Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Okt. 2018 - 1 StR 452/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 24. Oktober 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
a) soweit der Angeklagte und die Mitangeklagten im Fall 15 der Urteilsgründe wegen Verabredung zum schweren Bandendiebstahl verurteilt worden sind,
b) im Gesamtstrafenausspruch. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten M. als Mittäter neben den ebenfalls verurteilten nicht revidierendenMitangeklagten K. und R. wegen schweren Bandendiebstahls in acht Fällen, wegen versuchten schweren Bandendiebstahls in drei Fällen und wegen Verabredung zum schweren Bandendiebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Den nicht revidierenden Mitangeklagten K. hat es wegen schweren Bandendiebstahls, wegen versuchten schweren Bandendiebstahls in vier Fällen und wegen Verabredung zum schweren Bandendiebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten, den ebenfalls nicht revidierenden Mitangeklagten R. wegen schweren Bandendiebstahls und wegen Verabredung zum schweren Bandendiebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Mit Blick auf das durch die Taten jeweils Erlangte hat das Landgericht die Einziehung des Wertes der Taterträge angeordnet.
- 2
- Die Revision des Angeklagten M. , mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 stopp.
I.
- 3
- Die erhobenen Verfahrensrügen dringen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift genannten Gründen nicht durch.
II.
- 4
- Mit Ausnahme von Fall 15 der Urteilsgründe halten Schuldspruch und Strafausspruch rechtlicher Nachprüfung stand; die zugrunde liegenden Feststellungen beruhen auf einer tragfähigen Beweiswürdigung.
III.
- 5
- Die Verurteilung im Fall 15 der Urteilsgründe wegen Verabredung zu einem Verbrechen des schweren Bandendiebstahls hat dagegen keinen Bestand. Die rechtliche Würdigung des Landgerichts, die Angeklagten hätten die weitere Ausführung der verabredeten Tat nicht freiwillig aufgegeben oder verhindert und seien daher nicht strafbefreiend von der Verbrechensverabredung zurückgetreten, wird von den Urteilsfeststellungen nicht getragen.
- 6
- 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts schlossen sich die Angeklagten M. , K. , R. sowie weitere Personen vor dem 19. August 2011 zusammen, um fortlaufend in teilweise wechselnder Besetzung von Polen nach Deutschland zu reisen, um hier Einbruchdiebstähle – schwerpunktmäßig in Parfümerie- und Fahrradgeschäfte – zu begehen und das Diebesgut in Polen zu veräußern, um hieraus ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Im Rahmen dieser Bandenabrede kamen die Angeklagten M. , K. und R. in den Tagen vor dem 27. Oktober 2017 überein, in Me. gewaltsam in ein Firmengebäude einzudringen und Waren zu entwenden. Zu diesem Zweck mieteten sie (erneut) ein Transportfahrzeug an und fuhren nach Me. , wo sie am 27. Oktober 2017 gegen 2.30 Uhr ankamen und ein Fahrradgeschäft sowie Parfümerien auskundschafteten. Aus „nicht näher bekannten Gründen“ (UA S. 11) konnte die Ausführung der verabredeten Tat jedoch nicht erfolgen. Die Angeklagten wurden, kurz nachdem sie von Me. losfahren wollten, vorläufig festgenommen.
- 7
- 2. Die getroffenen Feststellungen tragen die hierauf vom Landgericht gestützte Annahme, der Ausführung der verabredeten Tat hätten „objektive Gründe“ entgegengestanden, weshalb die Aufgabe der Tatausführung nicht auf „autonomen“ Gründen beruht habe und damit „ein freiwilliges Aufgeben oder Verhindern der Tatausführung“ nicht vorliege (UA S. 12), nicht.
- 8
- a) Die Feststellungen zu den Gründen für die Abstandnahme der Angeklagten von der weiteren Tatbegehung sind lückenhaft.
- 9
- Die Voraussetzungen für den Rücktritt von der Verbrechensverabredung nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 StGB entsprechen denjenigen des § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB; in beiden Fällen wird der Täter straflos, wenn er die Tat freiwillig verhindert. Die Verhinderung setzt zwar in der Regel ein aktives, auf Verhinderung der Tatvollendung abzielendes Verhalten des Täters voraus; bloßes NichtWeiterhandeln reicht aber aus, wenn sämtliche Tatbeteiligte dahin übereinkommen , von der Tat (§ 31 Abs. 1 Nr. 3 StGB) oder von ihrer Vollendung (§ 24 Abs. 2 Satz 1 StGB) abzusehen (BGH, Urteil vom 14. Mai 1996 – 1 StR 51/96, BGHSt 42, 158, 162; Beschluss vom 7. September 2016 – 1 StR 202/16, NStZRR 2016, 367 f.).
- 10
- b) Ob diese Voraussetzungen hier vorliegen, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Das Landgericht hat zu den Gründen, die die Angeklagten zur Aufgabe der Tatausführung bewegt haben, lediglich festgestellt, dass diese „nicht näher bekannt“ seien.
- 11
- Auf dieser Grundlage zu folgern, dass es an der nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 StGB für einen strafbefreienden Rücktritt von der Verbrechensverabredung erforderlichen freiwilligen Verhinderung der Tat gefehlt habe, erweist sich als rechtsfehlerhaft. Denn mangels näherer Kenntnis der Gründe der Angeklagten für die Aufgabe des Tatplans und der verabredeten Tatbegehung ist gerade nicht auszuschließen, dass nach dem insoweit maßgeblichen Vorstellungsbild der Angeklagten eine Durchführung des verabredeten schweren Bandendiebstahls (§ 244a Abs. 1 StGB) objektiv noch ohne Weiteres möglich gewesen wäre und daher eine freiwillig getroffene Übereinkunft der Angeklagten, von der verabredeten Tatbegehung abzusehen, vorlag. Mit dem Vorstellungsbild der Angeklagten, das entscheidend für die Frage der Freiwilligkeit ist, hat sich das Landgericht nicht auseinander gesetzt.
- 12
- 3. Die Sache bedarf daher insoweit neuer tatrichterlicher Prüfung und Entscheidung.
- 13
- Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht. Es kann indes nicht ausgeschlossen werden, dass vom neuen Tatrichter weitere Feststellungen getroffen werden können, die die Annahme einer freiwilligen Verhinderung der Tat (§ 31 Abs. 1 Nr. 3 StGB) tragen oder ausschließen. Das Landgericht kann daher weitere Feststellungen treffen, die mit den bisherigen Feststellungen – insbesonderezu den Gründen für die Aufgabe der verabredeten Tatausführung durch die Angeklagten – nicht in Widerspruch stehen.
- 14
- 4. Die Aufhebung des Schuld- und Strafausspruchs ist gemäß § 357 StPO auf die nicht revidierenden Mitangeklagten K. und R. zu erstrecken, soweit diese im Fall 15 ebenfalls wegen Verabredung zum schweren Bandendiebstahl verurteilt worden sind. Auch deren Verurteilung beruht – ebenso wie die Verurteilung des Angeklagten M.
- 15
- Die Aufhebung der im Fall 15 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafen nach sich.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Nach § 30 wird nicht bestraft, wer freiwillig
- 1.
den Versuch aufgibt, einen anderen zu einem Verbrechen zu bestimmen, und eine etwa bestehende Gefahr, daß der andere die Tat begeht, abwendet, - 2.
nachdem er sich zu einem Verbrechen bereit erklärt hatte, sein Vorhaben aufgibt oder, - 3.
nachdem er ein Verbrechen verabredet oder das Erbieten eines anderen zu einem Verbrechen angenommen hatte, die Tat verhindert.
(2) Unterbleibt die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden oder wird sie unabhängig von seinem früheren Verhalten begangen, so genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Tat zu verhindern.
(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.
(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.
(1) Nach § 30 wird nicht bestraft, wer freiwillig
- 1.
den Versuch aufgibt, einen anderen zu einem Verbrechen zu bestimmen, und eine etwa bestehende Gefahr, daß der andere die Tat begeht, abwendet, - 2.
nachdem er sich zu einem Verbrechen bereit erklärt hatte, sein Vorhaben aufgibt oder, - 3.
nachdem er ein Verbrechen verabredet oder das Erbieten eines anderen zu einem Verbrechen angenommen hatte, die Tat verhindert.
(2) Unterbleibt die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden oder wird sie unabhängig von seinem früheren Verhalten begangen, so genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Tat zu verhindern.
(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.
(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.
(1) Nach § 30 wird nicht bestraft, wer freiwillig
- 1.
den Versuch aufgibt, einen anderen zu einem Verbrechen zu bestimmen, und eine etwa bestehende Gefahr, daß der andere die Tat begeht, abwendet, - 2.
nachdem er sich zu einem Verbrechen bereit erklärt hatte, sein Vorhaben aufgibt oder, - 3.
nachdem er ein Verbrechen verabredet oder das Erbieten eines anderen zu einem Verbrechen angenommen hatte, die Tat verhindert.
(2) Unterbleibt die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden oder wird sie unabhängig von seinem früheren Verhalten begangen, so genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Tat zu verhindern.
(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer den Diebstahl unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen oder in den Fällen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
(3) (weggefallen)
(1) Nach § 30 wird nicht bestraft, wer freiwillig
- 1.
den Versuch aufgibt, einen anderen zu einem Verbrechen zu bestimmen, und eine etwa bestehende Gefahr, daß der andere die Tat begeht, abwendet, - 2.
nachdem er sich zu einem Verbrechen bereit erklärt hatte, sein Vorhaben aufgibt oder, - 3.
nachdem er ein Verbrechen verabredet oder das Erbieten eines anderen zu einem Verbrechen angenommen hatte, die Tat verhindert.
(2) Unterbleibt die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden oder wird sie unabhängig von seinem früheren Verhalten begangen, so genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Tat zu verhindern.
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.