Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 20. März 2019 - 8 BV 17.862

bei uns veröffentlicht am20.03.2019
vorgehend
Verwaltungsgericht München, M 24 K 10.4619, 27.09.2012

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Das Vorbehaltsurteil vom 21. April 2015 wird für vorbehaltlos erklärt.

II. Die Beklagte trägt die weiteren Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Das Urteil ist wegen der weiteren Kosten vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über Zahlungsansprüche im Zusammenhang mit der Herstellung dreier neuer Kreuzungen von Eisenbahnstrecken und Bundesfernstraßen.

Die Klägerin und die Beklagte, vertreten durch den Beigeladenen, dieser vertreten durch die Autobahndirektion Südbayern, haben über die Herstellung der Kreuzungen der Bahnstrecke München - Herrsching mit der Bundesautobahn (BAB) A 99 und der Bahnstrecke München-Ost - Simbach mit der BAB A 94 jeweils eine Kreuzungsvereinbarung getroffen, aus denen die Klägerin die Zahlung von 1.332.744,20 Euro nebst Zinsen begehrt. Die Hauptforderung ist unstreitig.

Die Beklagte hat mit einer dem Grunde und der Höhe nach streitigen Schadensersatzforderung aus einer weiteren Kreuzungsvereinbarung zwischen denselben Beteiligten vom 31. August 2000 bzw. 6. Februar 2001 betreffend das Kreuzungsbauwerk Aubing (im Folgenden: KV) aufgerechnet. An der Kreuzung Aubing wurden zwei Gleise der DB-Strecke München - Augsburg und zwei Gleise der S-Bahn-Strecke München - Nannhofen mithilfe eines gemeinsamen Bauwerks über die BAB A 99 geführt. Die Vereinbarung sieht vor, dass die Klägerin in einem ersten Bauabschnitt den Neubau der Eisenbahnüberführung, die Beklagte in einem zweiten Bauabschnitt den Neubau einer Grundwasserwanne als Teilbauwerk des Autobahntunnels durchgeführt (§ 2 Abs. 1 KV). Die kreuzungsbedingten Kosten werden von der Beklagten getragen (§ 5 Abs. 2 KV). Die Beklagte macht zur Begründung ihrer Schadensersatzforderung geltend, die von der Klägerin beauftragte A. (im Folgenden: A. GmbH) habe die Eisenbahnüberführung mangelhaft ausgeführt, wodurch ihr Mängelbeseitigungskosten in einer die Hauptforderung übersteigenden Höhe entstanden seien.

Das Verwaltungsgericht München hat die Klage, soweit sie sich gegen die Beklagte richtet, mit Urteil vom 27. September 2012 abgewiesen. Den nach gerichtlichem Hinweis ebenfalls beklagten Beigeladenen hat es verurteilt, an die Klägerin 1.332.744,20 Euro zu zahlen; hinsichtlich der Zinsen hat es die Klage abgewiesen.

Mit Vorbehaltsurteil vom 21. April 2015 (Az. 8 BV 12.2488) hat der Senat die Beklagte unter Änderung des Ersturteils verurteilt, an die Klägerin 1.332.744,20 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Die Anschlussberufung der Beklagten hat er zurückgewiesen. Das Urteil ist unter dem Vorbehalt der Entscheidung über die Wirksamkeit der Aufrechnung der Beklagten mit einer den Betrag der Hauptforderung zuzüglich Verzugszinsen übersteigenden Gegenforderung wegen Schadensersatzes betreffend die Errichtung des Kreuzungsbauwerks Aubing ergangen. Das Verfahren gegen den Beigeladenen als Beklagten hat der Senat abgetrennt und dessen Ruhen angeordnet.

Die gegen das Vorbehaltsurteil erhobene Revision der Klägerin, soweit es nicht als End-, sondern als Vorbehaltsurteil erlassen wurde, hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 9. Februar 2017 zurückgewiesen (Az. 3 C 9.15).

Im Nachverfahren trägt die Klägerin vor, der Beklagten stehe keine aufrechenbare Gegenforderung aus §§ 280, 278 BGB infolge von der A. GmbH verschuldeter mängelbedingter Mehraufwendungen zu. Da sie der Beklagten keine mangelfreie Errichtung der Eisenbahnüberführung geschuldet habe, sei die A. GmbH nicht in ihrem Pflichtenkreis tätig geworden. Die Klägerin habe vertraglich nur die Baudurchführung, nicht aber die Bauausführung übernommen. Dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 KV und der „Richtlinie über das Verfahren bei der Baudurchführung und Abrechnung von Maßnahmen nach dem EKrG“ sei zu entnehmen, dass ihr die Baudurchführung allein aus technischen Gründe der Sachnähe zugewiesen worden sei; Veranlasser und alleiniger Träger von Kosten und Risiken für die gesamte Kreuzungsanlage sei die Beklagte geblieben. Es widerspräche dem Grundgedanken wirtschaftlichen Handelns, freiwillig und (faktisch) unentgeltlich millionenschwere Haftungsrisiken für ein fremdes Bauwerk zu übernehmen. Auch nach der seit Jahrzehnten gelebten Verwaltungspraxis hafte der Baudurchführende - vorbehaltlich einer ausdrücklichen anderen Vereinbarung - nur für Mehrkosten, die aus einer pflichtwidrigen Wahrnehmung seiner Bauherrenaufgaben (z.B. mangelnde Aufsicht, fehlerhafte Vergabeunterlagen, Schäden durch Fristversäumnisse etc.) resultierten. Derartige Pflichtverletzungen, für die sie nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 der 1. EKrV nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit einstehen müsse, seien nicht ersichtlich. Ein Fehlverhalten des Planungsbüros S. (im Folgenden: S.) sei ihr nicht zuzurechnen, weil die Beklagte die Vergabeleistungen selbst beauftragt und dem Planungsbüro zudem die Koordination und Projektsteuerung für beide Bauwerke übertragen habe. Auf die Verletzung von Bauherrenpflichten gestützte Ansprüche seien auch längst verjährt. Ergänzend hat die Klägerin Stellungnahmen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 17. Februar 2016 und des Vertreters des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht vom 15. April 2016 vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Vorbehaltsurteil vom 21. April 2015 für vorbehaltlos zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

das Vorbehaltsurteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 21. April 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Dass die Klägerin nicht nur die Erfüllung bestimmter Bauherrenaufgaben, sondern die Errichtung einer mangelfreien Eisenbahnüberführung schuldete, stehe rechtskräftig fest, nachdem das Bundesverwaltungsgericht die entsprechende Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs gebilligt habe. Abgesehen davon sollten sich die übertragenen Leistungen nach dem Erklärungswillen der Kreuzungsbeteiligten nicht nur auf die Übernahme von Bauherrenaufgaben beschränken. Aus der Kreuzungsvereinbarung ergebe sich nicht, dass die Klägerin bloßer Empfänger von Erklärungen im Vertragsverhältnis zum ausführenden Unternehmer sein sollte. Dass aus der Kreuzungsvereinbarung werkvertragliche, erfolgsbezogene Leistungen geschuldet seien, ergebe sich aus der Verbindung beider Bauwerke (§ 8 Abs. 6 KV), dem Erfordernis der gemeinsamen Abnahme (§ 4 Abs. 5 KV), der Verrechnung von Verwaltungskosten (§ 5 Abs. 5 Satz 2 KV) sowie aus den an Bauverträgen angelehnten Zahlungsregelungen (§ 5 Abs. 7, § 6 KV). Bei einer Kreuzungsvereinbarung handle es sich nicht um ein faktisch unentgeltliches Gemeinschaftsverhältnis mit der Folge, dass die anteilige Baudurchführung freiwillig übernommen würde; dies belege bereits die Verpflichtung zur Zahlung einer Verwaltungspauschale. Die „Sach- und Fachnähe“ des bauausführenden Kreuzungsbeteiligten rechtfertige keine Freihaltung von allen Risiken. Die Klägerin habe nach § 278 BGB für das Verschulden der bauausführenden A. GmbH bzw. des von dieser in statischer Hinsicht eingeschalteten Ingenieurbüros L. (im Folgenden: L.) einzustehen. Dass die A. GmbH Mängel verursacht habe, die auf zumindest fahrlässigem Verhalten und einer zumindest fahrlässigen Außerachtlassung der gebotenen anerkannten Regeln der Technik beruhten, habe der Sachverständige im Zivilverfahren vor dem Landgericht München I (Az. 24 O 12221/07) festgestellt. Abgesehen davon habe die Klägerin im Rahmen der Ausschreibung ihre Bauherrenpflicht verletzt, weil im Leistungsverzeichnis der notwendige Hinweis auf den Anbau von Verbundmittel an die Stahlprofile gefehlt habe. Weitere Verletzungen der Bauherrenpflicht ergäben sich aus der verspäteten Übergabe der Bestandspläne und dem Nichteinschreiten trotz statischer Instabilität mit der Anordnung durch das Eisenbahnbundesamt am 18. Februar 2003.

Bezüglich der von der Beklagten als mangelhaft gerügten Bauleistungen der A. GmbH ist beim Landgericht München I ein Zivilverfahren zwischen der Klägerin und der A. GmbH anhängig (Az. 24 O 12221/07), das nach Unterbrechung wegen Insolvenz der A. GmbH zwischenzeitlich wieder aufgenommen wurde. Mit Beschluss vom 11. Dezember 2018 hat das Landgericht das Zivilverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung in diesem Verwaltungsrechtsstreit ausgesetzt.

Der Senat hat am 29. Januar 2019 mündlich verhandelt. Auf weitere mündliche Verhandlung haben die Beteiligten verzichtet.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlungen am 29. Januar 2019 und 5. März 2015 auf die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Gründe

Die Berufung, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden kann, hat Erfolg. Das Vorbehaltsurteil vom 21. April 2015 ist unter Wegfall des Vorbehalts aufrechtzuerhalten. Die Beklagte kann im Wege der Aufrechnung keine Gegenforderung auf Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1, 278 BGB infolge der Verletzung einer aus der Kreuzungsvereinbarung bestehenden Pflicht der Klägerin geltend machen.

A. Eine Kreuzungsvereinbarung nach § 5 Abs. 1 EKrG ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, auf den die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts über die Verantwortlichkeit des Schuldners für die Verletzung von Pflichten aus dem Schuldverhältnis entsprechend anwendbar sind. Zwischen den Kreuzungsbeteiligten besteht eine rechtliche Sonderverbindung, die ein Schuldverhältnis (§ 241 Abs. 1 BGB) begründet (vgl. BGH, U.v. 11.1.2007 - III ZR 294/05 - UPR 2007, 146 = juris Rn. 8).

Hat der zur Baudurchführung verpflichtete Kreuzungsbeteiligte seine Pflichten aus der Kreuzungsvereinbarung verletzt und dies auch zu vertreten, kann der Kostenpflichtige die Mehraufwendungen nach § 62 Satz 2 VwVfG i.V.m. §§ 280, 278 BGB von ihm als Schaden ersetzt verlangen (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2017 - 3 C 9.15 - UPR 2017, 305 = juris Rn. 20). § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB knüpft den Schadensersatzanspruch an eine Pflichtverletzung, d.h. an ein objektives Zurückbleiben der Wirklichkeit hinter dem „Pflichtenprogramm des Schuldverhältnisses“ (vgl. BT-Drs. 14/6040 S. 134). Die Prüfung der Pflichtverletzung beruht gedanklich auf zwei Schritten. Zunächst ist der Inhalt des Schuldverhältnisses (Primärpflicht) zu ermitteln, bevor das „Zurückbleiben“ von Soll und Ist erfasst wird (vgl. Schwarze in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 280 Rn. C 2, 3). Bei einer auf den Erfüllungserfolg ausgerichteten Leistungspflicht liegt die Pflichtverletzung bereits im Nichteintritt des Leistungserfolgs (vgl. Ernst in Münchener Kommentar zum BGB, Band 2, 7. Aufl. 2016, § 280 Rn. 18; Grüneberg in Palandt, BGB, 78. Aufl. 2019, § 280 Rn. 12).

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EKrG sollen die Kreuzungsbeteiligten Vereinbarungen u.a. über die Durchführung von Maßnahmen treffen. Der Begriff der „Durchführung“ kann entweder nur die Wahrnehmung bestimmter Bauherrenaufgaben oder aber auch die Errichtung einer mangelfreien Kreuzungsbauwerks umfassen (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2017 - 3 C 9.15 - UPR 2017, 305 = juris Rn. 15). Wie der Begriff der „Durchführung“ in der jeweiligen Kreuzungsvereinbarung zu verstehen ist, muss durch Auslegung ermittelt werden (§ 62 Satz 2 VwVfG i.V.m. §§ 133, 157 BGB).

B. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht aufgrund des rechtskräftigen Vorbehaltsurteils nicht bereits bindend fest, dass die Klägerin der Beklagten als Baudurchführende die Errichtung eines mangelfreien Bauwerks geschuldet hat.

1. Im Vorbehaltsurteil vom 21. April 2015 hat der Senat die Zulässigkeit der Aufrechnung bejaht; an diese Feststellung ist er im Nachverfahren nach § 121 VwGO gebunden (vgl. BGH, U.v. 7.12.1978 - III ZR 140/76 - NJW 1979, 1046 = juris Rn. 31 zu § 318 ZPO; Feskorn in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 302 Rn. 7; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 77. Aufl. 2019, § 302 Rn. 13). Ob der Senat darüber hinaus einzelne Voraussetzungen der Gegenforderung - hier die Vertragspflicht der Klägerin, eine mangelfreie Eisenbahnüberführung zu errichten -, mit bindender Wirkung für das Nachverfahren hätte feststellen können (so Musielak in Münchener Kommentar zur ZPO, Band 1, 5. Aufl. 2016, § 302 Rn. 4; offengelassen BVerwG, U.v. 9.2.2017 - 3 C 9.15 - UPR 2017, 305 = juris Rn. 17), kann dahinstehen, weil dies tatsächlich nicht geschehen ist. Das Vorbehaltsurteil vom 21. April 2015 verhält sich hierzu nicht; dies hat das Revisionsgericht bestätigt (vgl. dort UA Rn. 17). Es setzt sich - wie auch die Beteiligten in dieser Phase des Verfahrens - nicht eingehend mit der Rechtsfrage auseinander, wie der in der Kreuzungsvereinbarung verwendete Begriff der „Baudurchführung“ zu interpretieren ist. Dass die Gegenforderung nicht zur Entscheidung reif ist, begründet es nur beispielhaft („insbesondere“) mit dem tatsächlichen Klärungsbedarf hinsichtlich der Schadenspositionen und des Verschuldens der A. GmbH (vgl. UA Rn. 49, 58, 63). In rechtlicher Hinsicht konstatiert es nicht, dass ein Gegenanspruch aus §§ 280, 278 BGB infolge eines Verschuldens der A. GmbH besteht; vielmehr wird in den Vordergrund gestellt, dass ein solcher Anspruch jedenfalls nicht aus spezifisch kreuzungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen ist (vgl. UA Rn. 49). Im Übrigen diente der Hinweis auf die Möglichkeit, den Vertrag zur Vermeidung von Haftungsrisiken mit dem Bauunternehmer im Namen des Kostenverpflichteten zu schließen (vgl. UA Rn. 57), der Auslegung des § 1 Abs. 2 Nr. 3 der 1. EKrV und nicht der Auslegung der Kreuzungsvereinbarung. Die Erwartung der Beklagten, das Vorbehaltsurteil habe ein „gewisses Maß an Substanz“ der Gegenforderung vorausgesetzt, vermag hieran nichts zu ändern.

2. Im Übrigen ist schon deshalb nicht anzunehmen, die Verpflichtung der Klägerin zur Errichtung einer mangelfreien Eisenbahnüberführung stehe rechtskräftig fest, weil das Revisionsgericht dem Vorbehaltsurteil eine solche Feststellung nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnommen hat (vgl. UA Rn. 17). An diese revisionsgerichtliche Interpretation ist der Senat im Nachverfahren gebunden, selbst wenn er hierzu - wie nicht - eine andere Auffassung verträte. Andernfalls wäre die Vertragsauslegung durch den Senat von vornherein der - wenn auch als Aufgabe der Tatsachenfeststellung bzw. -würdigung beschränkten (vgl. BVerwG, U.v. 28.5.2015 - 3 C 1.15 - NVwZ 2016, 152 = juris Rn. 17) - revisionsgerichtlichen Überprüfung entzogen. Die Aussage des Revisionsurteils, dass eine solche Auslegung der Kreuzungsvereinbarung - genauso wie das gegenteilige Auslegungsergebnis - mit Bundesrecht vereinbar wäre (vgl. UA Rn. 15 f.), vermag die erforderliche Feststellung bzw. Würdigung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht nicht zu ersetzen.

C. Die Klägerin hat sich mit der gegenständlichen Kreuzungsvereinbarung nicht verpflichtet, eine mangelfreie Eisenbahnüberführung (Werkerfolg) herzustellen.

1. Der Vertragsinhalt der Kreuzungsvereinbarung, die einen öffentlich-rechtlichen Vertrag darstellt, ist anhand der zu §§ 133, 157 BGB entwickelten Auslegungsregeln zu ermitteln. Maßgeblich ist der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (vgl. BVerwG, B.v. 9.3.2016 - 3 B 23.15 - ZMGR 2016, 187 = juris Rn. 6; U.v. 20.3.2003 - 2 C 23.02 - DVBl 2003, 1550 = juris Rn. 23; vgl. auch Bonk/Neumann/Siegel in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 62 Rn. 28). Ausgehend vom Wortlaut der Vereinbarung sind der mit ihr verfolgte Zweck, die beiderseitige Interessenlage und die Begleitumstände einzubeziehen, die Rückschlüsse auf den Erklärungswillen der Beteiligten zulassen (vgl. BayVGH, B.v. 20.11.2018 - 8 ZB 18.2125 - juris Rn. 10; BGH, U.v. 27.4.2016 - VIII ZR 61/15 - NJW-RR 2016, 910 = juris Rn. 27; Tegethoff in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 62 Rn. 11a). Dabei verlangt das Schriftformerfordernis nach § 57 VwVfG, dass sich aus dem Inhalt der Vertragsurkunde selbst ein zureichender Anhaltspunkt für die Auslegung ergibt, d.h. der erklärte Wille darf nicht ausschließlich anhand außerhalb der Vertragsurkunde liegender Umstände ermittelt werden (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.1989 - 7 C 6.88 - NVwZ 1990, 665 = juris Rn. 18; Mann in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2014, § 62 Rn. 34). Behördliche Willenserklärungen sind bei Unklarheiten im Zweifelsfall gesetzeskonform auszulegen (vgl. BayVGH, U.v. 28.9.2010 - 12 B 09.2955 - juris Rn. 19 m.w.N.; Gurlit in Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, § 28 Rn. 9).

2. Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist nicht erkennbar, dass sich die Klägerin als „baudurchführende“ Kreuzungsbeteiligte zur Herstellung einer mangelfreien Eisenbahnüberführung verpflichtet und damit für den Bund als Träger der Straßenbaulast und Kreuzungsveranlasser das Insolvenzrisiko der A. GmbH übernommen hat.

2.1 Die Beteiligten haben in § 4 Abs. 1 KV vereinbart, dass die Klägerin die Maßnahme Neubau der Eisenbahnüberführung (§ 2 Abs. 1 Buchst. a KV) „durchführt“ (Satz 1) und der Baudurchführende für die Ausschreibung, Vergabe und Vertragsabwicklung mit dem Unternehmer zuständig ist (Satz 2). Diese Formulierung entspricht § 4 Abs. 1 des mit Allgemeinem Rundschreiben Straßenbau (ARS) Nr. 2/74 des Bundesministeriums für Verkehr vom 2. Januar 1974 eingeführten Musters für Vereinbarungen über Kreuzungsmaßnahmen gemäß §§ 5, 11, 12, 13 EKrG (VkBl S. 81 - inzwischen abgelöst durch ARS Nr. 2/2015 vom 20.1.2015, VkBl S. 101). Sie korreliert mit der Vorgabe in § 5 Abs. 1 Satz 1 EKrG, wonach die Kreuzungsbeteiligten u.a. über die „Durchführung“ von Maßnahmen Vereinbarungen treffen sollen.

2.2 Der in der Kreuzungsvereinbarung verwendete Begriff der „Durchführung“ der Maßnahme ist nach seinem Wortlaut nicht eindeutig. Die Beteiligten könnten damit nur die Übernahme bestimmter Bauherrenaufgaben (z.B. Ausschreibung, Vergabe und Vertragsabwicklung mit dem Unternehmer, vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 KV) oder aber die Bauausführung mit einer Einstandspflicht für die Errichtung eines mangelfreien Bauwerks gemeint haben. Beide Auslegungsmöglichkeiten wären mit Bundesrecht vereinbar (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2017 - 3 C 9.15 - UPR 2017, 305 = juris Rn. 15 f.).

2.3 In der vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) beschriebenen ständigen Verwaltungspraxis (vgl. S. 33 ff. der Gerichtsakte), die der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht bestätigt hat, wird unter dem Begriff der „Durchführung“ nur die Übertragung von Bauherrenaufgaben verstanden, die ohne die Vereinbarung vom Baulastträger der Bundesfernstraße zu erbringen wären. Zu diesen übertragenen Bauherrenaufgaben zählen vor allem die Erstellung der Vergabeunterlagen, die Durchführung des Vergabeverfahrens und die Vertragsabwicklung mit dem Unternehmer einschließlich notwendiger Gerichtsverfahren. Nicht der Verwaltungspraxis entspreche eine Auslegung der Musterverträge, wonach mit der „Baudurchführung“ die Erbringung der Bauleistung auf den anderen Kreuzungsbeteiligten übertragen wird (so auch Marschall/Schweinsberg, EKrG, 6. Aufl. 2018, § 1 der 1. EKrV Rn. 47); eine derartige Haftung widerspräche auch der Verwaltungspraxis im Rahmen der Gewährung des Staatsdrittels bei Maßnahmen an Bahnübergängen (§§ 3,13 EKrG). In der Konsequenz hat das BMVI angekündigt, seine Vereinbarungsmuster (vgl. ARS Nr. 2/2015 vom 20.1.2015, VkBl S. 101) zu ändern, falls eine dieser Verwaltungspraxis widersprechende Auslegung höchstrichterlich bestätigt würde (vgl. S. 3 des Schreibens vom 17.2.2016).

2.4. Ein Verpflichtungswille der Klägerin, entgegen dieser Verwaltungspraxis für die Mangelfreiheit des Bauwerks einzustehen, lässt sich weder dem Wortlaut der Kreuzungsvereinbarung noch den Regelungen, auf die sie verweist, entnehmen.

2.4.1 Der Vereinbarung und den Richtlinien über das Verfahren bei der Bauausführung und Abrechnung von Maßnahmen nach dem EKrG vom 27. März 1969 (VkBl S. 550, im Folgenden „Richtlinien“), deren Anwendung die Beteiligten in § 8 Abs. 3 KV vereinbart haben, liegt zugrunde, dass ein nicht kostenpflichtiger Baudurchführender in aller Regel nur Bauherrenaufgaben übernimmt. Solche sind im Wesentlichen die Ausschreibung, Vergabe und Vertragsabwicklung mit dem Unternehmer (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 KV) bzw. die Ausschreibung, Vergabe, Baudurchführung und Abrechnung von Unternehmerleistungen (vgl. Nr. 1.1 Satz 1 der Richtlinien). Der Baudurchführende erteilt die Aufträge im eigenen Namen und hat dafür einzustehen, dass die zur Durchführung der Maßnahme bereitgestellten Mittel zweckentsprechend und wirtschaftlich verwendet werden (vgl. Nr. 1.1 Satz 2 der Richtlinien). Gegen eine - weit darüber hinausgehende - Einstandspflicht für den Werkerfolg spricht vor allem Nr. 1.6 der Richtlinien. Es liegt auf der Hand, dass ein Kreuzungsbeteiligter, der sich zur mangelfreien Herstellung eines Bauwerks verpflichtet, Ansprüche aus den im eigenen Namen geschlossenen Bauverträgen selbst geltend macht, ohne dass es hierzu einer klarstellenden Regelung zur Vertragsabwicklung bedürfte.

2.4.2 Auch die Tatsache, dass nach Fertigstellung des Bauwerks eine gemeinsame Abnahme durch beide Kreuzungsbeteiligten erfolgt (§ 4 Abs. 5 KV), spricht gegen die Eingehung einer vertraglichen Einstandspflicht für den Werkerfolg. Die Regelung bezieht sich nicht, wie die Beklagte offenbar meint, auf eine (interne) Abnahme des baudurchführenden an den nicht baudurchführenden Kreuzungsbeteiligten, sondern regelt deren gemeinsame Abnahme gegenüber dem bauausführenden Unternehmen (vgl. Nr. 1.6 der Richtlinien; vgl. inzwischen auch Nr. 3.3 Sätze 3 und 4 der Richtlinien für die Planung, Baudurchführung und Abrechnung von Maßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz vom 18.11.2014, VkBl S. 871, die nun - je nach Erhaltungspflicht - die Abnahme des Baudurchführenden nach gemeinsamer Begehung oder die Möglichkeit einer Teilnahme an der Abnahme für den nicht baudurchführenden Kreuzungsbeteiligten vorsehen). Hätte sich die Klägerin gegenüber der Beklagten zur mangelfreien Herstellung des Bauwerks verpflichtet, gäbe es keinen erkennbaren Grund, diesen in die Abnahme mit dem Auftragnehmer einzubeziehen.

2.4.3 Dass es der Klägerin als Baudurchführende freigestanden hätte, den Vertrag mit der A. GmbH nicht im eigenen Namen, sondern im Namen und auf Rechnung des kostenpflichtigen Beklagten abzuschließen (vgl. § 8 Abs. 3 KV i.V.m. Nr. 1.8 der Richtlinien), rechtfertigt keine andere Einschätzung. Diese Regelung ist - entsprechend der Verwaltungspraxis (vgl. 2.3) - nicht erkennbar darauf zugeschnitten, dem Baudurchführenden die Abwälzung von Haftungs- und Insolvenzrisiken infolge einer mangelhaften Bauausführung durch den Bauunternehmer (hier: A. GmbH) auf den Kostenpflichtigen zu ermöglichen. Stattdessen ist anzunehmen, dass diese es dem nicht kostenverpflichteten Beteiligten, der die Baumaßnahme nur aus technischen Gründen durchführt (vgl. Vorbemerkung der Richtlinien), ersparen soll, die Maßnahme selbst haushaltstechnisch abzuwickeln, indem er Unternehmerzahlungen vorstreckt und sich seine Zahlungen nach Abschluss der Baumaßnahme erstatten lässt.

2.5 Die Kreuzungsvereinbarung lehnt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch als „Gesamtkonstrukt“ nicht an einen Werkvertrag an. Hierfür fehlt es insbesondere an einem synallagmatischen Austauschverhältnis zwischen der Herbeiführung eines Arbeitserfolgs und einer Vergütung (vgl. Peters/Jacoby in Staudinger, BGB, § 631 Rn. 17; Sprau in Palandt, BGB, Einf. v. § 631 Rn. 1). Hinzu kommt, dass die Pauschalabgeltung der aufgewendeten Verwaltungskosten nach § 5 der 1. EKrV nicht als „echte“ Vergütung verstanden werden kann. Dass die seit 1964 unveränderte (vgl. BGBl vom 5.9.1964 S. 711) Pauschale von 10% der Grunderwerbs- und Baukosten auskömmlich ist, wird bestritten (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 6.4.2016 - OVG 12 B 13.14 - juris Rn. 36); in der Praxis wird hiervon häufiger abgewichen (vgl. Schreiben des BMVI vom 17.2.2016, S. 36 der Gerichtsakte). Die Verwaltungskostenpauschale ist insgesamt eher einem Aufwendungsersatz des Beauftragten (§ 670 BGB) als einer Vergütung des Werkherstellers (§ 631 BGB) vergleichbar.

Auch aus den Zahlungsbestimmungen (§ 5 Abs. 7, § 6 KV) lässt sich keine „Anlehnung“ an einen Werkvertrag entnehmen. Die Regelungen entsprechen § 5 Abs. 8 und § 6 der Mustervereinbarung vom 2. Januar 1974 (VkBl S. 81) und beruhen auf Vorgaben der Richtlinien vom 27. März 1969 (vgl. dort Nr. 1.2 und 1.5). Die Abschlagszahlungen sollen sicherstellen, dass der bauausführende Kreuzungsbeteiligte den Kostenanteil, der auf den anderen Beteiligten entfällt, nicht über Jahre vorfinanzieren muss (vgl. auch BVerwG, U.v. 12.6.2002 - 9 C 6.01 - BVerwGE 116, 312 = juris Rn. 35). Weshalb aus dem Abrechnungsverfahren, das eine gerechte Verteilung der wirtschaftlichen Belastungen aller Kreuzungsbeteiligter über oft längere Bauzeiträume sicherstellen will, zu schließen sein sollte, dass sich die Beteiligten zur Herbeiführung eines Werkerfolgs verpflichtet haben sollten, erschließt sich dem Senat nicht.

2.6 Aus der (statischen) Verbindung beider Kreuzungsbauwerke (vgl. § 8 Abs. 6 KV) lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten ebenfalls nicht ableiten, dass ein Werkerfolg versprochen wurde. Die Kreuzungsbeteiligten sind wegen der funktionalen Verzahnung ihrer Anlagen regelmäßig darauf angewiesen, beim Kreuzungsbau und danach arbeitsteilig zusammenzuwirken (vgl. BGH, U.v. 11.1.2007 - III ZR 294/05 - UPR 2007, 146 = juris Rn. 13). Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass die beiden (Teil-)Bauwerke hier besonders eng miteinander verflochten sind, was in § 8 Abs. 6 KV beschrieben wird. Allein hieraus ist aber nicht zu folgern, dass die Beteiligten gegenseitig für den Werkerfolg einstehen und sich nicht nur zu einer sorgfältigen Erfüllung u.a. der Baudurchführung verpflichten wollten (allgemein zur Abgrenzung vgl. Sprau in Palandt, Einf. v. § 631 Rn. 1; Mansel in Jauernig, BGB, 17. Aufl. 2018, § 631 Rn. 3). Im Übrigen wurde dem Erfordernis, die Bauteile des anderen Beteiligten auf die ankommenden Lasten zu bemessen (§ 8 Abs. 6 Satz 3 KV), offenbar auch dadurch Rechnung getragen, dass die Beklagte Planungsleistungen für beide Bauwerke an ein Planungsbüro vergeben hat (vgl. § 5 Abs. 5 Satz 2 KV).

2.7 Die Annahme, die Klägerin habe der Beklagten die mangelfreie Errichtung der Eisenbahnüberführung geschuldet, entspräche auch nicht der beiderseitigen Interessenslage und dem mit der Kreuzungsvereinbarung verfolgten Zweck (vgl. zu diesen Auslegungskriterien allgemein Ellenberger in Palandt, § 133 Rn. 18; Busche in Münchener Kommentar zum BGB, § 133 Rn. 63).

Die Klägerin hat mit dem Neubau der Eisenbahnüberführung kein originär eigenes Interesse verfolgt; das Bauwerk wurde allein durch den Autobahnneubau des Straßenbaulastträgers veranlasst (vgl. allgemein zum Veranlassungsprinzip Marschall/Schweinsberg, EKrG, Teil B Rn. 15). Sie hat die Baudurchführung übernommen, weil sie dafür die spezifische Fachkompetenz hat und um den reibungslosen Ablauf des Eisenbahnbetriebs während des Baus sicherzustellen (vgl. Marschall/Schweinsberg, EKrG, § 5 EKrG Rn. 24, vgl. inzwischen auch Vorbemerkung zu den Richtlinien für die Planung, Baudurchführung und Abrechnung von Maßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz, ARS 10/2014 vom 18.11.2014, VkBl S. 871). Die von ihr aufgewendeten Verwaltungskosten wurden pauschal mit 10 v.H. der Baukosten abgegolten (§ 5 Satz 1 der 1. EKrV und § 5 Abs. 5 Satz 1 KV). Diese pauschalierte Abgeltung steht in keinem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zu den enormen Haftungs- und Insolvenzrisiken, die mit einer Einstandspflicht für die Mangelfreiheit eines Bauwerks durch beauftragte Dritte einhergehen. Bei dieser Interessenlage ist ohne Hinzutreten weiterer Umstände, die hier weder dargelegt noch sonst erkennbar sind, nicht anzunehmen, dass sich die Klägerin mit Übernahme der „Baudurchführung“ zur mangelfreien Errichtung des Bauwerks verpflichtet hat.

2.8 Gegen die freiwillige Übernahme der Einstandspflicht für den Werkerfolg im Rahmen der Baudurchführung sprechen auch die haushalts- bzw. revisionsrechtlichen Bindungen der Beteiligten. Der Klägervertreter weist zu Recht darauf hin, dass die Auslegung, welche Verpflichtungen der Baudurchführende übernimmt, nicht nur die Herstellung von Eisenbahnanlagen, sondern beide Seiten, d.h. auch die Straßenbauverwaltung hinsichtlich kreuzungsbedingter Straßenbaumaßnahmen betrifft. Soweit es sich bei den Beteiligten um öffentlich-rechtliche Körperschaften handelt, sind sie der Kontrolle eines Rechnungshofs oder einer sonstigen Prüfungsinstanz unterworfen, die die Wirtschaftlichkeit und Gesetzmäßigkeit ihrer Verwaltung überprüft mit der Folge, dass jede Abweichung von einer gesetzlichen Regelung eine ggf. schwierige Auseinandersetzung zur Folge haben kann (vgl. Marschall/Schweinsberg, EKrG, § 5 EKrG Rn. 26). Nichts wesentlich anderes gilt für die Klägerin als privatrechtliches Unternehmen, weil dort eine interne Revision vergleichbare Kontrollaufgaben wahrnimmt. Beide Beteiligte werden sich deshalb in der Regel daran halten, was das Gesetz oder die Verwaltungspraxis vorsehen (vgl. Marschall/Schweinsberg, EKrG, § 5 EKrG Rn. 26 und § 1 der 1. EKrV Rn. 47; in der Tendenz auch BVerwG, U.v. 9.2.2017 - 3 C 9.15 - UPR 2017, 305 = juris Rn. 16). Ausgehend davon ist nicht ohne Weiteres anzunehmen, dass der baudurchführende, nicht kostenverpflichtete Kreuzungsbeteiligte für den anderen Beteiligten das Insolvenzrisiko des Bauunternehmers tragen soll (vgl. Marschall/Schweinsberg, EKrG, § 1 der 1. EKrV Rn. 47).

2.9 Keine Anhaltspunkte für die Auslegung ergeben sich daraus, dass die Beteiligten überhaupt eine Kreuzungsvereinbarung geschlossen haben. Das Gebot an die Beteiligten, sich um eine Einigung zu bemühen, ist eines der Hauptanliegen des Gesetzgebers, auch wenn das Nichtzustandekommen einer Vereinbarung keine förmliche Zulässigkeitsvoraussetzung ist (BT-Drs. 1683 S. 6; Marschall/Schweinsberg, EKrG, § 5 EKrG Rn. 1). Im Übrigen verkennt die Beklagte, dass die Klägerin nach zutreffender Auslegung der Vertragspflichten keineswegs „verantwortungsfreie“ Bauherrin ist, sondern als Baudurchführende für eigene Pflichtverletzungen einstehen muss (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2017 - 3 C 9.15 - UPR 2017, 305 = juris Rn. 24).

D. Auch eine vertragliche Pflicht zur Baudurchführung („Bauherrenpflicht“) hat die Klägerin nicht schuldhaft verletzt. Bei der Vergabe von Unternehmerleistungen für die Eisenbahnüberführung hat die Klägerin nicht pflichtwidrig gehandelt (1.). Auch Schadensersatzansprüche wegen einer verspäteten Übergabe von Bestandszeichnungen (vgl. § 4 Abs. 6 KV) oder wegen Nichteinschreitens gegen die statische Instabilität des Überführungsbauwerks sind weder dargelegt noch sonst erkennbar (2.).

1. Bei der Vergabe der Bauleistungen für den Neubau der Eisenbahnüberführung hat die Klägerin ihre Pflicht zur Ausschreibung (§ 4 Abs. 1 KV) nicht verletzt. Für das Versäumnis, die Position 1.4.160 des Leistungsverzeichnisses um den notwendigen Anbau von Verbundmittel an die Stahlprofile zu ergänzen, muss sie nicht einstehen, weil das von der Beklagten mit der Vorbereitung der Ausschreibung beauftragte Planungsbüro nicht als ihr Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) tätig geworden ist (1.1). Ob mit der Leistungsbeschreibung die vertraglich geschuldete Ausschreibungspflicht überhaupt verletzt wurde (1.2) und ob eine solche Pflichtverletzung für die mangelnde Standsicherheit des Bauwerks kausal war (1.3), kann deshalb dahinstehen.

1.1 Zwischen den Kreuzungsbeteiligten besteht eine rechtliche Sonderverbindung, die ein Schuldverhältnis (§ 241 Abs. 1 BGB) begründet, das zur Anwendbarkeit von § 278 BGB führt (vgl. BGH, U.v. 11.1.2007 - III ZR 294/05 - UPR 2007, 146 = juris Rn. 8). In diesem Rahmen wird nach § 278 BGB das Verschulden von Erfüllungsgehilfen dem an sich Verpflichteten, für den sie handeln, zugerechnet.

Das Planungsbüro S., das die Ausschreibung des Brückenbauwerks vorbereitet hat, wurde aber nicht als Erfüllungsgehilfe der baudurchführenden Klägerin tätig. Den Vertrag, mit dem u.a. die Entwurfsplanung (Leistungsphase 3), Vorbereitung der Vergabe (Leistungsphase 6) und Mitwirkung bei der Vergabe (Leistungsphase 7) für das Bauwerk BW 97/1 an das Planungsbüro S. übertragen wurde, hat nicht die Klägerin, sondern die Autobahndirektion Südbayern als rechtsgeschäftliche Vertreterin der Beklagten abgeschlossen (vgl. Anlage B 37; vgl. auch S. 7 des Ergänzungsgutachtens im Zivilverfahren Az. 24 O 12221/07 vom 10.1.2012 = S. 133 der Gerichtsakte und Schriftsatz vom 15.1.2008, Anlage B 35, S. 2). Dies geschah offenbar auch zu dem Zweck, die Planungsleistungen für beide (Teil-)Bauwerke, die (statisch) eng verflochten sind (vgl. § 8 Abs. 6 KV), in „eine Hand“ zu geben (vgl. auch § 5 Abs. 2 Satz 2 KV). Demgemäß wurde das Planungsbüro S. von der Beklagten zudem damit beauftragt, die Neubaumaßnahmen für die Bahnbauwerke im Bereich des Autobahntunnels zu koordinieren und insoweit die Projektsteuerung zu übernehmen, dass die Hauptarbeiten am Tunnel reibungslos und termingerecht aufgenommen werden können (vgl. Vertrag vom 21./30.11.2000, S. 866 ff./872 der VG-Akte).

Bei dieser Sachlage kann das Planungsbüro S. nicht als Erfüllungsgehilfe der Klägerin nach § 278 BGB angesehen werden. Erfüllungsgehilfe ist, wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird (vgl. BGH, U.v. 25.1.2017 - VIII ZR 249/15 - NJW 2017, 2608 = juris Rn. 43; U.v. 8.2.1974 - V ZR 21/72 - BGHZ 62, 119 = juris Rn. 21; Grüneberg in Palandt, BGB, § 278 Rn. 7). Der Grund dafür, dass der Schuldner für das Verschulden eines Dritten einzustehen hat, liegt in der Erweiterung seines Geschäfts- und Risikobereichs; die Hilfsperson übernimmt eine Aufgabe, die im Verhältnis zum Gläubiger dem Schuldner selbst obliegt (vgl. BGH, U.v. 23.11.1995 - IX ZR 213/94 - BGHZ 131, 200 = juris Rn. 12). Die Vorschrift des § 278 BGB will den Gläubiger vor haftungsausschließenden Folgen einer arbeitsteiligen Wirtschaft schützen; der Schuldner soll sich der Haftung für Leistungsstörungen nicht dadurch entziehen können, dass er Gehilfen einsetzt (vgl. BGH, U.v. 27.6.1985 - VII ZR 23/84 - BGHZ 95, 128 = juris Rn. 16). Auch selbständige Unternehmer können Erfüllungsgehilfen sein, wenn sie der Gläubiger nicht gewählt hat (vgl. Grundmann in Münchner Kommentar zum BGB, § 278 Rn. 45). Für die Anwendung der Vorschrift verbleibt daher nach ihrem Normzweck kein Raum, soweit der Gläubiger - wie hier die Beklagte - die betreffende Teilleistung selbst beauftragt, den Gehilfen selbst auswählt und dieser ihm gegenüber die Koordination und Steuerung des Gesamtprojekts übernommen hat (vgl. S. 872 der VG-Akte).

1.2 Deshalb kann dahinstehen, ob das Planungsbüro S. im Rahmen der Ausschreibung überhaupt eine gegenüber der Beklagten bestehende Pflicht verletzt hat. Die Beklagte hält es für pflichtwidrig, dass die Stahlprofile für die Mittelpfeiler in Position 1.4.160 des Leistungsverzeichnisses nur allgemein („Stahlprofile entsprechend statischer und konstruktiven Erfordernissen“, vgl. S. 114 der Gerichtsakte), also ohne Hinweis auf die Notwendigkeit des Anbaus von Verbundmittel (Laschen, Bleche, nicht glatte Oberfläche) beschrieben wurden (vgl. S. 56 des Sachverständigengutachtens im Zivilverfahren Az. 24 O 12221/07 = S. 112 der Gerichtsakte). Hiergegen spricht, dass die gewählte Leistungsbeschreibung nicht falsch, sondern nur - nach vergaberechtlichen Maßstäben - zu allgemein gehalten war, weil sie es dem Bieter überlassen hat, die statischen Erfordernisse selbst zu ermitteln (vgl. Sachverständigengutachten, S. 275 der VG-Akte). Die Pflicht zur eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung (§ 9 Nr. 1 Satz 1 VOB/A 2000 bzw. § 7 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A 2016) hat „bieterschützenden“ Charakter (vgl. OLG Düsseldorf, B.v. 28.6.2017 - VII-Verg 2/17, BauR 2017, 2017 = juris Rn. 19); sie soll die Bewerber in die Lage versetzen, ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten zu berechnen (vgl. Glahs in Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Aufl. 2018, § 7 Rn. 43). Soweit der Vorschrift auch ein „auftraggeberschützender“ Charakter zugeschrieben wird (vgl. Wirth/Baldringer in Lampe-Helbig/Jagenburg/Baldringer, Handbuch der Bauvergabe, VOB/A, Basisparagraphen, Rn. 95; Hertwig/Slawinski in Dreher/Motzke, Beck´scher Vergaberechtskommentar, 2. Aufl. 2013, § 7 VOB/A Rn. 9), gilt dies für das Vergabeverfahren; nicht bezweckt ist - jenseits des Vergaberechts - ein Schutz vor mangelhafter Bauausführung (vgl. Hertwig/Slawinski in Dreher/Motzke, Beck´scher Vergaberechtskommentar, § 7 VOB/A Rn. 9; wohl a.A. Lausen in Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl. 2016, § 7 VOB/A Rn. 23). Im Übrigen darf ein Auftragnehmer ein erkennbar lückenhaftes Leistungsverzeichnis nicht einfach hinnehmen, sondern muss sich daraus ergebende Zweifelsfragen vorab klären (vgl. BGH, U.v. 25.6.1987 - VII ZR 107/86 - BauR 1987, 683 = juris Rn. 15).

1.3 Ebenfalls keiner Entscheidung bedarf, ob die fehlende Spezifizierung der Stahlprofile im Vergabeverfahren haftungsbegründend kausal war für die mangelnde Tragfähigkeit des Bauwerks, oder ob die Berechnungsfehler des mit der Ausführungsplanung einschließlich Statik beauftragten Ingenieurbüros L. diesen Zurechnungszusammenhang unterbrochen haben. Für die Frage, in welchen Fällen ein haftungsrechtlicher Zurechnungszusammenhang noch vorliegt, lassen sich keine allgemein verbindlichen Grundsätze aufstellen; letztlich kommt es auf eine wertende Betrachtung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls an (vgl. BGH, U.v. 26.2.2013 - VI ZR 116/12 - NJW 2013, 1679 = juris Rn. 10; U.v. 5.10.2010 - VI ZR 286/09 - NJW 2011, 292 = juris Rn. 20, jeweils zu § 823 BGB). Eine „Zweitursache“ kann einem Geschehen eine Wendung geben, die die Wertung erlaubt, dass die durch den Erstverursacher geschaffene Gefahrenlage für den Schadenseintritt von völlig untergeordneter Bedeutung ist und eine Haftung des Erstschädigers nicht mehr rechtfertigt (vgl. BGH, U.v. 26.2.2013 - VI ZR 116/12 - NJW 2013, 1679 = juris Rn. 10). An der Zurechenbarkeit fehlt es, wenn die Ursächlichkeit des ersten Umstands für das Eintreten des zweiten Ereignisses nach dem Schutzzweck der Norm gänzlich bedeutungslos war, wenn also das schädigende erste Verhalten nur noch den äußeren Anlass für ein sachwidriges Eingreifen eines Dritten bildet, das dann erst endgültig den Schaden herbeiführt (vgl. BGH, U.v. 10.5.1990 - IX ZR 113/89 - NJW 1990, 2882 = juris Rn. 22). Vorliegend beruht die Mangelhaftigkeit des Bauwerks in ganz erster Linie - wie auch die Beklagte annimmt (vgl. Schriftsatz vom 26.2.2019, S. 3 = Nr. 1.3 und S. 8 = Nr. 2.2; Schriftsatz vom 15.4.2015, S. 277 der Gerichtsakte 8 BV 12.2488) - auf den fehlerhaften Berechnungen (Ansatz falscher Belastungsgrenzen) des von der A. GmbH beauftragten Ingenieursbüros L. (vgl. S. 57 des Gutachtens im Zivilverfahren). Die fehlende Beschreibung der Beschaffenheit der Stahlprofile im Leistungsverzeichnis erweist sich demgegenüber als irrelevant.

2. Schadensersatzansprüche wegen einer verspäteten Übergabe von Bestandszeichnungen (vgl. § 4 Abs. 6 KV) oder wegen Nichteinschreitens gegen die statische Instabilität des Überführungsbauwerks sind weder dargelegt noch sonst erkennbar.

2.1 Die Beklagte hat die Begründung ihrer Anschlussberufung (§ 127 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO) bzw. die Berufungserwiderung nicht darauf gestützt, dass ihr durch die verspätete Vorlage der Bestandspläne bzw. des Nichteinschreitens ein Verzögerungsschaden entstanden sei. Im Schriftsatz vom 26. Februar 2019 (vgl. S. 7 = Nr. 2.2) wurde dieses Themenfeld nur schlagwortartig aufgegriffen, verbunden mit dem Angebot, hierzu jederzeit weiter vortragen zu können.

2.2 Ein Schadensersatzanspruch gemäß § 62 Satz 2 VwVfG i.V.m. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB infolge einer Verletzung von Bauherrenpflichten aus der Kreuzungsvereinbarung lässt sich unter beiden Aspekten auch nicht herleiten.

2.2.1 Dass die Klägerin die Bestandspläne vertragswidrig zu spät an die Beklagte herausgegeben hätte, steht nicht fest. Die Beteiligten haben sich in § 4 Abs. 6 Satz 2 KV verpflichtet, dem anderen Beteiligten „nach Durchführung der Maßnahme“ eine Ausfertigung der Bestandszeichnungen zu übergeben. Auf die Anforderung vom 23. September 2002 (S. 389 der VG-Akte) hat die Klägerin der Autobahndirektion Südbayern am 2. Oktober bzw. 18. Dezember 2002 Ausführungspläne und geprüfte statische Berechnungen übermittelt (vgl. S. 874 f. der VG-Akte). Die Bestandsunterlagen hat die Autobahndirektion Südbayern unstreitig am 24. Januar 2003 von dem für die A. GmbH tätigen Ingenieurbüro L. erhalten. Dass die Klägerin die Bestandspläne - anders als sie vorträgt - ihrerseits nicht erst Mitte 2006 von der A. GmbH erhalten hat, behauptet auch die Beklagte nicht. Im Übrigen war die Klägerin in zeitlicher Hinsicht erst „nach Durchführung der Maßnahme“ verpflichtet, die Bestandszeichnungen zu übergeben. Eine gemeinsame Abnahme gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 KV hatte aber bis zum 29. Juni 2004 offenbar nicht stattgefunden (vgl. Schreiben der Autobahndirektion Südbayern vom 29.6.2004, S. 24 der VG-Akte; vgl. aber Abnahmeniederschrift der Klägerin und der A. GmbH vom 3.7.2002, S. 390 der VG-Akte).

Abgesehen davon hat die Beklagte die Höhe des ihr durch die Planungsverzögerung aufgrund einer verspäteten Übergabe von Bestandsplänen entstandenen Schadens nicht beziffert. Die in der Klageerwiderung vor dem Verwaltungsgericht geschätzten Mehrkosten von ca. 300.000 Euro (vgl. S. 173 der VG-Akte) bezogen sich auf sanierungsbedingte Bauverzögerungen und nicht auf Planungsverzögerungen infolge einer verspäteten Übergabe von Unterlagen. Der Senat war auch nicht gehalten, den Sachverhalt insoweit weiter aufzuklären. Die gerichtliche Amtsermittlungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) findet dort ihre Grenzen, wo die Mitwirkungslast der Beteiligten beginnt, d.h. dieser selbst Aufklärung über für ihn günstige Tatsachen geben kann, die aus seiner Sphäre stammen (vgl. BayVGH, B.v. 9.1.2018 - 8 ZB 16.2496 - juris Rn. 24; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 86 Rn. 45).

2.2.2 Auch ein etwaiger Schaden der Beklagten, der ihr durch das behauptete Nichteinschreiten trotz statischer Instabilität mit der Folge einer Anordnung des Eisenbahnbundesamts am 18. Dezember 2003 entstanden sein soll, wurde nicht dargelegt; insoweit gelten die unter 2.2.1 dargestellten Erwägungen entsprechend.

3. Soweit die Beklagte die Verletzung von Bauherrenaufgaben aus der mangelhaften Ausführungsplanung und Ausführungsstatik durch die A. GmbH und das von dieser eingeschaltete Planungsbüro L. herleiten will (vgl. S. 4 ff. des Schriftsatzes vom 26.2.2019), verkennt sie, dass das Verschulden der bauausführenden Unternehmen nicht per se eine Verletzung der Verpflichtung der Klägerin zur sorgfältigen Wahrnehmung der mit der Kreuzungsvereinbarung übernommenen Bauherrenaufgaben impliziert. Dass die Klägerin insbesondere ihre Aufsichtspflicht als „Bauherrin“ schuldhaft verletzt hätte, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

E. Die Beklagte trägt als unterliegender Teil auch die weiteren Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind ihr nicht aufzuerlegen, weil dieser kein Kostenrisiko durch Stellung eines Sachantrags auf sich genommen und das Verfahren nicht wesentlich gefördert hat (vgl. BayVGH, B.v. 20.7.2018 - 8 C 18.614 - juris Rn. 3; B.v. 11.10.2001 - 8 ZB 01.1789 - BayVBl 2002, 378 = juris Rn. 10 ff.; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, § 162 Rn. 41).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

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(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis


(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Re

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Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

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Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,1.die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und2.im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

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(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

8
a) Zwischen den Parteien besteht eine rechtliche Sonderverbindung, die ein Schuldverhältnis (§ 241 Abs. 1 BGB) begründet, welches zur Anwendbarkeit von § 278 BGB führt.

Soweit sich aus den §§ 54 bis 61 nichts Abweichendes ergibt, gelten die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes. Ergänzend gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Soweit sich aus den §§ 54 bis 61 nichts Abweichendes ergibt, gelten die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes. Ergänzend gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.198 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung eines Anschlussbeitrags für den Neubau seines Einfamilienhauses an die Wasserversorgungsanlage des Beklagten.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. … der Gemarkung F* … Auf dem Grundstück liegt das landwirtschaftliche Anwesen des Klägers. Das Wohngebäude im westlichen Teil des Grundstücks (N* …straße, früher: W* …dorf, Hausnummer **) wurde etwa um das Jahr 1960 unentgeltlich an die Versorgungsanlage des Rechtsvorgängers des Beklagten angeschlossen. Ein Vertrag zwischen den Rechtsvorgängern der Beteiligten vom 1. Juni 1933 räumt dem jeweiligen Eigentümer des Grundstücks FlNr. … das Recht eines vollständig unentgeltlichen Anschlusses „für sein Anwesen mit Nebengebäuden in W* …dorf, Hs.Nr. …“ ein, sofern ein solcher Antrag bis 31. Dezember 1962 gestellt wird.

Nach Errichtung eines neuen Einfamilienhauses im Osten des Grundstücks FlNr. … (E* …weg *) erhob der Beklagte vom Kläger mit Bescheid vom 19. Juni 2016 einen Anschlussbeitrag in Höhe von 2.198, 74 Euro.

Mit Urteil vom 23. Mai 2017 hat das Verwaltungsgericht München die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des Vertrags vom 1. Juni 1933 ergebe sich, dass sich das Recht auf kostenlosen Anschluss nur auf das alte Anwesen W* …dorf Hausnummer … und nicht auf das Grundstück insgesamt beziehe. Die Angemessenheit des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung könne deshalb offenbleiben.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Das Verwaltungsgericht habe den Begriff des „Anwesens“ nur anhand des Wortlauts des Vertrags ausgelegt, ohne die erstrebte Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung in den Blick zu nehmen.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16; B.v. 16.7.2013 - 1 BvR 3057/11 - BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36). Sie sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B.v. 16.1.2017 - 2 BvR 2615/14 - IÖD 2017, 52 = juris Rn. 19; B.v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 = juris Rn. 19). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548 = juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 12.10.2017 - 14 ZB 16.280 - juris Rn. 2 m.w.N.). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 19.3.2013 - 20 ZB 12.1881 - juris Rn. 2).

Nach diesem Maßstab bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Rechtsvorgängerin des Beklagten dem Kläger im Vertrag vom 1. Juni 1933 kein Recht auf unentgeltlichen Anschluss seines neu errichteten Einfamilienhauses auf Grundstück FlNr. … eingeräumt hat.

1.1 Dem Zulassungsvorbringen ist zuzugeben, dass das Verwaltungsgericht bei der Auslegung des Vertrags nicht alleine auf dessen (eindeutigen) Wortlaut hätte abstellen dürfen. Maßgebend ist vielmehr der wirkliche Wille der Vertragsparteien (§§ 133, 157 BGB), bei dessen Ermittlung neben dem Erklärungswortlaut insbesondere der mit dem Vertrag verfolgte Zweck und die Interessenlage der Vertragsparteien heranzuziehen sind (vgl. BGH, U.v. 27.4.2016 - VIII ZR 61/15 - NJW-RR 2016, 910 = juris Rn. 27; U.v. 11.11.2014 - VI ZR 18/14 - NJW 2015, 1246 = juris Rn. 9). Auch ein klarer und eindeutiger Wortlaut einer Erklärung bildet keine Grenze für die Auslegung anhand der Gesamtumstände. Der Wortlaut ist zwar der Ausgangspunkt der Auslegung, geht aber dem übereinstimmenden Parteiwillen bzw. den hierfür relevanten Begleitumständen nicht vor (vgl. BGH, B.v. 30.4.2014 - XII ZR 124/12 - juris Rn. 17; vgl. auch Busche in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2015, § 133 Rn. 59; Ellenberger in Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 133 Rn. 15).

1.2 Allerdings erweist sich das vom Verwaltungsgericht allein aufgrund des (eindeutigen) Wortlauts gewonnene Auslegungsergebnis auch unter Einbeziehung der sonstigen, von der Klägerseite angeführten Umstände als offensichtlich richtig. Der dem § 144 Abs. 4 VwGO zugrunde liegende allgemeine Rechtsgedanke, dass allein die fehlerhafte Begründung einer Entscheidung, welche sich im Ergebnis als richtig erweist, dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg verhilft, ist auch im Berufungszulassungsverfahren zu berücksichtigen. Auch ein solches Antragsverfahren soll aus prozessökonomischen Gründen nicht um eines Fehlers willen fortgeführt werden, der mit Sicherheit für das endgültige Ergebnis des Rechtsstreits bedeutungslos bleiben wird (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 17; BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9 f.; BayVGH, B.v. 30.9.2014 - 20 ZB 11.1890 - juris Rn. 19; OVG NW, B.v. 4.7.2014 - 1 A 891/13 - juris Rn. 3; vgl. auch Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 98).

So liegt der Fall hier. Es ist auch bei einer sich nicht nur am Wortlaut orientierenden Interpretation nicht erkennbar, dass die Vertragsparteien den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks FlNr. … berechtigen wollten, alle künftig darauf errichteten Wohngebäude kostenfrei an die Versorgungsanlage der Beklagten anschließen zu lassen. Dass ein darauf gerichteter Verpflichtungswille unbedingt notwendig gewesen wäre, um die Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung herzustellen, vermag der Senat nicht zu erkennen. Der Vorhalt, die vereinbarte Gegenleistung (Berechtigung zu Instandhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten an der Quellfassung und Rohrleitung), sei von langfristiger Dauer, weshalb auch das Anschlussrecht nicht nur einmalig ausgeübt werden sollte, greift zu kurz. Denn der Vertrag gewährt dem Kläger daneben ein unbefristetes Recht zum Bezug kostenfreien Trink- und Nutzwassers.

Das Vorbringen des Klägers, auch der Beklagte interpretiere den Vertrag hinsichtlich seines Rechts auf Instandhaltung und Verbesserung der Quellfassung „dynamisch“, weil er die ursprüngliche Quelleinfassung zu einem oberirdischen Brunnenhäuschen mit Zuweg ausgebaut habe, rechtfertigt keine andere Einschätzung. Ob der Beklagte die Reichweite der ihm vertraglich eingeräumten Gegenleistung vertragsgemäß interpretiert hat, ist für die Auslegung des von den Vertragsparteien gewollten Umfangs des kostenfreien Anschlussrechts des Klägers ohne Bedeutung.

1.3 Im Übrigen teilt der Senat die Wertung des Erstgerichts, der Wortlaut des Vertrags spreche eindeutig gegen ein Recht des Klägers auf kostenlosen Anschluss seines Neubaus an die Wasserversorgungsanlage. Der Zusatz „mit Nebengebäuden“ deutet darauf hin, dass die Vertragsparteien das kostenfreie Anschlussrecht nur auf den früheren Gebäudebestand beziehen wollten. Für eine solche Auslegung spricht auch die vereinbarte Ausschlussfrist (31.12.1962), innerhalb derer der Anschluss zu beantragen war. Sinn und Zweck einer solchen Ausschlussfrist ist es, einen zeitlich unbegrenzten Anspruch zu vermeiden; dem stünde eine „zukunftsoffene“ Privilegierung aller künftigen baulichen Nutzungen diametral entgegen.

Auch das Vorbringen des Klägers, sein neu errichtetes Einfamilienhaus sei als Ersatz für das frühere „Zuhaus“ kostenfrei an die Wasserversorgungsanlage anzuschließen, vermag nicht durchzudringen. Dieser Vortrag erfolgte erstmals mit Schriftsatz vom 11. April 2018, also nicht innerhalb der Begründungsfrist nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Abgesehen davon ist auch in der Sache nicht erkennbar, dass es Wille der Vertragsparteien war, zwei eigenständige Wohngebäude auf dem Grundstück anschlussfrei zu stellen. Der Vortrag des Klägers, im „Zuhaus“ seien in der Vorkriegszeit Pferde gehalten und Maschinen verwahrt, aber auch Bedienstete, Mägde und Knechte untergebracht worden (S. 2 des Schriftsatzes vom 11.4.2018), belegt, dass es sich dabei um ein Nebengebäude des landwirtschaftlichen Anwesens gehandelt hat. Für das neu errichtete Einfamilienhaus gilt dies offensichtlich nicht; weshalb dieses als „Ersatz“ für das frühere „Zuhaus“ angesehen werden sollte, hat der Kläger nicht schlüssig erklären können. Im Übrigen sind die im Zulassungsverfahren vorgelegten Nachweise zu Bewohnern des „Zuhauses“ ab 1943 auch deshalb unerheblich, da sie sich auf einen Zeitraum nach Vertragsschluss (1.6.1933) beziehen.

1.4 Ob der Vorstand des Beklagten dem Kläger im Jahr 2012 den kostenfreien Anschluss seines Neubaus mündlich zugesichert hat, ist nicht entscheidungserheblich. Ein darauf gestützter Zulassungsgrund wurde nicht innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebracht. Abgesehen davon ließe eine mündliche Zusage, die der Beklagte bestreitet, die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Beitragsbescheids mangels Schriftform (Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG) unberührt.

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Die Zulassungsbegründung sieht die besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache in denselben Fragen, die sie auch zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts angeführt hat. Diese Fragen sind jedoch - wie sich aus vorstehenden Darlegungen ergibt - weder komplex noch fehleranfällig (vgl. zu diesem Maßstab BayVGH, B.v. 3.11.2011 - 8 ZB 10.2931 - BayVBl 2012, 147 = juris Rn. 28). Sie können vielmehr ohne Weiteres anhand der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung bereits im Zulassungsverfahren geklärt werden. Dass der zwischen den Rechtsvorgängern der Beteiligten geschlossene Vertrag aus dem Jahr 1933 stammt, ändert daran nichts; die Auslegung eines älteren Vertrags ist nicht per se mit besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten verbunden.

3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 20; BVerwG, B.v. 4.8.2017 - 6 B 34.17 - juris Rn. 3). Die grundsätzliche Bedeutung ist zu verneinen, wenn sich eine Rechtsfrage ohne Weiteres aus der Anwendung anerkannter Auslegungsmethoden beantworten lässt (vgl. BVerfG, B.v. 29.7.2010 - 1 BvR 1634/04 - NVwZ 2010, 1482 = juris Rn. 62).

Vorliegend ist nicht erkennbar, dass die vom Kläger angeführten Fragen zur Auslegung des Begriffs „Anwesen (mit Nebengebäude)“ im Vertrag vom 1. Juni 1933 über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam wären. Das Vorbringen, alte Verträge aus längst vergangenen Zeiten seien im Rechtsverkehr immer wieder heranzuziehen und auszulegen, vermag eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutsamkeit nicht zu begründen. Angesichts des Verbots einer sich ausschließlich am Wortlaut orientierenden Interpretation von Verträgen (vgl. oben 1.1) scheidet eine Vorgreiflichkeit für die Auslegung anderer Verträge vielmehr offensichtlich aus.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

27
a) Nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen bildet der von den Parteien gewählte Wortlaut einer Vereinbarung und der diesem zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille den Ausgangspunkt einer nach §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden Auslegung (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 15. Oktober 2014 - XII ZR 111/12, aaO Rn. 48; vom 21. Oktober 2014 - XI ZR 210/13, NJW-RR 2015, 243 Rn. 15; vom 11. November 2014 - VIII ZR 302/13, NJW 2015, 409 Rn. 11). Weiter sind nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen insbesondere der mit der Vereinbarung verfolgte Zweck und die Interessenlage der Parteien zu beachten, ferner die sonstigen Begleitumstände, die den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen erhellen können (BGH, Urteile vom 11. Oktober 2012 - IX ZR 30/10, WM 2012, 2144 Rn. 11 mwN; vom 13. November 2014 - IX ZR 277/13, WM 2015, 186 Rn. 8).

Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist schriftlich zu schließen, soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Form vorgeschrieben ist.

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.

8
a) Zwischen den Parteien besteht eine rechtliche Sonderverbindung, die ein Schuldverhältnis (§ 241 Abs. 1 BGB) begründet, welches zur Anwendbarkeit von § 278 BGB führt.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

8
a) Zwischen den Parteien besteht eine rechtliche Sonderverbindung, die ein Schuldverhältnis (§ 241 Abs. 1 BGB) begründet, welches zur Anwendbarkeit von § 278 BGB führt.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

43
Erfüllungsgehilfe ist, wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird (BGH, Urteile vom 21. April 1954 - VI ZR 55/53, BGHZ 13, 111, 113; vom 8. Februar 1974 - V ZR 21/72, BGHZ 62, 119, 124; vom 21. Oktober 2009 - VIII ZR 64/09, NJW 2009, 3781 Rn. 29; vom 23. September 2010 - III ZR 246/09, BGHZ 187, 86 Rn. 18 mwN; st. Rspr.). Der Grund dafür, dass der Schuldner für das Verschulden eines Dritten einzustehen hat, liegt in der Erweiterung seines Geschäfts- und Risikobereichs ; die Hilfsperson übernimmt eine Aufgabe, die im Verhältnis zum Gläubiger dem Schuldner selbst obliegt (BGH, Urteile vom 8. Februar 1974 - V ZR 21/72, aaO; vom 13. Januar 1984 - V ZR 205/82, NJW 1984, 1748, unter II 2 b aa; vom 21. Oktober 2009 - VIII ZR 64/09, aaO).

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 22.02.2017 wird der Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 06.02.2017, Az.: Z 3-3-3194-1-50-12/16, aufgehoben.     

II. Dem Antragsgegner wird untersagt, in dem Vergabeverfahren „Strafjustizzentrum M./Neubau: Baugrube Verbau (Vergabe-Nr. 16 E 1141/Maßnahmen-Nr. 04019 E0001)“ den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen.

III. Der Antragsgegner wird angewiesen, bei fortbestehender Vergabeabsicht über die Zuschlagserteilung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

IV. Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und des Beschwerdeverfahrens einschließlich des Verfahrens nach § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB werden dem Antragsgegner und der Beigeladenen als Gesamtschuldner auferlegt. Die der Antragstellerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen haben der Antragsgegner und die Beigeladene je zur Hälfte zu tragen.

V. Die Hinzuziehung anwaltlicher Bevollmächtigter im Verfahren vor der Vergabekammer wird für die Antragstellerin für notwendig erklärt.

Gründe

A.

Der Antragsgegner schrieb am 06.08.2016 im Rahmen einer EU-weiten Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften im Wege eines offenen Verfahrens die Bauleistungen „Strafjustizzentrum M./Neubau: Baugrube Verbau“ aus. Eine Aufteilung in Lose erfolgte nicht.

Nach Ziffer II.2.10.) der Bekanntmachung waren Varianten/Alternativangebote zulässig. Gemäß Ziffer 5.2. der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots waren Nebenangebote für den Bereich „Titel 2 Verbau“ in Verbindung mit einem Hauptangebot zugelassen, sofern diese nicht ausschließlich Preisnachlässe mit Bedingungen beinhalten.

Der Preis wurde nach Ziffer II.2.5.) der Bekanntmachung als einziges Zuschlagskriterium genannt (vgl. auch Ziffer 6 der Aufforderung zur Angebotsabgabe).

In Ziffer II.2.4) der Bekanntmachung („Beschreibung der Beschaffung“) wird u.a. ausgeführt, dass ca. 22800 t Boden/Bauschutt verschiedener Schadstoffklassen zu entsorgen sind.

Zum Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit wurden zum Angebot nach Ziffer III.1.3.) der Bekanntmachung zusätzlich folgende Nachweise verlangt:

– Nachweis der Sachkunde gemäß BGR 128

– Bestätigung über die Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb gemäß § 52 KrW-/AbfG und § 14 EfbV In Ziffer 3.1. der Aufforderung zur Abgabe des Angebots (Formblatt 211 EU) sowie unter Position 03.05. („Entsorgung u. Verwertung, Altlasten“), Ziffer 2. der Ausschreibungsunterlagen heißt es, dass die oben genannten Unterlagen mit dem Angebot vorzulegen sind. Zudem wird dort ausgeführt:

Der Bieter hat mit Abgabe des Angebotes

– den Nachweis der Sachkunde gemäß BGR 128 und die

– Bestätigung über die Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb gemäß § 52 KrW/AbfG und § 14 EfbV vorzulegen.

Die für die Verwertung vorgesehene Firma muss ebenfalls als Entsorgungsfachbetrieb zertifiziert sein.

Unter Anlagen C), die, soweit erforderlich, ausgefüllt mit dem Angebot einzureichen waren, wird das Verzeichnis der Leistungen/Kapazitäten anderer Unternehmen (Formblatt 235) aufgeführt. Gemäß Ziffer 3.2. der Aufforderung zur Abgabe des Angebots mussten Verpflichtungserklärungen anderer Unternehmen (Formblatt 236) erst auf gesondertes Verlangen der Vergabestelle vorgelegt werden.

Auf eine Rüge der Antragstellerin hin teilte die Vergabestelle mit, dass das Formblatt 235 auch im Fall der Eignungsleihe im Hinblick auf die berufliche und technische Leistungsfähigkeit auszufüllen sei.

Eine weitere Bieteranfrage vor Angebotsabgabe lautete: „Welche zertifizierten Tätigkeiten als Entsorgungsfachbetrieb sind vom Bieter nachzuweisen? Nur behandeln, nur verwerten oder beide Tätigkeiten?“. Die Vergabestelle antwortete: „Behandeln … ist in diesem Fall nicht als zertifizierte Tätigkeit nachzuweisen“ (vgl. Anlage AS 17 in den Akten der Vergabekammer).

Vier Bieter gaben fristgerecht zum Submissionstermin vier Hauptangebote und sieben Nebenangebote ab. Das Nebenangebot der Antragstellerin belegte vor dem Nebenangebot der Beigeladenen rechnerisch Platz 1. Das Hauptangebot der Antragstellerin lag an Rangstelle 3. Nachdem ein Bieter ausgeschlossen wurde, belegt die Beigeladene mit ihrem Hauptangebot Platz 4.

Die Beigeladene hatte ihrem Angebot Zertifizierungen zweier Entsorgungsstellen nach § 56 KrW-/AbfG beigefügt und zwei Entsorgungsstellen alternativ im Leistungsverzeichnis unter Position 03.5.190 und 03.5.200 benannt. Im Formblatt 235 wurde diesbezüglich weder eine Eignungsleihe noch eine Unterauftragnehmerschaft ausgewiesen.

Am 14.11.2016 erhielt die Antragstellerin ein Absageschreiben der Vergabestelle (Formblatt 332) vom 11.11.2016, in welchem mitgeteilt wurde, dass ihr Nebenangebot von der Wertung ausgeschlossen werde, da „Nebenangebote nicht zugelassen sind“. Als Erläuterung erfolgte der Hinweis, dass das Nebenangebot der Antragstellerin vom 28.09.2016 die Titel 2 Verbau und Titel 4 Wasserhaltung umfasse, zugelassen seien Nebenangebote allerdings nur für Titel 2.

Den Ausschluss ihres Nebenangebots rügte die Antragstellerin mit E-Mail vom 15.11.2016. Am 16.11.2016 wurde sie durch den Antragsgegner darüber informiert, dass ihrer Rüge nicht abgeholfen werde.

In einem Vorabinformationsschreiben vom 17.11.2016 (Formblatt 334) teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag am 29.11.2016 auf das Angebot des Bieters B. S. GmbH zu erteilen. Weiter wurde nochmals angekreuzt, dass das Nebenangebot der Antragstellerin ausgeschlossen worden sei, da Nebenangebote im Vergabeverfahren nicht zugelassen seien. Als Erläuterung wurde ausgeführt: „Das Nebenangebot vom 28.09.2016 umfasst die Titel 2 Verbau und Titel 4 Wasserhaltung. Zugelassen waren Nebenangebote nur für Titel 2.“ In einem weiteren Informationsschreiben nach § 134 GWB (Formblatt 334) vom gleichen Tag erfolgte unter Ziffer 4 der Hinweis, dass auf das Angebot der Antragstellerin der Zuschlag nicht erteilt werden könne, da ein wirtschaftlicheres Nebenangebot vorliege.

Mit Schreiben vom 21.11.2016 rügte die Antragstellerin die Bieterinformationen sowie die beabsichtigte Zuschlagserteilung auf das Nebenangebot der B.S. GmbH als vergaberechtswidrig; insbesondere seien die beiden Bieterinformationen widersprüchlich und entsprächen nicht den Anforderungen im Sinne des § 134 GWB.

Weiter wurde gerügt, dass die Firma B. S. GmbH nicht die Eignungsanforderungen erfülle. Weder verfüge diese Firma selbst über eine Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb für das Verwerten von Abfällen, noch sei davon auszugehen, dass sie ihr Angebot mit einem Nachunternehmer kalkuliert habe, der seinerseits über eine entsprechende Zertifizierung verfüge. Das Angebot müsse ausgeschlossen werden.

Im Übrigen bestünden schon erhebliche Zweifel daran, dass Nebenangebote im vorliegenden Vergabeverfahren überhaupt gewertet werden dürften, da die Zulassung von Nebenangeboten beim einzigen Zuschlagskriterium Preis nur in besonderen Fällen zulässig sei.

Mit Schreiben des Antragsgegners vom 24.11.2016 wurden die Rügen erneut zurückgewiesen und darauf hingewiesen, dass das Hauptangebot der Antragstellerin nicht das wirtschaftlichste Angebot sei, da ein wirtschaftlicheres Nebenangebot vorliege.

Am 21.12.2016 wurde die Beigeladene seitens des Antragsgegners aufgefordert, die Verpflichtungserklärung der im Leistungsverzeichnis alternativ genannten Entsorgungsstellen vorzulegen, diese in die Liste der Nachunternehmer einzutragen und die Liste vorzulegen. Mit E-Mail vom 22.12.2016 übersandte die Beigeladene daraufhin das Formblatt 235 (Verzeichnis der Leistungen/Kapazitäten anderer Unternehmen), in welchem ergänzt wurde, dass die Firma G-GmbH die Teilleistungen „Entsorgung und Verwertung, Altlasten in Position 3.5.“ übernehme. Zugleich wurde eine Verpflichtungserklärung dieses Unternehmens übersandt. Die Beigeladene teilte mit, dass sie sich zwischenzeitlich dazu entschieden habe, die Leistungen nur mit der Firma G-GmbH durchzuführen. Eine Verpflichtungserklärung der zweitbenannten Firma sei damit obsolet.

Mit Schriftsatz vom 02.12.2016 stellte die Antragstellerin Nachprüfungsantrag mit dem Ziel, dem Antragsgegner zu untersagen, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen sowie dem Antragsgegner aufzugeben, die Angebotsprüfung und Wertung in dem vorbezeichneten Vergabeverfahren unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut vorzunehmen.

Die Antragstellerin wiederholte vor der Vergabekammer im Wesentlichen die bereits gegenüber der Vergabestelle angeführten Rügen. Insbesondere seien die Angebote der Beigeladenen mangels ausreichend nachgewiesener Eignung im Sinne des § 16b EU VOB/A von der weiteren Angebotswertung auszuschließen. Es fehle insbesondere an der Vorlage der geforderten EfbV-Zertifikate.

Ferner habe der Antragsgegner im Rahmen der Angebotswertung nicht die eingegangenen Nebenangebote werten dürfen, da alleiniges Wertungskriterium der Preis gewesen sei. Folge man allerdings der Auffassung, dass vorliegend Nebenangebote bei der Wertung berücksichtigt werden dürften, hätte das Nebenangebot der Antragstellerin nicht ausgeschlossen werden dürfen. Insgesamt habe sich das Nebenangebot der Antragstellerin ausschließlich auf Titel 2 Verbau, und gerade nicht auf Titel 4 Wasserhaltung bezogen.

Antragsgegner und Beigeladene haben beantragt, den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen. Der Antragsgegner führte u. a. aus, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin - soweit er den Ausschluss ihres Nebenangebots betreffe - bereits unzulässig sei, da er nach Ablauf der 15-Tages-Frist des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB eingereicht worden sei.

Der Nachprüfungsantrag sei jedenfalls aber auch unbegründet.

Entgegen den eindeutigen und nicht gerügten Vorgaben aus den Vergabeunterlagen habe die Antragstellerin ihr Angebot nicht nur auf die Positionen des Titels 2 begrenzt, sondern auch alle Positionen aus dem Titel 4 einbezogen. Die Begründung der Antragstellerin, dass sich dies aus der notwendigen und zugelassenen Umlagekalkulation ergebe, rechtfertige nicht die Zulassung.

Ferner ergebe sich aus § 8 EU Nr. 3 Satz 6 VOB/A, dass es im Zusammenhang mit der Vorgabe oder Zulassung von Nebenangeboten auch zulässig sei, dass der Preis das einzige Zuschlagskriterium sei.

Ein Ausschluss der beigeladenen Bietergemeinschaft wegen mangelnder Eignung sei nicht veranlasst. Die Vergabeunterlagen hätten nicht mit der für einen Ausschluss notwendigen Unmissverständlichkeit verlangt, dass Mitglieder der Bieter selbst Inhaber der verlangten Zertifizierung nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz bzw. der Verordnung über Entsorgungsfachbetriebe sein müssten. Der Bekanntmachung und der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes sei lediglich allgemein zu entnehmen, dass ein entsprechender Nachweis mit dem Angebot vorzulegen sei. Die darüber hinausgehenden Vorgaben aus Titel 03.05. des Leistungsverzeichnisses müssten als Verschärfung gegenüber der Bekanntmachung unbeachtlich bleiben.

Im Übrigen beabsichtige die Beigeladene die Entsorgung auf Deponien vorzunehmen, die entsprechend zertifiziert seien. Die entsprechenden Nachweise seien auch mit dem Angebot vorgelegt worden. Insoweit lägen die Voraussetzungen des § 6d EU VOB/A vor. Es reiche insoweit aus, wenn sich ein Bieter auf einen Nachunternehmer berufe, der die für die Erbringung der Leistungen notwendigen rechtlichen Voraussetzungen aufweise.

Es sei vorliegend jedenfalls sichergestellt, dass kontaminierter Abfall den Vorgaben des Kreislaufwirtschaftsrechts entsprechend ordnungsgemäß entsorgt werde.

Die Beigeladene schließt sich im Wesentlichen dem Vortrag des Antragsgegners an.

Sie weist ergänzend darauf hin, dass sie eindeutig mitgeteilt habe, welche Leistungen sie selbst erbringen und welche sie untervergeben möchte. Die Verpflichtungserklärung und die Nachunternehmererklärung der Beigeladenen seien dem Antragsgegner für eine Entsorgungsstelle vorgelegen. Sie ist im Übrigen der Ansicht, dass es sich bei den Entsorgungsstellen nicht um Nachunternehmer im eigentlichen Sinn handle, da diese Material in Empfang nehmen würden, welches der Bieter oder ein Nachunternehmer des Bieters anliefere, während ein Nachunternehmer sich dadurch auszeichne, dass dieser Leistungsteile aus der nachgefragten Leistung anstelle des Bieters übernehme. Vorsorglich habe die Beigeladene sowohl den Nachweis für eine Entsorgungsstelle als Nachunternehmer als auch für die Entsorgungsstelle an sich vorgelegt.

Mit Schreiben des Antragsgegners vom 12.01.2017 teilte dieser mit, dass das Angebot der Antragstellerin gemäß § 6e EU Abs. 6 Nr. 3 und Nr. 7 VOB/A auszuschließen sei. Der Antragstellerin sei zum einen eine schwere Verfehlung eines Mitglieds der Bietergemeinschaft vorzuwerfen. Des Weiteren sei der Ausschluss wegen erheblicher und fortdauernder mangelhafter Erfüllung wesentlicher Anforderungen bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags, welche zu einer mit einer vorzeitigen Beendigung oder Schadensersatz vergleichbaren Rechtsfolge geführt habe, begründet.

Nach der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2017 legte der Antragsgegner am 30.01.2017 ein Zertifikat als Entsorgungsfachbetrieb gemäß § 56 KrWG für das Sammeln, Befördern, Handeln und Makeln eines Mitglieds der Beigeladenen vor, welches am 27.01.2017 ausgestellt worden war.

Mit Beschluss vom 06.02.2017 wies die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 02.12.2016 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus:

Der Nachprüfungsantrag sei insoweit, als er sich gegen den Ausschluss des Nebenangebotes der Antragstellerin richte, bereits gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB (gemeint wohl Nr. 4 GWB) unzulässig. Die Frist von 15 Kalendertagen nach Eingang der Mitteilung des Antragsgegners vom 16.11.2016, der Rüge nicht abhelfen zu wollen, habe am 01.12.2016 geendet und sei damit zum Zeitpunkt der Einreichung des Nachprüfungsantrags bei der Vergabekammer am 02.12.2016 bereits abgelaufen gewesen. Der Wille des Auftraggebers, der Rüge nicht abhelfen zu wollen, sei im Mitteilungsschreiben vom 16.11.2016 unmissverständlich zum Ausdruck gekommen. Aufgrund der klaren Formulierung des Schreibens komme es nicht mehr darauf an, dass in den beiden Bieterinformationen vom 17.11.2016 durchaus verwirrende Angaben gemacht worden seien. Jedenfalls konnte die Antragstellerin zu keiner Zeit aus diesen späteren Mitteilungen schließen, dass der Antragsgegner vom Ausschluss des Nebenangebots abrücken würde.

Im Übrigen sei der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zulässig, aber nicht begründet.

Allerdings sei der Ausschluss der Antragstellerin mit Schreiben vom 12.01.2017 wegen der Vorkommnisse bei der Bearbeitung des Auftrags in „Strafjustizzentrum M.; Bauvorbereitung/Dekontamination“ zu Unrecht erfolgt. Weder komme ein Ausschluss nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB noch nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB in Betracht. Auf die diesbezügliche Begründung der Vergabekammer im angefochtenen Beschluss wird Bezug genommen.

Anders als von der Antragstellerin angenommen, könnten im streitgegenständlichen Vergabeverfahren Nebenangebote gewertet werden, obwohl einziges Zuschlagskriterium der Preis sei. Zum einen verweist die Vergabekammer insoweit auf die neugeschaffene Regelung des § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 Satz 6 VOB/A. Im Übrigen stellt sie darauf ab, dass im vorliegenden Fall durch eine entsprechende Festlegung von Mindestanforderungen sichergestellt sei, dass kein Nebenangebot in die Wertung gelange, welches qualitativ so weit hinter dem Hauptangebot zurückbleibe, dass bei einem Zuschlag auf dieses Angebot nicht das Angebot mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis bezuschlagt würde. Die Antragstellerin habe keine Defizite in der Festlegung der Mindestanforderungen darlegen können, die Zweifel an dieser Auslegung aufkommen ließen.

Die Angebote der Beigeladenen müssten auch nicht wegen Nichterfüllung der Eignungsanforderungen in Bezug auf die Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb gemäß § 56 KrWG und § 14 EfbV ausgeschlossen werden.

Diese Eignung beruhe allerdings nicht auf der erst am 30.01.2017 vorgelegten Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb für ein Mitglied der Bietergemeinschaft. Die Berücksichtigung dieses Nachweises zur Eignung der Beigeladenen würde eine unzulässige Änderung ihres Angebotes nach Submission darstellen, da sie sich vorher auf die Eignung von Entsorgungsstellen berufen habe. Es könne vorliegend nicht offen bleiben, ob sich die Beigeladene auf ihre eigene Eignung oder auf die ihrer Entsorgungsstelle, konkret der G.-GmbH, berufe.

Die Beigeladene habe sich aber im Ergebnis in ausreichendem Maße auf die Zertifizierung ihrer Entsorgungsstelle G.-GmbH berufen. Eine solche Zertifizierung sei in der Bekanntmachung eindeutig als Eignungsanforderung für die Bieter gefordert worden. Allerdings sei keine Zertifizierung für bestimmte Tätigkeiten gefordert gewesen. Zwar könne aus der Antwort 11 auf die Bieteranfrage 2 herausgelesen werden, dass der Antragsgegner ein Zertifikat für „Verwerten“ vorgelegt haben wollte; dies stelle jedoch eine unzulässige nachträgliche Verschärfung der Eignungsanforderungen gegenüber der maßgeblichen Bekanntmachung dar.

Da vor dem 27.01.2017 keines der Mitglieder der Bietergemeinschaft über eine entsprechende Zertifizierung verfügte, habe die Beigeladene ihre Eignung nur durch die Berufung auf die Eignung anderer Unternehmen belegen können. Das Angebot der Beigeladenen sei dahingehend auszulegen, dass sie sich bereits mit Angebotsabgabe auf die Zertifizierung ihrer Entsorgungsstellen als Eignungsleiher berufen habe. Sie habe die Entsorgungsstellen zwar nicht im Formblatt 235 eingetragen, jedoch bereits mit Angebotsabgabe die entsprechenden Zertifizierungen von zwei Entsorgungsstellen, die sie alternativ im Leistungsverzeichnis unter Position 03.05.0190 und 03.05.0200 benannt hatte, vorgelegt. Dies ließe nach dem objektiven Empfängerhorizont die Auslegung zu, die Beigeladene wolle sich auf die Eignung dieser Entsorgungsstellen berufen.

Die zunächst nicht erfolgte Eintragung im Formblatt 235 spreche nicht gegen diese Auslegung. Aufgrund der Abfassung und Formulierung des Formblattes 235 habe ein Bieter, der sich in Bezug auf seine technische und berufliche Leistungsfähigkeit auf eine Eignungsleihe berufen wolle, nicht zwingend erkennen müssen, dass er eine solche in der ersten Spalte des Formblattes 235 eintragen musste. Hinzu komme, dass die Verwendung eines vorgegebenen Formblatts nicht zwingend erforderlich sei, wenn an dessen Stelle vorgelegte Erklärungen die geforderten Angaben in gleicher Weise enthielten.

Soweit die Beigeladene erst später, auf die vergaberechtswidrige Aufforderung des Antragsgegners vom 21.12.2016 hin, die Firma G-GmbH in einem weiteren Formblatt 235 als Nachunternehmer zu Position 3.5. benannt habe, stelle dies eine unzulässige Änderung ihres Angebotes dar, welche bei der Frage der Wertbarkeit des Angebots unberücksichtigt bleiben müsse. Die erst mit E-Mail vom 21.12.2016 seitens des Antragsgegners verlangte Verpflichtungserklärung sei wiederum fristgerecht mit E-Mail vom 24.12.2016 abgegeben worden.

Die Tatsache, dass die Beigeladene die Firma G-GmbH nicht bereits mit Angebotsabgabe als Unterauftragnehmer benannt habe und mit E-Mail vom 24.12.2016 nicht mehr wirksam als Unterauftragnehmer benennen konnte, führe nicht zum Ausschluss des Angebots der Beigeladenen, da kein Fall des § 6d EU Abs. 1 Satz 3 VOB/A vorliege. Die Zertifizierung nach § 56 KrWG und § 14 EfbV sei kein Nachweis für die berufliche Befähigung im Sinne des § 6a EU Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe e) bzw. Buchstabe a) oder b) VOB/A, sondern ein Nachweis für Maßnahmen des Unternehmens für die Qualitätssicherung im Sinne des § 6a EU Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe c) bzw. f) VOB/A.

Ergänzend wird wegen der weiteren Einzelheiten auf den Beschluss der Vergabekammer Bezug genommen.

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer vom 06.02.2017 richtet sich die am gleichen Tag eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 22.02.2017, welche diese mit dem Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung verbunden hat.

Die Antragstellerin macht geltend, dass die Vergabekammer zu Unrecht die Rüge des Ausschlusses ihres Nebenangebotes als präkludiert gemäß § 160 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 (wohl zutreffend Nr. 4) GWB bewertet habe. Es sei insoweit auch auf die Schreiben vom 17.11.2016 abzustellen, welche widersprüchliche Angaben enthalten hätten. Aufgrund dieser Schreiben habe die Antragstellerin jedenfalls nicht mit ausreichender Sicherheit beurteilen können, ob der Antragsgegner weiterhin an seiner Auffassung, ihr Nebenangebot nicht zuzulassen, festhalten oder letztlich doch der Rüge betreffend des unzulässigen Ausschlusses ihres Nebenangebotes stattgeben wollte.

Im Übrigen wird weiterhin die mangelnde Eignung der Beigeladenen gerügt. Entgegen der Auffassung der Vergabekammer fordere die Ausschreibung bereits die Vorlage eines EfbV-Zertifikates für das „Verwerten von Abfällen“. Ein solches Zertifikat habe die Beigeladene nicht vorgelegt. Insoweit liege keine unzulässige nachträgliche Verschärfung der Eignungsanforderung gegenüber der maßgeblichen Bekanntmachung vor, sondern vielmehr nur eine zulässige Konkretisierung der Eignungsanforderungen.

Darüber hinaus könne das Angebot der Beigeladenen nicht dahingehend ausgelegt werden, dass diese sich wirksam auf die Zertifizierung der benannten Entsorgungsstellen berufen wollte bzw. konnte. Bereits die alternative Benennung zweier Entsorgungsunternehmen im Angebot sei unzulässig. Des Weiteren habe sich die Beigeladene gar nicht auf die Eignung der benannten Entsorgungsstellen berufen wollen. Hierfür spreche der Hinweis der Beigeladenen auf das von ihr selbst durchgeführte Antragsverfahren auf Erteilung entsprechender Zertifizierungen und die im Nachhinein vorgelegte eigene Zertifizierung sowie deren eigene Erklärungen vor der Vergabekammer.

Des Weiteren verkenne die Vergabekammer, dass vorliegend § 6d EU Abs. 1 Satz 3 VOB/A zur Anwendung komme und zu einem Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen hätte führen müssen. Eine Eignungsleihe setze stets voraus, dass die geliehenen Mittel dem Bieterunternehmen bei der Auftragsausführung auch tatsächlich zur Verfügung stünden. Der Erfüllung dieser Voraussetzung, die nunmehr auch in § 6d EU Abs. 1 Satz 3 VOB/A normiert seien, stünde entgegen, dass die Beigeladene die Firma G.-GmbH nicht wirksam als Unterauftragnehmer benannt habe.

Die Antragstellerin beantragt,

  • 1.Den Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 06.02.2017 (Az.: Z 3-3-3194-1-50-12/16) aufzuheben;

  • 2.dem Antragsgegner zu untersagen, in dem Vergabeverfahren „Strafjustizzentrum M./Neubau: Baugrube Verbau (Vergabenummer: 16 E 1141/Maßnahmennummer: 04019 E 0001)“ den Zuschlag auf das Angebot der Bietergemeinschaft B. S. GmbH und S-GmbH zu erteilen;

  • 3.dem Antragsgegner aufzugeben, die Angebotsprüfung und Wertung in dem vorbezeichneten Vergabeverfahren unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Vergabesenats erneut vorzunehmen.

Der Antragsgegner und die Beigeladene beantragen,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsgegner ist in Übereinstimmung mit der Vergabekammer der Ansicht, dass der Nachprüfungsantrag insoweit unzulässig sei, soweit sich die Antragstellerin gegen den Ausschluss ihres Nebenangebotes gewendet habe. Die Antragstellerin übersehe insbesondere, dass eine Unterbrechung der Frist aus § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB gesetzlich nicht vorgesehen sei. Im Übrigen sei der Antragstellerin keinerlei Mitteilung der Vergabestelle zugegangen, welche die Eindeutigkeit der Zurückweisung der Rüge gegen den Ausschluss ihres Nebenangebots vom 16.11.2016 in Frage gestellt oder den Inhalt dieser Rügezurückweisung aufgehoben hätte.

Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin habe die Beigeladene ihre Eignung zur Ausführung der ausgeschriebenen Maßnahmen nachgewiesen. Zunächst sei zu berücksichtigen, dass der Beigeladenen selbst am 27.01.2017 das Zertifikat als Entsorgungsfachbetrieb verliehen worden sei. Die Vergabekammer hätte dies berücksichtigen müssen. Insoweit komme es auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Vergabesenat als maßgeblichen Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage an. Nachträglich zu Gunsten eines Bieters eintretende Umstände dürften ebenso wie nachteilige Erkenntnisse bei der Nachprüfungsentscheidung berücksichtigt werden.

Auf die Frage der Auslegung des Angebots der Beigeladenen und die Frage, ob eine Eignungsleihe nach Maßgabe von § 6d EU Abs. 1 Satz 3 VOB/A im vorliegenden Fall möglich oder geboten war, komme es daher nicht mehr an.

Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin sei es ausreichend gewesen, irgendein EfbV-Zertifikat vorzulegen, was auch erfolgt sei.

Zu Unrecht wende sich die Antragstellerin auch gegen die von der Vergabekammer vorgenommene Auslegung des Angebotes der Beigeladenen. Das Angebot der Beigeladenen könne bei Abstellen auf den maßgeblichen Empfängerhorizont nicht anders ausgelegt werden, als dass damit eine Berufung auf die Kapazitäten der in den Positionen 03.05.0190 und 03.05.0200 benannten Firmen erfolgen sollte. Andernfalls wäre die Beigabe der Zertifikate für die benannten Firma mit dem Angebot der Beigeladenen inhaltlich sinnlos gewesen.

Auch die alternative Benennung zweier Firmen stehe der Wertung des Angebots der Beigeladenen nicht entgegen. Erst mit der nachgeforderten Verpflichtungserklärung sei die Beigeladene gehalten gewesen, zu konkretisieren, welche Firma nun für die entsprechenden Leistungen herangezogen werden solle.

Die Auffassung der Vergabekammer, dass die Zertifizierungsnachweise nicht als Eignungsanforderungen im Sinne des § 6d EU Abs. 1 Satz 3 VOB/A zu bewerten seien, sei nicht zu beanstanden. Im Übrigen komme es hierauf nicht an, da selbst bei Auslegung im Sinne der Antragstellerin eine Ausschlussfolge nicht eingetreten wäre. Vielmehr hätte die Vergabestelle bei Fehlen einer entsprechenden Eignungsanforderung die Beigeladene auffordern müssen, das benannte Unternehmen zu ersetzen (§ 6d EU Abs. 1 Satz 5 VOB/A).

Zusätzlich legt der Antragsgegner bedingte unselbständige Anschlussbeschwerde ein. Er beantragt für den Fall, dass der Senat nicht aus den seitens der Vergabekammer dargelegten Gründen die Beschwerde zurückweisen würde und nicht bereits im Rahmen der Begründetheit der sofortigen Beschwerde prüfen würde, ob das am 30.01.2017 vorgelegte Zertifikat bei der Eignungsprüfung zu berücksichtigen und ob die Antragstellerin selbst zu Recht gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB ausgeschlossen worden sei,

die Zurückweisung der Beschwerde unter Berücksichtigung der insoweit vorgetragenen Gründe.

Die Antragstellerin beantragt,

die bedingte unselbständige Anschlussbeschwerde zurückzuweisen.

Die Beigeladene verweist zur Begründung ihres Zurückweisungsantrages im Wesentlichen auf die Ausführungen der Vergabekammer und macht sich diese zu eigen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie die beigezogenen Vergabeakten Bezug genommen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 07.03.2017 die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin einstweilen bis zur endgültigen Entscheidung über die aufschiebende Wirkung verlängert.

B.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet. Die Zurückweisung des Nachprüfungsantrages durch die Vergabekammer erfolgte zu Unrecht, da die Angebote der Beigeladenen aus der Wertung auszuschließen waren und die vom Antragsgegner geltend gemachten Umstände einen Ausschluss der Antragstellerin nicht zu rechtfertigen vermögen.

I.

Da das Vergabeverfahren nach dem 18.04.2016 begonnen wurde, ist nach § 186 Abs. 2 GWB n. F. für das Nachprüfungsverfahren das GWB in der aktuellen Fassung anwendbar. Über § 2 VgV kommt daneben die VOB/A-EU zur Anwendung.

II.

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer ist zulässig, insbesondere ist sie gemäß § 172 GWB form- und fristgerecht eingelegt worden.

III.

Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

1. Die Vergabekammer hat zu Recht festgestellt, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin mit Ausnahme der Rüge gegen den Ausschluss ihres Nebenangebotes zulässig ist.

1.1. Die Vergabekammer hat zutreffend festgestellt, dass gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB (offensichtlich irrtümlich zitiert als § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB) die Frist zur Einlegung des Nachprüfungsantrags hinsichtlich dieser konkreten Rüge am 01.12.2016 abgelaufen war und damit der am 02.12.2016 eingereichte Nachprüfungsantrag insoweit verspätet war. Es wird insoweit Bezug genommen auf die Erörterungen der Vergabekammer, welche im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen nur ergänzender Bemerkungen bedarf.

Die Regelung des § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB107 Abs. 3 Nr. 4 GWB a.F.) hat zum Ziel, möglichst frühzeitig Klarheit über die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens zu schaffen. Es handelt sich um eine echte Rechtsbehelfsfrist (Wiese in Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 4. Aufl., § 160 GWB, Rn. 194; Hattig in Praxiskommentar Kartellvergaberecht, 2. Aufl., § 107 GWB, Rn. 149). Dementsprechend sieht das Gesetz weder Unterbrechungsnoch Hemmungstatbestände vor. Die Antragsfrist wird durch die Nichtabhilfemitteilung des Auftraggebers in Gang gesetzt. Auf den näheren Inhalt der Nichtabhilfemitteilung kommt es nicht an, erforderlich und ausreichend ist, dass das entsprechende Schreiben eindeutig zum Ausdruck bringen, dass der Rüge nicht abgeholfen wird.

Richtig ist, dass an die Eindeutigkeit der Erklärung hohe Anforderungen zu stellen sind (OLG Celle, Beschluss vom 04.03.2010, 13 Verg 1/10; Wiese, a.a.O., Rn. 197; Hattig, a.a.O., Rn. 150). Das Schreiben der Vergabestelle vom 16.11.2016 (Anlage BF 6) genügt allerdings diesen strengen Anforderungen, da es eine klare Absage in Bezug auf den mit Schreiben der Antragstellerin vom 15.11.2016 gerügten Ausschluss ihres Nebenangebotes enthält. Das Schreiben selbst lässt keinerlei abweichende Auslegung zu.

Der Hinweis der Antragstellerin auf die Entscheidung des OLG Celle vom 04.03.2010 führt zu keinem anderen Ergebnis. Dort war - anders als hier - mangels Hinweises auf die von dem Bieter nach der Neuregelung in § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB zu wahrende Frist die Präklusionswirkung nicht eingetreten (OLG Celle, Beschluss vom 04.03.2010 - 13 Verg 1/10 -, Rn. 34, Juris). Auch bei der zitierten Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 07.03.2012, Verg 91/11, war die Belehrung der dortigen Antragsgegnerin insoweit irreführend, als sie den Eindruck vermittelte, die Antragstellerin könne einen auf diese Rüge zulässigerweise gestützten Nachprüfungsantrag noch bis zur Zuschlagserteilung einreichen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.03.2012 - VII-Verg 91/11 -, Rn. 26, Juris).

Demgegenüber ist die notwendige Belehrung vorliegend unstreitig in ordnungsgemäßer Form und mit zutreffendem Inhalt erfolgt (vgl. auch S. 35 des Beschlusses der Vergabekammer).

Die nachfolgenden Schreiben der Vergabestelle stellen die Eindeutigkeit des Schreibens vom 16.11.2016 nicht in Frage, da sie in keiner Weise erkennen lassen, dass die Vergabestelle von der Nichtabhilfe der Rüge in irgendeiner Form Abstand genommen hätte. Abgesehen davon erscheint die von der Antragstellerin geltend gemachte Widersprüchlichkeit der Schreiben vom 17.11.2016 allenfalls vordergründig. Bei verständigem Lesen der Mitteilungen vom 17.11.2016 erschließt sich unschwer, dass mit der zweiten Mitteilung nach § 134 GWB vom 17.11.2016 unter Ziffer 4 das Hauptangebot und nicht das Nebenangebot der Antragstellerin gemeint war, was spätestens mit dem Schreiben der Vergabestelle vom 24.11.2016 auch endgültig klargestellt wurde. Jedenfalls konnte die Antragstellerin aus keinem der nachfolgenden Schreiben den Schluss ziehen, dass ihrer Rüge bezüglich des Ausschlusses ihres Nebenangebotes doch abgeholfen werden sollte oder das Schreiben vom 16.11.2016 zwischenzeitlich überholt oder hinfällig wäre.

Der Umstand, dass die streng einzuhaltenden Fristen im Einzelfall zu einer Mehrschichtigkeit von Nachprüfungsverfahren führen können und es ggf. zum Lauf sich überschneidender Fristen nach § 134 Abs. 2 GWB und nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB kommen kann, mag zwar - insbesondere aus Sicht der Praxis - fragwürdig sein. Dies ist jedoch als gesetzgeberische Entscheidung, die eine klare Fristenregelung und eine schnelle Rechtssicherheit bezweckt, hinzunehmen. Die Beteiligten haben sich hierauf einzustellen (Dicks in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 107 GWB, Rn. 58; Hattig in Praxiskommentar Kartellvergaberecht, a.a.O., § 107 Rn. 148).

1.2. Weitere Aspekte, die gegen die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags sprechen könnten, sind nicht ersichtlich.

2. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist auch begründet.

2.1. Die noch im Nachprüfungsverfahren erhobene Rüge, dass Nebenangebote deshalb nicht gewertet werden dürften, weil alleiniges Wertungskriterium der Preis sei, hat die Antragstellerin in der Beschwerde nicht mehr aufrechterhalten. Der Einwand ist auch aus Sicht des Senats nicht stichhaltig.

2.2. Entgegen den Feststellungen der Vergabekammer ist aber die Beigeladene wegen nicht dargelegter Eignung im Sinne des § 6 EU Abs. 1, Abs. 2 VOB/A bei der Vergabe nicht zu berücksichtigen. Sie hat das von der Vergabestelle festgelegte Eignungskriterium „Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb“ nach dem KrWG und der EfbV weder selbst noch im Wege der Eignungsleihe erfüllt.

2.2.1. Der Antragsgegner durfte gemäß §§ 6, 6a EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A von den potentiellen Bietern Zertifizierungen nach § 56 KrWG/§ 14 EfbV verlangen, da diese sich auf die technische und berufliche Leistungsfähigkeit eines Unternehmens beziehen. Diese Anforderung ist auftragsbezogen und findet ihre Rechtfertigung im Gegenstand der zu beschaffenden Bauleistung, da beim Aushub der Baugrube erhebliche Mengen von, ggf. auch kontaminiertem Bauschutt anfallen (vgl. hierzu Schranner in Ingenstau/Korbion, VOB, 20. Aufl., § 6 EU, Rn. 3; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.11.2014 - VII-Verg 21/14). Jedenfalls im Hinblick auf die anfallenden Entsorgungsleistungen war die Forderung nach entsprechenden Zertifizierungen daher nicht unangemessen oder unzulässig. Abgesehen davon hat kein Bieter die in der Bekanntmachung festgelegten Eignungskriterien als vergaberechtswidrig gerügt.

2.2.2. Wie die Vergabekammer sieht auch der Senat in der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen eine klare und unmissverständliche Vorgabe dahingehend, dass der Bieter - sei es selbst oder im Wege der Eignungsleihe - zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe über eine entsprechende Zertifizierung verfügen muss.

Welcher Erklärungswert Angebotsunterlagen zukommt, ist anhand der für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln (ständige Rechtsprechung: vgl. nur BGH, Urteil vom 10.06.2008, X ZR 78/07, Juris Rn. 10 m.w.N.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.05.2005, VII-Verg 19/05, Juris Rn. 20 ff.). Bieter müssen der Ausschreibung wegen gebotener Transparenz und der bei Nichtbeachtung von Ausschreibungsbedingungen drohenden Gefahr eines Angebotsausschlusses klar entnehmen können, welche Voraussetzungen an ihre Eignung gestellt werden und welche Erklärungen/Nachweise von ihnen in diesem Zusammenhang verlangt werden. Für das Verständnis maßgeblich ist der objektive Empfängerhorizont der potentiellen Bieter, also eines abstrakt bestimmten Adressatenkreises (BGH, Urteil vom 03.04.2012, X ZR 130/10, Juris Rn. 10; BGH, Urteil vom 1.06.2008, X ZR 78/07, Juris Rn. 10; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.11.2014 - VII-Verg 21/14 -, Rn. 37, Juris).

Gemäß § 122 GWB ist der Auftraggeber außerdem verpflichtet, vorab festzulegen, welche inhaltlichen Eignungskriterien er bestimmen möchte. § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB verlangt, dass hinsichtlich dieser Eignungskriterien bereits aus der Bekanntmachung alle Angaben ersichtlich sein müssen, die für Bieter für eine Entscheidung zur Teilnahme am Vergabeverfahren oder zur Angebotsabgabe von Bedeutung sind (vgl. Burgi, Vergaberecht, § 16, Rn. 7; Hausmann/von Hoff in Kulartz/Kus/Marks/Portz/Prieß, a.a.O., § 122, Rn. 42; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.11.2014 - VII-Verg 21/14 -, Rn. 32, Juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.09.2012 - VII-Verg 108/11; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.03.2012 - VII-Verg 4/12; OLG München, Beschluss vom 12.11.2010 - Verg-21/10 -, Rn. 20, Juris).

Gemessen an diesen Vorgaben steht außer Zweifel, dass der Antragsgegner ordnungsgemäß, eindeutig und widerspruchsfrei eine Zertifizierung des Bieters als Entsorgungsfachbetrieb als Eignungsanforderung festgelegt hat.

Hierfür sprechen insbesondere folgende Umstände:

In der Bekanntmachung ist insoweit unter Ziffer III. 1.3.) klar die Bestätigung über die Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb gemäß § 52 KrWG, § 14 EfbV gefordert. Diese Anforderung wird sowohl in der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes (dort unter Ziffer 3.1.) als auch im Leistungsverzeichnis selbst unter den technischen Vorbemerkungen zur Pos. 03.5. zur Entsorgung und Verwertung und Altlasten wiederholt. Eine Richtigstellung dahingehend, dass es sich bei den geforderten Nachweisen um Zertifikate nach § 56 KrWG n.F. handelt, erfolgte im Rahmen der Beantwortung einer Bieteranfrage vom 20.09.2016 und ergibt sich aus der Antwort auf die dortige Frage 11. Die diesbezügliche Antwort enthält auch den Hinweis, dass vom Bieter selbst nicht das „Behandeln“ von Abfällen als zertifizierter Tätigkeit verlangt wird, woraus aber im Umkehrschluss zumindest das Erfordernis auf eine Zertifizierung des Bieters als solche zu folgern ist.

In den technischen Vorbemerkungen ist weiterhin ausgeführt worden, dass „die für die Verwertung vorgesehene Firma ebenfalls zertifiziert sein muss“. Unabhängig davon, welche Anforderungen sich hieraus für Nachunternehmer oder in Bezug auf die Art der zertifizierten Tätigkeit ergeben, kann aus den gesamten Unterlagen auf dieser Grundlage nur der Schluss gezogen werden, dass eine Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb für eine erfolgreiche Teilnahme an der Ausschreibung unabdingbar ist.

2.2.3. Eine hiervon zu unterscheidende (und für eine mögliche Eignungsleihe bedeutsame) Frage ist, ob ein Bieter für alle oder nur für bestimmte und ggf. für welche der in der Leistungsbeschreibung enthaltenen Tätigkeiten über eine Zertifizierung verfügen muss.

Im Hinblick auf § 122 Abs. 4 GWB, wonach Eignungskriterien mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen müssen, lässt sich zwar annehmen, dass ausgeschriebene Tätigkeiten ohne jede abfallrechtliche Relevanz (wie z.B. Spundwandarbeiten) auch von einer nicht als Entsorgungsfachbetrieb zertifizierten Firma durchgeführt werden dürfen. Geht es dagegen um Entsorgung und Verwertung von Abfall, insbesondere von Altlasten, kann die Ausschreibung nicht anders verstanden werden, als dass der Bieter über eine Zertifizierung verfügen muss. Das Erfordernis der Zertifizierung umfasst damit die gesamten sich aus Position 3.5. ergebenden Entsorgungsleistungen, und nicht etwa nur die Positionen 3.5.190 und 3.5.200, bei denen im Leistungsverzeichnis ausdrücklich die Entsorgungsstellen zu benennen waren.

Wie schon die Überschrift der Ziffer 3.5 deutlich macht, regelt dieser Abschnitt die „Entsorgung u. Verwertung, Altlasten“. Im Vorspann der Ziffer wird unter „technischen Vorbemerkungen“ ausdrücklich wiederholt, dass der Bieter mit Angebotsabgabe Nachweise über seine qualitative und technische Leistungsfähigkeit vorzulegen habe. Weiter heißt es dort, dass die Anforderung insbesondere in Bezug auf die Entsorgungsleistungen gelten, die ausschließlich über einen zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb nach KrW/Abfallgesetz bzw. EfbV zu erbringen seien. Die Vorlage der Bestätigung der Zertifizierung mit Abgabe des Angebots wird nochmals explizit gefordert. All dies spricht dafür, dass die Zertifizierung für die gesamte Position 3.5. und nicht nur für einzelne Unterpunkte erforderlich ist. Es mag zwar sein, dass die Zertifizierung des mit der Entsorgung befassten Unternehmens umso wünschenswerter ist, je stärker kontaminiert der Bauschutt ist. Einen Anhalt dafür, dass sich die Eignungsanforderung „zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb“ nur auf Bauschutt von spezieller Qualität bzw. besonderer Gefährlichkeit bezieht, bieten jedoch weder der Wortlaut noch die Systematik der Ausschreibung. Eine - grundsätzlich mögliche - Beschränkung der Eignungsanforderung auf die Entsorgung von Boden/Aushub ab einer bestimmten Gefahrenklasse lässt sich der Ausschreibung nicht entnehmen.

Ein fachkundiger Bieter im Sinne obiger Ausführungen konnte mithin nicht davon ausgehen, dass nur beschränkt auf die Positionen 3.5.190 und 3.5.200 ein Zertifikat vorzulegen war, sondern allenfalls, dass die Vergabestelle bei Aushub der Klasse DK III im Hinblick auf die Gefährlichkeit der Abfälle die konkrete Firma, welche die Entsorgung am Ende der Kette übernehmen würde, an dieser Stelle ausdrücklich benannt haben wollte. So wird in den beiden Positionen genau beschrieben, dass der kontaminierten Aushubs zu einer dafür zugelassenen Grube/Deponie zu verbringen ist und dort ein Verwiegen des Materials und Erstellung der Entsorgungspapiere erfolgt. Diese vorgesehene Entsorgungsstelle, mithin also die Zieldeponie/-grube, war vom Bieter einzutragen.

2.2.4. In diesem Zusammenhang hat der Senat nicht verkannt, dass die Ausschreibung gewisse Unschärfen bzw. Ungenauigkeiten enthält. So hat die Vergabestelle nicht näher festgelegt, ob sie eine Zertifizierung für bestimmte Tätigkeiten im Sinne des § 56 Abs. 2 KrWG verlangt. Auch wurden abfallrechtliche Begriffe (vgl. Definition in § 3 KrWG) nicht immer korrekt verwendet. So heißt es beispielsweise auf Seite 70 des Leistungsverzeichnisses, „gemäß KrWG ist eine Verwertung einer Entsorgung immer vorzuziehen“, oder bei einzelnen Positionen in 3.5., „der Baugrubenaushub ist einer Entsorgung bzw. Verwertung auf einer dafür zugelassenen Grube oder Deponie zuzuführen“. Ersichtlich hat die Vergabestelle verschiedentlich den Begriff der „Entsorgung“ im Sinne von „Beseitigung“ verstanden und verwendet, während gemäß § 3 Abs. 22 KrWG „Entsorgung“ der Oberbegriff für sämtliche Verwertungs- und Beseitigungsmaßnahmen einschließlich ihrer Vorbereitung ist (Kopp-Assenmacher/Schwartz in: Kopp-Assenmacher, KrWG, 1. Aufl. 2014, § 3 Begriffsbestimmungen, Rn. 111).

Diese Unschärfen haben allerdings keine Relevanz für die bereits erörterte Fragen, ob die Bieter selbst eine Zertifizierung vorzuweisen haben und welche Tätigkeiten der Leistungsbeschreibung einer Zertifizierung bedurften. Sie könnten allenfalls von Bedeutung für die Frage sein, ob ein Bieter ein Zertifikat zur „Verwertung“ benötigt oder ob andere Entsorgungszertifikate (z.B. Handeln, Lagern, Makeln u.a.) genügen. Den letztgenannten Streitpunkt konnte der Senat dahingestellt lassen, da er nicht entscheidungserheblich war.

2.2.5. Die Vergabestelle ist an die mit der Bekanntmachung festgelegten Eignungsanforderung gebunden und kann diese im Hinblick auf das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot in der Folge nicht aufgeben, nur weil ein ggf. in tatsächlicher Hinsicht geeigneter Bieter nunmehr den gewünschten Vertragspartner darstellt. Eine Abweichung von den selbst aufgestellten Eignungskriterien würde vielmehr eine wesentliche Änderung des öffentlichen Auftrages beinhalten, welche nach § 132 GWB im laufenden Vergabeverfahren nicht möglich wäre.

2.2.6. Auf der Grundlage der von der Beigeladenen in ihrem Angebot gemachten Angaben konnte und durfte der Antragsgegner nicht davon ausgehen, dass die Beigeladene über die für die Auftragsausführung erforderliche Eignung - konkret in Form des vorzulegenden Zertifikats - verfügt.

2.2.6.1. Unstreitig hat weder die Beigeladene als Bietergemeinschaft noch ein Mitglied der Bietergemeinschaft zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe eine Zertifizierung nach § 56 KrWG inne gehabt. Dass ggf. - wie die Beigeladene vorträgt - zu einem früheren Zeitpunkt bereits die Eignung zur Erlangung eines solchen Zertifikates vorlag, ändert nichts an der Tatsache, dass dieses noch nicht erteilt war. Die Beigeladene erfüllt damit nicht die Vorgabe der Vergabestelle, wonach der Bieter als Entsorgungsfachbetrieb zertifiziert sein muss und das Zertifikat bei Angebotsabgabe vorzulegen hat.

2.2.6.2. In Übereinstimmung mit der Vergabekammer ist auch der Senat der Auffassung, dass die erst im Januar erlangte Zertifizierung nicht zur Bejahung der Eignung der Beigeladenen führen kann. Entgegen der Ansicht der Beigeladenen kommt es wegen der festgelegten Anforderungen nicht auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Vergabesenat an, sondern auf den Zeitpunkt der Angebotsabgabe.

In der Bekanntmachung und den sonstigen Unterlagen ist mehrfach deutlich gemacht worden, dass die entsprechenden Nachweise „mit dem Angebot“ vorzulegen sind. Dies legt nicht nur der Zeitpunkt für die Vorlage entsprechender Nachweise fest, sondern regelt auch, dass der Bieter zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe über eine Zertifizierung verfügen muss.

Darüber hinaus würde die Zulassung eines später erlangten Eignungsnachweises zu einer mit dem Vergaberecht unvereinbaren Wettbewerbsverzerrung führen und gegen die Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung verstoßen. Die Ausschreibung hat sich von vorneherein nur an diejenigen Bieter gerichtet, die zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe bereits zertifiziert waren. Es wäre dem Vergaberecht fremd, wenn es einem Bieter durch bloßen Zeitablauf ermöglicht werden würde, sich in die Eignung zu „retten“, obwohl er die geforderten Qualifikationsmerkmale bei Angebotsabgabe und der Eignungsprüfung gar nicht besaß. Hinzu kommt, dass vorliegend Anlass für die Verzögerung der Zuschlagserteilung der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin war, in dem gerade auch die beanstandete Eignung der Beigeladenen gerügt wurde.

Die Entscheidung des OLG München vom 22.11.2012, Verg 22/12, auf die sich der Antragsgegner in seiner Beschwerdeerwiderung beruft, ist auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. In dem dort entschiedenen Fall ging es um die Frage der Zuverlässigkeit eine Bewerbers, die dahingehend zu treffende Prognoseentscheidung und die Frage einer möglichen Selbstreinigung, nicht aber um die Frage der Fachkunde und Leistungsfähigkeit, bzw. in der aktuellen Formulierung des Gesetzes um die Frage der „technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit“. Die Frage der Zuverlässigkeit ist aber von der Frage nach der Eignung eines Bewerbers zu unterscheiden, was sich auch in der Novelle zum Vergaberecht 2016 niedergeschlagen hat. Im neuen Recht ist zwischen Eignung einerseits und „Ausschlussgründen“ andererseits, welche die früheren Kategorien der Gesetzestreue und Zuverlässigkeit umfassen, zu unterscheiden (Burgi, a.a.O., § 16, Rn. 2; Schranner in Ingenstau/Korbion, a.a.O., § 6 EU-VOB/A, Rn. 2).

Insoweit greift der vom Antragsgegner angestellte Vergleich mit Maßnahmen zur Selbstreinigung vorliegend nicht, da die Selbstreinigung nach § 6f EU VOB/A sich gerade auf die Ausschlussgründe nach § 6e EU VOB/A bezieht, der die frühere Zuverlässigkeitsprüfung ersetzt. Eine „Selbstreinigung“ dahingehend, dass zunächst fehlende materielle Eignungsvoraussetzungen „nachgeholt“ werden können, sieht das Gesetz aber außerhalb gesetzlich zulässiger Aufklärungen und Nachforderungen von Unterlagen gerade nicht vor.

Eine Aufklärung im Sinne des § 15 EU VOB/A oder eine Nachforderung von Unterlagen im Sinne des § 16a EU VOB/A kommt im Hinblick auf die eigene Zertifizierung der Beigeladenen nicht in Betracht bzw. wäre ins Leere gelaufen, da diese über die geforderte Zertifizierung jedenfalls zum Zeitpunkt der Vergabeentscheidung nicht verfügte.

2.2.7. Das Angebot der Beigeladenen kann entgegen der Ansicht der Vergabekammer auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sich die Beigeladene bereits mit Angebotsabgabe in Bezug auf die von Position 3.5. umfassten Leistungen auf die Zertifizierung ihrer Entsorgungsstellen im Wege der Eignungsleihe berufen wollte oder hat. Die unter Ziffer 2.2.2. ausgeführten Auslegungskriterien sind auch im Rahmen der Auslegung des Angebotes heranzuziehen.

2.2.7.1. Gemäß § 6d EU VOB/A kann sich ein Bieter zur Erfüllung des Auftrages grundsätzlich auf andere Unternehmen stützen, d. h. sich zum Nachweis der Eignungsanforderung der Eigenschaften und Fähigkeiten anderer Unternehmen bedienen. Die Leistungserfüllung durch Dritte ist nach § 6d EU Abs. 1 VOB/A dabei nicht auf den Einsatz von Nachunternehmern beschränkt, sondern erfasst werden alle Zugriffe auf Dritte zu dem Zweck, die ordnungsgemäße Erfüllung der zur Vergabe anstehenden Leistung zu ermöglichen und sicherzustellen, wenn das sich bewerbende oder bietende Unternehmen dazu allein nicht in der Lage ist oder wenn es die vom Auftraggeber in zulässiger Weise gestellten Anforderungen an die Eignung selbst nicht erfüllen kann (Schranner in Ingenstau/Korbion, a.a.O., § 6 d, Rn. 3).

2.2.7.2. Eine diesen Anforderungen gerecht werdende Berufung auf die Eignung anderer Unternehmen ist durch die Beigeladene nicht erfolgt.

Für eine solche Auslegung des Angebots der Beigeladenen könnte zwar sprechen, dass die Beigeladene im Sinne einer wohlwollenden Auslegung nunmehr ihr Angebot so verstanden wissen will und dass die Beigeladene (auf spätere Anforderung der Vergabestelle) eine die gesamte Position 3.5. umfassende Verpflichtungserklärung vorgelegt hat. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass zu diesem Zeitpunkt die Eignung der Beigeladenen von der Antragstellerin bereits in Frage gestellt war. Rückschlüsse darauf, wie die Angebotsunterlagen der Beigeladenen bei Angebotsabgabe aus objektiver Sicht (s.o.) zu verstehen sind, lassen sich damit nicht ziehen.

Betrachtet man das Angebot der Beigeladenen, so hat sie nur an den beiden vorgesehenen Positionen 3.5.190 und 3.5.200 zwei Entsorgungstellen genannt. Sie hat dem Angebot zwei Entsorgungszertifikate beigefügt und zwar eines für eine der benannten Firmen. Das zweite Zertifikat lautet entgegen den Feststellungen der Vergabekammer nicht auf die Firma G.-GmbH, sondern auf die Firma B.A.M., was bis zur Beschwerde wohl nicht bemerkt, jedenfalls aber im Verfahren nicht thematisiert wurde. Auf Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Beigeladenen erläutert, dies sei ein Versehen, das er nicht bemerkt habe. Bei der Firma G.-GmbH handele es sich um eine 100%ige Tochter der B.A.M., die Namen beide Firmen würden intern praktisch synonym verwendet.

Unabhängig von der Frage der Beteiligungsverhältnisse und sonstiger Erläuterungen zu der aufgezeigten Diskrepanz kann aus nachfolgenden Gründen nicht davon ausgegangen werden, dass die Beigeladene die eigene fehlende Eignung durch die Heranziehung einer anderen Firma kompensiert hat. Das Vorbringen des Antragsgegners und der Beigeladenen im Nachgang zur mündlichen Verhandlung mit Schriftsätzen vom 13., 18. und 20.04.2017 gab dementsprechend keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Ebenso blieb der Schriftsatz der Antragstellerin vom 19.04.2017 unberücksichtigt.

Die Beigeladene hat nicht näher erläutert, welche Tätigkeiten die Firmen vornehmen sollen, für die sie Zertifikate vorgelegt hat. Sie hat es unstreitig unterlassen, aus eigenem Antrieb das Formblatt 235 auszufüllen, welches ein Verzeichnis der Nachunternehmer und Eignungsleiher enthalten sollte.

Folgt man der Sicht der Beigeladenen, wonach eine Einordnung unter dem Begriff des Nachunternehmers nicht zu erfolgen hatte, weil die benannten Entsorgungsstellen nicht zur eigentlichen Auftragserfüllung herangezogen werden sollten und daher keine Nachunternehmer im eigentlichen Sinne darstellten (vgl. insoweit zur Abgrenzung Nachunternehmer/Eignungsleiher: Hänsel in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Auflage, § 6 VOB/-EG, Rn. 27; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.06.2010 - VII-Verg 13/10), impliziert dies, dass kein anderes Unternehmen anstelle der Beigeladenen auftragsgemäß eigenverantwortlich eine Leistung gegenüber dem Antragsgegner erbringen sollte. Versteht man die Ausschreibung in den Positionen 3.5.190 und 3.5.200 wie unter Ziffer 2.2.3. dargelegt, sind die zu benennenden Entsorgungsstellen wohl tatsächlich keine Nachunternehmer, sondern nur die Firmen am Ende der Kette der Entsorgung. Durch die Benennung stellt die Vergabestelle sicher, dass der Bieter den besonders gefährlichen, kontaminierten Bauschutt ordnungsgemäß zu einer geeigneten, aufnahmebereiten konkret bezeichneten Deponie verbringt. Folgt man dieser Lesart, hat sich die Beigeladene überhaupt nicht auf die Eignung eines anderen Unternehmens gestützt und zwar weder durch Benennung eines Nachunternehmers noch durch Eignungsleihe.

Selbst wenn man das Angebot der Beigeladenen so versteht, dass sie sich für die Positionen 3.5.190 und 3.5.200 auf die Tätigkeit der zertifizierten Entsorgungsunternehmen stützt, ist zu berücksichtigen, dass sich das Verlangen der Vergabestelle nach einer Zertifizierung nicht nur auf diese beiden Positionen, sondern auf alle im Abschnitt 3.5 genannten Entsorgungstätigkeiten bezieht, wie ebenfalls oben unter Ziffer 2.2.3. aufgezeigt. Dass die Beigeladene für alle unter 3.5. genannten Tätigkeiten, die sie als Auftragnehmerin laut Ausschreibung zu erbringen hat und für die sie auch Vergütung erhält, ein anderes Unternehmen heranziehen wollte, behauptet sie selbst nicht und ist auch objektiv mangels Hinweises an irgendeiner Stelle des Angebots nicht ersichtlich.

Hätte die Beigeladene dies gewollt, hätte sie die Entsorgungsunternehmen im Angebot zumindest als „Eignungsleiher“ für die Positionen 3.5. benennen müssen, um für den Antragsgegner deutlich zu machen, dass sie die fraglichen Leistungen nicht selbst bzw. nicht ohne Hilfe Dritte durchführt. Soweit die Vergabekammer meint, dass sich aus dem Formblatt 235 in Bezug auf eine Eignungsleihe hinsichtlich der beruflichen und technischen Leistungsfähigkeit ein Eintragungserfordernis nicht hinreichend deutlich entnehmen ließe, kann ihr nicht gefolgt werden. So wurde in der Antwort auf Frage 3 einer Bieteranfrage vom 30.08.2016 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch für den Fall der Eignungsleihe im Hinblick auf die berufliche und technische Leistungsfähigkeit ein Ausfüllen des Formblattes erforderlich sei. Laut Vergabedokumentation ist davon auszugehen, dass zu allen Fragestellungen der Bieter entsprechende Antworten veröffentlicht wurden.

– Selbst wenn man das Ausfüllen des Formblattes für nicht unbedingt erforderlich hält, ergibt sich aus den Teilnahmebedingungen selbst das zwingende Erfordernis einer Benennung der Unternehmen, die Eignungsleiher sein sollten. Unter Ziffer 7 der Teilnahmebedingungen (Formblatt 212) wird insoweit ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch im Rahmen einer Eignungsleihe in beruflicher und technischer Hinsicht die Benennung der entsprechenden Leistungen/Kapazitäten erforderlich ist. Die bloße Benennung unter den Positionen 3.5.190 bzw. 3.5.200 reicht für eine gewollte Eignungsleihe im Hinblick auf die gesamte Position 3.5., die wie ausgeführt gefordert war, gerade nicht aus, da hier nur Einzelpositionen aufgeführt werden.

– Dass sich die Beigeladene außerhalb der Positionen 3.5.190, 3.5.200 gerade nicht auf die Eignung der Firma G.-GmbH berufen wollte, wird über die fehlende Angabe der Firma hinaus durch die eigene Erklärung der Beigeladenen bestätigt. So spiegeln die im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens eingereichten Schriftsätze wieder, dass eine Eignungsleihe im Grunde nicht beabsichtigt war, worauf die Antragstellerin zu Recht hingewiesen hat.

Insbesondere die Erklärungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben diesen Eindruck erhärtet. Insoweit hat der Vertreter der Beigeladenen ausdrücklich erklärt, dass die Leistungen der Firma G.-GmbH weder als Nachunternehmerleistung noch als Eignungsleihe gesehen wurden. Nur bei entsorgungspflichtigem, kontaminiertem Bauschutt besonderer Klassen - aus Sicht der Beigeladenen eben bei den Positionen 3.5.190 und 3.5.200 - sollte eine der benannten Entsorgungsfirmen eingeschaltet werden. Ansonsten habe man - je nach Belastungsgrad des Bauschuttes - teils selbst, teils in Kooperation mit der Entsorgungsfachfirma, die Leistungen durchführen wollen.

Es mag durchaus sein, dass die Beigeladene, zumal mit der nunmehrigen Zertifizierung eines Mitglieds der Bietergemeinschaft, abfallrechtlich ordnungsgemäß für die Entsorgung des Bauschutts sorgen würde und auch nie etwas anderes von ihr beabsichtigt war. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Vergabestelle besondere Anforderungen an die Eignung des Bieters in der Ausschreibung festgelegt hat, an die die Beteiligten gebunden sind. Aus den objektiven Umständen im Zusammenhang mit den Erklärungen der Beigeladenen kann nur der Schluss gezogen werden, dass die Beigeladene diese aufgezeigten Anforderungen an die Eignung trotz klarer Festlegung verkannt hat. Ihr Angebot kann nur dahingehend verstanden werden, dass für zwei gesondert aufgeführte Positionen Entsorgungsstellen benannt wurden, die über eine entsprechende Zertifizierung verfügten. Darüber hinaus war der Einsatz eines zertifizierten Entsorgungsunternehmens nicht angeboten, obwohl dies mangels eines eigenen Zertifikates notwendig gewesen wäre. Die für die gesamten Entsorgungsleistungen geforderte Eignung des Bieters ist damit nicht abgedeckt worden. Unabhängig davon, dass mittlerweile über die Beigeladene und die von dieser angebotenen Vorgehensweise aus Sicht der Vergabestelle eine ordnungsgemäße Entsorgung gesichert wäre, genügt das Angebot in dieser Form damit nicht den aufgestellten Anforderungen.

2.2.8. Die Vergabestelle konnte und durfte auch nicht im Wege einer Aufklärung nach § 15 EU VOB/A oder einer Nachforderung nach § 16a EU VOB/A eine Abänderung des Eignungsnachweises in die Wege leiten.

Eine Aufklärung des Angebotes dient nur dem Zweck, etwaige Unklarheiten desselben auszuräumen, darf aber nicht zu einer inhaltlichen Änderung des vom Bieter bisher im Angebot zum Ausdruck gebrachten Willens führen, weil sonst der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gewahrt werden würde (OLG München, Beschluss vom 15.03.2012, Verg 2/12, Juris Rn. 69; von Wietersheim, Ingenstau/Korbion, a.a.O., § 15 VOB/A, Rn. 4).

Allenfalls wäre vor diesem Hintergrund ggf. eine Aufklärung oder eine Nachreichung von Unterlagen in Bezug auf das für die falsche Firma vorgelegte Zertifikat möglich und geboten gewesen, da insoweit laut Angaben des Vertreters der Beigeladenen im Rahmen der mündlichen Verhandlung wohl ein Versehen vorlag. Diesbezüglich wäre in Betracht gekommen, dass es sich nur um das Ausräumen inhaltlicher Unklarheiten und ein zulässiges Informationsverlangen handeln könnte.

Im Hinblick auf die eindeutigen Angaben der Beigeladenen im Termin vor dem Senat hätte im Übrigen eine weitere Aufklärung durch die Vergabestelle zu einem früheren Zeitpunkt nur bestätigt, dass die Beigeladene ein nicht den Anforderungen der Ausschreibung gerecht werdendes Angebot abgegeben hat. Hätte die Beigeladene darüber hinaus auf die Aufforderung der Vergabestelle hin einen Wechsel von der beabsichtigten Eigenleistung ohne Berufung auf Fremdkapazitäten auf eine umfassendere Eignungsleihe vorgenommen, würde dies eine unzulässige Abänderung des Angebotes darstellen, welche von § 15 VOB/A nicht gedeckt wäre (siehe hierzu von Wietersheim, Ingenstau/Korbion, a.a.O., § 15 VOB/A, Rn. 5).

Auch eine Nachforderung von Unterlagen nach § 16a EU VOB/A - ggf. in Form vollständiger Angaben zur Eignungsleihe in den Formblättern - überwindet dieses Manko nicht. Es geht nicht um das Nachreichen fehlender Unterlagen, sondern es hätte ein Austausch des Angebotsinhalts erfolgen müssen, welcher eine Umgehung des sich aus § 15 EU Abs. 3 VOB/A ergebenden Nachverhandlungsgebotes mit sich bringen würde (von Wietersheim, § 16a EU VOB/A, Rn. 2; vgl. hierzu auch Burgi, a.a.O., § 18, Rn. 4).

Vor diesem Hintergrund hat die Vergabekammer zu Recht die Aufforderung der Vergabestelle zur Nachreichung des ausgefüllten Formblattes mit der Benennung der Firma G.-GmbH als Nachunternehmer als vergaberechtswidrig bewertet.

2.2.9. Zusammenfassend können die Angebote der Beigeladenen wegen fehlender Eignungsnachweise nicht in der Wertung verbleiben, sie sind vielmehr zwingend auszuschließen.

3. Auf die weiteren mit der Beschwerde aufgeworfenen Fragen dahingehend, ob eine alternative Benennung von Entsorgungsstellen überhaupt möglich war, welche Tätigkeiten das vorzulegende Zertifikat zu umfassen hatte und ob § 6d EU Abs. 1 Satz 3 VOB/A im konkreten Fall ein Selbstausführungsgebot des Eignungsleihers begründet, braucht vor dem Hintergrund obiger Ausführungen nicht mehr eingegangen zu werden.

4. Soweit die Beigeladene geltend macht, dass die Antragstellerin auszuschließen sei, da ihr eine schwere Verfehlung im Sinne des § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB/§ 6e EU Abs. 6 Nr. 3 VOB/A vorzuwerfen sei, trifft dies nicht zu. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hier zunächst auf die zutreffenden und umfassenden Feststellungen der Vergabekammer Bezug genommen, welche sich der Senat ausdrücklich zu eigen macht und die durch das Vorbringen des Antragsgegners nicht in Frage gestellt werden.

4.1. Soweit die Vergabekammer einen zulässigen Ausschluss der Antragstellerin nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB/§ 6e EU Abs. 6 Nr. 7 VOB/A verneint hat, wird dies seitens des Antragsgegners in der Beschwerdeerwiderung nicht mehr angegriffen.

4.2. Entgegen den Ausführungen des Antragsgegners liegen aber auch die Voraussetzungen für einen Ausschluss nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB, § 6e EU Abs. 6 Nr. 3 VOB/A nicht vor.

§ 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB beinhaltet einen fakultativen Ausschlusstatbestand für Unternehmen, die im Rahmen der beruflichen Tätigkeit nachweislich eine schwere Verfehlung begangen haben, welche die Integrität des Unternehmens in Frage stellt (Hausmann/von Hoff, Kulartz/Kus/Portz/Prieß, a.a.O., § 124, Rn. 23). Schwer ist eine Verfehlung dann, wenn sie schuldhaft begangen wurde und erhebliche Auswirkungen hat (Hausmann/von Hoff, a.a.O., Rn. 26; OLG München, Beschluss vom 21.05.2010 - Verg 2/10). Darüber hinaus müssen nachvollziehbare sachliche Gründe dafür vorliegen, dass aufgrund der nachweislichen Pflichtverletzung in der Vergangenheit auch für den zu vergebenden Auftrag schwere Zweifel an der Integrität des Bewerbers bestehen (Hausmann/von Hoff, a.a.O., Rn. 27). Angesichts des Verhaltens des Unternehmens darf dem öffentlichen Auftraggeber nicht zugemutet werden können, mit diesem in vertragliche Beziehungen zu treten (Conrad in Müller-Wrede, GWB Vergaberecht Kommentar, § 124, Rn. 46).

4.3. Gemessen an diesen Anforderungen legt der Antragsgegner keine Umstände dar, die einen Ausschluss der Antragstellerin rechtfertigen könnten.

Dem Antragsgegner ist zwar zuzugestehen, dass es im Rahmen der Ausführungen der Bauleistung für das Bauvorhaben Strafjustizzentrum M.; Bauvorbereitung/Dekontamination zu nicht unerheblichen Auseinandersetzungen mit der Antragstellerin über die sich aus dem damaligen Vertrag ergebenden Verpflichtungen gekommen ist. Streitpunkte waren insbesondere die Feststellungen zum Umgang, zur Einstufung und zur Entsorgung von kontaminierten Materialien und die Frage, wer die maßgeblichen Einstufungen vorzunehmen hatte. Des Weiteren wurde über die Einstufung der Materialien in die verschiedenen Schadstoffklassen gestritten.

Selbst bei Unterstellung des zum Teil bestrittenen Vortrags des Antragsgegners vermag der Senat in Übereinstimmung mit der Vergabekammer hierin aber letztlich nur Meinungsverschiedenheiten der Beteiligten über die Vertragsinhalte bzw. die hieraus abzuleitenden Pflichten zu erkennen. Die Vertretung eines von der Vergabestelle abweichenden Rechtsstandpunktes durch die Antragstellerin kann aber - auch aus Sicht der Vergabestelle - nicht als schuldhaft pflichtwidriges Verhalten bewertet werden. Die Bewertung einzelner Punkte des damaligen Vertrages durch die Antragstellerin, die zeitweise auch mit durchaus deutlichen Worten vertreten worden sein mag, ist nicht als schwere Verfehlung im Sinne des § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB zu bewerten, welche die Integrität des Unternehmens selbst in Frage stellt und dem Antragsgegner ein weiteres Zusammenarbeiten mit der Antragstellerin unzumutbar machen würde.

Insbesondere ist auch nicht zu erkennen, welche erheblichen Auswirkungen auf besonders schützenswerte Rechtsgüter das Verhalten der Antragstellerin haben soll bzw. dass durch deren Verhalten ein erheblicher Schaden entstanden sein sollte. Die Annahme schwerer Verfehlungen rechtfertigt sich nach Ansicht des Senates nur in Bezug auf Verfehlungen, welche sich nicht in abweichenden rechtlichen Bewertungen erschöpfen, die ggf. auch einer Klärung zugeführt werden müssen (vgl. hierzu auch die aufgeführten Beispiele in Hausmann/von Hoff, a.a.O., Rn. 26, Rn. 30).

4.4. Ergänzend ist auch folgender Umstand für die Frage, ob dem Antragsgegner ein weiteres Zusammenarbeiten mit der Antragstellerin zugemutet werden kann und ob das Vertrauensverhältnis zu diesem in schwerwiegender Weise gestört ist, von Bedeutung:

Dem Antragsgegner ist zwar zuzugestehen, dass § 124 Abs. 1 GWB/§ 6e EU Abs. 6 Nr. 3 VOB einen Ausschluss vom Verfahren bei Vorliegen der Voraussetzungen zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens zulässt, wobei allerdings jeweils der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist.

Der Antragsgegner hat vorliegend den Ausschluss der Antragstellerin erst im laufenden Nachprüfungsverfahren mit Schreiben vom 12.01.2017 ausgesprochen. Der Vergabedokumentation sowie den Unterlagen der Vergabestelle zur Eignungsprüfung der Antragstellerin ist zu entnehmen, dass die Eignung der Antragstellerin im Rahmen der Prüfung und Wertung der Eignung nach § 16b EU VOB/A nicht beanstandet wurde, vielmehr wurde diese und auch das Fehlen von Ausschlussgründen ausdrücklich bejaht. Im Hinblick auf das nunmehrige Vorbringen des Antragsgegners wäre zumindest zu erwarten gewesen, dass sich aus der Dokumentation eine Zurückstellung der Prüfung der Eignung bzw. der Ausschlussgründe ergibt, falls diese im Vergleich zur Prüfung der Angebote selbst eines besonderen Aufwandes bedurft hätte. Eine solche Zurückstellung ergibt sich aus der Dokumentation nicht einmal ansatzweise.

Vor diesem Hintergrund spricht bereits einiges dafür, den nunmehr erst im Lauf des Nachprüfungsverfahrens ausgesprochenen Ausschluss als einen unzulässigen Wiedereinstieg in die Eignungsprüfung zu bewerten. Da die vorgetragenen Gründe für den Ausschluss dem Antragsgegner bereits zum Zeitpunkt der Wertung nach § 16b EU VOB/A bekannt gewesen sein müssen, könnte die Zulässigkeit der erst jetzt erfolgten Geltendmachung ohne vorher erklärten Vorbehalt einer späteren Prüfung zweifelhaft sein (vgl. hierzu Hausmann/von Hoff, a.a.O., § 123, Rn. 57 und 58). Jedenfalls aber lässt diese eigene Bewertung durch den Antragsgegner den Schluss zu, dass dieser selbst das frühere Verhalten der Antragstellerin nicht als so schwerwiegend bewertet hat, dass er diese von vornherein von der weiteren Wertung ausschließen wollte.

4.5. Die Nachprüfungsinstanzen können zwar angesichts des dem Auftraggeber zu-stehenden Ermessens die Ausschlussentscheidung und die damit einherge-hende Prognoseentscheidung grundsätzlich nur auf Ermessenfehler überprüfen (Hausmann/von Hoff, a.a.O., Rn. 71; Conrad in Müller-Wrede, Kommentar Vergaberecht,§ 124, Rn. 203). Ob im Rahmen der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der schweren Verfehlung der Vergabestelle ein Beurteilungsspielraum zukommt oder die Auslegung durch die Nachprüfungsinstanzen uneingeschränkt überprüft werden kann, wird zum Teil unterschiedlich gesehen (bejahend hinsichtlich des Beurteilungsspielraums wohl: Hausmann/von Hoff, a.a.O., Rn. 26; verneinend wohl: Conrad in Müller-Wrede, Kommentar Vergaberecht,§ 124, Rn. 48).

Der Senat ist der Ansicht, dass die Frage, ob die seitens der Vergabestelle erfolg-te Subsumtion des von ihr ermittelten Sachverhalts unter die unbestimmten Rechtsbegriffe „nachweislich“ und „schwere“ Verfehlung“ zutreffend erfolgt ist, von den Nachprüfungsinstanzen uneingeschränkt überprüft werden kann (OLG München, Beschluss vom 22. November 2012 - Verg 22/12 -, Rn. 40, juris). Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen vermag der Senat bereits keine nachweislich schwere Verfehlung im Sinne des § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB zu erkennen, sondern lediglich - vor allem fachlich begründete - Meinungsverschiedenheiten über den Vertragsinhalt und die daraus resultierenden Verpflichtungen (vgl. hierzu auch: Conrad in Müller-Wrede, aaO, Rn. 52).

Selbst wenn ein Beurteilungsspielraum der Vergabestelle auch insoweit zu beja-hen wäre, findet das Ermessen des Auftraggebers aber insbesondere im Grund-satz der Verhältnismäßigkeit, der ausdrücklich in § 124 Abs. 1 GWB verankert ist, eine Begrenzung. Hierbei sind das Interesse an einer ordnungsgemäßen Durchführung des zu vergebenden Auftrages und das Interesse an einem möglichst großen Wettbewerb gegeneinander in Einklang zu bringen (Conrad, aaO, § 124, Rn. 12).

Die seitens des Antragsgegners geschilderten Umstände - auch unter Berücksichtigung des Zeitpunktes der erstmaligen Berufung auf den Ausschlussgrund und der daraus zu ziehenden Schlüsse - rechtfertigen auch auf dieser Grundlage keinen Ausschluss der Antragstellerin, da ein solcher Ausschluss jedenfalls einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz darstellen würde.

IV.

Über die nur bedingt eingelegte Anschlussbeschwerde war nicht zu entscheiden, da die mit ihr hilfsweise geltend gemachten Rügen bereits im Rahmen der Prüfung der Begründetheit der Beschwerde selbst abgehandelt wurden.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97, 100 Abs. 1 und Abs. 4 ZPO analog, § 125 Abs. 2 GWB, § 78 GWB, § 128 Abs. 3 und Abs. 4 GWB.

Die Beigeladene hat sich am Prozess auf Seiten des Antragsgegners beteiligt. Sie ist daher in gleicher Weise wie dieser zu den Kosten und Aufwendungen heranzuziehen. Ein Teilunterliegen der Antragstellerin ist nicht gegeben.

Der Antragsgegner und die Beigeladene haften für die Gebühren der Vergabekammer und die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich des Verfahrens nach § 173 GWB gesamtschuldnerisch (§ 182 Abs. 3 Satz 2 GWB, § 100 Abs. 4 Satz 1 ZPO analog); für die Erstattung der notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin nach Kopfteilen (§ 100 Abs. 1 ZPO analog); (vgl. hierzu OLG München, Beschluss vom 15.03.2012 - Verg 2/12, bei Juris Rn. 76; Wiese in Kulartz/Kus/Portz/Prieß, a.a.O., § 182 GWB, Rn. 70; Summa in: Heiermann/Zeiss/Summa, Juris, Praxiskommentar Vergaberecht, 5. Aufl., 2016, § 175 GWB, Rn. 85). Bei der Gebührenfestsetzung durch die Vergabekammer hat es sein Bewenden.

10
Zwar lassen sich allgemein verbindliche Grundsätze, in welchen Fällen ein haftungsrechtlicher Zurechnungszusammenhang bejaht oder verneint werden muss, nicht aufstellen. Letztlich kommt es auf eine wertende Betrachtung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls an (vgl. Senatsurteile vom 10. Februar 2004 - VI ZR 218/03, VersR 2004, 529, 530 und vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 286/09, VersR 2010, 1662 Rn. 20). Auch kann der Verursachungsbeitrag eines Zweitschädigers einem Geschehen eine Wendung geben, die die Wertung erlaubt , dass die durch den Erstunfall geschaffene Gefahrenlage für den Zweitunfall von völlig untergeordneter Bedeutung ist und eine Haftung des Erstschädigers nicht mehr rechtfertigt (vgl. Senatsurteile vom 10. Februar 2004 - VI ZR 218/03 und vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 286/09, jeweils aaO). So liegt der Streitfall aber gerade nicht. Wirken in einem weiteren Unfall die besonderen Gefahren fort, die sich bereits im ersten Unfallgeschehen ausgewirkt hatten, kann der Zurechnungszusammenhang mit dem Erstunfall jedenfalls nicht verneint werden.
20
Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass zwischen dem durch den Beklagten zu 3 verschuldeten Unfall und den Verletzungen des Klägers der haftungsbegründende Zurechnungszusammenhang für die Verschuldenshaftung nach § 823 Abs. 1 BGB nicht gegeben sei, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zwar lassen sich allgemein verbindliche Grundsätze, in welchen Fällen ein haftungsrechtlicher Zurechnungszusammenhang bejaht oder verneint werden muss, nicht aufstellen. Letztlich kommt es auf eine wertende Betrachtung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls an (Senatsurteil vom 10. Februar 2004 - VI ZR 218/03, VersR 2004, 529, 530). So kann der Verursachungsbeitrag eines Zweitschädigers einem Geschehen eine Wendung geben, die die Wertung erlaubt, dass die durch den Erstunfall geschaffene Gefahrenlage für den Zweitunfall von völlig untergeordneter Bedeutung ist und eine Haftung des Erstschädigers nicht mehr rechtfertigt (Senat, Urteil vom 10. Februar 2004 - VI ZR 218/03, aaO). Eine solche Wertung kann etwa dann möglich sein, wenn es zu einem Zweitunfall deshalb kommt, weil dessen Verur- sacher ordnungsgemäße und ausreichende Absicherungsmaßnahmen nicht beachtet, die nach einem die Fahrbahn versperrenden oder verengenden Erstunfall getroffen worden sind (Senatsurteile vom 20. Juni 1969 - VI ZR 32/68, VersR 1969, 895, 896 und vom 10. Februar 2004 - VI ZR 218/03, aaO). So liegt der Streitfall nicht. Der erkennende Senat vermag die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu teilen, dass das durch den ersten Schleudervorgang geschaffene Schadensrisiko bis zum zweiten Unfall bereits vollständig abgeklungen gewesen sei. Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass das auf dem Seitenstreifen stehende Fahrzeug des Beklagten zu 3 das nachfolgende Unfallgeschehen maßgeblich beeinflusste, weil erst die durch die Absicherung des Pkw der Beklagten zu 4 bedingte Anwesenheit des Klägers auf dem Seitenstreifen unmittelbar zu dessen Schädigung führte. Auch wenn es unter den gegebenen Umständen der weiteren Absicherung des Unfallfahrzeugs durch das Aufstellen eines Warndreiecks nicht bedurfte, was das Berufungsgericht in nicht zu beanstandender Weise angenommen hat, durfte sich der Kläger jedenfalls für verpflichtet halten, an der Unfallstelle ein Warndreieck aufzustellen (vgl. §§ 15, 34 Abs. 1 StVG), und sich deshalb kurzzeitig auf dem Standstreifen aufhalten. Zudem hat sich in dem vom Beklagten zu 1 verschuldeten Zweitunfall nicht ausschließlich die durch die Straßenverhältnisse begründete allgemeine Unfallgefahr verwirklicht. Auch wenn die Gefahr, dass weitere Fahrzeuge ins Schleudern geraten, durch den winterlichen Straßenzustand und die unzureichende Bereifung des Pkw des Beklagten zu 1 begründet wurde, war für die Verletzung des Klägers entscheidend, dass sich dieser auf dem Seitenstreifen aufhielt. Zur Schädigung des Klägers kam es erst aufgrund des Zusammentreffens beider Unfallgeschehen. Haben sich die durch den Schleudervorgang des Beklagten zu 3 entstandenen Gefahren somit in dem nachfolgenden Unfallgeschehen erst in der Verletzung des Klägers ausgewirkt, kann der haftungsrechtliche Zu- rechnungszusammenhang mit dem vom Beklagten zu 3 verschuldeten Unfall nicht verneint werden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

10
Zwar lassen sich allgemein verbindliche Grundsätze, in welchen Fällen ein haftungsrechtlicher Zurechnungszusammenhang bejaht oder verneint werden muss, nicht aufstellen. Letztlich kommt es auf eine wertende Betrachtung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls an (vgl. Senatsurteile vom 10. Februar 2004 - VI ZR 218/03, VersR 2004, 529, 530 und vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 286/09, VersR 2010, 1662 Rn. 20). Auch kann der Verursachungsbeitrag eines Zweitschädigers einem Geschehen eine Wendung geben, die die Wertung erlaubt , dass die durch den Erstunfall geschaffene Gefahrenlage für den Zweitunfall von völlig untergeordneter Bedeutung ist und eine Haftung des Erstschädigers nicht mehr rechtfertigt (vgl. Senatsurteile vom 10. Februar 2004 - VI ZR 218/03 und vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 286/09, jeweils aaO). So liegt der Streitfall aber gerade nicht. Wirken in einem weiteren Unfall die besonderen Gefahren fort, die sich bereits im ersten Unfallgeschehen ausgewirkt hatten, kann der Zurechnungszusammenhang mit dem Erstunfall jedenfalls nicht verneint werden.

Tenor

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 27. September 2012 wird abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.332.744,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 375.177,81 Euro seit 15. Juli 2004, aus 207.400,40 Euro seit 25. Juli 2004, aus 291.389,38 Euro seit 23. Oktober 2004, aus 372.144,71 Euro seit 24. Januar 2005 sowie aus 86.631,90 Euro seit 15. Dezember 2005 zu zahlen.

II.

Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III.

Das Urteil ergeht unter dem Vorbehalt der Entscheidung über die Wirksamkeit der Aufrechnung der Beklagten mit einer den Betrag der Hauptforderung von 1.332.744,20 Euro zuzüglich Verzugszinsen übersteigenden Gegenforderung wegen Schadensersatzes betreffend die Errichtung des Kreuzungsbauwerks A. (Kreuzung der Bahnstrecken M. - A. und M. - N. mit der Bundesautobahn A ...).

IV.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

V.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

VI.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über Zahlungsansprüche im Zusammenhang mit der Errichtung von drei Kreuzungsbauwerken (H. S. und A.) zwischen Eisenbahnstrecken und Bundesfernstraßen.

Die Klägerin macht als Hauptforderung Zahlungsansprüche in Höhe von insgesamt 1.332.744,20 Euro aus zwei vertraglichen Kreuzungsvereinbarungen vom 11. bzw. 13. Februar 2003 sowie vom 14. März 2003 (Kreuzung der Bahnstrecke M.- H. mit der Bundesautobahn A ..., Kreuzungsbauwerk H., und Kreuzung der Bahnstrecke M.-... - S. mit der Bundesautobahn A ..., Kreuzungsbauwerk S.) gemäß Schlussrechnungen vom 5. Februar 2008 und 22. März 2010 (Kreuzungsbauwerk H.) sowie vom 17. September 2009 (Kreuzungsbauwerk S.) geltend. Die Höhe der Hauptforderung bezüglich der Kreuzungsbauwerke H. und S. wird von der Beklagten nicht bestritten.

Neben der Hauptforderung macht die Klägerin Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 375.177,81 Euro seit 15. Juli 2004, aus 207.400,40 Euro seit 25. Juli 2004, aus 291.389,38 Euro seit 23. Oktober 2004, aus 372.144,71 Euro seit 24. Januar 2005 sowie aus 86.631,90 Euro seit 15. Dezember 2005 geltend.

Gegen die Zahlungsansprüche bezüglich der Kreuzungsbauwerke H. und S. hat die Beklagte bezüglich des Kreuzungsbauwerks A. mit dem Grund und der Höhe nach streitigen Schadensersatzforderungen (Mängelbeseitigungskosten) gegen die Klägerin in Höhe der genannten Teilbeträge zu den jeweils genannten Zeitpunkten erfüllungshalber außergerichtlich aufgerechnet. Grundlage für die im Wege der Aufrechung geltend gemachten Gegenansprüche ist eine weitere mit der Klägerin geschlossene Kreuzungsvereinbarung vom 31. August 2000 bzw. 6. Februar 2001 betreffend das Kreuzungsbauwerk A. (Kreuzung der Bahnstrecken M. - A. und M. - N. mit der Bundesautobahn A ...). Die Beklagte begründet die Schadensersatzansprüche mit einer Haftung der Klägerin für seitens der A. ... erbrachte mangelhafte Bauleistungen am Kreuzungsbauwerk A.. Die A. ... war von der Klägerin für Bauarbeiten im Bereich der als Vorwegmaßnahme verwirklichten Eisenbahnbrücke A. beauftragt worden. In einem zweiten Bauabschnitt wurde im Auftrag der Beklagten unter der Eisenbahnbrücke ein Tunnel für die Bundesautobahn A ... erstellt.

Die verfahrensgegenständlichen Kreuzungsvereinbarungen wurden jeweils zwischen der Klägerin und der Beklagten, letztere vertreten durch den Freistaat Bayern, dieser wiederum vertreten durch die Autobahndirektion S., abgeschlossen.

Mit Urteil vom 27. September 2012 hat das Verwaltungsgericht München die Klage gegenüber der beklagten Bundesrepublik Deutschland abgewiesen. Die Bundesrepublik Deutschland sei nicht passivlegitimiert. Richtiger Beklagter für den geltend gemachten kreuzungsrechtlichen Anspruch sei der Freistaat Bayern. Im Hinblick auf die vorliegend gegebene Bundesauftragsverwaltung sei im Außenverhältnis allein das handelnde Bundesland Kreuzungsbeteiligter. Hinsichtlich des nach diesbezüglichen Hinweisen des Erstgerichts seitens der Klägerin ebenfalls beklagten Freistaats Bayern stehe der Klägerin der geforderte Zahlungsbetrag als gesetzlicher Anspruch aus dem Kreuzungsverhältnis, jedoch mangels wirksamer vertraglicher Vereinbarung kein Anspruch auf Verzugszinsen zu. Der Anspruch der Klägerin sei nicht durch eine Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen erloschen. Gegen die Klägerin gerichtete Schadensersatzansprüche bestünden nicht. Vielmehr habe die für das Kreuzungsbauwerk A. kostentragungspflichtige Beklagtenseite auch Aufwendungen für den Ersatz von Schäden, die von Dritten verursacht worden seien, zu tragen. Derartige Aufwendungen gehörten zur kreuzungsrechtlichen Kostenmasse.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung gegen sein Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die hinsichtlich ihrer Hauptforderung (nicht hinsichtlich ihrer Verzugszinsforderung) erstinstanzlich im Verhältnis zum Freistaat Bayern (vormals Beklagter zu 2., nunmehr Beigeladener), nicht jedoch im Verhältnis zur Beklagten obsiegende Klägerin neben ihrer Hauptforderung auch den vertraglich begründeten Verzugszinsanspruch weiter.

Die Klägerin und Berufungsführerin beantragt zuletzt sinngemäß,

die Beklagte unter Zurückweisung ihrer Anschlussberufung und unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 27. September 2012 zu verurteilen, an die Klägerin 1.332.744,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 375.177,81 Euro seit 15. Juli 2004, aus 207.400,40 Euro seit 25. Juli 2004, aus 291.389,38 Euro seit 23. Oktober 2004, aus 372.144,71 Euro seit 24. Januar 2005 sowie aus 86.631,90 Euro seit 15. Dezember 2005 zu zahlen.

Hilfsweise beantragt die Klägerin und Berufungsführerin zuletzt sinngemäß,

[12] die Beklagte unter Zurückweisung der Anschlussberufung und unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 27. September 2012 zu verurteilen, an die Klägerin 1.332.744,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

[13] Die Beklagte und Anschlussberufungsführerin beantragt zuletzt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.

Für den Fall des Erlasses eines Vorbehaltsurteils zugunsten der Klägerin beantragt die Beklagte Vollstreckungsschutz. Die Klägerin beantragt, den Vollstreckungsschutzantrag abzulehnen.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag, unterstützt aber die Beklagte.

Die Beklagte trägt vor, gegen die Forderung der Klägerin könne mit den sich hinsichtlich des Kreuzungsbauwerks A. ergebenden Schadensersatzforderungen in Höhe von mindestens 1.522.533,10 Euro (Mängelbeseitigungskosten) in voller Höhe aufgerechnet werden. Aufwendungen für den Ersatz von durch Dritte verursachte Schäden gehörten nicht zur kreuzungsrechtlichen Kostenmasse.

Zwischen der Klägerin und der A. ist im Zusammenhang mit den von der Beklagten als mangelhaft gerügten Bauleistungen der A. vor dem Landgericht M. ein zivilrechtliches Verfahren anhängig (Az. 24 O 12221/07), das wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Insolvenz der A. derzeit unterbrochen ist. In dem zivilrechtlichen Verfahren, an dem die Beklagte als Streithelferin beteiligt ist, steht ein Betrag von insgesamt etwa 3,3 Millionen Euro in Streit. In dem Zivilrechtsstreit wurde mit der Beweiserhebung durch die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens begonnen (Gutachten ... vom 27.7.2009). Nach Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bedürfe das Gutachten gegebenenfalls noch einer Ergänzung. Die Wiederaufnahme des Verfahrens stehe unmittelbar bevor.

Zur Frage der rechtsgeschäftlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland beim Abschluss von Kreuzungsvereinbarungen und anderen öffentlich-rechtlichen Verträgen hat Richter des Bundesverfassungsgerichts a.D. ... im Auftrag der Beklagten ein Rechtsgutachten (Gutachten ...) erstattet, das dem Gericht vorgelegt worden ist. In dem Gutachten wird die Auffassung vertreten, dass Art. 90 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) einer Praxis der Bundesfernstraßenverwaltung nicht entgegenstehe, bei der die Länder auftragsgemäß den Bund vertreten, soweit die Vertretung öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Rechtsgeschäfte mit vermögensrechtlichem Gegenstand betreffe.

Der Senat hat mit Beschluss vom 5. März 2015 das Verfahren hinsichtlich der von der Klägerin gegenüber dem Freistaat Bayern - vormals Beklagter zu 2. - geltend gemachten Ansprüchen abgetrennt (Az. 8 BV 15.519) und auf Antrag der Beteiligten das Ruhen dieses Verfahrens angeordnet.

Mit weiterem Beschluss vom 5. März 2015 hat das Gericht den Freistaat Bayern zum vorliegenden Verfahren beigeladen (einfache Beiladung).

Wegen weiterer Einzelheiten und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegenüber der Beklagten als richtiger Klagegegnerin zu Unrecht abgewiesen. Der Klägerin steht neben dem Hauptanspruch in Höhe von 1.332.744,20 Euro auch der geltend gemachte Verzugszinsanspruch zu. Die Verurteilung der Beklagten steht jedoch unter dem Vorbehalt der Entscheidung über die Wirksamkeit der Aufrechnung der Beklagten mit einer den Betrag von 1.332.744,20 Euro zuzüglich Verzugszinsen übersteigenden Gegenforderung wegen Schadensersatzes betreffend die Errichtung des Kreuzungsbauwerks A. (Vorbehaltsurteil nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 302 ZPO).

1.1 Die Beklagte ist hinsichtlich des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs passivlegitimiert. Die Beklagte wurde gegenüber der Klägerin vom Freistaat Bayern (Autobahndirektion S.) beim Abschluss der verfahrensgegenständlichen Kreuzungsvereinbarungen (vgl. hierzu § 5 Abs. 1 des Gesetzes über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen - Eisenbahnkreuzungsgesetz [EBKrG] - i. d. F.d. Bek. vom 21. März 1971 [BGBl I S. 337], zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. Oktober 2006 [BGBl I S. 2407]) mit der Klägerin jeweils wirksam rechtsgeschäftlich vertreten. Ein Verstoß gegen verfassungsrechtliche Vorgaben des Instituts der Bundesauftragsverwaltung (Art. 85, 90 Abs. 2 GG), hier der Bundesfernstraßenverwaltung, im Rahmen derer Handeln und Verantwortlichkeit nach außen jedenfalls im Grundsatz allein Landesangelegenheit ist (vgl. nur BVerfG, U.v. 19.2.2002 - 2 BvG 2/00 - NVwZ 2002, 585/586), liegt in der vorliegenden einvernehmlichen rechtsgeschäftlichen Vertretung des Bundes durch den Freistaat Bayern nicht.

1.1.1 Die rechtsgeschäftliche Vertretung der Beklagten im Rahmen der Bundesstraßenverwaltung im Bereich der Vermögensverwaltung folgt einer seit vielen Jahrzehnten im Einvernehmen von Bund und jeweils betroffenem Land geübten Verwaltungspraxis, die bereits in § 7 Abs. 1 der Ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundes für die Auftragsverwaltung der Bundesautobahnen und Bundesstraßen vom 3. Juli 1951 (1. AVVFStr - BAnz. Nr. 132) ihren Niederschlag gefunden hat. Nach dieser Verwaltungsvorschrift vertreten die Länder den Bund im Bereich der Auftragsverwaltung in vermögensrechtlichen Angelegenheiten gerichtlich und außergerichtlich, und zwar unter der Bezeichnung „Bundesrepublik Deutschland - Bundesstraßenverwaltung“. In Übereinstimmung hiermit sieht auch § 1 Abs. 2 der Anordnung über die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und über das Verfahren bei der Vertretung vom 6. Mai 1997 (Vertretungsordnung Bundesverkehrsverwaltung - VertrOBVV - VkBl. 1997, 402) vor, dass die Länder dann, wenn sie Bundesgesetze im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr als Bundesauftragsangelegenheiten ausführen (zum Beispiel Bundesfernstraßengesetz), im Rahmen dieses Auftrags zur Vertretung der Bundesrepublik Deutschland befugt sind. Hintergrund der langjährigen staatlichen Praxis ist nicht zuletzt das Bedürfnis, den Umweg einer Erstattung von Sachkosten der Länder durch den Bund zu vermeiden (vgl. Art. 104a Abs. 2 GG). Die beteiligten Haushalte sind hierauf seit Jahrzehnten eingestellt.

1.1.2 Die einvernehmliche rechtsgeschäftliche Vertretung des Bundes durch ein im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung im Bereich der Vermögensverwaltung handelndes Land (mit der Konsequenz der Parteistellung des Bundes im Streitfall) findet in der - gleichwohl insgesamt von Uneinheitlichkeit geprägten - höchstrichterlichen Rechtsprechung auch in jüngerer Zeit ausdrückliche Billigung. Es finden sich in der Rechtsprechung jedoch ebenso Stimmen, die der rechtsgeschäftlichen Stellvertretung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung kritisch gegenüber stehen. Eine argumentative Auseinandersetzung mit der Problematik hat in der höchstrichterlichen Rechtsprechung jedoch bislang - soweit ersichtlich - nur teilweise stattgefunden. Der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts lassen sich nach Auffassung des Senats Aussagen zur verfassungsrechtlichen Unzulässigkeit der einvernehmlichen rechtsgeschäftlichen Stellvertretung bei der Vermögensverwaltung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung nicht entnehmen.

Eine Billigung der einvernehmlichen rechtsgeschäftlichen Stellvertretung bei der Vermögensverwaltung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung findet sich namentlich in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. So formuliert der 6. Zivilsenat mit Blick auf die prozessrechtliche Situation in einer neueren Entscheidung aus dem Bereich der Bundesfernstraßenverwaltung (Schadensersatz wegen der Beschädigung von Schutzplanke und Lärmschutzwand), dass die den Ländern durch Art. 90 Abs. 2 GG zugewiesenen Verwaltungsbefugnisse durch die Übernahme der Prozessvertretung durch das betroffene Land hinreichend gewahrt würden (BGH, U.v. 18.3.2014 - VI ZR 10/13 - NJW 2014, 2874 Rn. 10 f.). Diese Auffassung schließt unmittelbar an die Rechtsprechung des 3. Zivilsenats an, der grundlegender formuliert, dass die den Ländern durch Art. 90 Abs. 2 GG zugewiesenen Verwaltungsbefugnisse dadurch gewahrt seien, dass sie die Bundesrepublik Deutschland als Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen vertreten und darum Zahlungspflichten zulasten der Bundesrepublik eingingen (BGH, U.v. 18.7.2002 - III ZR 287/01 - NVwZ 2002, 1535/1537; in Streit stand ein privatrechtliches Entgelt für die Inanspruchnahme einer Abwasseranlage). Auch der 7. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs geht in einer Entscheidung im Kontext von Bauleistungen für eine Bundesstraße (Werklohnforderung) ohne Weiteres von der Zulässigkeit rechtsgeschäftlicher Stellvertretung im Rahmen der vermögensbezogenen Bundesfernstraßenverwaltung aus (vgl. BGH, U.v. 11.3.2004 - VII ZR 351/02 - juris).

Im Gegensatz zur Auffassung des 3. und 7. Zivilsenats und zur neueren Auffassung des 6. Zivilsenats (in einem älteren Urteil des 6. Zivilsenats ist demgegenüber im Kontext der Bundesauftragsverwaltung - im Bereich Zivilschutz - von verfassungsrechtlich begründeter Prozessstandschaft die Rede; vgl. BGH, U.v. 14.11.1978 - VI ZR 133/77 - BGHZ 73, 1/3) formuliert der 10. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einer neueren Entscheidung im Zusammenhang mit der Vergabe von Bau- bzw. Instandsetzungsarbeiten an einer Bundesautobahn unter Bezugnahme auf Art. 85 ff. GG, dass das Handeln und die Verantwortlichkeit nach außen bei der Bundesauftragsverwaltung stets Landesangelegenheit bleibe. Demgemäß sei öffentlicher Auftraggeber und Antragsgegner im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren das jeweils betroffene Land und nicht die Bundesrepublik Deutschland (BGH, B.v. 20.3.2014 - X ZB 18/13 - juris Rn. 18). In einer älteren Entscheidung des 10. Zivilsenats (Patentverletzung beim Bau öffentlicher Straßen) finden sich demgegenüber keine Bedenken gegen eine Vertretung der Bundesrepublik durch ein Bundesland im Rahmen der Auftragsverwaltung nach Art. 85 GG (vgl. BGH, U.v. 21.9.1978 - X ZR 56/77 - NJW 1979, 101).

Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts neigt in jüngerer Zeit einer gegenüber der rechtsgeschäftlichen Vertretung des Bundes im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung im Vermögensbereich kritischen Sichtweise zu. In einer schon älteren, den hier nicht einschlägigen Bereich der Hoheitsverwaltung betreffenden Entscheidung (Kosten der Anpassung einer Zufahrt bei Verlegung einer Bundesstraße) hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts für den Bereich der auftragsweisen Vermögensverwaltung noch ausdrücklich offengelassen, ob die bereits zitierte Regelung des § 7 Abs. 1 der 1. AVVFStr ein echtes Vertretungsverhältnis oder nur ein Auftreten der Länder unter der dort genannten Bezeichnung vorsehe und ob eine solche Regelung in Einklang mit Art. 90 Abs. 2 GG stehe (BVerwG, U.v. 21.1.1983 - 4 C 42/80 - BayVBl 1983, 538). In einer jüngeren, die Frage der Kostentragung für die Errichtung einer Verkehrsampel an einer später zur Gemeindestraße herabgestuften Bundesstraße betreffenden Entscheidung spricht der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts jedoch weitergehend davon, dass aus Art. 90 Abs. 2 GG eine gesetzliche Prozessstandschaft des im Auftrag des Bundes tätigen Landes folge. Die Auftragsverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 GG sei umfassend geregelt und beziehe sich sowohl auf die Hoheits- als auch auf die Vermögensverwaltung der Bundesstraßen (BVerwG, U.v. 28.8.2003 - 4 C 9/02 - NVwZ-RR 2004, 84). Schließlich hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in einer die Stilllegung eines Atomkraftwerks im Zuge einer atomrechtlichen Aufsichtsmaßnahme (Hoheitsverwaltung) betreffenden Entscheidung zum Institut der Bundesauftragsverwaltung in allgemeiner Weise ausgeführt, dass die gesetzesvollziehende rechtsverbindliche Entscheidung mit Außenwirkung, vor allem der Erlass von Verwaltungsakten und der Abschluss öffentlich-rechtlicher Vereinbarungen, dem Land vorbehalten bleibe (BVerwG, B.v. 20.12.2013 - 7 B 18/13 - juris Rn. 11).

Im Rahmen einer der zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Januar 1983 vorgehenden Entscheidung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zur Frage rechtsgeschäftlicher Stellvertretung formuliert, dass es sich bei einer Auslegung an Hand des Art. 90 Abs. 2 GG mit Blick auf § 7 Abs. 1 der 1. AVVFStr nicht um eine echte Vertretung im Sinn der §§ 164 ff. BGB handeln könne. Für den Bereich der Auftragsverwaltung sei lediglich eine besondere Bezeichnung der Länder festgelegt, unter der diese zu handeln hätten. An dem Wesen der Auftragsverwaltung, dass die Länder in eigenem Namen tätig würden, könne diese Bezeichnung nichts ändern. Eine Ausnahme von dem in Art. 90 Abs. 2 GG festgelegten Grundsatz, dass die Länder die Bundesfernstraßen im eigenen Namen verwalteten, sei lediglich dann anzunehmen, wenn es um das bürgerlich-rechtliche Eigentum des Bundes am Straßengrundstück gehe. Insoweit sei eine echte Vertretung gegeben (BayVGH, U.v. 12.2.1980 - 15 VIII 76 - BayVBl. 1980, 341/342).

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich zum einen, dass die Auftragsverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 GG die gesamte Bundesstraßenverwaltung, also sowohl die Hoheitsverwaltung als auch die Vermögensverwaltung der Bundesfernstraßen umfasst (BVerfG, U.v. 3.7.2000 - 2 BvG 1/96 - NVwZ 2000, 1162; verfahrensgegenständlich war die Weisung zur Abstufung einer Bundesstraße in eine Landesstraße). Zum anderen legt das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit dem atomrechtlichen Weisungsrecht des Bundes gegenüber dem im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung (vgl. Art. 87c GG) tätigen Land dar, dass die Wahrnehmungskompetenz bei der Bundesauftragsverwaltung, also das Handeln und die Verantwortlichkeit nach außen im Verhältnis zu Dritten, unentziehbar dem Land zustehe. Sie bleibe stets Landesangelegenheit. Ein Eintrittsrecht des Bundes sei in Art. 85 GG nicht vorgesehen. Dem Land bleibe die konkrete gesetzesvollziehende rechtsverbindliche Entscheidung mit Außenwirkung, vor allem der Erlass von Verwaltungsakten und der Abschluss öffentlich-rechtlicher Vereinbarungen, vorbehalten (BVerfG, U.v. 19.2.2002 - 2 BvG 2/00 - NVwZ 2002, 585/586).

1.1.3 Nach Auffassung des Senats steht Verfassungsrecht der Wirksamkeit der vorliegend im gegenseitigen Einvernehmen begründeten und einer über Jahrzehnte geübten Staatspraxis folgenden rechtsgeschäftlichen Vertretung des Bundes durch das betroffene Land im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung im Bereich der öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Vermögensverwaltung nicht entgegen. Auch eine gesetzliche Prozessstandschaft für den Bund durch das betroffene Land, die eine einvernehmlich begründete Prozessvertretung des Bundes durch das Land ausschließt, lässt sich aus Art. 85, 90 Abs. 2 GG nicht ableiten.

Insbesondere liegt in der einvernehmlichen Begründung eines Vertretungsverhältnisses keine - schon terminologisch nur in einseitiger Weise in Betracht kommende - Entziehung einer Rechtsposition zulasten des beteiligten Landes, auf deren verfassungsrechtliche Unzulässigkeit sich die zitierte, die Rechtsposition des betroffenen Landes schützende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bezieht. Konsensuale Handlungsformen im Rahmen der Bundesstraßenverwaltung sind zwar im Grundgesetz nicht ausdrücklich vorgesehen, werden aber als verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet (vgl. Gröpl in Maunz/Dürig, GG, Art. 90 Rn. 71; Ibler in v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 90 Abs. 2 Rn. 60). Dies gilt auch vorliegend, zumal Rechtspositionen der Beteiligten oder Dritter nicht beeinträchtigt werden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Grundgesetzgeber wohl keine abgeschlossene Vorstellung von Konzept und Konsequenzen des Instituts der Bundesauftragsverwaltung hatte. Die im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zum Freistaat Bayern bzw. zum jeweils betroffenen Bundesland geübte Praxis der vermögensmäßigen Fernstraßenverwaltung mittels rechtsgeschäftlicher Stellvertretung kann vor diesem Hintergrund als ein Vorgang der Verfassungskonkretisierung verstanden werden, der die Verwaltungsträgerschaft der Länder mit der gleichzeitigen Vermögensträgerschaft des Bundes an den Bundesfernstraßen in möglichst zweckkonformer Weise in Einklang zu bringen sucht (vgl. Bartlsperger in Bonner Kommentar zum GG, Stand Juli 1969, Art. 90 Rn. 68).

Ein Widerspruch der rechtsgeschäftlich begründeten Stellvertretung im Bereich der Vermögensverwaltung bei der Bundesauftragsverwaltung zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich auch nicht, soweit dieses von einem Vorbehalt zugunsten des Landes hinsichtlich des Abschlusses öffentlich-rechtlicher Vereinbarungen spricht (vgl. BVerfG, U.v. 19.2.2002 - 2 BvG 2/00 - NVwZ 2002, 585/586). Dies gilt zum einen deshalb, weil diese Ausführungen im Kontext der Erörterung der einseitigen Entziehung einer Rechtsposition und nicht im Zusammenhang mit - wie verfahrensgegenständlich - konsensualem Handeln stehen, und zum anderen deshalb, weil die rechtsgeschäftliche Stellvertretung dem Postulat des bei der Bundesauftragsverwaltung im Außenverhältnis autonom handelnden Landes schon insoweit nicht widerspricht, als es der Stellvertreter und nicht der Vertretene ist, der bei der rechtsgeschäftlichen Stellvertretung eine eigene, autonome Willenserklärung abgibt (vgl. nur Schramm in Münchner Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 164 Rn. 1; vgl. hierzu auch Gutachten ..., S. 20 f.) und insoweit einen Vertrag im Namen des Vertretenen abschließt. Die Wahrnehmungskompetenz des betroffenen Landes bleibt im Rahmen der rechtsgeschäftlichen Stellvertretung mithin gewahrt.

Die hier vertreten Auffassung steht auch damit in Einklang, dass für den Bereich der Verwaltung des privatrechtlichen Eigentums des Bundes an einem Straßengrundstück, bei dem es sich um einen Ausschnitt der Fernstraßenverwaltung im Vermögensbereich handelt, ein gesetzliches Modell vorliegt, das der in der staatlichen Praxis bei der Fernstraßenverwaltung im Vermögensbereich insgesamt geübten rechtsgeschäftlichen Vertretung des Bundes durch das betroffene Land entspricht. Denn § 9 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs (FStrVermG) vom 2. März 1951 (BGBl I S. 157), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. August 1971 (BGBl I S. 1426), sieht vor, dass ein Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs hinsichtlich eines im Eigentum des Bundes stehenden Grundstücks von der vom Land bestimmten Behörde zu stellen ist. Diese Regelung lässt sich als ein gesetzlich angeordneter Fall rechtsgeschäftlicher Stellvertretung im Sinn des § 164 BGB im Verhältnis von Bund und Land verstehen (in diesem Sinn BayVGH, U.v. 12.2.1980 - 15 VIII 76 - BayVBl. 1980, 341/342). Nähme man - etwa unter Bezugnahme auf das Wesen der Bundesauftragsverwaltung - im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung ein generelles verfassungsrechtliches Verbot der rechtsgeschäftlichen Vertretung des Bundes durch das jeweils betroffene Land an, müsste man konsequenterweise die gesetzliche Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 FStrVermG für verfassungsrechtlich bedenklich halten. Nimmt man demgegenüber eine Verfassungskonformität der Regelung an, muss eine entsprechende Annahme erst recht hinsichtlich einer konsensual begründeten rechtsgeschäftlichen Stellvertretung des Bundes durch das betroffene Land bei der Bundesauftragsverwaltung im Vermögensbereich gelten.

Hinsichtlich der Annahme einer durch Art. 85, 90 Abs. 2 GG begründeten gesetzlichen Prozessstandschaft gilt es schließlich zu bedenken, dass sich aus einer derartigen prozessualen Einordnung zum einen jedenfalls nicht ohne Weiteres auf das zunächst klärungsbedürftige materiellrechtliche Verhältnis von Bund und betroffenem Land rückschließen lässt. Zum anderen stellt das verfahrensrechtliche Institut der Prozessstandschaft eine Ausnahme von dem (verwaltungs-)prozessualen Grundsatz dar, dass im eigenen Namen erstrebter gerichtlicher Rechtsschutz an das Innehaben einer eigenen Rechtsposition gebunden ist. Nach § 42 Abs. 2 VwGO, der nach ganz überwiegender Auffassung für den Bereich der vorliegend statthaften allgemeinen Leistungsklage entsprechend angewendet wird (vgl. nur Wahl/Schütz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 42 Abs. 2 Rn. 33 ff. m. w. N.), gilt dieser prozessuale Grundsatz uneingeschränkt, es sei denn, es ist gesetzlich etwas anderes bestimmt. Ob das in Art. 85, 90 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommende „Wesen“ der Bundesauftragsverwaltung - ungeachtet der Frage nach dessen präziser Fass- und Umschreibbarkeit - einem solchen Gesetzesvorbehalt genügt, erscheint nicht unzweifelhaft. Ein einschlägiger ausdrücklicher Gesetzesvorbehalt findet sich im Grundgesetz jedenfalls nicht. Für die vorliegende Konstellation stellt auch dies die Annahme einer verfassungsrechtlich begründeten Prozessstandschaft in rechtsdogmatischer Hinsicht zumindest infrage.

1.2 Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten - unter Zurückstellung der Frage der Wirksamkeit der seitens der Beklagten außerprozessual erklärten Aufrechnung (hierzu unten Ziff. 1.4) - der geltend gemachte Hauptanspruch (Zahlungsanspruch in Höhe von 1.332.744,20 Euro) zu. Grundlage hierfür sind die zwischen ihr und der Beklagten geschlossenen Kreuzungsvereinbarungen vom 11. bzw. 13. Februar 2003 sowie vom 14. März 2003 (Kreuzung der Bahnstrecke M. - H. mit der Bundesautobahn A ..., Kreuzungsbauwerk H., und Kreuzung der Bahnstrecke M.-...-S. mit der Bundesautobahn A ..., Kreuzungsbauwerk S.). Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

1.3 Der Klägerin steht unter dem Gesichtspunkt des Verzugs auch der geltend gemachte Zinsanspruch zu (§§ 286, 288 BGB). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass Verzugszinsen, soweit es - wie vorliegend - vertragliche Ansprüche betrifft, auch im öffentlichen Recht verlangt werden können. Insoweit besteht kein entscheidender Unterschied zu privatrechtlichen Rechtsbeziehungen. Namentlich auch im Eisenbahnkreuzungsrecht wird in Anwendung dieser Grundsätze bei Abschluss einer Kreuzungsvereinbarung ein Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens zugebilligt (BVerwG, U.v. 12.6.2002 - 9 C 6/01 - BVerwGE 116, 312/323 f. m. w. N.). Die von der Klägerin insoweit im Klageantrag genannten Zeitpunkte und Teilbeträge hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung bestätigt. § 288 BGB findet gem. Art. 229 § 34 Satz 1 EGBGB in der vor dem 29. Juli 2014 geltenden Fassung Anwendung. Mithin kann ein Zinssatz in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz geltend gemacht werden.

1.4 Die Verurteilung der Beklagten zur Leistung steht unter Vorbehalt. Die Entscheidung über die Wirksamkeit der seitens der Beklagten erfüllungshalber außerprozessual erklärten Aufrechnung mit einer den Betrag der Hauptforderung von 1.332.744,20 Euro zuzüglich Verzugszinsen übersteigenden Gegenforderung wegen Schadensersatzes (Mängelbeseitigungskosten) betreffend die Errichtung des Kreuzungsbauwerks A. bleibt einem Nachverfahren vorbehalten, weil über die seitens der Beklagten zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung gegenwärtig noch nicht entschieden werden kann. Insoweit ergeht das Urteil gem. § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 302 ZPO nach pflichtgemäßem gerichtlichen Ermessen als Vorbehaltsurteil.

1.4.1 Die zivilprozessuale Vorschrift des § 302 ZPO, die den Erlass eines Vorbehaltsurteils regelt, ist gem. § 173 Satz 1 VwGO im Verwaltungsprozess entsprechend anzuwenden. Grundsätzliche Verfahrensunterschiede schließen dies nicht aus (vgl. BVerwG, U.v. 12.2.1987 - 3 C 22/86 - BVerwGE 77, 19/28 m. w. N.; B.v. 7.10.1998 - 3 B 68/97 - NJW 1999, 160 f. m. w. N.). Der Erlass eines Vorbehaltsurteils kann auch in der Berufungsinstanz erfolgen (vgl. BVerwG, U.v. 12.2.1987 - 3 C 22/86 - BVerwGE 77, 19/27 f.; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 36. Aufl. 2015, § 302 Rn. 6).

Ein Vorbehaltsurteil ist vorliegend auch nicht mit Rücksicht auf eine enge synallagmatische Verknüpfung zwischen der Hauptforderung der Klägerin und der Gegenforderung der Beklagten ausgeschlossen. Eine dergestalt enge synallagmatische Verpflichtung - wie er etwa im Verhältnis von Werklohnanspruch und Anspruch auf Ersatz von Kosten der Beseitigung von Mängeln des Werks denkbar ist (vgl. hierzu BGH, U.v. 24.11.2005 - VII ZR 304/04 - BGHZ 165, 134 ff.) - besteht vorliegend nicht. Haupt- und Gegenforderung betreffen vielmehr mehrere, zwischen den Beteiligten parallel bestehende Vertragsverhältnisse (Hauptforderung aus den Kreuzungsvereinbarungen zu den Kreuzungsbauwerken S. und H. einerseits sowie Gegenforderung aus der Kreuzungsvereinbarung zum Kreuzungsbauwerk A. andererseits).

Der Erlass eines Vorbehaltsurteils hat nach § 302 Abs. 1 ZPO zur Voraussetzung, dass über die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung noch nicht entschieden werden kann. Ist demgegenüber schon erkennbar, dass der Aufrechnungseinwand unbegründet ist, oder lässt sich umgekehrt bereits feststellen, dass die Klageforderung durch die Aufrechnung erloschen ist, besteht kein Grund, die Entscheidung dem Nachverfahren vorzubehalten (vgl. Musielak, ZPO, 11. Aufl. 2014, § 302 Rn. 5 m. w. N.).

Über die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung kann vorliegend noch nicht entschieden werden. Auf der einen Seite ist der Aufrechnungseinwand der Beklagten nicht von vornherein, namentlich aus spezifisch kreuzungsrechtlichen Gründen, ausgeschlossen. Auf der anderen Seite bedarf es noch weiterer tatsächlicher Feststellungen, um über Bestand bzw. Höhe der Gegenforderung der Beklagten entscheiden zu können. In dieser Situation entspricht es pflichtgemäßem gerichtlichem Ermessen, noch ausstehende Prüfungen im Zusammenhang mit der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung in ein Nachverfahren zu verlagern. Dies gilt zumal vor dem Hintergrund, dass umfängliche Prüfungen, die in einem untrennbaren tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang mit der von der Beklagten geltend gemachten Gegenforderung stehen, Gegenstand des von der Klägerin vor dem Landgericht M. anhängig gemachten und derzeit unterbrochenen zivilrechtlichen Verfahrens gegen die A. sind (Az. 24 O 12221/07). Dieses Verfahren, in dem eine umfangreiche Beweisaufnahme bereits begonnen hat, steht nach den unwidersprochenen Angaben der Klägerin unmittelbar vor einer Wiederaufnahme.

1.4.2 Das Rechtsinstitut der Aufrechnung findet auch im öffentlichen Recht - namentlich auch hinsichtlich öffentlich-rechtlicher Verträge - Anwendung. Die Vorschriften der §§ 387 ff. BGB gelten insoweit entsprechend (vgl. nur BVerwG, U.v. 27.10.1982 - 3 C 6/82 - BVerwGE 66, 218/221 m. w. N.; U.v. 12.2.1987 - 3 C 22/86 - BVerwGE 77, 19/21 f. m. w. N.; vgl. auch Schlüter in Münchner Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 387 Rn. 1).

Ein etwaiges, zwischen den Beteiligten vertraglich vereinbartes oder anderweitig bestehendes Aufrechnungsverbot hindert den Erlass des Vorbehaltsurteils nicht, weil die Klägerseite im Wege des Erlasses eines Vorbehaltsurteils ein vollstreckbares Urteil über die Hauptforderung erhält und der mit einem möglichen Aufrechnungsverbot verfolgte Zweck mithin erreicht wird (vgl. Musielak, ZPO, 11. Aufl. 2014, § 302 Rn. 6 m. w. N.). Insoweit kann es letztlich dahinstehen, ob sich aus § 6 Abs. 2 der verfahrensgegenständlichen Kreuzungsvereinbarungen ein vertragliches Aufrechnungsverbot ergibt. Entsprechendes gilt hinsichtlich des etwaigen Bestehens eines sonstigen Aufrechnungsverbots.

Ungeachtet dessen vermag der Senat ein vertragliches oder sonstiges, sich aus dem kreuzungsrechtlichen Rücksichtnahmeprinzip oder aus dem Prinzip von Treu und Glauben ergebendes Aufrechnungsverbot vorliegend jedoch auch nicht zu erkennen. Aus der jeweiligen Regelung des § 6 Abs. 2 der verfahrensgegenständlichen Kreuzungsvereinbarungen lässt sich jedenfalls kein in der vorliegenden Konstellation relevantes vertragliches Verbot ableiten, mit einer Forderung aus der einen Kreuzungsvereinbarung (hier die Kreuzungsvereinbarungen betreffend das Kreuzungsbauwerk S. bzw. H.) gegen eine Forderung aus einer anderen Kreuzungsvereinbarung (hier die Kreuzungsvereinbarung betreffend das Kreuzungsbauwerk A.) aufzurechnen. Aus § 6 Abs. 2 der jeweiligen Kreuzungsvereinbarung kann nur eine Regelung zum Zahlungsausgleich innerhalb des jeweils einzelnen Kreuzungsrechtsverhältnisses hergeleitet werden, nicht hingegen zu einem „Gesamtzahlungsausgleich“ zwischen den Kreuzungsbeteiligten hinsichtlich einer Mehrzahl von Kreuzungsvereinbarungen. Auch der Wortlaut des § 6 Abs. 2 gibt für die Annahme eines Aufrechnungsverbots nichts her. Dies gilt sowohl hinsichtlich des nach § 6 Abs. 2 Satz 1 vorgesehenen endgültigen Zahlungsausgleichs zwischen den Kreuzungsbeteiligten unverzüglich nach Übersenden und Prüfung der Kostenzusammenstellung als auch hinsichtlich der Regelung in § 6 Abs. 2 Satz 2, wonach bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Kreuzungsbeteiligten die Zahlung der unbestrittenen Beträge nicht bis zur Klärung der Streitfragen zurückgestellt werden darf. Aus beiden vertraglichen Regelungen ergibt sich kein Verbot der Erfüllung einer (unbestrittenen) Passivforderung durch Hingabe einer eigenen Aktivforderung im Weg der hier erfolgten Aufrechnung nach §§ 387 ff. BGB (vgl. zur Wirkung der Aufrechnung nur Schlüter in Münchner Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 387 Rn. 1).

Auch aus der im kreuzungsrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis bestehenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf berechtigte Belange des anderen Kreuzungsbeteiligten (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 12.6.2002 - 9 C 6/01 - BVerwGE 116, 312/316 m. w. N.) oder aus dem Gebot von Treu und Glauben, das auch hinsichtlich der Aufrechnung gilt (vgl. hierzu etwa BGH, U.v. 21.11.2001 - XII ZR 162/99 - NJW 2002, 1130/1132; U.v. 22.3.2011 - II ZR 271/08 - NJW 2011, 2351/2354), lässt sich für die vorliegende Fallgestaltung ein Aufrechnungsverbot nicht entnehmen.

Ein entsprechendes Verbot ergibt sich schließlich auch nicht aus den von der Klägerseite insoweit in Bezug genommenen Richtlinien über das Verfahren bei der Bauausführung und Abrechnung von Maßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz (ARS Nr. 6/1984, VkBl. 1969, 550), nach deren Ziff. 1.2 der kostenpflichtige Kreuzungsbeteiligte Zahlungen unverzüglich zu leisten hat. Diese Bestimmung trifft zur Vornahme einer erfüllungssurrogierenden Aufrechnung ebenfalls keine Regelung.

1.4.3 Das Bestehen der seitens der Beklagten im Wege der Aufrechnung geltend gemachten, die Forderung der Klägerin übersteigenden Gegenforderung (nach Angabe der Beklagten in der mündlichen Verhandlung in Höhe von mindestens 1.522.533,10 Euro) kommt vorliegend - vorbehaltlich näherer Klärung insbesondere in tatsächlicher Hinsicht - jedenfalls in Betracht. Der von der Beklagten gegenüber der Klägerin als Vertragspartnerin einer Kreuzungsvereinbarung als Gegenanspruch geltend gemachte Schadensersatzanspruch kann sich unter dem Gesichtspunkt der Haftung für ein Verschulden eines Erfüllungsgehilfen aus §§ 280, 278 BGB ergeben. Ein solcher Anspruch ist jedenfalls nicht aus spezifisch kreuzungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen. Auf dieser Grundlage kann eine zum Erlöschen der Hauptforderung führende Gegenforderung der Beklagten auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Haftung der Klägerin für ein schuldhaftes Verhalten ihrer Erfüllungsgehilfin A. bestehen.

1.4.3.1 Im Bereich einer Kreuzung zwischen Eisenbahn und Straße besteht zwischen dem Straßenbaulastträger und dem Eisenbahnunternehmer in Bezug auf Kreuzungsanlagen eine rechtliche Sonderverbindung, die ein Schuldverhältnis (§ 241 Abs. 1 BGB) begründet, das zur Anwendung der §§ 280, 278 BGB im Verhältnis beider Kreuzungsbeteiligter führt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie vorliegend - die Beteiligten eine Kreuzungsvereinbarung im Sinn des § 5 Abs. 1 EBKrG abgeschlossen haben (vgl. BGH, U.v. 11.1.2007 - III ZR 294/05 - juris Rn. 7 ff.; vgl. auch OLG Brandenburg, U.v. 18.6.2008 - 4 U 87/06 - juris Rn. 31). Für eine diese Rechtsfolge ausschließende vertragliche Vereinbarung zwischen den Beteiligten ist entgegen dem Vortrag der Klägerin nichts ersichtlich. Ein solcher Ausschluss ergibt sich weder aus dem von der Klägerin insoweit angeführten § 5 Abs. 2 noch aus einer sonstigen Klausel der Kreuzungsvereinbarung vom 31. August 2000 bzw. vom 6. Februar 2001 betreffend das Kreuzungsbauwerk A..

§ 5 Abs. 2 der Kreuzungsvereinbarung bestimmt die Beklagte als für die vereinbarte Maßnahme (Errichtung des Kreuzungsbauwerks) dem Grund nach in voller Höhe kostentragungspflichtig. Gleichzeitig verweist § 5 Abs. 1 der Kreuzungsvereinbarung hinsichtlich der Ermittlung des Umfangs der kreuzungsbedingten Kosten (sogenannte Kostenmasse), auf die sich die Kostentragungspflicht der Beklagten bezieht, (unter anderem) auf die Regelungen der Verordnung über die Kosten von Maßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz (1. Eisenbahnkreuzungsverordnung - 1. EKrV) vom 2. September 1964 (BGBl I S. 711), zuletzt geändert durch Verordnung vom 11. Februar 1983 (BGBl I S. 85), die mithin vorliegend schon kraft vertraglicher Vereinbarung zwischen den Beteiligten anwendbar sind. Aus diesem Grund kann dahinstehen, ob es sich bei den einschlägigen Regelungen der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung um abdingbares Recht handelt.

1.4.3.2 Die Vorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 3 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung schließt einen Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin aus §§ 280, 278 BGB ebenfalls nicht aus. § 1 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung regelt den Umfang der Kostenmasse bei der Herstellung einer neuen Kreuzung oder bei Maßnahmen an bestehenden Kreuzungen. Mit anderen Worten bestimmt die Vorschrift die konkrete Reichweite der Pflichtigkeit des für ein Kreuzungsbauwerk Kostentragungspflichtigen. Kostentragungspflichtig für das Kreuzungsbauwerk A. ist - wie bereits dargelegt (vgl. oben Ziff. 1.4.3.1) - nach § 5 Abs. 2 der zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Kreuzungsvereinbarung die Beklagte, deren Verkehrsweg (Abschnitt der Bundesautobahn A...) neu hinzugekommen ist. Aus der gesetzlichen Regelung des § 11 Abs. 1 EBKrG ergibt sich nichts anderes.

Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung gehören Aufwendungen für den Ersatz von Schäden, die bei der Durchführung einer Maßnahme den Beteiligten oder Dritten entstanden sind, zur kreuzungsrechtlichen Kostenmasse, es sei denn, dass die Schäden auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit eines Kreuzungsbeteiligten oder seiner Bediensteten beruhen. Seitens Dritter verursachte Schäden gehören demgegenüber - entgegen der Auffassung der Klägerin und des Erstgerichts - nicht zur Kostenmasse nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung. Maßgeblich hierfür ist, dass § 1 Abs. 2 Nr. 3 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung hinsichtlich eines nicht von den Kreuzungsbeteiligten oder deren Bediensteten, sondern von dritter Seite verursachten Schadens keinerlei Regelung enthält (wie hier auch OLG Brandenburg, U.v. 18.6.2008 - 4 U 87/06 - juris Rn. 29 f.). Aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 Nr. 3 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung ergeben sich für eine abweichende Auslegung keine Anhaltspunkte. Deshalb greifen hinsichtlich der durch Dritte verursachten Schäden zwischen den Vertragsparteien einer Kreuzungsvereinbarung - vorbehaltlich vorliegend nicht ersichtlicher besonderer vertraglicher Vereinbarungen - die allgemeinen Grundsätze des vertraglichen Schuldrechts.

Die Anwendung allgemeiner Grundsätze des vertraglichen Schuldrechts im Verhältnis der Kreuzungsbeteiligten untereinander führt, unabhängig von der Frage, welcher der Kreuzungsbeteiligten nach der gesetzlichen Regelung des § 11 Abs. 1 EBKrG für das Kreuzungsbauwerk kostentragungspflichtig ist, auch zu angemessenen und interessengerechten Ergebnissen (vgl. auch BGH, U.v. 11.1.2007 - III ZR 294/05 - juris Rn. 9). Die sich aus § 1 Abs. 2 Nr. 3 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung ergebende, spezifisch kreuzungsrechtliche Risikotragung des Kostenpflichtigen im Rahmen der kreuzungsrechtlichen Kostenmasse bleibt auf diese Weise auf das Risiko eines schadenstiftenden Verhaltens aus der unmittelbaren Sphäre der Kreuzungsbeteiligten (die Kreuzungsbeteiligten selbst und deren jeweils eigene Bedienstete) und damit auf einen für sämtliche Kreuzungsbeteiligte noch überschaubaren Kreis beschränkt. Das Verhalten eines diesem Kreis nicht zugehörigen Dritten hat demgegenüber auf den Umfang der Risikotragung desjenigen Kreuzungsbeteiligten, der auf das Hineinwirken dieses Dritten in den Bereich des Kreuzungsrechtsverhältnisses jedenfalls keinen unmittelbaren Einfluss hat, keine Auswirkung. Dessen Verhalten beeinflusst mithin den Umfang der Kostenmasse nach § 1 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung nicht.

Die hier vorgenommene, wortlautgerechte Auslegung des § 1 Abs. 2 Nr. 3 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung entspricht auch dem ausweislich der Entwurfsbegründung ausdrücklich erklärten Willen des Verordnungsgebers, wonach Schäden, die von beauftragten Firmen, deren Gehilfen oder Dritten zu ersetzen sind, durch die Vorschrift des § 1 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung (einer bei Normerlass bereits bestehenden Praxis folgend) nicht erfasst werden. Zur Kostenmasse gehören nach Auffassung des historischen Verordnungsgebers nur Schäden durch sogenanntes Verwaltungsverschulden (BR-Drs. 279/64, S. 3). Vor dem Hintergrund des Wortlauts in der Entwurfsbegründung ist die Auffassung der Klägerin, die einschlägige Passage sei nicht deutlich genug, nicht nachvollziehbar. Entsprechendes gilt für die klägerische Annahme, die maßgebliche Passage der Entwurfsbegründung stehe zum Wortlaut des § 1 Abs. 2 Nr. 3 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung in Widerspruch. Nicht durchgreifen kann schließlich auch der klägerische Hinweis auf die spätere Streichung von nach der Entwurfsbegründung in der BR-Drs. 279/64 noch vorgesehenen Einzelregelungen im Rahmen des § 1 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung im weiteren Verfahren des Verordnungserlasses. Diesbezügliche Änderungen betreffen nicht die hier einschlägige Regelung des § 1 Abs. 2 Nr. 3 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung und stehen mit dieser Regelung auch in keinem untrennbaren Zusammenhang.

Der vom Senat vorgenommenen Auslegung des § 1 Abs. 2 Nr. 3 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung entgegenstehende Hinweise lassen sich auch den Richtlinien über das Verfahren bei der Bauausführung und Abrechnung von Maßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz (ARS Nr. 6/1984, VkBl. 1969, 550) nicht entnehmen. Namentlich aus deren seitens der Klägerin insbesondere in Bezug genommenen Ziff. 1.6 lässt sich diesbezüglich nichts ableiten. Entgegen der Auffassung der Klägerin macht die Bestimmung mit Blick auf die besondere Kompetenz und Sachnähe des jeweils Bauausführenden einerseits und die gemeinsame Interessenlage der im kreuzungsrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis verbundenen Kreuzungsbeteiligten andererseits ohne Weiteres auch dann Sinn, wenn der vertragsschließende Kreuzungsbeteiligte für eine schuldhafte Schlechtleistung des von ihm im eigenen Namen beauftragten Dritten im Innenverhältnis zum anderen Kreuzungsbeteiligten haftet und insoweit in der Konsequenz ein Liquiditätsrisiko hinsichtlich des Dritten trägt.

Schließlich bleibt darauf hinzuweisen, dass es dem jeweils bauausführenden Kreuzungsbeteiligten unbenommen bleibt, das Risiko der Haftung für die schuldhafte Schlechtleistung eines Dritten (namentlich eines beauftragten Bauunternehmers) und das hiermit verbundene Liquiditätsrisiko dadurch auszuschließen, dass er beim Vertragsschluss mit dem Dritten nicht im eigenen Namen, sondern im Namen des für die Maßnahme kostentragungspflichtigen Kreuzungsbeteiligten handelt. Diese Möglichkeit sieht Ziff. 1.8 der Richtlinien über das Verfahren bei der Bauausführung und Abrechnung von Maßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz (ARS Nr. 6/1984) sogar ausdrücklich vor.

1.4.3.3 Nach allem ergibt sich mithin vorliegend eine Verantwortlichkeit der Klägerin für ein etwaiges schuldhaftes Verhalten der von ihr beauftragten A. nach allgemeinen schuldrechtlichen Grundsätzen. Vorbehaltlich näherer Prüfung insbesondere in tatsächlicher Hinsicht kommt ein aufrechenbarer Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen die Klägerin nach §§ 280, 278 BGB wegen der bei ihr entstandenen Kosten für die Beseitigung von Baumängeln in Betracht.

Nach § 280 BGB ersatzfähig ist grundsätzlich jeder durch eine Pflichtverletzung verursachte, insbesondere vermögenswerte Schaden (vgl. nur Ernst in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 280 Rn. 29). Ein Schaden ist jede Beeinträchtigung eines Interesses (vgl. nur Oetker in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 249 Rn. 16 m. w. N.). Eine vermögenswerte Beeinträchtigung der Interessen der Beklagten ergibt sich - vorbehaltlich weiterer Klärung im Nachverfahren - vorliegend aus denjenigen Herstellungskosten zur Errichtung eines Autobahntunnels als Bestandteil des Kreuzungsbauwerks A., die bedingt durch in Rede stehenden Pflichtverletzungen bei den Arbeiten der A. an der Eisenbahnbrücke als Bestandteil des Kreuzungsbauwerks über diejenigen Herstellungskosten hinausgehen, die unter Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Technik zur Errichtung des Bauwerks notwendig gewesen sind.

Ein solcher Schadensersatzanspruch zugunsten der Beklagten ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich bei der Gegenforderung der Beklagten nicht um Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden, sondern um von der Beklagten nach § 5 Abs. 2 der Kreuzungsvereinbarung zum Kreuzungsbauwerk A. (bzw. nach § 11 Abs. 1 EKrG) zu tragende notwendige Baukosten in Gestalt von Mehraufwendungen als Bestandteil der kreuzungsrechtlichen Kostenmasse im Sinn des § 1 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung handelt. Eine derartige Zuordnung ist unzutreffend. Die Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass nach § 1 Abs. 1 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung nur diejenigen Herstellungskosten einer neuen Kreuzung zur Kostenmasse gehören, die unter Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Technik notwendig sind. Durch einen Dritten schuldhaft verursachte (Mehr-)Kosten sind dies gerade nicht.

Um im Rahmen der Gewährung von Schadensersatz nach §§ 280, 278 BGB nicht ersatzfähige, sondern der kreuzungsrechtlichen Kostenmasse zugehörige notwendige Baukosten handelt es sich bei den seitens der Beklagten geltend gemachten Aufwendungen auch nicht deshalb, weil sich die etwaigen Pflichtverletzungen seitens der A. unmittelbar auf die als Vorwegmaßnahme errichtete Eisenbahnbrücke des Kreuzungsbauwerks A. beziehen und die seitens der Beklagten getätigten Aufwendungen jedenfalls unmittelbar die erst im Anschluss an den Brückenbau durchgeführte Errichtung des Tunnelbauwerks für die Bundesautobahn A ... betreffen. Ungeachtet der Frage, ob und inwieweit in technischer Hinsicht eine getrennte Betrachtung von Eisenbahnbrücke einerseits und Autobahntunnel andererseits überhaupt möglich ist (vgl. hierzu auch die Maßnahmenbeschreibung in § 2 der Kreuzungsvereinbarung, aus der sich insbesondere der bautechnisch enge Zusammenhang zwischen der Gründung der Mittelwand der Eisenbahnbrücke und der im Zuge des Autobahnbaus zu errichtenden Grundwasserwanne ergibt), handelt es sich bei Brücke und Tunnel jedenfalls bei funktionaler bzw. wertender Betrachtung aus der Perspektive des Kreuzungsrechts um ein einheitliches Kreuzungsbauwerk, das sich lediglich aus verschiedenen - ohne den Gesamtzusammenhang sinnlosen und unmittelbar aufeinander bezogenen - Einzelbauteilen zusammensetzt. Diese Sichtweise entspricht auch der gemeinsamen Auffassung der Kreuzungsbeteiligten, die im Rahmen der Kreuzungsvereinbarung zum Kreuzungsbauwerk A. von einer einheitlichen Maßnahme ausgehen (vgl. hierzu etwa § 2 der Kreuzungsvereinbarung zu „Art und Umfang der Maßnahme“ oder § 4 der Kreuzungsvereinbarung zur „Durchführung der Maßnahme“). Folgerichtig bezieht sich auch die Verpflichtung der Beklagten zur Tragung der Baukosten auf die Gesamtmaßnahme des Kreuzungsbauwerks A. (vgl. § 5 der Kreuzungsvereinbarung).

1.4.3.4 Im Rahmen der Haftung der Klägerin für Drittverschulden nach §§ 280, 278 BGB ergibt sich aus § 1 Abs. 2 Nr. 3 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung auch kein abgesenkter Haftungsmaßstab dahingehend, dass die Klägerin im Verhältnis zur Beklagten nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftete. Eine derartige Absenkung des Haftungsmaßstabs lässt sich aus § 1 Abs. 2 Nr. 3 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung entgegen klägerischer Auffassung nicht ableiten. Dies folgt schon daraus, dass § 1 Abs. 2 Nr. 3 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung, der hinsichtlich von Aufwendungen für den Ersatz von Schäden, die die Kreuzungsbeteiligten oder deren Bedienstete verursacht haben, die Zuordnung zur Kostenmasse auf mit höchstens einfacher Fahrlässigkeit verursachte Schäden begrenzt, für Haftungsmaßstäbe außerhalb der kreuzungsrechtlichen Kostenmasse - wie dargelegt (vgl. oben Ziff. 1.4.3.2) - aber keine Regelung trifft. Ein abweichendes Verständnis verkennt zum einen in systematischer Hinsicht den speziellen Charakter der Vorschrift des § 1 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung und führt zum anderen - wie ebenfalls bereits dargelegt (vgl. oben Ziff. 1.4.3.2) - im Fall der Einschaltung Dritter durch den bauausführenden Kreuzungsbeteiligten zu weitreichenden, für den anderen Kreuzungsbeteiligten nicht hinreichend abschätzbaren und mithin unbilligen Haftungsrisiken.

1.4.3.5 Hinsichtlich der Gegenforderung der Beklagten ist die Sache jedoch noch nicht zur Entscheidung reif. Insbesondere in tatsächlicher Hinsicht bedarf es noch weiterer Aufklärung. Dies gilt namentlich hinsichtlich der von der Beklagten geltend gemachten einzelnen Schadenspositionen sowie hinsichtlich der Frage des Verschuldens der A. ... in Bezug auf die einzelnen Schadenspositionen. Im zivilgerichtlichen Verfahren der Klägerin gegen die A. hat das Landgericht M. zur Klärung dieser Fragen ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben (Gutachten ... vom 27.7.2009). Die bereits begonnene Beweisaufnahme in diesem Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Nach Angaben der Klägerin steht die Wiederaufnahme des derzeit unterbrochenen Verfahrens unmittelbar bevor.

Soweit sich im Nachverfahren ergibt, dass die von der Beklagten zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung in einer die Forderung der Klägerin zuzüglich Verzugszinsen übersteigenden Höhe besteht, wird das vorliegende Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen sein.

2. Die Beklagte trägt - vorbehaltlich einer etwaigen anderweitigen Kostenentscheidung im Nachverfahren (§ 302 Abs. 4 Satz 2 ZPO) - als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs. 1 VwGO). Hinsichtlich des Beigeladenen entspricht es der Billigkeit, dass dieser seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, nachdem er keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Prozessrisiko ausgesetzt hat (§ 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO).

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Für die Gewährung eines weitergehenden Vollstreckungsschutzes zugunsten der Beklagten als durch die ausgesprochene Abwendungsbefugnis fehlt es an einer rechtlichen Grundlage. Namentlich ist für einen nicht zu ersetzenden Nachteil zulasten der Beklagten im Sinn des § 712 Abs. 1 Satz 1 ZPO nichts ersichtlich. Glaubhaft gemachte (§ 714 Abs. 2 ZPO), hinreichend nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte für einen derartigen Nachteil liegen nicht vor.

Vollstreckungsschutz zugunsten der Beklagten nach § 707 Abs. 1 Satz 1 ZPO kommt schon tatbestandlich nicht in Betracht, nachdem sich der Vollstreckungsschutz nach § 707 Abs. 1 Satz 1 ZPO ausweislich des Wortlauts der Norm auf die Phase der Fortsetzung des Rechtsstreits nach der Verkündung eines Vorbehaltsurteils bezieht. Dessen ungeachtet ist aber vorliegend auch insoweit in keinster Weise glaubhaft gemacht, dass eine Vollstreckung seitens der Klägerin der Beklagten einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde (§ 707 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Mithin besteht kein Anlass, vom gesetzlichen Regelfall der vorläufigen Vollstreckbarkeit abzuweichen. Ergänzend ist insoweit auch auf die Möglichkeit der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach § 302 Abs. 4 Satz 3 ZPO hinzuweisen.

4. Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache sowohl im Hinblick auf die Frage der Passivlegitimation der Beklagten als auch bezüglich der Auslegung von § 1 Abs. 2 Nr. 3 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Soweit sich aus den §§ 54 bis 61 nichts Abweichendes ergibt, gelten die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes. Ergänzend gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen Anordnungen zur Errichtung einer Fischaufstiegs- und Fischabstiegsanlage (nebst Fischschutz) bei seiner Triebwerksanlage.

Der Kläger betreibt die Triebwerksanlage F-mühle auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung F. Für die F-mühle bestehen ein unwiderrufliches Altrecht zur Nutzung einer Wassermenge von 3,4 m3/s sowie ein widerrufliches Recht zur Nutzung einer Wassermenge von 1,37 m3/s. Die Triebwerksanlage erzeugt Elektrizität für den Eigenbedarf und die Abgabe an das öffentliche Netz.

Mit Anordnung vom 19. November 2015 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 29. September 2016 verpflichtete das Landratsamt D.- … den Kläger, zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit der Vils bei seiner Triebwerksanlage eine Fischaufstiegsanlage (Mindestausleitungsmenge 300 l/s) und eine Fischabstiegsanlage nebst Fischschutz zu errichten und zu betreiben.

Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Klage mit Urteil vom 24. Oktober 2016 abgewiesen.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3 und 5 VwGO, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

1.1 Soweit sich der Kläger darauf beruft, es liege ein behördliches Ermittlungsdefizit vor, weil die Behörden die Realisierbarkeit der Fischauf- und -abstiegsanlage, die dafür notwendigen Baukosten und die damit verbundenen Ertragseinbußen bei der Energieerzeugung nicht hinreichend aufgeklärt hätten, kann er damit nicht durchdringen.

Nach dem behördlichen Untersuchungsgrundsatz des Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen. Dabei bestimmt sie auch Art und Umfang der Ermittlungen (Art. 24 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG). Zwar weist diese Regelung die Aufklärung des Sachverhalts nahezu vollständig dem Verantwortungsbereich der Behörde zu (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 24 Rn. 1). Dies bedeutet aber nicht, dass die Behörde in jedem Fall zu einer vollständigen und lückenlosen Aufklärung verpflichtet wäre. Insbesondere verpflichtet der Untersuchungsgrundsatz die Behörde nicht zu einem unverhältnismäßigen Ermittlungsaufwand, der zu dem zu erwartenden Ermittlungserfolg außer Verhältnis stünde (BayVGH, B.v. 11.1.2013 – 8 ZB 12.326 – juris Rn. 12 m.w.N.; vgl. auch Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 24 Rn. 35). Zudem wird die behördliche Pflicht zur Sachverhaltsermittlung durch die Mitwirkungsobliegenheit der Beteiligten (Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG) ergänzt (vgl. Heßhaus in Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 2. Aufl. 2016, § 24 Rn. 20). Dies beruht auf der Annahme, dass derjenige, der etwas ihm Günstiges erreichen will, alle Umstände vortragen wird, die aus seiner Sicht für die Entscheidung relevant sind (vgl. Engel/Pfau in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 1. Aufl. 2014, § 24 Rn. 40). Die Behörde ist deshalb, soweit es ein Beteiligter unterlässt, zur Klärung der für ihn günstigen Tatsachen beizutragen, obwohl ihm dies möglich und zumutbar wäre, in der Regel nicht gehalten, von sich aus allen sonstigen Aufklärungsmöglichkeiten nachzugehen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 26 Rn. 43; Kallerhoff/Fellenberg in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 24 Rn. 28).

Unter Anwendung dieser Grundsätze liegt kein Ermittlungsfehler vor. Das Landratsamt hat sich im Verwaltungsverfahren hinsichtlich der Frage notwendiger Maßnahmen zum Fischauf- und -abstieg der fachkundigen Beratung durch das Wasserwirtschaftsamt (Art. 63 Abs. 3 BayWG) und der Fachberatung für Fischerei bedient. Es hat dem Kläger geraten, wegen der Planung an das Wasserwirtschaftsamt und die Fachberatung für Fischerei heranzutreten (S. 40 der Behördenakte des Landratsamts). Der Fachberater für Fischerei, dessen Auskünften zu fischereirechtlichen Fragen eine besondere Bedeutung zukommt (BayVGH, B.v. 9.3.2011 – 8 ZB 10.165 – BayVBl 2011, 728 = juris Rn. 12 m.w.N.), hat festgestellt, dass eine derartige Anlage zum Fischauf- und -abstieg „hundertprozentig“ funktioniere (vgl. Sitzungsprotokoll des Erstgerichts, S. 111 der Akte des Verwaltungsgerichts). Im Hinblick darauf bestand kein Anlass für weitere behördliche Ermittlungen.

Das Landratsamt war auch nicht verpflichtet, den Minderertrag der Triebwerksanlage und die Kosten für die Errichtung der Fischauf- und -abstiegsanlage näher aufzuklären. Die behördliche Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts ist für solche Tatsachen beschränkt, die der Sphäre eines Beteiligten zuzuordnen sind (vgl. Engel/Pfau in Mann/Sennekamp/Uechtritz, a.a.O., § 24 Rn. 40). Die Kalkulation des Ertrags aus dem Betrieb seiner Triebwerksanlage liegt ausschließlich in der Sphäre des Klägers. Die für die Errichtung der Fischauf- und -abstiegsanlage zu veranschlagenden Kosten sind abhängig von der – dem Kläger obliegenden – konkreten Planung und können deshalb ohne seine Mitwirkung ebenfalls nicht abgeschätzt werden.

1.2 Rechtsfehlerfrei hat das Erstgericht darauf abgestellt, dass der Kläger nicht darauf vertrauen konnte, seine Wasserkraftanlage ohne nachträgliche Anordnungen oder Maßnahmen für alle Zukunft betreiben zu können.

1.2.1 Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass alte Wasserrechte den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG genießen können, sich die konkrete Reichweite des Schutzes aber erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums ergibt, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist (BVerfG, B.v. 24.2.2010 – 1 BvR 27/09 – juris Rn. 64). Dieser darf die nach altem Recht begründeten Rechte einer Neuregelung angleichen, auch wenn dabei die bisher mit dem Recht verbundenen Befugnisse eingeschränkt werden (BVerwG, U.v. 14.4.2005 – 7 C 16.04 – NVwZ 2005, 1076 = juris Rn. 22). Selbst die völlige Beseitigung bisher bestehender, durch die Eigentumsgarantie geschützter Rechtspositionen ist ihm nicht ausnahmslos verwehrt (BVerwG, U.v.14.4.2005, a.a.O.). Aus der verfassungsrechtlichen Eigentumsgewährleistung kann demnach nicht hergeleitet werden, dass ein vom Eigentumsrecht umfasstes Altrecht nach seinem Entstehen für alle Zukunft uneingeschränkt erhalten bleiben müsse oder nur im Wege der Enteignung wieder genommen werden dürfte. Der Gesetzgeber kann bei der Neuordnung eines Rechtsgebietes individuelle Rechtspositionen durch eine angemessene und zumutbare Überleitungsregelung umgestalten, wenn Gründe des Gemeinwohls vorliegen, die den Vorrang vor dem berechtigten – durch die Bestandsgarantie gesicherten – Vertrauen auf den Fortbestand eines wohl erworbenen Rechts verdienen (BVerfG, B.v. 24.2.2010 – 1 BvR 27/09 – juris Rn. 65 m.w.N.).

1.2.2 Ausgehend hiervon hat das Verwaltungsrecht zu Recht darauf abgestellt, dass die streitgegenständliche Anordnung als nachträgliche Inhalts- und Nebenbestimmung auf § 20 Abs. 2 Satz 3 WHG i.V.m. § 13 Abs. 2 WHG gestützt werden kann. Dieser Befugnis liegt allgemein der gesetzgeberische Wille zugrunde, die unter mittlerweile völlig – von den heutigen wasserwirtschaftlichen, ökologischen, ökonomischen und sozialen Standards – abweichenden Umständen erteilten Altrechte nicht uneingeschränkt zu konservieren, sondern eine möglichst weitgehende Anpassung an die geltenden rechtlichen Maßstäbe – insbesondere die gewässerökologischen Standards der Wasserrahmenrichtlinie – zu erreichen (vgl. Reinhardt, NWVBl 2015, 408/411). Die Zulassungsbegründung stellt nicht infrage, dass die streitgegenständliche Errichtung einer Fischauf- und -abstiegsanlage eine Maßnahme darstellt, die nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 d WHG zum Ausgleich einer auf die Benutzung zurückzuführenden nachteiligen Veränderung der Gewässereigenschaften erforderlich ist (vgl. dazu Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl. 2014, § 13 Rn. 122; Sieder/Zeitler/ Dahme, WHG, Stand 1.5.2016, § 13 Rn. 94). Im Übrigen können entsprechende nachträgliche Inhalts- und Nebenbestimmungen – wie § 20 Abs. 2 Satz 3 WHG ausdrücklich bestimmt – ohne Entschädigung angeordnet werden.

1.3 Zutreffend hat das Erstgericht auch erkannt, dass die angegriffene Anordnung keine unverhältnismäßige Einschränkung des klägerischen Altrechts mit sich bringt.

Dabei ist es mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, U.v. 5.7.2005 – 8 B 04.356 – ZfW 2007, 46 = juris Rn. 59; U.v. 28.6.2005 – 22 B 95.2188 – juris Rn. 58) davon ausgegangen, dass die Anforderungen an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der nachträglichen Einschränkung eines Altrechts höher sind als bei der Neuerteilung einer Bewilligung. Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht die nachteiligen wirtschaftlichen Auswirkungen beim Kläger in den Blick genommen. Dass es die finanziellen Ertragsminderungen bei der Stromerzeugung und die Baukosten für die Errichtung der Fischauf- und -abstiegsanlage nicht mit einem konkreten Betrag in seine Verhältnismäßigkeitsprüfung einbezogen hat, muss sich der Kläger selbst zuschreiben. Er wäre im eigenen Interesse gehalten gewesen, diese für ihn günstigen Tatsachen vorzutragen (vgl. bereits unter 1.1). Im Übrigen geht der Einwand, das Erstgericht habe zu Unrecht angenommen, die Triebwerksanlage habe sich wegen des langjährigen Betriebs amortisiert, ins Leere, weil nicht erkennbar ist, dass es dabei – entgegen jeder Lebenserfahrung – unterstellt hat, die Anlage sei ohne laufende Kosten (z.B. Wartung, Reparatur u.ä.) zu betreiben.

Im vorliegenden Einzelfall durfte das Erstgericht dem öffentlichen Interesse, durch Wiederherstellung der Durchgängigkeit den ökologischen Zustand des Gewässers zu verbessern, den Vorrang gegenüber den privaten Wirtschaftsinteressen des Klägers einräumen. Der Argumentation, bei einer Minderung des Wasserzuflusses von 8,8% (300 l/s) bzw. etwas über 10% (bei Ansatz von zusätzlich 50 l/s für eine getrennte Fischabstiegsanlage) sei von einem unverhältnismäßigen Eingriff in das Altrecht auszugehen, folgt der Senat nicht. Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist nicht – wie der Kläger meint – zu entnehmen, dass bei einem Entzug von ca. 10% des zufließenden Wassers ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Substanz eines Altrechts vorliegt. Die Zumutbarkeitsgrenze ist vielmehr unter Abwägung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. BayVGH, B.v. 3.6.2008 – 22 ZB 08.78 – BayVBl 2009, 276 = juris Rn. 16; U.v. 5.7.2005 – 8 B 04.356 – ZfW 2007, 46 = juris Rn. 59 ff.; U.v. 28.6.2005 – 22 B 95.2188 – juris Rn. 58). Vorliegend ist dabei festzustellen, dass die klägerischen Behauptungen, der Wasserentzug schließe einen rentablen Betrieb der Wasserkraftanlage auf Jahre bzw. Jahrzehnte aus und gefährde die Einspeisung in das öffentliche Netz, durch nichts belegt sind.

2. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Die Zulassungsbegründung sieht die besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache in denselben Fragen, die sie auch zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts angeführt hat. Diese Fragen sind jedoch – wie sich aus vorstehenden Darlegungen ergibt – weder komplex noch fehleranfällig (vgl. zu diesem Maßstab BayVGH, B.v. 3.11.2011 – 8 ZB 10.2931 – BayVBl 2012, 147 = juris Rn. 28). Sie können vielmehr ohne Weiteres anhand der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung bereits im Zulassungsverfahren geklärt werden.

3. Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) scheidet ebenfalls aus.

Die von der Zulassungsbegründung formulierten Rechtsfragen zielen darauf ab, zu klären, ob die Behörde bei Anordnungen zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit nach § 34 Abs. 2 WHG – insbesondere im Zusammenhang mit Altrechten – zur Ermessensausübung ermächtigt bzw. verpflichtet ist. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind in einem Berufungsverfahren nicht entscheidungserheblich, weil das Landratsamt sein Ermessen betätigt hat, insbesondere indem es festgestellt hat, die gewässerökologischen Anforderungen zur Erzielung der Durchgängigkeit hätten Vorrang vor dem Interesse des Triebwerksbetreibers, seine Anlage wie bisher zu betreiben (vgl. S. 75 der Behördenakte des Landratsamts). Im Übrigen fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit auch deshalb, weil das Erstgericht als Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid zutreffend auf § 20 Abs. 2 Satz 3 WHG i.V.m. § 13 Abs. 2 WHG abgestellt hat, die eine Anordnung nach Ermessen vorsehen.

4. Schließlich liegt auch kein Verfahrensmangel wegen eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 124 Abs. 2 Nr. 5, § 86 Abs. 1 VwGO) vor.

Die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO erfordert u.a. die Darlegung, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (stRspr, z.B. BVerwG, B.v. 29.7.2015 – 5 B 36.14 – juris Rn. 7; B.v. 25.1.2005 – 9 B 38.04 – NVwZ 2005, 447 = juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 7.3.2017 – 8 ZB 15.1005 – juris Rn. 10).

Der Kläger hat nicht aufgezeigt, inwiefern er auf die vermisste Aufklärung hingewirkt hätte. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat (§ 86 Abs. 2 VwGO). Der Kläger hat – ausweislich der Sitzungsniederschrift – zu den gerügten Aufklärungsdefiziten im erstinstanzlichen Verfahren keinen Beweisantrag gestellt. Die Aufklärungsrüge dient aber nicht dazu, Versäumnisse Verfahrensbeteiligter, insbesondere das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (BVerwG, B.v. 29.7.2015 – 5 B 36.14 – juris Rn. 7; B.v. 18.12.2006 – 4 BN 30.06 – NVwZ-RR 2007, 285 = juris Rn. 2).

Ebensowenig legt die Zulassungsbegründung hinreichend dar, weshalb sich dem Erstgericht auch ohne förmlichen Beweisantrag eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B.v. 6.9.2017 – 2 B 2.17 – juris Rn. 14). Weiterer Aufklärungsbedarf zur Realisierbarkeit der Fischauf- und -abstiegsanlage, die der Fachberater für Fischerei „hundertprozentig“ bestätigte (vgl. Sitzungsprotokoll des Erstgerichts, S. 110 f. der Akte des Verwaltungsgerichts), ist weder dargelegt noch erkennbar (vgl. hierzu bereits oben unter 1.1). Das Verwaltungsgericht musste auch die Ertragsminderung bei der klägerischen Triebwerksanlage und die Kosten für die Errichtung der Fischauf- und -abstiegsanlage nicht aufklären. Die Amtsermittlungspflicht findet dort ihre Grenzen, wo ein Beteiligter selbst Aufklärung über für in günstige Tatsachen geben kann, die aus seiner Sphäre stammen (BayVGH, B.v. 21.11.2016 – 3 ZB 13.573 – juris Rn. 9; vgl. auch Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 86 Rn. 20; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 86 Rn. 11). Die Kalkulation des Ertrags aus dem Betrieb seiner Triebwerksanlage und die Abschätzung der Kosten für die Errichtung der Fischauf- und -abstiegsanlage sind – wie unter 1.1 bereits ausgeführt – der Sphäre des Klägers zuzuordnen.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert wird auf 500.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Antragstellerin hat den Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens (§ 98 VwGO i.V.m. §§ 485 ff. ZPO) mit Schriftsatz vom 11. Juli 2018 zurückgenommen. Das Verfahren ist daher einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechend; vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2015 – 15 C 14.2528 – juris).

Die Tatsache, dass die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten des anschließenden Hauptsacheverfahrens gehören, wirkt sich vorliegend nicht aus, weil kein selbständiges Beweisverfahren durchgeführt wird. Im Fall der Rücknahme ist eine Kostenentscheidung zu treffen (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 10.10.2017 – 15 C 14.1592 – juris Rn. 12; Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 98 Rn. 39 m.w.N.), die hier auf § 155 Abs. 2 VwGO beruht.

Eine Kostentragung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen erscheint gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht billig. Nach ständiger Praxis des Senats (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2001 – 8 ZB 01.1789 – juris Rn. 10 ff.; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 162 Rn. 17 jew. m.w.N.) ist hierfür maßgeblich, ob ein Beigeladener wegen Stellung eines Sachantrags (zur Unterscheidung von Prozessanträgen vgl. Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 39. Aufl. 2018, § 297 Rn. 1 f.) ein Kostenrisiko auf sich genommen hat (vgl. § 154 Abs. 3 HS 1 VwGO) oder ob er das Verfahren wesentlich gefördert hat. Die Beigeladenen haben hier lediglich die Zurückweisung des Antrags auf Eröffnung eines selbständigen Beweisverfahrens (während der Anhängigkeit eines Hauptsacheverfahrens) beantragt. Im Fall eines das selbständige Beweisverfahren eröffnenden Beschlusses wäre keine Kostenentscheidung zu treffen gewesen (vgl. BayVGH, B.v. 25.6.2007 – 3 C 07.1118 – juris Rn. 23; OVG NW, B.v. 24.3.2009 – 15 E 31/09 – juris Rn. 13 ff.; HessVGH, B.v. 17.1.2011 – 2 B 1966/10 – juris Rn. 6; Geiger in Eyermann, a.a.O., § 98 Rn. 39). Die Beigeladenen sind somit in derartigen Fällen bei einem Unterliegen regelmäßig keinem Kostenrisiko ausgesetzt. Ebenso wie das Zulassungsverfahren weist das selbständige Beweisverfahren daher Besonderheiten auf, die im Rahmen der Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen sind. Eine wesentliche Förderung des Verfahrens durch die Beigeladenen ist hier nicht gegeben. Eine Entscheidung zu deren Gunsten ist im Übrigen auch nicht deshalb veranlasst, weil sie durch die Ablehnung des Antrags im Ergebnis begünstigt würden (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 11.10.2001 – 8 ZB 01.1789 – juris Rn. 10 ff.).

Die Streitwertentscheidung ergibt sich aus § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Mit der Reduzierung des Streitwerts folgt der Senat – unter Aufgabe seiner bisherigen Ansicht, wonach grundsätzlich der ungekürzte Hauptsachestreitwert zugrunde zu legen ist (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 15.5.2012 – 8 C 10.2054 – juris Rn. 13; B.v. 3.6.2014 – 8 C 13.2070 – juris Rn. 10) – der in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs überwiegend vertretenen Auffassung (BayVGH, B.v. 22.9.2000 – 22 C 00.2503 – BayVBl 2001, 763 = juris Rn. 2 ff.; B.v. 28.3.2002 – 4 C 01.2417 – juris Rn. 13; B.v. 12.8.2002 – 13 S 01.1662 – juris Rn. 9; B.v. 25.6.2007 – 3 C 07.1118 – juris Rn. 24; B.v. 23.1.2015 – 15 C 14.2528 – juris Rn. 2; B.v. 8.7.2015 – 13 S 15.600 – juris Rn. 18 m.w.N.), die vor allem auf den „eilverfahrensrechtlichen“ Charakter des selbständigen Beweisverfahrens abstellt. Im Verwaltungsrechtsstreit erscheint – im Unterschied zum Zivilprozess – die Annahme eines Streitwerts in der vollen Höhe des zu sichernden Anspruchs in der Regel nicht gerechtfertigt, weil dem selbständigen Beweisverfahren im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Hinblick auf die unterschiedlichen Verfahrensstrukturen eine geringere Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 12.8.2002 – 13 S 01.1662 – juris Rn. 9). Daraus folgt regelmäßig eine Reduzierung des Hauptsachestreitwerts (vgl. zu Ausnahmen OVG NW, B.v. 16.7.2007 – 8 E 547/07 – juris Rn. 9 f.).

Maßgeblich für die Bestimmung der Streitwerthöhe ist hier – in entsprechender Heranziehung von Nr. 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18. Juli 2013 – der zu erwartende Jahresgewinn. Dieser wurde vom Senat anhand der vorgelegten Bewerbungsunterlagen und der Ausführungen der Beteiligten in den Verfahren Az.: 8 ZB 17.2076 (Beschluss vom 6.6.2018 – juris Rn. 38) und Az.: 8 CS 17.432 (Beschluss vom 8.5.2017 – juris Rn. 123) für die hier maßgeblichen Tätigkeiten auf 1 Million Euro geschätzt. Die Antragstellerin hat die Höhe im Ergebnis für angemessen erachtet (Schriftsätze vom 7.11.2017 im Verfahren 8 ZB 17.2076 und vom 23.3.2017 im Verfahren 8 CS 17.432). Der nunmehr erfolgte, pauschale Verweis der Antragstellerseite auf den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Oktober 2017 (9 B 1789/17.T – juris Rn. 57) vermag diese Schätzungen nicht in Zweifel zu ziehen. Die zitierte Entscheidung enthält keine nähere Begründung zur Streitwerthöhe. Sie bezieht sich zudem auf eine andere Ausschreibung für einen anderen Flughafen, ohne dass auf die Vergleichbarkeit im Einzelnen eingegangen wurde. Daher besteht mangels hinreichend substanziierter Einwendungen kein Anlass, von den genannten Einschätzungen abzuweichen.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, § 92 Abs. 3 Satz 2, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.