Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 10. Juli 2018 - 20 B 17.31595

bei uns veröffentlicht am10.07.2018
vorgehend
Verwaltungsgericht München, M 11 K 17.36335, 06.09.2017

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 6. September 2017 wird geändert. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Kostenbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist nach eigenen Angaben ein am ... Februar 1984 in Mogadischu geborener somalischer Staatsangehöriger vom Clan der Hawia/Hawiye und muslimischer Religionszugehörigkeit. Nach eigenen Angaben reiste er am 4. Juni 2014 auf dem Landweg in das Bundesgebiet ein und beantragte am 7. August 2014 Asyl.

In der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 15. Juni 2016 gab der Kläger im Wesentlichen an, er gehöre dem Clan der Hawiye, Subclan Murusade an. Bis zu seiner Ausreise im Januar 2014 habe er sich in Mogadischu aufgehalten. Seine Mutter, seine Geschwister und seine Ehefrau sowie die Kinder lebten weiterhin in Mogadischu im Stadtteil … Er habe die Schule bis zur achten Klasse besucht und dann als Regierungssoldat gearbeitet. Wegen zahlreicher Verletzungen sei er offiziell ausgeschieden.

Zu seinem Verfolgungsschicksal befragt gab er im Wesentlichen an, dass er im Kampf von der Al-Shabaab-Miliz festgenommen und in einem Lager im Stadtteil … festgehalten worden sei. Er sei dort auch gefoltert worden. Er sei sieben Mal angeschossen worden in der Absicht, ihn zu töten. Man habe ihn dann für tot gehalten und aus dem Lager herausgebracht. Er sei jedoch nur ohnmächtig gewesen. Nomaden hätten ihn gefunden und zu seinen Angehörigen gebracht, die ihn wiederum ins Krankenhaus gebracht hätten. Dort sei ihm eine Niere entfernt worden. Aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen könne er nicht mehr nach Somalia zurückkehren.

Mit Bescheid vom 27. März 2017 lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1 des Bescheides), die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigten (Ziff. 2) sowie die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (Ziff. 3) ab. Zugunsten des Klägers wurde ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG festgestellt (Ziff. 4 des Bescheides). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keine konkreten Bedrohungen im Sinne von Verfolgungshandlungen, welche aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend seien, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellten, vorgetragen. Zwar befinde sich der Kläger in ärztlicher Behandlung. Aus dem Arztbericht vom 22. Oktober 2014 der …klinik … sei zu entnehmen, dass bei dem Kläger multiple Schuss- und Splitterverletzungen aus dem Jahr 2009 festgestellt worden seien. Bei Wahrunterstellung des klägerischen Vortrags zur Bedrohung und Folterung durch die Al-Shabaab handele es sich aber um keine staatliche oder quasi-staatliche Verfolgung. Es bestehe auch kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen einer Verfolgung durch nicht-staatliche Akteure. Der Kläger habe nicht deutlich machen können, dass er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb Somalias aufhalte oder bei einer Rückkehr dorthin mit Verfolgungsmaßnahmen rechnen müsse. Er sei keine hohe Persönlichkeit, die überall in Somalia bekannt sei. Die Hauptstadt Mogadischu stehe seit August 2011 unter der Kontrolle der Regierung. Al-Shabaab kontrolliere keine Teile von Mogadischu und könne dort auch nicht frei agieren. Es gebe in Mogadischu eine Präsenz von AMISOM, somalischer Armee und Polizei sowie des Geheimdienstes NISA. Vor diesem Hintergrund sei auszuschließen, dass der Kläger bei einer Rückkehr weiterhin durch Al-Shabaab bedroht werden könnte. Die Sicherheitssituation in der Stadt habe sich verbessert, offene Handlungen seien seltener geworden. Zwar sei Al-Shabaab weiterhin in der Lage, tödliche Anschläge zu verüben, allerdings seien häufig Regierungsinstitutionen und öffentliche Bereiche das Ziel solcher Anschläge. Die Situation in Mogadischu sei jedoch nicht derart schlecht, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko entsprechend Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Es bestehe auch kein reales Risiko einer Zwangsrekrutierung durch Al-Shabaab in Mogadischu mehr. Die Clanzugehörigkeit spiele in Somalia in politischen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten immer noch eine wichtige Rolle. Der Hawia-Clan sei in den Bezirken von Mogadischu der einflussreichste Clan und die Mitglieder unterstützen sich gegenseitig bei wirtschaftlichen Problemen oder bei der Erlangung des Lebensunterhaltes. Bei einer möglichen Rückkehr des Klägers sei davon auszugehen, dass er familiäre Bindungen habe und auf die Unterstützung seiner Clanmitglieder zurückgreifen könne. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Weder drohten dem Kläger in seinem Heimatland die Todesstrafe, noch Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung. Der Kläger müsse auch keine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit befürchten, weil er als Zivilperson nicht von willkürlicher Gewalt im Rahmen eines in seinem Herkunftsland bestehenden innerstaatlichen bewaffneten Konflikts betroffen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Bescheid verwiesen.

Auf die hiergegen erhobene Klage mit dem Ziel der Zuerkennung des subsidiären Schutzes verpflichtete das Verwaltungsgericht die Beklagte mit Urteil vom 6. September 2017, dem Kläger subsidiären Schutz gemäß § 4 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen, und hob den Bescheid der Beklagten vom 27. März 2017 in Nr. 3 auf. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären und unionsrechtlichen Schutzes, weil er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht habe, dass ihm in seinem Herkunftsland Somalia ein ernsthafter Schaden drohe. Zum maßgeblichen gegenwärtigen Zeitpunkt bestehe jedenfalls in Süd- und Zentralsomalia nach wie vor innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG. Der Kläger wäre im Falle einer Rückkehr im Rahmen dieses Konflikts einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt. Abzustellen sei insoweit auf Mogadischu als den Geburtsort des Klägers, wo er auch zuletzt gelebt habe. Es sei davon auszugehen, dass Süd- und Zentralsomalia inzwischen zwar überwiegend unter der Kontrolle der Regierung stehe, was jedoch nicht bedeute, dass es dort zu keiner die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft ziehenden willkürlichen Gewalt mehr komme. Eine wesentliche und ausreichend dauerhafte Verbesserung der Sicherheitslage sei bisher nicht festzustellen. Unabhängig davon, dass es unwahrscheinlich sei, dass Al-Shabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu erlange, sei die Al-Shabaab-Miliz nach wie vor in hohem Maße präsent und habe immer noch große Gebiete unter ihrer Kontrolle. Al-Shabaab sei nach wie vor in der Lage, über die Peripherie auch in Randbezirke von Mogadischu einzudringen. Außerdem könne der Einfluss von Al-Shabaab in Randbezirken von Mogadischu in der Nacht größer werden. In Mogadischu sei im Jahr 2013 gegenüber dem Jahr 2012 keine Verbesserung bzw. eher eine Verschlechterung der Sicherheitslage festzustellen gewesen. Insgesamt habe die Zahl der Bombenanschläge im Jahr 2013 gegenüber dem Jahr 2012 zugenommen. Für den Zeitraum von 2014 bis heute lasse sich noch keine wesentliche und ausreichend dauerhafte Verbesserung der Sicherheitslage feststellen. Das gelte auch für den Großraum Mogadischu, auch wenn dort eine Tendenz zur Verbesserung erkennbar sei. Rückkehrer hätten in besonderem Ausmaß Schwierigkeiten, die grundlegendsten Sicherheitsbedürfnisse zu bewältigen. Ohne Unterstützernetzwerk, sei es durch Clans oder die Kernfamilie, sei es für Rückkehrer sehr schwierig, in Mogadischu zu überleben. Auch die aktuelle Reisewarnung des Auswärtigen Amtes (Stand 9.5.2017) gehe weiterhin davon aus, dass der Aufenthalt in Somalia grundsätzlich sehr gefährlich sei und weise - unter anderem hinsichtlich der Hauptstadtregion Mogadischu - darauf hin, dass in Teilen von Süd- und Zentralsomalia Kampfhandlungen zwischen den somalischen Bürgerkriegsparteien stattfänden, in die auch Kräfte der AMISOM involviert seien. Die somalische Regierung und AMISOM könnten keinen Schutz vor allgemeiner oder terroristischer Kriminalität im Land garantieren. Bei wertender Betrachtung sei davon auszugehen, dass eine erneute Verschlechterung der Sicherheitslage auch im Großraum Mogadischu nach aktuellem Stand nicht deutlich weniger wahrscheinlich sei als eine weitere Stabilisierung. Eine wesentliche und dauerhafte Verbesserung der Sicherheitslage könne daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht festgestellt werden.

Hiergegen legte die Beklagte die mit Beschluss des Senats vom 8. November 2017 (Az.: 20 ZB 17.31552) wegen Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) zugelassene Berufung ein. Zur Begründung wurde auf das Vorbringen im Berufungszulassungsverfahren Bezug genommen und ergänzend vorgetragen, entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts ließen sich in tatsächlicher Hinsicht die Voraussetzungen für die begehrte Schutzzuerkennung nicht feststellen. Maßgebliche Anhaltspunkte für ein Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG seien nicht erkennbar. Ebenso fehle es an einer tragfähigen Grundlage für einen Anspruch auf den unionsrechtlichen subsidiären Schutzstatus nach der Anspruchsgrundlage des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG. Zwar werde die Sicherheits- und Versorgungslage nach wie vor als fragil beschrieben. Aber unabhängig davon, ob und in welchen Teilen des Landes gegenwärtig von einem bewaffneten Konflikt auszugehen wäre, erreiche dessen Intensität jedenfalls in Bezug auf das hier in den Blick zu nehmende Herkunftsgebiet nicht den besonders hohen Grad, der feststellbar sein müsste, um eine konkrete individuelle Bedrohung jeder Zivilperson bereits infolge des Aufenthalts in Somalia bejahen zu können. Besondere gefahrerhöhende Faktoren in der Person des Klägers seien weiterhin nicht erkennbar.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Bereits der klägerische Vortrag müsse die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach sich ziehen. Auf jeden Fall müsse das Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG festgestellt werden. Die derzeitige Versorgungslage in Somalia halte seit über zwei Jahren an und es sei nicht abzusehen, dass sich dies bessern könnte.

Vorgelegt wurden für den Kläger zwei ärztliche Atteste der Abteilung für Innere Medizin, Dialyseabteilung des Klinikums … … … vom 13. Juli 2017 und 22. August 2015. Daraus geht hervor, dass der Kläger an einer terminalen Niereninsuffizienz sowie einer hypertensiven Herzerkrankung bei artieller Hypertonie, chronischer Bronchitis bei Nikotinabusus sowie weiteren Erkrankungen leidet. Der Kläger werde seit dem 13. September 2014 dort in der Dialyseabteilung behandelt, die Dialyse findet drei Mal wöchentlich für je vier Stunden statt.

Die Beteiligten erklärten schriftlich ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats gemäß § 87a Abs. 2, 3 VwGO.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtssowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen, hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Gründe

Gegenstand der Berufung ist nur noch das Begehren des Klägers, die Beklagte zur Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG zu verpflichten. Die übrigen Entscheidungen im streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 27. März 2017, mithin auch die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG (Tenorziffer 4 des Bescheides), sind unanfechtbar geworden.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet und führt zur Änderung des erstinstanzlichen Urteils. Denn dem Kläger steht kein Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 AsylG zu. Der Bescheid der Beklagten vom 27. März 2017 ist daher, soweit er Gegenstand des Berufungsverfahrens ist (d.h. hinsichtlich seiner Tenorziffer 3), rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus, weil die Voraussetzungen des § 4 AsylG in seiner Person nicht vorliegen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG gelten als ernsthafter Schaden die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) sowie eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).

a) Nach den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen stellt sich die allgemeine Situation in Somalia aktuell im Wesentlichen wie folgt dar: Somalia ist spätestens seit Beginn des Bürgerkriegs 1991 ohne flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die Autorität der Zentralregierung wird von dem nach Unabhängigkeit strebenden „Somaliland“ im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen Al-Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Das Land zerfällt faktisch in drei Teile, nämlich das südliche und mittlere Somalia, die Unabhängigkeit beanspruchende „Republik Somaliland“ im Nordwesten und die autonome Region Puntland im Nordosten. In Puntland gibt es eine vergleichsweise stabile Regierung; die Region ist von gewaltsamen Auseinandersetzungen deutlich weniger betroffen als Süd-/Zentralsomalia. In „Somaliland“ wurde im somaliaweiten Vergleich das bislang größte Maß an Sicherheit, Stabilität und Entwicklung erreicht. In Süd- bzw. Zentralsomalia mit der Hauptstadt Mogadischu kämpfen die somalischen Sicherheitskräfte mit Unterstützung der Militärmission der Afrikanischen Union AMISOM gegen die Al-Shabaab-Miliz. Die Gebiete befinden sich teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der Al-Shabaab-Miliz oder anderer Milizen. Die meisten größeren Städte sind schon seit längerer Zeit in der Hand der Regierung, in den ländlichen Gebieten herrscht oft noch die Al-Shabaab. In den „befreiten“ Gebieten finden keine direkten kämpferischen Auseinandersetzungen mehr statt. Die Al-Shabaab verübt jedoch immer wieder Sprengstoffattentate auf bestimmte Objekte und Personen, bei denen auch Unbeteiligte verletzt oder getötet werden (siehe Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 1. Januar 2017 - Stand: November 2016, S. 4 f.; Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Somalia - vom 25. April 2016, S. 13 ff. und Analyse der Staatendokumentation - Somalia - Sicherheitslage, 12. Oktober 2015, S. 32; siehe auch EGMR, U.v. 10.9.2015 - Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] - NVwZ 2016, 1785; U.v. 5.9.2013 - Nr. 886/11, [K.A.B. ./. Schweden] - Rn. 87 ff.; BayVGH, U.v. 17.3.2016 - 20 B 13.30233 - juris und U.v. 17.3.2016 - 20 B 13.30233 - juris; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris = Asylmagazin 2016, 29).

b) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG, denn es droht ihm im Falle seiner Rückkehr nach Somalia keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne dieser Vorschrift. Offen bleiben kann insoweit, ob der von ihm in der Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorgetragene, in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren noch ergänzte Sachverhalt vor seiner Ausreise zutrifft. Es ist offensichtlich, dass der Kläger sich die ärztlich festgestellten Schussverletzungen nur in einer gewaltsamen Auseinandersetzung zugezogen haben kann. Keiner Entscheidung bedarf aber, ob auch das konkret von ihm vorgetragene Geschehen dafür ursächlich gewesen ist. Denn zum einen kann sich der Kläger nicht auf die Beweiserleichterung beziehungsweise Vermutung der Schadens- bzw. Gefahrenwiederholung nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (sog. Qualifikationsrichtlinie - ABl. Nr. L 337 S. 9) berufen, weil es an dem erforderlichen inneren Zusammenhang fehlt. Zum anderen steht der Zuerkennung subsidiären Schutzes entgegen, dass dem Kläger interner Schutz bzw. eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 3e AsylG zur Verfügung stand, der über § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzes Anwendung findet.

Der Kläger kann sich nicht auf die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU berufen, weil im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) der erforderliche innere Zusammenhang einer erneuten Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, mit dem von dem Kläger angegebenen Vorfall Ende des Jahres 2009 nicht mehr besteht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Schadensvermutung des Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU einen inneren Zusammenhang zwischen dem früher unmittelbar drohenden Schaden und dem befürchteten künftigen Schaden voraus (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 31). Letzterer fehlt hier jedenfalls aufgrund der seit 2010/2011 erheblich verbesserten Sicherheitslage in Mogadischu. Wie noch auszuführen sein wird (vgl. unten c)), hat Al-Shabaab die Kontrolle über Mogadischu verloren. Sie ist zwar noch in der Lage, dort Anschläge und sogar einzelne direkte Angriffe zu verüben, besitzt jedoch keine flächendeckende Gebietshoheit in Mogadischu bzw. in einzelnen Stadtvierteln mehr. Diese allgemeinen Feststellungen werden im vorliegenden Fall nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Kläger - erstmals in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren - vorgetragen hat, dass zwei Al-Shabaab-Männer versucht hätten, nachts seine Kinder zu entführen. Das Ziel dieses Entführungsversuchs sei gewesen, die Rückkehr des Klägers zu erpressen, um Al-Shabaab den Zugriff auf seine Person zu ermöglichen. Dieser Vortrag des Klägers erscheint jedoch in Anbetracht der Art und Weise, wie er ihn geschildert hat, sowie der gesamten Umstände unglaubhaft. Der Kläger hat das Geschehen bei dem angeblichen Entführungsversuch zum Nachteil seiner Kinder sehr pauschal und detailarm geschildert. Auch erscheint es nicht glaubhaft, dass Al-Shabaab in den vier Jahren bis zur Ausreise des Klägers, als er sich noch in Mogadischu aufhielt, ihn nicht ausfindig machen konnte, dies aber nunmehr - acht Jahre später - erneut versuchen sollte. Zwar hat der Kläger angegeben, dass Al-Shabaab von seiner Rettung erfahren und deshalb damals nach ihm gesucht habe. Gerade dann wäre es aber aus der Sicht der Al-Shabaab geboten gewesen, unmittelbar nach der Kenntnisnahme vom Überleben des Klägers alles daran zu setzen, um seiner Person habhaft zu werden, zumal der Einfluss von Al-Shabaab in Mogadischu Anfang des Jahres 2010 erheblich größer war als zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Eine nachvollziehbare Erklärung dafür, weshalb Al-Shabaab acht Jahre nach dem angeblichen Vorfall trotz ihres nunmehr deutlich geringeren Einflusses in Mogadischu noch mit einem derartigen Aufwand nach dem Kläger suchen sollte, folgt auch nicht aus seinem früheren militärischen Rang in der somalischen Armee. Der Kläger hat angegeben, den Dienstgrad eines Captain bekleidet zu haben. Damit hätte er einen unterhalb des Majors angesiedelten, mittleren Offiziersrang innegehabt, der in etwa einem Stabshauptmann der Bundeswehr vergleichbar wäre (https://en.wikipedia.org/wiki/Somali_Armed_Forces; abgerufen am 5.7.2018). Der Kläger befand sich somit nicht in einer derart exponierten Stellung in der somalischen Armee, dass es nachvollziehbar wäre, dass Al-Shabaab auch gegenwärtig noch nach ihm sucht.

Im Übrigen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren angegeben, dass er sich im Zeitraum nach dem Gefecht mit der Al-Shabaab-Miliz Ende des Jahres 2009, bei dem er lebensgefährlich verletzt worden sei, bis zu seiner Ausreise am 1. Januar 2014 unbehelligt zunächst in einem Polizeikrankenhaus im Stadtteil … und danach in dem im Stadtteil … befindlichen … … … aufgehalten habe. Damit war der Kläger in einem anderen Landesteil im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 1 AsylG vor Verfolgung sicher. Wie noch auszuführen sein wird, ist ein Ausweichen in diesen Stadtteil auch sicher und legal möglich (vgl. unten c)). Des Weiteren kann von dem Kläger auch im Sinne des § 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG erwartet werden, dass er sich in einem sicheren Stadtteil niederlässt. Denn er verfügt über Familienangehörige in Mogadischu (Ehefrau und Kinder), mit denen er auch noch Kontakt hat, und würde daher im Falle der Rückkehr auf einen unterstützungsbereiten Familienverband treffen.

c) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG. Es kann offenbleiben, ob in der für die Beurteilung maßgeblichen Herkunftsregion des Klägers, der Hauptstadt Mogadischu, noch ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrscht. Vom Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ist auszugehen, wenn die regulären Streitkräfte eines Staates auf eine oder mehrere bewaffnete Gruppen treffen oder wenn zwei oder mehrere bewaffnete Gruppen aufeinandertreffen, ohne dass dieser Konflikt als bewaffneter Konflikt im Sinne des humanitären Völkerrechts eingestuft zu werden braucht und ohne dass die Intensität der bewaffneten Auseinandersetzungen, der Organisationsgrad der vorhandenen bewaffneten Streitkräfte oder die Dauer des Konflikts Gegenstand einer anderen Beurteilung als der des im betreffenden Gebiet herrschenden Grades an Gewalt ist (EuGH, U.v. 30.1.2014 - C-285/12 [Diakité] - NVwZ 2014, 573 = juris, Leitsatz 1 und Rn. 28; BayVGH, U.v. 7.4.2016 - 20 B 14.30101 - juris Rn. 20). Mogadischu gehört zu den von der Herrschaft der Al-Shabaab befreiten Gebieten, die zwar vielleicht noch nicht „befriedet“ sind, jedoch definitiv nicht mehr im Kriegszustand stehen (Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Somalia - vom 25. April 2016, S. 22; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris Rn. 35). Es erscheint unwahrscheinlich, dass Al-Shabaab die Kontrolle über Mogadischu wiedergewinnen könnte (Österreichisches Bundesasylamt a.a.O.). Dieser Einschätzung steht nicht entgegen, dass in Mogadischu - wie in anderen „befreiten“ Gebieten - die Al-Shabaab nach wie vor Attentate auf bestimmte Objekte und Personen verübt, bei denen auch Unbeteiligte verletzt oder gar getötet werden, und auch direkte Kampfhandlungen stattfinden (vgl. Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation - Somalia, Lagekarten zur Sicherheitslage v. 12.10.2015, S. 22 ff.; dies., Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22). Die Al-Shabaab vollzieht dort nunmehr eine asymmetrische Kriegsführung, die insbesondere gezielte Attentate, den Einsatz von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen und überfallartige Angriffe (sog. „hit and run“) umfasst (vgl. OVG Rheinland-Pfalz a.a.O., m.w.N.; Österr. Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22; dies., Lagekarten zur Sicherheitslage v. 12.10.2015, S. 22 ff.). Der erreichte Zustand wird daher in nahezu allen Berichten als fragil oder unbeständig beschrieben (vgl. z.B. Auswärtiges Amt, Lagebericht Somalia, Stand November 2016, S. 4; Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 17; EASO [European Asylum Support Office], Country of Origin Information Report, Somalia - Security Situation, Dezember 2017, S. 79 ff.). Jedenfalls ist der Kläger aufgrund der beschriebenen Konfliktlage als Zivilperson keiner ernsthaften, individuellen Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt.

Für die Annahme einer ernsthaften individuellen Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG genügt es nicht, dass der innerstaatliche bewaffnete Konflikt zu permanenten Gefährdungen der Bevölkerung führt (BVerwG, U.v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - juris Rn. 24). Die von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich jedoch individuell verdichten. Eine ernsthafte individuelle Bedrohung für Leib oder Leben kann in erster Linie auf gefahrerhöhenden persönlichen Umständen beruhen. Dies sind solche Umstände, die den Ausländer von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen als andere. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Ausländer als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte - etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit - ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht schon die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 33; U.v. 17.11.2010 - 10 C 13.10 - juris Rn. 18). Im Ausnahmefall kann eine ernsthafte individuelle Bedrohung von Leib oder Leben aber auch durch eine allgemeine Gefahr hervorgerufen sein, die sich in besonderer Weise zugespitzt hat. Gefahren, denen die Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe eines Landes „allgemein“ ausgesetzt ist, stellen normalerweise zwar keine individuelle Bedrohung dar. Eine Ausnahme davon gilt aber bei besonderer Verdichtung der Gefahr, die unabhängig von individuellen gefahrerhöhenden Umständen zu deren Individualisierung führt. Davon ist auszugehen, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465/07 [Elgafaji] - juris Rn. 35, 39; U.v. 30.1.2014 - C-285/12 [Diakité] - juris Rn. 30; BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 32; U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - juris Rn. 19).

Unabhängig davon, ob die individuelle Bedrohungssituation auf persönliche Umstände oder ausnahmsweise auf die allgemeine Lage im Herkunftsland zurückgeht, sind Feststellungen über das Niveau willkürlicher Gewalt in dem jeweiligen Gebiet zu treffen. Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich; liegen gefahrerhöhende persönliche Umstände vor, genügt auch ein geringeres Niveau willkürlicher Gewalt. In beiden Konstellationen ist eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die dort von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen verübt werden, notwendig (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 33). Es bedarf zudem einer wertenden Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung unter Berücksichtigung der medizinischen Versorgungslage (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 33; U.v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - juris Rn. 24). Das Bundesverwaltungsgericht sieht ein Risiko von 1:800, in dem betreffenden Gebiet verletzt oder getötet zu werden, als so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt an, dass auch eine wertende Gesamtbetrachtung am Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nichts zu ändern vermag (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - juris Rn. 22 f.; U.v. 17.11.2011 - 10 C 11/10 - juris Rn. 20 f. [Risiko von 1:1000]).

Für die Gefahrenprognose ist bei einem nicht landesweiten Konflikt auf den tatsächlichen Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr abzustellen. Für die Frage, welche Region als Zielort seiner Rückkehr anzusehen ist, kommt es weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer aus seinem subjektiven Blickwinkel strebt. Zielort der Abschiebung ist in der Regel seine Herkunftsregion, in die er typischerweise zurückkehren wird (BVerwG, U.v. 14.7.2009 - 10 C 9.08 - juris Rn. 17 unter Hinweis auf EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465/07 [Elgafaji]; zum Ganzen OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris = Asylmagazin 2016, 29). Im Falle des Klägers, der vor seiner Ausreise in Mogadischu gelebt hat, ist daher auf Mogadischu als Herkunftsregion abzustellen.

d) Gemessen an den vorgenannten Kriterien fehlt es jedoch an einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Klägers bei einer Rückkehr nach Mogadischu.

Gefahrerhöhende persönliche Umstände, die den Kläger wegen persönlicher Merkmale einem besonderen Sicherheitsrisiko aussetzen könnten, liegen im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) nicht vor.

Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, als ehemaliger Soldat der Regierungstruppen von der allgemeinen, ungezielten Gewalt in einem innerstaatlichen Konflikt stärker betroffen zu sein. Als Soldat wäre er keine Zivilperson, sondern Mitglied einer Konfliktpartei und würde damit nicht in den Schutzbereich des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG fallen. Aber auch aus seinem früheren militärischen Rang und seinem - eigenen Angaben zufolge - hohen Bekanntheitsgrad in seinem Stamm, der personelle Verbindungen zu Al-Shabaab habe, kann der Kläger keinen individuellen gefahrerhöhenden Umstand ableiten. Der Kläger befand sich, wie dargelegt (vgl. oben b)), nicht in einer derart exponierten Stellung in der somalischen Armee, dass für ihn alleine aus diesem Grunde gegenwärtig noch eine erhöhte Gefahr eines ernsthaften Schadens im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG bestünde. Des Weiteren war der Kläger, wie bereits unter b) ausgeführt, in einem anderen Stadtteil Mogadischus vor Übergriffen sicher (§ 3e i.V.m. § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG). Offen bleiben kann daher, inwieweit eine erlittene unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG bzw. die Gefahr, künftig eine solche Behandlung durch gezielte Gewalt zu erfahren, überhaupt zugleich einen gefahrerhöhenden Umstand im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG darstellen kann (vgl. dazu BayVGH, B.v. 4.7.2018 - 20 ZB 18.31213 - juris m.w.N.).

Gefahrerhöhende Umstände ergeben sich auch nicht aus der Situation des Klägers als Rückkehrer nach einem Auslandsaufenthalt. Zwar sieht die Al-Shabaab Rückkehrer aus westlichen Ländern möglicherweise als Spione der Regierungstruppen an (EASO Country of Origin Information Report - South and Central Somalia - Country Overview, August 2014, S. 106); da sie aber in den unter der Kontrolle der Regierung stehenden Gebieten nicht mehr frei agieren kann und angesichts der Zahl von rückkehrenden Personen - v.a. auch Binnenvertriebenen (vgl. EASO Country of Origin Information Report - South and Central Somalia - Country Overview, August 2014, S. 117; Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation - Somalia - Sicherheitslage, 12.10.2015, S. 23) - ergibt sich daraus nicht für jeden Rückkehrer ohne weiteres eine ernsthafte Bedrohung. Im Übrigen ist der Rückzug der formalen Präsenz der Al-Shabaab aus Mogadischu nach den vorliegenden Erkenntnismitteln dauerhaft. Es gibt in der Stadt daher kein Risiko mehr, von Al-Shabaab zwangsrekrutiert zu werden (Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22; EGMR, U.v. 10.9.2015 - Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] - NVwZ 2016, 1785). Zudem gehört der Kläger nicht einem Minderheiten-, sondern einem Mehrheitsclan, den Hawiye-Abgal, an (vgl. ACCORD, Clans in Somalia, Bericht zum Vortrag von Dr. Joakim Gundel v. 15.5.2009, S. 12, 14; EASO Länderüberblick Südu. Zentralsomalia, August 2014, S. 15, 21, 45 ff.). Auch unter diesem Aspekt kann also kein gefahrerhöhender persönlicher Umstand in der Person des Klägers angenommen werden.

e) Auch die allgemeine Lage ist nicht so gefährlich, dass sie sich unabhängig von persönlichen Merkmalen gegenüber jeder Zivilperson individualisiert. Die erforderliche Gefahrendichte ist in Mogadischu nicht gegeben. Eine genaue Bewertung der Gefahrendichte aufgrund einer quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos durch Gegenüberstellung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen und der Akte willkürlicher Gewalt erscheint kaum verlässlich möglich. Die Zahl der Zivilpersonen, die Opfer willkürlicher Gewalt geworden sind, kann kaum annäherungsweise verlässlich geschätzt werden, weil belastbare Zahlen nicht vorhanden sind. Dies betrifft etwa die Frage, ob in den insoweit verfügbaren Aufstellungen die Zählung der „Zivilpersonen“ auch solche Opfer umfasst, die den besonderen Risikogruppen (Politiker, Regierungsmitarbeiter etc.) angehören. Ebenso wird in den Berichten über Vorfälle meist lediglich über die Zahl der Getöteten, nicht aber auch über die der Verletzten berichtet (OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris = Asylmagazin 2016, 29).

Die Gesamtbevölkerung von Mogadischu wird auf vermutlich über eine Million Einwohner einschließlich einer großen Anzahl Binnenvertriebener geschätzt (EASO Länderüberblick Südu. Zentralsomalia, August 2014, S. 16). Setzt man zu dieser Einwohnerzahl die sich aus der Aufstellung von ACCORD (Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED, 4.2.2016)) ergebende Zahl der im Jahr 2015 in der gesamten Region Banaadir verzeichneten 370 Vorfälle mit 411 Toten - jedoch bezogen auf alle Konfliktvorfälle, d.h. nicht nur Gewaltvorfälle gegen Zivilpersonen - in Beziehung, würde sich unter Zugrundelegung dieser Zahlenwerte ein Tötungsrisiko von etwa 1:2433 (0,0411%) ergeben, wobei eine Berechnung des Verletzungsrisikos mangels einer entsprechenden verfügbaren Auflistung nicht möglich erscheint. Für das Jahr 2016 hat ACLED 434 Vorfälle mit insgesamt 562 Toten ermittelt, was zu einem im Vergleich zu 2015 leicht erhöhten Tötungsrisiko in der Region Banaadir von 1:1779 (0,056%) führt (ACLED, 9.2.2017). Die Aufstellung für das erste Quartal des Jahres 2017 (ACLED, 22.6.2017) mit 122 Vorfällen in der Region Banaadir und 199 Toten und die für das zweite Quartal 2017 (ACLED, 14.9.2017) mit 139 Vorfällen und 192 Toten zeigen im Vergleich zu den beiden vorhergehenden Quartalen des Jahres 2016 (3/2016 und 4/2016) mit 91 Vorfällen und 163 Toten (4/2016, ACLED 8.2.2017) bzw. 96 Vorfällen und 91 Toten (3/2016, ACLED 8.112016) zwar eine ansteigende Tendenz bei der Zahl der Vorfälle und der Zahl der Todesopfer. Aber auch wenn man diese Zahlen auf das gesamte Jahr 2017 hochrechnen würde ergäbe dies „nur“ 782 Tote im Jahr und ein Tötungsrisiko von 1:1278 (0,078%). Dies würde aber ebenfalls noch nicht zur Feststellung einer Verdichtung der allgemein bestehenden Gefahrenlage zu einer individuellen Gefahr für jede dort lebende Einzelperson führt. Der Fact Finding Mission (FFM) Report Somalia vom August 2017 (zusammen mit dem Staatssekretariat für Migration (SEM) der Schweizerischen Eidgenossenschaft) Nr. 6.4 geht im Übrigen davon aus, dass die Islamisten ca. 20 Personen pro Monat in Mogadischu töten. Dabei richten sich die Aktivitäten vorwiegend gegen die Regierung.

Auch ungeachtet einer quantitativen Bewertung ergibt sich unter Zugrundelegung der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen (v.a. Fact Finding Mission (FFM) Report Somalia vom August 2017 (zusammen mit dem Staatssekretariat für Migration (SEM) der Schweizerischen Eidgenossenschaft), Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22 ff. m.w.N.; EASO Security Situation Report, Februar 2016, S. 50 ff. und Dezember 2017, S. 79ff) in Mogadischu keine solche Gefahrendichte, dass jedermann alleine aufgrund seiner Anwesenheit dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden. In den Berichten ist regelmäßig von „Verbesserungen“ die Rede, auch wenn dies angesichts der früheren extremen Situation nicht damit gleichgesetzt werden kann, dass keine wesentliche Gefahr für die Zivilbevölkerung mehr gegeben wäre. Mogadischu bleibt weiterhin unter der Kontrolle von Regierung und AMISOM. Der Rückzug der formalen Präsenz der Al-Shabaab ist dauerhaft. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Al-Shabaab wieder die Kontrolle über die Stadt erlangt. Es gibt in der Stadt daher kein Risiko mehr, von Al-Shabaab zwangsrekrutiert zu werden (Fact Finding Mission (FFM) Report Somalia vom August 2017 (zusammen mit dem Staatssekretariat für Migration (SEM) der Schweizerischen Eidgenossenschaft) Nr. 6.4; Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22; EGMR, U.v. 10.9.2015 - Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] - NVwZ 2016, 1785). Es gibt in Mogadischu keine Clanmilizen und keine Clangewalt, auch wenn einzelne Clans angeblich noch in der Lage sein sollen, Angriffe führen zu können. Die Stadt ist somit generell sicher, auch wenn sie von Al-Shabaab bedroht wird. Die größte Gefahr geht heute von terroristischen Aktivitäten der Al-Shabaab aus. Die Hauptziele dafür sind die Regierung und die internationale Gemeinde. Die Stadtbewohner sind normalerweise nur dann von Anschlägen betroffen, wenn sie sich „zur falschen Zeit am falschen Ort“ befinden. Jeder Einwohner kann sein persönliches Risiko weiter minimieren, indem er Gebiete oder Einrichtungen meidet, die klar als Ziel der Al-Shabaab erkennbar sind, wie vor allem Hotels, Restaurants, Regierungseinrichtungen und -konvois, Stellungen und Stützpunkte von Regierungskräften und AMISOM. Die Halbjahre 2/2014 und 1/2015 lassen bei sicherheitsrelevanten Zwischenfällen einen Abwärtstrend erkennen, wenngleich noch wöchentlich Angriffe stattfinden. Der Artillerie- und Mörserbeschuss ist drastisch zurückgegangen. In den ersten drei Quartalen 2015 kam es zu vier Fällen von Artilleriebeschuss auf die Bezirke Wardhiigleey, Xamar Weyne, Hodan, … und das Küstengebiet von Wadajir/Medina. Insgesamt scheint es für Al-Shabaab einerseits sehr schwierig geworden zu sein, Artillerie entsprechend einzusetzen. Andererseits scheint die Strategie von Al-Shabaab derzeit auch das Geringhalten von Kollateralschäden zu beinhalten. Handgranatenanschläge sind fast gänzlich aus der Strategie der Al-Shabaab ausgeschieden. Im Zeitraum Q1/2013 - Q1/2014 betrug die durchschnittliche Anzahl an Handgranatenanschlägen pro Quartal noch 86; in den Quartalen 2/2014 - 3/2015 ist diese Zahl auf unter 15 eingebrochen. Auch die Zahlen an gezielten Attentaten und Sprengstoffanschlägen sind - vor allem im Jahr 2015 - rückläufig. Im Zeitraum Q1/2013 - Q4/2014 betrug die durchschnittliche Anzahl an gezielten Attentaten 52; an Sprengstoffanschlägen 27. Vergleichsweise fallen die Zahlen in den ersten drei Quartalen 2015 geringer aus (46 und 19). Insgesamt sind die Zahlen terroristischer Aktivitäten seit einer Spitze im Q3/2013 nachhaltig eingebrochen und liegen im Jahr 2015 bei nur noch einem Drittel der Zahl. Hingegen scheint die Strategie der Al-Shabaab zunehmend bewaffnete Zusammenstöße als bevorzugtes Mittel zu umfassen. Betrug die Zahl der Scharmützel in den Quartalen des Jahres 2013 noch durchschnittlich 22, so stieg die Zahl im Jahr 2014 auf 36, im Jahr 2015 sogar weiter auf 44. Bei der Zusammenfassung terroristischer Aktivitäten (Artillerie- und Mörserbeschuss; gezielte Attentate; Sprengstoff- und Handgranatenanschläge) im ersten Halbjahr 2015 zeigt sich, dass mehrere Bezirke massiv betroffen waren, zu denen seinerzeit auch noch der Heimatbezirk des Klägers, …, gehörte (vgl. Österreichisches Bundesasylamt a.a.O. S. 30). Dieser Bezirk ist jedoch mittlerweile vollständig unter der Kontrolle der AMISOM bzw. SNA, die Sicherheitslage dort hat sich erheblich gebessert (vgl. Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Somalia, v. 12.1.2018, S. 33 f.). Auch insgesamt zeichnet die neuere Entwicklung in den Jahren 2016 bis August 2017 ein ähnliches Bild. Nach dem sich auf ACLED-Zahlen stützenden EASO Somalia Security Situation Report (December 2017 S. 81 ff) kam es in der Region Benaadir zu 939 Vorfällen mit 1244 Todesopfern, wobei sich die Strategie der der Al-Shabaab zugerechneten Anschläge ihrer Art nach insoweit geändert hat, dass weniger einfache Mörserattacken vorgenommen werden und vermehrt direkte Ziele wie Hotels und Märkte mit hohen Opferzahlen attackiert werden. Insgesamt wird jedenfalls deutlich, dass Al-Shabaab in der Lage ist, fast im gesamten Stadtgebiet von Mogadischu terroristische Taten zu begehen. Die Zahl der Angriffe ging insgesamt zurück und diese richten sich vor allem gegen Repräsentanten der somalischen Regierung und ihre Unterstützer. Es ist zu erkennen, dass Al-Shabaab nach wie vor in der Lage ist, über die Peripherie in Randbezirke von Mogadischu einzudringen. Insgesamt ist jedenfalls feststellbar, dass Al-Shabaab in den von AMISOM/SNA kontrollierten Teilen der somalischen Hauptstadt mangels permanent anwesender, sichtbarer Kampfeinheiten nur geringer Einfluss zugesprochen werden kann, wenngleich die Anwesenheit verdeckter Elemente und die Durchführung terroristischer Aktivitäten das Leben der Bewohner beeinflussen (vgl. auch die Karte im Lagebericht des Österr. Bundesasylamtes a.a.O., S. 24). Im zweiten Quartal 2017 scheint es bei der Sicherheitslage zu Verbesserungen gekommen zu sein. Die Vorfallfrequenz im diesjährigen Ramadan war verhältnismäßig gering, in welche Richtung sich die Sicherheitslage mittelfristig entwickeln wird, ist allerdings schwer einschätzbar (Fact Finding Mission (FFM) Report Somalia vom August 2017 (zusammen mit dem Staatssekretariat für Migration (SEM) der Schweizerischen Eidgenossenschaft)). Bei wertender Betrachtung ergibt sich somit, dass die Gefahr für jede Einzelperson, in Mogadischu bei einem Anschlag oder Angriff getötet oder verletzt zu werden, in einigen Stadtteilen höher, in anderen niedriger liegt. Anschläge und bewaffnete Auseinandersetzungen haben in bestimmten Bezirken ihren Schwerpunkt. Gleichzeitig sind die Angriffe zielgerichtet auf bestimmte Personen und Objekte bezogen, weshalb unbeteiligte Zivilpersonen eher zufällig und auch von den Akteuren eher ungewollt Opfer werden. Dieses Risiko kann jedoch verringert werden, indem gefährdete Orte und Objekte gemieden werden. Dem höheren Anschlagsrisiko in einzelnen Stadtteilen können Betroffene durch Ausweichen in sicherere Stadtteile entkommen. Die Situation in Mogadischu ist somit nicht derart unsicher, dass jede dort anwesende Person einer erheblichen und individuellen Gefährdung an Leib oder Leben ausgesetzt wäre (im Ergebnis ebenso EGMR, U.v. 10.9.2015 - Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] - NVwZ 2016, 1785; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris Rn. 45).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegen.

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 10. Juli 2018 - 20 B 17.31595 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 78 Rechtsmittel


(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen di

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3e Interner Schutz


(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er 1. in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und2. sicher und legal in diesen Landesteil r

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 87a


(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,1.über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;2.bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auc

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Tenor

Die Berufung wird wegen Divergenz zugelassen.

Gründe

Die Berufung wird zugelassen, weil die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in tatsächlicher Hinsicht von der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 23. März 2017 (Az.: 20 B 15.30110, juris Rn. 31 f.) abweicht (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG). Der Verwaltungsgerichtshof geht in dieser Entscheidung davon aus, dass sich aus den maßgeblichen Erkenntnisquellen weder bei einer quantitativen Bewertung noch bei einer wertenden Betrachtung in Mogadischu eine solche Gefahrendichte ergebe, dass jedermann alleine aufgrund seiner Anwesenheit dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsse, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden. Von dieser verallgemeinerungsfähigen Tatsachenfeststellung weicht das Verwaltungsgericht ab, indem es im Ergebnis die erforderliche Gefahrendichte für gegeben hält.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburgs vom 5. März 2013 wird geändert. Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, nach eigenen Angaben somalischer Staatsangehöriger, begehrt mit seiner Klage die Feststellung subsidiären Schutzes. Er hat sich im Mai 2010 in Z. als Asylsuchender gemeldet.

Nach mehreren Betreibensaufforderungen wurde vom Bundesamt mit Bescheid vom 30. Januar 2013 festgestellt, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und dass das Asylverfahren eingestellt ist. Weitere Entscheidungen enthält der Tenor des Bescheids nicht und das Unterbleiben ist auch in den Gründen nicht dargestellt.

Am 6. Februar 2013 hat der Kläger Klage erhoben und beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass beim Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG hinsichtlich Somalia vorliegt.

Die Verfahrenseinstellung werde nicht angegriffen. Das Bundesamt sei nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs verpflichtet, eine Entscheidung über das Vorliegen eines Abschiebeverbots nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG a. F. zu treffen. Der Kläger stamme aus den Zentralregionen Somalias.

Mit Urteil vom 5. März 2013 verpflichtete das Verwaltungsgericht die Beklagte festzustellen, dass beim Kläger ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Somalias vorliegt. Der Kläger stamme aus ... in Zentralsomalia, so dass für ihn nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ein Abschiebungsverbot anzunehmen sei.

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung beantragt die Beklagte,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg

vom 5. März 2013 abzuweisen.

In Süd- und Zentralsomalia könne möglicherweise ein innerstaatlicher Konflikt angenommen werden. Die bewaffnete Auseinandersetzung habe jedoch nicht das Maß und die Intensität erreicht, um für alle dort lebenden Angehörigen der Zivilbevölkerung eine erhebliche, individuelle Gefahr annehmen zu können. Ihn allein treffende individuelle Gefahr erhöhende Merkmale habe der Kläger nicht vorgetragen. Selbst wenn man etwa bis zu 20.000 Tote und Verletzte pro Jahr aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzung in Somalia zugrunde lege, ergebe sich nur eine Gefährdungsrelation von ca. 2 Prozent. Für die Feststellungen der erforderlichen Gefahrendichte bedürfe es dabei nicht nur einer wertenden Gesamtbetrachtung, sondern auch der jedenfalls annäherungsweise quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos. Das Fortbestehen eines bewaffneten Konflikts stehe demnach selbstredend nicht infrage, jedoch der nötige Gefahrengrad für die Annahme, dass bereits die Gebietsanwesenheit für jedwede Zivilpersonen mit einer erheblichen individuellen Gefährdung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG einhergehe. Die völlig unzureichende medizinische Versorgung in Süd- und Zentralsomalia erhöhe zwar das Gefährdungsrisiko betroffener Personen, nicht aber die quantitativ zugrunde zu legende Opferzahl. An dieser Einschätzung ändere nichts, dass für Rückkehrer nicht ohne weiteres stets die Perspektive einer gesicherten Lebensgrundlage eröffnet sein möge und die Situation wie die weitere Entwicklung im Land unberechenbar bleiben dürfte. Insoweit sei es allein entscheidend, dass ein Schaden an den Rechtsgütern Leib oder Leben drohe. Zu einer entsprechenden Einschätzung kämen jedenfalls der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und das schweizerische Bundesverwaltungsgericht.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Beschluss vom 5. März 2015 gab der erkennende Senat den Beteiligten auf, zur Bestimmung des Herkunftsstaates und der Herkunftsregion des Klägers beim Bundesamt eine Sprachanalyse durchführen zu lassen. Mit Sprachgutachten vom 5. Juli 2015 kam der vom Bundesamt beauftragte Gutachter im Wesentlichen zum Ergebnis, dass die vom Kläger gesprochene Somalivarietät bis auf die Nordvarianten in der Stadt ... gesprochen werde. Jedenfalls gestatte der Sprachgebrauch des Klägers mit Sicherheit eine Zuordnung zur Region Südsomalia.

In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger zur Begründung seiner Klage an, er stamme aus ..., in der Provinz Hiiraan, er sei dort auch geboren. Sein Vater und seine Mutter lebten heute noch dort. Das letzte Mal habe er vor fünf Monaten mit ihnen telefonisch Kontakt gehabt. Damals sei es ihnen gut gegangen. Seitdem habe er aber von ihnen nichts mehr gehört. Er habe seine Heimatregion und Somalia verlassen, weil zwischen den verschiedenen Stämmen Streit und Krieg geherrscht habe. Gleichzeitig habe auch die Al-Shabaab die Stadt immer wieder angegriffen. Er selbst gehöre dem Stamm der Galadi an, einer Untergruppe der Digil, die zum Clan der Rahanweyn gehörten. Seine sieben Geschwister seien aufgrund des Bürgerkriegs und der Kämpfe umgekommen. Nachdem fünf Geschwister durch einen Artillerieangriff umgekommen seien, habe er sich entschlossen zu fliehen. Zwischen ... und Mogadischu sei er mehrere Tage mit einem Führer gereist. Die Strecke sei gefährlich. Er sei über Mogadischu nach Dubai geflogen. Die Kosten für seinen Flug habe sein in Dubai lebender Onkel übernommen, der seine Familie unterstütze. Dies alles habe sich im Jahr 2010 abgespielt. Der Onkel unterstütze auch heute noch seine Eltern, die jetzt schon ein wenig älter und nur zuhause seien. Von Dubai sei er nach einigen Tagen in die Türkei geflogen und dann von dort in die Bundesrepublik.

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Behördenakten. Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird im Übrigen auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung von subsidiärem Schutz nach § 4 AsylG oder nationalem Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG. Nachdem der Kläger die Einstellungsentscheidung des Bundesamtes vom 30. Januar 2013 nicht angefochten hat, ist Gegenstand des Berufungsverfahrens lediglich die Verpflichtung des Bundesamtes auf Zuerkennung von europarechtlichem subsidiärem Schutz nach § 32 AsylVfG in seiner vor dem 28. August 2013 geltenden Fassung (vgl. BVerwG, U. v. 13.2.2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 Rn. 12).

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter. Die Voraussetzungen des § 4 AsylG liegen nicht vor. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Nach Satz 2 gilt als ernsthafter Schaden die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) sowie eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).

Nach den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen stellt sich die allgemeine Situation in Somalia aktuell im Wesentlichen wie folgt dar: Somalia ist spätestens seit Beginn des Bürgerkriegs 1991 ohne flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die Autorität der Zentralregierung wird vom nach Unabhängigkeit strebenden „Somaliland“ im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikalislamistischen Al Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Das Land zerfällt faktisch in drei Teile, nämlich das südliche und mittlere Somalia, die Unabhängigkeit beanspruchende „Republik Somaliland“ im Nordwesten und die autonome Region Puntland im Nordosten. In Puntland gibt es eine vergleichsweise stabile Regierung; die Region ist von gewaltsamen Auseinandersetzungen deutlich weniger betroffen als Süd-/Zentralsomalia. In „Somaliland“ wurde im somaliaweiten Vergleich das bislang größte Maß an Sicherheit, Stabilität und Entwicklung erreicht. In Süd- und Zentralsomalia kämpfen die somalischen Sicherheitskräfte mit Unterstützung der Militärmission der Afrikanischen Union AMISOM gegen die Al Shabaab-Miliz. Die Gebiete sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der Al Shabaab-Miliz oder anderer Milizen. Die meisten größeren Städte sind schon längere Zeit in der Hand der Regierung, in den ländlichen Gebieten herrscht oft noch die Al Shabaab. In den „befreiten“ Gebieten finden keine direkten kämpferischen Auseinandersetzungen mehr statt. Die Al Shabaab verübt jedoch immer wieder Sprengstoffattentate auf bestimmte Objekte und Personen, bei denen auch Unbeteiligte verletzt oder getötet werden (siehe Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 1. Dezember 2015 - Stand: November 2015, S. 4 f.; Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation - Somalia - Sicherheitslage, 25. Juli 2013, S. 29; siehe auch EGMR, Urteil vom 5. September 2013 - Nr. 886/11, [K.A.B. ./. Schweden] -, Rn. 87 ff.; Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris = Asylmagazin 2016, 29).

Es ist bereits fraglich, ob in der für die Beurteilung maßgeblichen Heimatprovinz Hiiraan und in der Heimatstadt ... ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrschen (vgl. zur Definition BVerwG, Urteile v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris, Rn. 22 f. und vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, juris, Rn. 22 ff.). Nach dem EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Süd- und Zentralsomalia (Stand: August 2014; S. 82 f.) konnten im Verlauf der „Operation Adler“ AMISOM und somalische Streitkräfte (SNAF) ihre Kontrolle in der Region Hiiraan ausdehnen. Die neu eroberten Städte sind jedoch Inseln im Al-Shabaab-Territorium. Die Hauptstraße von ... nach Buulo Barde wird als ständig, vor allem aus Osten, von Al-Shabaab bedroht beschrieben. Auf der anderen Seite stellen sich lokale Clans nunmehr offen Al-Shabaab entgegen und bekämpfen sie sogar. ... befindet sich unter der Kontrolle dschibutischer und äthiopischer AMISOM-Kontingente und der SNAF. Es gibt in ... auch funktionierende somalische Polizeikräfte (SPF). Darüber hinaus ist dort auch ein AMISOM-Polizeikontingent stationiert. Das dschibutische AMISOM-Kontingent bietet Beratung und Ausbildung für die somalischen Sicherheitskräfte an und hat bereits mehr als 1.200 Mann ausgebildet. Die Verwaltung steht unter der Leitung des Gouverneurs der Region Hiiraan, der ein enger Verbündeter der Zentralregierung ist. ... wird nachgesagt, die Stadt zu sein, in der AMISOM und SNAF am erfolgreichsten „Sicherheit bieten und gewährleisten“. Terroranschläge in ... werden aus der Stadt heraus verübt, da es dort noch immer aktive Kämpfer und Sympathisanten von Al-Shabaab gebe. Die so beschriebene Lage mit militärischen Auseinandersetzungen zwischen AMISOM-Streitkräften und der Al-Shabaab einerseits und rivalisierenden Clanmilizen andererseits sowie die insgesamt fragile Situation, die sich nach den jüngsten Berichten auch nicht im Wesentlichen geändert hat (vgl. EASO Country of Origin Information Report Somalia Security Situation, Februar 2016, S. 58 f.), rechtfertigten wohl die Annahme eines bewaffneten Konflikts in der Provinz Hiiraan. Es kommt hierauf jedoch nicht entscheidend an.

Jedenfalls ist der Kläger aufgrund der beschriebenen Konfliktlage als Zivilperson keiner ernsthaften, individuellen Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt. Für die Annahme einer ernsthaften individuellen Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG genügt es nicht, dass der innerstaatliche bewaffnete Konflikt zu permanenten Gefährdungen der Bevölkerung führt (BVerwG, U.v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 -, juris, Rn. 24). Die von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich jedoch individuell verdichten. Eine ernsthafte individuelle Bedrohung für Leib oder Leben kann in erster Linie auf gefahrerhöhenden persönlichen Umständen beruhen. Dies sind solche Umstände, die den Ausländer von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen als andere. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Ausländer als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte - etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit - ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht schon eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt (BVerwG, Urteile v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 33, und v. 17.11.2010 - 10 C 13.10 - juris Rn. 18). Im Ausnahmefall kann eine ernsthafte individuelle Bedrohung von Leib oder Leben aber auch durch eine allgemeine Gefahr hervorgerufen sein, die sich in besonderer Weise zugespitzt hat. Gefahren, denen die Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe eines Landes „allgemein“ ausgesetzt ist, stellen normalerweise zwar keine individuelle Bedrohung dar. Eine Ausnahme davon gilt aber bei besonderer Verdichtung der Gefahr, die unabhängig von individuellen gefahrerhöhenden Umständen zu deren Individualisierung führt. Davon ist auszugehen, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteile v. 17.2.2009 - C-465/07 [Elgafaji] - juris, Rn. 35 und 39, und vom 30.1.2014 - C-285/12 [Diakite] - juris, Rn. 30; BVerwG, Urteile v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris, Rn. 32 und vom 17.11.2011 - 10 C 13.10 - juris, Rn. 19).

Unabhängig davon, ob die individuelle Bedrohungssituation auf persönliche Umstände oder ausnahmsweise auf die allgemeine Lage im Herkunftsland zurückgeht, sind Feststellungen über das Niveau willkürlicher Gewalt in dem jeweiligen Gebiet zu treffen. Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich; liegen gefahrerhöhende persönliche Umstände vor, genügt auch ein geringeres Niveau willkürlicher Gewalt. In beiden Konstellationen ist eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, notwendig (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris, Rn. 33). Es bedarf zudem einer wertenden Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung unter Berücksichtigung der medizinischen Versorgungslage (BVerwG, Urteile v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris, Rn. 33, und v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - juris, Rn. 24). Das Bundesverwaltungsgericht sieht ein Risiko von 1:800, in dem betreffenden Gebiet verletzt oder getötet zu werden, als so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt an, dass auch eine wertende Gesamtbetrachtung am Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nichts zu ändern vermag (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - juris, Rn. 22 f., U.v. 17.11.2011 - 10 C 11/10 - juris, Rn. 20 f. [Risiko von 1:1000]).

Für die Gefahrenprognose ist bei einem nicht landesweiten Konflikt auf den tatsächlichen Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr abzustellen. Für die Frage, welche Region als Zielort seiner Rückkehr anzusehen ist, kommt es weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer aus seinem subjektiven Blickwinkel strebt. Zielort der Abschiebung ist in der Regel seine Herkunftsregion, in die er typischerweise zurückkehren wird (BVerwG, U.v. 14.7.2009 - 10 C 9.08 - juris, Rn. 17 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 17.2.2009 - C-465/07 [Elgafaji]; zum Ganzen Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris = Asylmagazin 2016, 29).

Gemessen an diesen Kriterien fehlt es an einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Klägers bei einer Rückkehr nach ....

Gefahrerhöhende persönliche Umstände, die ihn wegen persönlicher Merkmale einem besonderen Sicherheitsrisiko aussetzen könnten, sind nicht ersichtlich und wurden vom Kläger auch nicht vorgetragen. Der Kläger gehört keiner Risikogruppe an. Gefahrerhöhende Umstände ergeben sich auch nicht bereits aus seiner Situation als Rückkehrer nach einem Auslandsaufenthalt. Zwar sieht die Al-Shabaab Rückkehrer aus westlichen Ländern möglicherweise als Spione der Regierungstruppen an (European Asylum Support Office, EASO Country of Origin Information report - South and Central Somalia - Country Overview, August 2014, S. 106); da sie aber in den unter der Kontrolle der Regierung stehenden Gebieten nicht mehr frei agieren kann und angesichts der Zahl von rückkehrenden Personen - v.a. auch Binnenvertriebene (vgl. European Asylum Support Office, EASO Country of Origin Information Report - South and Central Somalia - Country Overview, August 2014, S. 117; Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation - Somalia - Sicherheitslage, 25. Juli 2013, S. 19) - ergibt sich daraus nicht für jeden Rückkehrer ohne weiteres eine ernsthafte Bedrohung. Der Kläger gehört zudem nicht einem Minderheiten-, sondern einem Mehrheitenclan an, so dass auch unter diesem Aspekt kein gefahrerhöhender persönlicher Umstand angenommen werden kann. Es ist nicht ersichtlich, dass er bereits der Al-Shabaab oder den Polizeikräften besonders aufgefallen ist (vgl. hierzu OVG Rheinland-Pfalz U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris = Asylmagazin 2016, 29).

Auch die allgemeine Lage ist nicht so gefährlich, dass sie sich unabhängig von persönlichen Merkmalen auf jede Zivilperson individualisiert. Die erforderliche Gefahrendichte ist in der Provinz Hiiraan nicht gegeben. Eine genaue Bewertung der Gefahrendichte aufgrund einer quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos durch Gegenüberstellung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen und der Akte willkürlicher Gewalt, erscheint jedoch kaum verlässlich möglich. Die Zahl der Zivilpersonen, die Opfer willkürlicher Gewalt geworden sind, kann kaum annäherungsweise verlässlich geschätzt werden, weil belastbare Zahlen nicht vorhanden sind. Dies betrifft etwa die Frage, ob in den insoweit verfügbaren Aufstellungen die Zählung der „Zivilpersonen“ auch solche Opfer umfasst, die den besonderen Risikogruppen (Politiker, Regierungsmitarbeiter etc.) angehören. Ebenso wird in den Berichten über Vorfälle meist lediglich über die Zahl der Getöteten, nicht aber auch über die der Verletzten berichtet (OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris = Asylmagazin 2016, 29).

Nach dem EASO Security Situation Report (Februar 2016; S. 59) beträgt die Bevölkerung der Provinz Hiiraan nach einer Schätzung der UN und lokaler Behörden ca. 520.685 Einwohner. ..., Hauptstadt der Region Hiiraan, verzeichnete vor allem in den Quartalen Q1 2012 - Q3 2013 ein erhebliches Maß an Vorfällen. Diese Zeit war von einer hohen Zahl an Handgranatenanschlägen geprägt, welche danach drastisch zurückgegangen sind. Die Zahl an Morden und gezielten Attentaten liegt konstant bei durchschnittlich ca. 4 - 5 pro Quartal. Hingegen hat die Zahl an Sprengstoffanschlägen abgenommen; in den Quartalen Q2 2014 - Q2 2015 kam es zu lediglich zwei entsprechenden Vorfällen (Bundesasylamt Österreich, Somalia Lagekarten zur Sicherheitslage vom 12.10.2015 S. 21). Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Anzahl der verzeichneten Vorfälle keine Opfer nach sich zog (etwa Handgranatenanschläge, vereitelte Sprengstoffanschläge etc.), wohingegen andere Vorfälle eine Vielzahl an Opfern hervorriefen (v.a. komplexe Angriffe). Eine Berücksichtigung der genauen Opferzahlen kann dabei wohl wegen der Quellenlage nicht vollzogen werden (Bundesasylamt a. a. O. S. 7). Aufgrund der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen lässt sich für die Annahme, dass die von den Konfliktparteien ausgetragenen kriegerischen Auseinandersetzungen und Anschläge eine solche Gefahrendichte erzeugen, welche die Zuerkennung subsidiären Schutzes rechtfertigen wie z. B. ein Risiko, welches höher als 1:800 liegt, keine hinreichende Wahrscheinlichkeit entnehmen. Dabei ergibt sich insbesondere auch das Bild, dass die Anschläge von Al-Shabaab Regierungsmitarbeitern, Angehörigen von AMISOM, Mitarbeiter internationaler Organisationen, Angehörigen der Sicherheitskräfte, mit der Regierung zusammenarbeitende Personen, Politikern und Deserteuren gelten und Zivilpersonen dabei zufällig zu Opfern werden.

2. Es besteht kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig ist. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hat der Kläger jedoch nicht geltend gemacht, noch ist dies sonstwie ersichtlich.

Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist ebenfalls nicht ersichtlich. Ein solches Abschiebungsverbot ergibt sich für den Kläger nicht angesichts der allgemeinen schlechten Versorgungslage in Somalia. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG sind Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Mangels einer derartigen Abschiebestopp-Anordnung ist die nach den eingeführten Erkenntnisquellen bestehende unzureichende Versorgungslage in Somalia eine allgemeine Gefahr, die aufgrund der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG grundsätzlich nicht rechtfertigen kann. Diese Sperrwirkung kann nur dann im Wege einer verfassungskonformen Auslegung eingeschränkt werden, wenn für den Schutzsuchenden ansonsten eine verfassungswidrige Schutzlücke besteht (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43.07 - juris, Rn. 32 m. w. N.). Im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die den Kläger in Somalia erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, kann er Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Wann danach allgemeine Gefahren zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab. Die drohenden Gefahren müssen nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Die Gefahren müssen dem Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Nach diesem hohen Wahscheinlichkeitsgrad muss eine Abschiebung dann ausgesetzt werden, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“ (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2001 - 1 C 5.01 - BVerwGE 115, 1 m. w. N.). Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. zu alldem BVerwG, U.v. 29.9.2011 - 10 C 24.10 - BVerwGE 137, 226). Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes ist in Süd- und Zentralsomalia die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln nicht gewährleistet; es gibt keinen sozialen Wohnraum oder Sozialhilfe und keine Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 1. Dezember 2015 (Stand: November 2015, S. 16). In allen Städten Süd- und Zentralsomalias ist für den Großteil der Bevölkerung der Zugang zur sozialen Grundversorgung beschränkt. Clan und Familie, einbezogen die weitere Familie, sind nach wie vor die wichtigsten Faktoren bezüglich der Akzeptanz, Sicherheit und dem Zugang zu Grundbedürfnissen wie Wohnung und Essen. Unter Zugrundelegung dieser Umstände ist für den Kläger nicht ersichtlich, dass er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Der Kläger ist ein junger Mann, der einem Mehrheitsclan angehört. Seine Eltern leben noch in ... und werden nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung durch die Unterstützung eines in Dubai lebenden Onkels versorgt. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Familie und der Clan des Klägers im Falle seiner Rückkehr keine Unterstützung gewähren können und wollen. Der Kläger hat auch nichts Gegenteiliges behauptet.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegen.


Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 4. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihm subsidiären Schutz gemäß § 4 Asylgesetz – AsylG – zuzuerkennen, hilfsweise das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz – AufenthG – festzustellen. Des Weiteren wendet er sich gegen die von der Beklagten verfügte Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung.

2

Er stellte am 15. März 2012 bei der Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag und gab an, ein am 1. Januar 1984 geborener somalischer Staatsangehöriger zu sein. Er gehöre dem Stamm der Hawia an und sei in B. geboren. In seinem Herkunftsland habe er Verwandte ersten und zweiten Grades sowie weitere Familienangehörige. Er habe keine berufliche Tätigkeit ausgeübt und sei vier Jahre zu Schule gegangen.

3

Im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt trug der Kläger zur Begründung seines Asylantrags vor: Er habe von 1998 bis 2004 eine Privatschule in Mogadischu besucht, die 15 Dollar pro Monat gekostet habe. Er habe bis 15. Januar 2004 zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern in Mogadischu im Stadtteil Towfiq gelebt. Er sei ledig und habe keine Kinder. Sein Vater habe bis 2006 einen Laden gehabt, in dem er ab und zu geholfen habe. Die Eltern lebten seit 2006 im Flüchtlingslager E. B. Er habe am 15. Januar 2004 sein Heimatland verlassen. Mit dem Auto sei er von Mogadischu nach Addis Adeba und dann weiter nach Karthum und Tripoli gefahren und von dort mit dem Boot am 20. Oktober 2004 nach Malta. Er habe sich drei Jahre in Malta aufgehalten, bis 2. November 2007. Er habe in Malta einen Asylantrag gestellt und eine Aufenthaltserlaubnis beschränkt für ein Jahr erhalten. Er sei mit dem Flugzeug nach Stockholm geflogen und habe auch in Schweden einen Asylantrag gestellt. Im Februar 2008 habe er Schweden verlassen und sei mit dem Bus in die Niederlande gereist, wo er sich sieben Monate aufgehalten habe. Mit dem Zug sei er weiter in die Schweiz gefahren und von dort sei er mit dem Flugzeug nach Malta abgeschoben worden, wo er dann wiederum drei Jahre gewesen sei. Am 24. Februar 2012 habe er Malta mit dem Flugzeug verlassen und sei nach Deutschland eingereist. Sein erster Aufenthalt in Malta habe drei Jahre gedauert, der Aufenthalt nach der Abschiebung aus der Schweiz nochmal drei Jahre. Er sei nicht in Malta geblieben, weil die Aufenthaltserlaubnis beschränkt gewesen sei und er dort keine Lebensperspektive gehabt habe. Die Flüchtlinge seien dort in Feldlagern untergebracht gewesen. Man habe versuchen können, als Tagelöhner zu arbeiten. Er sei ganz selten als Tagelöhner genommen worden. Er habe Unterstützung von einem in England wohnenden Onkel und von in verschiedenen europäischen Ländern lebenden Cousinen und Cousins bekommen. Nach Deutschland sei er mit der Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr eingereist, die er von der maltesischen Regierung bekommen habe. Im Zug von Frankfurt nach Dortmund habe er seine Tasche verloren, in dem das Dokument gewesen sei. Zum Verfolgungsschicksal trug der Kläger vor: Seine Familie habe wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit die Provinz Heran verlassen. In dem Hawia Clan seien sie die Minderheit. Es gebe etliche Zweige der Hawia und die Minderheiten bekämpften sich gegenseitig. Sie seien 1993 geflohen, erst nach Johar. Dort sei sein älterer Bruder getötet worden, von einem sehr einflussreichen Stammesangehörigen der Abgal. Dieser habe seinem Vater gesagt, sie würden nur unter seiner Gnade am Leben bleiben. 1997 hätten sie Johar verlassen müssen und seien nach Mogadischu gekommen. In Mogadischu habe sein Vater Schutzgeld für den Laden zahlen müssen. Dort sei die Mehrheit der Bevölkerung Abgal und Habar Gedir. Sein Vater habe seine Söhne nicht verlieren wollen und gesagt, sie sollten ausreisen. Er, der Kläger, sei erst in Richtung Libyen geflüchtet, ein Bruder nach Uganda und der andere Bruder nach Kenia. Er habe den Mann, der seinen Bruder erschossen habe, in Mogadischu wieder gesehen. Er habe Angst gehabt, dass er auch ihn töten würde. Die Leute, die seinen Bruder getötet hätten, hätten sich nun der Al Shabaab angeschlossen. Er wisse dies von seinem Vater und seinen Geschwistern von der zweiten Frau seines Vaters und der Frau, die dort leben würden und zu denen er noch Kontakt habe.

4

Eine Eurodac-Auswertung am 16. März 2012 ergab einen Treffer der Kategorie 1 in den Niederlanden. Eine Abfrage am 28. Januar 2013 zeigte Treffer der Kategorie 1 in den Niederlanden und in Schweden (Treffer „SE1…“ – 22. November 2007 und „NL1…“ – 03. Juni 2008). Einem Wiederaufnahmegesuch an Schweden stimmten die schwedischen Behörden nicht zu: Der Kläger habe ausweislich einer Eurodac-Anfrage vom Dezember 2007 in Malta am 23. Oktober 2004 einen Asylantrag gestellt. Das damalige schwedische Wiederaufnahmegesuch sei von Malta akzeptiert worden. Der Kläger sei aber dann geflüchtet.

5

Der Asylantrag blieb erfolglos. Mit Bescheid vom 27. Januar 2014 wurde die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt (Ziffer 1), der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt (Ziffer 2), der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt (Ziffer 3). Das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG wurde verneint (Ziffer 4). Der Kläger wurde zur Ausreise innerhalb von 30 Tagen aufgefordert, für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde ihm die Abschiebung nach Somalia angedroht (Ziffer 5). Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen nicht vor. Aus dem Vorbingen des Klägers sei keine Verfolgungsgefahr in Anknüpfung an die Zugehörigkeit zu den Hawia erkennbar und nachvollziehbar geworden. Die Hawia gehörten zu den fünf größten Stämmen in Somalia, auch die Regierung sei mit vielen Angehörigen der Hawia besetzt. Der Vortrag, er habe befürchtet, ein Angehöriger der Abgal, der auch seinen Bruder getötet habe, könne auch ihn töten, sei wirklichkeitsfremd. Subsidiärer Schutz sei ebenso nicht zuzuerkennen. Konfliktbedingte Ereignisse seien nicht so häufig, dass jeder Rückkehrer damit rechnen müsste, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden. Wegen seiner Zugehörigkeit zu einem Mehrheitsstamm sei für den Kläger keine Gefahr für eine erniedrigende oder unmenschliche Behandlung im Fall seiner Rückkehr ersichtlich. Abschiebungsverbote bestünden nicht, weder nach § 60 Abs. 5 noch nach Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Es gebe Bevölkerungsteile in Somalia, die Schwierigkeiten bei der Versorgung und dem Erzielen des wirtschaftlichen Existenzminimums hätten. Insbesondere mittellose Rückkehrer müssten häufig ein Leben am Rande des Existenzminimums führen. Anzeichen für eine derart schlechte Versorgung, dass jeder Rückkehrer alsbald einer extremen Gefahr ausgesetzt wäre, gebe es aber nicht. Der Kläger könne sich zudem der Unterstützung und Hilfe seiner Familie sicher sein.

6

Am 26. Februar 2014 hat der Kläger Klage erhoben und weiter geltend gemacht, seine Verfolgungsgefahr knüpfe an seine Stammes- bzw. Clanzugehörigkeit an und sei für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft relevant. Jedenfalls habe er Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes. In ganz Somalia bestehe weiterhin ein innerstaatlicher Konflikt, der von so hoher Intensität sei, dass er eine ernsthafte Bedrohung für jede Zivilperson darstelle. Zumindest liege ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Grundversorgung sei nicht gesichert. Zudem leide er an chronischer Hepatitis B, die zwar nicht akut behandelt, aber regelmäßig überwacht werden müsse. Es sei nicht ersichtlich, dass dies in Somalia möglich sei.

7

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger noch vorgetragen, sein Bruder sei im Verlauf eines Streits beim Kartenspielen um Geld getötet worden. Seine Familie sei 1998 nach Mogadischu gezogen. Er habe 2003 eine Frau kennengelernt, die durch ihn unehelich schwanger geworden sei. Ihre Familie habe ihn töten wollen. Sie gehörten unterschiedlichen Stämmen der Hawia an. Er habe Angst gehabt und deshalb das Land verlassen wollen. Die Familie aus Yohar, die seinen Bruder getötet habe, sei dann in Mogadischu aufgetaucht. Sie habe von der Schwangerschaft der Frau erfahren und wissen wollen, wo er sei, und seinen Vater verprügelt. Die ganze Familie habe sich deshalb entschlossen zu fliehen, die Eltern nach Kenia, die Geschwister nach Kenia und Uganda. Er habe keine Gelegenheit gehabt, dies bei der Anhörung beim Bundesamt zu sagen. Die Familie aus Yohar sei gekommen, um sie zu vernichten. Er habe auf Malta einen weißen Pass genommen, der für ein Jahr Gültigkeit gehabt habe. Nach seiner Rückkehr habe er eine Verlängerung der Ausweise bekommen. Diese Dokumente habe er im Zug verloren. Er könne nicht nach Somalia zurückgehen, da die Familie aus Yohar immer noch auf ihn warte. Wegen der Hepatitis B-Erkrankung habe er jeden Tag Beschwerden, nämlich Schmerzen an der Leber. Medikamente nehme er keine.

8

Der Kläger hat beantragt,

9

die Beklagte unter Aufhebung der zu den Ziffern 1, 3, 4 und 5 getroffenen Entscheidungen im Bescheid vom 27. Januar 2014 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,

10

hilfsweise ihm subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen,

11

sowie äußerst hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich seiner Abschiebung nach Somalia vorliegen.

12

Die Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Es fehle an einem glaubhaften Vortrag zum Verfolgungsschicksal. Er habe vor dem Bundesamt und dem Gericht völlig unterschiedliche Angaben gemacht. Ein Anspruch auf Feststellung des subsidiären Schutzes bestehe ebenso nicht. Angesichts dessen, dass sein Vorbringen insgesamt nicht glaubhaft sei, könne jedenfalls nicht mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass in der behaupteten Heimatregion des Klägers praktisch jede Zivilperson einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Gefahrerhöhende Umstände seien nicht erkennbar. Mangels glaubhafter Darlegungen bestehe auch kein Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots. Anhaltspunkte für eine extreme Gefahrenlage bei Rückkehr nach Somalia bestünden keine. Der Kläger sei jung und durch den Schulbesuch gut ausgebildet und könne auf die Unterstützung seiner Familie bauen. Die attestierte chronische Hepatitis B stehe einer Rückkehr ebenfalls nicht entgegen. Die Möglichkeit einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustands müsse objektiv gegeben sein und zumindest in die Nähe der lebensgefährlichen Bedrohung reichen, was nicht der Fall sei. Auch die Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung sei nicht zu beanstanden.

15

Der Senat hat auf Antrag des Klägers die Berufung wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs zugelassen, weil das Verwaltungsgericht sich mit den Ausführungen des Klägers zu seiner Aufenthaltserlaubnis auf Malta nicht auseinander gesetzt hat.

16

Der Kläger trägt vor, in Malta sei ihm der subsidiäre Schutz gewährt worden. Im Anschluss habe er Malta verlassen und in Schweden, den Niederlanden und in der Schweiz um Asyl bzw. Schutz gebeten. Von der Schweiz sei er nach Malta abgeschoben worden, wo die Aufenthaltserlaubnis noch einmal verlängert worden sei. Die Beklagte habe kein Verfahren nach der Dublin-II-Verordnung durchgeführt, sondern nach nationalem Recht entschieden, allerdings ohne die Akten aus Malta beizuziehen oder weiter zu prüfen, ob sich aus der dortigen Schutzgewährung Einschränkungen ergäben. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses habe in seinem Urteil vom 17. Juni 2014 (Az.: 10 C 7.13) entschieden, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch einen anderen Mitgliedstaat Bindungswirkung entfalte. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes lägen vor. Es herrsche in Zentral- und Südsomalia nach wie vor Bürgerkrieg und es gebe kaum Schutz vor Übergriffen durch Clan- und andere Milizen sowie bewaffnete Banden. Auch internationale Hilfsorganisationen könnten keinen Schutz bieten, sie müssten ausweislich des Lageberichts des Auswärtigen Amtes vom November 2014 selbst um ihre Mitarbeiter dort bangen. Er sei als Angehöriger der Zivilbevölkerung gefährdet. Er habe Somalia vor 11 Jahren verlassen, sei nicht mehr in die dortigen Clanstrukturen eingebunden und wäre bei einer Rückkehr auf sich alleine gestellt. Dies sei ein individuelles, gefahrerhöhendes Merkmal. Jedenfalls ergebe sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ein nationales Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG, weil die Abschiebung gegen Art. 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention – EMRK – verstoßen würde. In dieser Hinsicht sei eine andere Beurteilung als im Rahmen von § 4 AsylVfG kaum denkbar. Der internationale subsidiäre Schutz, der in § 4 AsylVfG in nationales Recht umgesetzt worden sei, sei bereits zuerkannt, wenn auch von einem anderen Staat. Daher sei konsequenter Weise ein entsprechendes Abschiebeverbot zu bejahen. Hilfsweise liege ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Grundversorgung sei nicht gewährleistet. Es sei nicht ohne weiteres anzunehmen, dass seine Familie noch immer anwesend und bereit sowie in der Lage sei, ihn zu unterstützen.

17

Der Kläger beantragt,

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unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 4. Februar 2015 und Aufhebung von Ziffern 3., 4. und 5. des Bescheides vom 27. Januar 2014 die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen

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hilfsweise,

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festzustellen, dass für ihn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.

21

Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

23

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der Kläger habe nichts unternommen, um die von ihm behauptete Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter durch die Republik Malta zu beweisen. Er habe vorgetragen, sein Reisedokument im Zug verloren zu haben.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2015. Die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die auf Bl. 32 ff. und Bl. 119 ff. der Prozessakte aufgelisteten Unterlagen zu den Verhältnissen in Somalia lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt wird ebenfalls verwiesen.

Entscheidungsgründe

25

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die Klage, über die das Gericht trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden konnte, weil diese ordnungsgemäß geladen war (§ 102 Abs. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –) ist zwar zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).

26

Maßgeblich für die Entscheidung sind gemäß § 77 Abs. 1 Asylgesetz – AsylG – die Vorschriften des Asylgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2010).

27

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere steht der Zulässigkeit des Begehrens nach Zuerkennung subsidiären Schutzes keine bereits im Ausland erfolgte Zuerkennung entgegen. Wurde bereits im Ausland die Rechtsstellung eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne vom § 4 AsylG zuerkannt, so ist ein erneutes Schutzbegehren zwar unzulässig (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7.13 –, BVerwGE 150, 29 und juris, Rn. 28 ff. und Beschluss vom 30. September 2015 – 1 B 51.15 –, S. 3 f. BA). Vorliegend kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger bereits von der Republik Malta ein solcher Schutzstatus zuerkannt worden ist. Der Kläger hat insoweit zwar vorgetragen, ihm sei auf Malta der subsidiäre Schutz gewährt worden; jedoch steht auf der Grundlage dieser Behauptung und unter Zugrundelegung der sonstigen Umstände nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger über eine solche Rechtsstellung verfügt. Er hat insoweit keinerlei Dokumente vorlegen können; eine entsprechende Rechtsstellung ist auch nicht aus den vorliegenden Verwaltungsakten erkennbar.

28

Dabei dürfte zunächst feststehen, dass dem Kläger bei seinem ersten Aufenthalt auf Malta im Zeitraum 2004 bis 2007 kein Aufenthaltstitel erteilt worden ist. Dies ergibt sich daraus, dass Malta dem Wiederaufnahmegesuch von Schweden im Jahr 2007 unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 lit. c) der Dublin-II-Verordnung zugestimmt hat, d.h. wegen des laufenden Verfahrens auf Malta, und nicht auf der Grundlage von Art. 16 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung bei erteiltem Aufenthaltstitel. Aus dem klägerischen Vortrag ergeben sich weiterhin keine darüber hinaus gehenden konkreten Anhaltspunkte, dass ihm im Rahmen seines zweiten Aufenthalts auf Malta der subsidiäre Schutzstatus bzw. ein Aufenthaltstitel erteilt worden ist. Genauso, wie er sich bereits von 2004 bis 2007 ohne einen solchen auf Malta aufgehalten und dort (selten) als Tagelöhner gearbeitet haben kann, kann dies auch ohne weiteres bei seinem zweiten Aufenthalt von der Abschiebung aus der Schweiz (wohl Ende 2008/Anfang 2009) bis 2012 der Fall gewesen sein.

29

Auch der Umstand, dass bei der Eurodac-Abfrage der Beklagten kein Treffer in Bezug auf Malta angezeigt wurde, führt zu keiner anderen Bewertung. Zwar könnte dies darauf hindeuten, dass der Datensatz des Klägers wegen einer Anerkennung als Flüchtling gemäß Art. 12 Abs. 1 der Eurodac-Verordnung gesperrt war. Indes kann dies aber auch ohne weiteres auf anderen Gründen, wie etwa systembedingten oder anwenderbedingten Fehlern beruhen. So ergab sich bei der Abfrage der Beklagten im März 2012 lediglich der Treffer für die Niederlande, während in einer späteren Abfrage Treffer in den Niederlanden und in Schweden angezeigt wurden.

30

Eine weitergehende Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO hat für das Gericht nicht bestanden, weil der klägerische Vortrag – auch nach Hinweis und ausdrücklicher Nachfrage – keine hinreichenden konkreten Anhaltspunkte für eine solche geboten hat (vgl. zur Amtsermittlungspflicht etwa BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2015 – 1 B 2.15 –). Es hätte dem Kläger oblegen, zumindest durch weitere und genauere Angaben zu seinen Aufenthalten auf Malta und den von ihm angeführten Aufenthaltserlaubnissen und Dokumenten konkrete Anhaltspunkte dafür zu bieten, dass sein – aus der Eurodac-Anfrage Schwedens ersichtlicher – am 23. Oktober 2004 gestellter Asylantrag auf Malta dort zu einer Anerkennung geführt hat. Seine Angaben sind ohne weitere Präzisierung so vage geblieben, dass sich aus ihnen keine Anknüpfungspunkte für eine weitere Sachverhaltsermittlung ergeben haben.

31

Mangels Vorliegens einer im Ausland zuerkannten Schutzstellung steht daher auch das Rechtsschutzinteresse für die Zuerkennung nationaler Abschiebungsverbote nicht in Frage (vgl. zur Frage des Rechtsschutzbedürfnisses für die Zuerkennung nationaler Abschiebungsverbote bei bereits erfolgter Gewährung subsidiären Schutzes im Ausland BayVGH, Beschluss vom 18. Juni 2015 – 20 B 15.30017 –, juris, Rn. 14).

32

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (1.) noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes (2.), auch die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung sind nicht zu beanstanden (3.).

33

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter. Die Voraussetzungen des § 4 AsylG liegen nicht vor. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Nach Satz 2 gilt als ernsthafter Schaden die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) sowie – worauf sich der Kläger vorliegend ausschließlich beruft – eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).

34

Nach den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen stellt sich die allgemeine Situation in Somalia aktuell im Wesentlichen wie folgt dar: Somalia ist spätestens seit Beginn des Bürgerkriegs 1991 ohne flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die Autorität der Zentralregierung wird vom nach Unabhängigkeit strebenden „Somaliland“ im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen Al Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Das Land zerfällt faktisch in drei Teile, nämlich das südliche und mittlere Somalia, die Unabhängigkeit beanspruchende „Republik Somaliland“ im Nordwesten und die autonome Region Puntland im Nordosten. In Puntland gibt es eine vergleichsweise stabile Regierung; die Region ist von gewaltsamen Auseinandersetzungen deutlich weniger betroffen als Süd-/Zentralsomalia. In „Somaliland“ wurde im somaliaweiten Vergleich das bislang größte Maß an Sicherheit, Stabilität und Entwicklung erreicht. In Süd- und Zentralsomalia kämpfen die somalischen Sicherheitskräfte mit Unterstützung der Militärmission der Afrikanischen Union AMISOM gegen die Al Shabaab-Miliz. Die Gebiete sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der Al Shabaab-Miliz oder anderer Milizen. Die meisten größeren Städte sind schon längere Zeit in der Hand der Regierung, in den ländlichen Gebieten herrscht oft noch die Al Shabaab. In den „befreiten“ Gebieten, zu denen seit August 2011 auch die Hauptstadt Mogadischu zählt, finden keine direkten kämpferischen Auseinandersetzungen mehr statt. Die Al Shabaab verübt jedoch immer wieder Sprengstoffattentate auf bestimmte Objekte und Personen, bei denen auch Unbeteiligte verletzt oder getötet werden (siehe Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 2. Februar 2015, Stand November 2014, S. 4 f.; Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 25. Juli 2013, S. 29; Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 7; siehe auch EGMR, Urteil vom 5. September 2013 – Nr. 886/11, [K.A.B. ./. Schweden] –, Rn. 87 ff.).

35

Der Senat kann dahinstehen lassen, ob angesichts dessen die Aussage des Klägers zutrifft, in ganz Süd- und Zentralsomalia – und damit auch in der Hauptstadt Mogadischu – herrsche noch ein bewaffneter innerstaatlicher Konflikt (vgl. zur Definition BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, juris, Rn. 22 f. und vom 24. Juni 2008 – 10 C 43.07 –, juris, Rn. 22 ff.). Während das Auswärtige Amt insoweit – ohne Differenzierung danach, ob es sich um „befreite“ Gebiete handelt – dies bejaht (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 2. Februar 2015, Stand November 2014, S. 4 f.: „In Süd- und Zentralsomalia, wo auch die Hauptstadt Mogadischu liegt, herrscht Bürgerkrieg.“), gehen andere Einschätzungen wie das Österreichische Bundesasylamt davon aus, dass sich die generelle Sicherheitssituation für die Bevölkerung Mogadischus verbessert hat. Mogadischu ist danach vielleicht noch nicht befriedet, befindet sich jedoch definitiv nicht im Kriegszustand (Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 25. Juli 2013, S. 43). Weiter wird es als sehr unwahrscheinlich angesehen dass die Al Shabaab unter den gegebenen Umständen in der Lage ist, Mogadischu wieder einzunehmen (vgl. Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 8). Daher ist fraglich, ob für die Region Mogadischu, in der es nicht mehr zu direkten bewaffneten Auseinandersetzungen kommt, noch ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu bejahen ist. Allerdings wird der erreichte Zustand in nahezu allen Berichten als fragil bzw. unbeständig beschrieben (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Somalia: Sicherheitssituation in Mogadischu – Auskunft der SFH-Länderanalyse, 25. Oktober 2013, S. 1; European Asylum Support Office, EASO Somalia seminar, 14 October 2014 – Summaries of Keynotes Presentations, 1. Dezember 2014, S. 4; Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 49). Die Al Shabaab vollzieht nunmehr eine asymetrische Kriegsführung, die insbesondere gezielte Attentate, den Einsatz von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen und überfallartige Angriffe (sog. „hit and run“) umfasst (Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 9; siehe auch European Asylum Support Service, EASO Country of Origin Information report – South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 85; vgl. auch EGMR, Urteil vom 5. September 2013 – Nr. 886/11 [K.A.B. ./. Schweden] –, Rn. 88).

36

Jedenfalls ist der Kläger im hier vorliegenden Einzelfall keiner ernsthaften, individuellen Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt.

37

Für die Annahme einer ernsthaften individuellen Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG genügt es nicht, dass der innerstaatliche bewaffnete Konflikt zu permanenten Gefährdungen der Bevölkerung führt (BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 – 10 C 6.13 –, juris, Rn. 24). Die von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich jedoch individuell verdichten. Eine ernsthafte individuelle Bedrohung für Leib oder Leben kann in erster Linie auf gefahrerhöhenden persönlichen Umständen beruhen. Dies sind solche Umstände, die den Ausländer von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen als andere, etwa weil er von Berufs wegen (z. B. als Arzt oder Journalist) gezwungen ist, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Ausländer als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte – etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit – ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht schon eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt (BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, juris, Rn. 33, und vom 17. November 2010 – 10 C 13.10 –, juris, Rn. 18). Im Ausnahmefall kann eine ernsthafte individuelle Bedrohung von Leib oder Leben aber auch durch eine allgemeine Gefahr hervorgerufen sein, die sich in besonderer Weise zugespitzt hat. Gefahren, denen die Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe eines Landes „allgemein“ ausgesetzt ist, stellen normalerweise zwar keine individuelle Bedrohung dar. Eine Ausnahme davon gilt aber bei besonderer Verdichtung der Gefahr, die unabhängig von individuellen gefahrerhöhenden Umständen zu deren Individualisierung führt. Davon ist auszugehen, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteile vom 17. Februar 2009 – C-465/07 [Elgafaji] –, juris, Rn. 35 und 39, und vom 30. Januar 2014 – C-285/12 [Diakite] –, juris, Rn. 30; BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, juris, Rn. 32 und vom 17. November 2011 – 10 C 13.10 –, juris, Rn. 19).

38

Unabhängig davon, ob die individuelle Bedrohungssituation auf persönliche Umstände oder ausnahmsweise auf die allgemeine Lage im Herkunftsland zurückgeht, sind Feststellungen über das Niveau willkürlicher Gewalt in dem jeweiligen Gebiet zu treffen. Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich; liegen gefahrerhöhende persönliche Umstände vor, genügt auch ein geringeres Niveau willkürlicher Gewalt. In beiden Konstellationen ist eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, notwendig (BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, juris, Rn. 33). Es bedarf zudem einer wertenden Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung unter Berücksichtigung der medizinischen Versorgungslage (BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, juris, Rn. 33, und vom 13. Februar 2014, 10 C 6.13 –, juris, Rn. 24). Das Bundesverwaltungsgericht sieht ein Risiko von 1:800, in dem betreffenden Gebiet verletzt oder getötet zu werden, als so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt an, dass auch eine wertende Gesamtbetrachtung am Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nichts zu ändern vermag (vgl. zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F. BVerwG, Urteil vom 17. November 2011, 10 C 13.10 –, juris, Rn. 22 f. zur Lage in der Provinz Ninive im Irak; siehe auch BVerwG, Urteil vom 17. November 2011 – 10 C 11/10 –, juris, Rn. 20 f. zur Lage in Bagdad [Risiko von 1:1000]).

39

Für die Gefahrenprognose ist bei einem nicht landesweiten Konflikt auf den tatsächlichen Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr abzustellen. Für die Frage, welche Region als Zielort seiner Rückkehr anzusehen ist, kommt es weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer aus seinem subjektiven Blickwinkel strebt. Zielort der Abschiebung ist in der Regel seine Herkunftsregion, in die er typischerweise zurückkehren wird (BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2009 – 10 C 9.08 –, juris, Rn. 17 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 – C-465/07 [Elgafaji]). Dies ist im Fall des Klägers die Hauptstadt Mogadischu. Dort hat der Kläger nach seinen Angaben von 1997 bis 2004 mit seinen Eltern und seinen Geschwistern gelebt, sein Vater hatte dort bis 2006 einen Laden und der Kläger ist dort zur Schule gegangen.

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Gemessen an diesen Kriterien fehlt es an einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Klägers bei einer Rückkehr nach Mogadischu.

41

Gefahrerhöhende persönliche Umstände, die ihn wegen persönlicher Merkmale einem besonderen Sicherheitsrisiko aussetzen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Kläger gehört keiner Risikogruppe an. Gefahrerhöhende Umstände ergeben sich auch nicht bereits aus seiner Situation als Rückkehrer nach einem Auslandsaufenthalt. Zwar sieht die Al Shabaab Rückkehrer aus westlichen Ländern möglicherweise als Spione der Regierungstruppen an (European Asylum Support Office, EASO Country of Origin Information report – South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 106); da sie aber in den unter der Kontrolle der Regierung stehenden Gebieten – wie Mogadischu – nicht mehr frei agieren kann und angesichts der Zahl von rückkehrenden Personen – v.a. auch Binnenvertriebene (vgl. European Asylum Support Office, EASO Country of Origin Information report – South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 117; Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 25. Juli 2013, S. 19) – ergibt sich daraus nicht für jeden Rückkehrer ohne weiteres eine ernsthafte Bedrohung. Der Kläger gehört zudem nicht einem Minderheiten-, sondern einem Mehrheitenclan an, so dass auch unter diesem Aspekt kein gefahrerhöhender persönlicher Umstand angenommen werden kann. Auch ist nicht ersichtlich, dass er bereits der Al Shabaab oder den Polizeikräften besonders aufgefallen ist. Soweit er diesbezüglich vorgetragen hat, die Familie, die seinen Bruder anlässlich eines Kartenspiels um Geld getötet habe, gehöre jetzt der Al Shabaab an und wolle auch ihn töten, so bestehen zum einen angesichts des vom Kläger im Laufe des Verfahrens gesteigerten Vortrags – insbesondere auch im Hinblick auf den Hintergrund der Tötung des Bruders (Kartenspiel um Geld) und die Bedrohung wegen der Schwangerschaft einer Frau – Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieses Vorbringens. Zudem ergibt sich aber aus den Ausführungen des Klägers auch nicht, dass nach nunmehr 11 Jahren immer noch eine ernsthafte Bedrohung bestehe.

42

Auch die allgemeine Lage ist nicht so gefährlich, dass sie sich unabhängig von persönlichen Merkmalen auf jede Zivilperson individualisiert. Die erforderliche Gefahrendichte ist in Mogadischu nicht mehr gegeben. Zwar ist die Sicherheits- und Versorgungslage in Süd- und Zentralsomalia nach wie vor fragil, dennoch zeichnet sich nach den vorliegenden Erkenntnisquellen eine Entwicklung ab, die eine Verbesserung der generellen Sicherheitssituation für die Bevölkerung mit sich gebracht hat, auch wenn dies nicht landesweit gilt.

43

Eine genaue Bewertung der Gefahrendichte aufgrund einer quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos durch Gegenüberstellung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen und der Akte willkürlicher Gewalt, erscheint jedoch kaum verlässlich möglich. Dies beruht bereits darauf, dass es für eine Gesamtbevölkerungszahl als Ausgangsbasis keine gesicherten Zahlen gibt und die entsprechenden Schätzungen erheblich differieren. Zudem kann die Zahl der Zivilpersonen, die Opfer willkürlicher Gewalt geworden sind, kaum annäherungsweise verlässlich geschätzt werden, weil belastbare Zahlen nicht vorhanden sind. Dies betrifft etwa die Frage, ob in den insoweit verfügbaren Aufstellungen die Zählung der „Zivilpersonen“ auch solche Opfer umfasst, die den besonderen Risikogruppen (Politiker, Regierungsmitarbeiter etc.) angehören. Auch wird in den Berichten über Vorfälle meist lediglich über die Zahl der Getöteten, nicht aber auch über die der Verletzten berichtet.

44

Die Gesamtbevölkerung von Mogadischu wird vom Auswärtigen Amt als vermutlich deutlich über eine Million Einwohner einschließlich einer großen Anzahl Binnenvertriebener einschätzt (www.auswaertiges-amt.de). Setzt man zu dieser Einwohnerzahl die sich aus der Aufstellung von ACCORD (Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 3. November 2015) ergebende Zahl der im Jahr 2014 in der gesamten Region Banaadir verzeichneten 739 Vorfälle mit 586 Toten – jedoch bezogen auf alle Konfliktvorfälle, d.h. nicht nur Gewaltvorfälle gegen Zivilpersonen – würde sich unter Zugrundelegung dieser Zahlenwerte ein Tötungsrisiko von etwa 1:1700 (0,0586 %) ergeben, wobei eine Berechnung des Verletzungsrisikos mangels entsprechender verfügbarer Auflistung nicht möglich erscheint.

45

Auch ungeachtet einer quantitativen Bewertung ergibt sich unter Zugrundelegung der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen in Mogadischu keine solche Gefahrendichte, dass jedermann alleine aufgrund seiner Anwesenheit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden. In den Berichten ist regelmäßig von „Verbesserungen“ die Rede, auch wenn dies angesichts der früheren extremen Situation nicht damit gleichgesetzt werden kann, dass keine wesentliche Gefahr für die Zivilbevölkerung mehr gegeben ist. Aus der Hauptstadt Mogadischu wurde die Al Shabaab Miliz im August 2011 vertrieben. Es gelingt ihr zwar immer wieder, Anschläge zu verüben. Diese Anschläge richten sich aber in der Regel gezielt gegen Funktionsträger (vgl. Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 11). Wegen der verdeckten Präsenz der Al Shabaab besteht in Mogadischu für mehrere Risikogruppen (z. B. Regierungsmitarbeiter, Politiker, Sicherheitskräfte etc.) eine Gefahr durch auf Funktionsträger und deren Einrichtungen gerichtete Attentate und Anschläge. Für den einfachen Stadtbewohner droht hingegen als einzige Gefahr, sich „zur falschen Zeit am falschen Ort“ zu befinden und damit Opfer im Rahmen solcher Anschläge zu werden (Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 25. Juli 2013, S. 43). Die Gesamtzahl der zivilen Opfer dürfte daher zu einem nicht unerheblichen Teil Personen mit erhöhten Gefährdungspotentialen betroffen haben. Dies beruht darauf, dass nach bisheriger Erkenntnislage durch die von der Al Shabaab vorgenommene strategische Auswahl der Anschlagsziele bestimmte Berufsgruppen in besonderer Weise betroffen waren: Regierungsmitarbeiter, Mitarbeiter internationaler Organisationen, Angehörige der Sicherheitskräfte, Abgeordnete, mit der Regierung zusammenarbeitende Personen, Politiker. Dies verdeutlichen die nach den vorliegenden Erkenntnisquellen verübten Anschläge (siehe zu den Ereignissen im Jahr 2015 etwa die Aufstellung von ACCORD, ecoi.net-Themendossier: Al Shabaab: Zeitachse von Ereignissen, Stand 22. September 2015: September 2015: Angriff auf einen Militärstützpunkt nahe Mogadischu; August 2015: Bombenanschlag in Mogadischu; Juli 2015: schwerer Bombenanschlag auf das Hotel Jazeera Palace, Anschlag auf zwei Hotels in Mogadischu, wovon sich eines nahe dem somalischen Parlament befindet; Juni 2015: Selbstmordanschlag auf einen diplomatischen Konvoi; April 2015: Explosion einer Autobombe vor einem Restaurant vor dem Central Hotel, in dem sich oft Politiker aufhalten, Angriff auf einen Regierungskomplex u.a. mit einem mit Sprengstoff beladenen Auto; März 2015: Besetzung eines Hotels, Autobombenanschlag vor einem Hotel; Februar 2015: Angriff auf ein Hotel, in dem Regierungsbeamte das Freitagsgebet abgehalten haben, Angriff auf den Präsidentenpalast; Januar 2015: Explosion einer Autobombe vor einem Hotel, in dem Delegierte der Türkei den Besuch des türkischen Präsidenten vorbereiteten, Selbstmordanschlag nahe dem Flughafen; siehe zudem zu Vorfällen in den vergangenen Monaten Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 28. September 2015: Autobombenanschlag nahe dem Präsidentenpalast; Briefing Notes vom 2. November 2015: Angriff auf das Hotel Sahafi). Die Betrachtung der – in den o. g. Aufstellungen von ACCORD auch für die Vorjahre – verzeichneten Anschläge zeigt, dass es die Al Shabaab nicht gezielt auf Zivilisten absieht, insoweit aber Opfer in Kauf nimmt. Die Vorkommnisse, über die berichtet wird, sind insgesamt nicht so häufig und erreichen keine so hohen zivilen Opferzahlen, als davon gesprochen werden könnte, dass jeder Zivilist der weit über eine Million Einwohner zählenden Stadt aufgrund seiner bloßen Anwesenheit gefährdet wäre (siehe dazu auch VG Aachen, Urteile vom 13. April 2015 – 7 K 711/14.A –, juris, und vom 9. November 2015 – 7 K 53/15.A –, juris; VG Regensburg, Urteil vom 27. August 2015 – RO 7 K 15.30680 –; VG Cottbus, Urteil vom 10. September 2015 – VG 5 K 487/15.A –; VG Stade, Urteil vom 5. Oktober 2015 – 3 A 3658/13 –, juris; siehe auch EGMR, Urteil vom 5. September 2013 – Nr. 886/11 [K.A.B. ./. Schweden] –, Rn. 86 ff.; a.A. VG Kassel, Urteil vom 3. März 2015 – 4 K 867/13.KS.A –; VG Göttingen, Urteil vom 21. Juli 2015 – 3 A 626/14 –, juris). Insoweit lässt sich zwar bislang keine wesentliche rückläufige Tendenz der Vorfälle verzeichnen, indes ergeben sich aber auch keine eindeutigen Anhaltspunkte dafür, dass abgesehen von Schwankungen in der Häufigkeit der Vorfälle und der Anzahl der Opfer von einer wesentlichen Trendänderung dahingehend auszugehen ist, dass jeder Zivilperson bereits durch ihre Anwesenheit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den Rechtsgütern Leib oder Leben drohen würde. Jedenfalls lässt sich auch ein staatliches Vorgehen gegen die Al Shabaab verzeichnen, etwa die Aussetzung eines Kopfgeldes von insgesamt 1,3 Mio. USD für 11 ranghohe Funktionsträger der Al Shabaab und ein Großeinsatz somalischer Sicherheitskräfte mit Durchsuchungen in Mogadischu und 60 Festnahmen mutmaßlicher Mitglieder der Al Shabaab (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 13. April 2015 und 15. Juni 2015).

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2. Es besteht kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG (a.) oder nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (b.).

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a. Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht ersichtlich. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig ist. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hat der Kläger lediglich unter dem Gesichtspunkt geltend gemacht, dass wegen der Zuerkennung des subsidiären Schutzes auf Malta und wegen der nahezu identischen Voraussetzungen ein Abschiebungsverbot auch auf dieser Grundlage zu bejahen wäre. Von der Zuerkennung des subsidiären Schutzes auf Malta kann aber nicht ausgegangen werden; für eine darüber hinaus gehende Prüfung hat der Kläger weiter nichts vorgetragen.

48

b. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist ebenfalls nicht ersichtlich.

49

Ein solches Abschiebungsverbot ergibt sich für den Kläger nicht angesichts der allgemeinen schlechten Versorgungslage in Somalia.

50

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG sind Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Mangels einer derartigen Abschiebestopp-Anordnung macht der Kläger mit seinem Hinweis auf die unzureichende Versorgungslage in Somalia allgemeine Gefahren geltend, die aufgrund der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG grundsätzlich nicht rechtfertigen können. Diese Sperrwirkung kann nur dann im Wege einer verfassungskonformen Auslegung eingeschränkt werden, wenn für den Schutzsuchenden ansonsten eine verfassungswidrige Schutzlücke besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2008 – 10 C 43.07 –, juris, Rn. 32 m.w.N.). Im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die den Kläger in Somalia erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, kann er Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz – GG –, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Wann danach allgemeine Gefahren zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab. Die drohenden Gefahren müssen nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Die Gefahren müssen dem Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Nach diesem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad muss eine Abschiebung dann ausgesetzt werden, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde" (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2001 – 1 C 5.01 –, BVerwGE 115, 1 und juris, Rn. 21 m.w.N.). Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. zu alldem BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 – 10 C 24/10 –, BVerwGE 137, 226 und juris, Rn. 12 ff.).

51

Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes ist in Süd- und Zentralsomalia die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln nicht gewährleistet; es gibt keinen sozialen Wohnraum oder Sozialhilfe und keine Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 2. Februar 2015, Stand November 2014, S. 16). In allen Städten Süd- und Zentralsomalias (inklusive Mogadischu) ist für den Großteil der Bevölkerung der Zugang zur sozialen Grundversorgung beschränkt. Clan und Familie, einbezogen die weitere Familie, sind nach wie vor die wichtigsten Faktoren bezüglich der Akzeptanz, Sicherheit und dem Zugang zu Grundbedürfnissen wie Wohnung und Essen. Eine generelle Regel ist es, dass Somalier auch sehr weit entfernten Verwandten helfen, solange eine Clan-Verbindung besteht, vorausgesetzt, sie sind in der Lage, dies zu tun (Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 20). Für Somalier in Mogadischu ist es sehr schwierig, ohne Unterstützung durch ein Netzwerk zu überleben. Insbesondere, wenn sie keinem Clan oder keiner Kernfamilie in dem maßgeblichen Bezirk angehören, sind sie heiklen Existenzbedingungen ausgesetzt. Sie sind oft gezwungen, in Siedlungen für Binnenvertriebene zu leben, wo die Lebensbedingungen erbärmlich sind und gemeinhin von Menschenrechtsverletzungen berichtet wird (Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 26; siehe auch European Asylum Support Service, EASO Country of Origin Information report – South an Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 37 f.; vgl. zu den dortigen Verhältnissen auch EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 – Nr. 8319/07 [Sufi u. Elmi] –, Rn. 303). Es wird weiter aber auch berichtet, dass lokale NGOs Neuankömmlingen helfen können (siehe European Asylum Support Service, EASO Country of Origin Information report – South an Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 118).

52

Unter Zugrundelegung dieser Umstände ist für den Kläger nicht ersichtlich, dass er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Der Kläger ist ein junger Mann, der einem Mehrheitsclan angehört. Er ist durch seinen Schulbesuch gebildet und hat in der Vergangenheit im Laden seines Vaters ausgeholfen und auf Malta (wenn auch selten) als Tagelöhner gearbeitet. Daher ist davon auszugehen, dass er sich durch Gelegenheitsjobs zumindest eine Lebensgrundlage verdienen könnte, die ihm längerfristig ein Leben außerhalb der Vertriebenen- und Flüchtlingssiedlungen ermöglichen kann. Er hat insoweit auch nicht vorgetragen, dass ihn die chronische Hepatitis B-Erkrankung von der Aufnahme jeglicher Tätigkeit abhielte. Zudem hat der Kläger bei der Stellung seines Asylantrags im März 2012 angegeben, Verwandte ersten und zweiten Grades sowie weitere Familienangehörige in Somalia zu haben. Ungeachtet dessen, dass die Angaben zum Verbleib seiner Eltern und Geschwister widersprüchlich sind – in der Anhörung gab der Kläger an, die Eltern lebten im Flüchtlingslager Elesha Biyeha und sein Vater, seine Geschwister von der zweiten Frau des Vaters und die Frau lebten dort und er habe Kontakt zu ihnen, während er in der mündlichen Verhandlung angab, die Eltern seien in Kenia und die Geschwister in Kenia und Uganda, was er in der Anhörung nicht habe sagen können – dürften zumindest Familienangehörige der weiteren Familie noch in Somalia sein. Der Kläger hat weiter angegeben, finanzielle Unterstützung durch einen Onkel aus England und durch in europäischen Ländern lebende Cousinen und Cousins bekommen zu haben; dass eine solche finanzielle Unterstützung nunmehr gänzlich ausgeschlossen sein sollte, hat der Kläger nicht vorgetragen. Auch wenn der Kläger nunmehr seit 11 Jahren nicht mehr in Somalia gewesen ist und er mit den dortigen aktuellen Verhältnissen nicht vertraut sein dürfte, ist davon auszugehen, dass er sich als junger Mann, der in den vergangenen 11 Jahren vielfältige Lebenserfahrungen in unterschiedlichen Ländern gesammelt haben wird und sich auch dort zurecht gefunden hat, auch in Somalia langfristig wieder zurecht finden wird. Daher ist jedenfalls davon auszugehen, dass er auch angesichts der kritischen Lebensbedingungen in Somalia jedenfalls weder der Existenzvernichtung noch schwersten Gesundheitsschäden ausgesetzt sein wird.

53

Auch ein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot liegt nicht vor.

54

Die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des Ausländers aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat verschlimmert, ist in der Regel als individuelle Gefahr einzustufen, die am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung zu prüfen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2006 – 1 C 16.05 –, juris, Rn. 17 m.w.N.). Erforderlich aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist danach, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Ein strengerer Maßstab gilt in Krankheitsfällen ausnahmsweise nur dann, wenn zielstaatsbezogene Verschlimmerungen von Krankheiten als allgemeine Gefahr oder Gruppengefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG zu qualifizieren sind. Dies kommt allerdings bei Erkrankungen nur in Betracht, wenn es – etwa bei Aids – um eine große Anzahl Betroffener im Zielstaat geht und deshalb ein Bedürfnis für eine ausländerpolitische Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 AufenthG besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2006 – 1 C 16.05 –, juris, Rn. 17 m.w.N.). In solchen Fällen kann Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung nur dann gewährt werden, wenn im Abschiebezielstaat für den Ausländer (entweder aufgrund der allgemeinen Verhältnisse oder aufgrund von Besonderheiten im Einzelfall) landesweit eine extrem zugespitzte Gefahr wegen einer notwendigen, aber nicht erlangbaren medizinischen Versorgung zu erwarten ist, wenn mit anderen Worten der betroffene Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (siehe zu alldem BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 –, BVerwGE 127, 33 und juris, Rn. 15 ff. m.w.N.).

55

Offen bleiben kann hier, ob chronische Hepatitis B eine singuläre Krankheit darstellt oder in Somalia wegen einer hohen Verbreitung als allgemeine Gefahr zu qualifizieren wäre (vgl. hinsichtlich der Verbreitung von Hepatitis B in Zentralafrika VG Hamburg, Urteil vom 17. Oktober 2012 – 4 A 88/12 –, juris). Denn dem Kläger droht bereits keine wesentliche Verschlimmerung seiner Erkrankung alsbald nach der Rückkehr, so dass auch bei Annahme einer singulären Krankheit – und damit erst recht bei einer „allgemeinen Gefahr“ – ein Abschiebungsverbot zu verneinen ist.

56

Den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen nach ist die medizinische Versorgung im gesamten Land äußerst mangelhaft (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 2. Februar 2015, Stand November 2014, S. 16). Eine medizinische Grundversorgung ist grundsätzlich erhältlich in den größeren Stadtzentren in Süd- und Zentralsomalia, auch wenn die Qualität und der Zugang zum medizinischen Service örtlichen Unterschieden und Unsicherheiten unterworfen ist (Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 21). In Mogadischu gibt es Krankenhäuser (siehe European Asylum Support Service, EASO Country of Origin Information report – South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 34).

57

Der Kläger ist jung und hat neben der chronischen Erkrankung mit Hepatitis B keine weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen geltend gemacht. Er hat den „Carrier-Status“, d.h. er ist Träger der Hepatitis B, hat aber keinen mehr oder weniger schweren Leberschaden. Er hat zwar vorgetragen, täglich Schmerzen zu haben, eine akute Behandlung oder medikamentöse Therapie ist derzeit nicht erforderlich, vielmehr soll eine regelmäßige Überwachung erfolgen. Seine Erkrankung befindet sich damit in einem Stadium, in dem keine medikamentöse Behandlung erfolgt und noch einige Jahre oder gar Jahrzehnte vergehen können, bevor es zu einer Erkrankung der Leber kommen kann. Bis dahin ist ungewiss, wann die Behandlungsbedürftigkeit eintritt. Aktuell ist er daher – abgesehen von Kontrolluntersuchungen – nicht auf eine medizinische Versorgung in Mogadischu angewiesen. Auch wenn die zunächst erforderlichen Kontrolluntersuchungen in Mogadischu nicht möglich oder für den Kläger nicht zugänglich sein sollten, gibt es derzeit auch keine ernsthaften Anhaltspunkte dafür, dass sich der Gesundheitszustand auch ohne regelmäßige Kontrollen alsbald nach der Rückkehr wesentlich verschlimmern würde. Dass sich der Zustand des Klägers aktuell „auf der Kippe“ zur Behandlungsbedürftigkeit befindet oder eine solche in absehbarer Zeit eintreten wird, ist nicht ersichtlich und auch nicht vom Kläger vorgetragen.

58

3. Damit liegen auch die Voraussetzungen für die Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG vor. Da – wie oben ausgeführt – nicht feststeht, dass dem Kläger auf Malta der unionsrechtliche subsidiäre Schutz zuerkannt worden ist, kann eine solche Zuerkennung der Abschiebungsandrohung nach Somalia auch nicht entgegengehalten werden (vgl. zur Frage einer „Bindungswirkung“ VG Berlin, Urteil vom 1. April 2014 – 33 K 548.13 A –, juris, Rn. 31 ff.).

59

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

60

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordung.

61

Die Revision war nicht zuzulassen, da die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Tenor

I.

Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass der Kläger subsidiär Schutzberechtigter im Sinne von § 4 AsylG ist. Die Abschiebungsandrohung in Nummer 3 des Bescheides vom 18. Oktober 2010 wird aufgehoben.

II.

Die Berufung wird insoweit zurückgewiesen.

III.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

IV.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Jeder Beteiligte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweils andere Beteiligte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt nach rechtskräftiger Einstellung seines Asylverfahrens gemäß §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a. F.) die Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz nach § 4 AsylG, hilfsweise die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (n. F.).

Der Kläger stellte Ende Mai 2010 einen Asylantrag und gab in der Niederschrift dazu am 25. Juni 2010 an, er sei somalischer Staatsangehöriger, am 31. Dezember 1991 in Buulobarde geboren und am 24. Mai 2010 nach Deutschland eingereist. Nachdem in zwei Terminen die dem Kläger zur Identitätsfeststellung abgenommenen Fingerabdrücke wegen Beschädigung der Fingerkuppen nicht verwertbar waren, stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Bescheid vom 18. Oktober 2010 fest, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und stellte das Asylverfahren ein (Ziff. 1). Weiter wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a. F.) nicht vorliegen (Ziff. 2). Schließlich wurde der Kläger unter Androhung der Abschiebung in „den Herkunftsstaat“ aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen (Ziff. 3). Das Bundesamt stützte den Bescheid im Wesentlichen darauf, dass der Kläger der Betreibensaufforderung nicht nachgekommen sei. Er habe weder verwertbare Fingerabdrücke abgegeben noch die angeforderten schriftlichen Angaben zu seinem Reiseweg und zu etwaigen früheren Asylverfahren gemacht. Die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a. F.) scheitere bereits daran, dass für den Kläger kein Herkunftsland habe festgestellt werden können.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 29. Oktober 2010 ließ der Kläger zum Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg Klage erheben (Az. RO 7 K 10.30455) und beantragen, den Bescheid der Beklagten vom 18. Oktober 2010 aufzuheben, hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass beim Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 Aufenthaltsgesetz hinsichtlich Somalia vorliegen.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten gegenüber dem Bundesamt vom 29. Oktober 2010 machte der Kläger Angaben zu seinem Reiseweg nach Deutschland. Einer erneuten Aufforderung zur erkennungsdienstlichen Behandlung im November 2011 kam er nicht nach.

Das Verwaltungsgericht Regensburg hat mit Urteil vom 13. Dezember 2011 den Bescheid des Bundesamts aufgehoben. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten.

Der Beklagtenvertreter erklärte in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren (20 B 12.30349) am 14. Januar 2013, er hebe Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids auf, weil er sich nicht in der Lage sehe, eine positive Feststellung zu treffen, dass Abschiebungsverbote, wohin auch immer, bestünden.

Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 17. Januar 2013 das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg hinsichtlich Ziffer 1 des Bescheids vom 18. Oktober 2010 dahingehend abgeändert, dass die Klage hiergegen abgewiesen wurde. Denn nach Auffassung des Senats lagen die Voraussetzungen des §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG a. F. vor. Insoweit ist das Urteil des Senats rechtskräftig geworden. Daneben hat der Senat die Beklagte entsprechend dem Hilfsantrag des Klägers verpflichtet, ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG (a. F.) hinsichtlich Somalia festzustellen und die Abschiebungsandrohung in Ziffer 3 des Bescheids vom 18. Oktober 2010 aufgehoben.

Das Bundesverwaltungsgericht hat nach Zulassung der Revision mit Urteil vom 13. Februar 2014 (Az. 10 C 6.13) das Urteil des Senats vom 17. Januar 2013 aufgehoben, soweit es die Beklagte zu einer Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG (a. F.) verpflichtete und die Abschiebungsandrohung teilweise aufhob, und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.

Der Senat hat aufgrund mündlicher Verhandlung vom 9. Oktober 2014 mit Beschluss vom 13. Oktober 2014 den Beteiligten aufgegeben, zur Bestimmung des Herkunftsstaates und der Herkunftsregion des Klägers eine Sprachanalyse durchzuführen. In dem auf der Grundlage einer Sprachanalyse erstellten, vom 24. Juni 2015 datierenden Gutachten zur Sprachanalyse kommt der Gutachter des Bundesamtes zu dem Ergebnis, dass der Kläger mit Sicherheit aus Südsomalia stammt. Dies ergebe sich aus der guten Kenntnis lokaler Gegebenheiten und dem von ihm verwendeten Dialekt.

In der weiteren mündlichen Verhandlung am 7. April 2016 wurde der Kläger persönlich zu seinen Lebensumständen in Somalia, seinen Fluchtgründen und seinen Familienverhältnissen angehört. Ein Vertreter der Beklagten ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.

Die Beklagte beantragt:

Die Klage wird unter entsprechender Aufhebung des Urteils des VG Regensburg vom 13. Dezember 2011 (RO 7 K 10.30455) abgewiesen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten und die Niederschriften über die mündlichen Verhandlungen vom 14. Januar 2013, vom 9. Oktober 2014 und vom 7. April 2016 Bezug genommen.

Gründe

Nachdem das Urteil des Senats vom 17. Januar 2013, soweit es die Anfechtungsklage gegen die Ziffer 1 des Bescheids vom 18. Oktober 2010, mit dem die Einstellung des Asylverfahrens nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG verfügt wurde, abgewiesen hat, rechtskräftig geworden ist, ist streitgegenständlich allein die Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung der subsidiären Schutzberechtigung nach § 4 AsylG, hilfsweise von nationalen Abschiebungsverboten (vgl. die vom Klägerbevollmächtigen in der mündlichen Verhandlung vom 7. April 2016 gewählte Wiedergabe des Klageantrags).

Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung, dass er subsidiär Schutzberechtigter nach § 4 AsylG ist. Die dem entgegenstehende Abschiebungsandrohung in Ziffer 3 des Bescheids vom 18. Oktober 2010 ist rechtswidrig und daher aufzuheben.

Der Kläger hat einen Anspruch auf die Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter. Die Voraussetzungen des § 4 AsylG liegen vor. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Nach Satz 2 gilt als ernsthafter Schaden die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) sowie eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).

Der Senat ist aufgrund der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 7. April 2016 und des durchgeführten Sprachgutachtens überzeugt, dass der Kläger aus Buulobarde im gleichnamigen Distrikt der Provinz Hiiraan in Somalia stammt.

Nach den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen stellt sich die allgemeine Situation in Somalia aktuell im Wesentlichen wie folgt dar: Somalia ist spätestens seit Beginn des Bürgerkriegs 1991 ohne flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die Autorität der Zentralregierung wird vom nach Unabhängigkeit strebenden „Somali-land“ im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen Al-Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Das Land zerfällt faktisch in drei Teile, nämlich das südliche und mittlere Somalia, die Unabhängigkeit beanspruchende „Republik Somaliland“ im Nordwesten und die autonome Region Puntland im Nordosten. In Puntland gibt es eine vergleichsweise stabile Regierung; die Region ist von gewaltsamen Auseinandersetzungen deutlich weniger betroffen als Süd-/Zentral-somalia. In „Somaliland“ wurde im somaliaweiten Vergleich das bislang größte Maß an Sicherheit, Stabilität und Entwicklung erreicht. In Süd- und Zentralsomalia kämpfen die somalischen Sicherheitskräfte mit Unterstützung der Militärmission der Afrikanischen Union AMISOM gegen die Al-Shabaab-Miliz. Die Gebiete sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der Al-Shabaab-Miliz oder anderer Milizen. Die meisten größeren Städte sind schon längere Zeit in der Hand der Regierung, in den ländlichen Gebieten herrscht oft noch die Al-Shabaab. In den „befreiten“ Gebieten finden keine direkten kämpferischen Auseinandersetzungen mehr statt. Die Al-Shabaab verübt jedoch immer wieder Sprengstoffattentate auf bestimmte Objekte und Personen, bei denen auch Unbeteiligte verletzt oder getötet werden (siehe Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 1. Dezember 2015 - Stand: November 2015, S. 4 f.; Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation - Somalia - Sicherheitslage, 25. Juli 2013, S. 29; siehe auch EGMR, Urteil vom 5. September 2013 - Nr. 886/11, [K.A.B. ./. Schweden] -, Rn. 87 ff.; BayVGH, U. v. 17.3.2016 - 20 B 13.30233 - juris; Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, U. v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris = Asylmagazin 2016, 29).

In der Heimatregion des Klägers, dem Distrikt Buulobarde in der Provinz Hiiraan, herrscht im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne von § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG. Dieser Begriff ist nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 30. Januar 2014 (C-285/12 - NVwZ 2014, 573) zu der dem § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG zugrunde liegenden Bestimmung des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EG Nr. L 304, S. 19) dahingehend auszulegen, dass ein solcher Konflikt vorliegt, wenn die regulären Streitkräfte eines Staates auf eine oder mehrere bewaffnete Gruppen treffen oder wenn zwei oder mehrere bewaffnete Gruppen aufeinandertreffen (EuGH, U. v. 30.1.2014, a. a. O., Leitsatz 1 und Rn. 28). Dafür, dass ein derartiger Konflikt angenommen werden kann, kommt es weder auf einen bestimmten Organisationsgrad der beteiligten bewaffneten Streitkräfte noch auf eine bestimmte Dauer des Konflikts an. Insbesondere ist für die Annahme eines bewaffneten innerstaatlichen Konflikts auch keine besondere Intensität des Konflikts notwendig (EuGH, U. v. 30.1.2014, a. a. O. Rn. 32 und 34), da die Intensität nur bei der Frage zu berücksichtigen ist, ob der Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht hat, dass er auch zu einer Gefährdung im Sinne des Art. 15 der Richtlinie führt. Durch diese Rechtsprechung ist die des Bundesverwaltungsgerichts zu dieser Frage (vgl. BVerwG, Urteile v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris, Rn. 22 f. und vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, juris, Rn. 22 ff.) überholt.

Nach diesen Maßstäben liegt jedenfalls in der Heimatregion des Klägers insbesondere im Gebiet seiner Heimatstadt Buulobarde ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vor. Nach dem EASO-Bericht zur Sicherheitslage in Somalia vom Februar 2016 (EASO Country of Origin Information Report, Somalia Security Situation, February 2016, S. 58 f.) sind Konfliktparteien in der Heimatregion des Klägers neben der islamisch-fundamentalistischen Al-Shabaab-Miliz, der Somalischen Armee (SNAF) und der Unterstützungsmission der Afrikanischen Union (AMISOM) auch die Äthiopischen Streitkräfte und die ASWJ, eine auf der Seite der Somalischen Regierung stehende Miliz. Daneben bestehen Konflikte zwischen verschiedenen Clans der Region. Während die Al-Shabaab weiterhin den größten Teil der Provinz Hiiraan kontrolliert (Stand September 2015), wurde sie in den Jahren 2014 und 2015 von der somalischen Armee und der AMISOM aus den größeren Städten der Provinz vertrieben, aus Buulobarde konkret im März 2014. Dennoch ist die Al-Shabaab weiterhin in der Lage, in Städten, aus denen sie vertrieben wurde, Angriffe durchzuführen. Sie verlegte sich dementsprechend auf kurze, blitzartige Angriffe („hit-and-run attacks) und gezielte Ermordungen in diesen Städten. Convoys der AMISOM werden von der Al-Shabaab aufgelauert. Daneben führte die Al-Shabaab 2015 auch eine Blockade von Buulobarde durch (EASO Somalia Security Situation a. a. O. S. 59; vgl. auch Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Somalia, Lagekarten zur Sicherheitslage, Wien 12.10.2015, S. 9/10). Dementsprechend zählte das Österreichische Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im ersten Halbjahr 2015 9 bewaffnete Zusammenstöße im Bezirk, im zweiten Halbjahr 2014 gar 24 (Lagekarten zur Sicherheitslage S. 13). Damit liegt ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt jedenfalls vor.

Der Kläger ist aufgrund der beschriebenen Konfliktlage als Zivilperson einer ernsthaften, individuellen Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt. Für die Annahme einer ernsthaften individuellen Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG genügt es nicht, dass der innerstaatliche bewaffnete Konflikt zu permanenten Gefährdungen der Bevölkerung führt (BVerwG, U. v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 -, juris, Rn. 24). Die von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich jedoch individuell verdichten. Eine ernsthafte individuelle Bedrohung für Leib oder Leben kann in erster Linie auf gefahrerhöhenden persönlichen Umständen beruhen. Dies sind solche Umstände, die den Ausländer von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen als andere. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Ausländer als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte - etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit - ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht schon eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt (BVerwG, Urteile v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 33, und v. 17.11.2010 - 10 C 13.10 - juris Rn. 18). Im Ausnahmefall kann eine ernsthafte individuelle Bedrohung von Leib oder Leben aber auch durch eine allgemeine Gefahr hervorgerufen sein, die sich in besonderer Weise zugespitzt hat. Gefahren, denen die Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe eines Landes „allgemein“ ausgesetzt ist, stellen normalerweise zwar keine individuelle Bedrohung dar. Eine Ausnahme davon gilt aber bei besonderer Verdichtung der Gefahr, die unabhängig von individuellen gefahrerhöhenden Umständen zu deren Individualisierung führt. Davon ist auszugehen, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteile v. 17.2.2009 - C-465/07 [Elgafaji] - juris, Rn. 35 und 39, und vom 30.1.2014 - C-285/12 [Diakite] - juris, Rn. 30; BVerwG, Urteile v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris, Rn. 32 und vom 17.11.2011 - 10 C 13.10 - juris, Rn. 19).

Unabhängig davon, ob die individuelle Bedrohungssituation auf persönliche Umstände oder ausnahmsweise auf die allgemeine Lage im Herkunftsland zurückgeht, sind Feststellungen über das Niveau willkürlicher Gewalt in dem jeweiligen Gebiet zu treffen. Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich; liegen gefahrerhöhende persönliche Umstände vor, genügt auch ein geringeres Niveau willkürlicher Gewalt. In beiden Konstellationen ist eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, notwendig (BVerwG, U. v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris, Rn. 33). Es bedarf zudem einer wertenden Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung unter Berücksichtigung der medizinischen Versorgungslage (BVerwG, Urteile v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris, Rn. 33, und v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - juris, Rn. 24). Das Bundesverwaltungsgericht sieht ein Risiko von 1:800, in dem betreffenden Gebiet verletzt oder getötet zu werden, als so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt an, dass auch eine wertende Gesamtbetrachtung am Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nichts zu ändern vermag (vgl. BVerwG, U. v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - juris, Rn. 22 f., U. v. 17.11.2011 - 10 C 11/10 - juris, Rn. 20 f. [Risiko von 1:1000]).

Für die Gefahrenprognose ist bei einem nicht landesweiten Konflikt auf den tatsächlichen Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr abzustellen. Für die Frage, welche Region als Zielort seiner Rückkehr anzusehen ist, kommt es weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer aus seinem subjektiven Blickwinkel strebt. Zielort der Abschiebung ist in der Regel seine Herkunftsregion, in die er typischerweise zurückkehren wird (BVerwG, U. v. 14.7.2009 - 10 C 9.08 - juris, Rn. 17 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 17.2.2009 - C-465/07 [Elgafaji]; zum Ganzen Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, U. v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris = Asylmagazin 2016, 29). Dies ist im vorliegenden Fall die Stadt Buulobarde in der Provinz Hiiraan, da der Kläger nach seinen glaubwürdigen Angaben in der mündlichen Verhandlung am 7. April 2016 von dort stammt und auch seine Familie noch dort lebt. Anhaltspunkte dafür, dass er sich an einem anderen Ort in Somalia niederlassen würde, sind nicht vorhanden.

Eine genaue Bewertung der Gefahrendichte aufgrund einer quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos durch Gegenüberstellung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen und der Akte willkürlicher Gewalt, erscheint jedoch kaum verlässlich möglich. Die Zahl der Zivilpersonen, die Opfer willkürlicher Gewalt geworden sind, kann kaum annäherungsweise verlässlich geschätzt werden, weil belastbare Zahlen nicht vorhanden sind. So stellt auch das österreichische Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in seinen Lagekarten zur Sicherheitslage in Somalia (Stand 12.10.2015, S. 7), bei denen es sich soweit ersichtlich um die detaillierteste und systematischste Aufarbeitung der bekannten sicherheitsrelevanten Vorfälle in Somalia bezogen auf die einzelnen Provinzen und Bezirke handelt, eingangs fest, dass die veröffentlichten Karten und Diagramme keine vollständige und exakte Lage bzw. der Ereignisse bieten könnten. Dies sei im somalischen Kontext aus verständlichen Gründen eine nicht erreichbare Qualität. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass eine Anzahl der verzeichneten Vorfälle keine Opfer nach sich gezogen hätten bzw. andere Vorfälle eine Vielzahl an Opfern hervorgerufen hätten. Eine Berücksichtigung der Opferzahlen sei daher nicht vollzogen worden. In ähnlicher Weise verweist der EASO-Bericht zur Sicherheitslage vom Februar 2016 darauf hin, dass sowohl der UNHCR als auch eine humanitäre internationale NGO im Mai 2015 darauf hingewiesen hätten, dass es einen Mangel an Berichten, insbesondere aus den Gebieten unter Kontrolle der Al-Shabaab, gebe. Daher seien die Informationen aus diesen Gebieten bis zu einem gewissen Grade ungewiss. Auch soweit einzelne Berichte über Vorfälle vorliegen, wird dort meist lediglich über die Getöteten, aber nicht über die Verletzten berichtet (vgl. OVG RhPf, U. v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15, Asylmagazin 2016, 29). Daher muss bei Betrachtung der Auskunftslage angesichts des nach sämtlichen Auskünften sehr hohen Gewaltniveaus von einer erheblichen Dunkelziffer an Verletzten und Getöteten ausgegangen werden. Die vorhandenen Zahlen zu Toten und Verletzten können keineswegs so verstanden werden, dass sie ein vollständiges Bild der Gefahrenlage für Leben und Unversehrtheit von Zivilpersonen in der jeweiligen Region Somalias abgeben.

Nach dem EASO Somalia Security Situation Report (Februar 2016; S. 59) beträgt die Bevölkerung der Provinz Hiiraan nach einer Schätzung der UN und lokaler Behörden ca. 520.685 Einwohner. Im Bezirk Buulobarde hat sich die Sicherheitslage im Zeitraum 07/2014 bis 06/2015 im Vergleich zum Zeitraum 2011-2014 grundsätzlich verschlechtert. Im zweiten Halbjahr 2014 verzeichnete der Bezirk 24 bewaffnete Zusammenstöße, im ersten Halbjahr 2015 immerhin noch 9 (Bundesasylamt Österreich, Somalia Lagekarten zur Sicherheitslage vom 12.10.2015, S. 14-17). Dabei ist jedoch nicht bekannt, wie viele Tote und Verletzte es dabei gab und wie viele Angehörige der Zivilbevölkerung betroffen waren. Ebenso wenig kann eine Berücksichtigung der genauen Opferzahlen wegen der Quellenlage vollzogen werden (Bundesasylamt a. a. O. S. 7). Auch die EASO konstatiert, dass die meiste Gewalt im Jahre 2014 in Buulobarde und den umliegenden Dörfern vorkam, nennt jedoch ebenfalls keine genauen Opferzahlen. Gleiches gilt für die Opfer und Begleitumstände der bereits erwähnten Blockade der Stadt Buulobarde durch die Al-Shabaab. Deren humanitäre Auswirkungen wurden lt. dem EASO Bericht zur Sicherheitssituation zwar durch humanitäre Hilfslieferungen gemildert, die Blockade dauert aber offensichtlich weiter an (EASO Somalia Security Situation a. a. O. S. 61, FN 515-517). Daneben berichtete die UN Monitoring Group on Somalia im Oktober 2015, dass infolge des intensivierten Kampfes gegen Al-Shabaab die Verletzungshandlungen gegenüber Zivilisten anstiegen, als beide Seiten Waffen und Taktiken verwendeten, die in großen zivilen und militärischen Opfern resultierten (EASO Somalia Security Situation a. a. O. S. 25). ACCORD (Austrian Centre for Country of Origin an Asylan Research and Documentation) stellt für die Provinz Hiiraan im Jahr 175 Vorfälle mit 493 Toten fest, u. a. in Buulobarde. Auf die Provinz entfallen damit mehr als 10% der für ganz Somalia gemeldeten 4096 Todesfälle (ACCORD, Somalia Jahr 2015: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location and Event Data Projekt (ACCED), 4. Februar 2016). Darin wird jedoch wiederum darauf hingewiesen, dass es insbesondere bei den Opferzahlen „zur Untererfassung“ kommen kann. Insgesamt lässt sich daher nach der Auskunftslage eine Relation für die Gefährdung des Lebens oder der Unversehrtheit von Zivilpersonen nicht zuverlässig bilden. Nach wertender Betrachtung der Auskunftslage ist sie jedoch als hoch anzusetzen.

Gefahrerhöhende persönliche Umstände, die den Kläger wegen persönlicher Merkmale einem besonderen Sicherheitsrisiko aussetzen könnten, ergeben sich zwar nicht bereits aus seiner Situation als Rückkehrer nach einem Auslandsaufenthalt. Die Al-Shabaab sieht Rückkehrer aus westlichen Ländern möglicherweise als Spione der Regierungstruppen an (European Asylum Support Office, EASO Country of Origin Information report - South and Central Somalia - Country Overview, August 2014, S. 106); da sie aber in den unter der Kontrolle der Regierung stehenden Gebieten nicht mehr frei agieren kann und angesichts der Zahl von rückkehrenden Personen - v.a. auch Binnenvertriebene (vgl. European Asylum Support Office, EASO Country of Origin Information Report - South and Central Somalia - Country Overview, August 2014, S. 117; Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation - Somalia - Sicherheitslage, 25. Juli 2013, S. 19) - ergibt sich daraus nicht für jeden Rückkehrer ohne weiteres eine ernsthafte Bedrohung.

Allerdings bestehen in der Person des Klägers zusätzliche gefahrerhöhende Umstände aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einem Minderheiten-Clan, konkret dem Clan der Tumal, und aufgrund seines glaubwürdigen Vortrags zu den Gründen seiner Ausreise aus Somalia. Der Kläger gab seine Clanzugehörigkeit in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof mit „Gaboye“ an. Demgegenüber wurde in der vor der mündlichen Verhandlung durchgeführten Sprachanalyse der Clan als „Tumal“ bezeichnet. Bei beiden Begriffen handelt es sich jedoch lediglich um unterschiedliche Bezeichnungen für den gleichen somalischen Minderheiten-Clan, für den die handwerkliche Tätigkeit als Schmied oder Metallverarbeiter charakteristisch ist (im Einzelnen vgl. Österreichischer Integrationsfonds (ÖIF) Länderinfo, Die Parias Somalias: Ständische Berufskasten als Basis sozialer Diskriminierung, 2010, S. 23 f.; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Informationszentrum Asyl und Migration, Minderheiten in Somalia, Juli 2010, S. 19). Die Angehörigen dieses Clans sind traditionell in metallverarbeitenden Berufen tätig. Aus der Sicht der somalischen Mehrheiten-Clans handelt es sich dabei um „unedle“ bzw. „unreine“ Berufe, weshalb die Angehörigen der sogenannten Mehrheiten-Clans auf die Tumal herabschauen. In der heutigen Zeit sind sie nicht lediglich, wie der Stammesname Tumal aussagt, als Schmiede tätig, sondern fertigen alle möglichen Gegenstände aus Metall, so z. B. werden auch Schweißarbeiten erbracht oder Arbeiten als Mechaniker ausgeführt. Die Tumal beschränken sich jedoch nicht auf diese Tätigkeiten, sondern werden auch in anderen Berufsfeldern, etwa in der Lederverarbeitung oder als Händler tätig (ÖIF Länderinfo, S. 23). Dies deckt sich mit den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung zu seinem Clan und seiner Familie. Dass der Kläger selbst und sein Vater nicht als Schmied bzw. in einem metallverarbeitenden Beruf tätig waren, ist insoweit unschädlich. Beim Kläger ergibt sich dies bereits daraus, dass er schon im jugendlichen Alter sein Heimatland verließ und daher schon keine Zeit gehabt hatte, ein derartiges Handwerk zu erlernen. Dass sein Vater nicht in einem metallverarbeitenden Beruf, sondern als Landwirt auf den Grundstücken seines Bruders tätig war, ist ebenfalls nach der Auskunftslage plausibel. Denn die Berufskasten wie die Tumal haben in der Zeit seit der Unabhängigkeit Somalias bis zum Sturz Siad Barres davon profitiert, dass das Clansystem in dieser Zeit gegenüber dem somalischen Nationalismus in den Hintergrund getreten ist und auch Angehörige von Minderheiten-Clans gesellschaftlich und wirtschaftlich aufsteigen konnten. Es ist daher durchaus plausibel, dass dies dem Onkel des Klägers gelang mit der Folge, dass er Grundbesitz erwerben konnte. Dieser Grundbesitz musste nun selbstverständlich bewirtschaftet werden, was der Vater des Klägers übernahm (zum Hintergrund vgl. ÖIF, S. 39). Diese abweichende Tätigkeit ändert aber nichts an der Zugehörigkeit des Klägers und seines Vaters zu dem Minderheiten-Clan der Tumal.

Die Minderheiten-Clans werden von den somalischen Mehrheiten-Clans grundsätzlich nicht als gleichwertig angesehen. So dulden die „noblen“ somalischen Mehrheiten-Clans keine Heiratsverbindungen mit Angehörigen der Minderheiten-Clans. Dadurch sind die Minderheiten-Clans sozial isoliert. In der nach dem Sturz Siad Barres eingetretenen Bürgerkriegssituation machte sich dies dahingehend bemerkbar, dass sie weitgehend schutzlos waren, da die bürgerkriegsführenden Parteien sich im Wesentlichen durch eine Zugehörigkeit zu einem Mehrheiten-Clan definierten. Dementsprechend waren und sind die Minderheiten-Clans militärisch schwach. Ihre Verletzlichkeit wird noch dadurch gesteigert, dass sie regelmäßig politisch neutral sind, was dazu führt, dass sie grundsätzlich allen Seiten verdächtig sind. Bei Inbesitznahme einer Region durch einen neuen Warlord wurden sie im Bürgerkrieg häufig beschuldigt, den bisherigen Machthaber zu unterstützen, egal ob dies der Fall war oder nicht (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Minderheiten in Somalia, S. 2). Aufgrund ihrer Stellung im von Clanstrukturen geprägten Gesellschaftssystem Somalias sind die Angehörigen der Minderheiten-Clans daher im gestiegenen Maße gefährdet, zwischen die Fronten der bewaffneten Auseinandersetzungen zu geraten. Betrachtet man die Situation des Klägers bei einer möglichen Rückkehr in seine Heimatstadt, so ist insoweit zu bemerken, dass diese nach der Vertreibung der Al-Shabaab-Milizen zwar von Truppen der somalischen Armee und der AMISOM kontrolliert wird, dominant in der Stadt ist jedoch der Mehrheiten-Clan der Hawadle, wie der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof angab. Gegenüber dieser dominanten Clangruppierung ist der Kläger als Angehöriger eines Minderheiten-Clans von vornherein in einer unterlegenen Situation. Er ist daher im gesteigerten Maße in Gefahr, zwischen die Fronten von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Mehrheiten-Clans und deren Milizen zu geraten, die nach der Auskunftslage auch in der Heimatregion des Klägers trotz der Präsenz von Regierungstruppen stattfinden (EASO, Somalia Security Situation, S. 60).

Hinzu kommt noch als weiteres gefahrerhöhendes Moment, dass der Kläger bereits früher in den Fokus der Al-Shabaab geraten ist. Er hat glaubwürdig angegeben, dass der Grund für seine Ausreise aus Somalia darin gelegen habe, dass er zusammen mit seinem Bruder in Buulobarde eine Art Kino betrieben habe, konkret sei es ein Fernseher mit Satellitenempfänger gewesen. Dies sei der Al-Shabaab ein Dorn im Auge gewesen, weshalb diese ihnen das Betreiben des Kinos verboten hätten. Sein Bruder habe sich geweigert und sei daraufhin von der Al-Shabaab mitgenommen und getötet worden. Seine Mutter habe ihn daher weggeschickt. Die Glaubwürdigkeit dieses Vortrags ergibt sich einerseits daraus, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung ruhig und widerspruchslos den Sachverhalt vorgetragen hat. Auch auf Nachfragen zu eher nebensächlichen Aspekten, wie z. B. der Frage, wie er sich auf dem Lastwagen, mit dem er von seinem Onkel aus der Stadt geschmuggelt wurde, versteckt habe, konnte der Kläger sofort und ohne Zögern eine schlüssige Antwort geben. Der gesamte Sachvortrag des Klägers war daher in sich konsistent und erweckte den Eindruck, dass er über einen selbst erlebten Sachverhalt berichtete. Schließlich ist der Sachverhalt auch vor dem Hintergrund der Ideologie der islamisch-fundamentalistischen Al-Shabaab plausibel. Denn das Betrachten von Fernsehsendungen, unter anderem auch aus dem westlichen Ausland, ist nach deren Ideologie unerwünscht und verdammungswürdig. So konstatiert auch der EASO Bericht zur Sicherheitssituation vom Februar 2016, dass in den Gebieten unter der Kontrolle von Al-Shabaab ein Verbot von Musik, Film, Sport etc. gilt, das bei Verstößen mit empfindlichen Strafen einschließlich Amputation und Enthauptung geahndet wird (a. a. O. S. 19). Dass ein junger Mann, der sich weigert, auf Aufforderung der Al-Shabaab derartige Sendungen nicht weiter der Bevölkerung seines Viertels zugänglich zu machen, in den Augen der Al-Shabaab ein mit dem Tode zu bestrafendes Verbrechen begangen hat, leuchtet ein. Andererseits leuchtet es aber auch ein, dass der Kläger und sein Bruder, da es sich dabei um ihre einzige Einnahmequelle handelte, nicht bereit waren, diese Tätigkeit aufzugeben. Insgesamt bestehen daher keine Zweifel am Vortrag des Klägers. Aufgrund dieses Sachverhalts wäre der Kläger auch bei einer Rückkehr in seine Heimatstadt wieder oder erneut im Fokus der Al-Shabaab. Nachdem nach der Auskunftslage davon auszugehen ist, dass die Al-Shabaab zwar aus Buulobarde vertrieben ist, sie jedoch weiterhin in der Lage ist, auch in der Stadt Angriffe auf einzelne Ziele zu verüben und dies auch tut, besteht die erhebliche Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger einer Gefährdung für Leib und Leben aufgrund der Kampfhandlungen im Rahmen des genannten innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zwischen der Al-Shabaab, Clan-Milizen der herrschenden Clans und der auf der Seite der somalischen Regierung kämpfenden Truppen geraten würde.

Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen.

Über die Kosten des Verfahrens war insgesamt erneut zu entscheiden, da das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 13. Februar 2014 auch die in Ziffer 3 des Urteils des Senats vom 17. Januar 2013 getroffene Kostenentscheidung aufgehoben hat. Soweit die Klage hinsichtlich der in Ziffer 1 des Bescheides vom 18. Oktober 2010 verfügten Einstellung des Asylverfahrens abgewiesen wurde, trägt der Kläger als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens. Soweit der Klage hinsichtlich des subsidiären Schutzstatus stattgegeben wurde unter Aufhebung von Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides, ist die Beklagte der unterlegene Teil im Sinne des § 154 Abs. 1 VwGO mit der Folge, dass das nach § 155 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens hälftig zu teilen waren. Der Senat geht dabei von einer Gleichwertigkeit der Streitgegenstandsteile aus.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegen.


Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 4. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihm subsidiären Schutz gemäß § 4 Asylgesetz – AsylG – zuzuerkennen, hilfsweise das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz – AufenthG – festzustellen. Des Weiteren wendet er sich gegen die von der Beklagten verfügte Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung.

2

Er stellte am 15. März 2012 bei der Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag und gab an, ein am 1. Januar 1984 geborener somalischer Staatsangehöriger zu sein. Er gehöre dem Stamm der Hawia an und sei in B. geboren. In seinem Herkunftsland habe er Verwandte ersten und zweiten Grades sowie weitere Familienangehörige. Er habe keine berufliche Tätigkeit ausgeübt und sei vier Jahre zu Schule gegangen.

3

Im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt trug der Kläger zur Begründung seines Asylantrags vor: Er habe von 1998 bis 2004 eine Privatschule in Mogadischu besucht, die 15 Dollar pro Monat gekostet habe. Er habe bis 15. Januar 2004 zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern in Mogadischu im Stadtteil Towfiq gelebt. Er sei ledig und habe keine Kinder. Sein Vater habe bis 2006 einen Laden gehabt, in dem er ab und zu geholfen habe. Die Eltern lebten seit 2006 im Flüchtlingslager E. B. Er habe am 15. Januar 2004 sein Heimatland verlassen. Mit dem Auto sei er von Mogadischu nach Addis Adeba und dann weiter nach Karthum und Tripoli gefahren und von dort mit dem Boot am 20. Oktober 2004 nach Malta. Er habe sich drei Jahre in Malta aufgehalten, bis 2. November 2007. Er habe in Malta einen Asylantrag gestellt und eine Aufenthaltserlaubnis beschränkt für ein Jahr erhalten. Er sei mit dem Flugzeug nach Stockholm geflogen und habe auch in Schweden einen Asylantrag gestellt. Im Februar 2008 habe er Schweden verlassen und sei mit dem Bus in die Niederlande gereist, wo er sich sieben Monate aufgehalten habe. Mit dem Zug sei er weiter in die Schweiz gefahren und von dort sei er mit dem Flugzeug nach Malta abgeschoben worden, wo er dann wiederum drei Jahre gewesen sei. Am 24. Februar 2012 habe er Malta mit dem Flugzeug verlassen und sei nach Deutschland eingereist. Sein erster Aufenthalt in Malta habe drei Jahre gedauert, der Aufenthalt nach der Abschiebung aus der Schweiz nochmal drei Jahre. Er sei nicht in Malta geblieben, weil die Aufenthaltserlaubnis beschränkt gewesen sei und er dort keine Lebensperspektive gehabt habe. Die Flüchtlinge seien dort in Feldlagern untergebracht gewesen. Man habe versuchen können, als Tagelöhner zu arbeiten. Er sei ganz selten als Tagelöhner genommen worden. Er habe Unterstützung von einem in England wohnenden Onkel und von in verschiedenen europäischen Ländern lebenden Cousinen und Cousins bekommen. Nach Deutschland sei er mit der Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr eingereist, die er von der maltesischen Regierung bekommen habe. Im Zug von Frankfurt nach Dortmund habe er seine Tasche verloren, in dem das Dokument gewesen sei. Zum Verfolgungsschicksal trug der Kläger vor: Seine Familie habe wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit die Provinz Heran verlassen. In dem Hawia Clan seien sie die Minderheit. Es gebe etliche Zweige der Hawia und die Minderheiten bekämpften sich gegenseitig. Sie seien 1993 geflohen, erst nach Johar. Dort sei sein älterer Bruder getötet worden, von einem sehr einflussreichen Stammesangehörigen der Abgal. Dieser habe seinem Vater gesagt, sie würden nur unter seiner Gnade am Leben bleiben. 1997 hätten sie Johar verlassen müssen und seien nach Mogadischu gekommen. In Mogadischu habe sein Vater Schutzgeld für den Laden zahlen müssen. Dort sei die Mehrheit der Bevölkerung Abgal und Habar Gedir. Sein Vater habe seine Söhne nicht verlieren wollen und gesagt, sie sollten ausreisen. Er, der Kläger, sei erst in Richtung Libyen geflüchtet, ein Bruder nach Uganda und der andere Bruder nach Kenia. Er habe den Mann, der seinen Bruder erschossen habe, in Mogadischu wieder gesehen. Er habe Angst gehabt, dass er auch ihn töten würde. Die Leute, die seinen Bruder getötet hätten, hätten sich nun der Al Shabaab angeschlossen. Er wisse dies von seinem Vater und seinen Geschwistern von der zweiten Frau seines Vaters und der Frau, die dort leben würden und zu denen er noch Kontakt habe.

4

Eine Eurodac-Auswertung am 16. März 2012 ergab einen Treffer der Kategorie 1 in den Niederlanden. Eine Abfrage am 28. Januar 2013 zeigte Treffer der Kategorie 1 in den Niederlanden und in Schweden (Treffer „SE1…“ – 22. November 2007 und „NL1…“ – 03. Juni 2008). Einem Wiederaufnahmegesuch an Schweden stimmten die schwedischen Behörden nicht zu: Der Kläger habe ausweislich einer Eurodac-Anfrage vom Dezember 2007 in Malta am 23. Oktober 2004 einen Asylantrag gestellt. Das damalige schwedische Wiederaufnahmegesuch sei von Malta akzeptiert worden. Der Kläger sei aber dann geflüchtet.

5

Der Asylantrag blieb erfolglos. Mit Bescheid vom 27. Januar 2014 wurde die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt (Ziffer 1), der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt (Ziffer 2), der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt (Ziffer 3). Das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG wurde verneint (Ziffer 4). Der Kläger wurde zur Ausreise innerhalb von 30 Tagen aufgefordert, für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde ihm die Abschiebung nach Somalia angedroht (Ziffer 5). Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen nicht vor. Aus dem Vorbingen des Klägers sei keine Verfolgungsgefahr in Anknüpfung an die Zugehörigkeit zu den Hawia erkennbar und nachvollziehbar geworden. Die Hawia gehörten zu den fünf größten Stämmen in Somalia, auch die Regierung sei mit vielen Angehörigen der Hawia besetzt. Der Vortrag, er habe befürchtet, ein Angehöriger der Abgal, der auch seinen Bruder getötet habe, könne auch ihn töten, sei wirklichkeitsfremd. Subsidiärer Schutz sei ebenso nicht zuzuerkennen. Konfliktbedingte Ereignisse seien nicht so häufig, dass jeder Rückkehrer damit rechnen müsste, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden. Wegen seiner Zugehörigkeit zu einem Mehrheitsstamm sei für den Kläger keine Gefahr für eine erniedrigende oder unmenschliche Behandlung im Fall seiner Rückkehr ersichtlich. Abschiebungsverbote bestünden nicht, weder nach § 60 Abs. 5 noch nach Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Es gebe Bevölkerungsteile in Somalia, die Schwierigkeiten bei der Versorgung und dem Erzielen des wirtschaftlichen Existenzminimums hätten. Insbesondere mittellose Rückkehrer müssten häufig ein Leben am Rande des Existenzminimums führen. Anzeichen für eine derart schlechte Versorgung, dass jeder Rückkehrer alsbald einer extremen Gefahr ausgesetzt wäre, gebe es aber nicht. Der Kläger könne sich zudem der Unterstützung und Hilfe seiner Familie sicher sein.

6

Am 26. Februar 2014 hat der Kläger Klage erhoben und weiter geltend gemacht, seine Verfolgungsgefahr knüpfe an seine Stammes- bzw. Clanzugehörigkeit an und sei für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft relevant. Jedenfalls habe er Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes. In ganz Somalia bestehe weiterhin ein innerstaatlicher Konflikt, der von so hoher Intensität sei, dass er eine ernsthafte Bedrohung für jede Zivilperson darstelle. Zumindest liege ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Grundversorgung sei nicht gesichert. Zudem leide er an chronischer Hepatitis B, die zwar nicht akut behandelt, aber regelmäßig überwacht werden müsse. Es sei nicht ersichtlich, dass dies in Somalia möglich sei.

7

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger noch vorgetragen, sein Bruder sei im Verlauf eines Streits beim Kartenspielen um Geld getötet worden. Seine Familie sei 1998 nach Mogadischu gezogen. Er habe 2003 eine Frau kennengelernt, die durch ihn unehelich schwanger geworden sei. Ihre Familie habe ihn töten wollen. Sie gehörten unterschiedlichen Stämmen der Hawia an. Er habe Angst gehabt und deshalb das Land verlassen wollen. Die Familie aus Yohar, die seinen Bruder getötet habe, sei dann in Mogadischu aufgetaucht. Sie habe von der Schwangerschaft der Frau erfahren und wissen wollen, wo er sei, und seinen Vater verprügelt. Die ganze Familie habe sich deshalb entschlossen zu fliehen, die Eltern nach Kenia, die Geschwister nach Kenia und Uganda. Er habe keine Gelegenheit gehabt, dies bei der Anhörung beim Bundesamt zu sagen. Die Familie aus Yohar sei gekommen, um sie zu vernichten. Er habe auf Malta einen weißen Pass genommen, der für ein Jahr Gültigkeit gehabt habe. Nach seiner Rückkehr habe er eine Verlängerung der Ausweise bekommen. Diese Dokumente habe er im Zug verloren. Er könne nicht nach Somalia zurückgehen, da die Familie aus Yohar immer noch auf ihn warte. Wegen der Hepatitis B-Erkrankung habe er jeden Tag Beschwerden, nämlich Schmerzen an der Leber. Medikamente nehme er keine.

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Der Kläger hat beantragt,

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die Beklagte unter Aufhebung der zu den Ziffern 1, 3, 4 und 5 getroffenen Entscheidungen im Bescheid vom 27. Januar 2014 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,

10

hilfsweise ihm subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen,

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sowie äußerst hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich seiner Abschiebung nach Somalia vorliegen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

14

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Es fehle an einem glaubhaften Vortrag zum Verfolgungsschicksal. Er habe vor dem Bundesamt und dem Gericht völlig unterschiedliche Angaben gemacht. Ein Anspruch auf Feststellung des subsidiären Schutzes bestehe ebenso nicht. Angesichts dessen, dass sein Vorbringen insgesamt nicht glaubhaft sei, könne jedenfalls nicht mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass in der behaupteten Heimatregion des Klägers praktisch jede Zivilperson einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Gefahrerhöhende Umstände seien nicht erkennbar. Mangels glaubhafter Darlegungen bestehe auch kein Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots. Anhaltspunkte für eine extreme Gefahrenlage bei Rückkehr nach Somalia bestünden keine. Der Kläger sei jung und durch den Schulbesuch gut ausgebildet und könne auf die Unterstützung seiner Familie bauen. Die attestierte chronische Hepatitis B stehe einer Rückkehr ebenfalls nicht entgegen. Die Möglichkeit einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustands müsse objektiv gegeben sein und zumindest in die Nähe der lebensgefährlichen Bedrohung reichen, was nicht der Fall sei. Auch die Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung sei nicht zu beanstanden.

15

Der Senat hat auf Antrag des Klägers die Berufung wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs zugelassen, weil das Verwaltungsgericht sich mit den Ausführungen des Klägers zu seiner Aufenthaltserlaubnis auf Malta nicht auseinander gesetzt hat.

16

Der Kläger trägt vor, in Malta sei ihm der subsidiäre Schutz gewährt worden. Im Anschluss habe er Malta verlassen und in Schweden, den Niederlanden und in der Schweiz um Asyl bzw. Schutz gebeten. Von der Schweiz sei er nach Malta abgeschoben worden, wo die Aufenthaltserlaubnis noch einmal verlängert worden sei. Die Beklagte habe kein Verfahren nach der Dublin-II-Verordnung durchgeführt, sondern nach nationalem Recht entschieden, allerdings ohne die Akten aus Malta beizuziehen oder weiter zu prüfen, ob sich aus der dortigen Schutzgewährung Einschränkungen ergäben. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses habe in seinem Urteil vom 17. Juni 2014 (Az.: 10 C 7.13) entschieden, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch einen anderen Mitgliedstaat Bindungswirkung entfalte. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes lägen vor. Es herrsche in Zentral- und Südsomalia nach wie vor Bürgerkrieg und es gebe kaum Schutz vor Übergriffen durch Clan- und andere Milizen sowie bewaffnete Banden. Auch internationale Hilfsorganisationen könnten keinen Schutz bieten, sie müssten ausweislich des Lageberichts des Auswärtigen Amtes vom November 2014 selbst um ihre Mitarbeiter dort bangen. Er sei als Angehöriger der Zivilbevölkerung gefährdet. Er habe Somalia vor 11 Jahren verlassen, sei nicht mehr in die dortigen Clanstrukturen eingebunden und wäre bei einer Rückkehr auf sich alleine gestellt. Dies sei ein individuelles, gefahrerhöhendes Merkmal. Jedenfalls ergebe sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ein nationales Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG, weil die Abschiebung gegen Art. 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention – EMRK – verstoßen würde. In dieser Hinsicht sei eine andere Beurteilung als im Rahmen von § 4 AsylVfG kaum denkbar. Der internationale subsidiäre Schutz, der in § 4 AsylVfG in nationales Recht umgesetzt worden sei, sei bereits zuerkannt, wenn auch von einem anderen Staat. Daher sei konsequenter Weise ein entsprechendes Abschiebeverbot zu bejahen. Hilfsweise liege ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Grundversorgung sei nicht gewährleistet. Es sei nicht ohne weiteres anzunehmen, dass seine Familie noch immer anwesend und bereit sowie in der Lage sei, ihn zu unterstützen.

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Der Kläger beantragt,

18

unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 4. Februar 2015 und Aufhebung von Ziffern 3., 4. und 5. des Bescheides vom 27. Januar 2014 die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen

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hilfsweise,

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festzustellen, dass für ihn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.

21

Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

23

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der Kläger habe nichts unternommen, um die von ihm behauptete Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter durch die Republik Malta zu beweisen. Er habe vorgetragen, sein Reisedokument im Zug verloren zu haben.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2015. Die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die auf Bl. 32 ff. und Bl. 119 ff. der Prozessakte aufgelisteten Unterlagen zu den Verhältnissen in Somalia lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt wird ebenfalls verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die Klage, über die das Gericht trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden konnte, weil diese ordnungsgemäß geladen war (§ 102 Abs. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –) ist zwar zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).

26

Maßgeblich für die Entscheidung sind gemäß § 77 Abs. 1 Asylgesetz – AsylG – die Vorschriften des Asylgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2010).

27

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere steht der Zulässigkeit des Begehrens nach Zuerkennung subsidiären Schutzes keine bereits im Ausland erfolgte Zuerkennung entgegen. Wurde bereits im Ausland die Rechtsstellung eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne vom § 4 AsylG zuerkannt, so ist ein erneutes Schutzbegehren zwar unzulässig (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7.13 –, BVerwGE 150, 29 und juris, Rn. 28 ff. und Beschluss vom 30. September 2015 – 1 B 51.15 –, S. 3 f. BA). Vorliegend kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger bereits von der Republik Malta ein solcher Schutzstatus zuerkannt worden ist. Der Kläger hat insoweit zwar vorgetragen, ihm sei auf Malta der subsidiäre Schutz gewährt worden; jedoch steht auf der Grundlage dieser Behauptung und unter Zugrundelegung der sonstigen Umstände nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger über eine solche Rechtsstellung verfügt. Er hat insoweit keinerlei Dokumente vorlegen können; eine entsprechende Rechtsstellung ist auch nicht aus den vorliegenden Verwaltungsakten erkennbar.

28

Dabei dürfte zunächst feststehen, dass dem Kläger bei seinem ersten Aufenthalt auf Malta im Zeitraum 2004 bis 2007 kein Aufenthaltstitel erteilt worden ist. Dies ergibt sich daraus, dass Malta dem Wiederaufnahmegesuch von Schweden im Jahr 2007 unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 lit. c) der Dublin-II-Verordnung zugestimmt hat, d.h. wegen des laufenden Verfahrens auf Malta, und nicht auf der Grundlage von Art. 16 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung bei erteiltem Aufenthaltstitel. Aus dem klägerischen Vortrag ergeben sich weiterhin keine darüber hinaus gehenden konkreten Anhaltspunkte, dass ihm im Rahmen seines zweiten Aufenthalts auf Malta der subsidiäre Schutzstatus bzw. ein Aufenthaltstitel erteilt worden ist. Genauso, wie er sich bereits von 2004 bis 2007 ohne einen solchen auf Malta aufgehalten und dort (selten) als Tagelöhner gearbeitet haben kann, kann dies auch ohne weiteres bei seinem zweiten Aufenthalt von der Abschiebung aus der Schweiz (wohl Ende 2008/Anfang 2009) bis 2012 der Fall gewesen sein.

29

Auch der Umstand, dass bei der Eurodac-Abfrage der Beklagten kein Treffer in Bezug auf Malta angezeigt wurde, führt zu keiner anderen Bewertung. Zwar könnte dies darauf hindeuten, dass der Datensatz des Klägers wegen einer Anerkennung als Flüchtling gemäß Art. 12 Abs. 1 der Eurodac-Verordnung gesperrt war. Indes kann dies aber auch ohne weiteres auf anderen Gründen, wie etwa systembedingten oder anwenderbedingten Fehlern beruhen. So ergab sich bei der Abfrage der Beklagten im März 2012 lediglich der Treffer für die Niederlande, während in einer späteren Abfrage Treffer in den Niederlanden und in Schweden angezeigt wurden.

30

Eine weitergehende Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO hat für das Gericht nicht bestanden, weil der klägerische Vortrag – auch nach Hinweis und ausdrücklicher Nachfrage – keine hinreichenden konkreten Anhaltspunkte für eine solche geboten hat (vgl. zur Amtsermittlungspflicht etwa BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2015 – 1 B 2.15 –). Es hätte dem Kläger oblegen, zumindest durch weitere und genauere Angaben zu seinen Aufenthalten auf Malta und den von ihm angeführten Aufenthaltserlaubnissen und Dokumenten konkrete Anhaltspunkte dafür zu bieten, dass sein – aus der Eurodac-Anfrage Schwedens ersichtlicher – am 23. Oktober 2004 gestellter Asylantrag auf Malta dort zu einer Anerkennung geführt hat. Seine Angaben sind ohne weitere Präzisierung so vage geblieben, dass sich aus ihnen keine Anknüpfungspunkte für eine weitere Sachverhaltsermittlung ergeben haben.

31

Mangels Vorliegens einer im Ausland zuerkannten Schutzstellung steht daher auch das Rechtsschutzinteresse für die Zuerkennung nationaler Abschiebungsverbote nicht in Frage (vgl. zur Frage des Rechtsschutzbedürfnisses für die Zuerkennung nationaler Abschiebungsverbote bei bereits erfolgter Gewährung subsidiären Schutzes im Ausland BayVGH, Beschluss vom 18. Juni 2015 – 20 B 15.30017 –, juris, Rn. 14).

32

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (1.) noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes (2.), auch die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung sind nicht zu beanstanden (3.).

33

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter. Die Voraussetzungen des § 4 AsylG liegen nicht vor. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Nach Satz 2 gilt als ernsthafter Schaden die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) sowie – worauf sich der Kläger vorliegend ausschließlich beruft – eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).

34

Nach den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen stellt sich die allgemeine Situation in Somalia aktuell im Wesentlichen wie folgt dar: Somalia ist spätestens seit Beginn des Bürgerkriegs 1991 ohne flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die Autorität der Zentralregierung wird vom nach Unabhängigkeit strebenden „Somaliland“ im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen Al Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Das Land zerfällt faktisch in drei Teile, nämlich das südliche und mittlere Somalia, die Unabhängigkeit beanspruchende „Republik Somaliland“ im Nordwesten und die autonome Region Puntland im Nordosten. In Puntland gibt es eine vergleichsweise stabile Regierung; die Region ist von gewaltsamen Auseinandersetzungen deutlich weniger betroffen als Süd-/Zentralsomalia. In „Somaliland“ wurde im somaliaweiten Vergleich das bislang größte Maß an Sicherheit, Stabilität und Entwicklung erreicht. In Süd- und Zentralsomalia kämpfen die somalischen Sicherheitskräfte mit Unterstützung der Militärmission der Afrikanischen Union AMISOM gegen die Al Shabaab-Miliz. Die Gebiete sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der Al Shabaab-Miliz oder anderer Milizen. Die meisten größeren Städte sind schon längere Zeit in der Hand der Regierung, in den ländlichen Gebieten herrscht oft noch die Al Shabaab. In den „befreiten“ Gebieten, zu denen seit August 2011 auch die Hauptstadt Mogadischu zählt, finden keine direkten kämpferischen Auseinandersetzungen mehr statt. Die Al Shabaab verübt jedoch immer wieder Sprengstoffattentate auf bestimmte Objekte und Personen, bei denen auch Unbeteiligte verletzt oder getötet werden (siehe Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 2. Februar 2015, Stand November 2014, S. 4 f.; Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 25. Juli 2013, S. 29; Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 7; siehe auch EGMR, Urteil vom 5. September 2013 – Nr. 886/11, [K.A.B. ./. Schweden] –, Rn. 87 ff.).

35

Der Senat kann dahinstehen lassen, ob angesichts dessen die Aussage des Klägers zutrifft, in ganz Süd- und Zentralsomalia – und damit auch in der Hauptstadt Mogadischu – herrsche noch ein bewaffneter innerstaatlicher Konflikt (vgl. zur Definition BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, juris, Rn. 22 f. und vom 24. Juni 2008 – 10 C 43.07 –, juris, Rn. 22 ff.). Während das Auswärtige Amt insoweit – ohne Differenzierung danach, ob es sich um „befreite“ Gebiete handelt – dies bejaht (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 2. Februar 2015, Stand November 2014, S. 4 f.: „In Süd- und Zentralsomalia, wo auch die Hauptstadt Mogadischu liegt, herrscht Bürgerkrieg.“), gehen andere Einschätzungen wie das Österreichische Bundesasylamt davon aus, dass sich die generelle Sicherheitssituation für die Bevölkerung Mogadischus verbessert hat. Mogadischu ist danach vielleicht noch nicht befriedet, befindet sich jedoch definitiv nicht im Kriegszustand (Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 25. Juli 2013, S. 43). Weiter wird es als sehr unwahrscheinlich angesehen dass die Al Shabaab unter den gegebenen Umständen in der Lage ist, Mogadischu wieder einzunehmen (vgl. Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 8). Daher ist fraglich, ob für die Region Mogadischu, in der es nicht mehr zu direkten bewaffneten Auseinandersetzungen kommt, noch ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu bejahen ist. Allerdings wird der erreichte Zustand in nahezu allen Berichten als fragil bzw. unbeständig beschrieben (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Somalia: Sicherheitssituation in Mogadischu – Auskunft der SFH-Länderanalyse, 25. Oktober 2013, S. 1; European Asylum Support Office, EASO Somalia seminar, 14 October 2014 – Summaries of Keynotes Presentations, 1. Dezember 2014, S. 4; Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 49). Die Al Shabaab vollzieht nunmehr eine asymetrische Kriegsführung, die insbesondere gezielte Attentate, den Einsatz von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen und überfallartige Angriffe (sog. „hit and run“) umfasst (Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 9; siehe auch European Asylum Support Service, EASO Country of Origin Information report – South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 85; vgl. auch EGMR, Urteil vom 5. September 2013 – Nr. 886/11 [K.A.B. ./. Schweden] –, Rn. 88).

36

Jedenfalls ist der Kläger im hier vorliegenden Einzelfall keiner ernsthaften, individuellen Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt.

37

Für die Annahme einer ernsthaften individuellen Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG genügt es nicht, dass der innerstaatliche bewaffnete Konflikt zu permanenten Gefährdungen der Bevölkerung führt (BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 – 10 C 6.13 –, juris, Rn. 24). Die von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich jedoch individuell verdichten. Eine ernsthafte individuelle Bedrohung für Leib oder Leben kann in erster Linie auf gefahrerhöhenden persönlichen Umständen beruhen. Dies sind solche Umstände, die den Ausländer von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen als andere, etwa weil er von Berufs wegen (z. B. als Arzt oder Journalist) gezwungen ist, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Ausländer als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte – etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit – ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht schon eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt (BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, juris, Rn. 33, und vom 17. November 2010 – 10 C 13.10 –, juris, Rn. 18). Im Ausnahmefall kann eine ernsthafte individuelle Bedrohung von Leib oder Leben aber auch durch eine allgemeine Gefahr hervorgerufen sein, die sich in besonderer Weise zugespitzt hat. Gefahren, denen die Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe eines Landes „allgemein“ ausgesetzt ist, stellen normalerweise zwar keine individuelle Bedrohung dar. Eine Ausnahme davon gilt aber bei besonderer Verdichtung der Gefahr, die unabhängig von individuellen gefahrerhöhenden Umständen zu deren Individualisierung führt. Davon ist auszugehen, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteile vom 17. Februar 2009 – C-465/07 [Elgafaji] –, juris, Rn. 35 und 39, und vom 30. Januar 2014 – C-285/12 [Diakite] –, juris, Rn. 30; BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, juris, Rn. 32 und vom 17. November 2011 – 10 C 13.10 –, juris, Rn. 19).

38

Unabhängig davon, ob die individuelle Bedrohungssituation auf persönliche Umstände oder ausnahmsweise auf die allgemeine Lage im Herkunftsland zurückgeht, sind Feststellungen über das Niveau willkürlicher Gewalt in dem jeweiligen Gebiet zu treffen. Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich; liegen gefahrerhöhende persönliche Umstände vor, genügt auch ein geringeres Niveau willkürlicher Gewalt. In beiden Konstellationen ist eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, notwendig (BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, juris, Rn. 33). Es bedarf zudem einer wertenden Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung unter Berücksichtigung der medizinischen Versorgungslage (BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, juris, Rn. 33, und vom 13. Februar 2014, 10 C 6.13 –, juris, Rn. 24). Das Bundesverwaltungsgericht sieht ein Risiko von 1:800, in dem betreffenden Gebiet verletzt oder getötet zu werden, als so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt an, dass auch eine wertende Gesamtbetrachtung am Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nichts zu ändern vermag (vgl. zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F. BVerwG, Urteil vom 17. November 2011, 10 C 13.10 –, juris, Rn. 22 f. zur Lage in der Provinz Ninive im Irak; siehe auch BVerwG, Urteil vom 17. November 2011 – 10 C 11/10 –, juris, Rn. 20 f. zur Lage in Bagdad [Risiko von 1:1000]).

39

Für die Gefahrenprognose ist bei einem nicht landesweiten Konflikt auf den tatsächlichen Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr abzustellen. Für die Frage, welche Region als Zielort seiner Rückkehr anzusehen ist, kommt es weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer aus seinem subjektiven Blickwinkel strebt. Zielort der Abschiebung ist in der Regel seine Herkunftsregion, in die er typischerweise zurückkehren wird (BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2009 – 10 C 9.08 –, juris, Rn. 17 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 – C-465/07 [Elgafaji]). Dies ist im Fall des Klägers die Hauptstadt Mogadischu. Dort hat der Kläger nach seinen Angaben von 1997 bis 2004 mit seinen Eltern und seinen Geschwistern gelebt, sein Vater hatte dort bis 2006 einen Laden und der Kläger ist dort zur Schule gegangen.

40

Gemessen an diesen Kriterien fehlt es an einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Klägers bei einer Rückkehr nach Mogadischu.

41

Gefahrerhöhende persönliche Umstände, die ihn wegen persönlicher Merkmale einem besonderen Sicherheitsrisiko aussetzen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Kläger gehört keiner Risikogruppe an. Gefahrerhöhende Umstände ergeben sich auch nicht bereits aus seiner Situation als Rückkehrer nach einem Auslandsaufenthalt. Zwar sieht die Al Shabaab Rückkehrer aus westlichen Ländern möglicherweise als Spione der Regierungstruppen an (European Asylum Support Office, EASO Country of Origin Information report – South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 106); da sie aber in den unter der Kontrolle der Regierung stehenden Gebieten – wie Mogadischu – nicht mehr frei agieren kann und angesichts der Zahl von rückkehrenden Personen – v.a. auch Binnenvertriebene (vgl. European Asylum Support Office, EASO Country of Origin Information report – South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 117; Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 25. Juli 2013, S. 19) – ergibt sich daraus nicht für jeden Rückkehrer ohne weiteres eine ernsthafte Bedrohung. Der Kläger gehört zudem nicht einem Minderheiten-, sondern einem Mehrheitenclan an, so dass auch unter diesem Aspekt kein gefahrerhöhender persönlicher Umstand angenommen werden kann. Auch ist nicht ersichtlich, dass er bereits der Al Shabaab oder den Polizeikräften besonders aufgefallen ist. Soweit er diesbezüglich vorgetragen hat, die Familie, die seinen Bruder anlässlich eines Kartenspiels um Geld getötet habe, gehöre jetzt der Al Shabaab an und wolle auch ihn töten, so bestehen zum einen angesichts des vom Kläger im Laufe des Verfahrens gesteigerten Vortrags – insbesondere auch im Hinblick auf den Hintergrund der Tötung des Bruders (Kartenspiel um Geld) und die Bedrohung wegen der Schwangerschaft einer Frau – Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieses Vorbringens. Zudem ergibt sich aber aus den Ausführungen des Klägers auch nicht, dass nach nunmehr 11 Jahren immer noch eine ernsthafte Bedrohung bestehe.

42

Auch die allgemeine Lage ist nicht so gefährlich, dass sie sich unabhängig von persönlichen Merkmalen auf jede Zivilperson individualisiert. Die erforderliche Gefahrendichte ist in Mogadischu nicht mehr gegeben. Zwar ist die Sicherheits- und Versorgungslage in Süd- und Zentralsomalia nach wie vor fragil, dennoch zeichnet sich nach den vorliegenden Erkenntnisquellen eine Entwicklung ab, die eine Verbesserung der generellen Sicherheitssituation für die Bevölkerung mit sich gebracht hat, auch wenn dies nicht landesweit gilt.

43

Eine genaue Bewertung der Gefahrendichte aufgrund einer quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos durch Gegenüberstellung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen und der Akte willkürlicher Gewalt, erscheint jedoch kaum verlässlich möglich. Dies beruht bereits darauf, dass es für eine Gesamtbevölkerungszahl als Ausgangsbasis keine gesicherten Zahlen gibt und die entsprechenden Schätzungen erheblich differieren. Zudem kann die Zahl der Zivilpersonen, die Opfer willkürlicher Gewalt geworden sind, kaum annäherungsweise verlässlich geschätzt werden, weil belastbare Zahlen nicht vorhanden sind. Dies betrifft etwa die Frage, ob in den insoweit verfügbaren Aufstellungen die Zählung der „Zivilpersonen“ auch solche Opfer umfasst, die den besonderen Risikogruppen (Politiker, Regierungsmitarbeiter etc.) angehören. Auch wird in den Berichten über Vorfälle meist lediglich über die Zahl der Getöteten, nicht aber auch über die der Verletzten berichtet.

44

Die Gesamtbevölkerung von Mogadischu wird vom Auswärtigen Amt als vermutlich deutlich über eine Million Einwohner einschließlich einer großen Anzahl Binnenvertriebener einschätzt (www.auswaertiges-amt.de). Setzt man zu dieser Einwohnerzahl die sich aus der Aufstellung von ACCORD (Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 3. November 2015) ergebende Zahl der im Jahr 2014 in der gesamten Region Banaadir verzeichneten 739 Vorfälle mit 586 Toten – jedoch bezogen auf alle Konfliktvorfälle, d.h. nicht nur Gewaltvorfälle gegen Zivilpersonen – würde sich unter Zugrundelegung dieser Zahlenwerte ein Tötungsrisiko von etwa 1:1700 (0,0586 %) ergeben, wobei eine Berechnung des Verletzungsrisikos mangels entsprechender verfügbarer Auflistung nicht möglich erscheint.

45

Auch ungeachtet einer quantitativen Bewertung ergibt sich unter Zugrundelegung der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen in Mogadischu keine solche Gefahrendichte, dass jedermann alleine aufgrund seiner Anwesenheit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden. In den Berichten ist regelmäßig von „Verbesserungen“ die Rede, auch wenn dies angesichts der früheren extremen Situation nicht damit gleichgesetzt werden kann, dass keine wesentliche Gefahr für die Zivilbevölkerung mehr gegeben ist. Aus der Hauptstadt Mogadischu wurde die Al Shabaab Miliz im August 2011 vertrieben. Es gelingt ihr zwar immer wieder, Anschläge zu verüben. Diese Anschläge richten sich aber in der Regel gezielt gegen Funktionsträger (vgl. Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 11). Wegen der verdeckten Präsenz der Al Shabaab besteht in Mogadischu für mehrere Risikogruppen (z. B. Regierungsmitarbeiter, Politiker, Sicherheitskräfte etc.) eine Gefahr durch auf Funktionsträger und deren Einrichtungen gerichtete Attentate und Anschläge. Für den einfachen Stadtbewohner droht hingegen als einzige Gefahr, sich „zur falschen Zeit am falschen Ort“ zu befinden und damit Opfer im Rahmen solcher Anschläge zu werden (Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 25. Juli 2013, S. 43). Die Gesamtzahl der zivilen Opfer dürfte daher zu einem nicht unerheblichen Teil Personen mit erhöhten Gefährdungspotentialen betroffen haben. Dies beruht darauf, dass nach bisheriger Erkenntnislage durch die von der Al Shabaab vorgenommene strategische Auswahl der Anschlagsziele bestimmte Berufsgruppen in besonderer Weise betroffen waren: Regierungsmitarbeiter, Mitarbeiter internationaler Organisationen, Angehörige der Sicherheitskräfte, Abgeordnete, mit der Regierung zusammenarbeitende Personen, Politiker. Dies verdeutlichen die nach den vorliegenden Erkenntnisquellen verübten Anschläge (siehe zu den Ereignissen im Jahr 2015 etwa die Aufstellung von ACCORD, ecoi.net-Themendossier: Al Shabaab: Zeitachse von Ereignissen, Stand 22. September 2015: September 2015: Angriff auf einen Militärstützpunkt nahe Mogadischu; August 2015: Bombenanschlag in Mogadischu; Juli 2015: schwerer Bombenanschlag auf das Hotel Jazeera Palace, Anschlag auf zwei Hotels in Mogadischu, wovon sich eines nahe dem somalischen Parlament befindet; Juni 2015: Selbstmordanschlag auf einen diplomatischen Konvoi; April 2015: Explosion einer Autobombe vor einem Restaurant vor dem Central Hotel, in dem sich oft Politiker aufhalten, Angriff auf einen Regierungskomplex u.a. mit einem mit Sprengstoff beladenen Auto; März 2015: Besetzung eines Hotels, Autobombenanschlag vor einem Hotel; Februar 2015: Angriff auf ein Hotel, in dem Regierungsbeamte das Freitagsgebet abgehalten haben, Angriff auf den Präsidentenpalast; Januar 2015: Explosion einer Autobombe vor einem Hotel, in dem Delegierte der Türkei den Besuch des türkischen Präsidenten vorbereiteten, Selbstmordanschlag nahe dem Flughafen; siehe zudem zu Vorfällen in den vergangenen Monaten Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 28. September 2015: Autobombenanschlag nahe dem Präsidentenpalast; Briefing Notes vom 2. November 2015: Angriff auf das Hotel Sahafi). Die Betrachtung der – in den o. g. Aufstellungen von ACCORD auch für die Vorjahre – verzeichneten Anschläge zeigt, dass es die Al Shabaab nicht gezielt auf Zivilisten absieht, insoweit aber Opfer in Kauf nimmt. Die Vorkommnisse, über die berichtet wird, sind insgesamt nicht so häufig und erreichen keine so hohen zivilen Opferzahlen, als davon gesprochen werden könnte, dass jeder Zivilist der weit über eine Million Einwohner zählenden Stadt aufgrund seiner bloßen Anwesenheit gefährdet wäre (siehe dazu auch VG Aachen, Urteile vom 13. April 2015 – 7 K 711/14.A –, juris, und vom 9. November 2015 – 7 K 53/15.A –, juris; VG Regensburg, Urteil vom 27. August 2015 – RO 7 K 15.30680 –; VG Cottbus, Urteil vom 10. September 2015 – VG 5 K 487/15.A –; VG Stade, Urteil vom 5. Oktober 2015 – 3 A 3658/13 –, juris; siehe auch EGMR, Urteil vom 5. September 2013 – Nr. 886/11 [K.A.B. ./. Schweden] –, Rn. 86 ff.; a.A. VG Kassel, Urteil vom 3. März 2015 – 4 K 867/13.KS.A –; VG Göttingen, Urteil vom 21. Juli 2015 – 3 A 626/14 –, juris). Insoweit lässt sich zwar bislang keine wesentliche rückläufige Tendenz der Vorfälle verzeichnen, indes ergeben sich aber auch keine eindeutigen Anhaltspunkte dafür, dass abgesehen von Schwankungen in der Häufigkeit der Vorfälle und der Anzahl der Opfer von einer wesentlichen Trendänderung dahingehend auszugehen ist, dass jeder Zivilperson bereits durch ihre Anwesenheit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den Rechtsgütern Leib oder Leben drohen würde. Jedenfalls lässt sich auch ein staatliches Vorgehen gegen die Al Shabaab verzeichnen, etwa die Aussetzung eines Kopfgeldes von insgesamt 1,3 Mio. USD für 11 ranghohe Funktionsträger der Al Shabaab und ein Großeinsatz somalischer Sicherheitskräfte mit Durchsuchungen in Mogadischu und 60 Festnahmen mutmaßlicher Mitglieder der Al Shabaab (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 13. April 2015 und 15. Juni 2015).

46

2. Es besteht kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG (a.) oder nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (b.).

47

a. Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht ersichtlich. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig ist. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hat der Kläger lediglich unter dem Gesichtspunkt geltend gemacht, dass wegen der Zuerkennung des subsidiären Schutzes auf Malta und wegen der nahezu identischen Voraussetzungen ein Abschiebungsverbot auch auf dieser Grundlage zu bejahen wäre. Von der Zuerkennung des subsidiären Schutzes auf Malta kann aber nicht ausgegangen werden; für eine darüber hinaus gehende Prüfung hat der Kläger weiter nichts vorgetragen.

48

b. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist ebenfalls nicht ersichtlich.

49

Ein solches Abschiebungsverbot ergibt sich für den Kläger nicht angesichts der allgemeinen schlechten Versorgungslage in Somalia.

50

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG sind Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Mangels einer derartigen Abschiebestopp-Anordnung macht der Kläger mit seinem Hinweis auf die unzureichende Versorgungslage in Somalia allgemeine Gefahren geltend, die aufgrund der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG grundsätzlich nicht rechtfertigen können. Diese Sperrwirkung kann nur dann im Wege einer verfassungskonformen Auslegung eingeschränkt werden, wenn für den Schutzsuchenden ansonsten eine verfassungswidrige Schutzlücke besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2008 – 10 C 43.07 –, juris, Rn. 32 m.w.N.). Im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die den Kläger in Somalia erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, kann er Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz – GG –, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Wann danach allgemeine Gefahren zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab. Die drohenden Gefahren müssen nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Die Gefahren müssen dem Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Nach diesem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad muss eine Abschiebung dann ausgesetzt werden, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde" (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2001 – 1 C 5.01 –, BVerwGE 115, 1 und juris, Rn. 21 m.w.N.). Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. zu alldem BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 – 10 C 24/10 –, BVerwGE 137, 226 und juris, Rn. 12 ff.).

51

Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes ist in Süd- und Zentralsomalia die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln nicht gewährleistet; es gibt keinen sozialen Wohnraum oder Sozialhilfe und keine Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 2. Februar 2015, Stand November 2014, S. 16). In allen Städten Süd- und Zentralsomalias (inklusive Mogadischu) ist für den Großteil der Bevölkerung der Zugang zur sozialen Grundversorgung beschränkt. Clan und Familie, einbezogen die weitere Familie, sind nach wie vor die wichtigsten Faktoren bezüglich der Akzeptanz, Sicherheit und dem Zugang zu Grundbedürfnissen wie Wohnung und Essen. Eine generelle Regel ist es, dass Somalier auch sehr weit entfernten Verwandten helfen, solange eine Clan-Verbindung besteht, vorausgesetzt, sie sind in der Lage, dies zu tun (Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 20). Für Somalier in Mogadischu ist es sehr schwierig, ohne Unterstützung durch ein Netzwerk zu überleben. Insbesondere, wenn sie keinem Clan oder keiner Kernfamilie in dem maßgeblichen Bezirk angehören, sind sie heiklen Existenzbedingungen ausgesetzt. Sie sind oft gezwungen, in Siedlungen für Binnenvertriebene zu leben, wo die Lebensbedingungen erbärmlich sind und gemeinhin von Menschenrechtsverletzungen berichtet wird (Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 26; siehe auch European Asylum Support Service, EASO Country of Origin Information report – South an Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 37 f.; vgl. zu den dortigen Verhältnissen auch EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 – Nr. 8319/07 [Sufi u. Elmi] –, Rn. 303). Es wird weiter aber auch berichtet, dass lokale NGOs Neuankömmlingen helfen können (siehe European Asylum Support Service, EASO Country of Origin Information report – South an Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 118).

52

Unter Zugrundelegung dieser Umstände ist für den Kläger nicht ersichtlich, dass er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Der Kläger ist ein junger Mann, der einem Mehrheitsclan angehört. Er ist durch seinen Schulbesuch gebildet und hat in der Vergangenheit im Laden seines Vaters ausgeholfen und auf Malta (wenn auch selten) als Tagelöhner gearbeitet. Daher ist davon auszugehen, dass er sich durch Gelegenheitsjobs zumindest eine Lebensgrundlage verdienen könnte, die ihm längerfristig ein Leben außerhalb der Vertriebenen- und Flüchtlingssiedlungen ermöglichen kann. Er hat insoweit auch nicht vorgetragen, dass ihn die chronische Hepatitis B-Erkrankung von der Aufnahme jeglicher Tätigkeit abhielte. Zudem hat der Kläger bei der Stellung seines Asylantrags im März 2012 angegeben, Verwandte ersten und zweiten Grades sowie weitere Familienangehörige in Somalia zu haben. Ungeachtet dessen, dass die Angaben zum Verbleib seiner Eltern und Geschwister widersprüchlich sind – in der Anhörung gab der Kläger an, die Eltern lebten im Flüchtlingslager Elesha Biyeha und sein Vater, seine Geschwister von der zweiten Frau des Vaters und die Frau lebten dort und er habe Kontakt zu ihnen, während er in der mündlichen Verhandlung angab, die Eltern seien in Kenia und die Geschwister in Kenia und Uganda, was er in der Anhörung nicht habe sagen können – dürften zumindest Familienangehörige der weiteren Familie noch in Somalia sein. Der Kläger hat weiter angegeben, finanzielle Unterstützung durch einen Onkel aus England und durch in europäischen Ländern lebende Cousinen und Cousins bekommen zu haben; dass eine solche finanzielle Unterstützung nunmehr gänzlich ausgeschlossen sein sollte, hat der Kläger nicht vorgetragen. Auch wenn der Kläger nunmehr seit 11 Jahren nicht mehr in Somalia gewesen ist und er mit den dortigen aktuellen Verhältnissen nicht vertraut sein dürfte, ist davon auszugehen, dass er sich als junger Mann, der in den vergangenen 11 Jahren vielfältige Lebenserfahrungen in unterschiedlichen Ländern gesammelt haben wird und sich auch dort zurecht gefunden hat, auch in Somalia langfristig wieder zurecht finden wird. Daher ist jedenfalls davon auszugehen, dass er auch angesichts der kritischen Lebensbedingungen in Somalia jedenfalls weder der Existenzvernichtung noch schwersten Gesundheitsschäden ausgesetzt sein wird.

53

Auch ein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot liegt nicht vor.

54

Die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des Ausländers aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat verschlimmert, ist in der Regel als individuelle Gefahr einzustufen, die am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung zu prüfen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2006 – 1 C 16.05 –, juris, Rn. 17 m.w.N.). Erforderlich aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist danach, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Ein strengerer Maßstab gilt in Krankheitsfällen ausnahmsweise nur dann, wenn zielstaatsbezogene Verschlimmerungen von Krankheiten als allgemeine Gefahr oder Gruppengefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG zu qualifizieren sind. Dies kommt allerdings bei Erkrankungen nur in Betracht, wenn es – etwa bei Aids – um eine große Anzahl Betroffener im Zielstaat geht und deshalb ein Bedürfnis für eine ausländerpolitische Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 AufenthG besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2006 – 1 C 16.05 –, juris, Rn. 17 m.w.N.). In solchen Fällen kann Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung nur dann gewährt werden, wenn im Abschiebezielstaat für den Ausländer (entweder aufgrund der allgemeinen Verhältnisse oder aufgrund von Besonderheiten im Einzelfall) landesweit eine extrem zugespitzte Gefahr wegen einer notwendigen, aber nicht erlangbaren medizinischen Versorgung zu erwarten ist, wenn mit anderen Worten der betroffene Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (siehe zu alldem BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 –, BVerwGE 127, 33 und juris, Rn. 15 ff. m.w.N.).

55

Offen bleiben kann hier, ob chronische Hepatitis B eine singuläre Krankheit darstellt oder in Somalia wegen einer hohen Verbreitung als allgemeine Gefahr zu qualifizieren wäre (vgl. hinsichtlich der Verbreitung von Hepatitis B in Zentralafrika VG Hamburg, Urteil vom 17. Oktober 2012 – 4 A 88/12 –, juris). Denn dem Kläger droht bereits keine wesentliche Verschlimmerung seiner Erkrankung alsbald nach der Rückkehr, so dass auch bei Annahme einer singulären Krankheit – und damit erst recht bei einer „allgemeinen Gefahr“ – ein Abschiebungsverbot zu verneinen ist.

56

Den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen nach ist die medizinische Versorgung im gesamten Land äußerst mangelhaft (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 2. Februar 2015, Stand November 2014, S. 16). Eine medizinische Grundversorgung ist grundsätzlich erhältlich in den größeren Stadtzentren in Süd- und Zentralsomalia, auch wenn die Qualität und der Zugang zum medizinischen Service örtlichen Unterschieden und Unsicherheiten unterworfen ist (Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 21). In Mogadischu gibt es Krankenhäuser (siehe European Asylum Support Service, EASO Country of Origin Information report – South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 34).

57

Der Kläger ist jung und hat neben der chronischen Erkrankung mit Hepatitis B keine weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen geltend gemacht. Er hat den „Carrier-Status“, d.h. er ist Träger der Hepatitis B, hat aber keinen mehr oder weniger schweren Leberschaden. Er hat zwar vorgetragen, täglich Schmerzen zu haben, eine akute Behandlung oder medikamentöse Therapie ist derzeit nicht erforderlich, vielmehr soll eine regelmäßige Überwachung erfolgen. Seine Erkrankung befindet sich damit in einem Stadium, in dem keine medikamentöse Behandlung erfolgt und noch einige Jahre oder gar Jahrzehnte vergehen können, bevor es zu einer Erkrankung der Leber kommen kann. Bis dahin ist ungewiss, wann die Behandlungsbedürftigkeit eintritt. Aktuell ist er daher – abgesehen von Kontrolluntersuchungen – nicht auf eine medizinische Versorgung in Mogadischu angewiesen. Auch wenn die zunächst erforderlichen Kontrolluntersuchungen in Mogadischu nicht möglich oder für den Kläger nicht zugänglich sein sollten, gibt es derzeit auch keine ernsthaften Anhaltspunkte dafür, dass sich der Gesundheitszustand auch ohne regelmäßige Kontrollen alsbald nach der Rückkehr wesentlich verschlimmern würde. Dass sich der Zustand des Klägers aktuell „auf der Kippe“ zur Behandlungsbedürftigkeit befindet oder eine solche in absehbarer Zeit eintreten wird, ist nicht ersichtlich und auch nicht vom Kläger vorgetragen.

58

3. Damit liegen auch die Voraussetzungen für die Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG vor. Da – wie oben ausgeführt – nicht feststeht, dass dem Kläger auf Malta der unionsrechtliche subsidiäre Schutz zuerkannt worden ist, kann eine solche Zuerkennung der Abschiebungsandrohung nach Somalia auch nicht entgegengehalten werden (vgl. zur Frage einer „Bindungswirkung“ VG Berlin, Urteil vom 1. April 2014 – 33 K 548.13 A –, juris, Rn. 31 ff.).

59

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

60

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordung.

61

Die Revision war nicht zuzulassen, da die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Tatbestand

1

Die Kläger, eine irakische Staatsangehörige und ihre Kinder, erstreben Abschiebungsschutz wegen ihnen im Irak drohender Gefahren.

2

Die 1965 in Khanaqin (Zentralirak) geborene Klägerin zu 1 und ihre 1995 und 1998 in Bagdad geborenen Kinder, die Kläger zu 2 und 3, sind arabische Volkszugehörige schiitischen Glaubens. Zur Begründung des im November 2001 beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - gestellten Asylantrags gab die Klägerin zu 1 an, sie sei nach der Flucht ihres Ehemannes von Sicherheitskräften wegen seines Verbleibs verhört und unter Druck gesetzt worden. Mit Bescheid vom 21. Januar 2002 lehnte das Bundesamt die Asylanträge der Kläger ab. Das Verwaltungsgericht verpflichtete das Bundesamt, bei den Klägern die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 51 Abs. 1 AuslG 1990 (inzwischen § 60 Abs. 1 AufenthG) festzustellen. Ihnen drohe wegen ihres illegalen Auslandsaufenthalts Verfolgung. Mit Bescheid vom 2. August 2002 kam das Bundesamt dem nach.

3

Wegen der veränderten politischen Verhältnisse im Irak widerrief das Bundesamt am 29. Mai 2006 die Flüchtlingsanerkennungen und stellte zugleich fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen.

4

Die hiergegen erhobenen Klagen hatten in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 15. Februar 2007 im Wesentlichen ausgeführt, der Widerruf sei rechtmäßig, weil die Kläger im Irak nach dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein keine Verfolgung mehr zu befürchten hätten. Sie könnten auch keine Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bzw. subsidiären Schutz gemäß Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG beanspruchen. Im Irak liege kein landesweiter innerstaatlicher bewaffneter Konflikt vor. Zudem hätten die Kläger die Möglichkeit, in Teilen des Irak internen Schutz zu finden. Im Übrigen stehe die Erlasslage des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, die bei allgemeinen Gefahren vergleichbaren Abschiebungsschutz biete, der Gewährung richtliniengemäßen subsidiären Schutzes entgegen.

5

Während des Revisionsverfahrens haben die Kläger ihre Revision hinsichtlich des Widerrufs der Flüchtlingsanerkennung zurückgenommen. Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 24. Juni 2008 (Az.: BVerwG 10 C 42.07) das Revisionsverfahren insoweit eingestellt. Im Übrigen hat er, soweit die Verpflichtung zur Feststellung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes aus § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG und hilfsweise nationalen Abschiebungsschutzes aus § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG begehrt wird, das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Zur Begründung hat er darauf abgestellt, dass § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG keinen landesweiten bewaffneten Konflikt voraussetze. Die zusätzliche Annahme des Berufungsgerichts, die Kläger könnten innerhalb des Irak internen Schutz finden, beruhe auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage. Schließlich verletze der Verweis auf die Aussetzung von Abschiebungen durch ministerielle Erlasse revisibles Recht. Denn § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG sei richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die Sperrwirkung nicht greife, wenn die Voraussetzungen des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG erfüllt seien.

6

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Kläger mit Urteil vom 21. Januar 2010 zurückgewiesen, soweit sie sich auf das noch anhängige Begehren zur Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bezieht. Mit Blick auf § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG führt das Berufungsgericht aus, es könne dahinstehen, ob die im Irak seit 2003 andauernden und durch staatliche Sicherheitskräfte bekämpften terroristischen Handlungen nach Intensität und Größenordnung als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu qualifizieren seien. Jedenfalls seien die Kläger keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt. An ihrem Herkunftsort in Bagdad bestehe keine so hohe Gefahrendichte, dass praktisch jede Zivilperson alleine aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Dies ergebe sich aus der Größenordnung der Anschläge und der Anzahl der Opfer im Verhältnis zur Einwohnerzahl. Die Wahrscheinlichkeit, durch einen Terroranschlag verletzt oder getötet zu werden, habe 2009 ca. 0,1% oder ca. 1:1000 pro Jahr betragen. Für eine Verschärfung der Sicherheitslage gebe es keine Anhaltspunkte. Gefahrerhöhende individuelle Umstände seien bei den Klägern nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen des hilfsweise begehrten nationalen Abschiebungsschutzes (§ 60 Abs. 7 Satz 1 und § 60 Abs. 5 AufenthG) lägen ebenfalls nicht vor.

7

Mit ihrer vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision wenden sich die Kläger allein gegen die Ablehnung der Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG. Sie rügen, der Verwaltungsgerichtshof habe bei der Ermittlung der Gefahrendichte auf die im Rahmen der Gruppenverfolgung entwickelten Kriterien der Verfolgungsdichte abgestellt, ohne zwischen den Schutzsystemen zu differenzieren und die Besonderheiten des subsidiären Schutzes zu berücksichtigen. Auch seien die in das Verfahren eingeführten Quellen zur Häufigkeit von Anschlägen im Irak und zur Zahl der Toten und Verletzten nicht interpretiert und bewertet worden.

8

Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

9

Die Revisionen der Kläger, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141 Satz 1 und § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), sind unbegründet. Das Berufungsgericht hat die begehrte Verpflichtung zur Gewährung subsidiären unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes ohne Verstoß gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) abgelehnt.

10

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch das Verpflichtungsbegehren auf Gewährung subsidiären unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes. Die darüber hinausgehende Beschränkung der Revisionsanträge auf das Vorliegen eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG erweist sich als unwirksam. Denn der geltend gemachte Anspruch auf Verpflichtung zur Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG (entsprechend den Voraussetzungen für den subsidiären Schutz in Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes - ABl EU Nr. L 304 S. 12; ber. ABl EU vom 5. August 2005 Nr. L 204 S. 24) bildet nach dem dafür maßgeblichen materiellen Recht einen einheitlichen, in sich nicht weiter teilbaren Streitgegenstand (Urteile vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 11 und vom 8. September 2011 - BVerwG 10 C 14.10 - zur Veröffentlichung in der Sammlung BVerwGE vorgesehen - Rn. 16). Eine Revision kann daher nicht wirksam auf einzelne materielle Anspruchsgrundlagen dieses einheitlichen prozessualen Anspruchs beschränkt werden (Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 13).

11

Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen, nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und das Revisionsgericht daher bindenden tatsächlichen Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) greift keines der genannten Abschiebungsverbote.

12

1. Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Diese Bestimmung entspricht nach der Rechtsprechung des Senats trotz geringfügig abweichender Formulierungen den Vorgaben des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG und ist in diesem Sinne auszulegen (Urteil vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 17 und 36).

13

Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die im Irak seit 2003 andauernden und durch staatliche Sicherheitskräfte bekämpften terroristischen Handlungen nach Intensität und Größenordnung als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt anzusprechen sind, weil die Kläger auch bei Annahme eines derartigen Konflikts keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wären. Das hält revisionsgerichtlicher Nachprüfung stand.

14

a) Für seine Prognose, ob die Kläger bei Rückkehr in den Irak einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt sind, hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht auf die tatsächlichen Verhältnisse in ihrer Herkunftsregion Bagdad abgestellt. Dort haben sie zuletzt gelebt und dort sind die Kläger zu 2 und 3 geboren worden, so dass die Annahme gerechtfertigt ist, dass sie nach Bagdad zurückkehren werden (vgl. Urteil vom 14. Juli 2009 - BVerwG 10 C 9.08 - BVerwGE 134, 188 Rn. 17).

15

b) Das Berufungsgericht hat des Weiteren zutreffend geprüft, ob von dem - zugunsten der Kläger unterstellten - bewaffneten Konflikt in der Region von Bagdad für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr ausgeht, die sich in den Personen der Kläger so verdichtet, dass sie für diese eine erhebliche individuelle Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG darstellt. Denn auch eine von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich individuell verdichten und damit die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG und des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG erfüllen (Urteil vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 34).

16

Eine derartige Individualisierung kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben. Dazu gehören in erster Linie persönliche Umstände, die den Antragsteller von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen, etwa weil er von Berufs wegen - z.B. als Arzt oder Journalist - gezwungen ist, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Antragsteller als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte - etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit - ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht bereits die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt (Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360 Rn. 33). Gefahrerhöhende individuelle Umstände hat das Berufungsgericht bei den Klägern nicht festgestellt (UA S. 13); dem sind die Kläger mit ihren Revisionen auch nicht entgegengetreten.

17

Eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr kann aber auch dann, wenn individuelle gefahrerhöhende Umstände fehlen, ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (Urteil vom 14. Juli 2009 a.a.O. Rn. 13 und 15 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C-465/07, Elgafaji - Slg. 2009, I-921 = NVwZ 2009, 705). Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich (Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 4.09 - a.a.O. Rn. 33).

18

In jedem Fall setzt § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr voraus, dass dem Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den Rechtsgütern Leib oder Leben droht. Das ergibt sich aus dem Tatbestandsmerkmal "... tatsächlich Gefahr liefe ..." in Art. 2 Buchst. e der Richtlinie 2004/83/EG. Der darin enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser stellt bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ab ("real risk"; vgl. nur EGMR, Große Kammer, Urteil vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi/Italien - NVwZ 2008, 1330 ); das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - a.a.O. Rn. 22 zu § 60 Abs. 2 AufenthG und Art. 15 Buchst. b Richtlinie 2004/83/EG).

19

Gemäß § 60 Abs. 11 AufenthG gilt für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG u.a. die Beweisregel des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Beweiserleichterung in Gestalt einer widerleglichen tatsächlichen Vermutung setzt aber auch im Rahmen des subsidiären Schutzes voraus, dass ein innerer Zusammenhang zwischen dem vor der Ausreise erlittenen oder damals unmittelbar drohenden Schaden (Vorschädigung) und dem befürchteten künftigen Schaden besteht. Denn die der Vorschrift zugrunde liegende Wiederholungsvermutung beruht wesentlich auf der Vorstellung, dass eine Verfolgungs- oder Schadenswiederholung - bei gleichbleibender Ausgangssituation - aus tatsächlichen Gründen naheliegt (Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 4.09 - a.a.O. Rn. 31).

20

Eine für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr ausreichende Gefahrendichte hat das Berufungsgericht für den Bereich der Stadt Bagdad verneint. Es hat - in Anlehnung an die Vorgehensweise zur Feststellung einer Gruppenverfolgung im Bereich des Flüchtlingsrechts (vgl. dazu Urteil vom 18. Juli 2006 - BVerwG 1 C 15.05 - BVerwGE 126, 243 Rn. 20 ff.) - aufgrund aktueller Quellen annäherungsweise die Gesamtzahl der in Bagdad lebenden Zivilpersonen ermittelt und dazu die Häufigkeit von Akten willkürlicher Gewalt sowie der Zahl der dabei Verletzten und Getöteten in Beziehung gesetzt. Dabei hat es festgestellt, dass das Risiko, in Bagdad verletzt oder getötet zu werden, für das gesamte Jahr 2009 ungefähr 1:1000 betrug. Einen Trend zur Verschlechterung der Sicherheitslage vermochte es nicht festzustellen (UA S. 12). Seine auf der Grundlage dieser Feststellungen gezogene Schlussfolgerung, dass die Kläger bei ihrer Rückkehr in ihr Herkunftsland keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt sind, ist revisionsgerichtlich im Ergebnis nicht zu beanstanden.

21

Zwar bedarf es - wie die Revisionen im Ansatz zu Recht rügen - neben dieser quantitativen Ermittlung auch einer wertenden Gesamtbetrachtung des statistischen Materials mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung (Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 4.09 - a.a.O. Rn. 33). Zu dieser wertenden Betrachtung gehört jedenfalls auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlicher Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann. Der Mangel in der Vorgehensweise des Berufungsgerichts bleibt aber im vorliegenden Fall ohne Folgen. Denn die Höhe des vom Berufungsgericht festgestellten Risikos eines den Klägern drohenden Schadens ist so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt, dass sich der Mangel im Ergebnis nicht auszuwirken vermag.

22

Auch der Umstand, dass der Verwaltungsgerichtshof mit Blick auf die Klägerin zu 1 nicht auf die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG eingegangen ist, verhilft ihrer Revision nicht zum Erfolg, denn ihr Vorfluchtschicksal gab dazu keinen Anlass. Dieses lässt keine Beeinträchtigung erkennen, die auch unter dem Blickwinkel des Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG die Qualität einer Vorschädigung erreichen könnte. Zudem bestünde kein sachlicher Zusammenhang mit den nunmehr im Irak drohenden Gefahren.

23

2. Das Berufungsgericht hat auch die Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 2 und 3 AufenthG in den Blick genommen, sie aber nicht als durchgreifend angesehen. Dagegen bestehen aus revisionsgerichtlicher Sicht keine Bedenken.


Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 4. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihm subsidiären Schutz gemäß § 4 Asylgesetz – AsylG – zuzuerkennen, hilfsweise das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz – AufenthG – festzustellen. Des Weiteren wendet er sich gegen die von der Beklagten verfügte Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung.

2

Er stellte am 15. März 2012 bei der Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag und gab an, ein am 1. Januar 1984 geborener somalischer Staatsangehöriger zu sein. Er gehöre dem Stamm der Hawia an und sei in B. geboren. In seinem Herkunftsland habe er Verwandte ersten und zweiten Grades sowie weitere Familienangehörige. Er habe keine berufliche Tätigkeit ausgeübt und sei vier Jahre zu Schule gegangen.

3

Im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt trug der Kläger zur Begründung seines Asylantrags vor: Er habe von 1998 bis 2004 eine Privatschule in Mogadischu besucht, die 15 Dollar pro Monat gekostet habe. Er habe bis 15. Januar 2004 zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern in Mogadischu im Stadtteil Towfiq gelebt. Er sei ledig und habe keine Kinder. Sein Vater habe bis 2006 einen Laden gehabt, in dem er ab und zu geholfen habe. Die Eltern lebten seit 2006 im Flüchtlingslager E. B. Er habe am 15. Januar 2004 sein Heimatland verlassen. Mit dem Auto sei er von Mogadischu nach Addis Adeba und dann weiter nach Karthum und Tripoli gefahren und von dort mit dem Boot am 20. Oktober 2004 nach Malta. Er habe sich drei Jahre in Malta aufgehalten, bis 2. November 2007. Er habe in Malta einen Asylantrag gestellt und eine Aufenthaltserlaubnis beschränkt für ein Jahr erhalten. Er sei mit dem Flugzeug nach Stockholm geflogen und habe auch in Schweden einen Asylantrag gestellt. Im Februar 2008 habe er Schweden verlassen und sei mit dem Bus in die Niederlande gereist, wo er sich sieben Monate aufgehalten habe. Mit dem Zug sei er weiter in die Schweiz gefahren und von dort sei er mit dem Flugzeug nach Malta abgeschoben worden, wo er dann wiederum drei Jahre gewesen sei. Am 24. Februar 2012 habe er Malta mit dem Flugzeug verlassen und sei nach Deutschland eingereist. Sein erster Aufenthalt in Malta habe drei Jahre gedauert, der Aufenthalt nach der Abschiebung aus der Schweiz nochmal drei Jahre. Er sei nicht in Malta geblieben, weil die Aufenthaltserlaubnis beschränkt gewesen sei und er dort keine Lebensperspektive gehabt habe. Die Flüchtlinge seien dort in Feldlagern untergebracht gewesen. Man habe versuchen können, als Tagelöhner zu arbeiten. Er sei ganz selten als Tagelöhner genommen worden. Er habe Unterstützung von einem in England wohnenden Onkel und von in verschiedenen europäischen Ländern lebenden Cousinen und Cousins bekommen. Nach Deutschland sei er mit der Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr eingereist, die er von der maltesischen Regierung bekommen habe. Im Zug von Frankfurt nach Dortmund habe er seine Tasche verloren, in dem das Dokument gewesen sei. Zum Verfolgungsschicksal trug der Kläger vor: Seine Familie habe wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit die Provinz Heran verlassen. In dem Hawia Clan seien sie die Minderheit. Es gebe etliche Zweige der Hawia und die Minderheiten bekämpften sich gegenseitig. Sie seien 1993 geflohen, erst nach Johar. Dort sei sein älterer Bruder getötet worden, von einem sehr einflussreichen Stammesangehörigen der Abgal. Dieser habe seinem Vater gesagt, sie würden nur unter seiner Gnade am Leben bleiben. 1997 hätten sie Johar verlassen müssen und seien nach Mogadischu gekommen. In Mogadischu habe sein Vater Schutzgeld für den Laden zahlen müssen. Dort sei die Mehrheit der Bevölkerung Abgal und Habar Gedir. Sein Vater habe seine Söhne nicht verlieren wollen und gesagt, sie sollten ausreisen. Er, der Kläger, sei erst in Richtung Libyen geflüchtet, ein Bruder nach Uganda und der andere Bruder nach Kenia. Er habe den Mann, der seinen Bruder erschossen habe, in Mogadischu wieder gesehen. Er habe Angst gehabt, dass er auch ihn töten würde. Die Leute, die seinen Bruder getötet hätten, hätten sich nun der Al Shabaab angeschlossen. Er wisse dies von seinem Vater und seinen Geschwistern von der zweiten Frau seines Vaters und der Frau, die dort leben würden und zu denen er noch Kontakt habe.

4

Eine Eurodac-Auswertung am 16. März 2012 ergab einen Treffer der Kategorie 1 in den Niederlanden. Eine Abfrage am 28. Januar 2013 zeigte Treffer der Kategorie 1 in den Niederlanden und in Schweden (Treffer „SE1…“ – 22. November 2007 und „NL1…“ – 03. Juni 2008). Einem Wiederaufnahmegesuch an Schweden stimmten die schwedischen Behörden nicht zu: Der Kläger habe ausweislich einer Eurodac-Anfrage vom Dezember 2007 in Malta am 23. Oktober 2004 einen Asylantrag gestellt. Das damalige schwedische Wiederaufnahmegesuch sei von Malta akzeptiert worden. Der Kläger sei aber dann geflüchtet.

5

Der Asylantrag blieb erfolglos. Mit Bescheid vom 27. Januar 2014 wurde die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt (Ziffer 1), der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt (Ziffer 2), der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt (Ziffer 3). Das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG wurde verneint (Ziffer 4). Der Kläger wurde zur Ausreise innerhalb von 30 Tagen aufgefordert, für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde ihm die Abschiebung nach Somalia angedroht (Ziffer 5). Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen nicht vor. Aus dem Vorbingen des Klägers sei keine Verfolgungsgefahr in Anknüpfung an die Zugehörigkeit zu den Hawia erkennbar und nachvollziehbar geworden. Die Hawia gehörten zu den fünf größten Stämmen in Somalia, auch die Regierung sei mit vielen Angehörigen der Hawia besetzt. Der Vortrag, er habe befürchtet, ein Angehöriger der Abgal, der auch seinen Bruder getötet habe, könne auch ihn töten, sei wirklichkeitsfremd. Subsidiärer Schutz sei ebenso nicht zuzuerkennen. Konfliktbedingte Ereignisse seien nicht so häufig, dass jeder Rückkehrer damit rechnen müsste, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden. Wegen seiner Zugehörigkeit zu einem Mehrheitsstamm sei für den Kläger keine Gefahr für eine erniedrigende oder unmenschliche Behandlung im Fall seiner Rückkehr ersichtlich. Abschiebungsverbote bestünden nicht, weder nach § 60 Abs. 5 noch nach Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Es gebe Bevölkerungsteile in Somalia, die Schwierigkeiten bei der Versorgung und dem Erzielen des wirtschaftlichen Existenzminimums hätten. Insbesondere mittellose Rückkehrer müssten häufig ein Leben am Rande des Existenzminimums führen. Anzeichen für eine derart schlechte Versorgung, dass jeder Rückkehrer alsbald einer extremen Gefahr ausgesetzt wäre, gebe es aber nicht. Der Kläger könne sich zudem der Unterstützung und Hilfe seiner Familie sicher sein.

6

Am 26. Februar 2014 hat der Kläger Klage erhoben und weiter geltend gemacht, seine Verfolgungsgefahr knüpfe an seine Stammes- bzw. Clanzugehörigkeit an und sei für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft relevant. Jedenfalls habe er Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes. In ganz Somalia bestehe weiterhin ein innerstaatlicher Konflikt, der von so hoher Intensität sei, dass er eine ernsthafte Bedrohung für jede Zivilperson darstelle. Zumindest liege ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Grundversorgung sei nicht gesichert. Zudem leide er an chronischer Hepatitis B, die zwar nicht akut behandelt, aber regelmäßig überwacht werden müsse. Es sei nicht ersichtlich, dass dies in Somalia möglich sei.

7

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger noch vorgetragen, sein Bruder sei im Verlauf eines Streits beim Kartenspielen um Geld getötet worden. Seine Familie sei 1998 nach Mogadischu gezogen. Er habe 2003 eine Frau kennengelernt, die durch ihn unehelich schwanger geworden sei. Ihre Familie habe ihn töten wollen. Sie gehörten unterschiedlichen Stämmen der Hawia an. Er habe Angst gehabt und deshalb das Land verlassen wollen. Die Familie aus Yohar, die seinen Bruder getötet habe, sei dann in Mogadischu aufgetaucht. Sie habe von der Schwangerschaft der Frau erfahren und wissen wollen, wo er sei, und seinen Vater verprügelt. Die ganze Familie habe sich deshalb entschlossen zu fliehen, die Eltern nach Kenia, die Geschwister nach Kenia und Uganda. Er habe keine Gelegenheit gehabt, dies bei der Anhörung beim Bundesamt zu sagen. Die Familie aus Yohar sei gekommen, um sie zu vernichten. Er habe auf Malta einen weißen Pass genommen, der für ein Jahr Gültigkeit gehabt habe. Nach seiner Rückkehr habe er eine Verlängerung der Ausweise bekommen. Diese Dokumente habe er im Zug verloren. Er könne nicht nach Somalia zurückgehen, da die Familie aus Yohar immer noch auf ihn warte. Wegen der Hepatitis B-Erkrankung habe er jeden Tag Beschwerden, nämlich Schmerzen an der Leber. Medikamente nehme er keine.

8

Der Kläger hat beantragt,

9

die Beklagte unter Aufhebung der zu den Ziffern 1, 3, 4 und 5 getroffenen Entscheidungen im Bescheid vom 27. Januar 2014 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,

10

hilfsweise ihm subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen,

11

sowie äußerst hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich seiner Abschiebung nach Somalia vorliegen.

12

Die Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Es fehle an einem glaubhaften Vortrag zum Verfolgungsschicksal. Er habe vor dem Bundesamt und dem Gericht völlig unterschiedliche Angaben gemacht. Ein Anspruch auf Feststellung des subsidiären Schutzes bestehe ebenso nicht. Angesichts dessen, dass sein Vorbringen insgesamt nicht glaubhaft sei, könne jedenfalls nicht mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass in der behaupteten Heimatregion des Klägers praktisch jede Zivilperson einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Gefahrerhöhende Umstände seien nicht erkennbar. Mangels glaubhafter Darlegungen bestehe auch kein Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots. Anhaltspunkte für eine extreme Gefahrenlage bei Rückkehr nach Somalia bestünden keine. Der Kläger sei jung und durch den Schulbesuch gut ausgebildet und könne auf die Unterstützung seiner Familie bauen. Die attestierte chronische Hepatitis B stehe einer Rückkehr ebenfalls nicht entgegen. Die Möglichkeit einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustands müsse objektiv gegeben sein und zumindest in die Nähe der lebensgefährlichen Bedrohung reichen, was nicht der Fall sei. Auch die Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung sei nicht zu beanstanden.

15

Der Senat hat auf Antrag des Klägers die Berufung wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs zugelassen, weil das Verwaltungsgericht sich mit den Ausführungen des Klägers zu seiner Aufenthaltserlaubnis auf Malta nicht auseinander gesetzt hat.

16

Der Kläger trägt vor, in Malta sei ihm der subsidiäre Schutz gewährt worden. Im Anschluss habe er Malta verlassen und in Schweden, den Niederlanden und in der Schweiz um Asyl bzw. Schutz gebeten. Von der Schweiz sei er nach Malta abgeschoben worden, wo die Aufenthaltserlaubnis noch einmal verlängert worden sei. Die Beklagte habe kein Verfahren nach der Dublin-II-Verordnung durchgeführt, sondern nach nationalem Recht entschieden, allerdings ohne die Akten aus Malta beizuziehen oder weiter zu prüfen, ob sich aus der dortigen Schutzgewährung Einschränkungen ergäben. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses habe in seinem Urteil vom 17. Juni 2014 (Az.: 10 C 7.13) entschieden, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch einen anderen Mitgliedstaat Bindungswirkung entfalte. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes lägen vor. Es herrsche in Zentral- und Südsomalia nach wie vor Bürgerkrieg und es gebe kaum Schutz vor Übergriffen durch Clan- und andere Milizen sowie bewaffnete Banden. Auch internationale Hilfsorganisationen könnten keinen Schutz bieten, sie müssten ausweislich des Lageberichts des Auswärtigen Amtes vom November 2014 selbst um ihre Mitarbeiter dort bangen. Er sei als Angehöriger der Zivilbevölkerung gefährdet. Er habe Somalia vor 11 Jahren verlassen, sei nicht mehr in die dortigen Clanstrukturen eingebunden und wäre bei einer Rückkehr auf sich alleine gestellt. Dies sei ein individuelles, gefahrerhöhendes Merkmal. Jedenfalls ergebe sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ein nationales Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG, weil die Abschiebung gegen Art. 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention – EMRK – verstoßen würde. In dieser Hinsicht sei eine andere Beurteilung als im Rahmen von § 4 AsylVfG kaum denkbar. Der internationale subsidiäre Schutz, der in § 4 AsylVfG in nationales Recht umgesetzt worden sei, sei bereits zuerkannt, wenn auch von einem anderen Staat. Daher sei konsequenter Weise ein entsprechendes Abschiebeverbot zu bejahen. Hilfsweise liege ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Grundversorgung sei nicht gewährleistet. Es sei nicht ohne weiteres anzunehmen, dass seine Familie noch immer anwesend und bereit sowie in der Lage sei, ihn zu unterstützen.

17

Der Kläger beantragt,

18

unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 4. Februar 2015 und Aufhebung von Ziffern 3., 4. und 5. des Bescheides vom 27. Januar 2014 die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen

19

hilfsweise,

20

festzustellen, dass für ihn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.

21

Die Beklagte beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der Kläger habe nichts unternommen, um die von ihm behauptete Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter durch die Republik Malta zu beweisen. Er habe vorgetragen, sein Reisedokument im Zug verloren zu haben.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2015. Die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die auf Bl. 32 ff. und Bl. 119 ff. der Prozessakte aufgelisteten Unterlagen zu den Verhältnissen in Somalia lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt wird ebenfalls verwiesen.

Entscheidungsgründe

25

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die Klage, über die das Gericht trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden konnte, weil diese ordnungsgemäß geladen war (§ 102 Abs. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –) ist zwar zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).

26

Maßgeblich für die Entscheidung sind gemäß § 77 Abs. 1 Asylgesetz – AsylG – die Vorschriften des Asylgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2010).

27

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere steht der Zulässigkeit des Begehrens nach Zuerkennung subsidiären Schutzes keine bereits im Ausland erfolgte Zuerkennung entgegen. Wurde bereits im Ausland die Rechtsstellung eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne vom § 4 AsylG zuerkannt, so ist ein erneutes Schutzbegehren zwar unzulässig (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7.13 –, BVerwGE 150, 29 und juris, Rn. 28 ff. und Beschluss vom 30. September 2015 – 1 B 51.15 –, S. 3 f. BA). Vorliegend kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger bereits von der Republik Malta ein solcher Schutzstatus zuerkannt worden ist. Der Kläger hat insoweit zwar vorgetragen, ihm sei auf Malta der subsidiäre Schutz gewährt worden; jedoch steht auf der Grundlage dieser Behauptung und unter Zugrundelegung der sonstigen Umstände nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger über eine solche Rechtsstellung verfügt. Er hat insoweit keinerlei Dokumente vorlegen können; eine entsprechende Rechtsstellung ist auch nicht aus den vorliegenden Verwaltungsakten erkennbar.

28

Dabei dürfte zunächst feststehen, dass dem Kläger bei seinem ersten Aufenthalt auf Malta im Zeitraum 2004 bis 2007 kein Aufenthaltstitel erteilt worden ist. Dies ergibt sich daraus, dass Malta dem Wiederaufnahmegesuch von Schweden im Jahr 2007 unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 lit. c) der Dublin-II-Verordnung zugestimmt hat, d.h. wegen des laufenden Verfahrens auf Malta, und nicht auf der Grundlage von Art. 16 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung bei erteiltem Aufenthaltstitel. Aus dem klägerischen Vortrag ergeben sich weiterhin keine darüber hinaus gehenden konkreten Anhaltspunkte, dass ihm im Rahmen seines zweiten Aufenthalts auf Malta der subsidiäre Schutzstatus bzw. ein Aufenthaltstitel erteilt worden ist. Genauso, wie er sich bereits von 2004 bis 2007 ohne einen solchen auf Malta aufgehalten und dort (selten) als Tagelöhner gearbeitet haben kann, kann dies auch ohne weiteres bei seinem zweiten Aufenthalt von der Abschiebung aus der Schweiz (wohl Ende 2008/Anfang 2009) bis 2012 der Fall gewesen sein.

29

Auch der Umstand, dass bei der Eurodac-Abfrage der Beklagten kein Treffer in Bezug auf Malta angezeigt wurde, führt zu keiner anderen Bewertung. Zwar könnte dies darauf hindeuten, dass der Datensatz des Klägers wegen einer Anerkennung als Flüchtling gemäß Art. 12 Abs. 1 der Eurodac-Verordnung gesperrt war. Indes kann dies aber auch ohne weiteres auf anderen Gründen, wie etwa systembedingten oder anwenderbedingten Fehlern beruhen. So ergab sich bei der Abfrage der Beklagten im März 2012 lediglich der Treffer für die Niederlande, während in einer späteren Abfrage Treffer in den Niederlanden und in Schweden angezeigt wurden.

30

Eine weitergehende Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO hat für das Gericht nicht bestanden, weil der klägerische Vortrag – auch nach Hinweis und ausdrücklicher Nachfrage – keine hinreichenden konkreten Anhaltspunkte für eine solche geboten hat (vgl. zur Amtsermittlungspflicht etwa BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2015 – 1 B 2.15 –). Es hätte dem Kläger oblegen, zumindest durch weitere und genauere Angaben zu seinen Aufenthalten auf Malta und den von ihm angeführten Aufenthaltserlaubnissen und Dokumenten konkrete Anhaltspunkte dafür zu bieten, dass sein – aus der Eurodac-Anfrage Schwedens ersichtlicher – am 23. Oktober 2004 gestellter Asylantrag auf Malta dort zu einer Anerkennung geführt hat. Seine Angaben sind ohne weitere Präzisierung so vage geblieben, dass sich aus ihnen keine Anknüpfungspunkte für eine weitere Sachverhaltsermittlung ergeben haben.

31

Mangels Vorliegens einer im Ausland zuerkannten Schutzstellung steht daher auch das Rechtsschutzinteresse für die Zuerkennung nationaler Abschiebungsverbote nicht in Frage (vgl. zur Frage des Rechtsschutzbedürfnisses für die Zuerkennung nationaler Abschiebungsverbote bei bereits erfolgter Gewährung subsidiären Schutzes im Ausland BayVGH, Beschluss vom 18. Juni 2015 – 20 B 15.30017 –, juris, Rn. 14).

32

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (1.) noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes (2.), auch die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung sind nicht zu beanstanden (3.).

33

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter. Die Voraussetzungen des § 4 AsylG liegen nicht vor. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Nach Satz 2 gilt als ernsthafter Schaden die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) sowie – worauf sich der Kläger vorliegend ausschließlich beruft – eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).

34

Nach den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen stellt sich die allgemeine Situation in Somalia aktuell im Wesentlichen wie folgt dar: Somalia ist spätestens seit Beginn des Bürgerkriegs 1991 ohne flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die Autorität der Zentralregierung wird vom nach Unabhängigkeit strebenden „Somaliland“ im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen Al Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Das Land zerfällt faktisch in drei Teile, nämlich das südliche und mittlere Somalia, die Unabhängigkeit beanspruchende „Republik Somaliland“ im Nordwesten und die autonome Region Puntland im Nordosten. In Puntland gibt es eine vergleichsweise stabile Regierung; die Region ist von gewaltsamen Auseinandersetzungen deutlich weniger betroffen als Süd-/Zentralsomalia. In „Somaliland“ wurde im somaliaweiten Vergleich das bislang größte Maß an Sicherheit, Stabilität und Entwicklung erreicht. In Süd- und Zentralsomalia kämpfen die somalischen Sicherheitskräfte mit Unterstützung der Militärmission der Afrikanischen Union AMISOM gegen die Al Shabaab-Miliz. Die Gebiete sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der Al Shabaab-Miliz oder anderer Milizen. Die meisten größeren Städte sind schon längere Zeit in der Hand der Regierung, in den ländlichen Gebieten herrscht oft noch die Al Shabaab. In den „befreiten“ Gebieten, zu denen seit August 2011 auch die Hauptstadt Mogadischu zählt, finden keine direkten kämpferischen Auseinandersetzungen mehr statt. Die Al Shabaab verübt jedoch immer wieder Sprengstoffattentate auf bestimmte Objekte und Personen, bei denen auch Unbeteiligte verletzt oder getötet werden (siehe Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 2. Februar 2015, Stand November 2014, S. 4 f.; Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 25. Juli 2013, S. 29; Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 7; siehe auch EGMR, Urteil vom 5. September 2013 – Nr. 886/11, [K.A.B. ./. Schweden] –, Rn. 87 ff.).

35

Der Senat kann dahinstehen lassen, ob angesichts dessen die Aussage des Klägers zutrifft, in ganz Süd- und Zentralsomalia – und damit auch in der Hauptstadt Mogadischu – herrsche noch ein bewaffneter innerstaatlicher Konflikt (vgl. zur Definition BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, juris, Rn. 22 f. und vom 24. Juni 2008 – 10 C 43.07 –, juris, Rn. 22 ff.). Während das Auswärtige Amt insoweit – ohne Differenzierung danach, ob es sich um „befreite“ Gebiete handelt – dies bejaht (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 2. Februar 2015, Stand November 2014, S. 4 f.: „In Süd- und Zentralsomalia, wo auch die Hauptstadt Mogadischu liegt, herrscht Bürgerkrieg.“), gehen andere Einschätzungen wie das Österreichische Bundesasylamt davon aus, dass sich die generelle Sicherheitssituation für die Bevölkerung Mogadischus verbessert hat. Mogadischu ist danach vielleicht noch nicht befriedet, befindet sich jedoch definitiv nicht im Kriegszustand (Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 25. Juli 2013, S. 43). Weiter wird es als sehr unwahrscheinlich angesehen dass die Al Shabaab unter den gegebenen Umständen in der Lage ist, Mogadischu wieder einzunehmen (vgl. Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 8). Daher ist fraglich, ob für die Region Mogadischu, in der es nicht mehr zu direkten bewaffneten Auseinandersetzungen kommt, noch ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu bejahen ist. Allerdings wird der erreichte Zustand in nahezu allen Berichten als fragil bzw. unbeständig beschrieben (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Somalia: Sicherheitssituation in Mogadischu – Auskunft der SFH-Länderanalyse, 25. Oktober 2013, S. 1; European Asylum Support Office, EASO Somalia seminar, 14 October 2014 – Summaries of Keynotes Presentations, 1. Dezember 2014, S. 4; Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 49). Die Al Shabaab vollzieht nunmehr eine asymetrische Kriegsführung, die insbesondere gezielte Attentate, den Einsatz von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen und überfallartige Angriffe (sog. „hit and run“) umfasst (Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 9; siehe auch European Asylum Support Service, EASO Country of Origin Information report – South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 85; vgl. auch EGMR, Urteil vom 5. September 2013 – Nr. 886/11 [K.A.B. ./. Schweden] –, Rn. 88).

36

Jedenfalls ist der Kläger im hier vorliegenden Einzelfall keiner ernsthaften, individuellen Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt.

37

Für die Annahme einer ernsthaften individuellen Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG genügt es nicht, dass der innerstaatliche bewaffnete Konflikt zu permanenten Gefährdungen der Bevölkerung führt (BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 – 10 C 6.13 –, juris, Rn. 24). Die von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich jedoch individuell verdichten. Eine ernsthafte individuelle Bedrohung für Leib oder Leben kann in erster Linie auf gefahrerhöhenden persönlichen Umständen beruhen. Dies sind solche Umstände, die den Ausländer von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen als andere, etwa weil er von Berufs wegen (z. B. als Arzt oder Journalist) gezwungen ist, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Ausländer als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte – etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit – ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht schon eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt (BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, juris, Rn. 33, und vom 17. November 2010 – 10 C 13.10 –, juris, Rn. 18). Im Ausnahmefall kann eine ernsthafte individuelle Bedrohung von Leib oder Leben aber auch durch eine allgemeine Gefahr hervorgerufen sein, die sich in besonderer Weise zugespitzt hat. Gefahren, denen die Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe eines Landes „allgemein“ ausgesetzt ist, stellen normalerweise zwar keine individuelle Bedrohung dar. Eine Ausnahme davon gilt aber bei besonderer Verdichtung der Gefahr, die unabhängig von individuellen gefahrerhöhenden Umständen zu deren Individualisierung führt. Davon ist auszugehen, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteile vom 17. Februar 2009 – C-465/07 [Elgafaji] –, juris, Rn. 35 und 39, und vom 30. Januar 2014 – C-285/12 [Diakite] –, juris, Rn. 30; BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, juris, Rn. 32 und vom 17. November 2011 – 10 C 13.10 –, juris, Rn. 19).

38

Unabhängig davon, ob die individuelle Bedrohungssituation auf persönliche Umstände oder ausnahmsweise auf die allgemeine Lage im Herkunftsland zurückgeht, sind Feststellungen über das Niveau willkürlicher Gewalt in dem jeweiligen Gebiet zu treffen. Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich; liegen gefahrerhöhende persönliche Umstände vor, genügt auch ein geringeres Niveau willkürlicher Gewalt. In beiden Konstellationen ist eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, notwendig (BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, juris, Rn. 33). Es bedarf zudem einer wertenden Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung unter Berücksichtigung der medizinischen Versorgungslage (BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, juris, Rn. 33, und vom 13. Februar 2014, 10 C 6.13 –, juris, Rn. 24). Das Bundesverwaltungsgericht sieht ein Risiko von 1:800, in dem betreffenden Gebiet verletzt oder getötet zu werden, als so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt an, dass auch eine wertende Gesamtbetrachtung am Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nichts zu ändern vermag (vgl. zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F. BVerwG, Urteil vom 17. November 2011, 10 C 13.10 –, juris, Rn. 22 f. zur Lage in der Provinz Ninive im Irak; siehe auch BVerwG, Urteil vom 17. November 2011 – 10 C 11/10 –, juris, Rn. 20 f. zur Lage in Bagdad [Risiko von 1:1000]).

39

Für die Gefahrenprognose ist bei einem nicht landesweiten Konflikt auf den tatsächlichen Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr abzustellen. Für die Frage, welche Region als Zielort seiner Rückkehr anzusehen ist, kommt es weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer aus seinem subjektiven Blickwinkel strebt. Zielort der Abschiebung ist in der Regel seine Herkunftsregion, in die er typischerweise zurückkehren wird (BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2009 – 10 C 9.08 –, juris, Rn. 17 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 – C-465/07 [Elgafaji]). Dies ist im Fall des Klägers die Hauptstadt Mogadischu. Dort hat der Kläger nach seinen Angaben von 1997 bis 2004 mit seinen Eltern und seinen Geschwistern gelebt, sein Vater hatte dort bis 2006 einen Laden und der Kläger ist dort zur Schule gegangen.

40

Gemessen an diesen Kriterien fehlt es an einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Klägers bei einer Rückkehr nach Mogadischu.

41

Gefahrerhöhende persönliche Umstände, die ihn wegen persönlicher Merkmale einem besonderen Sicherheitsrisiko aussetzen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Kläger gehört keiner Risikogruppe an. Gefahrerhöhende Umstände ergeben sich auch nicht bereits aus seiner Situation als Rückkehrer nach einem Auslandsaufenthalt. Zwar sieht die Al Shabaab Rückkehrer aus westlichen Ländern möglicherweise als Spione der Regierungstruppen an (European Asylum Support Office, EASO Country of Origin Information report – South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 106); da sie aber in den unter der Kontrolle der Regierung stehenden Gebieten – wie Mogadischu – nicht mehr frei agieren kann und angesichts der Zahl von rückkehrenden Personen – v.a. auch Binnenvertriebene (vgl. European Asylum Support Office, EASO Country of Origin Information report – South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 117; Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 25. Juli 2013, S. 19) – ergibt sich daraus nicht für jeden Rückkehrer ohne weiteres eine ernsthafte Bedrohung. Der Kläger gehört zudem nicht einem Minderheiten-, sondern einem Mehrheitenclan an, so dass auch unter diesem Aspekt kein gefahrerhöhender persönlicher Umstand angenommen werden kann. Auch ist nicht ersichtlich, dass er bereits der Al Shabaab oder den Polizeikräften besonders aufgefallen ist. Soweit er diesbezüglich vorgetragen hat, die Familie, die seinen Bruder anlässlich eines Kartenspiels um Geld getötet habe, gehöre jetzt der Al Shabaab an und wolle auch ihn töten, so bestehen zum einen angesichts des vom Kläger im Laufe des Verfahrens gesteigerten Vortrags – insbesondere auch im Hinblick auf den Hintergrund der Tötung des Bruders (Kartenspiel um Geld) und die Bedrohung wegen der Schwangerschaft einer Frau – Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieses Vorbringens. Zudem ergibt sich aber aus den Ausführungen des Klägers auch nicht, dass nach nunmehr 11 Jahren immer noch eine ernsthafte Bedrohung bestehe.

42

Auch die allgemeine Lage ist nicht so gefährlich, dass sie sich unabhängig von persönlichen Merkmalen auf jede Zivilperson individualisiert. Die erforderliche Gefahrendichte ist in Mogadischu nicht mehr gegeben. Zwar ist die Sicherheits- und Versorgungslage in Süd- und Zentralsomalia nach wie vor fragil, dennoch zeichnet sich nach den vorliegenden Erkenntnisquellen eine Entwicklung ab, die eine Verbesserung der generellen Sicherheitssituation für die Bevölkerung mit sich gebracht hat, auch wenn dies nicht landesweit gilt.

43

Eine genaue Bewertung der Gefahrendichte aufgrund einer quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos durch Gegenüberstellung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen und der Akte willkürlicher Gewalt, erscheint jedoch kaum verlässlich möglich. Dies beruht bereits darauf, dass es für eine Gesamtbevölkerungszahl als Ausgangsbasis keine gesicherten Zahlen gibt und die entsprechenden Schätzungen erheblich differieren. Zudem kann die Zahl der Zivilpersonen, die Opfer willkürlicher Gewalt geworden sind, kaum annäherungsweise verlässlich geschätzt werden, weil belastbare Zahlen nicht vorhanden sind. Dies betrifft etwa die Frage, ob in den insoweit verfügbaren Aufstellungen die Zählung der „Zivilpersonen“ auch solche Opfer umfasst, die den besonderen Risikogruppen (Politiker, Regierungsmitarbeiter etc.) angehören. Auch wird in den Berichten über Vorfälle meist lediglich über die Zahl der Getöteten, nicht aber auch über die der Verletzten berichtet.

44

Die Gesamtbevölkerung von Mogadischu wird vom Auswärtigen Amt als vermutlich deutlich über eine Million Einwohner einschließlich einer großen Anzahl Binnenvertriebener einschätzt (www.auswaertiges-amt.de). Setzt man zu dieser Einwohnerzahl die sich aus der Aufstellung von ACCORD (Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 3. November 2015) ergebende Zahl der im Jahr 2014 in der gesamten Region Banaadir verzeichneten 739 Vorfälle mit 586 Toten – jedoch bezogen auf alle Konfliktvorfälle, d.h. nicht nur Gewaltvorfälle gegen Zivilpersonen – würde sich unter Zugrundelegung dieser Zahlenwerte ein Tötungsrisiko von etwa 1:1700 (0,0586 %) ergeben, wobei eine Berechnung des Verletzungsrisikos mangels entsprechender verfügbarer Auflistung nicht möglich erscheint.

45

Auch ungeachtet einer quantitativen Bewertung ergibt sich unter Zugrundelegung der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen in Mogadischu keine solche Gefahrendichte, dass jedermann alleine aufgrund seiner Anwesenheit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden. In den Berichten ist regelmäßig von „Verbesserungen“ die Rede, auch wenn dies angesichts der früheren extremen Situation nicht damit gleichgesetzt werden kann, dass keine wesentliche Gefahr für die Zivilbevölkerung mehr gegeben ist. Aus der Hauptstadt Mogadischu wurde die Al Shabaab Miliz im August 2011 vertrieben. Es gelingt ihr zwar immer wieder, Anschläge zu verüben. Diese Anschläge richten sich aber in der Regel gezielt gegen Funktionsträger (vgl. Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 11). Wegen der verdeckten Präsenz der Al Shabaab besteht in Mogadischu für mehrere Risikogruppen (z. B. Regierungsmitarbeiter, Politiker, Sicherheitskräfte etc.) eine Gefahr durch auf Funktionsträger und deren Einrichtungen gerichtete Attentate und Anschläge. Für den einfachen Stadtbewohner droht hingegen als einzige Gefahr, sich „zur falschen Zeit am falschen Ort“ zu befinden und damit Opfer im Rahmen solcher Anschläge zu werden (Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 25. Juli 2013, S. 43). Die Gesamtzahl der zivilen Opfer dürfte daher zu einem nicht unerheblichen Teil Personen mit erhöhten Gefährdungspotentialen betroffen haben. Dies beruht darauf, dass nach bisheriger Erkenntnislage durch die von der Al Shabaab vorgenommene strategische Auswahl der Anschlagsziele bestimmte Berufsgruppen in besonderer Weise betroffen waren: Regierungsmitarbeiter, Mitarbeiter internationaler Organisationen, Angehörige der Sicherheitskräfte, Abgeordnete, mit der Regierung zusammenarbeitende Personen, Politiker. Dies verdeutlichen die nach den vorliegenden Erkenntnisquellen verübten Anschläge (siehe zu den Ereignissen im Jahr 2015 etwa die Aufstellung von ACCORD, ecoi.net-Themendossier: Al Shabaab: Zeitachse von Ereignissen, Stand 22. September 2015: September 2015: Angriff auf einen Militärstützpunkt nahe Mogadischu; August 2015: Bombenanschlag in Mogadischu; Juli 2015: schwerer Bombenanschlag auf das Hotel Jazeera Palace, Anschlag auf zwei Hotels in Mogadischu, wovon sich eines nahe dem somalischen Parlament befindet; Juni 2015: Selbstmordanschlag auf einen diplomatischen Konvoi; April 2015: Explosion einer Autobombe vor einem Restaurant vor dem Central Hotel, in dem sich oft Politiker aufhalten, Angriff auf einen Regierungskomplex u.a. mit einem mit Sprengstoff beladenen Auto; März 2015: Besetzung eines Hotels, Autobombenanschlag vor einem Hotel; Februar 2015: Angriff auf ein Hotel, in dem Regierungsbeamte das Freitagsgebet abgehalten haben, Angriff auf den Präsidentenpalast; Januar 2015: Explosion einer Autobombe vor einem Hotel, in dem Delegierte der Türkei den Besuch des türkischen Präsidenten vorbereiteten, Selbstmordanschlag nahe dem Flughafen; siehe zudem zu Vorfällen in den vergangenen Monaten Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 28. September 2015: Autobombenanschlag nahe dem Präsidentenpalast; Briefing Notes vom 2. November 2015: Angriff auf das Hotel Sahafi). Die Betrachtung der – in den o. g. Aufstellungen von ACCORD auch für die Vorjahre – verzeichneten Anschläge zeigt, dass es die Al Shabaab nicht gezielt auf Zivilisten absieht, insoweit aber Opfer in Kauf nimmt. Die Vorkommnisse, über die berichtet wird, sind insgesamt nicht so häufig und erreichen keine so hohen zivilen Opferzahlen, als davon gesprochen werden könnte, dass jeder Zivilist der weit über eine Million Einwohner zählenden Stadt aufgrund seiner bloßen Anwesenheit gefährdet wäre (siehe dazu auch VG Aachen, Urteile vom 13. April 2015 – 7 K 711/14.A –, juris, und vom 9. November 2015 – 7 K 53/15.A –, juris; VG Regensburg, Urteil vom 27. August 2015 – RO 7 K 15.30680 –; VG Cottbus, Urteil vom 10. September 2015 – VG 5 K 487/15.A –; VG Stade, Urteil vom 5. Oktober 2015 – 3 A 3658/13 –, juris; siehe auch EGMR, Urteil vom 5. September 2013 – Nr. 886/11 [K.A.B. ./. Schweden] –, Rn. 86 ff.; a.A. VG Kassel, Urteil vom 3. März 2015 – 4 K 867/13.KS.A –; VG Göttingen, Urteil vom 21. Juli 2015 – 3 A 626/14 –, juris). Insoweit lässt sich zwar bislang keine wesentliche rückläufige Tendenz der Vorfälle verzeichnen, indes ergeben sich aber auch keine eindeutigen Anhaltspunkte dafür, dass abgesehen von Schwankungen in der Häufigkeit der Vorfälle und der Anzahl der Opfer von einer wesentlichen Trendänderung dahingehend auszugehen ist, dass jeder Zivilperson bereits durch ihre Anwesenheit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den Rechtsgütern Leib oder Leben drohen würde. Jedenfalls lässt sich auch ein staatliches Vorgehen gegen die Al Shabaab verzeichnen, etwa die Aussetzung eines Kopfgeldes von insgesamt 1,3 Mio. USD für 11 ranghohe Funktionsträger der Al Shabaab und ein Großeinsatz somalischer Sicherheitskräfte mit Durchsuchungen in Mogadischu und 60 Festnahmen mutmaßlicher Mitglieder der Al Shabaab (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 13. April 2015 und 15. Juni 2015).

46

2. Es besteht kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG (a.) oder nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (b.).

47

a. Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht ersichtlich. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig ist. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hat der Kläger lediglich unter dem Gesichtspunkt geltend gemacht, dass wegen der Zuerkennung des subsidiären Schutzes auf Malta und wegen der nahezu identischen Voraussetzungen ein Abschiebungsverbot auch auf dieser Grundlage zu bejahen wäre. Von der Zuerkennung des subsidiären Schutzes auf Malta kann aber nicht ausgegangen werden; für eine darüber hinaus gehende Prüfung hat der Kläger weiter nichts vorgetragen.

48

b. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist ebenfalls nicht ersichtlich.

49

Ein solches Abschiebungsverbot ergibt sich für den Kläger nicht angesichts der allgemeinen schlechten Versorgungslage in Somalia.

50

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG sind Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Mangels einer derartigen Abschiebestopp-Anordnung macht der Kläger mit seinem Hinweis auf die unzureichende Versorgungslage in Somalia allgemeine Gefahren geltend, die aufgrund der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG grundsätzlich nicht rechtfertigen können. Diese Sperrwirkung kann nur dann im Wege einer verfassungskonformen Auslegung eingeschränkt werden, wenn für den Schutzsuchenden ansonsten eine verfassungswidrige Schutzlücke besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2008 – 10 C 43.07 –, juris, Rn. 32 m.w.N.). Im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die den Kläger in Somalia erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, kann er Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz – GG –, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Wann danach allgemeine Gefahren zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab. Die drohenden Gefahren müssen nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Die Gefahren müssen dem Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Nach diesem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad muss eine Abschiebung dann ausgesetzt werden, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde" (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2001 – 1 C 5.01 –, BVerwGE 115, 1 und juris, Rn. 21 m.w.N.). Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. zu alldem BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 – 10 C 24/10 –, BVerwGE 137, 226 und juris, Rn. 12 ff.).

51

Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes ist in Süd- und Zentralsomalia die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln nicht gewährleistet; es gibt keinen sozialen Wohnraum oder Sozialhilfe und keine Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 2. Februar 2015, Stand November 2014, S. 16). In allen Städten Süd- und Zentralsomalias (inklusive Mogadischu) ist für den Großteil der Bevölkerung der Zugang zur sozialen Grundversorgung beschränkt. Clan und Familie, einbezogen die weitere Familie, sind nach wie vor die wichtigsten Faktoren bezüglich der Akzeptanz, Sicherheit und dem Zugang zu Grundbedürfnissen wie Wohnung und Essen. Eine generelle Regel ist es, dass Somalier auch sehr weit entfernten Verwandten helfen, solange eine Clan-Verbindung besteht, vorausgesetzt, sie sind in der Lage, dies zu tun (Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 20). Für Somalier in Mogadischu ist es sehr schwierig, ohne Unterstützung durch ein Netzwerk zu überleben. Insbesondere, wenn sie keinem Clan oder keiner Kernfamilie in dem maßgeblichen Bezirk angehören, sind sie heiklen Existenzbedingungen ausgesetzt. Sie sind oft gezwungen, in Siedlungen für Binnenvertriebene zu leben, wo die Lebensbedingungen erbärmlich sind und gemeinhin von Menschenrechtsverletzungen berichtet wird (Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 26; siehe auch European Asylum Support Service, EASO Country of Origin Information report – South an Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 37 f.; vgl. zu den dortigen Verhältnissen auch EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 – Nr. 8319/07 [Sufi u. Elmi] –, Rn. 303). Es wird weiter aber auch berichtet, dass lokale NGOs Neuankömmlingen helfen können (siehe European Asylum Support Service, EASO Country of Origin Information report – South an Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 118).

52

Unter Zugrundelegung dieser Umstände ist für den Kläger nicht ersichtlich, dass er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Der Kläger ist ein junger Mann, der einem Mehrheitsclan angehört. Er ist durch seinen Schulbesuch gebildet und hat in der Vergangenheit im Laden seines Vaters ausgeholfen und auf Malta (wenn auch selten) als Tagelöhner gearbeitet. Daher ist davon auszugehen, dass er sich durch Gelegenheitsjobs zumindest eine Lebensgrundlage verdienen könnte, die ihm längerfristig ein Leben außerhalb der Vertriebenen- und Flüchtlingssiedlungen ermöglichen kann. Er hat insoweit auch nicht vorgetragen, dass ihn die chronische Hepatitis B-Erkrankung von der Aufnahme jeglicher Tätigkeit abhielte. Zudem hat der Kläger bei der Stellung seines Asylantrags im März 2012 angegeben, Verwandte ersten und zweiten Grades sowie weitere Familienangehörige in Somalia zu haben. Ungeachtet dessen, dass die Angaben zum Verbleib seiner Eltern und Geschwister widersprüchlich sind – in der Anhörung gab der Kläger an, die Eltern lebten im Flüchtlingslager Elesha Biyeha und sein Vater, seine Geschwister von der zweiten Frau des Vaters und die Frau lebten dort und er habe Kontakt zu ihnen, während er in der mündlichen Verhandlung angab, die Eltern seien in Kenia und die Geschwister in Kenia und Uganda, was er in der Anhörung nicht habe sagen können – dürften zumindest Familienangehörige der weiteren Familie noch in Somalia sein. Der Kläger hat weiter angegeben, finanzielle Unterstützung durch einen Onkel aus England und durch in europäischen Ländern lebende Cousinen und Cousins bekommen zu haben; dass eine solche finanzielle Unterstützung nunmehr gänzlich ausgeschlossen sein sollte, hat der Kläger nicht vorgetragen. Auch wenn der Kläger nunmehr seit 11 Jahren nicht mehr in Somalia gewesen ist und er mit den dortigen aktuellen Verhältnissen nicht vertraut sein dürfte, ist davon auszugehen, dass er sich als junger Mann, der in den vergangenen 11 Jahren vielfältige Lebenserfahrungen in unterschiedlichen Ländern gesammelt haben wird und sich auch dort zurecht gefunden hat, auch in Somalia langfristig wieder zurecht finden wird. Daher ist jedenfalls davon auszugehen, dass er auch angesichts der kritischen Lebensbedingungen in Somalia jedenfalls weder der Existenzvernichtung noch schwersten Gesundheitsschäden ausgesetzt sein wird.

53

Auch ein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot liegt nicht vor.

54

Die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des Ausländers aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat verschlimmert, ist in der Regel als individuelle Gefahr einzustufen, die am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung zu prüfen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2006 – 1 C 16.05 –, juris, Rn. 17 m.w.N.). Erforderlich aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist danach, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Ein strengerer Maßstab gilt in Krankheitsfällen ausnahmsweise nur dann, wenn zielstaatsbezogene Verschlimmerungen von Krankheiten als allgemeine Gefahr oder Gruppengefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG zu qualifizieren sind. Dies kommt allerdings bei Erkrankungen nur in Betracht, wenn es – etwa bei Aids – um eine große Anzahl Betroffener im Zielstaat geht und deshalb ein Bedürfnis für eine ausländerpolitische Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 AufenthG besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2006 – 1 C 16.05 –, juris, Rn. 17 m.w.N.). In solchen Fällen kann Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung nur dann gewährt werden, wenn im Abschiebezielstaat für den Ausländer (entweder aufgrund der allgemeinen Verhältnisse oder aufgrund von Besonderheiten im Einzelfall) landesweit eine extrem zugespitzte Gefahr wegen einer notwendigen, aber nicht erlangbaren medizinischen Versorgung zu erwarten ist, wenn mit anderen Worten der betroffene Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (siehe zu alldem BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 –, BVerwGE 127, 33 und juris, Rn. 15 ff. m.w.N.).

55

Offen bleiben kann hier, ob chronische Hepatitis B eine singuläre Krankheit darstellt oder in Somalia wegen einer hohen Verbreitung als allgemeine Gefahr zu qualifizieren wäre (vgl. hinsichtlich der Verbreitung von Hepatitis B in Zentralafrika VG Hamburg, Urteil vom 17. Oktober 2012 – 4 A 88/12 –, juris). Denn dem Kläger droht bereits keine wesentliche Verschlimmerung seiner Erkrankung alsbald nach der Rückkehr, so dass auch bei Annahme einer singulären Krankheit – und damit erst recht bei einer „allgemeinen Gefahr“ – ein Abschiebungsverbot zu verneinen ist.

56

Den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen nach ist die medizinische Versorgung im gesamten Land äußerst mangelhaft (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 2. Februar 2015, Stand November 2014, S. 16). Eine medizinische Grundversorgung ist grundsätzlich erhältlich in den größeren Stadtzentren in Süd- und Zentralsomalia, auch wenn die Qualität und der Zugang zum medizinischen Service örtlichen Unterschieden und Unsicherheiten unterworfen ist (Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 21). In Mogadischu gibt es Krankenhäuser (siehe European Asylum Support Service, EASO Country of Origin Information report – South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 34).

57

Der Kläger ist jung und hat neben der chronischen Erkrankung mit Hepatitis B keine weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen geltend gemacht. Er hat den „Carrier-Status“, d.h. er ist Träger der Hepatitis B, hat aber keinen mehr oder weniger schweren Leberschaden. Er hat zwar vorgetragen, täglich Schmerzen zu haben, eine akute Behandlung oder medikamentöse Therapie ist derzeit nicht erforderlich, vielmehr soll eine regelmäßige Überwachung erfolgen. Seine Erkrankung befindet sich damit in einem Stadium, in dem keine medikamentöse Behandlung erfolgt und noch einige Jahre oder gar Jahrzehnte vergehen können, bevor es zu einer Erkrankung der Leber kommen kann. Bis dahin ist ungewiss, wann die Behandlungsbedürftigkeit eintritt. Aktuell ist er daher – abgesehen von Kontrolluntersuchungen – nicht auf eine medizinische Versorgung in Mogadischu angewiesen. Auch wenn die zunächst erforderlichen Kontrolluntersuchungen in Mogadischu nicht möglich oder für den Kläger nicht zugänglich sein sollten, gibt es derzeit auch keine ernsthaften Anhaltspunkte dafür, dass sich der Gesundheitszustand auch ohne regelmäßige Kontrollen alsbald nach der Rückkehr wesentlich verschlimmern würde. Dass sich der Zustand des Klägers aktuell „auf der Kippe“ zur Behandlungsbedürftigkeit befindet oder eine solche in absehbarer Zeit eintreten wird, ist nicht ersichtlich und auch nicht vom Kläger vorgetragen.

58

3. Damit liegen auch die Voraussetzungen für die Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG vor. Da – wie oben ausgeführt – nicht feststeht, dass dem Kläger auf Malta der unionsrechtliche subsidiäre Schutz zuerkannt worden ist, kann eine solche Zuerkennung der Abschiebungsandrohung nach Somalia auch nicht entgegengehalten werden (vgl. zur Frage einer „Bindungswirkung“ VG Berlin, Urteil vom 1. April 2014 – 33 K 548.13 A –, juris, Rn. 31 ff.).

59

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

60

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordung.

61

Die Revision war nicht zuzulassen, da die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegen.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg ist unbegründet, da die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) nicht vorliegt.

Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass für die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten (Klärungsfähigkeit) und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist (Klärungsbedürftigkeit) (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob individuelle gefahrerhöhende Umstände im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG darin zu sehen sind, dass ein somalischer Staatsangehöriger von der al-Shabaab-Terrormiliz rekrutiert werden sollte, er sich diesem Ruf aber verweigert hat und stattdessen aus dem Land floh.

Diese Frage ist jedoch nicht klärungsbedürftig. Die Antwort darauf ergibt sich bereits aus dem Gesetz und der hierzu ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 38).

§ 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG setzt als Tatbestandsvoraussetzung für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (ebenso wie Art. 2 Buchst. f der zugrundeliegenden Richtlinie 2011/95/EU) einen dem Ausländer in seinem Herkunftsland drohenden ernsthaften Schaden voraus. Als solcher gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG (bzw. Art. 15 der Richtlinie 2011/95/EU) entweder die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1 bzw. Art. 15 Buchst. a der Richtlinie), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Handlung oder Bestrafung (Nr. 2 oder Art. 15 Buchst. b der Richtlinie) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3 bzw. Art. 15 Buchst. c der Richtlinie). Der Europäische Gerichtshof hat in seinem zu dieser Vorschrift ergangenen Urteil vom 17. Februar 2009 (C-465/07 – Elgafaji – NVwZ 2009, 705) ausgeführt, dass die Begriffe in Art. 15 Buchst. a und b der Richtlinie 2011/95/EU Situationen erfassen, in denen der den subsidiären Schutz Beantragende spezifisch der Gefahr ausgesetzt sei, einen Schaden ganz bestimmter Art zu erleiden (Rn. 32). Hingegen umfasse der in Art. 15 Buchst. c der Richtlinie definierte Schaden eine Schadensgefahr allgemeinerer Art (Rn. 33). Die infrage stehende Gewalt, der die Bedrohung in diesem Fall entspringe, werde als „willkürlich“ gekennzeichnet, was impliziere, dass es sich auf Personen ungeachtet ihrer persönlichen Situation erstrecken könne (Rn. 34). Das Adjektiv „individuell“, mit dem die Bedrohung des Lebens oder die Unversehrtheit der Zivilperson beschrieben wird, sei dahin zu verstehen, dass es sich auf schädigende Eingriffe beziehe, die sich gegen Zivilpersonen ungeachtet ihrer Identität richteten, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreiche, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestünden, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes tatsächlich Gefahr liefe, einer ernsthaften Bedrohung im Sinne des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie ausgesetzt zu sein (Rn. 35). Eine solche Situation habe jedoch Ausnahmecharakter (Rn. 37). Auch wenn kollektive Gesichtspunkte für die Anwendung des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie eine bedeutende Rolle spielten, ändere dies nichts daran, dass die Vorschrift systematisch im Verhältnis zu den beiden anderen Tatbeständen des Art. 15 der Richtlinie und deshalb in enger Beziehung zu dieser Individualisierung auszulegen sei (Rn. 38). Dies sei dahin zu präzisieren, dass der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen müsse, damit der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz habe, umso geringer sein werde, je mehr er möglicherweise zu belegen vermöge, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innewohnenden Umstände spezifisch betroffen sei (Rn. 39). Mit der Nennung dieser „seiner persönlichen Situation innewohnenden Umstände“ hat der EuGH die Rechtsgrundlage für die Rechtsfigur der Gefahr erhöhenden Umstände des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG gelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Rechtsprechung in seinem Urteil vom 27. April 2010 (10 C 4/09 – BVerfGE 136, 360) dahingehend konkretisiert, dass zu den Gefahr erhöhenden Umständen in erster Linie solche persönlichen Umstände gehörten, die den Antragsteller von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen ließen, etwa weil er von Berufs wegen – z.B. als Arzt oder Journalist – gezwungen sei, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Dazu könnten aber nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts auch solche persönlichen Umstände gerechnet werden, aufgrund derer der Antragsteller als Zivilperson zusätzlich (Hervorhebung durch den Senat) der Gefahr gezielter Gewaltakte – etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit – ausgesetzt sei, sofern deswegen nicht schon eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht komme (a.a.O., Rn. 33).

Während in der ersten vom Bundesverwaltungsgericht dargestellten Fallgruppe die Gefahrerhöhung daraus resultiert, dass aus bestimmten, etwa beruflichen Gründen, eine gesteigerte Nähe zu der willkürlichen Gewalt und daher eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit, davon betroffen zu werden, Grundlage für die Annahme eines Gefahr erhöhenden Umstands ist, kommen in der zweiten Fallgruppe neben der Gefahr von willkürlicher Gewalt, die nach dem Verständnis des EuGH die Personen ungeachtet ihrer persönlichen Situation betrifft, auch eine Gefahr gezielter Gewaltakte hinzu. Diese gezielte Gewalt kann an eine religiöse oder ethnische Zugehörigkeit oder ein anderes Merkmal nach § 3b AsylG anknüpfen, ohne dass aber bereits die Gefahr einer Gruppenverfolgung in Anknüpfung an dieses Merkmal besteht. Zusätzlich muss der ernsthafte Schaden weiterhin als Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts erscheinen. Ein Gefahr erhöhender Umstand liegt jedoch nach der dargestellten Rechtsprechung des EuGH und des BVerwG nicht vor, wenn die jeweilige Zivilperson nicht nur zusätzlich, neben der willkürlichen Gewalt, sondern ausschließlich die Gefahr gezielter Gewaltakte geltend macht bzw. machen kann.

Die im vorliegenden Fall vom Kläger geltend gemachte Bedrohung stellt sich ausschließlich als gezielte Gewalt von Seiten der al-Shabaab dar. Denn der Kläger macht allein geltend, dass ihm wegen seiner Weigerung, bei der al-Shabaab mitzuwirken, von dieser bei einer Rückkehr nach Somalia ein Schaden für Leib oder Leben droht. Diese Gewalt ist keine willkürliche Gewalt, die sich im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs „ungeachtet der persönlichen Situation“ gegen den Kläger richten kann, wie z.B. bei willkürlicher Gewalt in Bürgerkriegssituationen, die sich gegen besonders Schutzbedürftige wie Frauen oder gesellschaftlich gering geachtete Gruppen oder Minderheiten richtet. Der Vortrag des Klägers kann daher allenfalls einen ernsthaften Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG begründen, stellt sich aber nicht als Gefahr erhöhender Umstand im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG dar.

Aus diesem Grunde würde sich die formulierte Frage in einem Berufungsverfahren auch nicht entscheidungserheblich stellen (vgl. Happ in Eyermann, § 124 VwGO, Rn. 37).

Der Antrag auf Zulassung der Berufung war daher als unbegründet abzulehnen. Daran ändert es auch nichts, dass das Verwaltungsgericht mangels Ausführungen zur Glaubwürdigkeit des klägerischen Vortrags offenbar von dessen Wahrheit ausging und Ausführungen zu dem hier grundsätzlich einschlägigen § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 AsylG nicht gemacht hat. Denn der Berufungszulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung) steht dem Antragsteller im Asylrechtsstreit nicht zur Verfügung. Ein Verfahrensfehler nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG wurde nicht geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Mit der vorliegenden Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig, § 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG.


Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 4. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihm subsidiären Schutz gemäß § 4 Asylgesetz – AsylG – zuzuerkennen, hilfsweise das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz – AufenthG – festzustellen. Des Weiteren wendet er sich gegen die von der Beklagten verfügte Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung.

2

Er stellte am 15. März 2012 bei der Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag und gab an, ein am 1. Januar 1984 geborener somalischer Staatsangehöriger zu sein. Er gehöre dem Stamm der Hawia an und sei in B. geboren. In seinem Herkunftsland habe er Verwandte ersten und zweiten Grades sowie weitere Familienangehörige. Er habe keine berufliche Tätigkeit ausgeübt und sei vier Jahre zu Schule gegangen.

3

Im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt trug der Kläger zur Begründung seines Asylantrags vor: Er habe von 1998 bis 2004 eine Privatschule in Mogadischu besucht, die 15 Dollar pro Monat gekostet habe. Er habe bis 15. Januar 2004 zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern in Mogadischu im Stadtteil Towfiq gelebt. Er sei ledig und habe keine Kinder. Sein Vater habe bis 2006 einen Laden gehabt, in dem er ab und zu geholfen habe. Die Eltern lebten seit 2006 im Flüchtlingslager E. B. Er habe am 15. Januar 2004 sein Heimatland verlassen. Mit dem Auto sei er von Mogadischu nach Addis Adeba und dann weiter nach Karthum und Tripoli gefahren und von dort mit dem Boot am 20. Oktober 2004 nach Malta. Er habe sich drei Jahre in Malta aufgehalten, bis 2. November 2007. Er habe in Malta einen Asylantrag gestellt und eine Aufenthaltserlaubnis beschränkt für ein Jahr erhalten. Er sei mit dem Flugzeug nach Stockholm geflogen und habe auch in Schweden einen Asylantrag gestellt. Im Februar 2008 habe er Schweden verlassen und sei mit dem Bus in die Niederlande gereist, wo er sich sieben Monate aufgehalten habe. Mit dem Zug sei er weiter in die Schweiz gefahren und von dort sei er mit dem Flugzeug nach Malta abgeschoben worden, wo er dann wiederum drei Jahre gewesen sei. Am 24. Februar 2012 habe er Malta mit dem Flugzeug verlassen und sei nach Deutschland eingereist. Sein erster Aufenthalt in Malta habe drei Jahre gedauert, der Aufenthalt nach der Abschiebung aus der Schweiz nochmal drei Jahre. Er sei nicht in Malta geblieben, weil die Aufenthaltserlaubnis beschränkt gewesen sei und er dort keine Lebensperspektive gehabt habe. Die Flüchtlinge seien dort in Feldlagern untergebracht gewesen. Man habe versuchen können, als Tagelöhner zu arbeiten. Er sei ganz selten als Tagelöhner genommen worden. Er habe Unterstützung von einem in England wohnenden Onkel und von in verschiedenen europäischen Ländern lebenden Cousinen und Cousins bekommen. Nach Deutschland sei er mit der Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr eingereist, die er von der maltesischen Regierung bekommen habe. Im Zug von Frankfurt nach Dortmund habe er seine Tasche verloren, in dem das Dokument gewesen sei. Zum Verfolgungsschicksal trug der Kläger vor: Seine Familie habe wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit die Provinz Heran verlassen. In dem Hawia Clan seien sie die Minderheit. Es gebe etliche Zweige der Hawia und die Minderheiten bekämpften sich gegenseitig. Sie seien 1993 geflohen, erst nach Johar. Dort sei sein älterer Bruder getötet worden, von einem sehr einflussreichen Stammesangehörigen der Abgal. Dieser habe seinem Vater gesagt, sie würden nur unter seiner Gnade am Leben bleiben. 1997 hätten sie Johar verlassen müssen und seien nach Mogadischu gekommen. In Mogadischu habe sein Vater Schutzgeld für den Laden zahlen müssen. Dort sei die Mehrheit der Bevölkerung Abgal und Habar Gedir. Sein Vater habe seine Söhne nicht verlieren wollen und gesagt, sie sollten ausreisen. Er, der Kläger, sei erst in Richtung Libyen geflüchtet, ein Bruder nach Uganda und der andere Bruder nach Kenia. Er habe den Mann, der seinen Bruder erschossen habe, in Mogadischu wieder gesehen. Er habe Angst gehabt, dass er auch ihn töten würde. Die Leute, die seinen Bruder getötet hätten, hätten sich nun der Al Shabaab angeschlossen. Er wisse dies von seinem Vater und seinen Geschwistern von der zweiten Frau seines Vaters und der Frau, die dort leben würden und zu denen er noch Kontakt habe.

4

Eine Eurodac-Auswertung am 16. März 2012 ergab einen Treffer der Kategorie 1 in den Niederlanden. Eine Abfrage am 28. Januar 2013 zeigte Treffer der Kategorie 1 in den Niederlanden und in Schweden (Treffer „SE1…“ – 22. November 2007 und „NL1…“ – 03. Juni 2008). Einem Wiederaufnahmegesuch an Schweden stimmten die schwedischen Behörden nicht zu: Der Kläger habe ausweislich einer Eurodac-Anfrage vom Dezember 2007 in Malta am 23. Oktober 2004 einen Asylantrag gestellt. Das damalige schwedische Wiederaufnahmegesuch sei von Malta akzeptiert worden. Der Kläger sei aber dann geflüchtet.

5

Der Asylantrag blieb erfolglos. Mit Bescheid vom 27. Januar 2014 wurde die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt (Ziffer 1), der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt (Ziffer 2), der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt (Ziffer 3). Das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG wurde verneint (Ziffer 4). Der Kläger wurde zur Ausreise innerhalb von 30 Tagen aufgefordert, für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde ihm die Abschiebung nach Somalia angedroht (Ziffer 5). Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen nicht vor. Aus dem Vorbingen des Klägers sei keine Verfolgungsgefahr in Anknüpfung an die Zugehörigkeit zu den Hawia erkennbar und nachvollziehbar geworden. Die Hawia gehörten zu den fünf größten Stämmen in Somalia, auch die Regierung sei mit vielen Angehörigen der Hawia besetzt. Der Vortrag, er habe befürchtet, ein Angehöriger der Abgal, der auch seinen Bruder getötet habe, könne auch ihn töten, sei wirklichkeitsfremd. Subsidiärer Schutz sei ebenso nicht zuzuerkennen. Konfliktbedingte Ereignisse seien nicht so häufig, dass jeder Rückkehrer damit rechnen müsste, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden. Wegen seiner Zugehörigkeit zu einem Mehrheitsstamm sei für den Kläger keine Gefahr für eine erniedrigende oder unmenschliche Behandlung im Fall seiner Rückkehr ersichtlich. Abschiebungsverbote bestünden nicht, weder nach § 60 Abs. 5 noch nach Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Es gebe Bevölkerungsteile in Somalia, die Schwierigkeiten bei der Versorgung und dem Erzielen des wirtschaftlichen Existenzminimums hätten. Insbesondere mittellose Rückkehrer müssten häufig ein Leben am Rande des Existenzminimums führen. Anzeichen für eine derart schlechte Versorgung, dass jeder Rückkehrer alsbald einer extremen Gefahr ausgesetzt wäre, gebe es aber nicht. Der Kläger könne sich zudem der Unterstützung und Hilfe seiner Familie sicher sein.

6

Am 26. Februar 2014 hat der Kläger Klage erhoben und weiter geltend gemacht, seine Verfolgungsgefahr knüpfe an seine Stammes- bzw. Clanzugehörigkeit an und sei für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft relevant. Jedenfalls habe er Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes. In ganz Somalia bestehe weiterhin ein innerstaatlicher Konflikt, der von so hoher Intensität sei, dass er eine ernsthafte Bedrohung für jede Zivilperson darstelle. Zumindest liege ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Grundversorgung sei nicht gesichert. Zudem leide er an chronischer Hepatitis B, die zwar nicht akut behandelt, aber regelmäßig überwacht werden müsse. Es sei nicht ersichtlich, dass dies in Somalia möglich sei.

7

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger noch vorgetragen, sein Bruder sei im Verlauf eines Streits beim Kartenspielen um Geld getötet worden. Seine Familie sei 1998 nach Mogadischu gezogen. Er habe 2003 eine Frau kennengelernt, die durch ihn unehelich schwanger geworden sei. Ihre Familie habe ihn töten wollen. Sie gehörten unterschiedlichen Stämmen der Hawia an. Er habe Angst gehabt und deshalb das Land verlassen wollen. Die Familie aus Yohar, die seinen Bruder getötet habe, sei dann in Mogadischu aufgetaucht. Sie habe von der Schwangerschaft der Frau erfahren und wissen wollen, wo er sei, und seinen Vater verprügelt. Die ganze Familie habe sich deshalb entschlossen zu fliehen, die Eltern nach Kenia, die Geschwister nach Kenia und Uganda. Er habe keine Gelegenheit gehabt, dies bei der Anhörung beim Bundesamt zu sagen. Die Familie aus Yohar sei gekommen, um sie zu vernichten. Er habe auf Malta einen weißen Pass genommen, der für ein Jahr Gültigkeit gehabt habe. Nach seiner Rückkehr habe er eine Verlängerung der Ausweise bekommen. Diese Dokumente habe er im Zug verloren. Er könne nicht nach Somalia zurückgehen, da die Familie aus Yohar immer noch auf ihn warte. Wegen der Hepatitis B-Erkrankung habe er jeden Tag Beschwerden, nämlich Schmerzen an der Leber. Medikamente nehme er keine.

8

Der Kläger hat beantragt,

9

die Beklagte unter Aufhebung der zu den Ziffern 1, 3, 4 und 5 getroffenen Entscheidungen im Bescheid vom 27. Januar 2014 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,

10

hilfsweise ihm subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen,

11

sowie äußerst hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich seiner Abschiebung nach Somalia vorliegen.

12

Die Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Es fehle an einem glaubhaften Vortrag zum Verfolgungsschicksal. Er habe vor dem Bundesamt und dem Gericht völlig unterschiedliche Angaben gemacht. Ein Anspruch auf Feststellung des subsidiären Schutzes bestehe ebenso nicht. Angesichts dessen, dass sein Vorbringen insgesamt nicht glaubhaft sei, könne jedenfalls nicht mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass in der behaupteten Heimatregion des Klägers praktisch jede Zivilperson einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Gefahrerhöhende Umstände seien nicht erkennbar. Mangels glaubhafter Darlegungen bestehe auch kein Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots. Anhaltspunkte für eine extreme Gefahrenlage bei Rückkehr nach Somalia bestünden keine. Der Kläger sei jung und durch den Schulbesuch gut ausgebildet und könne auf die Unterstützung seiner Familie bauen. Die attestierte chronische Hepatitis B stehe einer Rückkehr ebenfalls nicht entgegen. Die Möglichkeit einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustands müsse objektiv gegeben sein und zumindest in die Nähe der lebensgefährlichen Bedrohung reichen, was nicht der Fall sei. Auch die Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung sei nicht zu beanstanden.

15

Der Senat hat auf Antrag des Klägers die Berufung wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs zugelassen, weil das Verwaltungsgericht sich mit den Ausführungen des Klägers zu seiner Aufenthaltserlaubnis auf Malta nicht auseinander gesetzt hat.

16

Der Kläger trägt vor, in Malta sei ihm der subsidiäre Schutz gewährt worden. Im Anschluss habe er Malta verlassen und in Schweden, den Niederlanden und in der Schweiz um Asyl bzw. Schutz gebeten. Von der Schweiz sei er nach Malta abgeschoben worden, wo die Aufenthaltserlaubnis noch einmal verlängert worden sei. Die Beklagte habe kein Verfahren nach der Dublin-II-Verordnung durchgeführt, sondern nach nationalem Recht entschieden, allerdings ohne die Akten aus Malta beizuziehen oder weiter zu prüfen, ob sich aus der dortigen Schutzgewährung Einschränkungen ergäben. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses habe in seinem Urteil vom 17. Juni 2014 (Az.: 10 C 7.13) entschieden, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch einen anderen Mitgliedstaat Bindungswirkung entfalte. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes lägen vor. Es herrsche in Zentral- und Südsomalia nach wie vor Bürgerkrieg und es gebe kaum Schutz vor Übergriffen durch Clan- und andere Milizen sowie bewaffnete Banden. Auch internationale Hilfsorganisationen könnten keinen Schutz bieten, sie müssten ausweislich des Lageberichts des Auswärtigen Amtes vom November 2014 selbst um ihre Mitarbeiter dort bangen. Er sei als Angehöriger der Zivilbevölkerung gefährdet. Er habe Somalia vor 11 Jahren verlassen, sei nicht mehr in die dortigen Clanstrukturen eingebunden und wäre bei einer Rückkehr auf sich alleine gestellt. Dies sei ein individuelles, gefahrerhöhendes Merkmal. Jedenfalls ergebe sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ein nationales Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG, weil die Abschiebung gegen Art. 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention – EMRK – verstoßen würde. In dieser Hinsicht sei eine andere Beurteilung als im Rahmen von § 4 AsylVfG kaum denkbar. Der internationale subsidiäre Schutz, der in § 4 AsylVfG in nationales Recht umgesetzt worden sei, sei bereits zuerkannt, wenn auch von einem anderen Staat. Daher sei konsequenter Weise ein entsprechendes Abschiebeverbot zu bejahen. Hilfsweise liege ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Grundversorgung sei nicht gewährleistet. Es sei nicht ohne weiteres anzunehmen, dass seine Familie noch immer anwesend und bereit sowie in der Lage sei, ihn zu unterstützen.

17

Der Kläger beantragt,

18

unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 4. Februar 2015 und Aufhebung von Ziffern 3., 4. und 5. des Bescheides vom 27. Januar 2014 die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen

19

hilfsweise,

20

festzustellen, dass für ihn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.

21

Die Beklagte beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der Kläger habe nichts unternommen, um die von ihm behauptete Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter durch die Republik Malta zu beweisen. Er habe vorgetragen, sein Reisedokument im Zug verloren zu haben.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2015. Die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die auf Bl. 32 ff. und Bl. 119 ff. der Prozessakte aufgelisteten Unterlagen zu den Verhältnissen in Somalia lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt wird ebenfalls verwiesen.

Entscheidungsgründe

25

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die Klage, über die das Gericht trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden konnte, weil diese ordnungsgemäß geladen war (§ 102 Abs. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –) ist zwar zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).

26

Maßgeblich für die Entscheidung sind gemäß § 77 Abs. 1 Asylgesetz – AsylG – die Vorschriften des Asylgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2010).

27

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere steht der Zulässigkeit des Begehrens nach Zuerkennung subsidiären Schutzes keine bereits im Ausland erfolgte Zuerkennung entgegen. Wurde bereits im Ausland die Rechtsstellung eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne vom § 4 AsylG zuerkannt, so ist ein erneutes Schutzbegehren zwar unzulässig (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7.13 –, BVerwGE 150, 29 und juris, Rn. 28 ff. und Beschluss vom 30. September 2015 – 1 B 51.15 –, S. 3 f. BA). Vorliegend kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger bereits von der Republik Malta ein solcher Schutzstatus zuerkannt worden ist. Der Kläger hat insoweit zwar vorgetragen, ihm sei auf Malta der subsidiäre Schutz gewährt worden; jedoch steht auf der Grundlage dieser Behauptung und unter Zugrundelegung der sonstigen Umstände nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger über eine solche Rechtsstellung verfügt. Er hat insoweit keinerlei Dokumente vorlegen können; eine entsprechende Rechtsstellung ist auch nicht aus den vorliegenden Verwaltungsakten erkennbar.

28

Dabei dürfte zunächst feststehen, dass dem Kläger bei seinem ersten Aufenthalt auf Malta im Zeitraum 2004 bis 2007 kein Aufenthaltstitel erteilt worden ist. Dies ergibt sich daraus, dass Malta dem Wiederaufnahmegesuch von Schweden im Jahr 2007 unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 lit. c) der Dublin-II-Verordnung zugestimmt hat, d.h. wegen des laufenden Verfahrens auf Malta, und nicht auf der Grundlage von Art. 16 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung bei erteiltem Aufenthaltstitel. Aus dem klägerischen Vortrag ergeben sich weiterhin keine darüber hinaus gehenden konkreten Anhaltspunkte, dass ihm im Rahmen seines zweiten Aufenthalts auf Malta der subsidiäre Schutzstatus bzw. ein Aufenthaltstitel erteilt worden ist. Genauso, wie er sich bereits von 2004 bis 2007 ohne einen solchen auf Malta aufgehalten und dort (selten) als Tagelöhner gearbeitet haben kann, kann dies auch ohne weiteres bei seinem zweiten Aufenthalt von der Abschiebung aus der Schweiz (wohl Ende 2008/Anfang 2009) bis 2012 der Fall gewesen sein.

29

Auch der Umstand, dass bei der Eurodac-Abfrage der Beklagten kein Treffer in Bezug auf Malta angezeigt wurde, führt zu keiner anderen Bewertung. Zwar könnte dies darauf hindeuten, dass der Datensatz des Klägers wegen einer Anerkennung als Flüchtling gemäß Art. 12 Abs. 1 der Eurodac-Verordnung gesperrt war. Indes kann dies aber auch ohne weiteres auf anderen Gründen, wie etwa systembedingten oder anwenderbedingten Fehlern beruhen. So ergab sich bei der Abfrage der Beklagten im März 2012 lediglich der Treffer für die Niederlande, während in einer späteren Abfrage Treffer in den Niederlanden und in Schweden angezeigt wurden.

30

Eine weitergehende Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO hat für das Gericht nicht bestanden, weil der klägerische Vortrag – auch nach Hinweis und ausdrücklicher Nachfrage – keine hinreichenden konkreten Anhaltspunkte für eine solche geboten hat (vgl. zur Amtsermittlungspflicht etwa BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2015 – 1 B 2.15 –). Es hätte dem Kläger oblegen, zumindest durch weitere und genauere Angaben zu seinen Aufenthalten auf Malta und den von ihm angeführten Aufenthaltserlaubnissen und Dokumenten konkrete Anhaltspunkte dafür zu bieten, dass sein – aus der Eurodac-Anfrage Schwedens ersichtlicher – am 23. Oktober 2004 gestellter Asylantrag auf Malta dort zu einer Anerkennung geführt hat. Seine Angaben sind ohne weitere Präzisierung so vage geblieben, dass sich aus ihnen keine Anknüpfungspunkte für eine weitere Sachverhaltsermittlung ergeben haben.

31

Mangels Vorliegens einer im Ausland zuerkannten Schutzstellung steht daher auch das Rechtsschutzinteresse für die Zuerkennung nationaler Abschiebungsverbote nicht in Frage (vgl. zur Frage des Rechtsschutzbedürfnisses für die Zuerkennung nationaler Abschiebungsverbote bei bereits erfolgter Gewährung subsidiären Schutzes im Ausland BayVGH, Beschluss vom 18. Juni 2015 – 20 B 15.30017 –, juris, Rn. 14).

32

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (1.) noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes (2.), auch die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung sind nicht zu beanstanden (3.).

33

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter. Die Voraussetzungen des § 4 AsylG liegen nicht vor. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Nach Satz 2 gilt als ernsthafter Schaden die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) sowie – worauf sich der Kläger vorliegend ausschließlich beruft – eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).

34

Nach den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen stellt sich die allgemeine Situation in Somalia aktuell im Wesentlichen wie folgt dar: Somalia ist spätestens seit Beginn des Bürgerkriegs 1991 ohne flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die Autorität der Zentralregierung wird vom nach Unabhängigkeit strebenden „Somaliland“ im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen Al Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Das Land zerfällt faktisch in drei Teile, nämlich das südliche und mittlere Somalia, die Unabhängigkeit beanspruchende „Republik Somaliland“ im Nordwesten und die autonome Region Puntland im Nordosten. In Puntland gibt es eine vergleichsweise stabile Regierung; die Region ist von gewaltsamen Auseinandersetzungen deutlich weniger betroffen als Süd-/Zentralsomalia. In „Somaliland“ wurde im somaliaweiten Vergleich das bislang größte Maß an Sicherheit, Stabilität und Entwicklung erreicht. In Süd- und Zentralsomalia kämpfen die somalischen Sicherheitskräfte mit Unterstützung der Militärmission der Afrikanischen Union AMISOM gegen die Al Shabaab-Miliz. Die Gebiete sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der Al Shabaab-Miliz oder anderer Milizen. Die meisten größeren Städte sind schon längere Zeit in der Hand der Regierung, in den ländlichen Gebieten herrscht oft noch die Al Shabaab. In den „befreiten“ Gebieten, zu denen seit August 2011 auch die Hauptstadt Mogadischu zählt, finden keine direkten kämpferischen Auseinandersetzungen mehr statt. Die Al Shabaab verübt jedoch immer wieder Sprengstoffattentate auf bestimmte Objekte und Personen, bei denen auch Unbeteiligte verletzt oder getötet werden (siehe Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 2. Februar 2015, Stand November 2014, S. 4 f.; Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 25. Juli 2013, S. 29; Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 7; siehe auch EGMR, Urteil vom 5. September 2013 – Nr. 886/11, [K.A.B. ./. Schweden] –, Rn. 87 ff.).

35

Der Senat kann dahinstehen lassen, ob angesichts dessen die Aussage des Klägers zutrifft, in ganz Süd- und Zentralsomalia – und damit auch in der Hauptstadt Mogadischu – herrsche noch ein bewaffneter innerstaatlicher Konflikt (vgl. zur Definition BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, juris, Rn. 22 f. und vom 24. Juni 2008 – 10 C 43.07 –, juris, Rn. 22 ff.). Während das Auswärtige Amt insoweit – ohne Differenzierung danach, ob es sich um „befreite“ Gebiete handelt – dies bejaht (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 2. Februar 2015, Stand November 2014, S. 4 f.: „In Süd- und Zentralsomalia, wo auch die Hauptstadt Mogadischu liegt, herrscht Bürgerkrieg.“), gehen andere Einschätzungen wie das Österreichische Bundesasylamt davon aus, dass sich die generelle Sicherheitssituation für die Bevölkerung Mogadischus verbessert hat. Mogadischu ist danach vielleicht noch nicht befriedet, befindet sich jedoch definitiv nicht im Kriegszustand (Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 25. Juli 2013, S. 43). Weiter wird es als sehr unwahrscheinlich angesehen dass die Al Shabaab unter den gegebenen Umständen in der Lage ist, Mogadischu wieder einzunehmen (vgl. Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 8). Daher ist fraglich, ob für die Region Mogadischu, in der es nicht mehr zu direkten bewaffneten Auseinandersetzungen kommt, noch ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu bejahen ist. Allerdings wird der erreichte Zustand in nahezu allen Berichten als fragil bzw. unbeständig beschrieben (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Somalia: Sicherheitssituation in Mogadischu – Auskunft der SFH-Länderanalyse, 25. Oktober 2013, S. 1; European Asylum Support Office, EASO Somalia seminar, 14 October 2014 – Summaries of Keynotes Presentations, 1. Dezember 2014, S. 4; Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 49). Die Al Shabaab vollzieht nunmehr eine asymetrische Kriegsführung, die insbesondere gezielte Attentate, den Einsatz von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen und überfallartige Angriffe (sog. „hit and run“) umfasst (Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 9; siehe auch European Asylum Support Service, EASO Country of Origin Information report – South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 85; vgl. auch EGMR, Urteil vom 5. September 2013 – Nr. 886/11 [K.A.B. ./. Schweden] –, Rn. 88).

36

Jedenfalls ist der Kläger im hier vorliegenden Einzelfall keiner ernsthaften, individuellen Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt.

37

Für die Annahme einer ernsthaften individuellen Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG genügt es nicht, dass der innerstaatliche bewaffnete Konflikt zu permanenten Gefährdungen der Bevölkerung führt (BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 – 10 C 6.13 –, juris, Rn. 24). Die von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich jedoch individuell verdichten. Eine ernsthafte individuelle Bedrohung für Leib oder Leben kann in erster Linie auf gefahrerhöhenden persönlichen Umständen beruhen. Dies sind solche Umstände, die den Ausländer von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen als andere, etwa weil er von Berufs wegen (z. B. als Arzt oder Journalist) gezwungen ist, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Ausländer als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte – etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit – ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht schon eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt (BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, juris, Rn. 33, und vom 17. November 2010 – 10 C 13.10 –, juris, Rn. 18). Im Ausnahmefall kann eine ernsthafte individuelle Bedrohung von Leib oder Leben aber auch durch eine allgemeine Gefahr hervorgerufen sein, die sich in besonderer Weise zugespitzt hat. Gefahren, denen die Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe eines Landes „allgemein“ ausgesetzt ist, stellen normalerweise zwar keine individuelle Bedrohung dar. Eine Ausnahme davon gilt aber bei besonderer Verdichtung der Gefahr, die unabhängig von individuellen gefahrerhöhenden Umständen zu deren Individualisierung führt. Davon ist auszugehen, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteile vom 17. Februar 2009 – C-465/07 [Elgafaji] –, juris, Rn. 35 und 39, und vom 30. Januar 2014 – C-285/12 [Diakite] –, juris, Rn. 30; BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, juris, Rn. 32 und vom 17. November 2011 – 10 C 13.10 –, juris, Rn. 19).

38

Unabhängig davon, ob die individuelle Bedrohungssituation auf persönliche Umstände oder ausnahmsweise auf die allgemeine Lage im Herkunftsland zurückgeht, sind Feststellungen über das Niveau willkürlicher Gewalt in dem jeweiligen Gebiet zu treffen. Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich; liegen gefahrerhöhende persönliche Umstände vor, genügt auch ein geringeres Niveau willkürlicher Gewalt. In beiden Konstellationen ist eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, notwendig (BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, juris, Rn. 33). Es bedarf zudem einer wertenden Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung unter Berücksichtigung der medizinischen Versorgungslage (BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 4.09 –, juris, Rn. 33, und vom 13. Februar 2014, 10 C 6.13 –, juris, Rn. 24). Das Bundesverwaltungsgericht sieht ein Risiko von 1:800, in dem betreffenden Gebiet verletzt oder getötet zu werden, als so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt an, dass auch eine wertende Gesamtbetrachtung am Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nichts zu ändern vermag (vgl. zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F. BVerwG, Urteil vom 17. November 2011, 10 C 13.10 –, juris, Rn. 22 f. zur Lage in der Provinz Ninive im Irak; siehe auch BVerwG, Urteil vom 17. November 2011 – 10 C 11/10 –, juris, Rn. 20 f. zur Lage in Bagdad [Risiko von 1:1000]).

39

Für die Gefahrenprognose ist bei einem nicht landesweiten Konflikt auf den tatsächlichen Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr abzustellen. Für die Frage, welche Region als Zielort seiner Rückkehr anzusehen ist, kommt es weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer aus seinem subjektiven Blickwinkel strebt. Zielort der Abschiebung ist in der Regel seine Herkunftsregion, in die er typischerweise zurückkehren wird (BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2009 – 10 C 9.08 –, juris, Rn. 17 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 – C-465/07 [Elgafaji]). Dies ist im Fall des Klägers die Hauptstadt Mogadischu. Dort hat der Kläger nach seinen Angaben von 1997 bis 2004 mit seinen Eltern und seinen Geschwistern gelebt, sein Vater hatte dort bis 2006 einen Laden und der Kläger ist dort zur Schule gegangen.

40

Gemessen an diesen Kriterien fehlt es an einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Klägers bei einer Rückkehr nach Mogadischu.

41

Gefahrerhöhende persönliche Umstände, die ihn wegen persönlicher Merkmale einem besonderen Sicherheitsrisiko aussetzen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Kläger gehört keiner Risikogruppe an. Gefahrerhöhende Umstände ergeben sich auch nicht bereits aus seiner Situation als Rückkehrer nach einem Auslandsaufenthalt. Zwar sieht die Al Shabaab Rückkehrer aus westlichen Ländern möglicherweise als Spione der Regierungstruppen an (European Asylum Support Office, EASO Country of Origin Information report – South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 106); da sie aber in den unter der Kontrolle der Regierung stehenden Gebieten – wie Mogadischu – nicht mehr frei agieren kann und angesichts der Zahl von rückkehrenden Personen – v.a. auch Binnenvertriebene (vgl. European Asylum Support Office, EASO Country of Origin Information report – South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 117; Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 25. Juli 2013, S. 19) – ergibt sich daraus nicht für jeden Rückkehrer ohne weiteres eine ernsthafte Bedrohung. Der Kläger gehört zudem nicht einem Minderheiten-, sondern einem Mehrheitenclan an, so dass auch unter diesem Aspekt kein gefahrerhöhender persönlicher Umstand angenommen werden kann. Auch ist nicht ersichtlich, dass er bereits der Al Shabaab oder den Polizeikräften besonders aufgefallen ist. Soweit er diesbezüglich vorgetragen hat, die Familie, die seinen Bruder anlässlich eines Kartenspiels um Geld getötet habe, gehöre jetzt der Al Shabaab an und wolle auch ihn töten, so bestehen zum einen angesichts des vom Kläger im Laufe des Verfahrens gesteigerten Vortrags – insbesondere auch im Hinblick auf den Hintergrund der Tötung des Bruders (Kartenspiel um Geld) und die Bedrohung wegen der Schwangerschaft einer Frau – Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieses Vorbringens. Zudem ergibt sich aber aus den Ausführungen des Klägers auch nicht, dass nach nunmehr 11 Jahren immer noch eine ernsthafte Bedrohung bestehe.

42

Auch die allgemeine Lage ist nicht so gefährlich, dass sie sich unabhängig von persönlichen Merkmalen auf jede Zivilperson individualisiert. Die erforderliche Gefahrendichte ist in Mogadischu nicht mehr gegeben. Zwar ist die Sicherheits- und Versorgungslage in Süd- und Zentralsomalia nach wie vor fragil, dennoch zeichnet sich nach den vorliegenden Erkenntnisquellen eine Entwicklung ab, die eine Verbesserung der generellen Sicherheitssituation für die Bevölkerung mit sich gebracht hat, auch wenn dies nicht landesweit gilt.

43

Eine genaue Bewertung der Gefahrendichte aufgrund einer quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos durch Gegenüberstellung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen und der Akte willkürlicher Gewalt, erscheint jedoch kaum verlässlich möglich. Dies beruht bereits darauf, dass es für eine Gesamtbevölkerungszahl als Ausgangsbasis keine gesicherten Zahlen gibt und die entsprechenden Schätzungen erheblich differieren. Zudem kann die Zahl der Zivilpersonen, die Opfer willkürlicher Gewalt geworden sind, kaum annäherungsweise verlässlich geschätzt werden, weil belastbare Zahlen nicht vorhanden sind. Dies betrifft etwa die Frage, ob in den insoweit verfügbaren Aufstellungen die Zählung der „Zivilpersonen“ auch solche Opfer umfasst, die den besonderen Risikogruppen (Politiker, Regierungsmitarbeiter etc.) angehören. Auch wird in den Berichten über Vorfälle meist lediglich über die Zahl der Getöteten, nicht aber auch über die der Verletzten berichtet.

44

Die Gesamtbevölkerung von Mogadischu wird vom Auswärtigen Amt als vermutlich deutlich über eine Million Einwohner einschließlich einer großen Anzahl Binnenvertriebener einschätzt (www.auswaertiges-amt.de). Setzt man zu dieser Einwohnerzahl die sich aus der Aufstellung von ACCORD (Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 3. November 2015) ergebende Zahl der im Jahr 2014 in der gesamten Region Banaadir verzeichneten 739 Vorfälle mit 586 Toten – jedoch bezogen auf alle Konfliktvorfälle, d.h. nicht nur Gewaltvorfälle gegen Zivilpersonen – würde sich unter Zugrundelegung dieser Zahlenwerte ein Tötungsrisiko von etwa 1:1700 (0,0586 %) ergeben, wobei eine Berechnung des Verletzungsrisikos mangels entsprechender verfügbarer Auflistung nicht möglich erscheint.

45

Auch ungeachtet einer quantitativen Bewertung ergibt sich unter Zugrundelegung der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen in Mogadischu keine solche Gefahrendichte, dass jedermann alleine aufgrund seiner Anwesenheit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden. In den Berichten ist regelmäßig von „Verbesserungen“ die Rede, auch wenn dies angesichts der früheren extremen Situation nicht damit gleichgesetzt werden kann, dass keine wesentliche Gefahr für die Zivilbevölkerung mehr gegeben ist. Aus der Hauptstadt Mogadischu wurde die Al Shabaab Miliz im August 2011 vertrieben. Es gelingt ihr zwar immer wieder, Anschläge zu verüben. Diese Anschläge richten sich aber in der Regel gezielt gegen Funktionsträger (vgl. Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 11). Wegen der verdeckten Präsenz der Al Shabaab besteht in Mogadischu für mehrere Risikogruppen (z. B. Regierungsmitarbeiter, Politiker, Sicherheitskräfte etc.) eine Gefahr durch auf Funktionsträger und deren Einrichtungen gerichtete Attentate und Anschläge. Für den einfachen Stadtbewohner droht hingegen als einzige Gefahr, sich „zur falschen Zeit am falschen Ort“ zu befinden und damit Opfer im Rahmen solcher Anschläge zu werden (Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 25. Juli 2013, S. 43). Die Gesamtzahl der zivilen Opfer dürfte daher zu einem nicht unerheblichen Teil Personen mit erhöhten Gefährdungspotentialen betroffen haben. Dies beruht darauf, dass nach bisheriger Erkenntnislage durch die von der Al Shabaab vorgenommene strategische Auswahl der Anschlagsziele bestimmte Berufsgruppen in besonderer Weise betroffen waren: Regierungsmitarbeiter, Mitarbeiter internationaler Organisationen, Angehörige der Sicherheitskräfte, Abgeordnete, mit der Regierung zusammenarbeitende Personen, Politiker. Dies verdeutlichen die nach den vorliegenden Erkenntnisquellen verübten Anschläge (siehe zu den Ereignissen im Jahr 2015 etwa die Aufstellung von ACCORD, ecoi.net-Themendossier: Al Shabaab: Zeitachse von Ereignissen, Stand 22. September 2015: September 2015: Angriff auf einen Militärstützpunkt nahe Mogadischu; August 2015: Bombenanschlag in Mogadischu; Juli 2015: schwerer Bombenanschlag auf das Hotel Jazeera Palace, Anschlag auf zwei Hotels in Mogadischu, wovon sich eines nahe dem somalischen Parlament befindet; Juni 2015: Selbstmordanschlag auf einen diplomatischen Konvoi; April 2015: Explosion einer Autobombe vor einem Restaurant vor dem Central Hotel, in dem sich oft Politiker aufhalten, Angriff auf einen Regierungskomplex u.a. mit einem mit Sprengstoff beladenen Auto; März 2015: Besetzung eines Hotels, Autobombenanschlag vor einem Hotel; Februar 2015: Angriff auf ein Hotel, in dem Regierungsbeamte das Freitagsgebet abgehalten haben, Angriff auf den Präsidentenpalast; Januar 2015: Explosion einer Autobombe vor einem Hotel, in dem Delegierte der Türkei den Besuch des türkischen Präsidenten vorbereiteten, Selbstmordanschlag nahe dem Flughafen; siehe zudem zu Vorfällen in den vergangenen Monaten Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 28. September 2015: Autobombenanschlag nahe dem Präsidentenpalast; Briefing Notes vom 2. November 2015: Angriff auf das Hotel Sahafi). Die Betrachtung der – in den o. g. Aufstellungen von ACCORD auch für die Vorjahre – verzeichneten Anschläge zeigt, dass es die Al Shabaab nicht gezielt auf Zivilisten absieht, insoweit aber Opfer in Kauf nimmt. Die Vorkommnisse, über die berichtet wird, sind insgesamt nicht so häufig und erreichen keine so hohen zivilen Opferzahlen, als davon gesprochen werden könnte, dass jeder Zivilist der weit über eine Million Einwohner zählenden Stadt aufgrund seiner bloßen Anwesenheit gefährdet wäre (siehe dazu auch VG Aachen, Urteile vom 13. April 2015 – 7 K 711/14.A –, juris, und vom 9. November 2015 – 7 K 53/15.A –, juris; VG Regensburg, Urteil vom 27. August 2015 – RO 7 K 15.30680 –; VG Cottbus, Urteil vom 10. September 2015 – VG 5 K 487/15.A –; VG Stade, Urteil vom 5. Oktober 2015 – 3 A 3658/13 –, juris; siehe auch EGMR, Urteil vom 5. September 2013 – Nr. 886/11 [K.A.B. ./. Schweden] –, Rn. 86 ff.; a.A. VG Kassel, Urteil vom 3. März 2015 – 4 K 867/13.KS.A –; VG Göttingen, Urteil vom 21. Juli 2015 – 3 A 626/14 –, juris). Insoweit lässt sich zwar bislang keine wesentliche rückläufige Tendenz der Vorfälle verzeichnen, indes ergeben sich aber auch keine eindeutigen Anhaltspunkte dafür, dass abgesehen von Schwankungen in der Häufigkeit der Vorfälle und der Anzahl der Opfer von einer wesentlichen Trendänderung dahingehend auszugehen ist, dass jeder Zivilperson bereits durch ihre Anwesenheit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den Rechtsgütern Leib oder Leben drohen würde. Jedenfalls lässt sich auch ein staatliches Vorgehen gegen die Al Shabaab verzeichnen, etwa die Aussetzung eines Kopfgeldes von insgesamt 1,3 Mio. USD für 11 ranghohe Funktionsträger der Al Shabaab und ein Großeinsatz somalischer Sicherheitskräfte mit Durchsuchungen in Mogadischu und 60 Festnahmen mutmaßlicher Mitglieder der Al Shabaab (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 13. April 2015 und 15. Juni 2015).

46

2. Es besteht kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG (a.) oder nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (b.).

47

a. Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht ersichtlich. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig ist. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hat der Kläger lediglich unter dem Gesichtspunkt geltend gemacht, dass wegen der Zuerkennung des subsidiären Schutzes auf Malta und wegen der nahezu identischen Voraussetzungen ein Abschiebungsverbot auch auf dieser Grundlage zu bejahen wäre. Von der Zuerkennung des subsidiären Schutzes auf Malta kann aber nicht ausgegangen werden; für eine darüber hinaus gehende Prüfung hat der Kläger weiter nichts vorgetragen.

48

b. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist ebenfalls nicht ersichtlich.

49

Ein solches Abschiebungsverbot ergibt sich für den Kläger nicht angesichts der allgemeinen schlechten Versorgungslage in Somalia.

50

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG sind Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Mangels einer derartigen Abschiebestopp-Anordnung macht der Kläger mit seinem Hinweis auf die unzureichende Versorgungslage in Somalia allgemeine Gefahren geltend, die aufgrund der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG grundsätzlich nicht rechtfertigen können. Diese Sperrwirkung kann nur dann im Wege einer verfassungskonformen Auslegung eingeschränkt werden, wenn für den Schutzsuchenden ansonsten eine verfassungswidrige Schutzlücke besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2008 – 10 C 43.07 –, juris, Rn. 32 m.w.N.). Im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die den Kläger in Somalia erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, kann er Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz – GG –, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Wann danach allgemeine Gefahren zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab. Die drohenden Gefahren müssen nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Die Gefahren müssen dem Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Nach diesem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad muss eine Abschiebung dann ausgesetzt werden, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde" (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2001 – 1 C 5.01 –, BVerwGE 115, 1 und juris, Rn. 21 m.w.N.). Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. zu alldem BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 – 10 C 24/10 –, BVerwGE 137, 226 und juris, Rn. 12 ff.).

51

Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes ist in Süd- und Zentralsomalia die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln nicht gewährleistet; es gibt keinen sozialen Wohnraum oder Sozialhilfe und keine Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 2. Februar 2015, Stand November 2014, S. 16). In allen Städten Süd- und Zentralsomalias (inklusive Mogadischu) ist für den Großteil der Bevölkerung der Zugang zur sozialen Grundversorgung beschränkt. Clan und Familie, einbezogen die weitere Familie, sind nach wie vor die wichtigsten Faktoren bezüglich der Akzeptanz, Sicherheit und dem Zugang zu Grundbedürfnissen wie Wohnung und Essen. Eine generelle Regel ist es, dass Somalier auch sehr weit entfernten Verwandten helfen, solange eine Clan-Verbindung besteht, vorausgesetzt, sie sind in der Lage, dies zu tun (Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 20). Für Somalier in Mogadischu ist es sehr schwierig, ohne Unterstützung durch ein Netzwerk zu überleben. Insbesondere, wenn sie keinem Clan oder keiner Kernfamilie in dem maßgeblichen Bezirk angehören, sind sie heiklen Existenzbedingungen ausgesetzt. Sie sind oft gezwungen, in Siedlungen für Binnenvertriebene zu leben, wo die Lebensbedingungen erbärmlich sind und gemeinhin von Menschenrechtsverletzungen berichtet wird (Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 26; siehe auch European Asylum Support Service, EASO Country of Origin Information report – South an Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 37 f.; vgl. zu den dortigen Verhältnissen auch EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 – Nr. 8319/07 [Sufi u. Elmi] –, Rn. 303). Es wird weiter aber auch berichtet, dass lokale NGOs Neuankömmlingen helfen können (siehe European Asylum Support Service, EASO Country of Origin Information report – South an Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 118).

52

Unter Zugrundelegung dieser Umstände ist für den Kläger nicht ersichtlich, dass er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Der Kläger ist ein junger Mann, der einem Mehrheitsclan angehört. Er ist durch seinen Schulbesuch gebildet und hat in der Vergangenheit im Laden seines Vaters ausgeholfen und auf Malta (wenn auch selten) als Tagelöhner gearbeitet. Daher ist davon auszugehen, dass er sich durch Gelegenheitsjobs zumindest eine Lebensgrundlage verdienen könnte, die ihm längerfristig ein Leben außerhalb der Vertriebenen- und Flüchtlingssiedlungen ermöglichen kann. Er hat insoweit auch nicht vorgetragen, dass ihn die chronische Hepatitis B-Erkrankung von der Aufnahme jeglicher Tätigkeit abhielte. Zudem hat der Kläger bei der Stellung seines Asylantrags im März 2012 angegeben, Verwandte ersten und zweiten Grades sowie weitere Familienangehörige in Somalia zu haben. Ungeachtet dessen, dass die Angaben zum Verbleib seiner Eltern und Geschwister widersprüchlich sind – in der Anhörung gab der Kläger an, die Eltern lebten im Flüchtlingslager Elesha Biyeha und sein Vater, seine Geschwister von der zweiten Frau des Vaters und die Frau lebten dort und er habe Kontakt zu ihnen, während er in der mündlichen Verhandlung angab, die Eltern seien in Kenia und die Geschwister in Kenia und Uganda, was er in der Anhörung nicht habe sagen können – dürften zumindest Familienangehörige der weiteren Familie noch in Somalia sein. Der Kläger hat weiter angegeben, finanzielle Unterstützung durch einen Onkel aus England und durch in europäischen Ländern lebende Cousinen und Cousins bekommen zu haben; dass eine solche finanzielle Unterstützung nunmehr gänzlich ausgeschlossen sein sollte, hat der Kläger nicht vorgetragen. Auch wenn der Kläger nunmehr seit 11 Jahren nicht mehr in Somalia gewesen ist und er mit den dortigen aktuellen Verhältnissen nicht vertraut sein dürfte, ist davon auszugehen, dass er sich als junger Mann, der in den vergangenen 11 Jahren vielfältige Lebenserfahrungen in unterschiedlichen Ländern gesammelt haben wird und sich auch dort zurecht gefunden hat, auch in Somalia langfristig wieder zurecht finden wird. Daher ist jedenfalls davon auszugehen, dass er auch angesichts der kritischen Lebensbedingungen in Somalia jedenfalls weder der Existenzvernichtung noch schwersten Gesundheitsschäden ausgesetzt sein wird.

53

Auch ein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot liegt nicht vor.

54

Die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des Ausländers aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat verschlimmert, ist in der Regel als individuelle Gefahr einzustufen, die am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung zu prüfen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2006 – 1 C 16.05 –, juris, Rn. 17 m.w.N.). Erforderlich aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist danach, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Ein strengerer Maßstab gilt in Krankheitsfällen ausnahmsweise nur dann, wenn zielstaatsbezogene Verschlimmerungen von Krankheiten als allgemeine Gefahr oder Gruppengefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG zu qualifizieren sind. Dies kommt allerdings bei Erkrankungen nur in Betracht, wenn es – etwa bei Aids – um eine große Anzahl Betroffener im Zielstaat geht und deshalb ein Bedürfnis für eine ausländerpolitische Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 AufenthG besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2006 – 1 C 16.05 –, juris, Rn. 17 m.w.N.). In solchen Fällen kann Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung nur dann gewährt werden, wenn im Abschiebezielstaat für den Ausländer (entweder aufgrund der allgemeinen Verhältnisse oder aufgrund von Besonderheiten im Einzelfall) landesweit eine extrem zugespitzte Gefahr wegen einer notwendigen, aber nicht erlangbaren medizinischen Versorgung zu erwarten ist, wenn mit anderen Worten der betroffene Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (siehe zu alldem BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 –, BVerwGE 127, 33 und juris, Rn. 15 ff. m.w.N.).

55

Offen bleiben kann hier, ob chronische Hepatitis B eine singuläre Krankheit darstellt oder in Somalia wegen einer hohen Verbreitung als allgemeine Gefahr zu qualifizieren wäre (vgl. hinsichtlich der Verbreitung von Hepatitis B in Zentralafrika VG Hamburg, Urteil vom 17. Oktober 2012 – 4 A 88/12 –, juris). Denn dem Kläger droht bereits keine wesentliche Verschlimmerung seiner Erkrankung alsbald nach der Rückkehr, so dass auch bei Annahme einer singulären Krankheit – und damit erst recht bei einer „allgemeinen Gefahr“ – ein Abschiebungsverbot zu verneinen ist.

56

Den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen nach ist die medizinische Versorgung im gesamten Land äußerst mangelhaft (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 2. Februar 2015, Stand November 2014, S. 16). Eine medizinische Grundversorgung ist grundsätzlich erhältlich in den größeren Stadtzentren in Süd- und Zentralsomalia, auch wenn die Qualität und der Zugang zum medizinischen Service örtlichen Unterschieden und Unsicherheiten unterworfen ist (Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 21). In Mogadischu gibt es Krankenhäuser (siehe European Asylum Support Service, EASO Country of Origin Information report – South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 34).

57

Der Kläger ist jung und hat neben der chronischen Erkrankung mit Hepatitis B keine weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen geltend gemacht. Er hat den „Carrier-Status“, d.h. er ist Träger der Hepatitis B, hat aber keinen mehr oder weniger schweren Leberschaden. Er hat zwar vorgetragen, täglich Schmerzen zu haben, eine akute Behandlung oder medikamentöse Therapie ist derzeit nicht erforderlich, vielmehr soll eine regelmäßige Überwachung erfolgen. Seine Erkrankung befindet sich damit in einem Stadium, in dem keine medikamentöse Behandlung erfolgt und noch einige Jahre oder gar Jahrzehnte vergehen können, bevor es zu einer Erkrankung der Leber kommen kann. Bis dahin ist ungewiss, wann die Behandlungsbedürftigkeit eintritt. Aktuell ist er daher – abgesehen von Kontrolluntersuchungen – nicht auf eine medizinische Versorgung in Mogadischu angewiesen. Auch wenn die zunächst erforderlichen Kontrolluntersuchungen in Mogadischu nicht möglich oder für den Kläger nicht zugänglich sein sollten, gibt es derzeit auch keine ernsthaften Anhaltspunkte dafür, dass sich der Gesundheitszustand auch ohne regelmäßige Kontrollen alsbald nach der Rückkehr wesentlich verschlimmern würde. Dass sich der Zustand des Klägers aktuell „auf der Kippe“ zur Behandlungsbedürftigkeit befindet oder eine solche in absehbarer Zeit eintreten wird, ist nicht ersichtlich und auch nicht vom Kläger vorgetragen.

58

3. Damit liegen auch die Voraussetzungen für die Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG vor. Da – wie oben ausgeführt – nicht feststeht, dass dem Kläger auf Malta der unionsrechtliche subsidiäre Schutz zuerkannt worden ist, kann eine solche Zuerkennung der Abschiebungsandrohung nach Somalia auch nicht entgegengehalten werden (vgl. zur Frage einer „Bindungswirkung“ VG Berlin, Urteil vom 1. April 2014 – 33 K 548.13 A –, juris, Rn. 31 ff.).

59

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

60

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordung.

61

Die Revision war nicht zuzulassen, da die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.