Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Juni 2016 - 2 StR 120/15

bei uns veröffentlicht am14.06.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 120/15
vom
14. Juni 2016
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:140616B2STR120.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 14. Juni 2016 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 24. Oktober 2014 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Es bedarf keiner Entscheidung, ob die unter anderem zu Lasten des Angeklagten angestellte Erwägung der Strafkammer, dieser habe mit „direktem Tötungsvorsatz“ – nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist hiermit Tötungsabsicht im Sinne des dolus directus 1. Grades gemeint – gehandelt , im Hinblick auf § 46 Abs. 3 StGB durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet (vgl. einerseits Senat, Beschluss vom 28. Juni 2012 – 2 StR 61/12, NStZ 2012, 689; andererseits BGH, Beschluss vom 11. März 2015 – 1 StR 3/15, NStZ-RR 2015, 171). Da das Landgericht der tateinheitlichen Verwirklichung zweier Mordmerkmale bei der Bemessung der Strafe besonderes Gewicht beigemessen und die über die regelmäßig zu erwartenden Tatfolgen hinausgehenden besonderen physischen und psychischen Beeinträchtigungen der Nebenklägerin erschwerend berücksichtigt hat, kann der Senat si- cher ausschließen, dass der Rechtsfolgenausspruch insoweit auf einem etwaigen Wertungsfehler beruht. Fischer Appl Eschelbach Ott Bartel

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Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Juni 2016 - 2 StR 120/15 zitiert 2 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 46 Grundsätze der Strafzumessung


(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

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Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2012 - 2 StR 61/12

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 61/12 vom 28. Juni 2012 in der Strafsache gegen wegen Totschlags Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 28. Juni 2012 gem

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2015 - 1 StR 3/15

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 S t R 3 / 1 5 vom 11. März 2015 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. März 2015 beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 61/12
vom
28. Juni 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 28. Juni 2012
gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 25. Mai 2011 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Urteilsformel dahin ergänzt wird, dass die in Griechenland erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1 : 1 auf die erkannte Strafe angerechnet wird. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat: Zwar verstößt es in der Regel gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB, wenn der Umstand, dass der Angeklagte mit direktem Tötungsvorsatz gehandelt hat, als solcher straferschwerend verwertet wird, weil damit nur der Normalfall des § 212 StGB gekennzeichnet wird (BGHR StGB § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 1, 3, 4, 5; BGH NStZ 2008, 624; aA S/S/WStGB /Eschelbach § 46 Rn. 185). Dies gilt jedoch nicht, wenn der Täter - wie hier festgestellt - absichtlich einen Menschen tötet, er also nicht nur um den Todeseintritt sicher weiß, sondern es ihm vielmehr darauf ankommt. Ebenso ist es nicht ausgeschlossen, eine zur Herbeiführung des tatbestandlichen Erfolges notwendige, das Mordmerkmal der Grausamkeit noch nicht erfüllende Tötungshandlung unter dem Gesichtspunkt der besonderen Handlungsintensität strafschärfend zu berücksichtigen.
Ernemann Fischer Appl Schmitt Eschelbach

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 3 / 1 5
vom
11. März 2015
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. März 2015 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 1. Oktober 2014 gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts Landshut zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vorbehalten. Die mit der näher ausgeführten Sachrüge begründete Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs; im Übrigen ist sie im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
2
1. Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht ausdrücklich strafschärfend gewertet, dass es dem Angeklagten unbedingt darauf angekommen sei, seine Ehefrau zu töten, und er nicht nur mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe. Dies verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Februar 2004 – 4 StR 403/03 und vom 19. März 2009 – 4 StR 53/09, NStZ 2009, 564). Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Strafausspruch auf diesem Rechtsfehler beruht, der einen von drei bei der konkreten Strafzumessung ausdrücklich genannten Strafschärfungsgründe betrifft.
3
2. Bei dem Vorbehalt der Sicherungsverwahrung ist das Landgericht davon ausgegangen, dass es diesen aussprechen muss, weil die Voraussetzungen des § 66a Abs. 2 StGB vorliegen. Dies ist rechtsfehlerhaft. Bei § 66a Abs. 2 StGB handelt es sich schon nach dem Wortlaut der Norm („kann“) um eine Ermessensvorschrift (vgl. Stree/Kinzig, in Schönke/Schröder, 29. Aufl., § 66a Rn. 20). Da das Landgericht den Ermessenscharakter der Vorschrift verkannt hat, hat es kein Ermessen ausgeübt. Dem Senat ist es verwehrt, insoweit eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 21. August 2003 – 3 StR 251/03, NStZ-RR 2004, 12). Dies führt zur Aufhebung der Vorbehaltsanordnung.
4
In diesem Zusammenhang nicht unbedenklich sind Formulierungen des Landgerichts, wonach bei dem die Tatumstände zum Teil bestreitenden Ange- klagten eine „echte Reue“ nicht ersichtlich sei,auch weil er sich in der Hauptverhandlung bei der Geschädigten mit der Begründung nicht entschuldigt habe, sie habe in der Hauptverhandlung gelogen. Rechtsfehlerhaft wäre es, mit einem zulässigen Verteidigungsverhalten des Angeklagten dessen Hang zur Begehung erheblicher Straftaten oder dessen hangbedingte Gefährlichkeit zu begründen (vgl. Senat, Beschluss vom 21. August 2014 – 1 StR 320/14, NStZ-RR 2015, 9 mwN).
5
3. Um dem neuen Tatgericht insgesamt eine widerspruchsfreie neue Entscheidung über die Rechtsfolgen zu ermöglichen, hat der Senat die zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
RiBGH Prof. Dr. Jäger befindet sich in Urlaub und ist deshalb an der Unterschriftsleistung verhindert. Raum Graf Raum
RiBGH Prof. Dr. Radtke befindet sich in Urlaub und ist deshalb an der Unterschriftsleistung verhindert. Raum Mosbacher