Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Jan. 2016 - 1 StR 530/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Januar 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
a) im Schuldspruch, soweit der Angeklagte wegen Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Steuerhehlerei verurteilt ist (Tat II.2.),
b) hinsichtlich der Feststellungen zum Zollwert des Tabakfeinschnitts sowie zur Höhe des insoweit hinterzogenen Zolls und der hinterzogenen Einfuhrumsatzsteuer und
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Steuerhehlerei, unter Einbeziehung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe von neun Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten erzielt mit der näher ausgeführten Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
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- 1. Der Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Steuerhehlerei in Fall II.2. der Urteilsgründe hat keinen Bestand.
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- a) Das Landgericht hat insoweit die Konkurrenzen falsch bestimmt. Verschafft sich – wie im vorliegenden Fall – ein Täter in einem anderen Mitgliedsstaat Tabakwaren, hinsichtlich deren bei der Einfuhr in das Zollgebiet der Europäischen Union Einfuhrabgaben hinterzogen wurden, und führt er diese Tabakwaren nach Deutschland ein, stehen die durch Unterlassen begangene Hinterziehung deutscher Tabaksteuer und die zuvor im Ausland durch aktives Tun begangene Steuerhehlerei im Verhältnis der Tatmehrheit nach § 53 StGB (vgl. Senat, Beschluss vom 28. August 2008 – 1 StR 443/08, NStZ 2009, 159; hierzu umfassend auch Allgayer/Sackreuther, PStR 2009, 44).
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- b) Die Berechnung des hinterzogenen Zolls und der hinterzogenen Einfuhrumsatzsteuer beruht auf einer nicht tragfähigen Grundlage, denn es ist aus den Urteilsgründen nicht ersichtlich, wie die Strafkammer den von ihr angenommenen Zollwert des Tabakfeinschnitts bestimmt hat. Die Ermittlung des Zollwerts nach Art. 29 ff. ZK ist Rechtsanwendung, die der Tatrichter selbst vorzunehmen und im Urteil nachprüfbar darzustellen hat (vgl. zu den hierbei anzuwendenden Methoden näher Senat, Beschluss vom 19. August 2009 – 1 StR 314/09, NStZ 2010, 338).
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- c) Rechtsfehlerhaft ist auch die Berechnung der Einfuhrumsatzsteuer anhand der deutschen Umsatzsteuer; anzuwenden ist vielmehr die im Tatzeit- raum geltende niederländische Umsatzsteuer. Als Bemessungsgrundlage der insoweit vorzunehmenden Steuerberechnung ist die niederländische Tabaksteuer , nicht die deutsche Tabaksteuer heranzuziehen (vgl. auch Senat aaO).
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- d) Die Aufhebung des Schuldspruchs entzieht dem Einzelstrafausspruch für die Tat II.2. (Einsatzstrafe von zwei Jahren und vier Monaten Freiheitsstrafe) die Grundlage, was zur Aufhebung des Gesamtstrafausspruchs führt.
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- 2. Der aufgezeigte Rechtsfehler betrifft neben den Konkurrenzen lediglich die Feststellungen zum Zollwert und zur Höhe der im Fall II.2. bei der Einfuhr des Tabakfeinschnitts entstandenen Einfuhrumsatzsteuer und des Zolls, die deshalb aufzuheben sind. Die übrigen von dem Rechtsfehler nicht betroffenen Feststellungen können bestehen bleiben (vgl. § 353 Abs. 2 StPO) und durch weitere Feststellungen, die den bisherigen nicht entgegenstehen, ergänzt werden.
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.