Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 22. Juni 2015  4 K 2268/14 E aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Düsseldorf zurückverwiesen

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten um den Werbungskostenabzug bei verbilligter Vermietung nach § 21 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielten im Streitjahr 2011 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einer in L. gelegenen Wohnung. Die Wohnung war an die Mutter des Klägers vermietet. Die im Jahr 2011 vereinnahmte Kaltmiete betrug 2.900,04 €. Nebenkostenvorauszahlungen wurden in Höhe von 1.829,27 € geleistet. Die Kläger erklärten in ihrer Anlage V Einnahmen in Höhe von 3.024 € sowie Werbungskosten in Höhe von 11.228 €.

3

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr 2011 berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die von den Klägern ermittelten negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./. 8.204 € im Einkommensteuerbescheid 2011 vom 18. März 2013 nicht.

4

Der dagegen eingelegte Einspruch hatte teilweise Erfolg. Das FA berücksichtigte in der Einspruchsentscheidung vom 2. Juli 2014 negative Vermietungseinkünfte in Höhe von ./. 2.378 €. Zur Begründung führte es aus: Die Werbungskosten für die Vermietung der Wohnung könnten nur in Höhe von 62,28 % von 11.183 € = 6.965 € berücksichtigt werden. Denn die von der Mutter des Klägers gezahlte Kaltmiete in Höhe von 2.900,04 € habe nur 62,28 % der ortsüblichen Kaltmiete in Höhe von 4.656 € betragen. Da die Überschussprognose für einen Zeitraum von 30 Jahren negativ sei, seien die Werbungskosten anteilig aufzuteilen. Zudem könne ein Teil der Kosten nicht anerkannt werden.

5

Das Finanzgericht (FG) wies die von den Klägern dagegen erhobene Klage ab. Zur Begründung führte es aus, das FA habe zu Recht die geltend gemachten Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung nur in Höhe von 62,28 % berücksichtigt. Das Entgelt für die Überlassung der Wohnung habe 62,28 % der ortsüblichen Marktmiete betragen. Die durchgeführte Überschussprognose sei negativ ausgefallen. Vergleichsmiete i.S. des § 21 Abs. 2 EStG sei die ortsübliche Kaltmiete, nicht die Warmmiete. Betriebskosten seien nicht in die Vergleichsrechnung einzubeziehen.

6

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Sie bringen vor, bei der Berechnung nach § 21 Abs. 2 EStG seien die Warmmieten und nicht die Kaltmieten zugrunde zu legen. Da die ortsübliche Kaltmiete auf der Grundlage des Mietspiegels für die Wohnung 4.080 € betrage, liege unter Berücksichtigung der Betriebskosten in Höhe von 1.829,67 € die Entgeltlichkeitsquote bei 80,03 % und damit über 75 % der ortsüblichen Vergleichsmiete. Die Werbungskosten seien daher in vollem Umfang abzugsfähig.

7

Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Urteil des FG Düsseldorf vom 22. Juni 2015  4 K 2268/14 E aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2011 vom 18. März 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Juli 2014 dahingehend abzuändern, dass aus der Vermietung der Wohnung Werbungskosten in Höhe von insgesamt 11.183 € zu berücksichtigen sind.

8

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Das FA führt aus, richtigerweise sei auf die Warmmiete abzustellen. Allerdings betrage die Entgeltlichkeitsquote nur 72,92 %. Denn die ortsübliche Miete für die Wohnung betrage unter Berücksichtigung des ortsüblichen Mietspiegels nicht 4.080 €, sondern sei vielmehr auf der Grundlage der Feststellungen des FG mit 4.656 € anzusetzen. Daher sei nur in Höhe der Differenz von knapp 10 % der Werbungskostenabzug noch zu gewähren. Allerdings habe das FG keine Feststellungen zu der im Mietspiegel enthaltenen Mietpreisspanne getroffen.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

11

1. Das FG hat rechtsfehlerhaft im Rahmen des § 21 Abs. 2 EStG für die Berechnung der Entgeltlichkeitsquote die ortsübliche Kalt- anstelle der Warmmiete zugrunde gelegt. Dabei ist unter ortsüblicher Miete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung die ortsübliche Kaltmiete zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung --BetrKV-- (vom 25. November 2003, BGBl I 2003, 2346) umlagefähigen Kosten zu verstehen (vgl. u.a. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Juli 2000 IX R 6/97, BFH/NV 2001, 305, m.w.N.; R 21.3 der Einkommensteuer-Richtlinien 2008; Oberfinanzdirektion --OFD-- Frankfurt/M. vom 22. Januar 2015, ofix HE EStG/21/23, unter 1.; OFD Karlsruhe vom 1. Februar 2013, ESt-Kartei BW § 21 EStG Fach 6 Nr. 3.1; Blümich/Schallmoser, EStG, § 21 Rz 543; Eggers in Korn, § 21 EStG Rz 135; Schmidt/Kulosa, 34. Aufl., § 21 Rz 159; Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 21 Rz 77; Kanzler/Kraft/Bäuml, § 21 EStG Rz 156; Pfirrmann in Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG, § 21 EStG Rz 206).

12

2. Das Urteil des FG kann daher keinen Bestand haben und ist aufzuheben. Die Sache ist allerdings nicht spruchreif. Das FG hat Feststellungen zur ortsüblichen Miete nachzuholen. Dazu hat es die ortsübliche Kaltmiete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung unter Einbeziehung der Spannen des örtlichen Mietspiegels zuzüglich der nach der BetrKV umlagefähigen Kosten festzustellen. Auf dieser Grundlage hat es die Entgeltlichkeitsquote und damit die Höhe des Werbungskostenabzugs im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung neu zu ermitteln (vgl. BFH-Urteil vom 5. November 2002 IX R 48/01, BFHE 201, 46, BStBl II 2003, 646).

13

3. Die Kostenentscheidung bleibt dem FG vorbehalten (§ 143 Abs. 2 FGO).

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(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof 1. in der Sache selbs

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 143


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden. (2) Wird eine Sache vom Bundesfinanzhof an das Finanzgericht zurückverwiesen, so kann diesem die Entscheid

Einkommensteuergesetz - EStG | § 21


(1) 1Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind 1. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, insbesondere von Grundstücken, Gebäuden, Gebäudeteilen, Schiffen, die in ein Schiffsregister eingetragen sind, und Rechten, die

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Finanzgericht Düsseldorf Urteil, 22. Juni 2015 - 4 K 2268/14 E

bei uns veröffentlicht am 22.06.2015

Tenor Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. 1 T a t b e s t a n d: 2Die Kläger

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Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1)1Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind

1.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, insbesondere von Grundstücken, Gebäuden, Gebäudeteilen, Schiffen, die in ein Schiffsregister eingetragen sind, und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z. B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht);
2.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von Sachinbegriffen, insbesondere von beweglichem Betriebsvermögen;
3.
Einkünfte aus zeitlich begrenzter Überlassung von Rechten, insbesondere von schriftstellerischen, künstlerischen und gewerblichen Urheberrechten, von gewerblichen Erfahrungen und von Gerechtigkeiten und Gefällen;
4.
Einkünfte aus der Veräußerung von Miet- und Pachtzinsforderungen, auch dann, wenn die Einkünfte im Veräußerungspreis von Grundstücken enthalten sind und die Miet- oder Pachtzinsen sich auf einen Zeitraum beziehen, in dem der Veräußerer noch Besitzer war.
2§§ 15a und 15b sind sinngemäß anzuwenden.

(2)1Beträgt das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 50 Prozent der ortsüblichen Marktmiete, so ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen.2Beträgt das Entgelt bei auf Dauer angelegter Wohnungsvermietung mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Miete, gilt die Wohnungsvermietung als entgeltlich.

(3) Einkünfte der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Art sind Einkünften aus anderen Einkunftsarten zuzurechnen, soweit sie zu diesen gehören.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1)1Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind

1.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, insbesondere von Grundstücken, Gebäuden, Gebäudeteilen, Schiffen, die in ein Schiffsregister eingetragen sind, und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z. B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht);
2.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von Sachinbegriffen, insbesondere von beweglichem Betriebsvermögen;
3.
Einkünfte aus zeitlich begrenzter Überlassung von Rechten, insbesondere von schriftstellerischen, künstlerischen und gewerblichen Urheberrechten, von gewerblichen Erfahrungen und von Gerechtigkeiten und Gefällen;
4.
Einkünfte aus der Veräußerung von Miet- und Pachtzinsforderungen, auch dann, wenn die Einkünfte im Veräußerungspreis von Grundstücken enthalten sind und die Miet- oder Pachtzinsen sich auf einen Zeitraum beziehen, in dem der Veräußerer noch Besitzer war.
2§§ 15a und 15b sind sinngemäß anzuwenden.

(2)1Beträgt das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 50 Prozent der ortsüblichen Marktmiete, so ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen.2Beträgt das Entgelt bei auf Dauer angelegter Wohnungsvermietung mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Miete, gilt die Wohnungsvermietung als entgeltlich.

(3) Einkünfte der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Art sind Einkünften aus anderen Einkunftsarten zuzurechnen, soweit sie zu diesen gehören.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden.

(2) Wird eine Sache vom Bundesfinanzhof an das Finanzgericht zurückverwiesen, so kann diesem die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen werden.