Bundesfinanzhof Beschluss, 14. März 2018 - V B 142/17

ECLI:ECLI:DE:BFH:2018:B.140318.VB142.17.0
bei uns veröffentlicht am14.03.2018

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 16. November 2017 11 K 226/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist unbegründet. Die Revision ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen.

2

1. Eine die Rechtseinheit gefährdende Abweichung (Divergenz) i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO liegt vor, wenn das Finanzgericht (FG) bei gleichem oder vergleichbarem festgestellten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als u.a. der Bundesfinanzhof (BFH) oder der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH). Das FG muss seiner Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung nicht übereinstimmt. Keine Abweichung liegt dagegen vor, wenn das FG aufgrund einer Würdigung der konkreten Umstände des Streitfalls zu einem von der bestimmten Divergenzentscheidung abweichenden Ergebnis kommt (BFH-Beschluss vom 11. November 2013 XI B 99/12, BFH/NV 2014, 366, m.w.N.).

3

a) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegt die behauptete Divergenz zu den EuGH-Urteilen Bog u.a. vom 10. März 2011 C-497/09, C-499/09, C-501/09 und C-502/09 (EU:C:2011:135, BStBl II 2013, 256, Rz 61 und 62) nicht vor.

4

aa) Danach sind bei der Prüfung, ob eine komplexe einheitliche Leistung (...) als "Lieferung von Gegenständen" oder als "Dienstleistung" einzustufen ist, sämtliche Umstände, unter denen der Umsatz abgewickelt wird, zu berücksichtigen, um dessen charakteristische Bestandteile zu ermitteln, und darunter die dominierenden Bestandteile zu bestimmen. Der dominierende Bestandteil ist aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers und --im Rahmen einer Gesamtbetrachtung-- mit Rücksicht auf die qualitative und nicht nur quantitative Bedeutung der Dienstleistungselemente im Vergleich zu den Elementen einer Lieferung von Gegenständen zu bestimmen. Mobiliar (Stehtische, Hocker, Stühle und Bänke), das nicht ausschließlich dazu bestimmt ist, den Verzehr von Lebensmitteln möglicherweise zu erleichtern, kann nicht als Dienstleistungselement angesehen werden, das geeignet wäre, dem Umsatz insgesamt die Eigenschaft einer Dienstleistung zu verleihen (EuGH-Urteil Bog u.a., EU:C:2011:135, BStBl II 2013, 256, Rz 73).

5

bb) Vorliegend fehlt es für die behauptete Divergenz bereits an einem gleichen oder zumindest vergleichbaren Sachverhalt. Wie sich aus Rz 70 der EuGH-Urteile Bog u.a. ergibt, bestanden die Dienstleistungselemente nur "in der Bereitstellung behelfsmäßiger Vorrichtungen, d. h. ganz einfacher Verzehrtheken ohne Sitzgelegenheit, um einer beschränkten Zahl von Kunden den Verzehr an Ort und Stelle im Freien zu ermöglichen.". Solche behelfsmäßigen Vorrichtungen erfordern nur einen geringfügigen personellen Einsatz und stellen daher nach Auffassung des EuGH "nur geringfügige Nebenleistungen dar", die (...) "am dominierenden Charakter der Hauptleistung, d. h. dem einer Lieferung von Gegenständen, nichts ändern." Im Unterschied dazu war nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) vorliegend --über behelfsmäßige Verzehrvorrichtungen hinausgehendes-- Mobiliar vorhanden, da der Verzehr an sog. "Heißen Theken" erfolgte, die integraler Bestandteil der Ladentheken darstellten, wobei den Kunden in den jeweiligen Filialen der Klägerin zahlreiche Sitzplätze zur Verfügung standen.

6

cc) Abgesehen davon ist das FG ausweislich S. 4 der Urteilsgründe ausdrücklich von den Rechtsprechungsgrundsätzen des EuGH und des BFH ausgegangen. Im Rahmen der gebotenen qualitativen Betrachtung aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers hat es den Sachverhalt dahingehend gewürdigt, dass die Dienstleistungsanteile der Klägerin (Zurverfügungstellung von Sitzgelegenheiten sowie Porzellanteller und Mehrwegbesteck) nicht mehr als geringfügig anzusehen sind. Wie sich aus dem Tatbestand des Urteils ergibt, hat das FG auch berücksichtigt, dass Garderoben und Toiletten nicht vorhanden waren, keine Gedecke in Form gestellt und die Gerichte zum Verzehr vor Ort nicht von Kellnern serviert, sondern dem jeweiligen Kunden am Tresen auf Porzellantellern übergeben wurden. Die Klägerin rügt daher zu Unrecht, das FG habe nicht sämtliche relevanten Umstände berücksichtigt.

7

Mit ihrem Vorbringen wendet sich die Klägerin letztlich gegen die Würdigung des FG und setzt ihre eigene Würdigung an die Stelle des FG. Damit rügt sie im Kern eine vermeintlich unrichtige Rechtsanwendung durch das FG. Ein materiell-rechtlicher Fehler bei der Rechtsanwendung führt aber nur ausnahmsweise nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zur Zulassung der Revision, wenn es sich um einen schwerwiegenden Rechtsanwendungsfehler handelt, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. Ein derartiger Fehler liegt jedoch nur dann vor, wenn die angefochtene FG-Entscheidung objektiv willkürlich und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (vgl. BFH-Beschluss vom 25. März 2010 X B 176/08, BFH/NV 2010, 1455, m.w.N.). Einen solchen qualifizierten Rechtsanwendungsfehler des FG hat die Klägerin indes nicht dargelegt.

8

b) Eine die Zulassung der Revision begründende Divergenz zum BFH-Urteil vom 30. Juni 2011 V R 18/10 (BFHE 234, 496, BStBl II 2013, 246) liegt ebenfalls nicht vor.

9

aa) Für den Fall eines Imbissstandes, an dem Bratwürste, Pommes Frites und ähnliche standardisiert zubereitete Speisen zum Verzehr im Stehen sowie an einer aus zwei Bänken und einem Tisch bestehenden Bierzeltgarnitur verkauft wurden, entschied der BFH, dass das FG im zweiten Rechtsgang eine Aufteilung der Umsätze vorzunehmen habe. Lege der Kläger für die Aufteilung keine aussagekräftigen Aufzeichnungen vor, könne die Aufteilung im Wege einer Schätzung erfolgen. Dabei sei es "nicht zu beanstanden, wenn das FG bei der Aufteilung des (...) Umsatzes auch das Verhältnis der (möglichen) Stehplätze am Imbissstand zu den (möglichen) Sitzplätzen auf den beiden Bänken der Bierzeltgarnitur berücksichtigt" (BFH-Urteil in BFHE 234, 496, BStBl II 2013, 246, Rz 40).

10

bb) Das FG hat im angefochtenen Urteil keine Aufteilung der Umsätze vorgenommen, sondern stellt entscheidend darauf ab, dass aufgrund der hohen Anzahl der Sitzplätze (70 Sitzplätze, 2 Stehplätze) jedem der Kunden seitens der Klägerin ein Sitzplatz offeriert werden konnte.

11

cc) Die vom FG unterlassene Aufteilung der Umsätze im Rahmen einer Schätzung führt vorliegend jedoch nicht zur Zulassung der Revision wegen Divergenz zum BFH-Urteil in BFHE 234, 496, BStBl II 2013, 246. Denn der vom BFH entschiedene Fall ist nicht mit dem vom FG entschiedenen Fall vergleichbar, weil im Sachverhalt des BFH-Urteils zahlreiche Stehplätze an zwei Seiten eines Imbissstands über eine Länge von ca. 7 m und damit --im Verhältnis zu den beiden Sitzbänken-- nicht nur in sehr geringem Umfang vorhanden waren.

12

Abgesehen davon wäre die Revision in entsprechender Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO nicht zuzulassen, weil sich die klageabweisende Entscheidung des FG jedenfalls im Ergebnis als richtig darstellt (BFH-Beschluss vom 18. Juni 2015 X B 20/15, BFH/NV 2015, 1418, sowie Senatsbeschlüsse vom 29. September 2011 V B 23/10, BFH/NV 2012, 75, unter 3., und vom 19. Juli 1999 V B 8/99, BFH/NV 2000, 192). Der Senat hat in dem von der Klägerin bezeichneten Urteil zwar ein Aufteilungsgebot formuliert und als ein zulässiges Aufteilungskriterium auch das Verhältnis der möglichen Steh- zu den möglichen Sitzplätzen genannt. Im Rahmen der vorzunehmenden Schätzung sind jedoch alle bedeutsamen Umstände zu berücksichtigen (§ 162 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung), um diejenigen Besteuerungsgrundlagen anzusetzen, die die größtmögliche Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben, d.h. der Wirklichkeit am nächsten kommen dürften (BFH-Beschluss vom 7. Mai 2004 IV B 221/02, BFH/NV 2004, 1367, Rz 7, m.w.N.; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 162 AO, Rz 29). Daher ist es zulässig, im Rahmen der Schätzung von einer Aufteilung in solchen Fällen abzusehen, in denen dieses Kriterium nicht zur Feststellung der wahrscheinlichsten Besteuerungsgrundlagen beiträgt. Das gilt insbesondere dann, wenn --wie im Streitfall-- Stehplätze in nur sehr geringem Umfang vorhanden waren und deren Nutzung weder substantiiert dargelegt wurde noch offensichtlich ist, sodass nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden kann, dass Kunden für den Verzehr der Speisen die in ausreichender Zahl vorhandenen Sitzplätze genutzt haben.

13

2. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.

14

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesfinanzhof Beschluss, 14. März 2018 - V B 142/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesfinanzhof Beschluss, 14. März 2018 - V B 142/17

Referenzen - Gesetze

Bundesfinanzhof Beschluss, 14. März 2018 - V B 142/17 zitiert 8 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 126


(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof 1. in der Sache selbs

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 118


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, ka

Abgabenordnung - AO 1977 | § 162 Schätzung von Besteuerungsgrundlagen


(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. (2) Zu schätzen ist insbesondere dann, we

Referenzen

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.