Bundesfinanzhof Beschluss, 26. Feb. 2014 - I S 24/13

bei uns veröffentlicht am26.02.2014

Tenor

1. Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 8. Oktober 2013 I B 109/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Der Tatbestand des Beschlusses I B 109/12 wird unter I. dahingehend berichtigt, dass der Kläger "Mitglied der Evangelischen Landeskirche in Baden" war und nicht "Mitglied der evangelisch-lutherischen Landeskirche in Baden".

3. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Gründe

1

Mit Beschluss vom 8. Oktober 2013 I B 109/12, BFH/NV 2014, 182 hat der angerufene Senat die Beschwerde des Klägers, Beschwerdeführers und Rügeführers (Kläger) wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 18. Juni 2012  10 K 3864/11 als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger wendet sich gegen den ihm am 17. November 2013 zugegangenen Beschluss mit der Anhörungsrüge. Der entsprechende Schriftsatz ist am 2. Dezember 2013 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen.

II.

2

Die Anhörungsrüge ist unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 133a Abs. 4 Satz 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs wurde im Beschwerdeverfahren nicht verletzt.

3

1. Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gewährleistet den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens das Recht, vor Gericht Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen. Dem entspricht die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen, sofern das Vorbringen nicht nach den Prozessvorschriften ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 11. Juli 2012 I S 8/12, BFH/NV 2012, 1813).

4

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, wenngleich es nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Der Umstand allein, dass sich die Entscheidungsgründe mit einem bestimmten Gesichtspunkt nicht ausdrücklich auseinandersetzen, rechtfertigt grundsätzlich nicht die Annahme, das Gericht habe den Gesichtspunkt unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör übergangen. Dieses Recht wird auch nicht dadurch verletzt, dass das Gericht der Rechtsansicht eines Beteiligten nicht folgt. Denn die Anhörungsrüge dient nicht dazu, die angegriffene Entscheidung in der Sache in vollem Umfang nochmals zu überprüfen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt daher nur dann vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26. März 2007 II S 1/07, BFH/NV 2007, 1094, m.w.N.; vom 30. August 2007 IX S 6/07, BFH/NV 2007, 2324).

5

2. Nach diesen Grundsätzen liegen im Streitfall keine Anhaltspunkte für eine Gehörsverletzung vor. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 8. Oktober 2013 die vom Kläger vorgebrachten Einwendungen umfassend geprüft.

6

a) Soweit der Kläger vorbringt, der Senat habe die Vergleichsberechnung zwischen der Kirchensteuer vom Einkommen und dem Kirchgeld in glaubensverschiedenen Ehen unbeachtet gelassen, kann dem nicht gefolgt werden.

7

Der Senat hat sich vielmehr erkennbar mit dem rechtlichen Verhältnis zwischen der Kircheneinkommensteuer auf der einen Seite und dem besonderen Kirchgeld auf der anderen Seite auseinandergesetzt. So hat der Senat insbesondere herausgearbeitet, dass die Kircheneinkommensteuer und das besondere Kirchgeld bereits auf unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen basieren. Hieraus hat der Senat sodann eine strikte Trennung zwischen der Kircheneinkommensteuer als Annexsteuer und dem besonderen Kirchgeld als eigenständige Steuer abgeleitet. Ausgehend von dieser Grundannahme konnte der Senat ein "Korrespondenzprinzip", wie es der Kläger für die Kircheneinkommensteuer steuerlich berücksichtigen will, als verfassungsrechtlich nicht geboten ansehen.

8

Der wiederholte Hinweis des Klägers auf die nach Art. 1 § 2 Abs. 2 des Kirchlichen Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsbuches der Evangelischen Landeskirche in Baden für die Jahre 2006 und 2007 (HHG 2006/2007) vom 19. Oktober 2005 (Gesetzes- und Verordnungsblatt der Evangelischen Landeskirche in Baden 2006, 97) vorzunehmende Vergleichsberechnung zwischen der Kirchensteuer vom Einkommen und dem Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe vermag daran (erneut) nichts zu ändern. Die strikte Trennung zwischen beiden Steuern, die im Übrigen bereits in § 5 Abs. 1 des Gesetzes über die Erhebung von Steuern durch öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften in Baden-Württemberg vom 15. Juni 1978 (Gesetz- und Verordnungsblatt Baden-Württemberg 1978, 369, BStBl I 1978, 403) hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, wird durch die Vergleichsberechnung nach Art. 1 § 2 Abs. 2 HHG 2006/2007 nicht aufgehoben. Im Gegenteil wird hierdurch die subsidiäre Funktion des Kirchgeldes gerade betont. Eine "Gesamtschau" von Kircheneinkommensteuer und besonderem Kirchgeld ist daher auch im Hinblick auf die vom Kläger hervorgehobene "verfassungsrechtliche Vergleichsperspektive" der Vergleichsberechnung nach Art. 1 § 2 Abs. 2 HHG 2006/2007 nicht zu entnehmen.

9

b) Soweit der Kläger sinngemäß vorträgt, der Senat habe lediglich Ausführungen aus dem Senatsurteil vom 8. April 1997 I R 68/96 (BFHE 183, 107, BStBl II 1997, 545) wiederholt, ohne sich mit den Ausführungen des Klägers, in denen sich dieser dezidiert mit der Argumentation des Senats in dieser Entscheidung auseinandersetzt, thematisch zu beschäftigen, ist ein Gehörsverstoß nicht erkennbar. Der Umstand allein, dass sich die Entscheidungsgründe mit einem bestimmten Gesichtspunkt nicht ausdrücklich auseinandersetzen, rechtfertigt --wie erläutert-- grundsätzlich nicht die Annahme, das Gericht habe den Gesichtspunkt unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör übergangen.

10

3. Auf Antrag des Klägers wird der Tatbestand des Beschlusses vom 8. Oktober 2013 I B 109/12 unter I. dahingehend berichtigt, dass der Kläger "Mitglied der Evangelischen Landeskirche in Baden" war und nicht "Mitglied der evangelisch-lutherischen Landeskirche in Baden" (§§ 108 Abs. 1, 113 Abs. 1 FGO).

11

4. Für diese Entscheidung wird eine Gebühr von 60 € erhoben (vgl. Anlage 1 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 23. Juli 2013, BGBl I 2013, 2586). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet (§ 139 Abs. 4 FGO).

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 139


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Aufwendungen der Fin

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 133a


(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn 1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2. das Gericht den Anspruch dieses

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 108


(1) Enthält der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten, so kann die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden. (2) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme durch Beschluss. Der Beschl

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Bundesfinanzhof Beschluss, 08. Okt. 2013 - I B 109/12

bei uns veröffentlicht am 08.10.2013

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war im Streitjahr (2006) Mitglied der Evangelischen Landeskirche in Baden (der Beigeladenen); seine Ehefrau, mit

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Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war im Streitjahr (2006) Mitglied der Evangelischen Landeskirche in Baden (der Beigeladenen); seine Ehefrau, mit der er zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurde, war konfessionslos. Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte in Höhe von 53.529 €, seine Ehefrau in Höhe von ./. 1.543 €.

2

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) erließ gegenüber dem Kläger einen Bescheid über evangelische Kircheneinkommensteuer und setzte diese zunächst auf 444,08 € fest. Im weiteren Verlauf wurde die Kircheneinkommensteuer auf nunmehr 258,96 € herabgesetzt. Als Bemessungsgrundlage wurde hierbei ausgehend von einem zu versteuernden Einkommen von 35.874 € unter Berücksichtigung eines Kinderfreibetrags von 5.808 €, der steuerfreien Halbeinkünfte des Klägers von 1.004 € und der Steuerermäßigung nach § 35a des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) von 117 € die Einkommensteuer unter Anwendung des Splittingtarifs mit 3.237 € errechnet. Der Anteil des Klägers an der gemeinschaftlichen Bemessungsgrundlage der Ehegatten wurde entsprechend § 19 Abs. 4 Satz 2 des Gesetzes über die Erhebung von Steuern durch öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften in Baden-Württemberg (KiStG BW) vom 15. Juni 1978 (Gesetz- und Verordnungsblatt Baden-Württemberg 1978, 369, BStBl I 1978, 403) nach dem Verhältnis der Steuerbeträge, die sich bei Anwendung der Einkommensteuergrundtabelle auf die Summe der Einkünfte eines jeden Ehegatten ergaben, im Streitfall mit 100 v.H. bestimmt.

3

Mit seiner dagegen erhobenen Klage wandte sich der Kläger gegen die Nichtberücksichtigung des ihm entstehenden Lebensführungsaufwands für die nicht kirchenangehörige Ehefrau; er begehrt die Minderung der festgesetzten Kirchensteuer um 96 €, dieser Betrag entspreche dem besonderen Kirchgeld bei glaubensverschiedenen Ehen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KiStG BW, das festgesetzt würde, wenn seine Ehefrau Alleinverdienerin wäre. Die Klage blieb erfolglos (Urteil des Finanzgerichts --FG-- Baden-Württemberg vom 18. Juni 2012  10 K 3864/11). Die Revision hat das FG nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger und macht sinngemäß geltend, die Aufteilungsregelung des § 19 Abs. 4 Satz 2 KiStG BW verstoße --aufgrund der Nichtberücksichtigung eines "negativen" besonderen Kirchgelds-- gegen das Gebot der Folgerichtigkeit sowie das Prinzip der Leistungsfähigkeit und damit gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG).

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde ist nicht begründet. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) liegen nicht vor. Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

5

Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist (so z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. März 2009 VI B 105/08, BFH/NV 2009, 1140). Wird die Verfassungswidrigkeit einer Norm geltend gemacht, so ist zur substantiierten Darlegung eine an den Vorgaben des Grundgesetzes sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) orientierte Auseinandersetzung erforderlich (BFH-Beschluss vom 4. Februar 2003 VIII B 182/02, BFH/NV 2003, 1059, m.w.N.). In der Beschwerdebegründung ist zu erläutern, gegen welche Verfassungsnormen die angewandte Rechtsnorm verstoßen soll; der geltend gemachte Verfassungsverstoß ist näher zu begründen. Dazu gehört insbesondere eine Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BFH (BFH-Beschlüsse vom 19. Dezember 2003 II B 152/02, BFH/NV 2004, 533; vom 31. Januar 2005 III B 59/04, BFH/NV 2005, 1081, m.w.N.). Es fehlt jedoch an der Klärungsbedürftigkeit, wenn die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist und nicht (erst) in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss (ständige Rechtsprechung z.B. BFH-Beschluss vom 3. November 2010 X B 101/10, BFH/NV 2011, 285; vgl. hierzu auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 28, m.w.N.).

6

a) Wenn der Kläger sinngemäß die Rechtsfrage formuliert, ob § 19 Abs. 4 KiStG BW insofern gegen das Gebot der Folgerichtigkeit und damit gegen das Gleichheitsgebot in Art. 3 GG verstößt, als in glaubensverschiedenen Ehen bei der Anteilsbemessung der Kircheneinkommensteuer der Lebensführungsaufwand des nicht-verdienenden Ehegatten (Nicht-Kirchenmitglied) beim alleinverdienenden Ehegatten (Kirchenmitglied) nicht berücksichtigt wird, im umgekehrten Fall aber (Alleinverdiener ist Nicht-Kirchenmitglied und nicht-verdienender Ehegatte ist Kirchenmitglied) das besondere Kirchgeld vom nicht-verdienenden Ehegatten als Kirchenmitglied erhoben wird und sich typisierend an dessen Lebensführungsaufwand bemisst, ist diese Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig. Die Rechtslage ist eindeutig.

7

b) Die für die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage im Wesentlichen maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind bereits durch die Rechtsprechung des BVerfG (vgl. insbesondere BVerfG-Beschluss vom 28. Oktober 2010  2 BvR 591/06, 2 BvR 1689/09, 2 BvR 2698/09, 2 BvR 2715/09, 2 BvR 148/10, 2 BvR 816/10, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2011, 98, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BVerfG) und des BFH (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 2005 I R 76/04, BFHE 211, 90, BStBl II 2006, 274, m.w.N.) geklärt. So hat das BVerfG hervorgehoben, dass zwar nicht das einkommensteuerrechtlich ermittelte Einkommen des nicht einer Kirche angehörenden Ehegatten, wohl aber der Lebensführungsaufwand des kirchenangehörigen Ehegatten den Gegenstand der Besteuerung bilden kann (vgl. BVerfG-Urteil vom 14. Dezember 1965  1 BvR 606/60, BVerfGE 19, 268, BStBl I 1966, 196). Wenn angesichts der Schwierigkeiten der Bestimmung des Lebensführungsaufwandes als Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des kirchenangehörigen Ehepartners dieser Aufwand nach dem gemeinsamen Einkommen der Ehegatten bemessen wird, ist hiergegen verfassungsrechtlich nichts einzuwenden (vgl. BVerfG-Beschluss in HFR 2011, 98, unter Hinweis auf Senatsurteil in BFHE 211, 90, BStBl II 2006, 274).

8

Diese Ausführungen des BVerfG beziehen sich allerdings auf das besondere Kirchgeld, das im Gegensatz zu Kirchensteuern, die als Zuschlagsteuer zur Einkommensteuer erhoben werden (Kircheneinkommensteuer), als eine eigenständige Steuer, die auf einem kircheneigenen Steuertarif beruht, erhoben wird (vgl. hierzu: Marré in Listl/Pirson, Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 1135; v. Campenhausen in v. Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, Kommentar, 6. Aufl., Art. 137 WRV Rz 541; Hammer, Rechtsfragen der Kirchensteuer, 2002, S. 327 ff. und 473 ff., m.w.N.). Den Ausführungen des BVerfG liegt damit erkennbar die Grundannahme einer strikten Trennung zwischen der Kircheneinkommensteuer als Annexsteuer und dem besonderen Kirchgeld als eigenständige Steuer zugrunde. Ein "Korrespondenzprinzip", wie es der Kläger für die Kircheneinkommensteuer steuerlich berücksichtigen will, liegt ihnen erkennbar nicht zugrunde. Denn mit dem besonderen Kirchgeld sollen Kirchenangehörige, deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sich durch eine Eheschließung im Hinblick auf das Einkommen des --konfessionslosen-- Ehegatten erhöht hat, und die mangels eigenen Einkommens im Sinne des Einkommensteuergesetzes kirchensteuerfrei bleiben würden, einer angemessenen Besteuerung unterworfen werden. Nur für diese Fallkonstellation orientiert sich das besondere Kirchgeld als eigenständige Steuer der Höhe nach an dem tatsächlichen Lebenszuschnitt des kirchensteuerpflichtigen Ehegatten und nach der Rechtsprechung des BVerfG als unbedenkliches Besteuerungsmerkmal am "Lebensführungsaufwand" des kirchenangehörigen Ehegatten (BVerfG-Urteil in BVerfGE 19, 268, BStBl I 1966, 196; ebenso: Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Februar 1977 VII C 48.73, BVerwGE 52, 104; Senatsbeschluss vom 22. Januar 2012 I B 18/01, BFH/NV 2002, 674, m.w.N.). Dies bedeutet, dass --entgegen den Ausführungen des Klägers in der Beschwerdeschrift-- es jedenfalls verfassungsrechtlich nicht geboten ist, den für das besondere Kirchgeld herangezogenen Besteuerungsmaßstab des Lebensführungsaufwandes "korrespondierend" auch auf die Kircheneinkommensteuer zu übertragen. Dies insbesondere auch deshalb nicht, weil sich im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten nach §§ 26, 26b EStG 2002 die Bemessungsgrundlage der Kircheneinkommensteuer bereits durch die Anwendung des Splitting-Verfahrens nach § 32a Abs. 5 EStG 2002 vermindert hat und hierdurch innerhalb der Erwerbs-, aber auch Verbrauchsgemeinschaft der Ehegatten im Ergebnis auch die gegenseitigen Unterhaltspflichten abgebildet werden. Die zusätzliche Berücksichtigung eines "Lebensführungsaufwandes" würde demgegenüber den "Sonderfall" der glaubensverschiedenen Ehe in der Konstellation des Streitfalls gegenüber konfessionsgleichen und konfessionsverschiedenen Ehen besser stellen. Dem kann nach Auffassung des Senats nicht mit der Beschwerde entgegengehalten werden, dass im Kirchensteuerrecht die glaubensverschiedene Ehe nicht als "Leistungsfähigkeitsgemeinschaft" zu verstehen sei. Diese Betrachtung mag --obwohl wie ausgeführt die Anwendung des Splitting-Verfahrens die Bemessungsgrundlage vermindert hat-- zutreffend sein, da sich der Gesetzgeber bei der Bemessungsgrundlage für glaubensverschiedene Ehen im Falle der Zusammenveranlagung für das Individualisierungsprinzip entschieden hat und gerade nicht jedem Ehegatten die Hälfte des gemeinsamen Einkommens bzw. der Einkommensteuer zurechnet, dies hat jedoch nicht die vom Kläger begehrte Rechtsfolge zur Konsequenz, dass eine Berücksichtigung des "Lebensführungsaufwandes" auch bei der Kircheneinkommensteuer verfassungsrechtlich geboten ist. Vergleicht man die Kirchensteuerbelastung konfessionsgleicher und konfessionsverschiedener Ehen einerseits und die glaubensverschiedener Ehen andererseits, so ist eine Ungleichbehandlung der Ehe als Leistungsfähigkeitsgemeinschaft nicht festzustellen. Sowohl die konfessionsgleiche oder konfessionsverschiedene Ehe als auch die glaubensverschiedene Ehe ist, sofern nur ein Ehegatte Einkünfte bezieht, mit Kirchensteuer in Höhe von 8 v.H. bzw. 9 v.H. der gemeinsamen Einkommensteuer belastet (vgl. insoweit auch Senatsurteil vom 8. April 1997 I R 68/96, BFHE 183, 107, BStBl II 1997, 545). Im Grunde möchte der Kläger als verheiratetes Kirchenmitglied besser als der Ehepartner einer konfessionsgleichen oder konfessionsverschiedenen Ehe gestellt werden. Verfassungsrechtlich besteht hierfür keine Handhabe.

(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(6) § 131 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Enthält der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten, so kann die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden.

(2) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme durch Beschluss. Der Beschluss ist unanfechtbar. Bei der Entscheidung wirken nur die Richter mit, die beim Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Der Berichtigungsbeschluss wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Ist das Urteil elektronisch abgefasst, ist auch der Beschluss elektronisch abzufassen und mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.