Bundesfinanzhof Beschluss, 12. Apr. 2012 - III B 97/11

bei uns veröffentlicht am12.04.2012

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen, soweit ihre Darlegung überhaupt den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt, nicht vor. Die Frage, ob dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumnis der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu gewähren ist (§ 56 FGO), kann daher offen bleiben.

2

1. Der Vortrag des Klägers zu einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO entspricht nicht den Darlegungserfordernissen.

3

a) Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage herausstellt, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts erforderlich ist und die im konkreten Streitfall klärbar ist (z.B. Senatsbeschluss vom 4. März 2011 III B 166/10, BFH/NV 2011, 1007). Um den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Begründung der Beschwerde zu entsprechen, muss der Beschwerdeführer konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen (vgl. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 32).

4

b) Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers nicht. Er begehrt allgemein die Klärung der Frage, wann besondere Umstände im Sinne der Senatsbeschlüsse vom 18. Februar 2008 III B 69/07 (BFH/NV 2008, 948) und vom 16. April 2008 III B 36/07 (BFH/NV 2008, 1326) darauf schließen lassen, dass ein Student, der auswärts ein Studium aufgenommen hat, dauerhaft vom elterlichen Haushalt getrennt ist. Das Finanzgericht (FG) kam aufgrund einer tatsächlichen Würdigung der Umstände des Streitfalles zu dem Ergebnis, es seien derartige besondere Umstände zu bejahen. Für das FG war insbesondere das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis, das sich von universitären Studiengängen unterscheidet, ein gewichtiger Gesichtspunkt. Das FG nahm an, die Tochter des Klägers (X) habe beabsichtigt, bei einem Erfüllen der beamtenrechtlichen Voraussetzungen auf Dauer in A zu bleiben. In einem Revisionsverfahren, wie es der Kläger anstrebt, ist der Bundesfinanzhof (BFH) nach § 118 Abs. 2 FGO an die Feststellungen des FG, zu denen auch Schlussfolgerungen tatsächlicher Art gehören, gebunden, sofern dagegen keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen vorgebracht werden (Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rz 39). Ein Revisionsverfahren böte keinen Anlass, allgemein zu der Frage Stellung zu nehmen, in welchen Fällen besondere Umstände anzunehmen sind, die zum Wegfall einer Haushaltsaufnahme i.S. von § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes führen können.

5

2. Auch soweit der Kläger die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geltend macht (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO), genügen seine Darlegungen nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.

6

a) Wird als Zulassungsgrund vorgetragen, das angefochtene Urteil weiche von der BFH-Rechtsprechung ab, so muss in der Beschwerdeschrift die Entscheidung des BFH, von der das Urteil des FG divergieren soll, bezeichnet werden. Darüber hinaus muss aus der Entscheidung des FG ein diese tragender abstrakter Rechtssatz abgeleitet werden, der zu einem ebenfalls tragenden abstrakten Rechtssatz der Entscheidung des BFH im Widerspruch stehen kann. Die nach Auffassung des Klägers voneinander abweichenden Rechtssätze sind dabei gegenüberzustellen (z.B. Senatsbeschluss vom 8. Dezember 2011 III B 75/10, BFH/NV 2012, 586).

7

b) Mit dem Vortrag, das FG sei von der BFH-Rechtsprechung abgewichen, weil es zu Unrecht besondere Umstände im Sinne der Senatsbeschlüsse in BFH/NV 2008, 948 und in BFH/NV 2008, 1326 angenommen habe, macht der Kläger keine Divergenz geltend. Aus seinem Vorbringen ergibt sich nicht, dass das FG einen Rechtssatz aufgestellt hat, der von den zitierten Beschlüssen abweicht. Vielmehr meint er, das FG habe die BFH-Rechtsprechung unzutreffend auf den Streitfall angewandt. Damit rügt er letztlich einen materiell-rechtlichen Fehler, der grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO führt (s. z.B. Senatsbeschluss vom 23. Mai 2011 III B 177/10, BFH/NV 2011, 1507).

8

3. Der geltend gemachte Verfahrensmangel, das FG habe eine Überraschungsentscheidung gefällt und damit gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 FGO), liegt nicht vor.

9

a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird durch eine Überraschungsentscheidung verletzt, wenn das Gericht aufgrund von Gesichtspunkten entscheidet, mit denen ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte, ohne zuvor darauf hinzuweisen und Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (vgl. z.B. Senatsbeschluss in BFH/NV 2012, 586). Die Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs wird, wenn sich der Verstoß auf einzelne Feststellungen bezieht, nur dann ordnungsgemäß vorgebracht, wenn der Beschwerdeführer darlegt, was er vorgetragen hätte, wenn sein Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt worden wäre und dass bei Berücksichtigung dieses zusätzlichen Vortrags eine andere Entscheidung des FG in der Sache möglich gewesen wäre (Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz 14, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).

10

b) Nach Ansicht des Klägers ist der Verfahrensfehler darin zu sehen, dass das FG der Aussage der als Zeugin vernommenen X überraschenderweise nicht gefolgt sei. Die Einschätzung der Glaubwürdigkeit eines Zeugen gehört zur Beweiswürdigung und ist damit dem materiellen Recht zuzuordnen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 82). Das FG brauchte den steuerlich vertretenen Kläger nicht darüber zu informieren, ob und in welchem Umfang es der Zeugenaussage von X Glauben schenken würde. Ein Verfahrensbeteiligter kann nicht davon überrascht sein, dass das Gericht die Glaubwürdigkeit eines Zeugen anders einschätzt als er selbst. Auch hat der Kläger in der Beschwerdeschrift nicht dargelegt, was er vorgetragen hätte, wenn das Gericht ihn davon unterrichtet hätte, dass es den Angaben der Zeugin nicht in vollem Umfang folgen werde.

11

c) Soweit der Kläger rügt, das FG habe ihn nicht mit den Widersprüchen zwischen seiner Aufstellung über die Aufenthalte von X in B einerseits und der Zeugenaussage andererseits konfrontiert, ist ebenso wenig ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs anzunehmen. Die Aufstellung war vom Kläger selbst gefertigt worden, der Kläger war in der mündlichen Verhandlung anwesend, so dass die Abweichungen für ihn erkennbar waren. Bereits deshalb brauchte das FG ihn nicht eigens darauf hinzuweisen.

12

d) Mit dem Vortrag, das FG habe den Sachverhalt zu Unrecht dahingehend gewürdigt, dass X beabsichtigt habe, auf Dauer in A zu bleiben, macht der Kläger keinen Verfahrensmangel geltend, vielmehr wendet er sich insoweit gegen die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Derartige Einwendungen rechtfertigen, wie ausgeführt, nicht die Zulassung der Revision.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 118


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, ka

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 96


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung

Einkommensteuergesetz - EStG | § 63 Kinder


(1) 1Als Kinder werden berücksichtigt 1. Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1,2. vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten,3. vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel. 2§ 32 Absatz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 56


(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Vers

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Bundesfinanzhof Beschluss, 23. Mai 2011 - III B 177/10

bei uns veröffentlicht am 23.05.2011

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) bezog für ihren in ihrem Haushalt lebenden Bruder T laufend Kindergeld. Auf die schriftliche Bitte der Klä

Bundesfinanzhof Beschluss, 04. März 2011 - III B 166/10

bei uns veröffentlicht am 04.03.2011

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) bezog für ihre Tochter T und ihren Sohn S laufend Kindergeld. Mit Bescheid vom 9. Februar 2010 hob die Bek

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Revision oder der Nichtzulassungsbeschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) bezog für ihre Tochter T und ihren Sohn S laufend Kindergeld. Mit Bescheid vom 9. Februar 2010 hob die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) die Kindergeldfestsetzung für T auf und forderte überzahltes Kindergeld von der Klägerin zurück. In einem weiteren --nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen-- Schreiben vom 9. Februar 2010 erklärte die Familienkasse, der Anspruch auf Erstattung von Kindergeld werde gemäß § 75 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) monatlich gegen die Hälfte des laufenden Kindergeldes aufgerechnet. Den Einspruch der Klägerin verwarf die Familienkasse als unzulässig.

2

Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 18. August 2010  16 K 113/10 ab.

3

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, die Revision sei nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Sie genügt nicht den Darlegungserfordernissen von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.

5

Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage herausstellt, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts erforderlich ist und die im konkreten Streitfall klärbar ist (Senatsbeschlüsse vom 15. Juli 2009 III B 111/08, juris, und vom 24. Januar 2005 III B 29/04, BFH/NV 2005, 1141). Um den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Begründung der Beschwerde zu entsprechen, muss der Beschwerdeführer konkret auf die Rechtsfrage(n), ihre Klärungsbedürftigkeit, ihre Klärungsfähigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 32). Hierzu muss sich der Beschwerdeführer auch mit den ggf. in der Rechtsprechung und Literatur zu dieser Frage vertretenen Auffassungen sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzen (Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2003 III B 14/03, BFH/NV 2004, 224).

6

Diesen Anforderungen genügt die Begründung der Klägerin nicht. Ihre Ausführungen erschöpfen sich darin, die von dem FG angeführten Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 2. April 1987 VII R 148/83 (BFHE 149, 482, BStBl II 1987, 536), vom 17. November 1987 VII R 90/84 (BFHE 151, 340, BStBl II 1988, 117) und vom 4. Februar 1997 VII R 50/96 (BFHE 182, 276, BStBl II 1997, 479) beträfen einen anderen Zusammenhang. In diesen Entscheidungen sei es um die Zulässigkeit einer Verrechnung von Steuerschulden gegen Steuerguthaben gegangen. Dies könne für Kindergeldleistungen keine Anwendung finden. Zudem beträfe die von dem FG zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung Zeiten, als Kindergeld noch nicht als Steuerleistung gezahlt worden sei. Das Vorgehen rechtfertigende Gerichtsentscheidungen seien nicht bekannt und in dem angegriffenen Urteil entsprechend nicht zitiert.

7

Die Klägerin hat sich indes weder mit Entscheidungen anderer Finanzgerichte zur Beurteilung der rechtlichen Natur einer Aufrechnungserklärung der Familienkasse noch mit der zu § 75 EStG ergangenen Literatur auseinandergesetzt. Sie hat weiter auch nicht ausgeführt, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig sei.

8

Hinzu kommt, dass die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig wäre. Das FG hat die Klage nämlich nicht nur deshalb abgewiesen, weil es der Rechtsprechung des BFH hinsichtlich der Einordnung der Aufrechnungserklärung als nicht anfechtbare öffentlich-rechtliche Willenserklärung gefolgt ist. Es hat die Klage vielmehr --bei unterstelltem Vorliegen eines Verwaltungsakts-- auch als unbegründet angesehen. Ist das Urteil des FG jedoch auf mehrere Erwägungen gestützt, von denen jede für sich genommen die Entscheidung trägt, so ist für jede dieser Erwägungen die Darlegung eines Zulassungsgrundes erforderlich (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 27. April 2009 I B 177/08, juris, und vom 20. Februar 2009 IV B 72/07, juris, jeweils m.w.N.).

9

Die Beschwerdebegründung der Klägerin enthält indes weder die Benennung eines Revisionszulassungsgrundes noch dessen schlüssige Darlegung zu der hilfsweisen Stützung des angefochtenen Urteils auf eine fehlende Begründetheit der Klage.

10

In diesem Zusammenhang führt die Klägerin im Kern lediglich aus, die für die Aufrechnung erforderliche Gegenseitigkeit sei deshalb nicht gegeben, weil ihr laufender Kindergeldanspruch ihren Sohn, die Rückforderung der Familienkasse dagegen ihre Tochter betreffe. Letztlich macht sie hiermit Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend. Damit wird jedoch in diesem Punkt kein Zulassungsgrund dargelegt, da solche Einwendungen nur im Rahmen einer Revisionsbegründung erheblich sein können und die Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich nicht der Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile dient (vgl. Senatsbeschluss vom 26. November 2008 III B 133/08, juris, m.w.N.).

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1)1Als Kinder werden berücksichtigt

1.
Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1,
2.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten,
3.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel.
2§ 32 Absatz 3 bis 5 gilt entsprechend.3Voraussetzung für die Berücksichtigung ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).4Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.5Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 vorliegen.6Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, haben, werden nicht berücksichtigt, es sei denn, sie leben im Haushalt eines Berechtigten im Sinne des § 62 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a.7Kinder im Sinne von § 2 Absatz 4 Satz 2 des Bundeskindergeldgesetzes werden nicht berücksichtigt.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen, dass einem Berechtigten, der im Inland erwerbstätig ist oder sonst seine hauptsächlichen Einkünfte erzielt, für seine in Absatz 1 Satz 3 erster Halbsatz bezeichneten Kinder Kindergeld ganz oder teilweise zu leisten ist, soweit dies mit Rücksicht auf die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten für Kinder in deren Wohnsitzstaat und auf die dort gewährten dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen geboten ist.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) bezog für ihren in ihrem Haushalt lebenden Bruder T laufend Kindergeld. Auf die schriftliche Bitte der Klägerin vom 10. September 2004 überwies die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) das Kindergeld ab Oktober 2004 auf das Konto des T. Im Juni 2007 stellte die Familienkasse die Zahlung des Kindergeldes vorerst ein, da T eine Änderung seiner Kontodaten mitgeteilt und die Klägerin diese Änderung nicht unterschrieben hatte. Mit Bescheid vom 4. August 2008 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung --unter Verweis auf den Auszug des T aus dem Haushalt der Klägerin-- ab Juni 2004 auf (§ 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) und forderte von der Klägerin das in der Zeit von Juni 2004 bis Juni 2007 gezahlte Kindergeld in Höhe von 5.698 € zurück. Während des Einspruchsverfahrens überprüfte die für den Kindergeldanspruch des T zuständige Bundesagentur für Arbeit, Familienkasse Nürnberg, dessen Anspruch nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) und bejahte ihn teilweise. Die Familienkasse erkannte daraufhin das für die Monate Juni bis Dezember 2004 sowie Januar bis Mai 2007 gezahlte Kindergeld nach dem EStG als Weiterleitung an und minderte die Restforderung im Änderungsbescheid vom 2. Februar 2009 auf 3.850 €. Den Einspruch wies es im Anschluss als nunmehr unbegründet zurück.

2

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, der Familienkasse stehe nach § 37 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung ein Rückforderungsanspruch in Höhe von 3.850 € gegen die Klägerin zu, da diese auf Grund der Anweisung, das Kindergeld auf ein Konto des T zu zahlen, die Leistungsempfängerin geblieben sei; eine Abzweigung liege nicht vor. Den Rückforderungsanspruch habe die Familienkasse auch nicht verwirkt.

3

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, die Revision sei wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO) und wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zuzulassen.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde ist unzulässig und wird deshalb durch Beschluss verworfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde genügt nicht den Darlegungserfordernissen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.

5

1. Die Klägerin hat die behauptete grundsätzliche Bedeutung nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Weise dargelegt.

6

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muss in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, genügt dafür nicht. Der Beschwerdeführer muss vielmehr konkret auf die Rechtsfrage und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).

7

b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift der Klägerin nicht. Sie will sinngemäß eine Klärung der Frage erreichen, ob sie als Leistungsempfängerin des auf das Konto des T geflossenen Kindergeldes anzusehen sei, obwohl sie den Kindergeldantrag zurückgezogen, die Familienkasse Kenntnis vom Auszug des T gehabt und gleichwohl die Kindergeldzahlungen weitergeleistet habe. Des Weiteren möchte die Klägerin sinngemäß geklärt wissen, ob die Familienkasse sie nach nahezu vier Jahren Bearbeitungsdauer in Anspruch nehmen dürfe, obwohl die Familienkasse Kenntnis von dem Umstand der Volljährigkeit und des Auszuges des Zahlungsempfängers T aus ihrem Haushalt gehabt und dennoch die Kindergeldzahlungen weitergeleistet habe.

8

Damit werden jedoch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung herausgestellt, sondern nicht ausreichende rein sachverhaltsbezogene Fragestellungen aufgeworfen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 15. Juni 1994 II B 30/94, BFH/NV 1995, 132, und vom 2. Mai 2002 VI B 158/99, BFH/NV 2002, 1051). Aus den Ausführungen der Klägerin ist allein ihr Interesse an einer anderen Entscheidung ihres Falles erkennbar.

9

2. Mit der Rüge, das FG sei von der Entscheidung des BFH vom 26. Juli 2001 VI R 163/00 (BFHE 196, 274, BStBl II 2002, 174) abgewichen, wird kein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO dargelegt.

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a) Wird als Zulassungsgrund eine Abweichung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO geltend gemacht, so muss in der Beschwerdeschrift nicht nur die Entscheidung des BFH, von der das Urteil des FG abweichen soll, bezeichnet werden; es muss darüber hinaus aus der Entscheidung des FG ein diese tragender abstrakter Rechtssatz abgeleitet werden, der zu einem ebenfalls tragenden abstrakten Rechtssatz der Entscheidung des BFH im Widerspruch stehen kann. Die nach Auffassung des Beschwerdeführers voneinander abweichenden Rechtssätze sind dabei gegenüberzustellen (vgl. BFH-Beschluss vom 29. März 1995 II B 127/94, BFH/NV 1995, 909).

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Eine Zulassung unter diesem Gesichtspunkt hätte vorausgesetzt, dass in der Beschwerdebegründung abstrakte Rechtssätze im Urteil des FG und in der Divergenzentscheidung des BFH so genau bezeichnet worden wären, dass die Abweichung erkennbar geworden wäre. Im Streitfall fehlt insbesondere die Darstellung von der BFH-Rechtsprechung abweichender abstrakter Rechtssätze des FG.

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b) Eine Abweichung der angefochtenen FG-Entscheidung von dem BFH-Urteil in BFHE 196, 274, BStBl II 2002, 174 liegt im Übrigen auch nicht vor. In diesem Urteil hat der BFH zwar ausgeführt, dass der Rückforderung zuviel gezahlten Kindergeldes der Grundsatz von Treu und Glauben entgegenstehen kann, wenn die Familienkasse mit der Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs zu lange zuwartet. Anders als die Klägerin meint, hat der BFH damit aber keineswegs entschieden, dass "der Umstand der langen Bearbeitungsdauer ... [genügte], um ein schutzwürdiges Vertrauen zu bejahen, das einer Rückforderung entgegensteht". Die Entscheidung ist vielmehr im Zusammenhang mit den weiteren von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen zur Rückforderung von Kindergeld im Hinblick auf den Grundsatz von Treu und Glauben i.S. des § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches zu sehen. Danach reicht die Weiterzahlung des Kindergeldes selbst bei einer --wie von der Klägerin behaupteten-- Mitteilung der Umstände, die zum Wegfall des Kindergeldanspruchs führen, zur Schaffung eines Vertrauenstatbestandes allein nicht aus (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Mai 2005 III B 197/04, BFH/NV 2005, 1486). Auch der Zeitablauf allein (das sog. Zeitmoment) genügt für die Annahme der Verwirkung eines Rückforderungsanspruchs grundsätzlich nicht (z.B. BFH-Urteil vom 15. Juni 2004 VIII R 93/03, BFH/NV 2005, 153). Hinzu kommen müssen vielmehr besondere Umstände, die die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs als illoyale Rechtsausübung erscheinen lassen (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Januar 2010 III B 37/09, BFH/NV 2010, 837, m.w.N.). Hiervon ist das FG ausgegangen und dabei zu der Würdigung gelangt, im Streitfall seien keine solchen besonderen Umstände festzustellen.

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3. Schließlich hat die Klägerin auch keinen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt.

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a) Mit dem Vortrag, das FG habe gegen Denkgesetze verstoßen, wird kein Verfahrensmangel nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dargelegt. Ein derartiger Verstoß ist nach der Rechtsprechung des BFH vielmehr ein materiell-rechtlicher Fehler (BFH-Beschluss vom 14. Februar 2008 I B 115/07, BFH/NV 2008, 1362, m.w.N.), der grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führen kann (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Juni 2002 IX B 74/01, BFH/NV 2002, 1331).

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b) Auch die Rüge der Klägerin, das FG habe gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) verstoßen, weil es keinen Beweis über den Zugang ihres Schreibens vom 19. Oktober 2004 erhoben habe, vermag eine Zulassung nicht zu begründen. Für eine schlüssige Rüge hätte die Klägerin ausführen müssen, inwiefern eine weitere Aufklärung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einem anderen Ergebnis hätte führen können und aus welchen Gründen sich dem FG unter Berücksichtigung seines Rechtsstandpunkts die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hätte aufdrängen müssen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 18. März 2004 VII B 53/03, BFH/NV 2004, 978; vom 28. Juli 2004 IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43, jeweils m.w.N.). Dies hat die Klägerin nicht getan. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Urteil des FG auf der unterlassenen Sachverhaltsaufklärung beruhen kann. Da das FG den Zugang des Schreibens vom 19. Oktober 2004 durchaus als möglich angesehen hat, es nach seinem materiell-rechtlichen Standpunkt jedoch nicht darauf ankam, wann und auf welche Weise die Familienkasse Kenntnis von dem Auszug des T erlangt hatte, erübrigte sich eine diesbezügliche Sachaufklärung.

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c) Schließlich lässt die Rüge der Klägerin keinen Verfahrensfehler des FG erkennen, das FG habe ihren Vortrag unberücksichtigt gelassen, dass die Familienkasse durch das Schreiben vom 28. Juni 2007 einen weiteren Umstand geschaffen habe, der sie habe darauf vertrauen lassen, dass keine Kindergeldzahlungen erfolgt seien. Insbesondere kann insoweit bereits deshalb kein Verstoß gegen die Überzeugungsbildung nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) vorliegen, weil die Familienkasse der Klägerin in diesem Schreiben lediglich mitgeteilt hat, die Zahlung des Kindergeldes werde bis zur Rückgabe der korrekt unterschriebenen Kontoänderungsmitteilung zur Vermeidung von falschen Zahlungen vorerst ausgesetzt. Vorliegend geht es indes um die Erstattung des für die Monate Januar 2005 bis Dezember 2006 sowie Juni 2007 ohne Rechtsgrund gezahlten Kindergeldes. Aus dem Inhalt des Schreibens vom 28. Juni 2007 konnte die Klägerin aber für die in der Vergangenheit liegenden Monate keinen Vertrauenstatbestand ableiten. Entgegen dem Vortrag der Klägerin hat die Familienkasse auch keineswegs "trotz des eigenen Schreibens vom 28. Juni 2007" Kindergeld weiter ausgezahlt und damit einen --wie die Klägerin meint-- ebenfalls vom FG "gänzlich unbeachteten Umstand" geschaffen. Vielmehr ist die letzte Auszahlung auf das Konto des T --entsprechend dem Schreiben vom 28. Juni 2007-- im Juni 2007 erfolgt. § 96 FGO gebietet auch nicht, sämtliche vorgebrachten, aber nicht für maßgeblich gehaltenen Argumente abzuhandeln (BFH-Beschluss vom 18. September 2006 VI B 76/05, BFH/NV 2006, 2301). Vielmehr ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass ein Gericht auch denjenigen Akteninhalt in Erwägung gezogen hat, mit dem es sich in den schriftlichen Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 2301, m.w.N.). Dass dies vorliegend auch tatsächlich der Fall war, ergibt sich schon daraus, dass das FG in der Darstellung des Tatbestandes auf den diesbezüglichen Vortrag der Klägerin eingegangen ist.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.