Bundesfinanzhof Beschluss, 28. Nov. 2011 - III S 9/11

bei uns veröffentlicht am28.11.2011

Tatbestand

1

I. Mit Beschluss vom 14. Januar 2011 hat der Senat die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision III B 96/09 des Klägers, Beschwerdeführers und Rügeführers (Kläger) gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Münster vom 31. März 2009  1 K 233/08 Kg als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Anhörungsrüge des Klägers, die er im Wesentlichen wie folgt begründet:

2

Der Senat habe die Ausführungen des Klägers zu den zitierten Urteilen des FG Düsseldorf und FG Hamburg ausschließlich auf die Unterbrechung oder Beendigung der Haushaltsaufnahme ("abklingende Haushaltsaufnahme") bezogen und dabei nicht erkannt, dass dies Parallelüberlegungen für die im Streitfall vorliegende "anklingende Haushaltsaufnahme" seien. Dies zeige, dass der Senat dieses Beschwerdevorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen habe. Bei Berücksichtigung dieses Aspekts hätte er möglicherweise die Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung als erfüllt angesehen.

3

Des Weiteren habe der Senat den Kern des Beschwerdevorbringens nicht zur Kenntnis genommen. Im Streitfall müssten Pflegeeltern, deren behinderte Kinder nicht zu Hause gepflegt werden könnten, mit solchen Pflegeeltern verglichen werden, deren Kinder zu Hause lebten. Der Kläger habe in diesem Zusammenhang nicht die Rechtsfrage formuliert, ob das Merkmal des örtlich gebundenen Zusammenlebens durch eine funktionale Betrachtung ersetzt werden könne, sondern ob auch die Einrichtung einer Außenstelle des Haushalts ausreiche, wenn dies in der Absicht geschehe, mittelfristig die Außenstelle mit der Hauptstelle zusammenzuführen.

4

Ebenso habe der Senat den faktisch gegebenen Ausschluss des Familienlastenausgleichs nicht berücksichtigt. Wäre dies geschehen, hätte er möglicherweise eine andere Entscheidung getroffen.

5

Schließlich habe der Senat die Grundrechte des Klägers nicht hinreichend berücksichtigt. Als Folge seiner Rechtsprechung blieben kindsbedingte Mehraufwendungen für behinderungsbedingt notwendig außer Haus gepflegte Kinder rechtlich unberücksichtigt, während solche Aufwendungen für gesunde Kinder berücksichtigungsfähig seien. Die Grundrechte, insbesondere Art. 3 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) geböten aber eine gleiche Behandlung von gesunden und behinderten Menschen. Dies ergebe sich auch aus Art. 5 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, das seit dem 1. Januar 2009 für die Bundesrepublik Deutschland verbindlich sei. Der ortsgebundene Haushaltsbegriff müsse um ein funktionales Element ergänzt werden.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Anhörungsrüge ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 133a Abs. 4 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs wurde im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde nicht verletzt.

7

1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör kann nur dann i.S. von § 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO in entscheidungserheblicher Weise verletzt sein, wenn der Bundesfinanzhof (BFH) bei seiner Beschwerdeentscheidung ein Vorbringen im Zusammenhang mit der Darlegung der Gründe für die Zulassung der Revision i.S. von § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat und die Revision bei Berücksichtigung dieses Vorbringens hätte zugelassen werden müssen (BFH-Beschluss vom 7. Februar 2011 XI S 29/10, BFH/NV 2011, 824). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, zumal es nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist daher erst dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. Senatsbeschluss vom 12. April 2011 III S 49/10, BFH/NV 2011, 1177, m.w.N.).

8

2. Nach diesen Grundsätzen liegen im Streitfall keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Senat im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt haben könnte. Vielmehr hat der Senat das gesamte Beschwerdevorbringen des Klägers berücksichtigt.

9

a) Wie der Kläger mit seiner Rüge selbst vorträgt, hat sich der Senat mit den von ihm in der Beschwerdebegründung zitierten Urteilen des FG Düsseldorf und FG Hamburg auf der Seite 6 des Beschlusses beschäftigt. Ebenso hat sich der Senat mit der vom Kläger angesprochenen funktionalen Betrachtung auf den Seiten 4, 6 f. des Beschlusses auseinandergesetzt. Zudem gibt der Senat im zweiten Absatz auf Seite 3 f. des Beschlusses --beginnend mit dem Satz "Leibliche Eltern, welche ihre Kinder in fremde Obhut gäben ..."-- die Überlegungen des Klägers wieder, die er zu dem vermeintlich faktischen Ausschluss des Familienleistungsausgleichs angestellt hat. Schließlich hat sich der Senat mit den vom Kläger vorgetragenen verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, wie die Ausführungen auf den Seiten 3 f., 6 f. des Beschlusses zeigen, beschäftigt.

10

Im Kern trägt der Kläger mit seiner Rüge vor, dass der Senat in dem angefochtenen Beschluss seiner, des Klägers, Rechtsauffassung nicht gefolgt sei und macht damit geltend, der Senat habe in der Sache fehlerhaft entschieden. Mit diesem Vorbringen kann der Kläger im Rahmen der Anhörungsrüge nach § 133a FGO, die auf die Geltendmachung der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör beschränkt ist, nicht gehört werden.

11

b) Soweit der Kläger nunmehr auf Art. 5 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen abhebt (BGBl II 2008, 1420), handelt es sich um eine Überlegung, die im vorausgegangenen Beschwerdeverfahren III B 96/09 nicht vorgebracht wurde. Somit konnte der Senat zu diesem Vorbringen weder Stellung nehmen noch es übergehen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör scheidet insofern aus (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Juli 2009 X S 49/08, nicht amtlich veröffentlicht --juris--).

12

3. Die Kostenpflicht der Anhörungsrüge folgt aus Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz --GKG-- (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).

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Bundesfinanzhof Beschluss, 28. Nov. 2011 - III S 9/11 zitiert 6 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 3 Höhe der Kosten


(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 133a


(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn 1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2. das Gericht den Anspruch dieses

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Bundesfinanzhof Beschluss, 28. Nov. 2011 - III B 96/09

bei uns veröffentlicht am 28.11.2011

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) legte gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 31. März 2009  1 K 233/08 Kg Beschwerde gegen die Nichtzul

Bundesfinanzhof Beschluss, 07. Feb. 2011 - XI S 29/10

bei uns veröffentlicht am 07.02.2011

Gründe 1 Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg. 2 1. Nach § 1
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesfinanzhof Beschluss, 28. Nov. 2011 - III S 9/11.

Bundesfinanzhof Beschluss, 24. Mai 2012 - I S 5/12

bei uns veröffentlicht am 24.05.2012

Tatbestand 1 Die wegen Nichtzulassung der Revision erhobene Beschwerde der Klägerin, Beschwerdeführerin und Rügeführerin (Klägerin), einer GmbH, hat der Senat mit Beschl

Referenzen

(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(6) § 131 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

Gründe

1

Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg.

2

1. Nach § 133a Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Die Rüge muss das Vorliegen der genannten Voraussetzungen darlegen (§ 133a Abs. 2 Satz 5 FGO).

3

2. Die Klägerin, Beschwerdeführerin und Rügeführerin (Klägerin) greift mit ihrer Anhörungsrüge den Senatsbeschluss vom 23. November 2010 XI B 67/09 an, durch den der Senat die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision als unbegründet zurückgewiesen hat.

4

3. Entgegen der Auffassung der Klägerin enthält der Beschluss eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Begründung; insoweit greift ihre Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht durch.

5

a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör kann nur dann i.S. von § 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO in entscheidungserheblicher Weise verletzt sein, wenn der Bundesfinanzhof (BFH) bei seiner Beschwerdeentscheidung ein Vorbringen im Zusammenhang mit der Darlegung der Gründe für die Zulassung der Revision i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat und die Revision bei Berücksichtigung dieses Vorbringens hätte zugelassen werden müssen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 10. August 2005 XI S 2/05, BFH/NV 2005, 2232). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist erst dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls deutlich ergibt, dass das Gericht Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 17. Mai 2005 VII S 17/05, BFH/NV 2005, 1614; vom 12. Mai 2006 VIII S 12/06, BFH/NV 2006, 1849). Daran fehlt es hier.

6

b) Der Senat hat bei seiner Entscheidung das gesamte Beschwerdevorbringen der Klägerin berücksichtigt. Er hat seinen Beschluss begründet und zusätzlich ausgeführt, gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO werde von einer weiteren Begründung abgesehen, weil sie nicht geeignet sei, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen sei (S. 4 des Beschlusses). Der gerügte Senatsbeschluss gibt aus Sicht des Senats die für die Entscheidung wesentlichen Erwägungen wieder.

7

Im Übrigen kann im Hinblick auf § 116 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz FGO nicht davon ausgegangen werden, dass der BFH bei seiner Entscheidung über die Revisionszulassung im Beschluss nicht erörtertes Vorbringen nicht erwogen hat (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 1849). Diese Regelung ist verfassungsrechtlich unbedenklich (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 4. März 1977  1 BvR 815/76, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1977, 255; BFH-Beschlüsse vom 3. Mai 2005 I S 10/05, BFH/NV 2005, 1600; vom 2. September 2005 I S 11/05, BFH/NV 2006, 97, m.w.N.; in BFH/NV 2006, 1849).

8

Aus dem Umstand, dass die Beschlussgründe keine detaillierte Befassung mit sämtlichen Erwägungen der --hier mehrere 100 Seiten umfassenden-- Beschwerdebegründung enthalten, kann nicht darauf geschlossen werden, der Senat habe diese nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 5. Dezember 1995  1 BvR 1463/89, HFR 1996, 153; BFH-Beschlüsse vom 25. März 2010 I S 7/10, BFH/NV 2010, 1297; vom 13. Juli 2010 V S 10/10, BFH/NV 2011, 47).

9

4. Die übrigen Rügen der Klägerin entsprechen nicht den Anforderungen des § 133a Abs. 2 Satz 5 FGO.

10

a) Nach dieser Bestimmung muss der Rügeführer insbesondere schlüssig und substantiiert darlegen, zu welchen Sach- oder Rechtsfragen er sich im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren (hier: Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren XI B 67/09) nicht habe äußern können oder welches entscheidungserhebliche Vorbringen des Rügeführers das Gericht nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen habe (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 20. April 2010 VI S 1/10, BFH/NV 2010, 1467, m.w.N.; vom 14. Oktober 2010 XI S 24/10, BFH/NV 2011, 63). Zudem muss er u.a. vortragen, inwiefern dadurch die mit der Anhörungsrüge angefochtene Entscheidung --auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts-- anders hätte ausfallen können (vgl. BFH-Beschlüsse vom 15. Mai 2007 IV S 6/07, juris; vom 14. Oktober 2010 X S 24/10, BFH/NV 2011, 279). Daran fehlt es im Streitfall.

11

b) Mit dem Vorbringen, der Tatbestand des Urteils des Finanzgerichts (FG) sei unrichtig, hat die Klägerin nach gefestigter Rechtsprechung des BFH keinen Revisionszulassungsgrund geltend gemacht.

12

Diese Rüge ist zur Darlegung eines Verfahrensmangels i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ungeeignet, denn damit wendet sich die Klägerin nicht gegen das vom FG gehandhabte Verfahren (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 14. Mai 2007 XI B 71/06, BFH/NV 2007, 1685, unter 2.d). Eine etwaige falsche Darstellung tatsächlicher Entscheidungsgrundlagen kann nicht im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde gerügt werden, sondern ist mit dem Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 108 Abs. 1 FGO geltend zu machen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 5. Juli 2004 VII B 350/03, BFH/NV 2004, 1543; vom 16. Mai 2006 VII B 259/05, BFH/NV 2006, 1885, unter II.4.; vom 29. November 2007 III B 21/07, juris, unter 4.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 81, m.w.N.). Auch mit dem Hinweis auf einen Tatbestandsberichtigungsantrag nach § 108 Abs. 1 FGO wird kein Zulassungsgrund geltend gemacht (vgl. BFH-Beschluss vom 6. April 2005 IX B 174/04, BFH/NV 2005, 1354). Das Gleiche gilt für den Vortrag der Klägerin, es sei eine auf Richtigstellung des Tatbestands zielende Urteilsergänzung beantragt worden.

13

Deshalb konnte der Senat insoweit in seinem Beschluss vom 23. November 2010 XI B 67/09 von einer ausdrücklichen Auseinandersetzung mit dieser Rüge gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz FGO absehen.

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c) Soweit die Klägerin mit ihrer Anhörungsrüge (sinngemäß) geltend macht, der Senat hätte seine Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde bis nach einer Bescheidung ihrer Anträge auf Tatbestandsberichtigung und Urteilsergänzung durch das FG zurückstellen müssen, behauptet die Klägerin zwar einen Verfahrensfehler des Senats, aber nicht schlüssig, dass der Senat ihr Vorbringen nicht zu Kenntnis genommen habe.

15

Im Übrigen hat die Klägerin die Vorgreiflichkeit einer Entscheidung des FG über ihre Anträge nicht dargelegt, denn sie hat nicht vorgetragen, bei welchem der von ihr geltend gemachten Zulassungsgründe die Berücksichtigung des ihrer Meinung nach zutreffenden Tatbestands entscheidungserheblich ist.

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d) Soweit die Klägerin ferner rügt, das FG habe ihr keine vollständige Akteneinsicht gewährt, hat sie nicht dargelegt, inwieweit eine vollständige Akteneinsicht Bedeutung für den angefochtenen Senatsbeschluss gehabt hätte.

17

e) Soweit die Klägerin schließlich geltend macht, sie habe in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde umfangreich einen Sachaufklärungsmangel gerügt, hat sie lediglich behauptet, dass bei Durchführung einer ordnungsgemäßen Beweisaufnahme und Sachaufklärung das FG eine für sie günstigere Entscheidung getroffen hätte. Das genügt den dargelegten Begründungsanforderungen des § 133a Abs. 2 Satz 5 FGO nicht.

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Im Übrigen könnte die Klägerin mit einer Rüge gegen die inhaltliche Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung des Senats, ohne eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend zu machen, im Anhörungsrügeverfahren nicht gehört werden (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 4. Mai 2006 VI S 5/06, BFH/NV 2006, 1337; vom 16. Juni 2009 XI S 4/09, juris).

19

5. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133a Abs. 4 Satz 4 FGO ab.

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6. Für die Entscheidung über die Anhörungsrüge wird eine Gebühr in Höhe von 50 € erhoben (vgl. Nr. 6400 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes --Kostenverzeichnis--).

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(6) § 131 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) legte gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 31. März 2009  1 K 233/08 Kg Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ein. Die Beschwerde wurde mit Beschluss vom 14. Januar 2011 III B 96/09 als unbegründet zurückgewiesen. Der Beschluss trägt fälschlicherweise das Datum vom 14. Januar 2010.

2

Mit Schreiben vom 22. Februar 2011 beantragte der Kläger die Berichtigung des genannten Beschlusses, weil der Senat in seiner Begründung nicht darauf eingegangen sei, dass er, der Kläger, erstmals neue gewichtige Gesichtspunkte für eine erneute Überprüfung des höchstrichterlich geklärten Begriffs der Haushaltsaufnahme i.S. des § 32 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes angeführt habe, obwohl ein solcher Vortrag nach den eigenen Ausführungen des Senats Voraussetzung für eine erneute Überprüfung sei. Dies lasse nur den Schluss auf ein "offenkundiges Versehen" des Senats zu, das nach den sinngemäß anwendbaren §§ 107 bis 109 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu berichtigen sei.

3

Die in dem Beschluss als Beklagte und Beschwerdegegnerin aufgeführte X teilte daraufhin u.a. mit, dass sich die Y und die X bereits vor Ergehen des Beschlusses zur XY vereinigt haben.

Entscheidungsgründe

4

II. 1. Der Senat legt das Schreiben des Klägers vom 22. Februar 2011 unter sinngemäßer Anwendung der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs als einen Berichtigungsantrag nach § 107 FGO, nicht (auch) als einen solchen nach § 108 FGO aus. Hierfür spricht bereits deutlich, dass der Kläger in seinem Schreiben u.a. die Begriffe "Beschlussberichtigungsantrag" und "offenkundiges Versehen" verwendet und damit auf den Norminhalt des § 107 FGO Bezug nimmt. Zudem ist der Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung zu beachten, nach dem dasjenige gewollt ist, das nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage des Klägers entspricht (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. Dezember 2009 II R 52/07, BFH/NV 2010, 824). Ein Antrag auf Berichtigung des "Tatbestandes" des Senatsbeschlusses vom 14. Januar 2011 nach § 108 FGO wäre aber bereits wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig (BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2006 II B 152/05, nicht amtlich veröffentlicht --juris--). Vernünftigerweise ist daher allein von einem Antrag nach § 107 FGO auszugehen.

5

2. Der Beschluss vom 14. Januar 2011 III B 96/09 ist von Amts wegen nach § 107 FGO wegen unzutreffender Bezeichnung der beklagten Partei und falscher Datumsangabe zu berichtigen. Die vom Kläger beantragte Berichtigung ist hingegen abzulehnen.

6

a) Nach § 107 Abs. 1 FGO sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil jederzeit vom Gericht zu berichtigen. Die Vorschrift ist auch auf die Berichtigung von Beschlüssen anzuwenden. Als Berichtigungsgegenstand erfasst § 107 FGO alle Bestandteile des Urteils bzw. des Beschlusses (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Juli 2005 V B 84/02, BFH/NV 2005, 2218, m.w.N.). Eine einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche offenbare Unrichtigkeit liegt nur vor, wenn es sich um ein Versehen handelt, durch das es, wie bei einem Schreib- oder Rechenfehler, dazu kommt, dass das wirklich Gewollte nicht zum Ausdruck gelangt. Ziel der Berichtigung kann somit nur sein, den erklärten mit dem gewollten Inhalt des Urteils in Einklang zu bringen; wie bei der vergleichbaren Vorschrift des § 129 der Abgabenordnung schließt die ernstliche Möglichkeit eines Fehlers in der Sachverhaltsermittlung, Tatsachenwürdigung oder Rechtsanwendung die Berichtigung nach § 107 FGO aus (z.B. BFH-Beschluss vom 19. November 2003 I B 47/03, BFH/NV 2004, 515).

7

b) Bei der falschen Bezeichnung des Datums im Rubrum des Beschlusses handelt es sich ersichtlich um einen Schreibfehler.

8

Eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit i.S. von § 107 FGO ist auch eine eindeutig unzutreffende Parteibezeichnung. Diese liegt u.a. vor, wenn der Beschluss als Klägerin eine nicht mehr existente Person benennt, deren Parteistellung inzwischen auf eine andere Person bzw. mehrere andere Personen übergegangen ist (vgl. BFH-Urteil vom 6. Juni 2007 II R 20/06, BFH/NV 2008, 4, m.w.N.). Gleiches muss dann gelten, wenn --wie im Streitfall-- infolge der Vereinigung von zwei Krankenkassen an die Stelle der bisherigen Beklagten, der Familienkasse der X, nunmehr im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (vgl. dazu § 144 Abs. 4, § 146 Abs. 3 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch) die Familienkasse der XY getreten ist. Eine Verfahrensunterbrechung nach § 239 Abs. 1 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO ist durch den gesetzlichen Beteiligtenwechsel auf Seiten der Beklagten nicht eingetreten (vgl. Bergkemper in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 122 FGO Rz 13).

9

c) Die vom Kläger beantragte Berichtigung des Beschlusses ist abzulehnen, weil er mit dem Vortrag, der Senat sei nicht auf die von ihm erstmals angeführten gewichtigen Gründe zur Überprüfung des Begriffs der Haushaltsaufnahme eingegangen, nicht das Vorliegen einer ähnlichen offenbaren Unrichtigkeit i.S. des § 107 FGO, sondern im Kern eine fehlerhafte Rechtsanwendung rügt. Abgesehen davon hat sich der Senat in dem Beschluss vom 14. Januar 2011 III B 96/09 durchaus mit den vom Kläger vorgetragenen Gesichtspunkten beschäftigt, welche seiner Einschätzung nach eine erneute Überprüfung des Begriffs der Haushaltsaufnahme erforderlich gemacht hätten. So leitete der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage, ob eine Haushaltsaufnahme auch durch Einrichtung einer Außenstelle erfolgen könne, gerade aus dem Verfassungsrecht ab. Nach Auffassung des Senats erfolgte jedoch --wie der Seite 6 des Beschlusses (unter II.1.b) entnommen werden kann-- keine hinreichend substantiierte inhaltliche Auseinandersetzung mit den genannten Verfassungsnormen (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3, Art. 6 Abs. 2, Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes).

10

3. Das Rubrum ist danach wie folgt zu ändern:

11

Als Beklagte und Beschwerdegegnerin wird die XY --Familienkasse--, vertreten durch …, aufgeführt. Als Beschlussdatum wird statt des "14. Januar 2010" der "14. Januar 2011" genannt.

12

4. Die Entscheidung ergeht kostenfrei (Senatsbeschluss vom 10. März 2008 III R 37/03, BFH/NV 2008, 1333, m.w.N.).

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.