Bundesfinanzhof Beschluss, 10. Jan. 2018 - I R 45/16

ECLI:ECLI:DE:BFH:2018:B.100118.IR45.16.0
bei uns veröffentlicht am10.01.2018

Tenor

Nach Rücknahme der Klage wird das Verfahren mit der Maßgabe eingestellt, dass das erstinstanzliche Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 8. Juni 2016  2 K 1860/15 gegenstandslos ist.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen (§ 143 Abs. 1, § 136 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung).

Tatbestand

I.

1

Das Sächsische Finanzgericht hat in seinem klageabweisenden Urteil vom 8. Juni 2016  2 K 1860/15 die Revision zugelassen.

2

Der Senat hat in seiner Sitzung vom 25. Oktober 2017 über die Revision der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) beraten. Er hielt die Revision einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten wurden gemäß § 126a Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) angehört.

3

Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 29. November 2017 "die Klage zurückgenommen und hilfsweise die Revision".

4

Der Schriftsatz wurde dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) unter Hinweis auf die Regelung des § 72 Abs. 1 Satz 3 FGO zugestellt. Das FA hat daraufhin erklärt, dass es "der Rücknahme der Revision" zustimme.

Entscheidungsgründe

II.

5

1. Das Verfahren ist gemäß § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO durch Beschluss in der Besetzung von drei Richtern (§ 10 Abs. 3 FGO) einzustellen, nachdem die Klägerin wirksam die Klage zurückgenommen hat. Das Urteil der Vorinstanz ist gegenstandslos.

6

a) Da die Klagerücknahme im Hauptantrag erklärt wurde und sie weiterreichende Folgen hat als eine Revisionsrücknahme (Verlust der Klage gemäß § 72 Abs. 2 Satz 1 FGO und Wegfall des erstinstanzlichen Urteils, vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Juli 1998 III B 45/98, BFH/NV 1999, 318; Gräber/Herbert, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 72 Rz 2), war im Streitfall nicht nach § 125 FGO (Revisionsrücknahme), sondern nach § 72 FGO zu verfahren.

7

b) Die Klagerücknahme war auch wirksam, weil die gemäß § 72 Abs. 1 Satz 2 FGO erforderliche Einwilligung des FA vorlag.

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Es kann hierbei dahinstehen, ob das FA in seinem Schriftsatz vom 20. Dezember 2017 tatsächlich "der Rücknahme der Revision" zugestimmt hat oder ob die Formulierung auf einem Versehen beruht und eine Zustimmung zur Klagerücknahme erklärt werden sollte. Im letztgenannten Fall läge positiv die von § 72 Abs. 1 Satz 2 FGO vorausgesetzte (z.B. Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 72 FGO Rz 21) Einwilligung vor. Im erstgenannten Fall läge eine --wegen § 125 Abs. 1 Satz 2 FGO ohnehin entbehrliche und wegen der im Hauptantrag erklärten Klagerücknahme ins Leere gehende-- prozessuale Erklärung zu einer Revisionsrücknahme vor, nicht aber eine Äußerung zu der im Streitfall erklärten Klagerücknahme. Gibt der Beklagte aber zu einer Klagerücknahme innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des Klagerücknahmeschriftsatzes keine Widerspruchserklärung ab, dann gilt die Zustimmung zur Klagerücknahme als erteilt (§ 72 Abs. 1 Satz 3 FGO). Die Zustimmungsfiktion ist im Streitfall eingetreten; auf diese Folge hat der Senat das FA auch hingewiesen (§ 72 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 FGO).

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2. Über die Kosten war --entgegen § 144 FGO-- im Beschluss mitzuentscheiden, weil mit dem erstinstanzlichen Urteil auch die darin getroffene Kostenentscheidung weggefallen ist.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 143


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden. (2) Wird eine Sache vom Bundesfinanzhof an das Finanzgericht zurückverwiesen, so kann diesem die Entscheid

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 136


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 126a


Der Bundesfinanzhof kann über die Revision in der Besetzung von fünf Richtern durch Beschluss entscheiden, wenn er einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu höre

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 72


(1) Der Kläger kann seine Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, bei Verzicht auf die mündliche Verhandlung und nach Ergehen eines Gerichtsbescheides ist die Rücknahme nur mit Einwilligung des Bek

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 125


(1) Die Revision kann bis zur Rechtskraft des Urteils zurückgenommen werden. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, bei Verzicht auf die mündliche Verhandlung und nach Ergehen eines Gerichtsbescheides ist die Rücknahme nur mit Einwilligung des Revi

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 10


(1) Der Bundesfinanzhof besteht aus dem Präsidenten und aus den Vorsitzenden Richtern und weiteren Richtern in erforderlicher Anzahl. (2) Beim Bundesfinanzhof werden Senate gebildet. § 5 Abs. 2 Satz 2 gilt sinngemäß. (3) Die Senate des Bundesfinanz

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 144


Ist ein Rechtsbehelf seinem vollen Umfang nach zurückgenommen worden, so wird über die Kosten des Verfahrens nur entschieden, wenn ein Beteiligter Kostenerstattung beantragt.

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(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden.

(2) Wird eine Sache vom Bundesfinanzhof an das Finanzgericht zurückverwiesen, so kann diesem die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen werden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

Der Bundesfinanzhof kann über die Revision in der Besetzung von fünf Richtern durch Beschluss entscheiden, wenn er einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Der Beschluss soll eine kurze Begründung enthalten; dabei sind die Voraussetzungen dieses Verfahrens festzustellen. § 126 Abs. 6 gilt entsprechend.

(1) Der Kläger kann seine Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, bei Verzicht auf die mündliche Verhandlung und nach Ergehen eines Gerichtsbescheides ist die Rücknahme nur mit Einwilligung des Beklagten möglich. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(1a) Soweit Besteuerungsgrundlagen für ein Verständigungs- oder ein Schiedsverfahren nach einem Vertrag im Sinne des § 2 der Abgabenordnung von Bedeutung sein können, kann die Klage hierauf begrenzt zurückgenommen werden. § 50 Abs. 1a Satz 2 gilt entsprechend.

(2) Die Rücknahme hat bei Klagen, deren Erhebung an eine Frist gebunden ist, den Verlust der Klage zur Folge. Wird die Klage zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluss ein. Wird nachträglich die Unwirksamkeit der Klagerücknahme geltend gemacht, so gilt § 56 Abs. 3 sinngemäß.

(1) Der Bundesfinanzhof besteht aus dem Präsidenten und aus den Vorsitzenden Richtern und weiteren Richtern in erforderlicher Anzahl.

(2) Beim Bundesfinanzhof werden Senate gebildet. § 5 Abs. 2 Satz 2 gilt sinngemäß.

(3) Die Senate des Bundesfinanzhofs entscheiden in der Besetzung von fünf Richtern, bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung in der Besetzung von drei Richtern.

(1) Der Kläger kann seine Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, bei Verzicht auf die mündliche Verhandlung und nach Ergehen eines Gerichtsbescheides ist die Rücknahme nur mit Einwilligung des Beklagten möglich. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(1a) Soweit Besteuerungsgrundlagen für ein Verständigungs- oder ein Schiedsverfahren nach einem Vertrag im Sinne des § 2 der Abgabenordnung von Bedeutung sein können, kann die Klage hierauf begrenzt zurückgenommen werden. § 50 Abs. 1a Satz 2 gilt entsprechend.

(2) Die Rücknahme hat bei Klagen, deren Erhebung an eine Frist gebunden ist, den Verlust der Klage zur Folge. Wird die Klage zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluss ein. Wird nachträglich die Unwirksamkeit der Klagerücknahme geltend gemacht, so gilt § 56 Abs. 3 sinngemäß.

(1) Die Revision kann bis zur Rechtskraft des Urteils zurückgenommen werden. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, bei Verzicht auf die mündliche Verhandlung und nach Ergehen eines Gerichtsbescheides ist die Rücknahme nur mit Einwilligung des Revisionsbeklagten möglich.

(2) Die Zurücknahme bewirkt den Verlust des eingelegten Rechtsmittels.

(1) Der Kläger kann seine Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, bei Verzicht auf die mündliche Verhandlung und nach Ergehen eines Gerichtsbescheides ist die Rücknahme nur mit Einwilligung des Beklagten möglich. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(1a) Soweit Besteuerungsgrundlagen für ein Verständigungs- oder ein Schiedsverfahren nach einem Vertrag im Sinne des § 2 der Abgabenordnung von Bedeutung sein können, kann die Klage hierauf begrenzt zurückgenommen werden. § 50 Abs. 1a Satz 2 gilt entsprechend.

(2) Die Rücknahme hat bei Klagen, deren Erhebung an eine Frist gebunden ist, den Verlust der Klage zur Folge. Wird die Klage zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluss ein. Wird nachträglich die Unwirksamkeit der Klagerücknahme geltend gemacht, so gilt § 56 Abs. 3 sinngemäß.

Ist ein Rechtsbehelf seinem vollen Umfang nach zurückgenommen worden, so wird über die Kosten des Verfahrens nur entschieden, wenn ein Beteiligter Kostenerstattung beantragt.