Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juli 2017 - 1 StR 513/11

published on 12/07/2017 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juli 2017 - 1 StR 513/11
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 513/11
vom
12. Juli 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
hier: Anhörungsrüge
ECLI:DE:BGH:2017:120717B1STR513.11.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Juli 2017 beschlossen:
1. Die Anhörungsrüge des Verurteilten gegen den Beschluss des Senats vom 14. Dezember 2011 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. 2. Der Antrag des Verurteilten, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Anbringung einer weiteren Verfahrensrüge gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 24. März 2011 zu gewähren, wird zurückgewiesen.

Gründe:

1
1. Der Senat hatte die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 24. März 2011 mit Beschluss vom 14. Dezember 2011 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Mit Antrag zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Hagen (§ 299 StPO) vom 23. Mai 2017, eingegangen beim Senat am 26. Mai 2017, beantragte der Verurteilte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Revisionsbegründungs- frist „aufgrund höherer Gewalt“. Zugleich beantragte er „die Aufhebung der … Urkunde des Landgerichts München I“ vom 24. März 2011. Zur Begründung seiner Anträge verwies er im Wesentlichen darauf, dass es sich bei dem Urteil des Landgerichts lediglich um einen Entwurf handele, da das Urteil nicht wirksam von den Richtern unterschrieben worden sei; bei den Unterschriften fehle es jeweils an der Lesbarkeit des Schriftbildes. Er habe diesen Mangel des Urteils nicht geltend machen können, weil ihm sein Verteidiger anhand einer nicht von den Richtern unterschriebenen „Urteilsurkundenkopie“ erklärt habe, er könne wegen der Richterunterschriften keine Rechtsfehler geltend machen.
Erst aufgrund eines bei ihm am 19. Mai 2017 eingegangenen Schreibens habe er erkannt, dass es sich um unzulängliche Richterunterschriften handele, die wegen ihrer Formerfordernisse angreifbar seien. Nachdem der Verurteilte von der Rechtspflegerin darauf hingewiesen wurde, dass der Verwerfungsbeschluss des Bundesgerichtshofs vom 14. Dezember 2011 nicht anfechtbar sei, erhob er mit Schreiben vom 7. Juni 2017, beim Senat eingegangen am 9. Juni 2017, eine Anhörungsrüge gemäß § 356a StPO.
2
2. Der auf die Aufhebung des Urteils des Landgerichts München I vom 24. März 2011 gerichtete Antrag des Verurteilten ist als Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 14. Dezember 2011 auszulegen, durch den die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen worden ist (§ 300 StPO). Die Anhörungsrüge ist allerdings unzulässig, weil entgegen § 356a Satz 3 StPO nicht mitgeteilt wird, wann der Verurteilte vom Verwerfungsbeschluss des Senats, der am 20. Dezember 2011 abgeschickt worden ist, Kenntnis erlangt hat.
3
Die Anhörungsrüge wäre auch unbegründet, denn es liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 356a StPO) vor. Der Senat hat weder zum Nachteil des Verurteilten Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen dieser nicht gehört worden wäre, noch hat er zu berücksichtigendes entscheidungserhebliches Vorbringen des Verurteilten übergangen oder in sonstiger Weise dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Eine nicht erhobene Verfahrensrüge prüft das Revisionsgericht auch im Verfahren nach § 356a StPO nicht nach. Denn durch den außerordentlichen Rechtsbehelf des § 356a StPO werden die Frist- und Formerfordernisse des § 344 Abs. 2 und des § 345 StPO nicht berührt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. August 2005 – 2 StR 544/04).
4
3. Auch das Wiedereinsetzungsgesuch ist unzulässig. Das Gesetz räumt die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur für den Fall ein, dass eine Frist versäumt worden ist (§ 44 Satz 1 StPO). Eine Fristversäumung liegt hinsichtlich der Revisionsbegründungsfrist nicht vor, weil die Revision des Angeklagten von seinem Verteidiger mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet worden ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 4. Februar 2010 – 3 StR 555/09, wistra 2010, 229 mwN). Ein Ausnahmefall, in dem zur Gewährung rechtlichen Gehörs die Wiedereinsetzung zu gewähren wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 2011 – 2 StR 589/10), liegt nicht vor. Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens käme im Übrigen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch unter dem Gesichtspunkt eines hier von dem Verurteilten geltend gemachten Verteidigerverschuldens nicht mehr in Betracht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. November 2008 – 1 StR 593/08 und vom 24. Juni 1993 – 4 StR 166/93, NStZ 1993, 552).
5
4. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 5. Juni 2013 – 1 StR 81/13 mwN).
Graf Jäger Fischer Bär Hohoff
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der nicht auf freiem Fuß befindliche Beschuldigte kann die Erklärungen, die sich auf Rechtsmittel beziehen, zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts geben, in dessen Bezirk die Anstalt liegt, wo er auf behördliche Anordnung verwahrt wird.

(2) Zur Wahrung einer Frist genügt es, wenn innerhalb der Frist das Protokoll aufgenommen wird.

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Ein Irrtum in der Bezeichnung des zulässigen Rechtsmittels ist unschädlich.

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn das Urteil später als einundzwanzig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen Monat und, wenn es später als fünfunddreißig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen weiteren Monat. War bei Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Urteils und in den Fällen des Satzes 2 der Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem es zu den Akten gebracht ist.

(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.

War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.

(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.