Bundesfinanzhof Beschluss, 08. Feb. 2012 - IV B 68/11

published on 08/02/2012 00:00
Bundesfinanzhof Beschluss, 08. Feb. 2012 - IV B 68/11
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Gericht

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Gründe

1

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist unzulässig. Da sie nicht Beteiligte des finanzgerichtlichen Verfahrens war, ist sie nicht befugt, gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben (§ 115 Abs. 1 i.V.m. § 57 der Finanzgerichtsordnung --FGO--; z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. November 2003 VII B 124/03, BFH/NV 2004, 362).

2

2. Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ist jedenfalls unbegründet.

3

a) Die Revision ist nicht wegen des Vorliegens von Verfahrensfehlern zuzulassen.

4

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH liegt zwar ein Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO vor, wenn über eine in Wahrheit zulässige Klage nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird (z.B. BFH-Beschluss vom 4. April 2011 VIII B 96/10, BFH/NV 2011, 1172). Das FG hat die Klage jedoch zu Recht mit der Begründung als unzulässig angesehen, dass der Kläger den Gegenstand des Klagebegehrens innerhalb der ihm hierfür gesetzten Ausschlussfrist nicht hinreichend bezeichnet habe (§ 65 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO).

5

bb) Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO muss die Klage u.a. den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Eine ausreichende Bezeichnung erfordert zumindest die substantiierte und schlüssige Darlegung, was der Kläger begehrt und worin er eine Rechtsverletzung sieht; dadurch soll das Gericht in die Lage versetzt werden, die Grenzen seiner Entscheidungsbefugnis zu bestimmen (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO). Fehlt der Klage diese Voraussetzung, ist sie als unzulässig abzuweisen. Wie weit ein Klagebegehren zu substantiieren ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von dem Inhalt des angefochtenen Verwaltungsakts, der Steuerart und der Klageart. Entscheidend ist, ob das Gericht durch die Angaben des Klägers in die Lage versetzt wird, zu erkennen, worin die den Kläger treffende Rechtsverletzung nach dessen Ansicht liegt (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 1172, m.w.N.). Wurden die Besteuerungsgrundlagen geschätzt, reicht die bloße Ankündigung einer noch einzureichenden Steuererklärung zur Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens ebenso wenig aus wie die allgemein gehaltene Behauptung, die Besteuerungsgrundlagen seien zu hoch geschätzt worden (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 1172, m.w.N.).

6

cc) Danach durfte das FG dem Kläger zur Bezeichnung des Klagebegehrens eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen. Der Kläger hatte für keines der Streitjahre Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erklärt, und auch seine gegen die Schätzungsbescheide erhobenen Rechtsbehelfe enthalten keine konkreten Angaben dazu, inwieweit er die Schätzungen des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt) für unzutreffend erachtet. Da sich sein Vortrag auch bis zum Ablauf der Ausschlussfrist lediglich in der Behauptung einer zu hohen Schätzung und der Ankündigung, Unterlagen vorzulegen, erschöpft, ist die Abweisung der Klage als unzulässig nicht zu beanstanden.

7

dd) Dahinstehen kann, ob das FG, wie der Kläger weiter rügt, das ihm nach § 79b Abs. 3 FGO eingeräumte Ermessen "fehlerhaft bzw. gar nicht ausgeübt" hat. Denn auf einem solchen Verfahrensfehler kann das angegriffene Urteil nicht beruhen, da die Klageabweisung --selbständig tragend-- darauf gestützt wurde, dass der Kläger den Gegenstand des Klagebegehrens nicht innerhalb der hierfür gesetzten Ausschlussfrist bezeichnet habe.

8

b) Soweit der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) begehrt, genügt sein Vorbringen schon nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Darlegung dieser Zulassungsgründe verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar ist und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer mit der Rechtsprechung des BFH und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen. Insbesondere sind Ausführungen erforderlich, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (z.B. BFH-Beschluss vom 19. Mai 2008 V B 29/07, BFH/NV 2008, 1501, unter III.B.1.). Daran fehlt es, denn der diesbezügliche Vortrag des Klägers erschöpft sich in der Behauptung, es bedürfe der Klärung, "ob der über den Vortrag der (zu hohen) Schätzung hinaus gehaltene Sachvortrag, welche Einkunftsart geschätzt wurde (hier: Land und Forstwirtschaft) der Konkretisierung des Klagegegenstandes genüge". Abgesehen davon bedarf es keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass es den Anforderungen an die Substantiierung des Klagebegehrens nicht genügt, lediglich anzugeben, welche von mehreren einem Steuerbescheid zugrunde liegenden Schätzungen angegriffen wird. Denn auch in diesem Fall bedarf es der Konkretisierung, was der Beschwerdeführer --bezogen auf die geschätzten Besteuerungsgrundlagen-- begehrt und worin er eine Rechtsverletzung sieht, um das Gericht in die Lage zu versetzen, die Grenzen seiner Entscheidungsbefugnis zu bestimmen.

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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung
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published on 04/04/2011 00:00

Gründe 1 Die Beschwerde ist unbegründet. Zwar stellt es nach ständiger Rechtsprechung einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
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Annotations

Beteiligte am Verfahren sind

1.
der Kläger,
2.
der Beklagte,
3.
der Beigeladene,
4.
die Behörde, die dem Verfahren beigetreten ist (§ 122 Abs. 2).

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Klage muss den Kläger, den Beklagten, den Gegenstand des Klagebegehrens, bei Anfechtungsklagen auch den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden. Der Klage soll eine Abschrift des angefochtenen Verwaltungsakts und der Einspruchsentscheidung beigefügt werden.

(2) Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der nach § 21g des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Berufsrichter (Berichterstatter) den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist gilt § 56 entsprechend.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Die Fristsetzung nach Satz 1 kann mit der Fristsetzung nach § 65 Abs. 2 Satz 2 verbunden werden.

(2) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann einem Beteiligten unter Fristsetzung aufgeben, zu bestimmten Vorgängen

1.
Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen,
2.
Urkunden oder andere bewegliche Sachen vorzulegen oder elektronische Dokumente zu übermitteln, soweit der Beteiligte dazu verpflichtet ist.

(3) Das Gericht kann Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn

1.
ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und
2.
der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
3.
der Beteiligte über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. Satz 1 gilt nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.