Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Mai 2000 - 1 StR 146/00
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
Die Revision des Angeklagten führt auf Grund der Sachrüge zu einer Ä nderung des Schuldspruchs, hat aber im übrigen keinen Erfolg. Hierzu hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt: "Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten 'Handelns' mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten verurteilt. Der Angeklagte war Küchenhilfe in einem Restaurant, in dem Betäubungsmittel, insbesondere Kokain, umgesetzt wurden. Er selbst verkaufte dort Anfang des Jahres 1998 in zwei Fällen je 1 g Kokain. Außerdem führte er nicht näher geschilderte Telefongespräche, die Betäubungsmittelgeschäfte betrafen. Beides ist nicht Gegenstand des Schuldspruchs. Am 19. Juli 1998 nahm er entwe-der selbst zwei Päckchen Kokain zu je etwa 50 g und einem Reinheitsgehalt von 24 % aus einem Deckenversteck in einer auf dem Anwesen des Restaurants gelegenen Wohnung oder erhielt diese ausgehändigt, brachte sie in ein Zimmer, das er selbst bewohnte, und versteckte sie dort wieder in der Deckenverkleidung. Einer von zwei weiteren Mitbewohnern des Zimmers, der zudem an der 'Anlieferung' des Kokains beteiligt gewesen war, verkaufte am folgenden Tag eines der beiden Päckchen an einen Verdeckten Ermittler. Bei der anschließenden Durchsuchung wurde das zweite Päckchen in der Deckenverkleidung des genannten Zimmers gefunden. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass diese beiden Päckchen 'dem Angeklagten zu Handelszwecken zur Verfügung' standen, weil sie in dem auch von ihm bewohnten Zimmer versteckt waren. Andererseits hat es nicht ausschließen können, dass 'Depothalter' des Kokains - sichergestellt wurden insgesamt 300 g - ein Bruder des Restaurantbetreibers war. Gleichwohl ist es davon ausgegangen, dass der Angeklagte jedenfalls über die beiden fraglichen Päckchen verfügen konnte, das eine dem Verkäufer gezielt zur Durchführung des Geschäfts zur Verfügung gestellt habe und das zweite ebenfalls hatte veräußern wollen. In welchem 'Rangverhältnis' der Angeklagte und der Verkäufer zueinander standen, hat das Landgericht nicht feststellen können, doch hat es aus der Einbindung des Angeklagten in den im Restaurant betriebenen Drogenhandel die Überzeugung gewonnen, dass er jedenfalls einen Anteil des Erlöses hätte erhalten sollen. Diese Ausführungen tragen die Annahme täterschaftlichen Handelns nicht. Sicher festgestellt worden ist nur, dass der Angeklagte die beiden
Päckchen Kokain aus einem Zimmer in das unter anderem von ihm bewohnte andere Zimmer gebracht und dort versteckt hat, mehr nicht. Der Tatrichter ist zwar in der Beweiswürdigung frei, doch muss seine Überzeugung eine konkrete Wurzel in den getroffenen Feststellungen haben. Sie darf sich nicht soweit von einer festen Tatsachengrundlage entfernen, dass es sich letztlich nur noch um - wenn auch nahe liegende - Vermutungen handelt (st. Rechtspr., s. d. Nachw. bei KK-Engelhardt StPO 4. Aufl. § 261 Rdnr. 45). So liegt es aber hier. Der Verkäufer war schon an der Anlieferung beteiligt, 'Depothalter' der Gesamtmenge möglicherweise ein Dritter. Aus der bloßen Veränderung des Verstecks durch den Angeklagten konnte weder auf seine Verfügungsbefugnis über diese Teilmenge noch auf täterschaftliches Handeltreiben geschlossen werden, zumal auch die weiter erforderliche Eigennützigkeit seines Tuns nicht belegt ist. Daran ändert auch die Feststellung nichts, dass der Angeklagte selbstständige Kokainverkäufe getätigt und Telefongespräche geführt hat, die Betäubungsmittelgeschäften dienten. Beides besagt nur etwas über seine 'Einbindung' in den Drogenhandel, aber nichts über täterschaftliches Handeln im vorliegenden Fall. Wohl aber hat er beide Päckchen unerlaubt in Besitz gehabt. Da er sie versteckt hatte, konnte der Verkauf des einen Päckchens an den Verdeckten Ermittler nicht ohne seine Beteiligung erfolgen. Deshalb liegt hinsichtlich des verkauften Päckchens nur Beihilfe zum Handeltreiben vor, hinsichtlich der beiden Päckchen unerlaubter Besitz, jeweils eine nicht geringe Menge betreffend und zueinander in Tateinheit stehend (BGH NStZ 1994, 548).
Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat den Schuldspruch von sich aus ändern. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil der Angeklagte keinerlei Angaben zur Sache gemacht hat, sich also nicht anders verteidigt hätte. Auf den Strafausspruch hat das keinen Einfluss, weil der Angeklagte eine nicht geringe Menge Kokain besessen hat und insofern Täter war. Damit entfällt eine Strafmilderung wegen Beihilfe zum Handeltreiben, so dass der angewandte Strafrahmen keine Veränderung erfährt. Da auch das Tatunrecht gleich geblieben ist, kann ausgeschlossen werden, dass das Landgericht bei diesem Schuldspruch auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte." Schäfer Maul Granderath Nack Wahl
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(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.
(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.