Bundesfinanzhof Beschluss, 01. Sept. 2015 - VII B 178/14

bei uns veröffentlicht am01.09.2015

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 19. November 2014  2 K 44/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) formulierten Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

2

1. Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, "ob ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine 'Vollstreckungsmaßnahme' i.S.d. § 231 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) darstellt, der als solcher grundsätzlich geeignet ist, die Zahlungsverjährung zu unterbrechen".

3

a) Aus seinem Vorbringen, nicht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern ausdrücklich nur die Anmeldung im Insolvenzverfahren sei in der Regelung des § 231 der Abgabenordnung (AO), die die verjährungsunterbrechenden Tatbestände abschließend aufführe, genannt, ergibt sich kein Klärungsbedarf. Wie der Kläger selbst ausführt, hat der Senat sowohl in seiner Entscheidung vom 11. Dezember 1990 VII B 94/90 (BFH/NV 1991, 787) als auch im Urteil vom 24. September 1996 VII R 31/96 (BFHE 181, 259, BStBl II 1997, 8) den Antrag auf Konkurseröffnung als Beispiel einer Vollstreckungsmaßnahme mit Außenwirkung und im Beschluss vom 12. Dezember 2003 VII B 265/01 (BFH/NV 2004, 464) den Konkursantrag als Maßnahme im Rahmen der Vollstreckung bezeichnet. Zwar ist dem Kläger zuzustimmen, dass der Senat in jenen Entscheidungen nicht über die verjährungsunterbrechende Wirkung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu entscheiden hatte. Das bedeutet aber nicht "automatisch", dass die Beantwortung der Fragen auch zweifelhaft, strittig und schwierig ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. September 2014 I B 189/13, BFH/NV 2015, 237). Dagegen spricht vielmehr, dass die Finanzgerichte (FG) dieser Rechtsauffassung des Senats folgen (abgesehen von dem der Beschwerde zu Grunde liegenden Urteil des Niedersächsischen FG: Beschluss des FG Hamburg vom 25. Februar 2011  2 V 8/11, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2011, 1400; des FG München vom 9. November 2012  7 V 3251/12, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2013, 1397, und des FG Sachsen-Anhalt vom 10. Januar 2013  3 V 1340/12, EFG 2013, 1782). Darüber hinaus leitet der Eröffnungsantrag des Finanzamts den Übergang von der Einzelzwangsvollstreckung in das insolvenzrechtliche Verfahren zur gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung (§ 1 der Insolvenzordnung --InsO--) ein und erweist sich schon deshalb als Maßnahme im Vollstreckungsverfahren, die ggf. sogar der (vorläufig) letzte Akt im Rahmen der Zwangsvollstreckung i.S. der §§ 249 ff. AO sein kann. Insofern bedurfte es einer ausdrücklichen Benennung in § 231 AO nicht, während die vom Kläger hervorgehobene Anmeldungim Insolvenzverfahren keine abgabenrechtliche Vollstreckungsmaßnahme, sondern die Geltendmachung einer Abgabenforderung nach den Vorschriften der InsO ist.

4

b) Klärungsbedarf besteht im Streitfall auch deshalb nicht, weil die Festsetzungsverjährung für die Einkommensteuer und Nebenabgaben 1995 zum 31. Dezember 2009 durch die Einspruchsentscheidung über die Ablehnung des Antrags auf Rücknahme des Insolvenzantrags vom 11. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2013 und durch die schriftliche Geltendmachung vom 2. März 2011 (Feststellung des FG, Entscheidungsgründe I.2.c cc, Urteil S. 7) bis zum 31. Dezember 2016 hinausgeschoben worden ist. Denn in der Einspruchsentscheidung liegt zugleich die weitere Geltendmachung der offenen Abgabenforderungen 1995. Wie der Senat im Beschluss vom 21. Juni 2010 VII R 27/08 (BFHE 229, 492, BStBl II 2011, 331, unter II.3. letzter Absatz) ausgeführt hat, erfasst die Formulierung "Geltendmachung des Anspruchs" in § 231 Abs. 1 Satz 1 AO jede Entscheidung der Finanzbehörde, durch die ihr Zahlungsverlangen dem Zahlungspflichtigen kundgetan wird, also Maßnahmen zur Verfolgung des Anspruchs nach außen hin erkennbar ergriffen werden.

5

2. Der Kläger hält weiter für klärungsbedürftig, "ob eine gerichtlich gem. § 69 FGO angeordnete Aussetzung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistung auch dann (noch) Wirksamkeit entfaltet, sofern der Steuerpflichtige die geforderte Sicherheitsleistung nicht erbringt bzw. nicht zu erbringen im Stande ist".

6

Im Streitfall ist die Frage nicht klärungsbedürftig. Denn es geht nicht darum, ob bzw. wann die Aussetzung der Vollziehung (AdV) ihre (materiell-rechtliche) Wirkung entfaltet, sondern ob durch die Entscheidung, die AdV unter der Bedingung einer zu leistenden Sicherheit zu gewähren, Verjährungsunterbrechung eingetreten ist. Der Senat hat --im Anschluss an die auch vom Kläger zitierte Entscheidung des V. Senats des BFH vom 9. Oktober 2002 V R 29/01 (BFH/NV 2003, 143)-- keinen Zweifel, die Verjährungsunterbrechung zu bejahen. Ob die Bedingung eintritt oder nicht, liegt ausschließlich in der Sphäre des Steuerpflichtigen; durch die Leistung der Sicherheit kann er allein die materielle Wirksamkeit der Vollziehungsaussetzung herbeiführen. Die in dem Aussetzungsbescheid zum Ausdruck kommende Bereitschaft, vorläufig von der Vollziehung der Abgabenforderungen abzusehen, macht aber zugleich deutlich, dass die Behörde grundsätzlich auf der Begleichung der offenen Forderung besteht. Die Wirkung dieser impliziten Mitteilung kann der Steuerpflichtige nicht beeinflussen. Anders als der Kläger meint, kann die Mitteilung des Steuerpflichtigen, die Sicherheit nicht leisten zu wollen oder zu können, an der Verjährungsunterbrechung und dem damit neu beginnenden Lauf der Verjährungsfrist nichts ändern (so schon Senatsbeschluss in BFHE 229, 492, BStBl II 2011, 331, unter II.3., 6. Absatz, m.w.N.).

7

3. Nicht klärungsbedürftig sind schließlich die weiter gestellten Fragen, "ob der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Steuerschuldners die verjährungsunterbrechende Wirkung einer gewährten Aussetzung der Vollziehung beseitigt" und "ob einer Zahlungsaufforderung i.S.d. § 231 AO trotz anhängigen Insolvenzantragsverfahren auch dann verjährungsunterbrechende Wirkung zukommt, sofern ein Insolvenzantrag durch den sich auf die verjährungsunterbrechende Maßnahme Berufenden gestellt worden ist".

8

Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat keine Auswirkung auf die Unterbrechung der Verjährung durch eine gewährte AdV oder durch eine Zahlungsaufforderung. Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens endet die Verjährung nach Zahlungsaufforderung mit Ablauf der neuen Verjährungsfrist, die Unterbrechung der Verjährung durch AdV gemäß § 231 Abs. 2 Satz 1 AO, wenn die AdV abgelaufen ist. Die Verjährungsunterbrechung ist keine Sicherung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners i.S. des § 88 InsO. Selbst eine solche wird aber erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam.

9

4. Die Frage, "ob der bloßen Übersendung einer Rückstandsaufstellung an den Steuerschuldner eine zahlungsunterbrechende Wirkung zukommt", hat keine grundsätzliche Bedeutung. Ausgehend von der Senatsrechtsprechung, dass jede Entscheidung der Finanzbehörde, durch die ihr Zahlungsverlangen dem Zahlungspflichtigen kundgetan wird, die Verjährung unterbricht (Senatsbeschluss in BFHE 229, 492, BStBl II 2011, 331, unter II.3.), hängt die Beurteilung einer übersandten Rückstandsaufstellung von den Umständen des Einzelfalls und deren tatrichterlicher Würdigung ab. Einer grundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren ist sie nicht zugänglich.

10

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 69


(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für

Insolvenzordnung - InsO | § 1 Ziele des Insolvenzverfahrens


Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Un

Abgabenordnung - AO 1977 | § 231 Unterbrechung der Verjährung


(1) Die Verjährung eines Anspruchs wird unterbrochen durch1.Zahlungsaufschub, Stundung, Aussetzung der Vollziehung, Aussetzung der Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung oder Vollstreckungsaufschub,2.Sicherheitsleistung,3.eine Vollst

Insolvenzordnung - InsO | § 88 Vollstreckung vor Verfahrenseröffnung


(1) Hat ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung eine Sicherung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt, so wird diese

Referenzen

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Verjährung eines Anspruchs wird unterbrochen durch

1.
Zahlungsaufschub, Stundung, Aussetzung der Vollziehung, Aussetzung der Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung oder Vollstreckungsaufschub,
2.
Sicherheitsleistung,
3.
eine Vollstreckungsmaßnahme,
4.
Anmeldung im Insolvenzverfahren,
5.
Eintritt des Vollstreckungsverbots nach § 210 oder § 294 Absatz 1 der Insolvenzordnung,
6.
Aufnahme in einen Insolvenzplan oder einen gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan,
7.
Ermittlungen der Finanzbehörde nach dem Wohnsitz oder dem Aufenthaltsort des Zahlungspflichtigen und
8.
schriftliche Geltendmachung des Anspruchs.
§ 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(2) Die Unterbrechung der Verjährung dauert fort

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 bis zum Ablauf der Maßnahme,
2.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bis zum Erlöschen der Sicherheit,
3.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 bis zum Erlöschen des Pfändungspfandrechts, der Zwangshypothek oder des sonstigen Vorzugsrechts auf Befriedigung,
4.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens,
5.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 5 bis zum Wegfall des Vollstreckungsverbots nach § 210 oder § 294 Absatz 1 der Insolvenzordnung,
6.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6, bis der Insolvenzplan oder der gerichtliche Schuldenbereinigungsplan erfüllt oder hinfällig wird.
Wird gegen die Finanzbehörde ein Anspruch geltend gemacht, so endet die hierdurch eingetretene Unterbrechung der Verjährung nicht, bevor über den Anspruch rechtskräftig entschieden worden ist.

(3) Mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Unterbrechung geendet hat, beginnt eine neue Verjährungsfrist.

(4) Die Verjährung wird nur in Höhe des Betrags unterbrochen, auf den sich die Unterbrechungshandlung bezieht.

Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Dem redlichen Schuldner wird Gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien.

(1) Die Verjährung eines Anspruchs wird unterbrochen durch

1.
Zahlungsaufschub, Stundung, Aussetzung der Vollziehung, Aussetzung der Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung oder Vollstreckungsaufschub,
2.
Sicherheitsleistung,
3.
eine Vollstreckungsmaßnahme,
4.
Anmeldung im Insolvenzverfahren,
5.
Eintritt des Vollstreckungsverbots nach § 210 oder § 294 Absatz 1 der Insolvenzordnung,
6.
Aufnahme in einen Insolvenzplan oder einen gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan,
7.
Ermittlungen der Finanzbehörde nach dem Wohnsitz oder dem Aufenthaltsort des Zahlungspflichtigen und
8.
schriftliche Geltendmachung des Anspruchs.
§ 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(2) Die Unterbrechung der Verjährung dauert fort

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 bis zum Ablauf der Maßnahme,
2.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bis zum Erlöschen der Sicherheit,
3.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 bis zum Erlöschen des Pfändungspfandrechts, der Zwangshypothek oder des sonstigen Vorzugsrechts auf Befriedigung,
4.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens,
5.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 5 bis zum Wegfall des Vollstreckungsverbots nach § 210 oder § 294 Absatz 1 der Insolvenzordnung,
6.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6, bis der Insolvenzplan oder der gerichtliche Schuldenbereinigungsplan erfüllt oder hinfällig wird.
Wird gegen die Finanzbehörde ein Anspruch geltend gemacht, so endet die hierdurch eingetretene Unterbrechung der Verjährung nicht, bevor über den Anspruch rechtskräftig entschieden worden ist.

(3) Mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Unterbrechung geendet hat, beginnt eine neue Verjährungsfrist.

(4) Die Verjährung wird nur in Höhe des Betrags unterbrochen, auf den sich die Unterbrechungshandlung bezieht.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

(1) Die Verjährung eines Anspruchs wird unterbrochen durch

1.
Zahlungsaufschub, Stundung, Aussetzung der Vollziehung, Aussetzung der Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung oder Vollstreckungsaufschub,
2.
Sicherheitsleistung,
3.
eine Vollstreckungsmaßnahme,
4.
Anmeldung im Insolvenzverfahren,
5.
Eintritt des Vollstreckungsverbots nach § 210 oder § 294 Absatz 1 der Insolvenzordnung,
6.
Aufnahme in einen Insolvenzplan oder einen gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan,
7.
Ermittlungen der Finanzbehörde nach dem Wohnsitz oder dem Aufenthaltsort des Zahlungspflichtigen und
8.
schriftliche Geltendmachung des Anspruchs.
§ 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(2) Die Unterbrechung der Verjährung dauert fort

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 bis zum Ablauf der Maßnahme,
2.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bis zum Erlöschen der Sicherheit,
3.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 bis zum Erlöschen des Pfändungspfandrechts, der Zwangshypothek oder des sonstigen Vorzugsrechts auf Befriedigung,
4.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens,
5.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 5 bis zum Wegfall des Vollstreckungsverbots nach § 210 oder § 294 Absatz 1 der Insolvenzordnung,
6.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6, bis der Insolvenzplan oder der gerichtliche Schuldenbereinigungsplan erfüllt oder hinfällig wird.
Wird gegen die Finanzbehörde ein Anspruch geltend gemacht, so endet die hierdurch eingetretene Unterbrechung der Verjährung nicht, bevor über den Anspruch rechtskräftig entschieden worden ist.

(3) Mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Unterbrechung geendet hat, beginnt eine neue Verjährungsfrist.

(4) Die Verjährung wird nur in Höhe des Betrags unterbrochen, auf den sich die Unterbrechungshandlung bezieht.

(1) Hat ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung eine Sicherung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt, so wird diese Sicherung mit der Eröffnung des Verfahrens unwirksam.

(2) Die in Absatz 1 genannte Frist beträgt drei Monate, wenn ein Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 304 eröffnet wird.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.