Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Jan. 2014 - 1 StR 523/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und einem Monat verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 2
- Der Erörterung bedarf lediglich die vom Angeklagten erhobene Verfahrensrüge wegen eines Verstoßes gegen die Vorschrift des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO:
- 3
- 1. Der Angeklagte macht geltend, der Kammervorsitzende habe in der Hauptverhandlung entgegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO nicht bekanntgegeben, ob vor der Hauptverhandlung mündliche oder schriftliche Erörterungen nach §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung gewesen ist.
- 4
- 2. Es bestehen bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit dieser Rüge, denn der Beschwerdeführer hat nicht vorgetragen, ob Erörterungen im Sinne des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO stattgefunden haben (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 47/13, zur Veröffentlichung vorgesehen in BGHSt 58,
315).
- 5
- 3. Die Rüge ist jedenfalls unbegründet. Es kann letztlich dahinstehen, ob hier ein Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO vorliegt. Das Urteil könnte in der festgestellten Sachverhaltskonstellation nicht darauf beruhen, dass das Protokoll kein entsprechendes Negativattest enthält.
- 6
- Der Senat hat im Freibeweisverfahren von den beteiligten Berufsrichtern und dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft dienstliche Äußerungen sowie von der Verteidigerin eine Erklärung dazu eingeholt, ob ihnen Erörterungen i.S.v. § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO bekannt geworden sind. Auch dem Angeklagten wurde Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Von den Berufsrichtern wurden derartige Erörterungen unter ihrer Beteiligung verneint. Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft erklärte, dass er vor Beginn der Hauptverhandlung mit der Verteidigerin die jeweiligen Strafvorstellungen ausgetauscht habe, dass es aber zu keinem Gespräch mit der Strafkammer gekommen sei. Der Senat versteht die dienstlichen Äußerungen der Berufsrichter dahingehend, dass diese von dem Gespräch zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung keine Kenntnis erlangt hatten. Auch die Verteidigerin behauptet nicht, dass unter ihrer Beteiligung Gespräche mit der Strafkammer stattgefunden haben. Es entziehe sich jedoch ihrer Kenntnis, ob gegebenenfalls Gespräche zwischen Strafkam- mer und Staatsanwaltschaft stattgefunden hätten. Dass dies nicht der Fall war, ergibt sich gleichfalls aus den dienstlichen Äußerungen der Berufsrichter und des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft.
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- Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit der von den Verfahrensbeteiligten abgegebenen Erklärungen. Es steht somit fest, dass es keine Gespräche unter Beteiligung der Strafkammer gegeben hat, in denen die Möglichkeit einer Verständigung im Raum stand, und dass die Strafkammer auch keine Kenntnis von dem Gespräch zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung erlangt hat (vgl. zur Offenlegung und Dokumentation BGH, Beschluss vom 22. Februar 2012 - 1 StR 349/11, NStZ 2013, 353 m. Anm. Kudlich; BGH, Urteil vom 29. November 2011 - 1 StR 287/11, NStZ 2012, 347). Mithin schließt der Senat ein Beruhen des Urteils auf dem Umstand aus, dass der Kammervorsitzende in der Hauptverhandlung nicht öffentlich mitgeteilt hat, ob Erörterungen im Sinne des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO stattgefunden haben (zum Ausschluss des Beruhens vgl. BGH, Beschluss vom 3. September 2013 - 1 StR 237/13, StV 2013, 740; BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., Rn. 98, NStZ 2013, 295).
Jäger Mosbacher
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.
(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.
(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.
(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.
(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.
Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.
Nach Eröffnung des Hauptverfahrens gilt § 202a entsprechend.
(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.
(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.
(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.
(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.
(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.