Bundesfinanzhof Urteil, 16. Sept. 2015 - XI R 10/13
Gericht
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 30. Januar 2013 15 K 47/09 aufgehoben.
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Die Klage wird abgewiesen.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I. Die Beteiligten streiten um die Zahlung von Kindergeld für den Zeitraum September 2006 bis August 2007 (Streitzeitraum) für das minderjährige Kind A.
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Die verwitwete Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist polnische Staatsangehörige und lebt seit September 2006 in B. Ihre Tochter lebte seit dem 20. November 2006 in ihrem Haushalt. Die Klägerin war nach ihren Angaben in der Zeit vom 21. April 2006 bis 20. Juli 2006 bei der polnischen Firma C, in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) als Altenpflegerin beschäftigt. Lt. einer Bescheinigung des Referats für Familienleistungen des Amtes der Stadt D (Polen) bezog die Klägerin in der Zeit vom 1. Mai 2004 bis 31. August 2007 Familienleistungen in Form von Familienbeihilfe in Höhe von 64 Zloty monatlich, Zulage für Alleinerziehende von 170 Zloty monatlich und einen einmaligen Zuschuss für den Schulbeginn von 100 Zloty.
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Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) setzte zunächst mit Bescheid vom 19. Dezember 2007 ab September 2007 Kindergeld in Höhe von monatlich 154 € fest. Für den Streitzeitraum lehnte sie den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Kindergeld mit Bescheid vom 15. Mai 2008 ab.
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Gegen den Ablehnungsbescheid legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein. Noch bevor die Familienkasse eine Entscheidung über den Einspruch getroffen hatte, erhob die Klägerin eine Klage mit dem Begehren, die Familienkasse zu verpflichten, ihr Kindergeld in Höhe von insgesamt 1.848 € für den Streitzeitraum zu gewähren. Während des Klageverfahrens erließ die Familienkasse am 13. November 2008 einen als "Abhilfebescheid" bezeichneten Änderungsbescheid, in dem sie der Klägerin für den streitigen Zeitraum Kindergeld in Höhe von 82,20 € monatlich gewährte. Sie rechnete dabei polnische Familienleistungen in Höhe von insgesamt 234 Zloty monatlich (Familienbeihilfe 64 Zloty zuzüglich Zulage für Alleinerziehende 170 Zloty) an. Im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärte der Vertreter der Familienkasse, er halte nicht länger daran fest, dass die Klägerin im Streitzeitraum in Polen selbständig gewesen sei.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage überwiegend statt und verpflichtete die Familienkasse, der Klägerin für die Monate September 2006 bis einschließlich August 2007 Kindergeld in Höhe von 137,55 € anstelle von nur 82,20 € pro Monat zu gewähren. Zwar sei das deutsche Kindergeld um die in Polen empfangenen Leistungen zu kürzen. Zu diesen anrechenbaren Leistungen gehöre aber nur das in Polen gewährte Kindergeld in Höhe von 64 Zloty. Die laufenden Unterhaltszuschüsse und der einmalige Schulzuschuss seien soziale Leistungen, die dem deutschen Kindergeld nicht vergleichbar seien. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 797 veröffentlicht.
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Mit ihrer hiergegen eingelegten Revision rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen Rechts.
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Die Entscheidung des FG beruhe auf einer unzutreffenden Auslegung von Art. 1 Buchst. u Ziff. i, Art. 4 und Art. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 1408/71). Nach Art. 1 Buchst. u Ziff. i der VO Nr. 1408/71 seien Familienleistungen alle Sach- und Geldleistungen, die zum Ausgleich von Familienlasten im Rahmen der in Art. 4 Abs. 1 Buchst. h der VO Nr. 1408/71 genannten Rechtsvorschriften bestimmt seien. Entgegen der Auffassung des FG sei die polnische Zulage für Alleinerziehende ihrem Sinn und Zweck nach als Familienleistung i.S. des Art. 4 der VO Nr. 1408/71 anzusehen und daher bei der Gewährung des Kindergeldes anzurechnen.
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Die Familienkasse beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Sie hält das FG-Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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II. Im Streitfall hat zum 1. Mai 2013 ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel stattgefunden. Beklagte und Revisionsklägerin ist nunmehr die Familienkasse … (vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. Mai 2013 XI R 38/11, BFH/NV 2013, 1774, Rz 14). Das Rubrum war entsprechend zu ändern.
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III. Die Revision der Familienkasse ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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Das FG hat im Rahmen der Gewährung von (Differenz-)Kindergeld zu Unrecht die der Klägerin in Polen gewährte Zulage für Alleinerziehende nicht angerechnet.
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1. Das FG hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin dem Grunde nach einen Anspruch auf Kindergeld hat. Denn die Klägerin hat gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ihren Wohnsitz im Inland. Ihre Tochter A ist gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 EStG, § 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG und § 32 Abs. 3 EStG als Kind zu berücksichtigen. Dies ist im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig.
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2. Ferner hat das FG zu Recht erkannt, dass § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG der Gewährung von Kindergeld nicht entgegensteht.
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a) Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG wird Kindergeld nicht für ein Kind gezahlt, für das im Ausland Leistungen zu zahlen sind oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wären, die dem Kindergeld oder einer der unter § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG genannten Leistungen vergleichbar sind.
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b) Die Auslegung dieser Vorschrift hat unter Beachtung der Anforderungen des Primärrechts der Union auf dem Gebiet der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu erfolgen (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- Hudzinski und Wawrzyniak vom 12. Juni 2012 C-611/10 und C-612/10, EU:C:2013:339, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2012, 999). Danach darf in einem Fall, in dem in einem anderen Mitgliedstaat dem Kindergeld vergleichbare Leistungen gewährt werden, der Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nur in entsprechender Höhe gekürzt, jedoch nicht völlig ausgeschlossen werden, wenn anderenfalls das Freizügigkeitsrecht der "Wanderarbeitnehmer" beeinträchtigt wäre (z.B. BFH-Urteile vom 16. Mai 2013 III R 8/11, BFHE 241, 511, BStBl II 2013, 1040, Rz 29; vom 8. August 2013 III R 17/11, BFH/NV 2014, 306, Rz 32; vom 18. Dezember 2013 III R 44/12, BFHE 244, 344, BStBl II 2015, 143, Rz 14; vgl. auch Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 34. Aufl., § 65 Rz 6, m.w.N.).
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c) Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze im Streitfall ergibt sich zunächst, dass ein Ausschluss der Leistungen nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ausscheidet, weil die Klägerin bei der Aufnahme ihrer nichtselbständigen Tätigkeit in Deutschland seinerzeit von ihrem Freizügigkeitsrecht als "Wanderarbeitnehmerin" Gebrauch gemacht hat.
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3. Das FG hat aber zu Unrecht entschieden, dass lediglich die polnische Familienbeihilfe und nicht auch die monatliche polnische Zulage für Alleinerziehende bei der Gewährung des deutschen (Differenz-)Kindergeldes zu berücksichtigen sind.
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a) Die Klägerin hat nach polnischem Recht Familienbeihilfen in Höhe von 64 Zloty monatlich, eine Zulage für Alleinerziehende von 170 Zloty monatlich und einen einmaligen Schulzuschuss von 100 Zloty erhalten.
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b) Nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. h der bei Anwendung des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu beachtenden VO Nr. 1408/71 (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 5. Februar 2015 III R 40/09, BFHE 249, 138, BFH/NV 2015, 893) gilt diese Verordnung in ihrem sachlichen Anwendungsbereich für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die u.a. "Familienleistungen" betreffen. Dabei umfasst der Begriff "Familienleistungen" nach Art. 1 Buchst. u Ziff. i der VO Nr. 1408/71 grundsätzlich alle Sach- oder Geldleistungen, die zum "Ausgleich von Familienlasten" im Rahmen der in Art. 4 Abs. 1 Buchst. h der VO Nr. 1408/71 genannten Rechtsvorschriften bestimmt sind.
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c) Zum "Ausgleich von Familienlasten" hat der EuGH in seinem Urteil Offermanns vom 15. März 2001 C-85/99 (EU:C:2001:166, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht --FamRZ-- 2001, 683) unter Rz 38 ausgeführt: "... Familienleistungen [sollen] dazu dienen ..., Arbeitnehmer mit Familienlasten dadurch sozial zu unterstützen, dass sich die Allgemeinheit an diesen Lasten beteiligt". Der Ausdruck "Ausgleich von Familienlasten" in Art. 1 Buchst. u Ziff. i der VO Nr. 1408/71 erfasse folglich einen staatlichen Beitrag zum Familienbudget, der die Kosten des Unterhalts von Kindern verringern solle (EuGH-Urteil Offermanns, EU:C:2001:166, FamRZ 2001, 683, Rz 41).
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Der BFH hat diese Rechtsprechung zum Begriff der "Familienleistungen" nach Art. 1 Buchst. u Ziff. i der VO Nr. 1408/71 übernommen (vgl. zum niederländischen Unterhaltszuschuss nach dem TOG 200: BFH-Urteil vom 17. April 2008 III R 36/05, BFHE 221, 50, BStBl II 2009, 921, unter II.3.c bb, Rz 23; zur Schweizer Familienzulage: BFH-Urteil vom 26. Juli 2012 III R 97/08, BFHE 238, 120, BStBl II 2013, 24, unter II.2.b aa, Rz 21).
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d) Im Streitfall gelten hiernach nicht nur die polnische Familienbeihilfe, sondern auch die polnische Zulage für Alleinerziehende gemäß Art. 2 Nr. 1, Art. 8 Nr. 3a und Art. 11a des polnischen Gesetzes vom 28. November 2003 über Familienleistungen (--FamLStgG-PL--, Gesetzblatt Nr. 228/2003 Pos. 2255) jeweils als staatliche Beiträge zum Familienbudget in diesem Sinne.
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aa) Nach Art. 2 Nr. 1 FamLStgG-PL gehören das Kindergeld und die Zuschläge zum Kindergeld zu den Familienleistungen. Nach Art. 8 Nr. 3a FamLStgG-PL kann die Zulage für Alleinerziehende als Zuschlag mit dem Kindergeld bewilligt werden. Die Zulage beträgt nach Art. 11a Nr. 3 FamLStgG-PL 170 Zloty monatlich pro Kind. Somit erfüllt die in Polen im streitbefangenen Zeitraum gewährte Zulage für Alleinerziehende als Zuschlag des Kindergeldes denselben Zweck wie das Kindergeld selbst, nämlich die teilweise Deckung der Aufwendungen für den Unterhalt des Kindes (Art. 4 Nr. 1 FamLStgG-PL).
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bb) Entgegen der Ansicht des FG gehört diese Zulage für Alleinerziehende auch nach Auffassung der Verwaltung zu den vergleichbaren Leistungen i.S. des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (vgl. Schreiben des Bundeszentralamts für Steuern vom 21. März 2014, BStBl I 2014, 768, Anlage).
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4. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage war abzuweisen, weil der Klägerin nicht mehr als das von der Familienkasse gewährte Kindergeld von 82,20 € zustand. Ihre Einwendung gegen die Währungsumrechnung hat die Klägerin im Revisionsverfahren nicht weiterverfolgt.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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Annotations
(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.
(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.
(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof
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in der Sache selbst entscheiden oder - 2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.
(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.
(1)1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer
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im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder - 2.
ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland - a)
nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder - b)
nach § 1 Absatz 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
(1a)1Begründet ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so hat er für die ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Kindergeld.2Dies gilt nicht, wenn er nachweist, dass er inländische Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 mit Ausnahme von Einkünften nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt.3Nach Ablauf des in Satz 1 genannten Zeitraums hat er Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 oder Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU liegen nicht vor oder es sind nur die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 Nummer 1a des Freizügigkeitsgesetzes/EU erfüllt, ohne dass vorher eine andere der in § 2 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU genannten Voraussetzungen erfüllt war.4Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld gemäß Satz 2 vorliegen oder gemäß Satz 3 nicht gegeben sind, führt die Familienkasse in eigener Zuständigkeit durch.5Lehnt die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung in diesem Fall ab, hat sie ihre Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen.6Wurde das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verwendung gefälschter oder verfälschter Dokumente oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht, hat die Familienkasse die zuständige Ausländerbehörde unverzüglich zu unterrichten.
(2) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er
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eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt, - 2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde - a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt, - b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch, - c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
- 3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt, - 4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder - 5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.
(1)1Als Kinder werden berücksichtigt
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Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1, - 2.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten, - 3.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel.
(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen, dass einem Berechtigten, der im Inland erwerbstätig ist oder sonst seine hauptsächlichen Einkünfte erzielt, für seine in Absatz 1 Satz 3 erster Halbsatz bezeichneten Kinder Kindergeld ganz oder teilweise zu leisten ist, soweit dies mit Rücksicht auf die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten für Kinder in deren Wohnsitzstaat und auf die dort gewährten dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen geboten ist.
(1) Kinder sind
- 1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder, - 2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).
(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.
(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.
(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es
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noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder - 2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und - a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder - b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder - c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder - d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet: - aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes, - bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes, - cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes, - dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32), - ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes, - ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016, - gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder - hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
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wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das
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den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder - 2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder - 3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn
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der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder - 2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
1Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:
- 1.
Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 217 Absatz 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 30. Juni 2020 geltenden Fassung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 270 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 16. November 2016 geltenden Fassung vergleichbar sind, - 2.
Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.