Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 28. Nov. 2018 - 3 B 16.1262

bei uns veröffentlicht am28.11.2018
vorgehend
Verwaltungsgericht München, M 12 K 13.5585, 10.04.2014

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der 1987 geborene Kläger, Steuerobersekretär beim Finanzamt, verfolgt im Berufungsverfahren sein Rechtsschutzziel, die Feststellung eines Zustands nach einem Knalltrauma als Dienstunfallfolge, weiter. Er befand sich am 11. Januar 2013 auf dem Heimweg in einer Bahnhofsunterführung, als dort Jugendliche einen Silvesterböller zündeten, der einige Meter hinter ihm explodierte. Das Klinikum Augsburg, das der Kläger noch am gleichen Tag aufgesucht hatte in dem er bis 18. Januar 2013 behandelt worden war, diagnostizierte ein „Knalltrauma links, Pharyngitis“. Der Kläger war bis 8. Februar 2013 arbeitsunfähig geschrieben.

Der vom Landesamt für Finanzen (Landesamt) mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragte Oberarzt Dr. K. (LMU München, Campus Großhadern) gelangte zu dem Ergebnis, dass die beginnende Schwerhörigkeit links und das dort bestehende subjektive Ohrgeräusch nicht hinreichend wahrscheinlich durch den Unfall verursacht worden seien. Auch eine Mitverursachung sei nicht gegeben; die noch nachweisbaren Schäden seien im Wesentlichen auf unfallunabhängige Faktoren zurückzuführen.

Mit Bescheid vom 25. Juni 2013 hat der Beklagte den Unfall vom 11. Januar 2013 als Dienstunfall anerkannt (Nr. 1) sowie als Dienstunfallfolge ein „Knalltrauma mit vorübergehender Hörminderung auf beiden Ohren“ (Nr. 2) und einen dienstunfallbedingten Heilbehandlungszeitraum von sechs Tagen festgestellt (Nr. 3). Abgelehnt wurde die Anerkennung einer Schallempfindungsschwerhörigkeit links sowie eines Tinnitus aurium links als Folgen des Dienstunfalls (Nr. 4) sowie Anträge auf Gewährung von Unfallfürsorge über den anerkannten Heilbehandlungszeitraum hinaus (Nr. 5); von den bereits geleisteten Zahlungen für diesen Zeitraum wurde ein Teilbetrag in Höhe von 1.583,75 € zurückgefordert (Nr. 6). Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2013 als unbegründet zurückgewiesen.

Über die gegen die Nummern 3 und 4 des Bescheids vom 25. Juni 2013 gerichtete Klage des Klägers hat das Verwaltungsgericht München am 10. April 2014 mündlich verhandelt und sie mit Urteil vom gleichen Tag abgewiesen. Nach der überzeugenden Aussage des Dr. K. könne das Gericht nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass der dienstunfallbedingte Heilbehandlungszeitraum länger als sechs Tage betragen habe und die weiteren Schäden am linken Ohr wesentlich vom Dienstunfall herrührten. Die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen könnten die Kausalität zwischen dem Dienstunfall und seinen Beschwerden nicht belegen. Auch die negative Feststellung, dass die Beschwerden nicht auf das vorhandene Wirbelsäulenleiden (Skoliose) zurückzuführen seien, begründe keine kausale Verursachung durch den Dienstunfall.

Mit Beschluss vom 23. Juni 2016 hat der Senat die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Hinblick darauf zugelassen, dass sich aus vom Kläger vorgelegten Gutachten weitere Anhaltspunkte für die von ihm behauptete Kausalität ergeben könnten.

Der Kläger begründete die eingelegte Berufung mit Schriftsatz vom 29. Juli 2016 insbesondere unter Hinweis auf die erst im Rahmen des Berufungszulassungsverfahren vorgelegten Bestätigungen und Gutachten verschiedener Fachärzte, mit denen der vom Verwaltungsgericht verneinte Kausalzusammenhang zwischen dem Dienstunfall und den geltend gemachten Körperschäden belegt werde. Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 10.4.2014 zu verurteilen, einen Tinnitus aurium bei Zustand nach Lärmtrauma links sowie eine Schallempfindungsschwerhörigkeit links als Dienstunfallfolge des Ereignisses vom 11.1.2013 festzustellen sowie festzustellen, dass der dienstunfallbedingte Heilbehandlungszeitraum mehr als sechs Tage beträgt und nach wie vor andauert sowie den Bescheid vom 25.7.2013 und den Widerspruchsbescheid vom 12.11.2013 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er nahm auf den Inhalt des angegriffenen Urteils Bezug und regte zur Klärung der allein streitigen Frage der Kausalität die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens an.

Mit Beweisbeschluss vom 31. Januar 2017 hat der Senat Prof. Dr. B. (Klinikum rechts der Isar) mit der Erstellung eines Gutachtens zur Frage betraut, ob die maßgeblichen Beschwerden des Klägers kausal durch das Unfallereignis vom 11. Januar 2013 bedingt sind. Unter dem 27. Dezember 2017 hat der Sachverständige ein Hals-Nasen-Ohrenfachärztliches Gutachten (35 Seiten mit umfangreichen Meßbefunden in der Anlage) vorgelegt, das zu dem Ergebnis gelangt, dass der vom Kläger angegebene Tinnitus aurium links nicht kausal durch das Unfallereignis bedingt sei und keine nachweisbare Schallempfindungsschwerhörigkeit bestehe. Auf den Inhalt des Gutachtens wird verwiesen.

Die Parteien haben mit Schriftsätzen vom 23. Mai und 13. Juni 2018 ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt und sich nicht weiter zur Sache geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie die Behördenakten Bezug genommen, hier insbesondere auf die verschiedenen ärztlichen Stellungnahmen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet.

1. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die vom Verwaltungsgericht München abgewiesene Klage gegen Nr. 3 und 4 des Bescheids des Beklagten vom 25. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. November 2013. Der Kläger begehrt damit weiterhin zum einen den Fortfall der zeitlichen Einschränkung der Dauer des dienstunfallbedingten Heilbehandlungszeitraums auf sechs Tage, zum anderen die Anerkennung der körperlichen Schäden (Schallempfindungsschwerhörigkeit links und tinnitus aurium bei Zustand nach Lärmtrauma links) als Dienstunfallfolge.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil zu Recht abgewiesen, denn der Kläger hat weder Anspruch auf die begehrte Anerkennung der dargestellten Körperschäden als Folge des am 11. Januar 2013 erlittenen Wegeunfalls noch auf eine Ausweitung des Heilbehandlungszeitraums über den Krankenhausaufenthalt vom 11. bis 18. Januar 2013 hinaus.

2. Gemäß Art. 45 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG wird einem Beamten, der einen Dienstunfall erlitten hat, Unfallfürsorge gewährt. Ein Anspruch auf Unfallfürsorgeleistungen setzt immer das Vorliegen eines Dienstunfalls im Sinne von Art. 46 BayBeamtVG voraus, d.h. ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist und einen Körperschaden verursacht hat. Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass der Kläger einen Wegeunfall (Art. 46 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG) erlitten hat, als er am 11. Januar 2013 auf dem Nachhauseweg in einer Fußgängerunterführung von einem explodierenden Knallkörper überrascht wurde. Zwischen den Beteiligten ist ausschließlich strittig, ob dieses Ereignis als (zumindest) wesentliche Ursache kausal im Rechtssinn für die geltend gemachten Gesundheitsschäden ist. Dies verneint der Senat.

2.1. Für die Frage der kausalen Verknüpfung zwischen Unfallereignis und Körperschaden ist die von der Rechtsprechung entwickelte Theorie der wesentlichen Verursachung bzw. der zumindest wesentlich mitwirkenden Teilursache maßgeblich. Hiernach sind (mit-)ursächlich für einen eingetretenen Körperschaden nur solche Bedingungen im natürlich-logischen Sinn, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg bei natürlicher Betrachtungsweise zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BVerwG, U.v. 25.2.2010 - 2 C 81.08 - juris Rn. 9). Als wesentliche Ursache kann auch ein Ereignis in Betracht kommen, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder beschleunigt, wenn ihm im Verhältnis zu den anderen denkbaren Ursachen nach natürlicher Betrachtungsweise eine überragende oder zumindest annähernd gleichwertige Bedeutung für den Eintritt des Schadens zukommt (BVerwG, B.v. 7.5.1999 - 2 B 117.98 - juris Rn. 4). Umgekehrt ist das Unfallereignis dann nicht wesentliche Ursache für den Körperschaden, wenn das Ereignis von untergeordneter Bedeutung gewissermaßen der „letzte Tropfen“ war, der das „Fass zum Überlaufen“ brachte. Das Unfallereignis tritt dann im Verhältnis zu der schon gegebenen Bedingung (dem vorhandenen Leiden oder der Vorschädigung) derart zurück, dass die bereits gegebene Bedingung als allein maßgeblich anzusehen ist (BayVGH, B.v. 30.1.2018 - 3 ZB 15.148 - juris Rn. 5 m.w.N.).

Die kausale Verknüpfung zwischen Unfallereignis und weiterem Körperschaden muss zur Überzeugung des Gerichts vorliegen. Dies gilt auch für die sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Anerkennung von Unfallfolgen. Der Beamte trägt die materielle Beweislast für seine Behauptung, die behauptete Schädigungsfolge sei wesentlich auf den Dienstunfall und nicht etwa auf eine anlagebedingte Konstitution zurückzuführen. Ein Anspruch ist nur dann anzuerkennen, wenn der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Körperschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 4.4.2011 - 2 B 7.10 - juris Rn. 8; vgl. zuletzt BayVGH, U.v. 13.6.2018 - 3 B 14.802 - juris Rn. 29). Es besteht kein Grundsatz des Inhalts, dass die „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ im Dienstunfallrecht als ausreichend angesehen werden kann (BVerwG, U.v. 22.10.1981 - 2 C 17.81 - juris Rn. 18).

2.2 Der Nachweis, dass die geltend gemachten Körperschäden wesentliche Folge des Dienstunfalls vom 11. Januar 2013 sind, ist vom Kläger nicht erbracht worden. Zwischen dem Dienstunfallereignis und den gesundheitlichen Beschwerden des Klägers, soweit sie (hinsichtlich der Schallempfindungsschwerhörigkeit und tinnitus aurium bei Zustand nach Lärmtrauma, jeweils links) einen Behandlungszeitraum von sechs Tagen nach dem Dienstunfall überschritten haben, besteht nicht der notwendige Kausalitätszusammenhang, auch nicht im Sinn einer wesentlich mitwirkenden Teilursache. Das steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund des gerichtlich eingeholten Hals-Nasen-Ohrenfachärztlichen Gutachtens von Prof. Dr. B. (i.F.: Sachverständiger) vom 27. Dezember 2017 fest, das letztlich das Gutachten von Dr. K. vom 3. Juli 2013, ergänzt durch Gutachten vom 31. Oktober 2013, bestätigt; die beiden letztgenannten Ausarbeitungen waren für das Verwaltungsgericht die maßgebliche Entscheidungsgrundlage. Das vom Senat eingeholte Gutachten vom 27. Dezember 2017 ist in sich stimmig, überzeugend und nachvollziehbar; auch die Klagepartei hat im Übrigen auf jegliche Auseinandersetzung mit dem Gutachten des Sachverständigen verzichtet.

Der Sachverständige Prof. Dr. B. hat zur Überzeugung des Senats in seinem Gutachten dargestellt, dass die (allenfalls) beginnende Schwerhörigkeit des Klägers nicht durch ein Knalltrauma erklärbar ist und damit nicht durch den Dienstunfall vom 11. Januar 2013 verursacht wurde, da mittlerweile praktisch keine Minderung der Hörfähigkeit mehr nachweisbar ist; ohne den Nachweis eines unfallbedingten Hörschadens kann aber auch ein subjektiv vorliegender Tinnitus aurium nicht kausal auf das Unfallgeschehen zurückgeführt werden. Diese sachverständige Einschätzung, auf die sich der Senat zur Begründung seiner Entscheidung in vollem Umfang bezieht, korreliert mit dem im Verwaltungsverfahren eingeholten und vom Verwaltungsgericht als maßgebliche Entscheidungsgrundlage herangezogenen Gutachten des Dr. K. vom 3. Juli 2013, ergänzt am 31. Oktober 2013. Das Verwaltungsgericht ist mithin zu Recht nicht den drei ärztlichen Stellungnahmen (Arztberichte der Dres. Wi. v. 6.8.2013, Wim. v. 12.8.2013 und Mö. v. 19.8.2013) gefolgt, die alle aus dem Zeitraum zwischen dem Erlass des Ausgangs- und des Widerspruchsbescheides stammen und eine Kausalität zumindest nahelegten.

Da sich der Kläger im Berufungsverfahren jeglicher Äußerung zum Inhalt des Sachverständigengutachtens vom 27. Dezember 2017 enthalten hat, kann der Senat lediglich auf diejenigen Argumente eingehen, die in der Berufungsbegründung vom 29. Juli 2016 vorgetragen werden, wobei sich der Kläger in erster Linie auf die Ergebnisse des Attests des Dr. S. vom 1. Juli 2014, der Beurteilung durch den Facharzt Dr. H. vom 8. Mai 2014 sowie des im Auftrag der ERGO Versicherungs AG durch Prof. Dr. Z. erstellten HNOärztlichen Gutachtens des Klinikums Augsburg vom 13. Oktober 2015 beruft. Mit den maßgeblichen Aussagen dieser drei Stellungnahmen beschäftigt sich das Sachverständigengutachten (S. 15 bis 18) ausführlich und widerlegt den zentralen Vorwurf des Klägers, es fehle an einer ausreichenden Auseinandersetzung mit den für eine Kausalität von Dienstunfall und Schadensfolge sprechenden Umständen.

Im Wesentlichen ergibt sich Folgendes: Ein Kausalzusammenhang im Hinblick auf die aktuellen Beschwerden lässt sich nicht schon allein aus der zeitlichen Abfolge von Wegeunfall und der dadurch akut verursachten Hörstörung ableiten, denn diese ist schon bald nach dem schädigenden Ereignis wieder abgeklungen. Es ist bereits fraglich, ob der verwendete Feuerwerkskörper in der konkreten Situation grundsätzlich überhaupt geeignet war, den geschilderten Hörschaden zu verursachen (Gutachten S. 29). Weiter konnte der Sachverständige nicht erklären, warum der Kläger von Anfang an in erster Linie über linksseitige Ohrbeschwerden geklagt hat und klagt, obwohl er angibt, von dem Explosionsgeräusch in der Unterführung in etwa mittig mit gerade nach vorn ausgerichtetem Kopf betroffen worden zu sein. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der beim Kläger festgestellten Wirbelsäulendeformität (Skoliose) und der linksseitigen Hörstörung besteht „eher“ nicht, weil es an einem akuten Ereignis im Bereich der Halswirbelsäule zum Zeitpunkt der Explosion des Feuerwerkskörpers gefehlt hat (Gutachten S. 28, 29); ohnehin wäre dieser Ausschluss nicht geeignet, den Nachweis für die Ursache der geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigung zu erbringen.

Das Gutachten des Sachverständigen kommt auf der Basis der vorgenommenen Anamnese (vgl. Gutachten S.19 - 21) und der durchgeführten audiologischen Diagnostik zu dem Ergebnis, dass „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ kein Innenohrschaden vorliegt, der aber als „pathophysiologisches Korrelat“ gegeben sein muss (Gutachten S. 25 f., 31, 34). Der Sachverständige bestätigt, dass die von ihm beim Kläger ermittelten Tonhörschwellen - entsprechend den von Dr. K. festgestellten - im Normbereich liegen und weder einen „Senkencharakter“ noch einen „Steilabfall“ erkennen lassen (Gutachten S. 26, 27). Üblicherweise führt ein Knalltrauma zwar zu einer „Senkenbildung“, die aber im vorliegenden Fall weder von Dr. K. noch vom Sachverständigen bei den von ihnen erstellten Tonschwellenaudiogrammen festgestellt werden konnte. Jedoch hält es der Sachverständige für zutreffend, dass für das Bestehen eines chronischen Tinnitus „keine nachweisbare Hochtonsenke gefordert“ wird, auch wenn sie bei dem vorliegenden Erkrankungsbild zu erwarten gewesen wäre. Bereits bis zum Gutachten durch Dr. K. vom 3. Juli 2013 hatte sich die unmittelbar nach dem Unfall vorgelegene beidseitige Schallempfindungsschwerhörigkeit normalisiert; aktuell ist von einem „beidseits komplett regelrechten peripheren Hörvermögen“ (Gutachten S. 27) auszugehen. Auch die vom Kläger geltend gemachte beidseitige Hyperakusis (Überempfindlichkeit gegen Schall) ist nicht durch audiometrische Messverfahren objektivierbar und daher HNOärztlich nicht nachvollziehbar (Gutachten S. 32).

Vor dem Hintergrund dieser Befunde erscheint eine kausale Herbeiführung der geltend gemachten Gehörbeschwerden durch die Explosion des Knallkörpers fraglich. Auf keinen Fall kann die für den Nachweis des Kausalzusammenhangs erforderliche „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“ (vgl. 2.1) bejaht werden. Allein der Umstand, dass der beklagte Tinnitus ausschließlich das linke Ohr des Klägers beeinträchtigt, obwohl nach seiner Unfallschilderung beide Ohren der Explosion gleichermaßen ausgesetzt waren, wirft Zweifel an einem wesentlichen Verursachungsbeitrag des Schadensereignisses für die Erkrankung auf. Die Unaufklärbarkeit geht zulasten des Klägers.

3. Somit ergibt sich, dass keine weiteren Schäden über diejenigen hinaus, die im Bescheid des Landesamts vom 25. Juni 2013 anerkannt worden sind, als durch den Dienstunfall vom 11. Januar 2013 verursacht anerkannt werden können. Auch eine Ausweitung des Heilbehandlungszeitraums kann der Kläger nicht beanspruchen. Die Berufung war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2, § 191 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 127 BRRG nicht zuzulassen.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Beamtenrechtsrahmengesetz - BRRG | § 127


Für die Revision gegen das Urteil eines Oberverwaltungsgerichts über eine Klage aus dem Beamtenverhältnis gilt folgendes: 1. Die Revision ist außer in den Fällen des § 132 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, wenn das Urteil von der Ents

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 191


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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Jan. 2018 - 3 ZB 15.148

bei uns veröffentlicht am 30.01.2018

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens. III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000,- € festgesetzt. Gründe

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000,- €

festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) sowie des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung beruhen kann) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Solche sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Anerkennung des Ereignisses vom 3. März 2014, bei dem der Kläger, der als Polizeibeamter im Dienst des Beklagten steht, nach seinen Angaben beim Hochheben einer mit Akten gefüllten Kiste in seinen Dienstschrank einen Stich im Rücken verspürt sowie in der Folge Schmerzen mit Beweglichkeitseinschränkungen im unteren Lendenwirbelbereich gehabt haben will, als Dienstunfall i.S.d. Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG sowie auf Anerkennung einer akuten Lumbago („Hexenschuss“) als Dienstunfallfolge zu Recht abgewiesen. Es hat zutreffend einen Zusammenhang im Rechtssinn zwischen dem vom Kläger geschilderten Vorfall und der von ihm geltend gemachten Erkrankung, für den er die materielle Beweislast trägt, verneint. Insoweit kann offen bleiben, ob für die Klage überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, weil der Kläger die Anerkennung der akuten Lumbago als Körperschaden erstmals im Gerichtsverfahren beantragt hat (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2017 – 3 ZB 14.1449 – juris Rn. 2).

1.1. Wird ein Beamter durch einen Dienstunfall verletzt, so wird ihm gemäß Art. 45 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG Unfallfürsorge gewährt. Gemäß Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist (BayVGH, U.v. 24.4.2015 – 3 B 14.1141 – juris Rn. 23).

Als Ursache im Rechtssinn für die Anerkennung eines Dienstunfalls sowie für die hieraus geltend gemachten Unfallfolgen sind nur solche Bedingungen im natürlich-logischen Sinn anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg bei natürlicher Betrachtungsweise zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Beim Zusammentreffen mehrerer Ursachen ist eine als alleinige Ursache anzusehen, wenn sie bei natürlicher Betrachtungsweise überragend am Erfolg mitgewirkt hat oder annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Erfolgs hatte wie die anderen Umstände insgesamt (BayVGH, B.v. 9.10.2015 – 3 ZB 12.1708 – juris Rn. 12). Keine Ursachen im Rechtssinn sind sog. Gelegenheitsursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst nur eine rein zufällige Beziehung besteht, etwa wenn die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden eines Beamten so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte (BayVGH, B.v. 9.10.2015 – 3 ZB 12.1708 – juris Rn. 13). Dies gilt auch, wenn der Unfall Auslöser für die aufgetretene Erkrankung i.S.d. „letzten Tropfens, der das Fass zum Überlaufen bringt“, war, weil er insoweit nur von untergeordneter Bedeutung für die Krankheit war, die früher oder später ohnehin ausgebrochen wäre (BayVGH, B.v. 7.12.2016 – 3 ZB 13.1735 – juris Rn. 5).

Der Beamte trägt die materielle Beweislast dafür, dass eine Schädigung wesentlich auf den Dienstunfall zurückzuführen ist. Für das Vorliegen eines Dienstunfalls sowie der dadurch verursachten Körperschäden ist grundsätzlich der volle Beweis zu erbringen. Dieser muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen. Lässt sich der Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallgeschehen und dem eingetretenen Körperschaden trotz Ausschöpfung aller Mittel nicht aufklären, geht die Nichterweislichkeit dieser Tatsache nach allgemeinen Beweisgrundsätzen zu Lasten des Beamten (BayVGH, B.v. 9.10.2015 – 3 ZB 12.1708 – juris Rn. 14).

Nach diesen Maßstäben hat das Verwaltungsgericht zu Recht bereits das Vorliegen eines Ereignisses i.S.d. Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist, bezweifelt. Der Kläger hat hierzu in sich widersprüchliche und auch gesteigerte Angaben gemacht, die erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit seines Vorbringens begründen, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger am 3. März 2014 bei einer Dienstverrichtung einen Körperschaden erlitten hat (vgl. BayVGH, B.v. 19.7.2010 – 14 ZB 09.2481 – juris Rn. 7). So soll sich der Vorfall nach Angaben des Klägers in der Unfallanzeige vom 11. März 2014 am 3. März 2014 ereignet haben, obwohl er sich erst am 11. März 2014 wegen einer akuten Lumbago beim Orthopäden Dr. B. vorgestellt hat. Dieser hat dem Kläger am 11. März 2014 bescheinigt, dass der Kläger vom 8. bis 16. März 2014 arbeitsbzw. dienstunfähig gewesen sei, während der Kläger erklärt hat, schon seit 4. März 2014 dienstunfähig gewesen zu sein. Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, dass der Kläger bei akuten Beschwerden noch mehr als eine Woche gewartet haben will, bevor er sich in ärztliche Behandlung begeben hat. Hinzu kommt, dass er das angebliche Unfallereignis zunächst weder am 3. März 2014 noch am 11. März 2014, als er die AU-Bescheinigung auf der Dienststelle abgegeben hat, gegenüber den dort Beschäftigten erwähnt hat. Erst in einem Telefongespräch am 12. März 2014 mit dem Innendienstleiter hat er beiläufig erwähnt, am 3. März 2014 beim Einräumen seines Schrankes einen Dienstunfall erlitten zu haben. Auch hat der Kläger in der Dienstunfallanzeige angegeben, beim Hochheben einer Aktenkiste Schmerzen im Rücken verspürt zu haben, während er im Gegensatz dazu in der Klage behauptet hat, dass er sich zum Unfallzeitpunkt wegen eines Konflikts mit seinem Vorgesetzten in einer emotional sehr belastenden und angespannten Situation befunden habe, als er sich verhoben und sich die akute Lumbago zugezogen habe. Für eine psychische Ursache als Auslöser hierfür gibt es vorliegend aber keinen Anhaltspunkt.

Insoweit kann offen bleiben, ob auch bei Berücksichtigung der Unfallschilderung des Klägers eine äußere Einwirkung i.S.d. Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG vorliegt. Dieses Merkmal dient lediglich der Abgrenzung äußerer Vorgänge von krankhaften Vorgängen im Inneren des menschlichen Körpers (vgl. BVerwG, U.v. 9.4.1970 – II C 49.68 – BVerwGE 35, 133/134). Eine äußere Einwirkung kann allerdings auch durch eigene willensgesteuerte Handlungen des Verletzten ausgelöst werden, selbst wenn diese fehlerhaft oder ungeschickt waren (vgl. BayVGH, U.v. 18.3.1980 – Nr. 125 XXIV 78 – BayVBl 1980, 534/535; U.v. 5.9.1990 – 3 B 90.418 – DÖD 1991, 90/91).

Denn jedenfalls hat das Verwaltungsgericht rechtsfehlerfrei einen Zusammenhang i.S.d. Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG zwischen dem vom Kläger behaupteten Unfallereignis und dem von ihm geltend gemachten Körperschaden verneint. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die akute Lumbago beim Kläger hätte auch durch jedes andere alltägliche Ereignis wie das Heben eines Wasserkastens oder einer schweren Einkaufstasche verursacht werden können, so dass der eingetretene Körperschaden nur in einer mehr oder weniger zufälligen Beziehung zum Dienst steht (Gelegenheitsursache), so dass der Beklagte nicht zu Unfallfürsorgeleistungen verpflichtet ist, ist rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. SächsOVG, B.v. 11.11.2014 – 2 A 729/13 – juris Rn. 12). Das Verwaltungsgericht hat hierzu auf den einschlägigen Wikipedia-Eintrag (https://de.wikipedia.org/wiki/hexenschuss) hingewiesen. Danach handelt es sich beim sog. „Hexenschuss“ (lat. Lumbago) um einen meist plötzlich auftretenden, stechenden anhaltenden Schmerz im Lendenwirbelbereich, der u.a. durch Quetschungen oder Einengungen des Ischiasnervs durch Wirbelkörper oder verspannte Muskeln hervorgerufen werden kann. Dies stellt eine allgemeinkundige Tatsache dar, die auch im Internet abrufbar ist (vgl. BayVGH, B.v. 27.9.2006 – 11 CS 05.2301 – juris Rn. 25), und die als offenkundige Tatsache nach § 173 VwGO i.V.m. § 291 ZPO keines Beweises bedarf (vgl. BayVGH, B.v. 8.10.2014 – 10 ZB 12.2742 – juris Rn. 33). Diese Erkenntnis stimmt mit der einschlägigen Fachliteratur überein, wonach es sich bei einer Lumbago um ein lokales Lumbalsyndrom aufgrund einer sensiblen Eigeninnervation mit akut auftretenden Kreuzschmerzen handelt, das u.a. durch Bandscheibenschäden, Wirbelsäulenaffektionen sowie Rückenmarksbzw. intraabdominale Tumore ausgelöst werden kann (siehe Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 265. Auflage 2014, Stichwort „Lumbago“). Dementsprechend ist das Verwaltungsgericht zu Recht auch davon ausgegangen, dass ein „Verheben“ bei Personen mit gesunder Wirbelsäule regelmäßig nicht vorkommt, weil Muskulatur und Skelettsystem so aufeinander abgestimmt sind, dass keine Schädigung auftreten kann (vgl. SächsOVG a.a.O.). Angesichts dessen liegt zudem auch die Annahme nahe, dass der Kläger die Verletzung nicht ohne Mitwirkung einer (ihm bislang nicht bekannten) krankhaften Veranlagung erlitten hat, auch wenn er erklärt hat, im Rückenbereich keine Vorschädigungen zu haben.

1.2 Die hiergegen innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Einwände des Klägers vermögen keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des Ersturteils i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begründen.

1.2.1 Soweit der Kläger behauptet, der Personalrat sei nicht - wie von Art. 79 Abs. 2 Satz 1 BayPVG vorgeschrieben - vom Dienstvorgesetzten im Rahmen der Dienstunfalluntersuchung hinzugezogen worden, legt er schon nicht substantiiert dar, dass dies tatsächlich unterblieben ist. Sein bloßes Vorbringen, dass sich eine derartige Hinzuziehung jedenfalls nicht aus der Behördenakte ergebe, genügt insoweit nicht dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, zumal in der Dienstunfalluntersuchung vom 17. März 2014 ausdrücklich auf diese Verpflichtung des Dienstvorgesetzten hingewiesen wird. Der Kläger wäre daher gehalten gewesen, diese für ihn günstige Behauptung näher zu belegen. Insoweit muss er sich auch fragen lassen, weshalb er die angeblich unterbliebene Beteiligung des Personalrats nicht bereits im Rahmen der Unfalluntersuchung gerügt hat, sondern erstmals im Zulassungsverfahren geltend gemacht hat, wenn der Personalrat tatsächlich nicht beteiligt worden sein sollte.

Doch selbst wenn man als wahr unterstellen wollte, dass der Personalrat entgegen Art. 79 Abs. 2 Satz 1 BayPVG nicht an der Unfalluntersuchung beteiligt worden sein sollte, legt der Kläger nicht substantiiert dar, inwiefern sich dieses Unterlassen auf die Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Anerkennung des Vorfalls vom 3. März 2014 als Dienstunfall bzw. einer Lumbago als Unfallfolge hieraus ausgewirkt haben sollte. Nach der vom Kläger angeführten Rechtsprechung soll der Personalrat durch Beteiligung an der Unfalluntersuchung zwar in die Lage versetzt werden, bei Unfällen aller Art (vgl. BVerwG, B.v. 8.12.1961 – VII P 7.59 – BVerwGE 13, 226/227) zur Aufklärung von Unfallursachen und des Verschuldens beizutragen (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 3.7.1959 – P OVG 5/59 – n.v.; a.A. OVG Saarland, U.v. 10.11.1965 – III R 40/63 – PersV 1967, 14/15). Die unterbliebene Beteiligung des Personalrats im Verfahren zur Gewährung von Unfallfürsorge führt jedoch nicht zwingend zur Rechtswidrigkeit einer daraufhin ergangenen Entscheidung (vgl. VGH Baden-Württemberg, B.v. 18.7.1983 – 4 S 321/83 – juris LS). Nach st. Rspr. (vgl. BVerwG, B.v. 16.7.2012 – 2 B 16.12 – juris Rn. 21; B.v. 5.11.2013 – 2 B 60.13 – juris Rn. 18) führt die unterbliebene Beteiligung der Personalvertretung bei (wie hier) gebundenen Entscheidungen nach dem Rechtsgedanken des § 46 VwVfG (Art. 46 BayVwVfG) nicht zur Rechtswidrigkeit der getroffenen Maßnahme, wenn offensichtlich ist, dass der Fehler keine Auswirkungen auf die Entscheidung in der Sache hatte. Insoweit hat der Kläger aber nicht dargelegt, was die Hinzuziehung des Personalrats im Rahmen der Unfalluntersuchung überhaupt hätte beitragen können.

1.2.2 Soweit der Kläger meint, sein Vortrag zu der erlittenen Verletzung sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht widersprüchlich, wendet er sich in der Sache gegen die Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ohne substantiiert darzulegen, dass die tatsächlichen Feststellungen ersichtlich nicht zutreffen oder z.B. wegen gedanklicher Lücken ernstlich zweifelhaft sind, sondern bewertet lediglich die Tatsachen anders als das Verwaltungsgericht. Wenn er hierzu vorträgt, dass er von Dr. B. nur rückwirkend ab 8. März 2014 krankgeschrieben habe werden können, weil er erst am 11. März 2014 einen Untersuchungstermin bei diesem bekommen habe, erklärt dies nicht, weshalb er dann trotz angeblich seit 3. März 2014 bestehender Beschwerden nicht früher den Hausarzt bzw. eine Notaufnahme aufgesucht hat, um sich behandeln zu lassen; immerhin waren die Schmerzen nach seinen Angaben am 11. März 2014 noch so heftig, dass er für neun Tage arbeitsbzw. dienstunfähig krankgeschrieben wurde. Daran ändert auch nichts, dass nach Ansicht des Klägers zum damaligen Zeitpunkt die sofortige Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit objektiv nicht angezeigt gewesen sei, da er Arbeitszeitausgleich nehmen habe müssen; auch dann ist nicht nachvollziehbar, weshalb er trotz Schmerzen mit einer Behandlung warten hätte sollen. Das Verwaltungsgericht bezieht sich ersichtlich auch nicht allein auf den zeitlichen Ablauf zwischen dem behaupteten Unfallereignis und der Krankschreibung, sondern auf die widersprüchlichen Angaben des Klägers hierzu.

Wenn der Kläger in diesem Zusammenhang rügt, dass das Verwaltungsgericht sich seine Kenntnis hinsichtlich der medizinischen Symptomatik einer akuten Lumbago lediglich aus Wikipedia beschafft habe, was allgemeinbekannt keine zuverlässige Quelle darstelle, legt er mit dem pauschalen Angriff gegen die Zulässigkeit einer für jedermann zugänglichen Recherchemöglichkeit im Internet nicht dar, dass die Kritik - jedenfalls in dieser Allgemeinheit - zutreffen würde. Auch stimmt die vom Erstgericht herangezogene Definition für Lumbago mit der in der medizinischen Fachliteratur zu findenden Erklärung (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 265. Auflage 2014, Stichwort „Lumbago“) im Wesentlichen überein. Insoweit ändert auch der Hinweis des Klägers darauf, dass hiernach eine Lumbago nicht zwangsläufig, sondern nur meistens von plötzlich auftretenden akuten Schmerzen gekennzeichnet sei, nichts an der zutreffenden Einschätzung des Verwaltungsgerichts, der Vortrag des Klägers sei in sich widersprüchlich, da nach seinem eigenen Vorbringen davon auszugehen ist, dass die Schmerzen unmittelbar nach dem angeblichen Vorfall am 3. März 2014 aufgetreten sind. Etwas anderes legt der Kläger nicht substantiiert dar.

1.2.3 Soweit der Kläger moniert, das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass es sich bei der Verletzung nicht um eine äußere Einwirkung i.S.d. Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG handle, kommt es hierauf im Ergebnis nicht an. Denn es hat - das Urteil allein tragend - maßgeblich darauf abgestellt, dass, selbst wenn man bei Berücksichtigung der Unfallschilderung des Klägers davon ausgehen sollte, dass eine äußere Einwirkung i.S.d. Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG vorlag, es sich dabei vorliegend jedenfalls um eine rechtlich unbeachtliche Gelegenheitsursache handelte. Dies ist nach dem unter 1.1. Ausgeführten rechtlich nicht zu beanstanden.

1.2.4 Soweit der Kläger vorträgt, das Verwaltungsgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass es sich bei dem „Verheben“ um eine bloße Gelegenheitsursache handle, ohne hierzu ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen, folgt hieraus kein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO). Als maßgebliches Ereignis i.S.d. Dienstunfallrechts kommt hier allein das Hochheben der Kiste in den Dienstschrank am 3. März 2014 in Betracht. Ein Dienstunfall aufgrund dessen könnte aber nur anerkannt werden, wenn die diagnostizierte Erkrankung ihre zumindest wesentliche Teilursache in dieser dienstlichen Verrichtung gefunden hätte. Die materielle Beweislast liegt insoweit beim Kläger. Es muss ausgeschlossen sein, dass andere Gründe für den Körperschaden ursächlich waren. Es fällt jedoch nicht in die Sphäre des Beklagten, nachzuweisen, dass die Beschwerden des Klägers nicht aufgrund anderer Umstände oder persönlicher Disposition eingetreten sind. Dieses Risiko trägt der Kläger (vgl. BayVGH, B.v. 25.2.2016 – 3 ZB 13.2198 – juris Rn. 8). Vor diesem Hintergrund war das Verwaltungsgericht nicht gehalten, von Amts wegen ein Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, ob die Erkrankung des Klägers wesentlich auf dem Vorfall vom 3. März 2014 beruht. Da es nicht von einem Dienstunfall ausgegangen ist, waren nach der der Entscheidung zugrunde gelegten materiellen Rechtsauffassung keine weiteren Ermittlungen geboten. Im Übrigen hat es rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass anhand der medizinischen Fachliteratur davon auszugehen ist, dass eine Lumbago i.d.R. durch eine krankhafte Veranlagung wie Bandscheibenschäden, Wirbelsäulenaffektionen oder Tumore verursacht wird und der eingetretene Körperschaden daher nur in einer mehr oder weniger zufälligen Beziehung zum Dienst steht. Anhaltspunkte dafür, dass dies hier anders gewesen sein könnte, waren nicht vorhanden. Auch Dr. B. hat am 12. März 2014 lediglich die Diagnose einer akuten Lumbago gestellt, ohne auf die Ursachen einzugehen. Etwas anderes hat auch der Kläger erstinstanzlich nicht vorgetragen.

Vor diesem Hintergrund hat das Verwaltungsgericht auch den in der mündlichen Verhandlung gestellten unbedingten Beweisantrag, zum Beweis der Tatsache, dass die Verletzung des Klägers vom 3. März 2014 – laut ärztlicher Diagnose vom 12. März 2014 eine akute Lumbago (Bl. 2 d.A.) – nicht auf eine krankhafte Veranlagung bzw. ein anlagebedingtes Leiden zurückzuführen ist, ein Sachverständigengutachten einzuholen, zu Recht als Ausforschungsbeweis abgelehnt, weil sich aus den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen nicht substantiiert ergibt, dass die akute Lumbago während einer dienstlichen Handlung aufgetreten ist. Ein Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Nachweis einer tatsächlichen Erkrankung darf zwar nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass der Kläger diese Erkrankung nicht glaubhaft gemacht hat. Gleichwohl ist zur Substantiierung eines Sachverständigenbeweisantrags hinsichtlich eines bestimmten Krankheitsbilds regelmäßig die Vorlage eines fachärztlichen Attestes notwendig, aus dem sich nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Facharzt die Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt (vgl. BayVGH, B.v. 25.2.2016 – 3 ZB 13.2198 – juris Rn. 10). Daran fehlt es hier. Aus der Diagnose von Dr. B. vom 12. März 2014 ergab sich lediglich das Vorliegen einer akuten Lumbago, ohne auf deren mögliche Ursachen einzugehen. Wenn der Kläger insoweit darauf verweist, dass er vor dem Vorfall keine Vorschädigungen im Rückenbereich gehabt habe, ersetzt diese nicht überprüfbare Angabe keine fachärztliche Diagnose.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Vorlage des Attestes von Dr. B. vom 22. Oktober 2014. Dieser legt darin nicht dar, auf welcher Grundlage er mehr als sieben Monate später zu der Einschätzung gelangt ist, dass ein Zusammenhang der akuten Beschwerdesymptomatik mit dem „Vehebetrauma“ aus orthopädischer Sicht deutlich zu erkennen gewesen sei, wobei offen bleibt, ob diese Aussage vor dem Hintergrund der Erstanamnese am 11. März 2014 oder einer späteren Untersuchung des Klägers getroffen worden ist. Zur Frage, ob das „Verhebetrauma“ wesentliche Ursache für die konstatierten Beschwerden war, trifft Dr. B. hingegen keine Aussage. Zudem geht Dr. B. auch davon aus, dass beim Kläger altersbedingte degenerative Veränderungen vorlagen, so dass nicht auszuschließen ist, dass diese die akute Lumbago ausgelöst haben können. Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass er laut polizeiärztlichem Zeugnis vom 12. Januar 2010 uneingeschränkt polizeidienstfähig gewesen sei, lässt sich anhand dieser mehr als vier Jahre zurückliegenden Aussage nicht belegen, dass er 2014 an keinen (unerkannten) Vorschädigungen gelitten hätte.

2. Aus den unter 1.2.4 dargestellten Erwägungen vermag die vom Kläger gerügte Ablehnung seines in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags auch keinen Verfahrensmangel i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zu begründen, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

3. Der Zulassungsantrag war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 und 2 GKG (wie Vorinstanz).

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die 1959 geborene Klägerin - eine Oberstudienrätin im Dienst des Beklagten - erlitt am 14. Februar 1996 einen Wegeunfall, der mit Bescheid der Bezirksfinanzdirektion München vom 1. Juli 1996 als Dienstunfall mit den Dienstunfallfolgen HWS-Distorsion, BWS-Kompression, leichte Schädelprellung mit Hautschürfung im Stirnbereich, Unterarmdistorsion mit Hautschürfung links anerkannt worden ist. Die Klägerin war auf dem Weg von der Schule nach Hause mit ihrem Pkw aufgrund von Eisglätte ins Schleudern geraten und gegen einen Strahlträger geprallt.

Einen weiteren Wegeunfall (wiederum Heimfahrt nach Unterricht) erlitt die Klägerin am 2. Dezember 1997, der mit Bescheid der Bezirksfinanzdirektion München vom 29. April 1998 als Dienstunfall mit den Dienstunfallfolgen HWS-Schleudertrauma, multiple Prellungen an der rechten Körperseite, Zerrung der rechten Flanke anerkannt worden ist.

Den hier streitgegenständlichen Unfall erlitt die Klägerin am 15. September 2003. Sie rutschte beim Schließen eines Fensters in der Schule von einem Stuhl ab und hielt sich zwei bis drei Minuten mit der rechten Hand am Fenstergriff hängend fest, bis es ihr gelang, mit den Füßen den Stuhl wieder aufzurichten. Der Beklagte erkannte den Vorfall mit Bescheid vom 28. November 2003 als Dienstunfall mit der Dienstunfallfolge „Schulterdistorsion rechts“ an.

Nachdem verschiedene Behandlungsansätze (Physio- und Spritzentherapie) nicht zu einer Beschwerdefreiheit führten, begab sich die Klägerin am 11. März 2004 zu Dr. T., Facharzt für Orthopädie. Sie gab an, Schulterbeschwerden und Verspannungen im Hals-/Nackenbereich zu haben. Dr. T. führte eine chiropraktische Behandlung durch. Dabei stellte er sich hinter die sitzende Klägerin und führte mittels seiner Hände eine Extension der Halswirbelsäule - in Längsrichtung mit etwas Neigung - durch. Am nächsten Tag (Freitag) erschien die Klägerin erneut bei Dr. T. und schilderte Beschwerden, die sie auf die am Vortrag durchgeführte Maßnahme zurückführte (Ausstrahlungsschmerzen und Gefühlsstörungen im Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger der rechten Hand).

Am 15. März 2004 (Montag) begab sich die Klägerin in die Notaufnahme der Universität R., Klinikum, Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie, und berichtete „über seit Freitag akut aufgetretene ausstrahlende Schmerzen im Bereich des rechten Arms mit einem Taubheitsgefühl im Bereich der Finger 1 - 3 rechts“. Im Arztbrief der Universität R. vom 18. März 2004 (Prof. Dr. B.) wird als Diagnose festgehalten: „Verdacht auf intraforaminalem Bandscheibenvorfall im Segment HWK“.

Die Klägerin wurde wegen ihrer „intermittierenden Schmerzen im rechten Arm mit Ausstrahlung in die Finger D1 - D2, Parästhesie D1 und D2 in der rechten Hand“ am 3. Mai 2004 in der A.-Klinik für Knie- und Wirbelsäulenchirurgie GmbH operiert (Etage C6/7). Aufgrund weiterer starker Schmerzen im Schulter- und Unterarmbereich erfolgte dort am 14. Juni 2004 eine zweite Operation. Nach 2006 neu hinzukommenden, plötzlichen Schulter/Armschmerzen links wurden im Jahr 2008 Bandscheibenprothesen in den Segmenten C5/6 und C6/7 im Klinikum St. implantiert.

Mit Bescheid vom 23. Februar 2005 stellte der Beklagte fest, dass keine Körperschäden im Bereich der Halswirbelsäule auf den Dienstunfall vom 15. September 2003 zurückzuführen seien (Ziff. 1) und dass der dienstunfallbedingte Heilbehandlungszeitraum drei Monate nach dem Unfallereignis geendet habe, d.h. mit dem 15. Dezember 2003. Die darüber hinaus bestehende Beschwerdeproblematik im Bereich der rechten Schulter sei nicht auf den Dienstunfall vom 15. September 2003 zurückzuführen. Beamtenrechtliche Unfallfürsorgeleistungen würden nicht mehr gewährt (Ziff. 2). Der Beklagte forderte Heilbehandlungskosten in Höhe von insgesamt 11.656,68 € zurück (Ziff. 3). Diesem Bescheid lag die Stellungnahme des Landratsamts K. - Gesundheitsabteilung - vom 17. Mai 2005 und das fachorthopädische Gutachten des Klinikums I. - Orthopädische Klinik - vom 16. Dezember 2004 (Dr. H.) zugrunde. Danach habe zwar am 15. September 2003 eine Schulterdistorsion vorgelegen, die Beschwerden im Bereich der Schulter seien jedoch wesentlich durch unfallunabhängige Faktoren verursacht worden. Vor allem die bestehende Cervikobrachialgie rechts stehe in keinem nachweisbaren ursächlichen Zusammenhang mit den Dienstunfällen von 1996, 1997 und 2003. Auch die am 12. März 2004 (richtig 11. März) erfolgte Behandlung stehe in keinem nachweisbaren ursächlichen Zusammenhang.

Der hiergegen erhobene Widerspruch vom 10. März 2005 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2005 zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 24. Juli 2007 ab. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.

Mit Urteil des Landgerichts Regensburg vom 20. April 2006 wurde Dr. T. (der die Klägerin am 11.3.2004 chirotherapeutisch behandelt hatte) verurteilt, an die Klägerin 4.000 € Schadensersatz nebst Zinsen zu zahlen. Es wurde festgestellt, dass Dr. T. verpflichtet ist, der Klägerin wegen mangelnder Aufklärung alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus der am 11. März 2004 vorgenommenen chirotherapeutischen Behandlung noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind. Das Landgericht verneinte einen Ursachenzusammenhang zwischen der Behandlung und den im Mai/Juni 2004 durchgeführten Bandscheibenoperationen der Klägerin. Es ging davon aus, dass die Operationen wegen eines degenerativen Grundleidens und den hierdurch bedingten Bandscheibenvorfällen erforderlich geworden war. Auf die Entscheidungsgründe und das vom Landgericht eingeholte fachneurochirurgische Gutachten der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M. (Dr. J.) vom 19. Januar 2006, sowie die ergänzenden Stellungnahmen vom 15. Februar 2006 und vom 11. April 2006 wird verwiesen.

Der Senat wies die - mit Beschluss vom 19. November 2009 zugelassene - Berufung der Klägerin unter Zugrundelegung des vom ihm eingeholten fachorthopädischen Gutachten von Prof. M. vom 3. Juli 2010 und dessen Ergänzungsgutachten vom 18. September 2010 mit Beschluss vom 8. Mai 2012 zurück. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.

Auf die Revision der Klägerin hob das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 20. März 2014 den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 8. Mai 2012 auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück. Der Gutachter habe eine Kausalität zwischen dem Unfallereignis vom Februar 1996 und den bei der Klägerin festgestellten Bandscheibenvorfällen und degenerativen Veränderungen ihrer Halswirbelsäule wegen einer von ihm nach Aktenlage nur als leichtgradig eingeschätzten Halswirbelsäulen-Distorsion verneint. Dabei habe er sich nicht nachvollziehbar mit dem ihm vorliegenden Befunderhebungen des die Klägerin seit dem 22. Februar 1996 behandelnden Orthopäden Dr. A. (Attest vom 15. April 1996: deutliche Bewegungseinschränkung der HWS, insbesondere der Rechtsrotation bei 20 Grad, deutlicher Druckschmerz im Bereich der Trapeziusränder sowie der seitlichen Nackenstränge) auseinandergesetzt. Auch die Feststellungen desjenigen Arztes, der die Klägerin am 14. und 15. Februar 1996 im Krankenhaus P. behandelt habe, habe der Gutachter nicht berücksichtigt. Der Gutachter habe sich auch nicht mit dem Gutachten des Klinikums I. vom 16. Dezember 2004 auseinandergesetzt („Neurologisch o.B., Druck- und Bewegungsschmerz paravertebrale HWS-Muskulatur, röntgenologisch Steilstellung der HWS ohne Frakturnachweis, Cephalgie sowie starker Druckschmerz über dem rechten Muskulus trapezius.“)

Der Senat hat mit Beschluss vom 19. Januar 2015 Beweis erhoben über die Frage,

ob der Dienstunfall der Klägerin vom 15. September 2003 Schäden im Bereich der rechten Schulter und/oder der Wirbelsäule der Klägerin verursacht hat, die auch drei Monate nach dem Unfallereignis noch bestanden,

ferner ob die chirotherapeutische Behandlung der Klägerin am 11. März 2004 zur Behandlung von Folgen dieses Dienstunfalls erfolgt ist, bejahendenfalls, ob durch diese Behandlung weitere Körperschäden - und wenn ja, welche - zumindest im Sinn einer wesentlich mitwirkenden Teilursache verursacht sind,

sowie ferner, ob die anlässlich der Dienstunfälle vom 14. Februar 1996 und vom 2. Dezember 1997 anerkannten Körperschäden zum Zeitpunkt des hier gegenständlichen Dienstunfalls vom 15. September 2003 ausgeheilt waren oder ob sie mitursächlich - zumindest im Sinn einer wesentlichen Teilursache - für etwaige durch den Dienstunfall vom 15. September 2003 verursachte Körperschäden sind.

Auf das fachorthopädische Gutachten vom 1. Mai 2017 und die ergänzende Stellungnahme vom 1. Dezember 2017 wird Bezug genommen.

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 23. November 2017 ein Foto des Unfallwagens vom 14. Februar 1996 vor. Zur Bestimmung des Schweregrads der von der Klägerin bei diesem Unfall erlittenen HWS-Distorsion seien der Zustand des Unfallautos und die Kollisionsgeschwindigkeit entscheidend, da diese als Anhaltspunkt für die Kopfbeschleunigung herangezogen werden könnten. Auf dem Foto sei die beginnende Intrusion der Fahrgastzelle (Knick im Dach, Tür nicht mehr zu öffnen) ersichtlich. Die Kollisionsgeschwindigkeit müsse mindestens 80 km/h ungebremst betragen haben, da es sich um einen Überholvorgang auf schneebedeckter Wiese gehandelt habe.

In der mündlichen Verhandlung beantragte die Klägerin,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 24. Juli 2007 abzuändern und den Bescheid der Bezirksfinanzdirektion vom 23. Februar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 20. Juli 2005 aufzuheben und

den Beklagten zu verpflichten, die Körperschäden der Klägerin im Bereich der Halswirbelsäule („chronisch rezidivierendes HWS-Syndrom mit Bandscheibenveränderungen an den Segmenten C5/6 und C6/7“) und im Bereich der rechten Schulter („Schulterdistorsion mit konsekutiver Bewegungseinschränkung im Sinne einer sekundären Frozen Shoulder“) als weitere Dienstunfallfolgen des Dienstunfalls vom 15. September 2003 anzuerkennen.

Die Landesanwaltschaft Bayern beantragte,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, insbesondere auch auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung und die dort von Prof. R. gegebenen Erläuterungen zu dem von ihm erstatteten Gutachten, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung von weiteren Dienstunfallfolgen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Dienstunfall vom 15. September 2003 hat keine Körperschäden im Bereich der rechten Schulter verursacht, die auch noch nach dem 15. Dezember 2003 kausal auf den Dienstunfall zurückzuführen wären (1.1). Er hat (auch unter Berücksichtigung der Dienstunfälle 1996 und 1997) keine Körperschäden im Bereich der Halswirbelsäule der Klägerin verursacht (1.2) Die chiropraktische Behandlung der Klägerin am 11. März 2004 erfolgte damit nicht zur Beseitigung von Dienstunfallfolgen (2.). Der Bescheid der BFD Regensburg vom 23. Februar 2005 und der Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2005 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beklagte hat zu Recht Heilbehandlungskosten in Höhe von 11.656,68 € zurückgefordert (3.)

1. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Anerkennung einer „Schulterdistorsion mit konsekutiver Bewegungseinschränkung im Sinne einer sekundären Frozen Shoulder“ noch Anspruch auf Anerkennung eines „chronisch rezidivierenden HWS-Syndroms mit Bandscheibenveränderungen an den Segmenten C5/6 und C6/7“ als (weitere) Dienstunfallfolgen des Dienstunfalls vom 15. September 2003.

Für diesen Dienstunfall ist das Gesetz über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern (Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG 2004) in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung vom 21. Dezember 2004 (BGBl I S. 3592) einschlägig, weil sich der zugrundeliegende Dienstunfall am 15. September 2003 und damit vor Inkrafttreten des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG) vom 5. August 2010 (GVBl S. 410) zum 1. Januar 2011 ereignet hat. Für die Unfallfürsorge ist das Recht maßgeblich, dass zum Zeitpunkt des Unfallereignisses gegolten hat, sofern sich nicht eine Neuregelung ausdrücklich Rückwirkung beimisst. Zwar bestimmt Art. 100 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG, dass für die am 31. Dezember 2010 vorhandenen Unfallfürsorgeberechtigten ein vor dem 1. Januar 2011 erlittener Dienstunfall oder Einsatzunfall in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung dem Dienstunfall oder dem Einsatzunfall im Sinne dieses Gesetzes gleichsteht. Die Vorschrift gewährleistet, dass auch für vor Inkrafttreten des Gesetzes erlittene Dienstunfälle weiterhin Unfallfürsorge gewährt wird (vgl. LT-Drs. 16/3200, S. 523), misst sich aber keine Rückwirkung hinsichtlich der Frage der Anerkennung eines Dienstunfalls vor dem 1. Januar 2011 zu (vgl. BayVGH, U.v. 24.4.2015 - 3 B 14.1141 - juris Rn. 22). Andere Übergangsregelungen - insbesondere zur Frage der Anerkennung weiterer Dienstunfallfolgen - bestehen nicht. Mangels einer entsprechenden Rückwirkungsregelung ist das Beamtenversorgungsgesetz in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung als fortgeltendes Bundesrecht (vgl. Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG, § 108 Abs. 1 BeamtVG) anzuwenden (BVerwG, U.v. 26.11.2013 - 2 C 9.12 - juris Rn. 6). Im Übrigen ergeben sich für den konkreten Fall auch keine inhaltlichen Unterschiede zwischen der früheren und der aktuellen Rechtslage.

Gemäß § 30 BeamtVG wird einem Beamten, der einen Dienstunfall erlitten hat, Unfallfürsorge gewährt. Ein Anspruch auf Unfallfürsorgeleistungen setzt immer das Vorliegen eines Dienstunfalls im Sinne von § 31 BeamtVG voraus, d.h. ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist und einen Körperschaden verursacht hat.

Für die Frage der kausalen Verknüpfung zwischen Unfallereignis und (weiterem) Körperschaden ist die von der Rechtsprechung entwickelte Theorie der wesentlichen Verursachung bzw. der zumindest wesentlich mitwirkenden Teilursache maßgeblich. Hiernach sind (mit-)ursächlich für einen eingetretenen Körperschaden nur solche Bedingungen im natürlich-logischen Sinn, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg bei natürlicher Betrachtungsweise zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BVerwG, U.v. 25.2.2010 - 2 C 81.08 - juris Rn. 9). Als wesentliche Ursache kann auch ein Ereignis in Betracht kommen, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder beschleunigt, wenn ihm im Verhältnis zu den anderen denkbaren Ursachen nach natürlicher Betrachtungsweise eine überragende oder zumindest annähernd gleichwertige Bedeutung für den Eintritt des Schadens zukommt (vgl. BVerwG, B.v. 7.5.1999 - 2 B 117.98 - juris Rn. 4). Umgekehrt ist das Unfallereignis dann nicht wesentliche Ursache für den Körperschaden, wenn das Ereignis von untergeordneter Bedeutung gewissermaßen der „letzte Tropfen“ war, der das „Fass zum Überlaufen“ brachte. Das Unfallereignis tritt dann im Verhältnis zu der schon gegebenen Bedingung (dem vorhandenen Leiden oder der Vorschädigung) derart zurück, dass die bereits gegebene Bedingung als allein maßgeblich anzusehen ist (BayVGH, B.v. 30.1.2018 - 3 ZB 15.148 - juris Rn. 5 m.w.N.).

Die kausale Verknüpfung zwischen Unfallereignis und weiterem Körperschaden muss - wie auch die sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch auf Anerkennung von Unfallfolgen - zur Überzeugung des Gerichts vorliegen. Der Beamte trägt das Feststellungsrisiko bzw. die materielle Beweislast, dass die behauptete Schädigungsfolge wesentlich auf den Dienstunfall und nicht etwa auf eine anlagebedingte Konstitution zurückzuführen ist. Ein Anspruch ist nur dann anzuerkennen, wenn der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Körperschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 4.4.2011 - 2 B 7.10 - juris Rn. 8; BayVGH, U.v. 28.7.2016 - 3 B 15.563 - juris Rn. 33). Es besteht kein Grundsatz des Inhalts, dass die „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ im Dienstunfallrecht als ausreichend angesehen werden kann (BVerwG, U.v. 22.10.1981 - 2 C 17.81 - juris Rn. 18).

Der Nachweis, dass die geltend gemachten Körperschäden wesentliche Folge des Dienstunfalls vom 15. September 2003 sind, konnte von der Klägerin nicht erbracht werden. Hierfür fehlt es an der notwendigen Kausalität zwischen dem Dienstunfallereignis und den gesundheitlichen Beschwerden der Klägerin, soweit sie (hinsichtlich der Schulterdistorsion) einen Behandlungszeitraum von drei Monaten nach dem Dienstunfall überschritten haben. Das streitgegenständliche Unfallereignis hat die von der Klägerin geltend gemachten Körperschäden nicht hervorgerufen, auch nicht im Sinn einer wesentlich mitwirkenden Teilursache. Das steht zur Überzeugung des Gerichts fest aufgrund des gerichtlich eingeholten fachorthopädischen Gutachtens von Prof. R. (Sachverständiger) vom 1. Mai 2017 nebst ergänzender gutachterlicher Stellungnahme vom 1. Dezember 2017 sowie den Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2018. Das Gutachten ist in sich stimmig, überzeugend und wirft keine Zweifelsfragen auf, die durch die Einschaltung (noch) eines weiteren Gutachters geklärt werden müssten. Auf Gutachten, Stellungnahme und Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird insgesamt Bezug genommen. Im Wesentlichen ergibt sich daraus Folgendes:

1.1 Der Sachverständige hat zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass der Dienstunfall vom 15. September 2003 über die Bescheidslage hinaus (Bescheid vom 28.11.2003 i.d.F. des Bescheids vom 23.2.2005 und des Widerspruchsbescheids vom 10.3.2005: „Schulterdistorsion rechts“ mit einem dienstunfallbedingtem Heilbehandlungszeitraum bis drei Monate nach dem Unfallereignis) keine weiteren Schäden im Bereich der rechten Schulter der Klägerin verursacht hat. Diese sachverständige Einschätzung korreliert sowohl mit dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Klinikums I. von 16. Dezember 2004 als auch den gutachterlichen Feststellungen von Prof. M. im Verfahren 3 B 09.2896 vom 3. Juli 2010. Die Annahme des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 20.3.2014 - 2 B 59.12 - juris Rn. 15), es spreche alles dafür, dass das Gutachten Prof. M. nicht auf dem allgemeinen Stand der Wissenschaft beruhe, bezieht sich nicht auf die Kausalitätsbeurteilung zwischen Dienstunfall und Schulterbeschwerden rechts. Eine vergleichende Berücksichtigung verbietet sich daher nicht.

Der Sachverständige führte aus, dass die Verursachung der Frozen Shoulder nicht wirklich bekannt sei. Ein Unfall könne diese auslösen, ebenso Stress, eine seelische Disposition oder auch die Operationen, die bei der Klägerin an den Bandscheiben der Halbwirbelsäule durchgeführt worden seien. Daher könne er einen Kausalzusammenhang zwischen Unfall und „Schulterdistorsion mit konsekutiver Bewegungseinschränkung im Sinne einer sekundären Frozen Shoulder“ nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bejahen. Er halte zwar wegen des zeitlichen Zusammenhangs eine sekundäre (traumatische) Frozen Shoulder für „überwiegend wahrscheinlich“, müsse dies aber vor dem Hintergrund, dass die Klägerin nach dem Dienstunfall 2003 im Januar 2004 vor dem Arztbesuch bei Dr. B. und ein weiteres Mal im März 2004 Tennis gespielt habe, wobei nach Angaben der Klägerin „die Schulter jedes Mal sehr schlecht gewesen sei“, einschränken. Auch bei einer Berücksichtigung der Möglichkeit, dass der Dienstunfall 2003 ein dynamisches Impingement begünstigt haben könne, folge keine sichere Zuordnung der Frozen Shoulder zum Dienstunfall. Bei intensivem Tennisspiel sei die Schultergelenkskapsel oft erweitert. Bei Wiederaufnahme des Spiels nach langer Trainingspause könne auch dadurch ein Impingement verursacht werden. Zu berücksichtigen sei insoweit auch, dass bei passionierten Tennisspielern - wie die Klägerin eine gewesen sei - deutlich häufiger Impingement-Syndrome zu verzeichnen seien, als im Bevölkerungsdurchschnitt. Diesen Ausführungen des Sachverständigen schließt sich der Senat an.

1.2 Der Sachverständige legte auch zur Überzeugung des Gerichts dar, dass es an der notwendigen Kausalität zwischen dem Dienstunfall 2003 und dem beklagten Körperschaden „chronisch rezidivierendes HWS-Syndrom mit Bandscheibenveränderungen an den Segmenten C 5/6 und C 6/7“ fehlt. Der Sachverständige verneinte strukturelle Schäden der Halswirbelsäule, weil Dr. B. in seinem Arztbrief vom 19. Januar 2004 (Bl. 38 der Dienstunfallakte II) als aktuellen Befund seiner Untersuchung vom 14. Januar 2004 festhielt: „HWS frei beweglich“. Damit sei - so der Sachverständige nachvollziehbar - ein Zusammenhang des Dienstunfalls 2003 mit späteren Beschwerden an der Halswirbelsäule wenig wahrscheinlich.

Der Sachverständige hat unter Auswertung der bei der Klägerin erhobenen ärztlichen Befunde [insbes. die am 15. März 2004 durchgeführte bildgebende Untersuchung (= CD „Uniklinikum R. Radiologie“)] eine Osteochondrose, eine degenerative Erkrankung des unteren Halswirbel-Drittels (Segment C5/6) festgestellt (so auch das fach-neurologische Gutachten der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M. vom 19.1.2006, Bl. 3). Diese müsse sich über einen längeren Zeitraum entwickelt haben. Die Degeneration stehe in keinerlei Zusammenhang mit den Dienstunfällen 1996 und 1997. Insbesondere der Unfall 1996 habe die Degeneration nicht ausgelöst. Der Sachverständige hat dem Senat nachvollziehbar erläutert, dass zwischen dem Unfallereignis von Februar 1996 (das von der Klägerin als wesentliche Ursache ihrer jetzigen Beschwerden vermutet wird (vgl. Schriftsatz vom 30.6.2014, S. 3) und den degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule wegen einer (nur) Grad I HWS-Distorsion nach der Klassifikation von Rompe (Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane, begründet von Gerhard Rompe und Arnold Erlenkämper, 11. Auflage 2013, Thieme-Verlag) kein Kausalzusammenhang bestehen könne. Er erläuterte, dass Rompe zwischen den Graden I bis III differenziere. Das sog. beschwerdefreie Intervall werde auch bei Rompe erwähnt. Es bleibe nur bei höhergradigen HWS-Distorsionen im Hintergrund. Der Grad I erfasse vorübergehende Schäden, die keinen morphologischen Schaden erkennen ließen und nach sechs bis zwölf Wochen ausheilten, wenn keine Degeneration vorliege. Alle Unfälle mit morphologischen und strukturellen Schäden an der Halswirbelsäule würden dem Grad II oder III zugeordnet. Die „Anhaltspunkte für die Begutachtung der Halswirbelsäulenverletzungen“ der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (Stand: 26. Februar 2004, vgl. Bl. 399 ff. der VGH-Akte 3 B 09.2896) stellten - so der Sachverständige - nicht mehr den aktuellen Stand der Begutachtung dar.

Der Sachverständige geht davon aus, dass ein Unfall mit der Folge einer Grad I HWS-Distorsion keine Degeneration der Halbwirbelsäule auslöst. Er führt weiter aus, dass der Schweregrad des Dienstunfalls nicht auf eine strukturelle Verletzung der Halswirbelsäule zum damaligen Zeitpunkt schließen lasse, wobei das Bild des Unfallautos nichts über erlittene Körperschäden oder Beschwerden aussage, da Unfallopfer von Totalschäden diese oft unverletzt überständen. Solche Distorsionen heilten - wie von der Klägerin selbst bei seiner Untersuchung bejaht - üblicherweise aus.

Der Sachverständige hat bei dieser Einschätzung die Befunderhebungen des die Klägerin seit dem 22. Februar 1996 behandelnden Orthopäden Dr. A. (Attest vom 15. April 1996: deutliche Bewegungseinschränkung der HWS, insbesondere der Rechtsrotation bei 20 Grad, deutlicher Druckschmerz im Bereich der Trapeziusränder sowie der seitlichen Nackenstränge) berücksichtigt (S. 3 seines Gutachtens) und sich damit auseinandergesetzt. Bei einer Schmerzausstrahlung in den Arm müsse keine Nerven- oder Wurzelkompression vorliegen. Zu 80% der Fälle bestehe ein solcher Ausstrahlungsschmerz ohne entsprechende Kompression, wie etwa bei der Cervikobrachialgie. Weil Dr. A. keinen sensomotorischen Ausfall habe feststellen können, könne er einen Nervenschaden definitiv ausschließen, zumal Dr. A. festgestellt habe, dass mit Dauerschäden nicht zu rechnen sei.

Der Sachverständige hat ferner die Feststellungen desjenigen Arztes berücksichtigt, der die Klägerin am 14. und 15. Februar 1996 behandelt hat (vgl. Bl. 17 der Dienstunfallakte I) und hielt an seinen Feststellungen auch unter Berücksichtigung des fachorthopädischen Gutachtens des Klinikums I. vom 16. Dezember 2004, fest. Diese sachverständige Einschätzung stimmt zudem mit dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Klinikums I. von 16. Dezember 2004 überein.

Aufgrund der Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung steht für den Senat auch fest, dass die anerkannten Körperschäden der Dienstunfälle 1996 und 1997 zum Zeitpunkt des hier streitgegenständlichen Dienstunfalls vom 15. September 2003 als ausgeheilt zu betrachten waren.

2. Es ist daher nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, dass die von der Klägerin geltend gemachten Schäden im Bereich der rechten Schulter bzw. der Halswirbelsäule durch den Dienstunfall 2003 oder die Dienstunfälle 1996 und 1997 verursacht worden sind. Soweit - umgekehrt - nicht mit der letzten Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass ein Körperschaden dienstunfallbedingt ist, also nur die bloße Möglichkeit besteht, genügt dies im Dienstunfallrecht für den Kausalitätsnachweis nicht. Nach Auffassung des Senats ist die Frage des Kausalzusammenhangs zwischen Unfallgeschehen und Körperschäden unter Ausschöpfung aller verfügbaren Mittel geklärt. Ein - wie von der Klägerin angeregt - unfallanalytisches Gutachten hält der Senat nicht für erforderlich, da es keine weitere Sachaufklärung leisten könnte. Nach Aussage des Sachverständigen kommt ein unfallanalytisches Gutachten zur weiteren Sachaufklärung nur in Betracht, wenn das Bestehen einer HWS-Distorsion in Zweifel gezogen werde. Gegenüber dem zeitnah erhobenen klinischen Befund könne ein solches Gutachten hier keine zusätzlichen Anhaltspunkte bringen. Da nach alledem davon auszugehen ist, dass die Körperschäden, die bei der Klägerin drei Monate nach dem Unfallereignis vom 15. September 2003 bestanden, nicht dienstunfallbedingt sind, erfolgte die chirotherapeutische Behandlung durch Dr. T. am 11. März 2004 auch nicht zur Beseitigung von Dienstunfallfolgen. Etwaige gesundheitliche Beeinträchtigungen durch diese Behandlung gelten somit nicht als Folge eines Dienstunfalls (§ 31 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG).

3. Die Rückforderung der vorläufig geleisteten Zahlungen in Höhe von 11.656,68 € ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Entfällt die Anerkennung eines Unfalls als Dienstunfall i.S.d. § 31 Abs. 1 BeamtVG, so ist auch die Rückforderung von vorläufig erstatteten Heilbehandlungskosten gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG, die unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rückforderung für den Fall, dass das Schadensereignis nicht als Dienstunfall anerkannt werden könne, geleistet wurden, rechtmäßig. Ebenso folgt aus der fehlenden Dienstunfallanerkennung, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung weiterer Heilbehandlungskosten nach § 31 Abs. 2 Nr. 2, § 33 BeamtVG hat.

4. Die Berufung der Klägerin war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO sowie des § 191 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 127 BRRG nicht vorliegen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Für die Revision gegen das Urteil eines Oberverwaltungsgerichts über eine Klage aus dem Beamtenverhältnis gilt folgendes:

1.
Die Revision ist außer in den Fällen des § 132 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, wenn das Urteil von der Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht, solange eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist.
2.
Die Revision kann außer auf die Verletzung von Bundesrecht darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruht.