Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Sept. 2019 - 1 StR 343/19

bei uns veröffentlicht am17.09.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 343/19
vom
17. September 2019
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:170919B1STR343.19.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 17. September 2019 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 4. April 2019 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision hat mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
2
1. Die Verneinung eines strafbefreienden Rücktritts des Angeklagten von dem Versuch des Totschlags hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
a) Nach den Feststellungen befand sich der Angeklagte nach einem Gartenfest am frühen Abend des 28. Oktober 2018 gemeinsam mit dem Geschädigten A. , dem Gastgeber M. sowie zwei weiteren Gästen, den Zeugen S. und Z. , in einer Gartenhütte. Nach einem Streit zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten, der durch eine Beleidigung seitens des Angeklagten ausgelöst worden war und den der Gastgeber schlichtete, verließen der Geschädigte und die Zeugen S. und Z. das Gartengrundstück und blieben im Bereich des Garteneingangs stehen. Der Angeklagte ging davon aus, dass die drei Personen ihn zur Rede stellen und gegebenenfalls schlagen wollten. Um für eine körperliche Auseinandersetzung gewappnet zu sein und um sicher zu gehen, dass er sich durchsetzen werde, nahm der Angeklagte ein in der Hütte befindliches Messer mit. Als er beim Verlassen des Grundstücks an dem Geschädigten vorbeiging, äußerte dieser sinngemäß unter anderem „jetzt hau‘ ich Dich“ und packte ihn an der Schulter. Daraufhin versetzten sowohl der Angeklagte als auch der Geschädigte dem jeweils anderen je einen Faustschlag im Kopfbereich. Nunmehr zog der Angeklagte das Messer und stach dem Geschädigten in die rechte Flanke oberhalb des Darmbeinkamms. Der Stich drang mindestens zehn Zentimeter in die Muskulatur der rechten seitlichen Bauchwand in Richtung Körpermitte zur Niere ansteigend ein. Es kam zu einer leichten Blutung im Bereich der Flexur des Dickdarms, ohne dass dieser selbst verletzt wurde. Dem Angeklagten war dabei bewusst, dass der Stich tödliche Folgen haben konnte; dies war ihm jedoch gleichgültig.
4
Der Geschädigte bemerkte sofort den Schmerz infolge des Stichs und rief: „Er hat mich gestochen“. Spätestens jetzt wusste der Angeklagte, dass der Stich getroffen hatte. Ihm war bewusst, dass er den Stich mit Wucht geführt hatte, und er ging davon aus, dass er den Geschädigten empfindlich, möglicherweise auch tödlich verletzt hatte. Zugleich befürchtete er, er würde es spätestens jetzt nicht nur mit dem Geschädigten, sondern auch mit den Zeugen S. und Z. zu tun bekommen, nachdem diese gesehen hatten, dass er einen Messerstich ausgeführt hatte. Deshalb führte er keine weiteren Stiche mehr durch, sondern ergriff die Flucht Richtung Wald. Der Zeuge S. verfolgte zunächst den Angeklagten, brach die Verfolgung aber ab, zum einen, weil der An- geklagte schnell rannte und ihm dabei „komm mir nicht näher“ zugerufen hatte, und zum anderen, um sich um den Geschädigten zu kümmern.
5
Das Landgericht hat einen beendeten Versuch angenommen, von dem der Angeklagte nicht durch bloßes Nichtweiterhandeln habe strafbefreiend zurücktreten können. Zudem sei die Aufgabe der weiteren Tatausführung nicht freiwillig erfolgt.
6
b) Das Landgericht hat die Annahme eines beendeten Versuchs nicht hinreichend belegt.
7
Maßgeblich für die Abgrenzung zwischen einem unbeendeten Versuch, bei dem nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB allein der Abbruch der begonnenen Tathandlung zum strafbefreienden Rücktritt vom Versuch führt, und einem beendeten Versuch ist das Vorstellungsbild des Täters unmittelbar nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung (sog. Rücktrittshorizont, vgl. BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2017 – 1 StR 393/17 Rn. 7 ff.). Ein beendeter Tötungsversuch , bei dem der Täter für einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch den Tod des Opfers durch eigene Rettungsbemühungen verhindern oder sich darum zumindest freiwillig und ernsthaft bemühen muss, ist anzunehmen, wenn er zu diesem Zeitpunkt den Eintritt des Todes bereits für möglich hält oder sich keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns macht (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2019 – 4 StR 464/18 Rn. 7).
8
Lässt sich den Urteilsfeststellungen das entsprechende Vorstellungsbild des Angeklagten, das zur revisionsrechtlichen Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch unerlässlich ist, nicht hinreichend entnehmen , hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand (st. Rspr.; vgl.
BGH, Urteile vom 19. März 2013 – 1 StR 647/12 Rn. 35 und vom 13. August 2015 – 4 StR 99/15 Rn. 7, jeweils mwN). So liegt der Fall hier. Es fehlen insbesondere Feststellungen zum Zustand des Geschädigten unmittelbar nach der Tat und zur Wahrnehmung desselben durch den Angeklagten,die im Regelfall einen Rückschluss auf das Vorstellungsbild des Täters zulassen (vgl. zu diesem Erfordernis BGH, Beschluss vom 26. Februar 2019 – 4 StR 464/18 Rn. 9). Das Landgericht hat lediglich darauf abgestellt, dass der Geschädigte den Stich bemerkt habe, zu seinem Zustand – etwa, ob er nach dem Messerstich weiter aufrecht stand und wie stark er blutete – und den entsprechenden Wahrnehmungen des Angeklagten hat das Landgericht aber keine weiteren Feststellungen getroffen.
9
c) Zudem begegnet die weitere Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe nicht freiwillig von der weiteren Tatausführung Abstand genommen, durchgreifenden Bedenken. Eine fehlende Freiwilligkeit ist nicht ausreichend belegt. Soweit die Strafkammer darauf abstellt, der Angeklagte sei nach dem Messerstich davon ausgegangen, dass er es nun auch mit den Zeugen S. und Z. zu tun bekomme, ergibt sich aus dem Tatablauf nicht ohne weiteres , warum sich die Situation signifikant gegenüber der Ausgangssituation, in die sich der Angeklagte bewaffnet mit dem Messer und in Kenntnis der Begleitung des Geschädigten durch die genannten Zeugen und damit deren Übermacht begeben hatte, geändert haben sollte. Insoweit wäre festzustellen, inwieweit die Zeugen – für den Angeklagten erkennbar – auf den Messerstich reagiert haben und ob sie eingriffsbereit waren. Auch die weitere Erwägung des Landgerichts, die Äußerung des Angeklagten „Komm‘ mir nicht näher“ gegen- über dem ihn verfolgenden Zeugen S. sei Ausdruck von Furcht und damit ein Indiz für die fehlende Freiwilligkeit, ist nicht tragfähig begründet. Denn es bleibt unerörtert, warum diese Äußerung nicht als Drohung gegenüber dem Zeugen zu verstehen ist.
10
2. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Schuldspruchs wegen versuchten Totschlags; erfasst wird auch die an sich rechtsfehlerfreie tateinheitliche Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung. Dies entzieht ohne Weiteres dem Strafausspruch die Grundlage.
11
Der Senat hebt sämtliche Feststellungen auf, auch wenn der Rechtsfehler lediglich die Feststellungen zum Rücktrittsgeschehen ab der Beibringung des Messerstichs betrifft, um dem neuen Tatrichter in sich widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.
Raum Jäger Cirener Hohoff Leplow

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

7
Die Abgrenzung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch bestimmt sich nach dem Vorstellungsbild des Täters nach dem Abschluss der letzten von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung, dem sogenannten Rücktrittshorizont. Ein unbeendeter Versuch eines Tötungsdelikts, bei dem allein der Abbruch der begonnenen Tathandlung zum strafbefreienden Rücktritt vom Versuch führt, liegt vor, wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt noch nicht alles getan hat, was nach seiner Vorstellung zur Herbeiführung des Todes erforderlich ist. Ein beendeter Tötungsversuch, bei dem der Täter für einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch den Tod des Opfers durch eigene Rettungsbemühungen verhindern oder sich darum zumindest freiwillig und ernsthaft bemühen muss, ist hingegen anzunehmen, wenn er den Eintritt des Todes bereits für möglich hält oder sich keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns macht.
7
Ein unbeendeter Versuch eines Tötungsdelikts, bei dem allein der Abbruch der begonnenen Tathandlung zum strafbefreienden Rücktritt vom Versuch führt, liegt vor, wenn der Täter nach Abschluss der letzten Ausführungs- handlung noch nicht alles getan hat, was nach seiner Vorstellung zur Herbeiführung des Todes erforderlich ist. Ein beendeter Tötungsversuch, bei dem der Täter für einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch den Tod des Opfers durch eigene Rettungsbemühungen verhindern oder sich darum zumindest freiwillig und ernsthaft bemühen muss, ist hingegen anzunehmen, wenn er zu diesem Zeitpunkt den Eintritt des Todes bereits für möglich hält oder sich keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns macht.
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Lässt sich den Urteilsfeststellungen das entsprechende Vorstellungsbild des Angeklagten, das zur revisionsrechtlichen Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch unerlässlich ist, nicht hinreichend entnehmen , hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 13. November 2012 - 3 StR 411/12; BGH, Beschluss vom 29. September 2011 - 3 StR 298/11; BGH, Beschluss vom 11. Februar 2003 - 4 StR 8/03).
7
a) Fehlgeschlagen ist ein Versuch, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen nahe liegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Dabei kommt es auf die Sicht des Täters nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an (Rücktrittshorizont). Wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt erkennt oder die subjektive Vorstellung hat, dass es zur Herbeiführung des Erfolgs eines erneuten Aussetzens bedürfte, etwa mit der Folge einer zeitlichen Zäsur und einer Unterbrechung des unmittelbaren Handlungsfortgangs, liegt ein Fehlschlag vor. Ist dies der Fall, scheidet ein Rücktritt vom Versuch nach allen Varianten des § 24 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB aus. Umgekehrt kommt es nur dann, wenn ein Fehlschlag nicht gegeben ist, auf die Unterscheidung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch an, die für die vom Täter zu erbringende Rücktrittsleistung in Fällen des § 24 Abs. 1 StGB stets, in solchen des § 24 Abs. 2 StGB mittelbar dann von Bedeutung ist, wenn sich die (gemeinsame) Verhinderungsleistung von Versuchsbeteiligten in einem einverständlichen Unterlassen des Weiterhandelns erschöpft. Allen Fällen ist gemeinsam, dass es auf das Vorstellungsbild des Täters im entscheidungserheblichen Zeitpunkt ankommt. Diese Vorstellung ist gegebenenfalls auch für die Beurteilung der Freiwilligkeit eines Rücktritts von Bedeutung. Lässt sich den Urteilsfeststellungen das entsprechende Vorstellungsbild des Angeklagten, das zur revisionsrechtlichen Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch unerlässlich ist, nicht hinreichend entnehmen, hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand (zum Ganzen: BGH, Urteil vom 19. März 2013 – 1 StR 647/12, NStZ-RR 2013, 273, 274; zur revisionsgerichtlichen Überprüfung ferner: BGH, Beschlüsse vom 11. März 2014 – 1 StR 735/13, NStZ-RR 2014, 201, 202; vom 27. November 2014 – 3 StR 458/14, NStZ-RR 2015, 105, 106; vom 4. Juni 2014 – 4 StR 168/14 jeweils mwN). Dies gilt umso mehr, wenn es sich um ein mehraktiges Tatgeschehen handelt und auch die Prüfung der Annahme nur einer Tat im Rechtssinne vorzunehmen ist. Denn würde man eine Zäsur annehmen, wäre die Mitteilung des Vorstellungsbildes des Angeklagten nach der jeweils letzten Ausführungshandlung geboten (BGH, Urteil vom 19. März 2013 – 1 StR 647/12, NStZ-RR 2013, 273, 274).
7
Ein unbeendeter Versuch eines Tötungsdelikts, bei dem allein der Abbruch der begonnenen Tathandlung zum strafbefreienden Rücktritt vom Versuch führt, liegt vor, wenn der Täter nach Abschluss der letzten Ausführungs- handlung noch nicht alles getan hat, was nach seiner Vorstellung zur Herbeiführung des Todes erforderlich ist. Ein beendeter Tötungsversuch, bei dem der Täter für einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch den Tod des Opfers durch eigene Rettungsbemühungen verhindern oder sich darum zumindest freiwillig und ernsthaft bemühen muss, ist hingegen anzunehmen, wenn er zu diesem Zeitpunkt den Eintritt des Todes bereits für möglich hält oder sich keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns macht.