubnis zu verfügen - in das Ausland an die jeweiligen Kunden verschickte.
3
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts kam es auf diese Weise im ersten Tatkomplex (unter B II 2. „Versand durch S. “) in dem Tatzeitraum vom 7. Oktober 2004 bis zum 15. März 2006 durch den - von B. und W. sowie von dem Angeklagten M. gemeinsam eingesetzten - Apotheker S. zu mindestens 18.995 Versendungen an Kunden im Ausland , die Medikamente mit den Wirkstoffen Alprazolam, Clonazepam, Diazepam , Lorazepam oder Zolpidem enthielten.
4
b) Im Mai 2005 stellte der Angeklagte die gesondert verfolgte K. als freie Mitarbeiterin ein, die sowohl für die Firma „N. “ als auch für die Firma „G. “ tätig war. Zu ihrem Aufgabenbereich gehörten unter anderem die Erfassung der Bestellungen und der Kundendaten sowie die Erstellung von Versandlisten. Außerdem stand sie als „rechte Hand“ des Angeklagten M. , der sich überwiegend im Ausland aufhielt, ständig in Kontakt mit diesem und informierte ihn über die Geschäftsentwicklung.
5
Ab April 2006 übernahm der Apotheker St. die Tätigkeit des Apothekers S. und verschickte für den Angeklagten sowie für die gesondert verfolgten W. , B. und K. die über das Internet bestellten Medikamente in das Ausland, ohne über die erforderlichen betäubungsmittelrechtlichen Erlaubnisse zu verfügen. In diesem zweiten Tatkomplex (in den Urteilsgründen unter B II 3. „Versand durch St. “) kam es in dem Tatzeitraum von April 2006 bis Dezember 2006/Januar 2007 zu insgesamt 5.399 Versendungen an Kunden im Ausland, die Medikamente mit den Wirkstoffen Alprazolam , Clonazepam, Diazepam, Lorazepam oder Zolpidem enthielten.
6
c) Im Januar 2007 vereinbarten B. und W. sowie der Angeklagte M. mit der gesondert verfolgten Ke. , die in Polen und Deutschland mehrere Medikamentengroßhandelsunternehmen betrieb, dass von der Firma „G. “ Benzodiazepine bzw. Non-Benzodiazepine wie Zolpidem von Deutschland aus zu dieser nach Polen geliefert werden sollten, damit sie diese an die jeweiligen Besteller weiter verschicken konnte. In diese Geschäfte war auch die gesondert verfolgte K. eingebunden. Ihr kam unter anderem die Aufgabe zu, aus den eingehenden Bestellungen täglich Versandlisten zu erstellen und diese nach Polen zu übermitteln. Im dritten Tatkomplex (unter B II 4. „Versand durch Ke. “) kam es in dem Tatzeitraum von Januar 2007 bis Oktober 2007 zu insgesamt 71 Lieferungen an diegesondert verfolgte Ke. in Polen, die Medikamente mit den Wirkstoffen Alprazolam, Clonazepam, Diazepam, Lorazepam , Lormetazepam (im Urteil fälschlich als Lormelazepam bezeichnet, wobei es sich um ein offensichtliches Schreibversehen handelt, da es einen Wirkstoff mit diesem Namen nicht gibt), Midazolam, Oxazepam, Temazepam, Triazolam, Tetrazepam oder Zolpidem enthielten. Auf Anweisung des W. wurden die Medikamente vor dem Versand nach Polen falsch deklariert und auf den Lieferscheinen als Kosmetika oder Fußbalsam ausgewiesen.
7
2. Rechtlich hat das Landgericht den festgestellten Sachverhalt wie folgt bewertet:
8
a) Hinsichtlich der Versendungen von Medikamenten mit den Wirkstoffen Alprazolam, Clonazepam, Diazepam, Lorazepam, Lormetazepam, Midazolam, Oxazepam, Temazepam, Triazolam, Tetrazepam und Zolpidem ins Ausland ist das Landgericht davon ausgegangen, dass es sich hierbei jeweils um ausgenommene Zubereitungen i.S.v. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 3 BtMG i.V.m. Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG gehandelt habe. Die Strafbarkeit der Ausfuhr solcher Zubereitungen ergebe sich als „Ausnahme von der Ausnahme“ aus der Anlage III zweiter Gedankenstrich lit. b Satz 2, wonach für ausgenommene Zubereitungen (außer solchen mit Codein oder Dihydrocodein) die betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften über die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr gelten. Das Landgericht hat daher die Versendungen der Medikamente mit den oben bezeichneten Wirkstoffen jeweils als gewerbsmäßige unerlaubte Ausfuhr von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 BtMG und - soweit es den Grenzwert zur nicht geringen Menge als überschritten angesehen hat - als bandenmäßig begangene Ausfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 1, § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG bewertet. Einen Verbotsirrtum des Angeklagten, der in Unkenntnis der Genehmigungserfordernisse gehandelt habe, hat das Landgericht als vermeidbar erachtet.
9
b) Gestützt auf die Ausführungen von drei Sachverständigen hat es dabei die nicht geringe Menge der vertriebenen Wirkstoffe wie folgt festgesetzt:
10
600 mg Diazepam:
11
Alprazolam: 60 mg
12
Clonazepam: 90 mg
13
Lorazepam: 90 mg
14
Midazolam: 450mg
15
Oxazepam: 1.800 mg
16
Temazepam: 1.200 mg
17
Tetrazepam: 3.000 mg
18
Triazolam: 15 mg
19
Zolpidem: 1.200 mg.
20
Einen Grenzwert für den Wirkstoff Lormetazepam (Fall 71 im dritten Tatkomplex „Versand durch Ke. “) hat das Landgericht nicht festgesetzt.
21
3. Ausgehend von dieser rechtlichen Bewertung hat das Landgericht den Angeklagten wegen bandenmäßig begangener uner laubter Ausfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 4.357 Fällen und wegen vorsätzlicher unerlaubter Ausfuhr von Betäubungsmitteln in 19.708 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Daneben hat das Landgericht den Ersatz von Wertverfall in Höhe von 3.200.000 Euro angeordnet.
22
4. Der Angeklagte hat gegen dieses Urteil Revision eingelegt. Mit seinem auf die Sachrüge gestützten Rechtsmittel beanstandet er, dass das Landgericht ihn zu Unrecht wegen der unerlaubten Ausfuhr von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG bzw. § 30a Abs. 1 BtMG verurteilt habe. Die vom Landgericht bei seiner rechtlichen Würdigung herangezogene Bestimmung gemäß Anlage III zweiter Gedankenstrich lit. b Satz 2 zu § 1 Abs. 1 BtMG habe nicht den Zweck, neben der Anwendbarkeit der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften über die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr zugleich auch die Strafvorschriften des § 29 ff. BtMG für anwendbar zu erklären. Im Übrigen habe das Landgericht zu Unrecht einen vermeidbaren Verbotsirrtum nach § 17 StGB angenommen. Tatsächlich liege ein den Vorsatz ausschließender Tatbestandsirrtum vor.

II.

23
Die Revision des Angeklagten hat nur den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg.
24
1. Nicht zu beanstanden ist jedoch die rechtliche Würdigung des Landgerichts insoweit, als es davon ausgegangen ist, dass die Versendung von Medikamenten mit den Wirkstoffen Alprazolam, Clonazepam, Diazepam, Lorazepam , Lormetazepam, Midazolam, Oxazepam, Temazepam, Triazolam, Tetrazepam und Zolpidem ins Ausland den Tatbestand der unerlaubten Ausfuhr von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG bzw. § 30a Abs. 1 BtMG erfüllt.
25
a) Bei den ins Ausland versendeten Medikamenten handelt es sich jeweils um - verkehrs- und verschreibungsfähige - Betäubungsmittel, da sämtliche der darin enthaltenen oben genannten Wirkstoffe in der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG aufgeführt sind.
26
b) Das Versenden dieser Medikamente ins Ausland ohne die erforderliche Erlaubnis (§ 3 Abs. 1 BtMG) und Genehmigung (§ 11 Abs. 1 BtMG) stellt eine unerlaubte Ausfuhr von Betäubungsmitteln i.S.v. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG bzw. § 30a Abs. 1 BtMG dar. Nach den in der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG enthaltenen Bestimmungen sind die darin aufgeführten Wirkstoffe zwar als Zubereitungen i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 BtMG, d.h. als Stoffgemische oder als Lösungen aus einem oder mehreren Stoffen, grundsätzlich von den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften ausgenommen, soweit sie - wie vorliegend - ohne Beimengung eines anderen Wirkstoffes die in der Anlage im Einzelnen festgelegten Wirkstoffmengen nicht überschreiten (sog. ausgenommene Zubereitungen ; vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 3 BtMG; Körner, BtMG, 6. Aufl., § 2 Rn. 64). Nach der Regelung in der Anlage III zweiter Gedankenstrich lit. b Satz 2 zu § 1 Abs. 1 BtMG gilt dies jedoch nicht für die Handlungen der Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr derartiger Zubereitungen, da in diesen Fällen die betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften auch weiterhin Anwendung finden sollen. Werden daher - wie im vorliegenden Fall - Medikamente, mit den in Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG aufgeführten Wirkstoffen, ohne die erforderliche Erlaubnis und Genehmigung über die deutsche Hoheitsgrenze ins Ausland verbracht, erfüllt eine solche Handlung den (Grund)Tatbestand des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG (vgl. Körner , BtMG, 6. Aufl., § 2 Rn. 66).
27
Der Umstand, dass die Tathandlungen des Angeklagten nicht bloß auf die Ausfuhr der Medikamente beschränkt waren, sondern auch deren gewinnbringenden Verkauf mit umfassten, steht dieser Bewertung nicht entgegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehen zwar nicht nur der Erwerb, der Besitz und die Veräußerung, sondern auch die Ausfuhr als rechtlich unselbständige Teilakte des Gesamtgeschehens in der Tatbestandsalternative des Handeltreibens auf, wenn die Tathandlungen - wie hier - insgesamt auf einen Güterumsatz mit Betäubungsmitteln gerichtet sind (st. Rspr., vgl.
BGH, Beschluss vom 7. Januar 1981 - 2 StR 618/80, BGHSt 30, 28, 31; BGH, Urteil vom 24. November 1982 - 3 StR 384/82, BGHSt 31, 163, 165; BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - GSSt 1/05, BGHSt 50, 252; BGH, Urteil vom 3. Dezember 2008 - 2 StR 86/08, BGHSt 53, 89; BGH, Beschluss vom 26. Mai 2000 - 3 StR 162/00, NStZ 2000, 540; Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 449 mwN). Nach dem Wortlaut der in der Anlage III zweiter Gedankenstrich lit. b Satz 2 zu § 1 Abs. 1 BtMG enthaltenen Regelung knüpft die Anwendbarkeit der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften auf sog. ausgenommene Zubereitungen jedoch nicht an die Tathandlung des Handeltreibens, sondern ausschließlich an die Tathandlungen der Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr derartiger Zubereitungen an. Daraus schließt der Senat, dass das Verbringen von ausgenommenen Zubereitungen ins Ausland als eine unerlaubte Ausfuhr von Betäubungsmitteln und nicht als Handeltreiben mit Betäubungsmitteln bewertet werden und auch im Schuldspruch zum Ausdruck kommen muss, selbst wenn die Ausfuhr lediglich ein Teilakt bei der Durchführung von Außenhandelsgeschäften mit sog. ausgenommenen Zubereitungen ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 1982 - 3 StR 384/82, BGHSt 31, 163, 165 zur Einfuhr als Teilakt des Handeltreibens).
28
Der Angeklagte, der bei der Tatbegehung mit den gesondert verfolgten B. und W. , sowie später auch mit den gesondert verfolgten K. und Ke. als Bande i.S.v. § 30a Abs. 1 BtMG zusammengeschlossen war (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2009 - 3 StR 83/09, BGHR BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 1 Bande 9), ist daher, soweit die Grenzwerte zur nicht geringen Menge (siehe unten II 2.) überschritten waren, wegen bandenmäßiger Ausfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 1 BtMG und, soweit die Grenzwerte nicht überschritten waren, wegen der unerlaubten Ausfuhr von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG schuldig zu sprechen gewesen, da das Gesetz insoweit keine Strafschärfung für die bandenmäßige unerlaubte Ausfuhr von „Normalmengen“ vorsieht.
29
c) Die von der Revision des Angeklagten vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Anwendbarkeit der im BtMG enthaltenen Strafvorschriften auf die Ausfuhr von ausgenommenen Zubereitungen teilt der Senat nicht. Für eine generelle Anwendbarkeit der §§ 29 ff. BtMG in Fällen der vorliegenden Art spricht bereits der - insoweit eindeutige - Wortlaut der in Anlage III zweiter Gedankenstrich lit. b Satz 2 zu § 1 Abs. 1 BtMG enthaltenen Regelung, da dort ohne jegliche Einschränkung auf sämtliche betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften verwiesen wird. Entgegen der von der Revision des Angeklagten vertretenen Ansicht ergibt sich dies auch aus dem erkennbar mit der Regelung verfolgten Zweck. Im Hinblick auf einen umfassenden weltweiten Gesundheitsschutz soll die Sicherheit und die Kontrolle des grenzüberschreitenden Betäubungsmittelverkehrs - zu dem nach der grundsätzlichen Wertung des Gesetzgebers auch die Ausfuhr von Medikamenten gehört, die als verkehrsfähige und verschreibungspflichtige Betäubungsmittel in Anlage III zum BtMG aufgelistet sind - sichergestellt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 6. September 1995 - 2 StR 378/95, BGHR BtMG § 30 Strafzumessung 1; MüKoStGB/Kotz, § 29 BtMG Rn. 579). Dieser Schutzzweck kommt in zahlreichen Vorschriften der internationalen Suchtstoffübereinkommen, die den Regelungen des BtMG zugrunde liegen, deutlich zum Ausdruck (so z.B. in Art. 36 Abs. 1a des Einheitsübereinkommens von 1961 über Suchtstoffe in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Februar 1977 [BGBl. II S. 111], in Art. 5, Art. 7 lit. b und Art. 22 Abs. 1a des Übereinkommens über psychotrope Stoffe vom 21. Februar 1971 [BGBl. 1976 II S. 1477] sowie in Art. 3 Abs. 1a des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen vom 20. Dezember 1988 [BGBl. 1993 II S. 1136]; vgl. auch die Aufzählung der völkerrechtlichen Regelungen bei Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 891). Dies zeigt, dass die in Anlage III zweiter Gedankenstrich lit. b Satz 2 zu § 1 Abs. 1 BtMG enthaltene generelle Verweisung auf die betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften auch die Strafvorschriften gemäß §§ 29 ff. BtMG umfasst, da ansonsten die von den internationalen Abkommen angesichts der Gefährlichkeit der Stoffe für die Gesundheit geforderte Kontrolle und Sicherheit des grenzüberschreitenden Warenverkehrs nicht in dem erforderlichen Maß gewährleistet wäre (vgl. hierzu auch BT-Drucks. 9/500 S. 4, wo von „Verschärfungen“ im Hinblick auf die Kontrolle der Einfuhr, Durchfuhr und Ausfuhr ausgenommener Zubereitungen die Rede ist). Bedenken hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Bestimmtheit der in Anlage III zweiter Gedankenstrich lit. b Satz 2 zu § 1 Abs. 1 BtMG enthaltenen Regelung bestehen insoweit nicht.
30
2. Nicht zutreffend sind jedoch die vom Landgericht angenommenen Grenzwerte für die nicht geringe Menge der ins Ausland verbrachten Wirkstoffe, da sie unter Berücksichtigung ihrer Gefährlichkeit und im Vergleich zu anderen Betäubungsmitteln zu niedrig angesetzt worden sind. Der Senat hat daher die Grenzwerte wie folgt neu ermittelt (a) und festgesetzt (b):
31
a) Zur Wirkung und Gefährlichkeit von Benzodiazepinen, zu denen die Wirkstoffe Alprazolam, Clonazepam, Diazepam, Lorazepam, Lormetazepam, Midazolam, Oxazepam, Temazepam, Triazolam und Tetrazepam gehören, und von Zolpidem hat der Senat Gutachten des Apothekers für experimentelle Pharmakologie und Toxikologie Dr. D. vom Bundeskriminalamt und des Facharztes für Pharmakologie und Toxikologie Prof. Dr. Sc. eingeholt. Nach diesen Gutachten ergibt sich zur Wirkungsweise und Gefährlichkeit dieser Wirkstoffe folgendes:
32
aa) Bei Benzodiazepinen handelt es sich um Wirkstoffe, die in einzeldosierbaren Zubereitungen als zugelassene Arzneimittel mit medizinischer Indikation allgemein verbreitet im Gesundheitsmarkt eingesetzt werden. Die Jahresproduktion von Benzodiazepinen lag im Jahr 2008 weltweit bei mindestens 195 Tonnen. Die vollständige Bezeichnung für das Benzodiazepin-Kerngerüst lautet nach der systematischen Nomenklatur (IUAPC) 2,3-Diaza-bicyclo[5.4.0] undeca-3,5,7,9,11-pentaen. Benzo-1,4-diazepine bilden die wichtigste Wirkstoffgruppe der sog. Tranquilizer. Als erste Verbindung dieser Substanzklasse wurde Chlordiazepoxid im Jahr 1960 eingeführt. 1963 folgte das in seiner Wirkungsweise verbesserte Diazepam. Die Benzodiazepine wirken angstlösend, beruhigend, erregungs- und spannungslösend sowie Muskelverspannung und cerebrale Krämpfe lösend. Sie werden in der medizinischen Therapie zur Behandlung von Angsterkrankungen, Schlafstörungen, Panikattacken, Epilepsie, Muskelspasmen, Alkoholentzug und zur Prämedikation operativer Eingriffe eingesetzt. Die einzelnen Benzodiazepine unterscheiden sich bezüglich der Geschwindigkeit ihrer Metabolisierung zu pharmakologisch wirksamen Formen und ihrer Plasmahalbwertzeiten. Die Halbwertzeit liegt bei kurz wirksamen Stoffen (z.B. Midazolam) unter sechs Stunden, bei mittellang wirksamen (z.B. Nitrazepam ) bis 24 Stunden, während lang wirksame Benzodiazepine Halbwertzeiten über 24 Stunden aufweisen. Benzodiazepine sind in der Regel gut verträglich. Relativ häufig wird von Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Schläfrigkeit, Schwindel und Benommenheit berichtet. Selten kommt es zu Kopfschmerzen, Gangunsicherheit , verlängerter Reaktionszeit, Verwirrtheit und Gedächtnisverlust. Bei hohen Dosierungen können reversible Störungen der Motorik wie Artikulationsstörungen und Gangunsicherheiten auftreten. Aufgrund der geringen Toxizität von Benzodiazepinen kommen akute Monointoxikationen, die in Ausnahmefällen auch zum Tod führen können, eher selten vor. Wenn sie aber gemeinsam mit Alkohol eingenommen werden, kann dies zu einer Enthemmung führen, die http://de.wikipedia.org/wiki/Benzodiazepin - 16 - unter Umständen mit aggressivem oder feindseligem Verhalten einhergehen kann. Außerdem ist das Risiko tödlicher Überdosierungen erhöht, da sowohl Alkohol als auch die Benzodiazepine zentral dämpfend wirken. Ähnliche tödlich verlaufende Interaktionen können auftreten, wenn im Rahmen einer Mehrfachdrogenabhängigkeit Opiate und Benzodiazepine gemeinsam angewendet werden , etwa um die euphorisierende Wirkung der Opiate zu steigern oder die unangenehmen Wirkungen der Psychostimulantien zu vermindern. Die weitaus größte Gefahr, die mit der regelmäßigen Einnahme von Benzodiazepinen einhergeht , ist die Entwicklung einer Abhängigkeitserkrankung schon bei geringen therapeutischen Dosierungen ohne Dosissteigerung (sog. Low-DoseDependency ). Benzodiazepine dürfen daher nur zur kurzfristigen Behandlung von schwerwiegenden Angst- oder Schlafstörungen eingesetzt werden, denn Toleranzentwicklung und Abhängigkeit können sich bereits einige Wochen nach Beginn der Einnahme einstellen. Bei einem Absetzen der Benzodiazepine kann es - wie bei Alkoholerkrankungen auch - zu schweren Entzugserscheinungen wie Wahrnehmungsstörungen, Psychosen und Krampfanfällen kommen. Wegen der Toleranzentwicklung und der Gefahr der Abhängigkeit wird in keiner der einschlägigen medizinischen Leitlinien eine Einnahmedauer von mehr als acht Wochen empfohlen (Holzbach, Fortschritte der Neurologie · Psychiatrie 2010, 425).
33
bb) Zolpidem ist ein Vertreter der sog. Z-Drogen (Zolpidem, Zopiclon, Zaleplon). In seiner chemischen Struktur unterscheidet es sich zwar von den Benzodiazepinen, es weist aber ähnliche pharmakodynamische Eigenschaften auf. Seine Bezeichnung lautet nach der systematischen Nomenklatur (IUAPC) N,N-Dimethyl-2-(6-methyl-2-p-tolylimidazo[1,2-a]pyridin-3-yl)acetamid. Zolpidem vermindert die Schlaflatenz, verlängert die Schlafdauer und Schlaftiefe ohne eine Beeinflussung des Schlafrhythmus. Im Vergleich zu den Benzodiazepinen kommt es nur geringfügig zu einer Angst, Muskelverspannung und Krämpfe lösenden Wirkung. Zolpidem wird daher als Hypnotikum zur Kurzzeitbehandlung bei schwerwiegenden Schlafstörungen angewandt und üblicherweise in Form von festen oralen Darreichungsformen abends unmittelbar vor dem Schlafengehen eingenommen. Es wird nach oraler Gabe rasch resorbiert. Aufgrund einer kurzen Halbwertszeit von etwa zweieinhalb Stunden und einer Wirkdauer von sechs Stunden weist es am nächsten Morgen praktisch keine Wirkung mehr auf. Als zentrale Nebenwirkungen können Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen , erhöhte Lichtempfindlichkeit, Depression, Ängstlichkeit und Reizbarkeit auftreten. Zolpidem vermindert zudem die psychomotorische Leistung und führt zu Gedächtnisschwächen. Bei Monointoxikationen mit extrem hohen Dosierungen kann es zu einem Koma mit Atemdepression kommen. Mischintoxikationen, insbesondere in Kombination mit Alkohol, sind bezüglich ihrer überadditiven Wirkungen ebenso gefährlich wie eine Benzodiazepin-Mischintoxikation (oben unter aa). Die dauerhafte Einnahme von Zolpidem über mehrere Wochen hinaus kann wie bei den Benzodiazepinen ebenfalls zu einer schwerwiegenden Abhängigkeitserkrankung führen.
34
cc) Bei einem Vergleich der Gefährlichkeit von Benzodiazepinen und Zolpidem mit anderen Betäubungsmitteln ist nach den Ausführungen der Sachverständigen festzuhalten, dass bei der Einnahme von Heroin, Opioiden und Kokain eine weitaus größere Gefahr besteht, an einer Überdosis zu sterben. Auch Barbiturate sind in ihrer Wirkungsweise als gefährlicher einzustufen, da ihre Toxizität im Rahmen einer Abhängigkeit sehr viel höher ist als die der Benzodiazepine und Zolpidem. Cannabis ist dagegen weniger gefährlich. Der chronische Cannabiskonsum kann zwar zu einer psychischen Abhängigkeit führen oder erhebliche Psychosen bei dem Konsumenten verursachen. Bei dem Konsum von Cannabis kommt es aber nicht zu tödlich verlaufenden Intoxikationen , zu bedrohlich verlaufenden Überdosierungsfällen oder zu schwerwiegenden Entzugserscheinungen, die eine internistische Behandlung erfordern. Das Verlangen nach Cannabis ist zudem in aller Regel weniger stark als bei einer Abhängigkeit von Heroin, Opioiden, Kokain oder Barbituraten. Von ihrer Gefährlichkeit her sind Benzodiazepine und Zolpidem daher hinter den Opioiden, aber noch deutlich gefährlicher als Cannabis einzustufen.
35
b) Bei der Festlegung des Grenzwertes der nicht geringen Menge von Diazepam, Alprazolam, Clonazepam, Lorazepam, Lormetazepam, Midazolam, Oxazepam, Temazepam, Tetrazepam und Triazolam und Zolpidem hat sich der Senat - wie auch schon zu Recht das Landgericht - auf die nach ständiger Rechtsprechung vorrangig anzuwendende Methode gestützt (BGH, Urteil vom 24. April 2007 - 1 StR 52/07, Urteil vom 3. Dezember 2008 - 2 StR 86/08 jew. mwN). Danach ist in Ermangelung gesicherter Erkenntnisse zu einer äußerst gefährlichen oder gar tödlichen Dosis - nach den Ausführungen der Sachverständigen ist die Gefahr von Überdosierungen gering und kommen tödliche Intoxikationen (meist in Zusammenhang mit Alkohol) nur selten vor - die nicht geringe Menge der von den Angeklagten vertriebenen Wirkstoffe anhand der durchschnittlichen Konsumeinheit - hier: Tagesbedarf - und einer an der Gefährlichkeit orientierten Maßzahl zu bestimmen.
36
aa) Obwohl Zolpidem und Benzodiazepine eine gewisse euphorisierende Wirkung haben, bleibt ein typischer Rauschzustand, wie er z.B. mit dem Konsum von sog. harten Drogen wie etwa Heroin einhergeht, aus. Wegen dieser Besonderheit kann daher die für die Bestimmung der nicht geringen Menge erforderliche Konsumeinheit nicht - wie in der Rechtsprechung sonst üblich - anhand der adäquaten Dosis zur Erzielung einer stofftypischen Rauschwirkung ermittelt werden (BGH, Urteil vom 24. April 2007 - 1 StR 52/07 mwN). Es ist vielmehr - wie dies auch das sachverständig beratene Landgericht zu Recht getan hat - auf den regelmäßigen Tagesbedarf eines durchschnittlichen Benzodiazepin - bzw. Zolpidem-Konsumenten abzustellen. Bei der Eingrenzung des Tagesbedarfs hat daher zunächst die Gruppe der Konsumenten sog. harter Drogen wie Heroin (ca. 150.000 Personen) außer Betracht zu bleiben. Diese Gruppe kommt als Vergleichsmaßstab schon deshalb nicht in Betracht, weil die Benzodiazepine von dieser Gruppe in besonders hohen Dosierungen eingenommen werden, um eine Wirkungsverstärkung der illegal erworbenen Opiate und Opioide zu erreichen. Gegenüber den etwa 1,2 Millionen Benzodiazepinabhängigen erweist sich die Gruppe der Drogenabhängigen, die Benzodiazepine als Beikonsum zu anderen Drogen gebrauchen, zudem als verhältnismäßig klein. Die Bestimmung eines regelmäßigen Tagesbedarfs hat sich daher vornehmlich nach den Gebrauchsgewohnheiten der Konsumentengruppe zu richten , die ausschließlich Benzodiazepine oder Zolpidem regelmäßig einnehmen, zumal diese Gruppe - anders als die der Drogenabhängigen - einer wesentlich besseren ärztlichen Kontrolle unterliegt und somit eine verlässlichere und breitere Basis für die Risikoeinschätzung der Wirkstoffe bietet. Bei der Bestimmung des Tagesbedarfs ist weiterhin die übliche Darreichungsform zu berücksichtigen. Benzodiazepine und Zolpidem werden nicht als pulverförmige Substanzen oder als „gestreckte“ Pulverzubereitung gehandelt, wie etwa Heroin, sondern als Fertigarzneimittel in Tablettenform mit bestimmt definierten Wirkstoffmengen. Da diese Wirkstoffmengen nach Art des Wirkstoffs in den Zubereitungen - zum Teil erheblich - differieren, bietet es sich vorliegend an, die Bestimmung des Tagesbedarfs an dem Wirkstoff Diazepam zu orientieren, da hinsichtlich dessen Wirkungsweise umfassende medizinische und pharmakologische Erkenntnisse vorliegen und es sich daher besonders als sog. Leitsubstanz eignet. Für die übrigen hier zu betrachtenden Benzodiazepine und Zolpidem kann anschließend auf die in der Forschung bekannten Äquivalenzdosierungen zurückgegriffen werden, die in ihrer Wirkungsweise der zugrunde zu legenden Menge an Diazepam entsprechen.
37
Nach den Ausführungen der Sachverständigen gilt bei der Bestimmung des Tagesbedarfs an Diazepam Folgendes: Die übliche therapeutische Dosierung beträgt in der Regel fünf bis zehn Milligramm Diazepam am Abend (dies entspricht je nach Medikament einer Tablette), sofern auch am Folgetag noch eine beruhigende Wirkung erforderlich sein soll. Abgesehen von psychiatrischen Erkrankungen mit pathologischen Erregungs- und Panikzuständen wird eine solche Medikation etwa bei der Behandlung von Angst- und Unruhezuständen sowie von Schlafstörungen als ausreichend angesehen. Bereits diese Dosierung birgt bei einem Langzeitgebrauch die Gefahr einer Abhängigkeit, deshalb sollten therapeutisch erforderliche Dosissteigerungen auf 20 Milligramm am Tag besonders sorgfältig ärztlich kontrolliert werden. Dosierungen von 40 Milligramm Diazepam werden als mögliche Höchstdosis nur für besondere Indikationen (z.B. als Antiepileptikum) angesehen und sind nicht für Langzeitdosierungen geeignet. Hieraus ergibt sich, dass die Einnahme von mehr als 40 Milligramm Diazepam am Tag medizinisch nicht mehr indiziert ist und deshalb einen Missbrauch darstellt. Der - noch - übliche Tagesbedarf ist daher auf eine Menge von 40 Milligramm festzusetzen.
38
Ausgehend von 40 Milligramm Diazepam ergeben sich für die übrigen zu betrachtenden Benzodiazepine und Zolpidem folgende Äquivalenzdosierungen:
39
Alprazolam: 4 mg
40
Clonazepam: 8 mg
41
Lorazepam: 8 mg
42
Lormetazepam: 6 mg 30mg Midazolam:
43
Oxazepam: 120mg
44
Temazepam: 80 mg
45
Tetrazepam: 80 mg
46
Triazolam: 2 mg
47
Zolpidem: 80 mg.
48
bb) Bei der Bestimmung der Maßzahl sind die Eigenarten des jeweiligen Wirkstoffes und seine Gefährlichkeit im generalisierenden Vergleich zu anderen Betäubungsmitteln zu berücksichtigen. Weitere in die Betrachtung mit einzubeziehende Aspekte sind auch hier die übliche Darreichung in Tablettenform und die Art und Dauer der Anwendung. Da das hauptsächliche Gefahrenpotential bei einem Missbrauch von Benzodiazepinen und Zolpidem aber nicht - wie etwa bei der Einnahme von Heroin - in einer unmittelbaren, im ungünstigsten Fall sogar tödlich verlaufenden Gesundheitsschädigung liegt, sondern in der Entwicklung einer Abhängigkeitserkrankung und der damit einhergehenden chronischen Beeinträchtigungen für den menschlichen Organismus bei einem längerfristigen Gebrauch, ist die Maßzahl vornehmlich an der Art und Dauer des Gebrauchs zu orientieren. Dies hat das Landgericht in seiner Entscheidung nicht in ausreichendem Maß berücksichtigt, indem es auf einen Zeitraum von lediglich 15 Tagen abgestellt hat. Um die Gefahr der Abhängigkeit zu verringern , darf die Einnahmedauer von Benzodiazepinen und Zolpidem nach den einschlägigen medizinischen Leitlinien nicht mehr als acht Wochen betragen. Wird dieser Zeitraum überschritten, liegt die Gefahr eines Missbrauchs nahe. Der Senat hält es unter Berücksichtigung der oben genannten Aspekte, insbesondere der Gefährlichkeit der hier zu betrachtenden Wirkstoffe in Bezug auf eine Abhängigkeitserkrankung, deshalb für erforderlich, diesen Zeitraum von acht Wochen bei der Bestimmung der Maßzahl zugrunde zu legen. Diese ist daher auf 60 (entsprechend einem Zeitraum von acht Wochen oder 60 Tagen) festzusetzen.
49
cc) Die Grenzwerte für die nicht geringe Menge der hier zu betrachtenden Benzodiazepine und Zolpidem sind somit nach der oben dargestellten, in der Rechtsprechung bewährten Methode (Konsumeinheit/Tagesbedarf multipliziert mit der Maßzahl 60) wie folgt festzulegen:
50
Diazepam: 2.400 mg (40 mg * 60)
51
Alprazolam: 240 mg (4 mg * 60)
52
Clonazepam: 480 mg (8 mg * 60)
53
Lorazepam: 480 mg (8 mg * 60)
54
Lormetazepam: 360 mg (6 mg * 60)
55
Midazolam: 1.800 mg (30 mg * 60)
56
Oxazepam: 7.200 mg (120 mg * 60)
57
Temazepam: 4.800 mg (80 mg * 60)
58
Tetrazepam: 4.800 mg (80 mg * 60)
59
Triazolam: 120 mg (2 mg * 60)
60
Zolpidem: 4.800 mg (80 mg * 60).
61
3. Die (Neu)Festsetzung der nicht geringen Menge durch den Senat hat sich im vorliegenden Fall wie folgt auf den Schuldspruch ausgewirkt:
62
a) Soweit das Landgericht im ersten Tatkomplex („Versand durch S. “) eine Überschreitung des Grenzwerts zur nicht geringen Menge in drei Fällen angenommen hat, kann die Verurteilung nicht bestehen bleiben. Das Landgericht hat mangels anderweitiger Feststellungen zu Gunsten des Angeklagten angenommen, dass sich in jeder der erfolgten Medikamentenversendungen ins Ausland jeweils nur eine Packung Tabletten befunden hat. Im Hinblick auf die festgestellten Verpackungsgrößen der Medikamente Lorazepam (Wirkstoff: Lorazepam; Wirkstoffgehalt pro Tablette: 2,5 mg; Verpackungsgröße : 60 Tabletten; Gesamtwirkstoffgehalt pro Packung: 150 mg), Valium (Wirkstoff : Diazepam; Wirkstoffgehalt pro Tablette: 10 mg; Verpackungsgröße: höchstens 90 Tabletten; Gesamtwirkstoffgehalt pro Packung: höchstens 900 mg) und Xanax (Wirkstoff: Alprazolam; Wirkstoffgehalt pro Trablette: 1 mg; Verpackungsgröße: höchstens 90 Tabletten; Gesamtwirkstoffgehalt pro Packung : höchstens 90 mg) ist es davon ausgegangen, dass zumindest bei je einer Versendung eines dieser drei Medikamente der von ihm jeweils zugrunde gelegte Grenzwert zur nicht geringen Menge überschritten gewesen ist. Dies ist unter Berücksichtigung der vom Senat festgelegten Grenzwerte (oben unter II 2.) jedoch nicht zutreffend. Der in den jeweiligen Packungen enthaltene Gesamtwirkstoffgehalt der Medikamente Lorazepam, Valium und Xanax liegt jeweils deutlich unter den vom Senat für die jeweiligen Wirkstoffe (Lorazepam, Diazepam und Alprazolam) bestimmten Grenzwerten, so dass - unter Zugrundelegung der Annahme des Landgerichts, dass sich in jeder Versendung nur jeweils eine Packung befunden hat - bei keiner der festgestellten Versendungen der Grenzwert zur nicht geringen Menge überschritten gewesen ist. Da hinsichtlich des ersten Tatkomplexes weitergehende Feststellungen über den Inhalt der jeweiligen Medikamentenversendungen nicht zu erwarten sind (UA S. 277), ist der Schuldspruch entsprechend abzuändern. § 265 StPO steht dem nicht entgegen.
63
b) Soweit der Angeklagte im zweiten Tatkomplex („Versand durch St. “) wegen der unerlaubten Ausfuhr von Betäubungsmitteln in 1.116 Fällen und wegen der unerlaubten Ausfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 4.283 Fällen verurteilt worden ist, kann der Schuldspruch - unabhängig von der fehlerhaften Bestimmung des Grenzwerts zur nicht geringen Menge - schon deshalb keinen Bestand haben, da dem Senat eine sachlich-rechtliche Überprüfung der Urteilsgründe aufgrund unzureichender Feststellungen nicht zuverlässig möglich gewesen ist. Das Landgericht hat die einzelnen Versendungen in Tabellenform wiedergegeben. Diese Tabelle erstreckt sich über 233 Seiten der Urteilsgründe und weist pro Seite in der Regel mehr als 20 Zeilen auf. Die einzelnen Fälle werden lediglich allgemein nach dem Aussteller des jeweiligen Rezepts und daran anschließend alphabetisch nach dem Namen des jeweiligen Bestellers aufgezählt. Aus der Tabelle selbst ist die Anzahl der Einzeltaten nicht ohne weiteres ersichtlich, da eine Nummerierung gänzlich fehlt und nicht erkennbar ist, bei welchen der weit über 5.000 Versendungen das Landgericht von einer tateinheitlichen Begehung ausgegangen ist. Auf dieser Grundlage ist dem Senat eine revisionsgerichtliche Überprüfung , in welchen der vom Landgericht festgestellten Versendungen die Grenzwerte zur nicht geringen Menge überschritten gewesen sind, nicht mehr möglich (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 162/09 mwN). Dies führt aus sachlich-rechtlichen Gründen im zweiten Tatkomplex („Versand durch St. “) zur Aufhebung des Schuldspruchs.
64
c) Im dritten Tatkomplex („Versand durch Ke. “) ist eine sachlichrechtliche Überprüfung der Urteilsgründe hingegen möglich. Die ebenfalls in Tabellenform aufgeführten Lieferungen sind nummeriert und lassen die jeweiligen Einzeltaten sowie die jeweils versendeten Wirkstoffmengen erkennen. Die gebotene sachlich-rechtliche Überprüfung ergibt danach, dass entgegen der Annahme des Landgerichts in zwei der 71 Fälle (Lieferung Nr. 14: 250 mg Clo- nazepam; Lieferung Nr. 22: 2.000 mg Zolpidem) die Grenze zur nicht geringen Menge nicht überschritten gewesen ist. Der Schuldspruch war dementsprechend abzuändern. § 265 StPO steht dem auch hier nicht entgegen.
65
In den übrigen Fällen überstiegen die gelieferten Wirkstoffmengen in der Regel deutlich die vom Senat festgelegten Grenzwerte, so dass insoweit ein durchgreifender Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht gegeben ist und der Schuldspruch in diesen Fällen dementsprechend Bestand hat.
66
d) Der Angeklagte handelte auch schuldhaft. Soweit das Landgericht einen Verbotsirrtum des Angeklagten als vermeidbar gemäß § 17 StGB angesehen hat, hält dies rechtlicher Überprüfung stand.
67
aa) Entgegen der Ansicht der Revision liegt vorliegend kein den Vorsatz ausschließender Tatbestandsirrtum vor. In den Fällen, in denen ein Täter über ein Genehmigungserfordernis irrt, ist jeweils nach dem in Betracht kommenden Verbotstatbestand zu differenzieren. Dient die Genehmigung - wie hier im Betäubungsmittelrecht - dazu, ein grundsätzlich wertwidriges Verhalten im Einzelfall zu erlauben, so handelt es sich bei einem Irrtum über ein solches Genehmigungserfordernis , wovon das Landgericht auch zu Recht ausgegangen ist, nicht um einen Tatbestands-, sondern um einen Verbotsirrtum (BGH, Urteil vom 11. September 2002 - 1 StR 73/02, NStZ-RR 2003, 55, 56).
68
bb) Zweifelhaft ist jedoch, ob hier überhaupt ein Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB gegeben ist. Nach den landgerichtlichen Feststellungen war gegen den gesondert verfolgten B. schon vor Beginn des verfahrensgegenständlichen Tatzeitraums ein Ermittlungsverfahren wegen der unerlaubten Ausfuhr von Benzodiazepinen durchgeführt worden, von dem auch der Angeklagte Kenntnis erlangt hatte. Zudem wurden die Medikamentenlieferungen im dritten Tatkomplex an die gesondert verfolgte Ke. falsch als Fußbalsam bzw. als Kosmetika deklariert, um ihren wahren Inhalt zu verschleiern. Dies legt nahe, dass der Angeklagte bei den Versendungen der Medikamente ins Ausland zumindest mit der Möglichkeit rechnete, Unrecht zu tun, was gegen das Vorliegen eines Verbotsirrtums spricht (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 1995 - 3 StR 514/95, NStZ 1996, 236, 237).
69
cc) Letztlich kann diese Frage jedoch offen bleiben, da es jedenfalls - wovon auch das Landgericht zu Recht ausgegangen ist - an einer Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums fehlt. Zwar wird diese durch die Rechtsauskunft einer verlässlichen Person in der Regel ausgeschlossen. Verlässlich in diesem Sinne ist aber nur eine zuständige, sachkundige, unvoreingenommene Person, die mit der Erteilung der Auskunft kein Eigeninteresse verfolgt und die Gewähr für eine objektive, sorgfältige, pflichtgemäße und verantwortungsbewusste Auskunftserteilung bietet (BGH, Urteil vom 13. September 1994 - 1 StR 357/94, BGHSt 40, 257, 264). Diese Kriterien erfüllen weder der gesondert verfolgte B. , der dem Angeklagten nach einer Rücksprache mit Rechtsanwälten mitgeteilt haben soll, dass „alles legal sei“, noch der Apotheker S. , der dem Angeklagten gesagt haben soll, dass eine Versendeerlaubnis der Regierung von Oberbayern für die Versendung der Medikamente ausreichend sei. Denn beide hatten als Tatbeteiligte ein erhebliches Eigeninteresse an der Tat und konnten daher nicht unvoreingenommen sein. Der Angeklagte durfte sich deshalb auf die Auskünfte von B. und S. nicht verlassen. Angesichts des von ihm maßgeblich mitgestalteten komplexen Geflechts aus mehreren Unternehmen mit unterschiedlichen Betätigungsfeldern, wie Internetauftritt, Medikamentengroßhandel und Abrechnung mit den Kreditkartenunternehmen, traf ihn vielmehr eine eigene, erhöhte Erkundigungspflicht bei den hierfür in Betracht kommenden unabhängigen Stellen (z.B. des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte) hinsichtlich der Zulässigkeit der Medikamentenversen- dungen ins Ausland. Dieser Pflicht ist der Angeklagte schuldhaft nicht nachgekommen.

III.

70
1. Hinsichtlich des Ausspruchs über die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe wirken sich die Abänderung der Schuldsprüche im ersten und dritten Tatkomplex („Versand durch S. “, „Versand durch Ke. “) sowie die Aufhebung der Schuldsprüche im zweiten Tatkomplex („Versand durch St. “) wie folgt aus:
71
a) Im ersten Tatkomplex („Versand durch S. “) führt die Schuldspruchänderung in den drei Fällen, in denen das Landgericht rechtsfehlerhaft die Überschreitung der Grenzwerte zur nicht geringen Menge angenommen hat (siehe oben unter II 3. a) zu einer Aufhebung der hierfür verhängten Einzelstrafen. In den übrigen - 18.992 - Fällen können die verhängten Einzelstrafen dagegen bestehen bleiben.
72
b) Im zweiten Tatkomplex („Versand durch St. “) zieht die Aufhebung der Schuldsprüche die Aufhebung der hierfür verhängten Einzelstrafen nach sich.
73
c) Im dritten Tatkomplex führt die Abänderung der Schuldsprüche in den Fällen II 4. („Versand durch Ke. “), Lieferungen Nrn. 14 und 22, zur Aufhebung der hierfür verhängten Einzelfreiheitsstrafen (jeweils ein Jahr und acht Monate). In den übrigen 69 Fällen können die Einzelstrafen bestehen bleiben, da sich der Strafrahmen hierdurch nicht verändert hat. Da das Landgericht bei der Strafzumessung im Einzelnen nicht auf die jeweilige Höhe der versendeten Wirkstoffmengen abgestellt hat, kann der Senat zudem ausschließen, dass es bei der Zugrundelegung der vom Senat zutreffend erachteten höheren Grenzwerte geringere Freiheitsstrafen verhängt hätte.
74
d) Die - teilweise - Aufhebung der Einzelstrafen zieht die Aufhebung der gegen den Angeklagten verhängten Gesamtstrafe nach sich.
75
2. Der Verfall von Wertersatz hat Bestand. Die vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen belegen die Vermögenswerte, die der Angeklagte aus seiner Beteiligung an den Medikamentenlieferungen ins Ausland i.S.v. § 33 Abs. 1 BtMG, § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a Satz 1 StGB erlangt hat. Das Landgericht hat zudem das ihm nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Die Aufhebung der Schuldsprüche im zweiten Tatkomplex („Versand durch St. “) steht dem nicht entgegen, da die Aufhebung lediglich aufgrund von Wertungsfehlern erfolgt ist und danach auf jeden Fall feststeht, dass sich der Angeklagte auch in diesem Tatkomplex wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar gemacht hat.

IV.

76
Da die Feststellungen zum Schuld- und Rechtsfolgenausspruch insgesamt rechtsfehlerfrei getroffen sind, können diese bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende weitere Feststellungen, die hierzu nicht in Widerspruch stehen, sind möglich.
77
Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache daher der erneuten Verhandlung und Entscheidung.

Nack Wahl Graf Jäger Sander

(1) Betäubungsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies

1.
nach wissenschaftlicher Erkenntnis wegen der Wirkungsweise eines Stoffes, vor allem im Hinblick auf das Hervorrufen einer Abhängigkeit,
2.
wegen der Möglichkeit, aus einem Stoff oder unter Verwendung eines Stoffes Betäubungsmittel herstellen zu können, oder
3.
zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Verkehrs mit Betäubungsmitteln oder anderen Stoffen oder Zubereitungen wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit
erforderlich ist. In der Rechtsverordnung nach Satz 1 können einzelne Stoffe oder Zubereitungen ganz oder teilweise von der Anwendung dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung ausgenommen werden, soweit die Sicherheit und die Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs gewährleistet bleiben.

(3) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt in dringenden Fällen zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Stoffe und Zubereitungen, die nicht Arzneimittel oder Tierarzneimittel sind, in die Anlagen I bis III aufzunehmen, wenn dies wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit erforderlich ist. Eine auf der Grundlage dieser Vorschrift erlassene Verordnung tritt nach Ablauf eines Jahres außer Kraft.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III oder die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zu ändern, soweit das auf Grund von Änderungen der Anhänge zu dem Einheits-Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Februar 1977 (BGBl. II S. 111) und dem Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe (BGBl. 1976 II S. 1477) (Internationale Suchtstoffübereinkommen) oder auf Grund von Änderungen des Anhangs des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der durch die Richtlinie (EU) 2017/2103 (ABl. L 305 vom 21.11.2017, S. 12) geändert worden ist, erforderlich ist.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

3
1. Diese Feststellungen tragen nicht den Schluss, der Angeklagte habe in vier Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben. Die Strafkammer hat es verabsäumt, den Wirkstoffgehalt und die Wirkstoffmenge der jeweils gehandelten Drogen konkret festzustellen. Das Unrecht einer Betäubungsmittelstraftat und die Schuld des Täters werden durch diese Faktoren jedoch maßgeblich bestimmt, weshalb hierzu regelmäßig konkrete Feststellungen zu treffen sind (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 6. August 2013 - 3 StR 212/13, StV 2013, 703; vom 7. Juli 2015 - 3 StR 223/15, juris Rn. 2; Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 914 ff.). Stehen die tatgegenständlichen Betäubungsmittel für eine Untersuchung nicht mehr zur Verfügung , so muss das Gericht unter Berücksichtigung anderer sicher feststellbarer Umstände (Herkunft, Preis, Handelsstufe, Begutachtungen in Parallelverfahren etc.) die Wirkstoffkonzentration - gegebenenfalls unter Anwendung des Zweifelssatzes - schätzen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 4. März 2010 - 3 StR 559/09, juris Rn. 23; Beschluss vom 6. August 2013 - 3 StR 212/13, aaO).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 116/04
vom
27. April 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 27. April 2004 gemäß § 349 Abs. 4
StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 21. November 2003 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltrei bens mit Betäubungsmitteln in 21 Fällen und wegen elf Fällen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.
1. Der Schuldspruch kann insgesamt nicht bestehen bleiben . Das Landgericht hat zum Wirkstoffgehalt der gehandelten Betäubungsmittel entweder keine oder nur unzureichende und nicht nachprüfbare Feststellungen getroffen. Ferner hat es in den Fällen, in denen der Angeklagte Betäubungsmittel teils zum Eigenverbrauch, teils zum gewinnbringenden Weiterverkauf erworben oder eine entsprechende Lieferung vereinbart hatte, unterlassen, den Eigenverbrauchsanteil festzustellen. Damit hat es den jeweiligen Schuldumfang nicht hinreichend bestimmt und zudem in den elf Fällen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge das Erreichen des Grenzwerts nicht ausreichend dargelegt.
a) Soweit sich die Taten des Angeklagten auf den Handel mit Haschisch, Ecstacy und LSD beziehen, fehlt es an jeglichen Feststellungen zum Wirkstoffgehalt. Soweit der Angeklagte mit Amphetamin gehandelt hat, erschöpfen sich die entsprechenden Feststellungen in allgemeinen Qualitätsangaben wie "erheblich gestreckt" und "gute Qualität", ohne daß diese Bewertungen näher quantifiziert worden sind. Da im illegalen Handel Amphetamin in aller Regel als Zubereitung (vgl. BGH NStZ 1986, 33), also unter Beimischung von Zusatzstoffen und Streckmitteln, und häufig mit sehr geringem Wirkstoffanteil vertrieben wird, hätte der Anteil reinen Amphetamins - notfalls unter Beachtung des Zweifelssatzes im Wege der Schätzung - festgestellt werden müssen (vgl. dazu im einzelnen Weber, BtMG 2. Aufl. § 29 a Rdn. 92 f.; ferner Häufigkeitstabelle in Anhang H, S. 1620).

b) Weiterhin hätte die Strafkammer nicht offen lassen dürfen, welcher Teil der vom Angeklagten erworbenen Betäubungsmittel zum Weiterverkauf und welcher zum Eigenverbrauch bestimmt war. Denn die entsprechenden Teilmengen und ihr Verhältnis zueinander wirken sich sowohl bei der rechtlichen Einordnung als auch bei der Gewichtung der Erwerbstaten im Rahmen der Strafzumessung aus. Sie sind daher - auch insoweit notfalls unter Beachtung des Zweifelssatzes durch Schätzung - festzustellen (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 5 = StV 2002, 255; ferner bei Winkler NStZ 2002, 192).
2. Für die neuerliche Hauptverhandlung weist der Se nat auf folgendes hin:

a) Bei einem - hier in mehreren Fällen vorliegenden - gleichzeitigen Erwerb unterschiedlicher Betäubungsmittel ist für die Frage der nicht geringen Menge von der Gesamtmenge der jeweiligen Einzelwirkstoffe auszugehen. Dies gilt auch dann, wenn keines der Betäubungsmittel für sich den entsprechenden Grenzwert erreicht (vgl. BGH NStZ 2003, 434).
b) Das Regelbeispiel des gewerbsmäßigen Handelns nach § 29 Abs. 3 Nr. 1 BtMG ist gemäß § 260 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht in die Urteilsformel aufzunehmen , da es kein eigenes Unrecht darstellt und allein für die Strafrahmenwahl von Bedeutung ist (vgl. BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Tatbezeichnung

7).



c) Der neue Tatrichter wird schließlich Gelegenheit ha ben, unter Zuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO) die Voraussetzungen der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StPO) zu prüfen. Auf die entsprechenden Darlegungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts wird Bezug genommen.
RiBGH von Lienen ist infolge Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert Winkler Pfister Winkler Becker Hubert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 293/09
vom
10. September 2009
in der Strafsache
gegen
alias:
wegen bandenmäßiger Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. September
2009, an der teilgenommen haben:
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als Vorsitzende,
die Richter am Bundesgerichtshof
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 30. März 2009 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) hinsichtlich der Einzelstrafe im Fall II. 2. der Urteilsgründe sowie
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 19 Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wobei er in 18 Fällen (17 mal Handeltreiben und einmal Einfuhr) als Mitglied einer Bande handelte, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hatte", zur Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es Wertersatzverfall in Höhe eines Betrages von 20.000 € angeordnet. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ih- rer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten, auf die Sachrüge gestützten Revision - wie dem Revisionsantrag und der Begründung des Rechtsmittels (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3) zu entnehmen ist - allein gegen die im Fall II. 2. der Urteilsgründe festgesetzte Einzelstrafe und die verhängte Gesamtstrafe. Das wirksam beschränkte, vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat vollen Erfolg.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichtes hatte sich der Angeklagte vor dem 23. April 2007 mit den beiden niederländischen Drogenlieferanten "C. " und "G. " zu einer Bande im Sinne von § 30 a Abs. 1 BtMG zusammengeschlossen. Dabei sollte er als Kurier tätig werden und Kokain in die Schweiz schmuggeln sowie das Kaufgeld von den Abnehmern zu den Lieferanten nach Amsterdam bringen. Nachdem der Angeklagte innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten in 17 Fällen Drogengeld in Höhe von jeweils mindestens 15.000 Schweizer Franken nach Amsterdam transportiert hatte, brachte er im Rahmen seiner Bandentätigkeit Ende Oktober 2007 inkorporiert ein Kilogramm Kokain von Amsterdam über die Bundesrepublik Deutschland zu den Abnehmern nach Basel. Wenige Tage später fuhr der Angeklagte erneut dorthin, holte 24.000 Schweizer Franken - einen Teil des Entgelts für das zuvor gelieferte Kokain - ab, und überbrachte es "C. " in Amsterdam. Der Angeklagte erhielt für den Drogenschmuggel 2.000 € und für den Geldtransport 5 % der überbrachten Summe (Fall II. 2. der Urteilsgründe).
3
Das Landgericht hat diese Tat rechtlich als bandenmäßige unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum bandenmäßigen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewürdigt (§ 30 a Abs. 1 BtMG, § 27 StGB), einen minder schweren Fall im Sinne von § 30 a Abs. 3 BtMG verneint und aus dem Strafrahmen des § 30 a Abs. 1 BtMG die Mindeststrafe von fünf Jahren festgesetzt.
4
1. Die in diesem Fall vorgenommene Strafzumessung hält sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand.
5
Die dem Regelstrafrahmen entnommene Mindeststrafe kann nicht bestehen bleiben, weil es das Landgericht unterlassen hat, konkrete Feststellungen zum Wirkstoffgehalt des geschmuggelten Kokains zu treffen. Solche sind indes bei Verurteilungen nach dem Betäubungsmittelgesetz regelmäßig erforderlich (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ 2008, 471; Weber, BtMG 3. Aufl. vor §§ 29 ff. Rdn. 805 m. w. N.). So ist es auch hier. Zwar hatte der Wirkstoffgehalt mit Blick auf Art und Menge des transportierten Betäubungsmittels keine maßgebliche Bedeutung für die rechtliche Einordnung der vom Angeklagten begangenen Straftaten , die Beurteilung ihres konkurrenzrechtlichen Verhältnisses und die Frage des Vorliegens eines minder schweren Falles. Indes konnte für die Festsetzung der schuldangemessenen Strafe auf die konkrete Feststellung der Wirkstoffmenge - notfalls im Wege der Schätzung (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 319) - nicht verzichtet werden (vgl. Weber aaO Rdn. 799, 806 m. w. N.). Denn nach den getroffenen Feststellungen liegt es nahe, dass der Angeklagte (auch) in diesem Fall hochwertiges Kokain in die Schweiz verbracht hat. So spricht für eine gute Qualität des Kokains, dass der Transport im Zwischenhandel erfolgte und die überbrachte Geldsumme von 24.000 Schweizer Franken nur ein Teil des Kaufpreises war. Zudem erhielt der Angeklagte für den Transport des Rauschgifts den vergleichsweise hohen Kurierlohn von 2.000 €. Deshalb kann der Senat nicht ausschließen, dass sich die unterbliebene Bestimmung des Wirkstoffgehalts bei der Bemessung der Einzelstrafe zum Vorteil des Angeklagten ausgewirkt hat.

6
2. Der Wegfall der Einzelstrafe im Fall II. 2. der Urteilsgründe hat die Aufhebung des Ausspruches über die Gesamtstrafe zur Folge. Auf die in diesem Zusammenhang erhobene weitere Beanstandung der Beschwerdeführerin, das Landgericht habe den gewährten Härteausgleich für eine rechtskräftige und teilweise vollstreckte sowie im Übrigen zur Bewährung ausgesetzte Verurteilung des Angeklagten durch das Strafgericht Basel-Stadt am 1. April 2008 in einer rechtsfehlerhaften Art und Weise sowie mit einem zu hohen Abschlag von der gebildeten fiktiven Gesamtstrafe vorgenommen, kommt es daher nicht mehr an. Allerdings hat die Revision insoweit keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten aufgezeigt (vgl. insoweit Fischer, StGB 56. Aufl. § 55 Rdn. 21 f.).
7
3. Das angefochtene Urteil enthält auch keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler (§ 301 StPO). Das Landgericht hat insbesondere rechtlich zutreffend das Vorliegen eines minder schweren Falles im Sinne von § 30 a Abs. 3 BtMG abgelehnt. Diese Beurteilung kann unter den gegebenen Umständen auch ohne die - fehlenden - konkreten Feststellungen zum Wirkstoffgehalt des Kokains erfolgen; denn der Angeklagte hat ein Kilogramm Kokain sowie eine hohe Kaufgeldsumme jeweils über zwei Staatsgrenzen geschmuggelt. Schon angesichts dieser, die Tat des Angeklagten prägenden Umstände lag die Verneinung eines minder schweren Falles auf der Hand. Der Senat kann deshalb ausschließen, dass sich die fehlende Feststellung des konkreten Wirkstoffgehalts bei der Strafrahmenwahl zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. Gleiches gilt für die Strafzumessung im engeren Sinne, da die Strafkammer auf die Mindeststrafe aus dem zutreffenden Rahmen des § 30 a Abs. 1 BtMG erkannt hat.
Sost-Scheible von Lienen Hubert Schäfer Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 360/08
vom
1. Oktober 2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 1. Oktober 2008 gemäß § 349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 15. April 2008 aufgehoben
a) mit den zugehörigen Feststellungen in den Fällen II. B 6., 7. und 9. der Urteilsgründe,
b) im Gesamtstrafenausspruch sowie
c) mit den zugehörigen Feststellungen, soweit von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen wurde. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den Fällen II. B 6., 7. und 9. hat keinen Bestand. Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte im Fall II. B 6. (II. 6. der Anklage) 30 Gramm Heroin, im Fall II. B 7. (II. 7. der Anklage) 30 Gramm Heroin und 1 Gramm Kokain und im Fall II. B 9. (II. 9. der Anklage) 20 Gramm Heroin aus den Niederlanden nach Deutschland eingeführt, um es „teilweise“ selbst zu verbrauchen und „teilweise“ an unbekannte Abnehmer weiter zu veräußern. Nähere Ausführungen zum Verhältnis zwischen zum Eigenkonsum und zum Verkauf bestimmten Betäubungsmitteln finden sich nicht. Damit ist das Überschreiten des Grenzwertes der nicht geringen Menge von 1,5 g Heroinhydrochlorid nicht hinreichend dargelegt. Der Senat vermag entgegen der Stellungnahme des Generalbundesanwalts der Gesamtschau der Urteilsgründe nicht zu entnehmen, dass der Angeklagte jeweils den überwiegenden Teil der eingeführten Drogen gewinnbringend weiter veräußerte und nur einen geringen Teil selbst verbrauchte. Diese Annahme ist mit dem Wortlaut der Urteilsgründe in den betreffenden Fällen sowie den weiter gehenden Formulierungen in den Fällen II. B 8., 10. und 12., in denen der Angeklagte die Betäubungsmittel nach den Feststellungen „überwiegend“ gewinnbringend weiter verkauft hat, unvereinbar. Darüber hinaus hat das Landgericht in den Fällen II. B 6. und 7. keine Feststellungen zur Qualität des Heroins getroffen. Auch wenn mangels sichergestellter Betäubungsmittel insoweit exakte Feststellungen nicht möglich waren, war das Tatgericht gehalten, anhand bestimmter Kriterien - Preis, Herkunft, Bewertung durch Tatbeteiligte - die Wirkstoffkonzentration durch Schätzung zu bestimmen (Senat, Beschluss vom 14. Mai 2008 - 2 StR 167/08). Soweit das Landgericht im Fall II. B 9. von „zumindest durchschnittlicher Qualität“ ausgeht, hat es nicht - wie grundsätzlich erforderlich (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Mai 2008 - 2 StR 167/08 und vom 8. August 2008 - 2 StR 277/08) - angegeben, welchen Mindestwirkstoffgehalt es konkret hierbei zugrunde gelegt hat. Angesichts dieser Versäumnisse und Ungenauigkeiten bieten die Urteilsfeststellungen in den im Beschlusstenor bezeichneten Fällen keine hinreichende Gewähr dafür, dass der Grenzwert der nicht geringen Menge tatsächlich erreicht worden ist.
3
2. Das Urteil kann ferner nicht bestehen bleiben, soweit das Landgericht von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat (§ 64 StGB). Die Begründung hierfür begegnet rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat festgestellt, dass der im Jahre 2004 wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in 77 Fällen zu einer Geldstrafe verurteilte Angeklagte in allen abgeurteilten Fällen das Heroin teilweise selbst verbraucht hat. Die Anwendung des § 64 StGB hat es unter pauschalem Hinweis auf Ausführungen des Sachverständigen abgelehnt, weil es „an einem beachtlichen Zusammenhang zwischen etwaiger Sucht und Delinquenz mangelt“. Da das Landgericht nicht mitteilt, auf welche Erwägungen des Sachverständigen es sich dabei stützt, ist dem Senat eine revisionsrechtliche Überprüfung dieser Behauptung verwehrt. Die vom Landgericht allein gegebene Begründung, „dass das strafrechtlich relevante Vorgehen des Angeklagten zu einem beachtlichen Maß von der Sicherung des Lebensunterhalts geprägt war und erst in untergeordnetem Sinne zur Suchtfinanzierung diente“, trägt die Annahme, dass es an einem symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Hang und den abgeur- teilten Straftaten fehlt, gerade nicht. Sie deutet vielmehr umgekehrt darauf hin, dass der Hang in allen Fällen jedenfalls neben anderen Umständen zur Begehung der Anlasstaten beigetragen haben kann. Dies würde für die Annahme einer Symptomtat ausreichen (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 78). Darüber hinaus spricht die enge zeitliche Abfolge der elf Betäubungsmitteldelikte, die der Angeklagte im Zeitraum von Juni 2007 bis 27. August 2007 im Abstand von teilweise nur wenigen Tagen begangen hat und die nach den Feststellungen durchweg zumindest teilweise der Beschaffung von Heroin zum Eigenkonsum dienten, dafür, dass die Straftaten auch auf den Hang zu übermäßigem Genuss von Rauschmitteln zurückzuführen sind.
Fischer Rothfuß Roggenbuck Cierniak Schmitt

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.

(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 582/17
vom
25. Januar 2018
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:250118B5STR582.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 25. Januar 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 12. Juli 2017 aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Vollstreckungsreihenfolge gemäß § 67 Abs. 2 StGB unterblieben ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubten Handeltrei- bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitführung von Waffen in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Zudem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf Verfahrens- und Sachbeanstandungen gestützte Revision des Angeklagten erzielt nur den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts verwahrte der Angeklagte in seiner Wohnung neben einem griffbereiten Elektroimpulsgerät 1,2 kg Amphetamin (Wirkstoffgehalt 128,95 g Amphetamin-Base), 33,8 g Kokain (Wirkstoffgehalt 10,9 g Kokainhydrochlorid) sowie 198 g Ecstasy (Wirkstoffgehalt 45,86 g MDMA-Base) auf. Zudem besaß der Angeklagte aus dem Betrieb zweier Plantagen Cannabis mit einem Wirkstoffgehalt von insgesamt 136,3 g THC. Kokain, Metamphetamin und Cannabis waren ausschließlich zum Verkauf an Drogenkonsumenten bestimmt. Aus dem Amphetaminvorrat deckte der Angeklagte auch seinen Eigenkonsumbedarf (UA S. 5 unten).
3
2. Das Rechtsmittel erzielt nur einen Teilerfolg. Die Verfahrensbeanstandungen versagen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift benannten Gründen. Schuld- und Strafausspruch halten im Ergebnis sachlichrechtlicher Prüfung stand. Hingegen erweist es sich als rechtsfehlerhaft, dass eine Entscheidung über die Vollstreckungsreihenfolge gemäß § 67 Abs. 2 StGB unterblieben ist.
4
a) Es begegnet allerdings rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht bei der Strafzumessung die gesamte Amphetamin-Menge ausdrücklich strafschärfend berücksichtigt hat. Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil jedoch nicht.
5
aa) Die Strafkammer hat nur allgemein festgestellt, dass der Angeklagte seinem Vorrat an Amphetamin auch Teilmengen zum Eigenkonsum entnahm. Zur Bestimmung des Schuldumfangs wäre es erforderlich gewesen, den Eigenverbrauchsanteil konkret zu bestimmen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 2014 – 3 StR 116/04, StV 2004, 602). Denn abhängig hiervon besteht in Fällen , in denen der Täter die Betäubungsmittel teils zum Eigenverbrauch, teils zum gewinnbringenden Weiterverkauf besessen hat, Tateinheit zwischen (be- waffnetem) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Besitz einer nicht geringen Menge (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2016 – 2 StR 62/16) bzw. – bei einer geringen zum Eigenverbrauch bestimmten Menge – mit Besitz von Betäubungsmitteln (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 – 4 StR 210/10; Beschluss vom 5. April 2017 – 5 StR 61/17). Bei der nach § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB im Hinblick auf das Delikt des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorzunehmenden Strafzumessung durfte das Landgericht nur die zum Verkauf bestimmte Betäubungsmittelmenge berücksichtigen. Die Eigenverbrauchsmenge hatte in Bezug auf diese Gesetzesverletzung (§ 30a Abs. 2 Var. 1 BtMG) außer Betracht zu bleiben.
6
bb) Der Rechtsfehler hat sich indes nicht zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt:
7
Weil der Angeklagte neben dem Amphetamin ausschließlich zur Veräußerung bestimmte nicht geringe Mengen an Kokain und Ecstasy aufbewahrte, hat der Schuldspruch wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unabhängig von diesem Rechtsfehler Bestand. Dadurch, dass es das Landgericht unterlassen hat, den Besitz der zum Eigenverbrauch bestimmten Betäubungsmittel als tateinheitlich zum (bewaffneten) Handeltreiben verwirklicht im Schuldspruch zum Ausdruck zu bringen, ist der Angeklagte nicht beschwert. Da wegen der unzureichenden Feststellungen des Landgerichts zur Eigenkonsummenge nicht feststeht, welchen Straftatbestand der Angeklagte insoweit tateinheitlich verwirklicht hat, kommt eine Ergänzung des Schuldspruchs nicht in Betracht.
8
Der Senat schließt ein Beruhen des Strafausspruchs auf der Berücksichtigung der gesamten Amphetamin-Menge bei der Strafzumessung aus. Bereits mit Blick auf die Mengen der übrigen zum Verkauf bestimmten Betäubungsmittel – neben Kokain und Ecstasy auch eine aus dem Betrieb zweier Plantagen herrührende, den 18-fachen Grenzwert übersteigende Cannabis-Menge – scheidet die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens des § 30a Abs. 3 BtMG ersichtlich aus, zumal das Unrecht des tateinheitlich verwirklichten Betäubungsmittelbesitzes bei dessen Prüfung hätte berücksichtigt werden dürfen. In dem mithin rechtsfehlerfrei zur Anwendung gebrachten Regelstrafrahmen des § 30a Abs. 2 BtMG hat das Landgericht die Mindeststrafe von fünf Jahren festgesetzt.
9
b) Das Urteil hat keinen Bestand, soweit darin eine Entscheidung über die Dauer des Vorwegvollzuges eines Teils der Freiheitsstrafe vor dem Vollzug der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
10
Die Vorschrift des § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB bestimmt, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel vollzogen werden soll, wenn – wie hier – die Unterbringung nach § 64 StGB neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren angeordnet wird; dabei ist dieser Teil der Strafe so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung über die Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung nach § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB möglich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29. März 2017 – 2 StR 17/17). Das Tatgericht kann von der Sollvorschrift des § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB aus einzelfallbezogenen Gründen abweichen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2011 – 2 StR 322/11; MüKo-StGB/Maier, 3. Aufl. § 67 Rn. 87 mwN). Das Landgericht hat es hier jedoch ohne Begründung bei der in § 67 Abs. 1 StGB vorgesehenen Reihenfolge belassen, wonach die Maßregel grundsätzlich vor der Freiheitsstrafe zu vollziehen ist. Dies war rechtsfehlerhaft.
11
Mangels Feststellungen zur voraussichtlichen Therapiedauer, kann der Senat nicht prüfen, ob sich der Vorwegvollzug durch die vom Angeklagten erlittene Untersuchungshaft erledigt und die Anordnung des Vollzugs eines Teils der Freiheitsstrafe vor der Maßregelvollstreckung deshalb zu unterbleiben hat (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 – 5 StR 423/11 mwN). Die Entscheidung über den Vorwegvollzug ist daher unter sachverständiger Beratung zur möglichen Dauer einer erfolgreichen Therapie nachzuholen.
12
2. Zum Inhalt der Urteilsgründe bemerkt der Senat ergänzend: Verfahrensvorgänge sind im Urteil grundsätzlich nicht zu erörtern. Insbesondere sind Ausführungen zur Verwertbarkeit von Beweismitteln von Rechts wegen nicht geboten; zur Vermeidung der Überfrachtung der schriftlichen Urteilsgründe sind sie regelmäßig sogar tunlichst zu unterlassen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2012 – 4 StR 623/11, BGHSt 57, 273 Rn. 17; Beschluss vom 8. Mai 2007 – 1 StR 202/07; MüKo-StPO/Wenske, § 267 Rn. 79 ff.).
Mutzbauer Sander Schneider
Dölp Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 137/02
vom
9. Oktober 2002
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
9. Oktober 2002, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Nack
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten A. ,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin für den Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten K. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten M. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Ansbach vom 22. November

2001



a) im Schuldspruch dahin geändert, daß die Angeklagten in den Fällen II. 26 bis 37 der Urteilsgründe des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwölf Fällen schuldig sind,

b) im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 37 Fällen zu einer Jugendstrafe von zwei
Jahren verurteilt. Die Angeklagten K. , S. und M. hat es we- gen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwölf Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln, sowie den Angeklagten K. wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in einem weiteren Fall zu Gesamtfreiheitsstrafen von jeweils zwei Jahren verurteilt. Die Vollstreckung der Jugendstrafe und der Freiheitsstrafen hat das Landgericht zur Bewährung ausgesetzt. Im übrigen hat es die Angeklagten A. , K. und S. freigesprochen. Ferner hat es den Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen bei einer Sperrfrist von jeweils einem Jahr. Die Staatsanwaltschaft erstrebt in den Fällen II. 26 bis 37 eine Verurteilung der Angeklagten nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG. Sie beanstandet zudem beim Angeklagten K. die unterbliebene Festsetzung einer Einzelstrafe im Fall II. 38. Schließlich wendet sie sich gegen die Strafaussetzungen zur Bewährung. Die Rechtsmittel haben überwiegend Erfolg.
In den Fällen II. 26 bis 37 der Urteilsgründe haben sich die Angeklagten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwölf Fällen schuldig gemacht.
1. Nach den Feststellungen erwarb der Angeklagte A. in der Zeit von Juli 1999 bis März 2000 von einem Verkäufer Marihuana und Heroin und veräußerte das Rauschgift gewinnbringend weiter (Fälle II. 1 bis 25). Ab Sommer 2000 erkannten die drei Angeklagten K. , S. und M. , die mit A. bekannt waren und die selbst Heroin konsumierten, daß bei derartigen Rauschgiftgeschäften nicht unerhebliche Einnahmen zu erzielen waren. Die Angeklagten kamen überein, über A. s Kontakte auch für sich selbst
Heroin zu erwerben, das sie nach Aufteilung in eigener Verantwortung und in eigener Planung an unbekannte Abnehmer zur Finanzierung ihres Eigenbe- darfs selbständig verkaufen wollten. A. sollte den Erwerb organisieren und das Rauschgift in Begleitung eines der drei Angeklagten abholen, um es sogleich nach der Rückfahrt gleichmäßig an alle vier zu verteilen. Zur Finanzierung des jeweiligen Einkaufs stellte jeder der vier Angeklagten eine bestimmte Geldsumme zur Verfügung. A. fuhr in elf Fällen, etwa im zwei- bis dreiwöchigen Abstand, zu seinem Lieferanten. Er wurde dabei jeweils von einem der drei Mitangeklagten begleitet, so daß M. , S. und K. jeweils drei- bis viermal als Begleiter mitfuhren. In einem weiteren Fall verabredete A. den Kauf; die Abwicklung erfolgte in diesem Fall durch die Angeklagten S. und M. . Nachdem alle Angeklagten in zehn Fällen jeweils 1.000 DM und in zwei Fällen jeweils 1.200 DM zum Heroinerwerb beigesteuert hatten, erwarben sie zehnmal 40 Gramm Heroin zum Preis von 4.000 DM und zweimal 60 Gramm zum Preis von 6.000 DM. Nach der Rückkehr teilten die vier Angeklagten das Rauschgift absprachegemäß sofort anteilmäßig auf. Davon schnupften S. , K. und M. etwa die Hälfte der jeweils erhaltenen Heroinmenge von zehn oder fünfzehn Gramm - die stets einen Heroinhydrochloridanteil von zehn Prozent aufwiesen - selbst, während sie die andere Hälfte in erster Linie auch zur Finanzierung ihres Eigenbedarfs zu unterschiedlichen Grammpreisen von 150,- bis 200,- DM an eine Vielzahl von Abnehmern verkauften (UA 13).
Das Landgericht hat sowohl hinsichtlich der Handelsmengen als auch hinsichtlich der für den Eigenverbrauch bestimmten Mengen ein Handeltreiben als auch den Besitz einer nicht geringen Menge im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG verneint. Den Angeklagten könnten nur die auf sie selbst entfalle-
nen Mengen (10 g bei dem Einkauf von 40 g und 15 g bei dem Einkauf von 60 g) zugerechnet werden. Da die anteiligen Mengen zudem noch bei den Angeklagten S. , K. und M. zur Hälfte, beim Angeklagten A. zu einem geringen Teil zum Eigenverbrauch bestimmt waren, sei in keinem Fall die nicht geringe Menge von 1,5 g HHC - sowohl was die Handelsmenge (Handeltreiben nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) als auch die für den Eigenverbrauch (Besitz nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) bestimmte Menge angeht - erreicht worden.
2. Die nur anteilsmäßig erfolgte Zurechnung der jeweiligen Mengen (Handelsmenge und Eigenverbrauch) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Da die Angeklagten als Mittäter handelten, mußte ihnen sowohl für das Handeltreiben als auch für den Besitz die Gesamtmenge jeder Einkaufsfahrt zugerechnet werden.

a) Soweit es die Handelsmenge angeht, ergibt sich die Zurechnung schon daraus, daß der Sammelkauf der Gesamtmenge im gemeinsamen Interesse aller Angeklagten lag. Sie konnten so ihre Transportkosten reduzieren und ersichtlich konnten sie wegen der größeren Menge das Heroin auch günstiger einkaufen.

b) Sie übten aufgrund des arbeitsteiligen Vorgehens auch gemeinsam Besitz an der für den Eigenverbrauch bestimmten Gesamtmenge aus. Sie hatten einen gemeinsamen Besitzwillen. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß bei dem Ankauf und bei dem Transport nicht stets alle vier Angeklagten unmittelbar mitgewirkt haben.
3. Der Senat kann den Schuldspruch umstellen, da weitergehende Feststellungen nicht zu erwarten sind.
Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der in den Fällen II. 26 bis 37 festgesetzten Einzelstrafen, der Gesamtstrafen und der beim Angeklagten A. verhängten Jugendstrafe. Da der Senat nicht ausschließen kann, daß der dargelegte Rechtsfehler auch den Ausspruch über die Entziehung der Fahrerlaubnis beeinflußt hat, war der gesamte Rechtsfolgenausspruch aufzuheben.
Die nunmehr zur Entscheidung berufene Jugendkammer wird Gelegenheit haben zu prüfen, ob die Angeklagten auch gewerbsmäßig im Sinne von § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG gehandelt haben. Diese Strafzumessungsregel kann auch beim Vorliegen des Verbrechenstatbestandes nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG Bedeutung haben (BGH NStZ 1994, 39). Von Bedeutung kann ferner sein, daß zumindest bei den drei Angeklagten S. , K. und M. der Eigenkonsum wesentliches Motiv für die Beschaffung und den Handel mit den Betäubungsmitteln war.
Nack Wahl Boetticher Kolz Hebenstreit

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 189/13
vom
5. Juni 2013
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 5. Juni 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 10. Januar 2013 im Strafausspruch aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen unter Einbeziehung zweier Urteile des Amtsgerichts Gera eine Jugendstrafe von zwei Jahren verhängt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts bestand zwischen dem zur Tatzeit 20jährigen Angeklagten und der 13jährigen Geschädigten eine zunächst rein freundschaftliche Beziehung. Der Angeklagte besuchte die Geschädigte und ihre Familie regelmäßig, wobei er wiederholt auch dort übernachtete. Zwi- schen beiden entwickelte sich schließlich "zumindest" aus der Sicht der Geschädigten eine Liebesbeziehung, im Rahmen derer es in vier Fällen auch zu einvernehmlichem und geschütztem Geschlechtsverkehr kam.
3
Die Strafkammer hat den Angeklagten in diesen vier Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern schuldig gesprochen, einen minderschweren Fall abgelehnt und wegen schädlicher Neigungen und Schwere der Schuld des Angeklagten eine Jugendstrafe verhängt.
4
2. Der Ausspruch über die Jugendstrafe hat keinen Bestand.
5
Die Erwägungen, mit denen die Strafkammer sowohl im Sinne der gebotenen Parallelwertung nach Erwachsenenstrafrecht (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2012 – 4 StR 157/12; Beschluss vom 4. November 1987 – 3 StR 482/87, BGHR JGG § 18 Abs. 1 Satz 3 mwN) einen minderschweren Fall abgelehnt als auch die Schwere der Schuld des Angeklagten im Sinne des § 17 Abs. 2, 2. Alt. JGG bejaht hat, sind gleichermaßen rechtsfehlerhaft.
6
a) Das Landgericht hat jeweils schulderhöhend gewertet, dass zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten ein intensives und freundschaftliches Verhältnis bestand, was diesen eher zum Schutz der Geschädigten hätte veranlassen müssen. Auch habe dem Angeklagten als einem bereits seit zwei Jahren volljährigen Erwachsenen die Verantwortung oblegen, die Taten zu unterlassen. Der Angeklagte habe indes nicht nur den Wunsch der Mutter der Geschädigten, weiteren Geschlechtsverkehr wegen des zwischen ihm und der Geschädigten bestehenden großen Altersunterschieds zu unterlassen, ignoriert , sondern auch den Willen des Gesetzgebers "zum Schutze von Kindern auf eine sexuell unbelastete Entwicklung".
7
b) Mit diesen Erwägungen stellt das Landgericht indes rechtsfehlerhaft darauf ab, dass der Angeklagte die Taten überhaupt begangen hat. Das Gericht hat es zudem versäumt, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob nicht die Schuld des Angeklagten wegen des zwischen ihm und der Geschädigten bestehenden besonderen Verhältnisses gemindert sein könnte. Hierzu bestand insofern Anlass, als nach den Feststellungen "zumindest" aus Sicht der Geschädigten eine Liebesbeziehung bestand, zwischen beiden stets einvernehmlicher und geschützter Geschlechtsverkehr stattfand, die Geschädigte zur Tatzeit bereits 13 Jahre alt war und es sich bei dem Angeklagten um einen erst 20jährigen jungen Erwachsenen handelte (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 5. April 2005 – 4 StR 96/05, StV 2005, 387; Urteil vom 26. Juli 2006 – 1 StR 150/06, NStZ-RR 2006, 339; Beschluss vom 12. November 2008 – 2 StR 355/08, NStZ-RR 2009, 72). So hat zwar die Strafkammer festgestellt, dass die Geschädigte in ihrer Entwicklung nicht anders als der Durchschnitt von Mädchen bis zu 14 Jahren zu beurteilen sei. Allein aber der Umstand, dass die vorliegende Fallkonstellation damit nicht exakt der in den Gesetzesmaterialien zu § 176a StGB als Beispiel eines minderschweren Falls genannten Konstellation einer "Liebesbeziehung zwischen einem körperlich und geistig-seelisch weit über den altersgemäßen Zustand hinaus entwickelten Kind (etwa einem knapp 14 Jahre alten Mädchen) und einem jungen (etwa 21 Jahre alten) Erwachsenen" entspricht (BT-Drucks. 13/8587 S. 32), entbindet nicht von der Erörterung ähnlich gelagerter schuldmindernder Umstände.
8
Die Annahme der Schwere der Schuld des Angeklagten (§ 17 Abs. 2, 2. Alt. JGG) begegnet darüber hinaus auch insoweit Bedenken, als die Strafkammer nicht erörtert hat, inwieweit sich die charakterliche Haltung und die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Heranwachsenden in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben. Insbesondere wird nicht deutlich, dass die Strafkammer dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat nur insofern Bedeutung zu- gemessen hat, als aus ihm Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und die Höhe der Schuld gezogen werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 2009 – 3 StR 400/09, NStZ 2010, 281 mwN).
9
3. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Gericht unter Berücksichtigung der vorgenannten Erwägungen zu einem verringerten Schuldumfang gelangt wäre und daher auf eine insgesamt niedrigere Jugendstrafe erkannt hätte.
10
Die Feststellungen werden von dem aufgezeigten Rechtsfehler, der allein die Bewertung der festgestellten Umstände betrifft, nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Dies schließt ergänzende Feststellungen, die zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen, nicht aus.
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(1) Kommt in Betracht, dass die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden wird, so ist in der Hauptverhandlung ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten zu vernehmen. Gleiches gilt, wenn das Gericht erwägt, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen.

(2) Ist Anklage erhoben worden wegen einer in § 181b des Strafgesetzbuchs genannten Straftat zum Nachteil eines Minderjährigen und kommt die Erteilung einer Weisung nach § 153a dieses Gesetzes oder nach den §§ 56c, 59a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 oder § 68b Absatz 2 Satz 2 des Strafgesetzbuchs in Betracht, wonach sich der Angeklagte psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen hat (Therapieweisung), soll ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten vernommen werden, soweit dies erforderlich ist, um festzustellen, ob der Angeklagte einer solchen Betreuung und Behandlung bedarf.

(3) Hat der Sachverständige den Angeklagten nicht schon früher untersucht, so soll ihm dazu vor der Hauptverhandlung Gelegenheit gegeben werden.

(1) Der Eid mit religiöser Beteuerung wird in der Weise geleistet, dass der Richter an den Zeugen die Worte richtet:

"Sie schwören bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, dass Sie nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen haben"
und der Zeuge hierauf die Worte spricht:
"Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe".

(2) Der Eid ohne religiöse Beteuerung wird in der Weise geleistet, dass der Richter an den Zeugen die Worte richtet:

"Sie schwören, dass Sie nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen haben"
und der Zeuge hierauf die Worte spricht:
"Ich schwöre es".

(3) Gibt ein Zeuge an, dass er als Mitglied einer Religions- oder Bekenntnisgemeinschaft eine Beteuerungsformel dieser Gemeinschaft verwenden wolle, so kann er diese dem Eid anfügen.

(4) Der Schwörende soll bei der Eidesleistung die rechte Hand erheben.

Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 32 bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuches und § 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.