Bundesfinanzhof Beschluss, 23. Aug. 2017 - X R 9/15

ECLI:ECLI:DE:BFH:2017:B.230817.XR9.15.0
bei uns veröffentlicht am23.08.2017

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 11. Dezember 2014  16 K 2972/14 G wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die 1966 geborene Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist seit 2001 verheiratet. Sie hat mit ihrem 1940 geborenen Ehemann (M) Gütertrennung vereinbart.

2

M hatte der Klägerin im Januar 2005 eine Eigentumswohnung geschenkt, die sich im Erdgeschoss eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks in der X-Straße in Y (Grundstück) befand. Die Klägerin beauftragte daraufhin einen Makler zunächst mit der Suche nach einem Mieter und später nach einem Käufer für die Eigentumswohnung. Am 3. August 2005 veräußerte sie diese für 370.000 €.

3

Einen hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundstück hatte M im Jahr 1992 entgeltlich von seiner Tante und den anderen Miteigentumsanteil im Jahr 2000 von seiner Mutter unentgeltlich erworben. Von 2001 bis Anfang 2004 hatte er das Gebäude grundlegend saniert und 2003 in fünf Eigentumswohnungen aufgeteilt. M hat im Zeitraum von August 2004 bis November 2004 drei Eigentumswohnungen veräußert.

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) sah im Anschluss an eine Außenprüfung bei der Klägerin einen gewerblichen Grundstückshandel als gegeben an. Das FA erließ einen Gewerbesteuermessbescheid 2005, in dem es von einem Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb in Höhe von 140.751 € ausging. Die drei von M als Rechtsvorgänger verkauften Wohnungen sowie die von ihr verkaufte Wohnung seien als Zählobjekte in die Prüfung der Voraussetzungen eines gewerblichen Grundstückshandels einzubeziehen. Grund sei die Unentgeltlichkeit der Grundstücksübertragung und der zeitliche Zusammenhang der Veräußerungen von Rechtsvorgänger und Rechtsnachfolgerin. Der Erlös aus der Veräußerung des vierten Objekts sei der Klägerin zuzurechnen.

5

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, die Klägerin habe im Jahr 2005 keinen Gewerbebetrieb unterhalten. Die Annahme einer steuersubjektübergreifenden Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze sei entgegen der vom FA unter Hinweis auf Rz 9 Satz 3 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 26. März 2004 IV A 6-S 2240-46/04 (BStBl I 2004, 434) vertretenen Ansicht aufgrund der zum gewerblichen Grundstückshandel ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgeschlossen. Ebenso wenig sei im Streitfall eine Ausnahme von der Drei-Objekt-Grenze mit der Konsequenz anzunehmen, dass die Klägerin sich bereits allein durch die Veräußerung ihrer Eigentumswohnung als gewerbliche Grundstückshändlerin betätigt und damit den Bereich der privaten Vermögensverwaltung überschritten habe. Darüber hinaus sei das für die Annahme gewerblicher Einkünfte erforderliche Tatbestandsmerkmal der Nachhaltigkeit nicht erfüllt.

6

Zur Begründung seiner Revision führt das FA aus, dass --falls der erkennende Senat die Auffassung bestätige, das Vorliegen der bedingten Veräußerungsabsicht sei als Tatsachenfeststellung wegen § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht zugänglich-- für die Anwendung der Rz 9 im BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 434 kein Raum bleibe. Durch die Zuordnung der vierten Wohnung zum Umlaufvermögen des gewerblichen Grundstückhandels des Klägers komme es aufgrund der unentgeltlichen Übertragung der Eigentumswohnung zwangsläufig zu einer erfolgswirksamen Entnahme des Objekts und infolgedessen zu einer Versteuerung des Veräußerungs-/Entnahmegewinns auf der Ebene des M und nicht --wie Rz 9 des BMF-Schreibens verlange-- zur Versteuerung des Veräußerungsgewinns bei der Klägerin.

7

Folge der Bundesfinanzhof (BFH) der hier vertretenen Sichtweise in Bezug auf die Anwendung des § 118 Abs. 2 FGO, werde anheimgestellt, die Revision zurückzunehmen.

8

Das FA beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage als unbegründet zurückzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

10

Die Revision des FA ist unzulässig und wird gemäß § 126 Abs. 1 FGO durch Beschluss verworfen.

11

1. Der Inhalt der Revisionsbegründung entspricht nicht den Mindestanforderungen, die gemäß § 120 Abs. 3 FGO an eine Revisionsbegründung zu stellen sind.

12

a) Wendet sich der Revisionskläger gegen die materielle Sicht des FG, so hat er die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO). Der Revisionskläger muss neben der Rüge eines konkreten Rechtsverstoßes die Gründe tatsächlicher oder rechtlicher Art angeben, die nach seiner Auffassung das erstinstanzliche Urteil als unrichtig erscheinen lassen. Erforderlich ist damit eine zumindest kurze Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils, aus der zu erkennen ist, dass der Revisionskläger die Begründung dieses Urteils und sein eigenes Vorbringen überprüft hat (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 9. März 2016 I R 79/14, BFH/NV 2016, 1039, und vom 11. Januar 2017 VI R 26/15, BFH/NV 2017, 473, Rz 20, m.w.N., sowie die Nachweise bei Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 120 Rz 59, 65; Rüsken in Beermann/ Gosch, FGO § 120 Rz 172 f.).

13

b) Die Revisionsbegründung des FA entspricht diesen Anforderungen auch nicht ansatzweise. Es ist für den Senat nicht erkennbar, warum das FA das finanzgerichtliche Urteil inhaltlich für falsch hält. Das FA geht weder auch nur ansatzweise auf die Argumentation des FG ein, mit der dieses die Annahme einer steuersubjektübergreifenden Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze abgelehnt hat, noch wendet es sich gegen die weitere finanzgerichtliche Begründung, die Tätigkeit der Klägerin sei nicht nachhaltig gewesen.

14

2. Der Hinweis des FA, es stelle anheim, die Revision zurückzunehmen, falls der erkennende Senat der Sichtweise des FA folge, ist unbeachtlich. Wer eine Revision zurücknehmen will, muss seine Rücknahmeabsicht hinreichend deutlich machen (BFH-Urteil vom 11. Januar 1994 IX R 9/94, BFH/NV 1995, 220, unter III.2.). Die Rücknahme der Revision ist als Prozesshandlung nur dann wirksam, wenn sie eindeutig und ohne Bedingung erklärt worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 25. April 1985 V R 46/84, BFH/NV 1986, 739; s.a. Gräber/Ratschow, a.a.O., § 125 Rz 7; Dürr in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 125 FGO Rz 5). Eine solche Rücknahmeerklärung des FA liegt nicht vor.

15

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 2 FGO.

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(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof 1. in der Sache selbs

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Finanzgericht Düsseldorf Urteil, 11. Dez. 2014 - 16 K 2972/14 G

bei uns veröffentlicht am 11.12.2014

Tenor Der Gewerbesteuermessbescheid 2005 vom 8.2.2010 und die Einspruchsentscheidung vom 22.8.2012 werden ersatzlos aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wir für notwendig

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Tenor

Der Gewerbesteuermessbescheid 2005 vom 8.2.2010 und die Einspruchsentscheidung vom 22.8.2012 werden ersatzlos aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wir für notwendig erklärt.

Die Revision wird zugelassen.


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(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Die Revision ist bei dem Bundesfinanzhof innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich einzulegen. Die Revision muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils soll beigefügt werden, sofern dies nicht schon nach § 116 Abs. 2 Satz 3 geschehen ist. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Revisionseinlegung.

(2) Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen; im Fall des § 116 Abs. 7 beträgt die Begründungsfrist für den Beschwerdeführer einen Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Revision. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. Die Frist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden.

(3) Die Begründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt wird (Revisionsanträge);
2.
die Angabe der Revisionsgründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Revision darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(1) Die Revision kann bis zur Rechtskraft des Urteils zurückgenommen werden. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, bei Verzicht auf die mündliche Verhandlung und nach Ergehen eines Gerichtsbescheides ist die Rücknahme nur mit Einwilligung des Revisionsbeklagten möglich.

(2) Die Zurücknahme bewirkt den Verlust des eingelegten Rechtsmittels.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.