Bundesfinanzhof Beschluss, 28. März 2014 - IX B 115/13

bei uns veröffentlicht am28.03.2014

Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben die Frist zur Begründung der Beschwerde versäumt. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht zu gewähren.

2

1. Gemäß § 116 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Dies ist vorliegend nicht geschehen. Das Urteil des Finanzgerichts wurde am 12. August 2013 zugestellt. Die Begründungsfrist lief am 14. Oktober 2013 ab. Eine Begründung enthielt erst der am 14. November 2013 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangene Wiedereinsetzungsantrag.

3

2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Begründungsfrist kann nicht gewährt werden.

4

a) Nach § 56 Abs. 1 FGO ist einem Beteiligten auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Dabei muss er sich ein Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung --ZPO--). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung sind bei Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen (§ 56 Abs. 2 FGO). Erforderlich ist eine substantiierte, in sich schlüssige Darstellung aller entscheidungserheblichen Tatsachen innerhalb der einmonatigen Frist des § 56 Abs. 2 FGO. Bleibt die Verschuldensfrage offen, ist das Wiedereinsetzungsbegehren abzulehnen.

5

b) Die Kläger haben nicht schlüssig dargelegt, dass sie bzw. ihr Prozessbevollmächtigter ohne Verschulden verhindert waren, die gesetzliche Frist einzuhalten. Der Hinweis auf das Versäumnis der Kanzleikraft reicht nicht aus.

6

Anhand des Klägervorbringens ist nicht feststellbar, dass das Fristversäumnis unverschuldet war. Es ist vorliegend nicht auszuschließen, dass an der Fristversäumnis ursächlich auch ein Organisationsverschulden der Prozessbevollmächtigten der Kläger mitgewirkt hat, das den Klägern nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist. In einem derartigen Fall kann keine Wiedereinsetzung gewährt werden (vgl. BFH-Beschluss vom 13. September 2012 XI R 48/10, BFH/NV 2013, 212, m.w.N.). Bei der Organisation des Fristenwesens muss sichergestellt sein, dass jede einzelne Frist, insbesondere auch die Fristen zur Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde einerseits und zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde andererseits differenziert eingetragen werden. Im Wiedereinsetzungsantrag wird demgegenüber lediglich vorgetragen, eine zuverlässige Bürokraft veranlasse die Eintragung der Fristen. Weiter wird dargelegt, dass die Frist zur Einlegung eingetragen und als erledigt abgezeichnet worden sei. Durch welche organisatorischen Vorkehrungen sichergestellt wird, dass nach Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde, die nicht zugleich mit einer Begründung verbunden ist, die spätere Begründung die hierfür vorgesehene Frist wahrt, ist nicht vorgetragen. Es ist auch nicht vorgetragen, dass der zuverlässigen Bürokraft eine konkrete Anweisung erteilt worden wäre, bei Nichtzulassungsbeschwerden beide hierfür geltenden Fristen einzutragen bzw. die gesonderte Frist für die Begründung nur, wenn diese Begründung nicht, was durchaus möglich ist, bereits mit der Einlegung erfolgt ist. Dieses Defizit spiegelt sich auch in der der Beschwerde beigelegten Seite des Fristenbuches vom 12. September 2013 wieder. Hier wird hinsichtlich des Streitfalls lediglich notiert "NZB, BFH erl.". Nicht erkennbar ist hierbei, ob das Kürzel "NZB" für Einlegung oder Begründung oder beides steht.

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Bundesfinanzhof Beschluss, 28. März 2014 - IX B 115/13 zitiert 6 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 155


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 56


(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Vers

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Revision oder der Nichtzulassungsbeschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Revision oder der Nichtzulassungsbeschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.