Bundesfinanzhof Beschluss, 18. Dez. 2010 - V B 78/09
Gericht
Gründe
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Die auf Verfahrensmängel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützte Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hat keinen Erfolg.
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1. Ob die vom Kläger als verfahrensfehlerhaft gerügte Telefonüberwachung des S zu einem vom Finanzgericht (FG) nicht beachteten Verwertungsverbot geführt hat, ist nicht zu entscheiden, da der Kläger insoweit den Rügeanforderungen nicht genügt hat.
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a) Die Beschwerdebegründung muss gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO darlegen. Wird das Vorliegen eines Verfahrensfehlers i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO aufgrund des Verstoßes gegen ein Verwertungsverbot geltend gemacht, muss sich aus der Beschwerde ergeben, aus welchen Gründen von einem Verwertungsverbot auszugehen ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Juni 2006 I B 118/05, BFH/NV 2006, 1691).
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b) Dem genügt die Beschwerdebegründung nicht.
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aa) Der Kläger stützt den Verstoß gegen ein Verwertungsverbot darauf, dass das FG sein Urteil auf die Vernehmung des im Ausland ansässigen Zeugen S gestützt habe, wobei die "in Frankreich erhobenen Beweise ... ihre Grundlage in einer in Frankreich durchgeführten Telefonüberwachung [haben]". Zudem habe S seine Aussage widerrufen.
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bb) Diesem Vortrag lässt sich ein Verstoß gegen ein Verwertungsverbot nicht entnehmen. Zwar können die Ergebnisse einer strafrechtlich veranlassten Telefonüberwachung für Zwecke des Besteuerungsverfahrens unverwertbar sein (BFH-Beschluss vom 26. Februar 2001 VII B 265/00, BFHE 194, 40, BStBl II 2001, 464). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) kommt Beweisverwertungsverboten aber im Allgemeinen keine Fernwirkung zu. Daher können z.B. bei einer unter Verstoß gegen § 100a der Strafprozessordnung angeordneten Telekommunikations-Überwachungsmaßnahme Geständnisse der aufgrund dieser Überwachungsmaßnahme ermittelten Angeklagten verwertet werden, soweit sie nicht durch einen unzulässigen Vorhalt aus der Telekommunikations-Überwachungsmaßnahme --im Sinne einer Fortwirkung des Verwertungsverbots-- beeinflusst sind (BGH-Beschluss vom 7. März 2006 1 StR 316/05, BGHSt 51, 1).
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Im Hinblick hierauf hätte der Beschwerdeführer darlegen müssen, aus welchen Gründen sich ein Verwertungsverbot hinsichtlich der von der Beschwerde behaupteten Telefonüberwachung auf ein späteres Geständnis auswirkt. Im Übrigen hat das FG sein Urteil nicht nur auf das später widerrufene Geständnis des S, sondern auch auf die Angaben gestützt, die S bei diesem Widerruf gemacht hat.
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2. Soweit der Kläger die Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 FGO rügt, da das FG den Zeugen S nicht vernommen hat, ist die Beschwerde unbegründet, da der Zeuge S nach dem Beweisangebot des Klägers in seiner Klagebegründung im Ausland ansässig war. Für das FG bestand daher keine Verpflichtung, den Zeugen zu laden; der Kläger hätte den Zeugen vielmehr in der mündlichen Verhandlung stellen müssen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist ein im Ausland ansässiger Zeuge vom FG nicht zu laden, sondern ist vom Beteiligten, der die Vernehmung dieses Zeugen beantragt, nach § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung zu stellen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 12. Oktober 2000 VIII B 141/99, BFH/NV 2001, 463; vom 3. April 2007 VIII B 60/06, BFH/NV 2007, 1341, sowie vom 6. Februar 2007 X B 136/06, juris, jeweils m.w.N.). Dies gilt zumindest dann, wenn es wie im Streitfall um die Unternehmereigenschaft einer im Ausland ansässigen Firma und damit um einen Auslandssachverhalt geht.
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3. Soweit der Kläger im Übrigen rügt, dass das FG "die beteiligten Personen ohne Probleme hätte laden und vernehmen können" und allgemein unterbliebene Sachaufklärung rügt, entspricht dies nicht den Darlegungserfordernissen.
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Hierfür wären Angaben zu den ermittlungsbedürftigen Tatsachen, den außer dem Zeugen S anderen angebotenen Beweismitteln und den dazu angegebenen Beweisthemen, den genauen Fundstellen (Schriftsatz mit Datum und Seitenzahl, Terminprotokolle), in denen die Beweisthemen angeführt worden sind, dem voraussichtlichen Ergebnis der Beweisaufnahme und zum Beruhenkönnen des FG-Urteils auf der unterbliebenen Beweisaufnahme unter Berücksichtigung der sachlich-rechtlichen Auffassung des FG erforderlich gewesen (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 9. Dezember 1998 VIII B 54/97, BFH/NV 1999, 802, m.w.N., und vom 20. März 1997 XI B 181/95, BFH/NV 1997, 775, m.w.N.).
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4. Ohne Erfolg rügt der Kläger mangelnde Sachaufklärung und "eine Aktenwidrigkeit", weil das FG sich nicht von der Richtigkeit des "von ihm dargelegten und unter Beweis gestellten" Sachverhalts überzeugt hat, denn (angebliche) Mängel der Beweiswürdigung sind materiell-rechtliche Fehler; damit kann die Zulassung der Revision nicht erreicht werden (z.B. BFH-Beschluss vom 19. Mai 2010 IX B 198/09, BFH/NV 2010, 1647).
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5. Schließlich ist auch die Rüge rechtsfehlerhafter Rechtsausführungen unzulässig und genügt nicht den Darlegungserfordernissen.
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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.
(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.
(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.
(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.
(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.
(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.
(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.