Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Aug. 2016 - 1 StR 300/16

bei uns veröffentlicht am24.08.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 300/16
vom
24. August 2016
in der Strafsache
gegen
1.
alias:
2.
wegen schwerer Brandstiftung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:240816B1STR300.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 24. August 2016 entsprechend § 354 Abs. 1 StPO und gemäß § 349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO beschlossen :
I. 1. Die Revision des Angeklagten T. gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 21. Dezember 2015 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass für die Tat II. 1. a) der Urteilsgründe eine Einzelfreiheitsstrafe in Höhe von drei Monaten festgesetzt wird.
2. Der Urteilstenor wird in Bezug auf den Angeklagten T. dahingehend klargestellt, dass dieser Angeklagte

a) wegen Diebstahls in drei Fällen (Taten II. 3. – 5.) unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts München vom 26. November 2010 verhängten Einzelstrafen und unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und

b) wegen schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit Diebstahl , Wohnungseinbruchdiebstahls in drei Fällen, Diebstahls in zehn Fällen und wegen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren
verurteilt ist.
3. Der Angeklagte T. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
II. 1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das vorgenannte Urteil aufgehoben, soweit diesem Angeklagten eine Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten dieses Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
1. a) Die Revision des Angeklagten T. bleibt aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
b) Im Fall II. 1. a) der Urteilsgründe hat das Landgericht versehentlich die Festsetzung einer Einzelfreiheitsstrafe unterlassen. Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat für diesen Fall entsprechend § 354 Abs. 1 StPO auf die Mindeststrafe der §§ 242, 243 Abs. 1 Satz 1 StGB erkannt. Dass das Landgericht in allen Diebstahlsfällen jedenfalls aufgrund des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit (§ 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB) vom Vorliegen eines besonders schweren Falls ausgegangen ist und in keinem Fall die Regelwirkung als widerlegt angesehen hat, ist den Urteilsgründen hinreichend sicher zu entnehmen. Angesichts der Vielzahl einschlägiger Vorstrafen und des einschlägigen Bewährungsbruchs durch diese Tat erweist sich die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe als unerlässlich im Sinne von § 47 Abs. 1 StGB, so dass nicht nach § 47 Abs. 2 Satz 1 StGB auf Geldstrafe zu erkennen ist.
3
c) Entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat den Tenor klarstellend neu gefasst, damit aus der Urteilsformel ersichtlich wird, welche Taten den jeweiligen Gesamtfreiheitsstrafen zuzuordnen sind (vgl. Senat, Beschluss vom 17. März 2016 – 1 StR 23/16 mwN).
4
2. Den bislang unbestraften Angeklagten K. hat das Landgericht wegen Beihilfe zum Wohnungseinbruchdiebstahl in Tatmehrheit mit Diebstahl in zwei tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, allerdings nicht erörtert, ob diese Freiheitsstrafe gemäß § 56 Abs. 1, 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden kann (vgl. zur materiell-rechtlichen Erörterungspflicht in Fällen wie dem vorliegenden : Senat, Beschluss vom 6. März 2012 – 1 StR 50/12 mwN). Diese Frage bedarf neuer Prüfung und Entscheidung, da ein Fall, in dem eine Bewährungsentscheidung aus Rechtsgründen ausscheidet (etwa vollständige Verrechnung der verhängten Freiheitsstrafe mit nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB anzurechnen- der Freiheitsentziehung [vgl. Senat, Beschluss vom 12. Februar 2014 – 1 StR 36/14]), nicht vorliegt (vgl. UA S. 14).
Raum Jäger Cirener
Mosbacher Bär

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 56 Strafaussetzung


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Strafgesetzbuch - StGB | § 243 Besonders schwerer Fall des Diebstahls


(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 1. zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Gesc

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(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Strafgesetzbuch - StGB | § 51 Anrechnung


(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann

Strafgesetzbuch - StGB | § 47 Kurze Freiheitsstrafe nur in Ausnahmefällen


(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rech

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(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen.

(2) Droht das Gesetz keine Geldstrafe an und kommt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht, so verhängt das Gericht eine Geldstrafe, wenn nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerläßlich ist. Droht das Gesetz ein erhöhtes Mindestmaß der Freiheitsstrafe an, so bestimmt sich das Mindestmaß der Geldstrafe in den Fällen des Satzes 1 nach dem Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe; dabei entsprechen dreißig Tagessätze einem Monat Freiheitsstrafe.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 23/16
vom
17. März 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
ECLI:DE:BGH:2016:170316B1STR23.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. März 2016 beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 27. Oktober 2015 im Tenor dahingehend klargestellt, dass die Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten wegen Betrugs unter Einbeziehung der Einzelstrafen von einem Jahr und sechs Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Kempten vom 21. November 2011 von einem Jahr und zehn Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Sonthofen vom 5. August 2013 unter Auflösung der Gesamtfreiheitsstrafen aus den vorgenannten Urteilen und die weitere Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten wegen Betrugs in zwei Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafe von acht Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Sonthofen verhängt ist.
Im Übrigen wird die Revision als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Revisionsführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Der Senat hat die Revision als unbeschränkt erhoben erachtet.
Die Klarstellung war erforderlich, da sich nicht nur aus den Gründen, sondern schon aus dem Tenor des Urteils ergeben muss, für welche Taten der Angeklagte zu welcher Gesamtstrafe verurteilt ist. Hierauf hatte der Senat bereits in dem den Gesamtstrafausspruch in einem ersten Rechtsgang aufhebenden Beschluss (1 StR 305/15) hingewiesen.
Graf Jäger Cirener Fischer Bär

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 50/12
vom
6. März 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. März 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten L. wird das Urteil des Landgerichts Deggendorf vom 8. November 2011, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben:
a) soweit die Strafaussetzung zur Bewährung versagt und
b) soweit die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen zwei Fällen der gefährlichen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet.
2
Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Sein Rechtsmittel hat in dem aus der Be- schlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Der Schuldspruch, die Einzelstrafaussprüche und die Gesamtstrafenbildung lassen keinen Rechtsfehler erkennen.
4
2. Die Versagung einer Strafaussetzung zur Bewährung hält jedoch rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat seine Entscheidung nicht begründet. Unabhängig von der verfahrensrechtlichen Vorschrift des § 267 Abs. 3 Satz 4 StPO sind aus materiell-rechtlichen Gründen Ausführungen im Urteil zur Strafaussetzung zur Bewährung erforderlich, wenn eine Erörterung dieser Frage als Grundlage für die revisionsgerichtliche Nachprüfung geboten ist (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2011 - 4 StR 283/11 mwN).
5
Dies ist hier der Fall, weil angesichts der konkreten Umstände des Falles eine Strafaussetzung zur Bewährung nicht so fern liegt, dass eine ausdrückliche Erörterung der Aussetzungsfrage entbehrlich erscheint. Der Angeklagte ist - von den hier abgeurteilten binnen weniger Minuten begangenen Taten abgesehen - nur geringfügig strafrechtlich in Erscheinung getreten. Er wurde 2006 zu einer Geldstrafe verurteilt. Seine Taten haben bei den beiden Geschädigten "keine bleibenden Verletzungen" verursacht, weshalb die Strafkammer jeweils feststellte, "dass sich die Strafe noch im unteren Bereich des zur Verfügung stehenden Strafrahmens bewegen kann" (UA S. 20). Der Angeklagte hat die Taten nicht bestritten, sondern von seinem Recht Gebrauch gemacht, sich nicht zur Sache einzulassen. Zu dem Motiv der Tat hat die Strafkammer keine Feststellungen getroffen.
6
3. Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) war ebenfalls aufzuheben. Es kann dahinstehen, ob - entsprechend den Ausführungen des Generalbundesanwalts - ein Hang, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, hier ohne weiteres verneint werden kann, wenn man die Feststellung der Kammer für rechtsfehlerfrei erachtet, dass der Angeklagte sich pro Tag zwei bis drei Gramm Heroin spritzt (UA S. 10). Das Fehlen von Beeinträchtigungen der Arbeits- und Leistungsfähigkeit schließt - abgesehen davon, dass hierzu keine näheren Feststellungen getroffen sind - nicht notwendigerweise die Bejahung eines Hanges aus, wenn diesem Umstand auch indiziell Bedeutung für das Vorliegen eines Hanges zukommt (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2011 - 3 StR 421/11 Rn. 9).
7
Ohne Feststellungen zum Motiv der Tat lässt sich jedenfalls nicht überprüfen , ob die Tat Symptomwert für den Hang hat.
8
Die Unterbringungsanordnung war hier aber schon deshalb aufzuheben, weil die Maßregelentscheidung im vorliegenden Fall wegen der gleichermaßen maßgeblichen Prognose über das künftige Sucht- und Legalverhalten des Angeklagten mit der Bewährungsentscheidung sachlich so eng zusammenhängt, dass eine einheitliche Entscheidungsfindung hierüber zu gewährleisten ist (vgl. hierzu u.a. BGH, Beschluss vom 14. Mai 2002 - 5 StR 118/02; auch BGH, Beschluss vom 3. Juli 2003 - 2 StR 212/03).
9
Deshalb hat der Senat auch davon abgesehen - wie vom Generalbundesanwalt aber beantragt -, eine eigene Sachentscheidung zur Unterbringungsanordnung zu treffen. Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Sander

(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.

(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.

(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.

(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 3 6 / 1 4
vom
12. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Februar 2014 beschlossen
:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
München I vom 18. Oktober 2013 dahin geändert, dass
die Strafaussetzung zur Bewährung entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu
tragen.
4. Die sofortige Beschwerde der Angeklagten gegen die Versagung
einer Entschädigung wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich die Angeklagte mit der auf eine Verfahrensrüge und die Sachrüge gestützten Revision sowie mit der sofortigen Beschwerde gegen die Versagung einer Entschädigung nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 StrEG. Auf die insoweit näher ausgeführte Sachrüge war die angefochtene Entscheidung dahin zu ändern, dass die Strafaussetzung zur Bewährung entfällt ; die weitergehende Revision ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Auch der sofortigen Beschwerde bleibt der Erfolg versagt.
3
Zur Frage der Aufhebung der Bewährungsentscheidung hat der Generalbundesanwalt in seinem Antragsschreiben vom 21. Januar 2014 ausgeführt: "Der Ausspruch über die Aussetzung der gegen die Angeklagte verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten kann nicht bestehen bleiben. Die Strafe war bereits im Zeitpunkt des Urteils durch den im BZKH Taufkirchen erlittenen Freiheitsentzug voll verbüßt. Denn nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB wird auch der aufgrund einer Anordnung nach § 126 a StPO erfolgte Freiheitsentzug (UA S. 7; SA Bd. I Bl. 154) auf die Strafe angerechnet (BGH, Beschluss vom 25. November 1998 - 2 StR 514/98 - m. w. N.). Von der Möglichkeit, gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 StPO von der Anrechnung abzusehen, hat das Landgericht keinen Gebrauch gemacht. Ist aber die Strafe infolge der Anrechnung bereits voll verbüßt, scheidet eine Strafaussetzung begrifflich aus. Die Strafaussetzung zur Bewährung beschwert die Angeklagte auch. Mit dem Wegfall der Strafaussetzung zur Bewährung sind etwaige Bewährungsauflagen gegenstandslos."
4
Dem stimmt der Senat ebenso zu wie auch den nachstehenden Ausführungen des Generalbundesanwalts zur Ablehnung einer Entschädigung gemäß § 2 StrEG: "Das gegen die Nebenentscheidung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 StrEG gerichtete Rechtsmittel ist zulässig (§ 8 Abs. 3 StrEG i. V. m. § 464 Abs. 3 Satz 3 StPO), jedoch unbegründet, weil die Versagung der Entschädigung für die die Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten übersteigende vorläufige Unterbringung - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat (UA S. 22) - nicht unbillig ist (vgl. hierzu auch BGHR StrEG § 4 Abs. 1 Nr. 2 Untersuchungshaft 4). Von einem Missverhältnis der vorläufigen Maßnahme zur endgültig angeordneten kann hier noch nicht die Rede sein. Die Angeklagte hat vorsätzlich den Grund dafür gesetzt, dass sie vorläufig untergebracht wurde. Zudem hat die Strafkammer bei der Strafzumessung besonders zugunsten der Angeklagten ihre verminderte Schuldfähigkeit zu beiden Tatzeitpunkten berücksichtigt, so dass diesem Umstand im Rahmen der nach Billigkeitsgrundsätzen zu treffenden Entscheidung keine Bedeutung mehr zukommt." Raum Wahl Graf Cirener Radtke