vorgehend
Verwaltungsgericht Ansbach, AN 12b D 16.691, 11.07.2017

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

1. Die am ... 1957 geborene Beklagte steht als Lehrerin - BesGr A 12 - im Dienst des Klägers. Sie war bis zum Zeitpunkt des Ausspruchs des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte mit Bescheid der Regierung von Mittelfranken vom 4. Juli 2011 bei der Grundschule F.-Schule tätig.

Die Beamtin ist ledig und kinderlos.

Mit Disziplinarverfügung der Regierung von Mittelfranken vom 2. August 2006 wurde gegen die Beklagte eine Geldbuße in Höhe von 2.000 Euro verhängt. Sie war in einem Zeitraum von mehr als einem Schuljahr ihren dienstlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen und hatte dadurch den ordnungsgemäßen Ablauf der Schulbetrieb erheblich gestört.

In der dienstlichen Beurteilung 1999 erhielt die Beklagte das Gesamturteil „entspricht voll den Anforderungen“. In der Eignungs- und Leistungseinschätzung 2006 erfolgte eine Beurteilung mit dem Gesamturteil 6 Punkte. In der Anlassbeurteilung 2009 erhielt die Beklagte das Gesamturteil „IU“ (Leistung, die insgesamt unzureichend ist). In der dienstlichen Beurteilung vom 22. März 2011 wurde dieses Gesamturteil bestätigt.

2. Die Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 20. Juli 2014 (Az. 64 Ls 412 Js 50941/10) wurde die Beklagte wegen Freiheitsberaubung in zwei Fällen, vorsätzlicher Körperverletzung im Amt in vier Fällen und Nötigung zu einer Gesamtstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Das Landgericht Nürnberg-Fürth verurteilte die Beklagte nach Teileinstellung und Beschränkung der Berufung der Beklagten auf den Rechtsfolgenausspruch wegen Freiheitsberaubung in zwei Fällen, der Nötigung und der Körperverletzung im Amt in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist (JKII Ns 412 Js 50941/10 jug). Das gemäß § 267 Abs. 4 StPO abgekürzte Strafurteil beruht auf einer Urteilsabsprache gemäß § 257c StPO (vgl. Vermerk über das Rechtsgespräch am 12.11.2014, Strafakte/Beiakte 3e = Beiakte 14 des Berufungsverfahren, Bl. 1097) und stützt sich im Schuldspruch auf folgende tatsächliche Feststellungen.

1. Am Vormittag des 11. Februar 2010 sperrte die Angeklagte die damals 10-jährige Schülerin B. C. für ca. 45 Minuten in ein leeres Klassenzimmer, weil diese zuvor den Unterricht gestört hatte. Weiterhin sperrte sie die damals 9-jährige Schülerin A. A., nachdem diese im Unterricht gelacht und sich schräg auf ihren Stuhl gesetzt hatte, ebenfalls für 45 Minuten in ein anderes leeres Klassenzimmer. Die beiden Klassenzimmer schloss die Angeklagte ab, sodass die Schülerinnen diese nicht verlassen konnten.

2. Am 7. Juli 2010 zwischen 8.00 Uhr und 10.00 Uhr fand seitens der Angeklagten in der Klasse 4a Englischunterricht statt. Während des Unterrichts bat die damals 9-jährige Schülerin L. S. die Angeklagte, auf die Toilette gehen zu dürfen. Dies verbot die Angeklagte ihr jedoch, sodass die Zeugin S., die aus Angst vor Konsequenzen durch die Angeklagte die Toilette tatsächlich nicht aufsuchte, letztlich nicht mehr einhalten konnte und sich einnässte.

3. Am 8. Juni 2011 zwischen 14.00 Uhr und 15.30 Uhr während des LRS-Unterrichts für Schüler mit Lese-Rechtschreib-Schwäche packte die Angeklagte den damals 10-jährigen Schüler A. B. am rechten Unterarm oberhalb des Handgelenks, weil dieser dem Zeugen F. A. ein Blatt geben wollte, und hielt ihn ein paar Sekunden sehr fest. Auf einer Breite von ca. 10 cm war der Arm des Zeugen B. deutlich gerötet, angeschwollen und schmerzte.

Den damals 10-jährigen Schüler F. A. forderte die Angeklagte auf, mit dem Malen aufzuhören. Dabei kam sie ihm immer näher, sodass er aus Angst vor ihr aufstand und um den Tisch herum vor ihr weglief. Als er sich wieder auf seinen Platz setzen wollte, verfehlte er seinen Stuhl etwas, sodass er zu Boden fiel. Dort liegend schlug die Angeklagte ihn von hinten mit der flachen Hand ins Gesicht, wodurch er für etwa 5 bis 10 Minuten Schmerzen und eine leichte Rötung im Gesicht erlitt.

3. Die Landesanwaltschaft leitete mit Schreiben vom 28. April 2011 ein Disziplinarverfahren gegen die Beklagte ein und setzte das Verfahren bis zum Abschluss des Strafverfahrens aus. Die Regierung von Mittelfranken verbot der Beklagten mit Bescheid vom 4. Juli 2011 sofort vollziehbar die Führung der Dienstgeschäfte. Mit Disziplinarverfügung der Landesanwaltschaft vom 7. August 2014 wurde die Beklagte mit sofortiger Wirkung vorläufig des Dienstes enthoben. Mit Verfügung vom 19. Januar 2015 ordnete die Landesanwaltschaft Bayern die Einbehaltung von 40 v.H. der monatlichen Dienstbezüge der Beklagten an. Das Disziplinarverfahren wurde mit Schreiben vom 18. Februar 2015 fortgesetzt.

Die Beklagte wurde gemäß Art. 22 BayDG unterrichtet, belehrt und angehört.

4. Am 25. April 2016 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Disziplinarklage mit dem Antrag, die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Der Disziplinarklage lagen die Sachverhalte des Strafurteils (1. bis 3.) zugrunde, sowie die vom Landgericht Nürnberg-Fürth auf Antrag der Staatsanwaltschaft gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellten weiteren Sachverhalte:

4. Am Vormittag des 6. Juli 2010 packte die Beklagte den damals 9-jährigen Schüler B. Y. im Unterricht am Arm im Bereich des Handgelenks und drückte mit voller Kraft zu und zog den Schüler am Arm aus dem Klassenzimmer, da er während einer Teamarbeit geredet hatte. Der Zeuge Y. erlitt dabei Schmerzen und rote Druckstellen am Arm und musste aufgrund dessen auch weinen.

5. Am 7. Juli 2010 zwischen 8.00 Uhr und 10.00 Uhr fand seitens der Beklagten in der Klasse 4a Englischunterricht statt. Zuvor hatte es zwischen der damals 10-jährigen Schülerin K. W. und einer Mitschülerin eine Auseinandersetzung gegeben, in deren Rahmen die Schülerin einen Stoß gegen den Kopf erhalten hatte, worauf sie sich in eine Ecke stellte und weinte. Die Beklagte erschien dann und forderte die Schülerin auf, sich zu setzen. Als die Schülerin sich weigerte, packte die Beklagte sie am rechten Arm und der Schulter und drängte sie mit Wucht und Gewalt auf ihren Stuhl, sodass die Schülerin Schmerzen an ihrem Gesäß erlitt. Weiterhin erlitt sie auch Schmerzen und Kratzer an ihrer Schulter und Schmerzen am Unterarm.

Das Verwaltungsgericht beschränkte das Disziplinarverfahren und schied gemäß Art. 54 Satz 1 BayDG die Vorwürfe 4. und 5. aus. Mit Urteil vom 11. Juli 2017 wurde die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil, zugestellt am 23. Oktober 2017, am 6. November 2017 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. Juli 2017 abzuändern und die Disziplinarklage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht keinen Anlass gesehen, sich von den Feststellungen des Strafgerichts zu lösen. Die tatsächlichen Feststellungen des Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth beruhten auf einer Urteilsabsprache, die den rechtlichen Anforderungen nicht genüge. Ihr Geständnis im Rahmen der Urteilsabsprache sei falsch.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat am 27. März 2019 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift Bezug genommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG) erkannt.

Die Beklagte hat ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen (1.) Die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens nach seiner Schwere zu einer Disziplinarmaßnahme nach Art. 6 BayDG richtet sich nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen (2.1). Eine Grundschullehrerin, die sich der Freiheitsberaubung, der Nötigung und Körperverletzung im Amt gegenüber 9- bzw. 10-jährigen Schülern, die ihr aufgrund ihres Amtes zur Ausbildung und Erziehung besonders anvertraut sind, schuldig gemacht hat, beeinträchtigt das für die Ausübung ihres Berufs erforderliche Vertrauen ihres Dienstherrn und ihr Ansehen in der Öffentlichkeit aufs Schwerste und macht sich untragbar. In diesem Fall ist die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens geboten (2.3.). Die Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände ergibt, dass die Beklagte wegen des endgültigen Verlustes des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist (2.4.).

1. Der Senat legt seiner Entscheidung die Vorwürfe 1. bis 3. der Disziplinarklage zugrunde (1.1). Der Senat sieht keinen Anlass, sich aufgrund des Vorbringens der Beklagtenseite von den Feststellungen des Strafgerichts zu lösen (1.1.1.). Die Bindungswirkung entfällt auch nicht deshalb, weil dem Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth eine Verfahrensabsprache nach § 257c StPO zugrunde liegt (1.1.2.). Hinsichtlich der Vorwürfe 4. und 5., die vom Verwaltungsgericht ausgeschieden worden sind, hat es auch im Berufungsverfahren sein Bewenden (1.2.).

1.1. Der der Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth zugrunde liegt, steht gemäß Art. 25 Abs. 1, Art. 55, Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Die tatsächlichen Feststellungen, die dem Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth zugrunde liegen, decken die Sachverhalte der Vorwürfe 1. bis 3. der Disziplinarklage ab.

1.1.1. Der Senat sieht keinen Anlass, sich aufgrund des Vorbringens der Beklagten von den Feststellungen des Strafgerichts zu lösen (Art. 55 2. Halbs. i.V.m. Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG). Die Disziplinargerichte sind nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils i.S.d. Art. 25 Abs. 1 BayDG zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn diese offenkundig unrichtig sind und sie daher „sehenden Auges“ auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen im Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen, aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig oder in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Darüber hinaus kommt eine Lösung in Betracht, wenn Beweismittel eingeführt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen dessen Tatsachenfeststellungen jedenfalls auf erhebliche Zweifel stoßen (BVerwG, B.v. 27.12.2017 - 2 B 18.17 - juris Rn. 28 m.w.N.). Wird das Vorliegen einer dieser Voraussetzungen geltend gemacht, so sind die Disziplinargerichte erst dann befugt, dem Vorbringen weiter nachzugehen und schließlich über eine Lösung nach Art. 55 2. Halbs. BayDG zu entscheiden, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist. Pauschale Behauptungen oder bloßes Bestreiten genügen nicht. Es müssen tatsächliche Umstände dargetan werden, aus denen sich die offenkundige Unrichtigkeit i.S.d. Art. 55 Halbs. 2 BayDG ergeben kann (BayVGH, U.v. 12.7.2017 - 16a D 15.368 - juris R. 40 m.w.N; Conrad in Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Stand: August 2018, Art. 55 Rn. 3; zur gleichlautenden bundesrechtlichen Bestimmung: Weiß in GKÖD Bd. II: Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, Stand: Jan. 2019, § 57 Rn. 14 m.w.N; Urban in Urban/Wittkowski, Bundesdisziplinargesetz, 2. Aufl. 2017, § 57 BDG). Als evidenter Grund für eine Lösung kommt etwa eine nicht nachvollziehbare Beweiswürdigung in Betracht (Urban in Urban/Wittkowski a.a.O. Rn. 7).

Die im Tatbestand wiedergegebenen Feststellungen des Strafgerichts beruhen auf einer umfassenden, ausführlichen und schlüssigen und damit nachvollziehbaren Beweiswürdigung. Die Feststellungen sind nicht offenkundig unrichtig.

Mit dem Vortrag zum Vorwurf 1 (Einsperren) bestreitet die Beklagte in erster Linie den ihr zur Last gelegten Vorwurf und tadelt das Verhalten der beiden betroffenen Schülerinnen (anhaltender „penetranter Quasselfluss“, Fehlen jedweden Respekts gegenüber Erwachsenen), ohne damit die Unrichtigkeit der im Urteil getroffenen Feststellungen belegen zu können. Mit ihrer Einschätzung, die Schülerinnen hätten das vermeintliche Einsperren nicht glaubhaft bezeugen können und dem Hinweis, dass es keine unmittelbaren Zeugen gebe, wendet sich die Beklagte gegen die Beweiswürdigung durch das Strafgericht. Das Strafgericht hat den Aussagen der beiden Mädchen Glauben geschenkt, die sich unmittelbar nach dem Einsperren zwei Mitschülern, ihren Müttern, als sie nach Hause kamen, und auch Frau S., der Klassenlehrerin, anvertraut hatten, was diese jeweils bestätigten. Die Beklagte verweist auf den „Eindrucksvermerk zur Anhörung eines minderjährigen oder betreuten Zeugen gemäß § 52 Abs. 2 StPO“ des zuständigen KHK Rieder (Strafakte/Beiakte 3b = Beiakte 11 des Berufungsverfahrens, Bl. 218), wonach die Schilderung des Einsperrens durch die Schülerin A. A. wie aufgesagt gewirkt habe, als habe die Schülerin sich vorher mehrmals überlegt, was sie sagen möchte, und dies auch versucht habe, auswendig zu lernen. Dieser Umstand sagt für sich genommen nichts aus. Wenn sich eine Zeugin auf die polizeiliche Befragung vorbereitet und sich vorab überlegt, wie sie die Geschehnisse in Worte fassen kann, handelt es sich um einen ganz normalen Vorgang. Da im Eindrucksvermerk keinerlei Zweifel hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Schülerin formuliert sind, vermag der Senat insoweit keine Fehler hinsichtlich der Tatsachenfeststellung zu erkennen.

Wenn die Beklagte weiter ausführt, es könne durchaus sein, dass die Mädchen nur das Klimpern ihres großen Schlüsselbundes vernommen hätten und daher der Meinung gewesen seien, Einsperrgeräusche gehört zu haben, wird eine Erklärung mit einem anderen Geschehensablauf angeboten, ohne dass die Beweiswürdigung des Strafgerichts deshalb unrichtig wäre. Die Schülerin hatte angegeben, das Absperren der Türen deutlich vernommen zu haben. Allein der Umstand, dass die Beweiswürdigung auch zu einer anderen Feststellung hätte führen können, lässt die Bindungswirkung nicht entfallen. Das wäre erst der Fall, wenn die andere Feststellung zwingend ist. Das ist hier nicht der Fall.

Hinsichtlich der Schülerin B. C. verweist die Beklagte auf Widersprüchlichkeiten im Aussageverhalten und zweifelt die Glaubwürdigkeit der Zeugin an. Die Schülerin habe bei der polizeilichen Vernehmung angegeben, versucht zu haben, die Tür „ein bisschen“ zu öffnen (Strafakte/Beiakte 3b = Beiakte 11 des Berufungsverfahrens, Bl. 173), während sie in der Hauptverhandlung angegeben habe, versucht zu haben, die Tür zu öffnen, um die Toilette aufzusuchen (Strafakte/Beiakte 3e = Beiakte 14 des Berufungsverfahrens, Bl. 998). Die Beklagte schlussfolgert, es liege nahe, dass sich die Schülerin den verhinderten Toilettengang im Nachhinein ausgedacht habe. Da das Aussageverhalten der Schülerin bis auf das Detail des Toilettengangs konstant geblieben ist, vermag der Senat keine offenkundige Unrichtigkeit in der Beweiswürdigung des Strafgerichts zu erkennen.

Der Senat sieht auch keine Veranlassung sich von den Feststellungen hinsichtlich des Vorwurfs 2 (Einnässen) zu lösen. Das Strafgericht sah den Vorfall als erwiesen an, obwohl die Schülerin selbst keine Erinnerung mehr an den Vorfall hatte (Strafakte/Beiakte 3e = Beiakte 14 des Berufungsverfahrens, Bl. 1032). Ihre Mutter habe jedoch bestätigen können, dass ihre Tochter an dem Tag nach Hause gekommen sei und ihr davon erzählt habe. Bestätigt worden sei der Tatvorgang auch durch die Zeugen P. W. und A. S., die auf Vorhalt bestätigten, dass die Schülerin mehrfach gebeten hatte, auf die Toilette gehen zu dürfen und dies von der Beklagten verweigert worden war. Die Mutter habe erklärt, dass sich ihre Tochter nicht getraut habe, gegen das ausdrückliche Verbot der Beklagten zu handeln, weil sie befürchtet habe, von der Beklagten bestraft zu werden. Die Beklagte bestreitet den Vorgang und mutmaßt, eine etwaige Meldung der Schülerin könne im allgemeinen Klassentumult untergegangen sein. Auch hier bestreitet die Beklagte den Vorwurf und bietet eine Erklärung an, warum sie die Schülerin eventuell nicht gehört haben könnte. Zwingend ist diese Sachverhaltsalternative indes nicht.

Hinsichtlich des Vorwurfs 3a (Schüler A. B.) hat das Strafgericht seiner Beweiswürdigung die Schilderung des betroffenen Schülers zugrunde gelegt. Danach hatte er im Förderunterricht für Lese- und Rechtschreibschwäche seinem Nachbarn F. A. ein Blatt leihen wollen, da dieser keines mehr hatte. Dies habe die Beklagte unterbinden wollen, weil jeder Schüler für seine eigenen Materialien verantwortlich sei und die Konsequenzen für das Vergessen von Schulmaterial selber tragen müsse. Als er dennoch F. A. ein Blatt geben wollte, sei die Beklagte auf ihn zugekommen und habe ihm das Blatt wegnehmen wollen, wobei sie ihm den Arm umdrehte, um zu erreichen, dass er das Blatt loslässt. Er habe daraufhin eine Rötung am Arm gehabt, die sich in den nächsten Tagen noch verfärbt habe. Die Mutter des Schülers habe angegeben, der rote Fleck sei sichtbar gewesen, als der Sohn nach Hause gekommen sei, und in der Folgezeit zu einem kleinen Bluterguss ausgewachsen. Dies sei vom Vater ebenfalls bestätigt worden. Auch der Zeuge D. K. habe den Vorfall bestätigen können.

Die Beklagte bestreitet den Vorfall. Der Schüler sei am 8. Juli 2011 nur widerwillig in den LRS-Unterricht gekommen und habe in 90 Minuten nur ein einziges Wort mitgeschrieben, habe gestört und ständig ermahnt werden müssen. Wo sich der Schüler die Verletzung zugezogen habe, sei bis heute unklar. Bei der polizeilichen Vernehmung habe er angegeben, dass die Beklagte ein paar Sekunden lang oberhalb seines rechten Handgelenks zugedrückt habe. Die Stelle sei 10 cm breit und rot gewesen. Ähnlich habe er sich auch in der Hauptverhandlung am 15. Juli 2014 geäußert. Jedoch habe sich der Mitschüler F. A. trotz eindringlicher Befragung überhaupt nicht an diesen Vorfall erinnern können (Strafakte/Beiakte 3c = Beiakte 12 des Berufungsverfahrens, Bl. 559). Außerdem sei es gar nicht möglich, dass sie mit ihren zierlichen Händen, die deutlich schmaler als 10 cm seien, diese 10 cm breite Verletzung verursacht haben könne. Kein Zeuge habe diese vermeintliche Verletzung gesehen. Es könne durchaus sein, dass die Rötung bei einer Auseinandersetzung auf dem Pausenhof oder auf dem Heimweg von einem größeren Jungen hervorgerufen worden sei. Weiterhin existiere kein ärztliches Attest über diese angebliche Körperverletzung. Mit dem Bestreiten des Vorwurfs und dem Hinweis, der Mitschüler habe sich bei der polizeilichen Vernehmung nicht mehr erinnern können, kann die Beklagte die Nachvollziehbarkeit der Beweiswürdigung nicht in Frage stellen, die maßgeblich darauf beruht, dass der Schilderung des Schülers Glauben geschenkt wurde. Dass sie die Verletzung nicht habe verursachen können, weil sie schmale Hände habe, überzeugt nicht. Bei einem festen Zugreifen verbreitet sich die Grifffläche, was die Größe der Verletzung ohne weiteres erklären würde. Gleiches würde für ein etwaiges versetztes Nachgreifen gelten. Auch hier gilt: Die Beklagte vermag nicht darzulegen, dass allein ihre Sachverhaltsversion zutreffend wäre.

Hinsichtlich des Vorwurfs 3b (Schüler F. A.) hat das Strafgericht die Körperverletzung zum Nachteil des Schülers als erwiesen erachtet. Der Schüler habe geschildert, dass er aufgrund des Auftretens der Beklagten Angst gehabt und Raum zwischen sich und die Lehrerin habe bringen wollen. Deswegen sei er aufgestanden und um die Tische gerannt. Als er sich wieder habe hinsetzen wollen, habe er den Stuhl verfehlt und sei hingefallen. Die Beklagte habe ihm im Aufstehen eine Ohrfeige versetzt. Die Mutter des Zeugen habe angegeben, dass ihr Sohn ihr diese Geschichte ebenfalls so erzählt habe. Der Schüler D. K. sei sich sicher gewesen, dass es eine Ohrfeige gegeben habe, könne aber aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr zuordnen, ob die Ohrfeige dem Schüler A. oder einem Mitschüler versetzt worden sei. Die Beklagte bestreitet auch diesen Vorwurf. Der Schüler selbst habe den Vorgang nicht widerspruchsfrei schildern können. Während er im Ermittlungsverfahren angegeben habe, man habe vom Schlag ins Gesicht nichts sehen können (Strafakte/Beiakte 3c = Beiakte 12 des Berufungsverfahrens, Bl. 558), habe er in der Hauptverhandlung am 15. Juli 2014 ausgesagt, er habe einen Abdruck auf der Wange gehabt (Strafakte/Beiakte 3e = Beiakte 14 des Berufungsverfahrens, Bl. 1047). Es liege darüber hinaus kein ärztliches Attest hinsichtlich der ihm angeblich zugefügten Verletzung vor. Es existiere auch kein einziger Zeuge, der diesen angeblichen Schlag tatsächlich gesehen habe. Der Schüler A. sei schwierig, er habe seiner Klassenlehrerin im Frühjahr 2011 mit einem Messer gedroht. Er habe in seiner Vernehmung mit der Polizei eine reiche Phantasie entwickelt und sei in seiner Aussage nicht glaubwürdig, weil er zum Beispiel von Englischproben berichtet habe, die in der Grundschule nicht existierten (Strafakte/Beiakte 3c = Beiakte 12 des Berufungsverfahrens, Bl. 522). Mit dem Versuch, auch diesen Schüler zu diskreditieren, wird die Nachvollziehbarkeit der Beweiswürdigung des Strafgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt. Sowohl die Mutter des Schülers (Strafakte/Beiakte 3e = Beiakte 14 des Berufungsverfahrens, Bl. 1047) als auch der Mitschüler A. B. (Strafakte/Beiakte 3c = Beiakte 12 des Berufungsverfahrens, Bl. 522) haben angegeben, man habe den Abdruck der Hand gesehen. Das Jugendschöffengericht hat dem Schüler, dem Mitschüler und der Mutter Glauben geschenkt. Die diesbezüglichen Feststellungen beruhen damit auf einer nachvollziehbaren Beweiswürdigung. Die Beklagte kann die Glaubwürdigkeit des Zeugen A. B. nicht damit erschüttern, dass dieser sich in der Hauptverhandlung am 15. Juli 2014 nur an die „Schelle“, nicht aber an die näheren Umstände erinnern konnte (Strafakte/Beiakte 3e = Beiakte 14 des Berufungsverfahrens, Bl. 1045). Angesichts des langen Zeitablaufs, des Alters des Zeugen und unter Berücksichtigung von erwartungsgemäßen Erinnerungslücken vermag der Senat ein Indiz für eine Unglaubwürdigkeit des Zeugen nicht zu erkennen.

1.1.2 Eine Lösung von den Feststellungen war auch nicht deshalb angezeigt, weil dem Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth eine Verfahrensabsprache nach § 257c StPO zugrunde lag. In Rechtsprechung und Literatur ist allgemein akzeptiert, dass auch auf Grundlage eines „Deals“ ergangene strafgerichtliche Urteile grundsätzlich Bindungswirkung für das Disziplinarverfahren entfalten (vgl. Weiß in GKÖD a.a.O. § 57 Rn. 17a m.w.N.). Eine Verfahrensabsprache ändert nichts an der Richtigkeit des vom Strafgerichts festgestellten Sachverhalts (BVerwG, U.v. 24.2.1999 - 1 D 31.98 - juris Rn. 16). Die Lösung von den Tatsachenfeststellungen kommt insoweit nur in Betracht, wenn die Absprache wesentlichen rechtsstaatlichen Anforderungen nicht genügt (BayVGH, U.v. 11.5.2016 - 16a D 13.1540 - juris Rn. 53; BVerwG, B.v. 24.7.2007 - 2 B 65.07 - juris Rn. 12). Substantiierte rechtliche Beanstandungen hat die Beklagte diesbezüglich nicht vorgetragen (vgl. BVerwG, B.v. 26.8.2010 - 2 B 43.10 - juris Rn. 6). Es fehlen jegliche Anhaltspunkte für die Annahme, bei der Verfahrensabsprache seien die rechtsstaatlichen Anforderungen nicht gewahrt worden. Eine Bindungswirkung der tatsächlichen Feststellungen ergibt sich aufgrund der Rechtsfolgenbeschränkung bereits aus dem erstinstanzlichen Urteil (BayVGH, U.v. 11.5.2016 a.a.O. Rn. 53)

1.2 Der Senat belässt es bei der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Beschränkung (Vorwürfe 4. und 5.). Zwar können die ausgeschiedenen Sachverhalte nach Art. 63 Abs. 1, Art. 54 Satz 2 i.V.m. Art. 21 Abs. 2 Satz 3 jederzeit wieder in das Disziplinarverfahren einbezogen werden. Die Einbeziehung ist auch noch im Rahmen des Berufungsverfahrens möglich (Conrad in Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Stand: August 2018, Art. 54 Rn. 7). Dies entspricht auch dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens (Conrad a.a.O.). Insoweit besteht kein Vertrauensschutz. Eine Wiedereinbeziehung der ausgeschiedenen Sachverhalte - die im Ermessen des Senats liegt - ist angesichts der Schwere der Sachverhalte 1. bis 3. jedoch nicht angezeigt.

1.3 Die Beklagte hat mit den vorgenannten Dienstpflichtverletzungen (1. bis 3.) ein einheitliches (Hermann in Hermann/Sandkuhl, Beamtendisziplinarrecht, Beamtenstrafrecht, 1. Aufl. 2014, Rn. 167 ff.) Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen. Durch die Verwirklichung der Straftatbestände der Körperverletzung im Amt, der Freiheitsberaubung und Nötigung gegenüber ihr anvertrauten Schülern hat die Beklagte innerdienstlich vorsätzlich und schuldhaft gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Dienstausübung (§ 34 Satz 1 BeamtStG) und gegen die Pflicht zur Beachtung der Gesetze (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG i.V.m. § 239 Abs. 1, § 240 Abs. 1 und 2, § 340 Abs. 1, § 53 StGB) verstoßen. Ferner hat sie hinsichtlich des Vorwurfs 3. (Körperverletzung im Amt) in zwei Fällen auch gegen das Züchtigungsverbot (Art. 86 Abs. 3 Nr. 1 BayEUG) verstoßen, das jede Beeinträchtigung der physisch-körperlichen Integrität des Schülers untersagt (Lindner/Stahl, Das Schulrecht in Bayern, Stand: Jan. 2019, Art. 86 BayEUG Anm. 17.1). Der Senat geht mit dem Strafgericht entgegen der Auffassung der Beklagten davon aus, dass diese hinsichtlich des Vorwurfs 2 eine Nötigung i.S.d. § 240 StGB begangen hat (vgl. Weiß in GKÖD Bd. II a.a.O. § 57 Rn. 8: Das Disziplinargericht kann die bindenden Feststellungen des Strafurteils eigenständig - und damit auch anders - würdigen). Die Vorschrift benennt als Nötigungsmittel abschließend Gewalt und die Drohung mit einem empfindlichen Übel. Übel kann jedweder Nachteil sein. Empfindlich ist es, wenn es geeignet erscheint, den Bedrohten im Sinne des Täters zu motivieren (Valerius in BeckOK StGB, Stand: Feb. 2019, § 240 Rn. 36/37). Hier hatte die Schülerin nach der Aussage der Mutter „wahnsinnige Angst“ vor der Beklagten (Strafakte/Beiakte 3e = Beiakte 14 des Berufungsverfahrens, Bl. 1029) und damit Angst vor Konsequenzen, sollte sie ohne Erlaubnis zur Toilette gehen. Der Senat geht davon aus, dass die Beklage durch ihr, von den Schülern durchgehend als laut und aggressiv bezeichnetes Verhalten, konkludent Konsequenzen angedroht hat, zumal die Beklagte kurz zuvor zwei störende Schülerinnen eingesperrt hatte. Damit ist in die Verwerflichkeitsprüfung nach § 240 Abs. 2 StGB einzutreten. Eine Nötigung ist erst dann rechtswidrig, wenn die Verwendung des Nötigungsmittels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist (sog. Mittel-Zweck-Relation). Das Urteil der Verwerflichkeit bestimmt sich im Wege einer Gesamtwürdigung (Valerius in BeckOK StGB a.a.O. Rn. 47). Vorliegend ist davon auszugehen, dass keine angemessene Mittel-Zweck-Relation bestand. Der Senat kann auf der Grundlage der Feststellungen des Strafgerichts kein sozialadäquates Verhalten der Beklagten erkennen. Es ist keinerlei pädagogische Berechtigung für das Verbot, auf die Toilette zu gehen, ersichtlich. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass der Schülerin der Toilettengang lediglich deshalb verwehrt wurde, weil die Beklagte, die den Besuch der Toilette während des Unterrichts generell verboten hatte, auf die Einhaltung ihrer Regeln nicht verzichten konnte oder wollte.

2. Nach Art. 14 Abs. 1 BayDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6.14 - juris Rn. 12 m.w.N.).

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amts erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG). Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden. Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 12/13).

2.1 Da die Schwere des Dienstvergehens nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 Abs. 1 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzungen, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 16).

Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, greift der Senat auch bei innerdienstlich begangenen Straftaten nunmehr auf den Strafrahmen zurück und folgt damit der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O.; B.v. 05.7.2016 - 2 B 2.16 - juris Rn. 14).

Vorliegend stellen die dienstpflichtverletzenden Handlungen, welche auch dem Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth zugrunde lagen, sehr schwere Dienstpflichtverletzungen dar. Das ergibt sich schon daraus, dass für die Straftat der Körperverletzung im Amt (§ 340 Abs. 1 StGB) ein Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe besteht. Damit bewegt sich die Strafandrohung weit über dem mittelschweren Bereich (vgl. BVerwG, U.v. 24.11.2015 - 2 WD 15.14 - juris Rn. 51; U.v. 20.3.2014 - 2 WD 5.13 - juris). Begeht ein Beamter innerdienstlich eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht (hier sind es bis zu fünf Jahre), reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6.14 - juris Rn. 20).

2.2. Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung nach Maßgabe des Art. 14 BayDG führt zur Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, weil sie durch ihr Dienstvergehen das Vertrauen des Klägers und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG).

Die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafdrohung gebildeten Orientierungsrahmens ist hier geboten. Die Beklagte hat ihre Nichteignung für den Lehrerberuf gezeigt. Ein Lehrer ist nach dem umfassenden Bildungsauftrag der Schule nicht nur zur Vermittlung von Wissen, sondern auch zur Erziehung der Kinder verpflichtet. Er muss insbesondere die geistige und sittliche Entwicklung der ihm anvertrauten Kinder fördern und schützen. Zudem muss der Lehrer in seiner Vorbildfunktion die verfassungsrechtlich geschützte Wertordnung glaubhaft vermitteln (vgl. BVerwG, U.v. 19.8.2010 - 2 C 5.10 - juris Rn. 17).

Die Beklagte hat im Kernbereich ihrer beamtenrechtlichen Pflichten in erheblichem Umfang und wiederholt versagt. Nach Art. 2 Abs. 1 BayEUG haben die Schulen insbesondere die Aufgabe, zu verantwortlichem Gebrauch der Freiheit, zu Toleranz, friedlicher Gesinnung und Achtung vor anderen Menschen zu erziehen. Das von der Beklagten gezeigte Verhalten gibt begründeten Anlass zu Zweifeln an der Eignung für den Lehrerberuf. Ein Lehrer, der sich wegen Nötigung, Körperverletzung im Amt und Freiheitsberaubung (jeweils gegenüber anvertrauten Schülern) strafbar gemacht hat, bietet keine Gewähr dafür, dass er die ihm dienstlich obliegenden Erziehungsaufgaben erfüllen kann. Von einem Lehrer wird erwartet, dass er die körperliche Unversehrtheit der ihm anvertrauten Schüler achtet, ein Vorbild dahingehend ist, dass Gewalt zur Lösung der Probleme kein adäquates Mittel ist und dass man sich auch bei widrigen Umständen beherrschen muss. Das Verhalten der Beklagten steht der Verpflichtung eines Angehörigen dieses Berufes, die Würde und die persönliche Entfaltung der Schüler zu schützen und zu fördern, diametral entgegen, sodass ihr ein glaubwürdiges pädagogisches Wirken nicht mehr möglich ist. Eine Vorbildfunktion gegenüber den von ihr unterrichteten Schülern, die auch maßgeblich darin besteht, den Schülern einen gewaltfreien Umgang untereinander zu vermitteln, kann die Beklagte nicht mehr wahrnehmen. Ein Pädagoge, der - wie die Beklagte - gegenüber seinen Schülern straffällig geworden ist, sieht sich daher berechtigter Ablehnung seitens der Schüler und Eltern ausgesetzt. Hinzu kommt, dass es sich bei den betroffenen Schülern um Grundschüler gehandelt hat, die den Charakter und das Ausmaß des von der Beklagten gezeigten Verhaltens noch nicht richtig einzuschätzen wissen und aufgrund ihres Alters eines besonderen Schutzes bedürfen.

2.3 Die in der Rechtsprechung entwickelten sogenannten „anerkannten“ Milderungsgründe kommen der Beklagten nicht zugute. Solche können teilweise zu einer Disziplinarmaßnahme führen, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme, es sei denn, es liegen gegenläufige belastende Umstände vor (vgl. BVerwG, B.v. 15.6.2016 - 2 B 49.15 - juris Rn. 13).

2.3.1 Die Beklagte hat das Dienstvergehen nicht im Zustand einer im Sinne des § 21 StGB erheblich verminderten Schuldfähigkeit begangen, die regelmäßig einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis entgegensteht (vgl. BVerwG B.v. 9.2.2016 - 2 B 84.14 - juris Rn. 21; B.v. 4.7.2013 - 2 B 76.12 - juris Rn. 19).

Es bestehen keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass die Schuldfähigkeit der Beklagten wegen einer seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB erheblich gemindert war. Ausweislich des Gesundheitszeugnisses der Regierung von Mittelfranken (Bl. 136 der Disziplinarakte) vom 7. Dezember 2011 wird zwar bei der Beklagten eine Primärpersönlichkeit mit zwanghaften, selbstunsicheren und konfliktscheuen Anteilen beschrieben. Eine manifeste Persönlichkeitsstörung konnte jedoch unter Zugrundelegung der ICD-Kriterien nicht festgestellt werden. Insbesondere fanden sich keine Hinweise auf eine Impulsstörung oder eine psychische Erkrankung, weshalb die Feststellung getroffen wurde, dass die Beklagte grundsätzlich in der Lage ist, ihrer Tätigkeit als Lehrerin ordnungsgemäß nachzukommen. Die Medizinaloberrätin Dr. A. führt aus, dass keine Anknüpfungspunkte für die Annahme einer manifesten psychischen Erkrankung/psychischen Störung ersichtlich sind. Damit sind die Eingangsmerkmale des § 20 StGB nicht erfüllt, worauf die Disziplinarklage (dort S. 18) zutreffend hinweist.

2.3.2 Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer sog. anerkannter Milderungsgründe, wie z.B. eine einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat, bestehen nicht. Die Pflichtverletzungen an unterschiedlichen Tagen schließen die Annahme einer persönlichkeitsfremden Tat aus. Von einem durch Spontaneität und Kopflosigkeit bestimmten Verhalten als Charakteristika der persönlichkeitsfremden Augenblickstat kann angesichts der mehrfachen „Entgleisungen“ der Beklagten nicht ausgegangen werden (vgl. BVerwG, U.v. 18.2.2016 - 2 WD 19.15 - juris Rn. 55).

2.4. Art. 14 Abs. 1 BayDG sowie das im Disziplinarverfahren geltende Schuldprinzip und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangen, dass - über die in der Rechtsprechung entwickelten „anerkannten“ Milderungsgründe hinaus - bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sämtliche be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und von dem Gericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6.14 - juris Rn. 37), wobei bei einem - wie hier - innerdienstlichen Dienstvergehen dem in einem Strafverfahren wegen desselben Tatvorwurfs gegen den Beamten konkret ausgeurteiltem Strafmaß für das Disziplinargericht keine indizielle oder präjudizielle Bedeutung zukommt (BVerwG, B.v. 12.2.2019 - 2 B 6.19 - juris Rn. 4 m.w.N.)

Die Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände ergibt, dass die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, weil sie durch das Dienstvergehen das Vertrauen des Klägers und der Allgemeinheit endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG). Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn die Gesamtwürdigung der bedeutsamen Umstände ergibt, dass der Beamte auch künftig seinen Dienstpflichten nicht nachkommen wird oder - wie hier - die Ansehensschädigung nicht wiedergutzumachen ist (vgl. BVerwG, U.v. 22.6.2006 - 2 C 11.05 - juris Rn. 24).

Zu Lasten der Beklagten ist zu werten, dass es bereits in der Vergangenheit aufgrund des Erziehungs- und Führungsstils gegenüber Kindern und Eltern und ihres Verhaltens gegenüber der Schulleitung zu Problemen mit der Beklagten kam. In der Personalakte (Beiakte b = Beiakte 6 des Berufungsverfahrens) befinden sich zahlreiche Beschwerden von Eltern aus dem Jahr 2005. Weiter spricht gegen die Beklagte, dass sie sich die mit Disziplinarverfügung vom 22. August 2006 verhängte Geldbuße in Höhe von 2.000 Euro nicht zur Warnung hat dienen lassen, sondern weitere Dienstpflichtverletzungen begangen hat. Besonders schwer wiegt, dass es trotz des seit dem Jahr 2010 laufenden Strafermittlungserfahrens und des am 28. April 2011 eingeleiteten Disziplinarverfahrens am 8. Juni 2011 zu den Körperverletzungen im Amt (Vorwurf 3.) kam. Die Beklagte hat keinerlei Einsicht gezeigt, sondern sieht sich, wie das von ihr persönlich verfasste Schreiben an den Vorsitzenden des Senats vom 14. März 2018 zeigt, als Opfer eines „intrigenhaften Ränkespiels“, ohne dass hierfür auch nur ansatzweise valide Anhaltspunkte ersichtlich wären. Die Beklagte hat die Taten nicht eingestanden, sondern ihre in der Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch liegende geständige Einlassung vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth im disziplinarrechtlichen Verfahren ausdrücklich als falsch bezeichnet. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass in dem zitierten Gesundheitszeugnis der Regierung von Mittelfranken wegen der Akzentuierung der Persönlichkeit der Beklagten mit Neigung zur Abwehr oder Leugnung von Problemen sowie etwaigem Fehlen von Einsicht weitere Beeinträchtigungen im Hinblick auf die adäquate Interaktion mit Schutzbefohlenen des Grundschulalters nicht ausgeschlossen werden konnten. Die vom Amtsarzt bejahte manifeste Wiederholungsgefahr spricht erheblich zu Ungunsten der Beklagten. Auch die dienstlichen Leistungen sprechen nicht für die Beklagte, die in der Anlassbeurteilung 2009 und der dienstlichen Beurteilung vom 22. März 2011 jeweils nur das Gesamtprädikat „IU“ (Leistung, die insgesamt unzureichend ist) erhielt.

Entlastende Gründe, die zu Gunsten der Beklagten sprechen könnten, sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen. Die lange Dauer des bereits am 28. April 2011 eingeleiteten Disziplinarverfahrens kann nicht mildernd berücksichtigt werden. Im Disziplinarrecht ist dies nur unterhalb der Maßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis möglich. Ergibt die für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme erforderliche Gesamtwürdigung aller erschwerenden und mildernden Umstände des Dienstvergehens, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist, kann davon nicht abgesehen werden, weil das Disziplinarverfahren unangemessen lange gedauert hat. Ein Verbleib im Beamtenverhältnis ausschließlich aufgrund einer überlangen Verfahrensdauer lässt sich nicht mit dem Zweck der Disziplinarbefugnis, nämlich dem Schutz der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und der Integrität des Berufsbeamtentums, vereinbaren. Diese Schutzgüter und der Grundsatz der Gleichbehandlung schließen aus, dass ein Beamter weiterhin Dienst leisten und als Repräsentant des Dienstherrn auftreten kann, obwohl er durch ein gravierendes Fehlverhalten untragbar geworden ist. Die Dauer des Disziplinarverfahrens ist nicht geeignet, das von dem Beamten zerstörte Vertrauensverhältnis wiederherzustellen (BVerwG, B.v. 10.10.2014 - 2 B 66.14 - juris Rn. 7 m.w.N.).

Nach Abwägung aller be- und entlastenden Umstände ist deshalb nach Überzeugung des Senats die Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen und geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit.

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist nicht wegen der damit einhergehenden „existentiellen Betroffenheit“ unverhältnismäßig. Ein Beamter, der das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn zerstört hat, kann nicht verlangen, dass sein Beamtenverhältnis aus Gründen der Vermeidung sozialer Härten unverändert beibehalten wird. Er darf dadurch zwar nicht unter das Existenzminimum fallen. Ihn davor zu bewahren, ist jedoch allein Aufgabe der sozialrechtlichen Vorschriften und Leistungen (vgl. BayVGH, U.v. 7.12.2016 - 16a D 14.1215 - juris Rn. 76 m.w.N.).

3. Nach alledem war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG, Art. 3 BayDG i.V.m. § 116 Abs. 1 VwGO).

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Strafgesetzbuch - StGB | § 53 Tatmehrheit


(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi

Strafprozeßordnung - StPO | § 257c Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten


(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Gegenstand dieser Verstä

Strafgesetzbuch - StGB | § 240 Nötigung


(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Rechtswidrig ist die

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 34 Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten und Erscheinungsbild


(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und d

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 47 Nichterfüllung von Pflichten


(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße g

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 116


(1) Das Urteil wird, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, in der Regel in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet, in besonderen Fällen in einem sofort anzuberaumenden Termin, der nicht über zwei Wochen

Strafgesetzbuch - StGB | § 239 Freiheitsberaubung


(1) Wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 33 Grundpflichten


(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der

Strafgesetzbuch - StGB | § 340 Körperverletzung im Amt


(1) Ein Amtsträger, der während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die

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(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

I.

Der im Jahr 19 in M … geborene Beklagte beendete 1980 seine Schullaufbahn mit dem Abitur. Am 1. Oktober 1981 trat er als Polizeiwachtmeister unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Dienst des Klägers ein. Zum 1. Oktober 1982 folgte seine Ernennung zum Polizeioberwachtmeister, nach erfolgreicher Laufbahnprüfung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst mit der Gesamtprüfungsnote „befriedigend“ (2,81) zum 1. Dezember 1984 die Ernennung zum Polizeikommissar unter gleichzeitiger Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe. Am 1. Juni 1988 wurde er zum Polizeioberkommissar ernannt, am 19. Oktober 1988 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und zum 29. November 1991 zum Polizeihauptkommissar ernannt. Nach erfolgreicher Laufbahnprüfung für den höheren Polizeivollzugsdienst mit der Gesamtprüfungsnote „gut“ (2,33) folgte zum 1. Juli 1994 die Ernennung zum Polizeirat und zum 1. Juli 1997 zum Polizeioberrat. Mit Schreiben vom 11. November 2003 wurde ihm als Leiter der VPI Verkehrsüberwachung für die Einsatzführung im Zusammenhang mit Staatsbesuchen eine Leistungsprämie von 1000,- Euro gewährt. Zum 1. September 2010 wurde der Beklagte unter gleichzeitiger Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeidirektor ernannt. Mit Bescheid des Polizeipräsidiums M … vom 24. Mai 2012 wurde festgestellt, dass die Probezeit nicht erfolgreich beendet wurde. Der Beklagte ist geschieden, Vater von zwei in erster Ehe 1994 und 1997 geborenen Kindern und in zweiter Ehe wieder verheiratet (seit 2014 getrennt lebend). Er erhält um 15 Prozent gekürzte Dienstbezüge aus der Besoldungsgruppe A14. In seiner letzten periodischen Beurteilung erreichte der Beklagte 14 Punkte.

II.

Der Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit Urteil des Landgerichts T … vom 27. November 2012 (Az. 2 KLs 580 Js 25447/11) wurde er wegen drei tatmehrheitlicher Fälle der Körperverletzung im Amt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Revision des Beklagten wurde mit Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 10. April 2013 als unbegründet verworfen.

Dem Urteil des Landgerichts liegen folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde:

„Am 03.09.2011 befand sich der Angeklagte ab 18.00 Uhr im Dienst. Als Leiter der Polizeiinspektion R … verrichtete er diesen auf dem Herbstfest in R …, welches vom 26.08.2011 bis 11.09.2011 stattfand. Auf dem Festgelände auf der L …wiese befindet sich eine, während der Wiesnzeit provisorisch eingerichtete Wiesnwache, von wo aus die polizeilichen Einsätze koordiniert und durchgeführt werden. Nachdem der Angeklagte am 03.09.2012 zunächst damit befasst war, eine größere Gruppe von Motoradrockern aus Sicherheitsgründen davon abzuhalten, dass diese gemeinsam auf das Herbstfest gehen, was sich schließlich ohne größere Probleme erledigte, begab er sich im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit kurz vor 22.00 Uhr zusammen mit seinem Kollegen, PHK K., auf Fußstreife über das Festgelände.

Zum gleichen Zeitpunkt kam es vor dem Fahrgeschäft Poseidon zu einer Rangelei und kurzen Schlägerei, an der auch der später Geschädigte M. H. beteiligt war. Der Geschädigte H. befand sich mit zwei Freunden ebenfalls auf dem Herbstfest und die drei pöbelten zunächst vor dem Fahrgeschäft eine Gruppe von jungen Erwachsenen an. Kurze Zeit darauf versetzte der Geschädigte H. dem Zeugen D. auch einen Kopfstoß. Die am Streit Beteiligten stürzten dabei auch zu Boden. Der genaue Hergang dieser Auseinandersetzung konnte nicht geklärt werden. Möglicherweise erhielt der Geschädigte H. im Rahmen dieser Auseinandersetzung einen Schlag oder Stoß an die rechte Unterkieferseite, wodurch an zwei Backenzähnen eine Zahnschmelzabplatzung bzw. – sprung und an dem rechten vorderen Unterkieferrand ein Bluterguss entstand.

Der Geschädigte H. war zum Zeitpunkt dieser Auseinandersetzung nach dem Genuss von zwei Maß Bier nicht unerheblich alkoholisiert. Seine Blutalkoholkonzentration betrug wahrscheinlich 1,4 Promille, maximal 1,66 Promille. Der Geschädigte H. wurde schließlich durch die herbeigerufenen Polizeibeamten, die Zeugen B. und N., wegen der Beteiligung an der Schlägerei und unter dem Verdacht der Körperverletzung festgenommen. Die Zeugen B. und N. brachten den Geschädigten H. zu Boden und fesselten seine Hände auf dem Rücken. Anschließend sollte der Geschädigte H. von den Zeugen B. und N. zur etwa 50 m entfernten Wiesnwache abgeführt werden.

Zu diesem Zeitpunkt hatte der Geschädigte keine, insbesondere keine blutenden Verletzungen im Bereich der Lippe. Aufgrund seiner Alkoholisierung und der unmittelbar zuvor stattgefundenen Auseinandersetzung war der Geschädigte eher aggressiv gestimmt, aber nicht so, dass er sich der Festnahme widersetzt hätte.

Der zum Einsatzort hinzugekommene Angeklagte löste den Kollegen N. ab und führte den Geschädigten zusammen mit dem Zeugen B. in Richtung Wiesnwache, wobei der Geschädigte vom Angeklagten rechts und vom Zeugen B. links gehalten und geführt wurde. Aufgrund des hohen Besucherandrangs auf dem Festplatz kam es immer wieder zu kurzen Stockungen, auch drehte sich der Geschädigte mehrmals nach rechts zum Angeklagten hin um und wollte wissen, was denn der Grund dafür sei, warum er abgeführt werde. Er habe wissen wollen „was abgehe“ und was er gemacht habe. Der Angeklagte antwortete ihm darauf, dass dies auf der Wache geklärt werde. Der Geschädigte meinte daraufhin, sein Vater sei Rechtsanwalt (was nicht zutrifft) und es gäbe eine Anzeige. Von Seiten des Geschädigten wurden auch im Einzelnen nicht mehr feststellbare Beleidigungen gegen den Angeklagten ausgesprochen. Während dieses Abführens versetzte der Angeklagte dem Geschädigten mehrere Stöße, mindestens zwei, mit dem Knie in den rechten Gesäßbereich des Geschädigten, um diesen zum zügigen Weitergehen zu veranlassen. Für diese Stöße bestand jedoch nicht die geringste Notwendigkeit, da der Geschädigte ohnehin gefesselt war und auf beiden Seiten von Polizeibeamten abgeführt wurde. Der Geschädigte „bedankte“ sich ironisch beim Angeklagten und wurde zunehmend aggressiver, er fragte „was ist los du Irrer“ und bezeichnete den Angeklagten auch als „Psycho“ und fragte was mit ihm „los“ sei. Daraufhin versetzte der Angeklagte dem Geschädigten mit der rechten offenen flachen Hand einen Schlag in die linke Gesichtshälfte. Auf dem weiteren Weg zur Wache gab der Angeklagte dem Geschädigten eine Anzahl weiterer nicht mehr genauer feststellbarer Kniestöße, mindestens aber vier. Kurz bevor der Angeklagte und der Geschädigte die Wiesnwache erreichten, versetzte der Angeklagte dem Geschädigten eine weitere Ohrfeige.

Durch diese beiden Ohrfeigen bzw. Schläge ins Gesicht entstanden beim Geschädigten keine nennenswerten Verletzungen, die Schläge waren aber so heftig, dass der Geschädigte jeweils Schmerzen verspürte. Durch die Kniestöße in die rechte Gesäßgegend verspürte der Geschädigte zwei bis drei Tage ziehende Schmerzen vor allem beim Liegen, welche in den Lenden- und Nierenbereich ausstrahlten.

Eine blutende Verletzung im Bereich Nase/Mund trug der Geschädigte weder bei der Schlägerei, welche Anlass für den Polizeieinsatz war, noch bei der Festnahme und beim Abführen zur Wiesnwache davon.

Nachdem die drei Personen an der Wiesnwache angekommen waren, wurde der Geschädigte vom Angeklagten in einen Raum, welcher sich unmittelbar nach Betreten des Gebäudes rechts befand, geführt. Bei diesem Raum handelt es sich um eine Räumlichkeit einer Bäckerei, die in der Zeit des Herbstfestes provisorisch als Dienstraum für die Polizeiinspektion eingerichtet ist, sonst aber der Bäckerei als Lager- und Abstellraum dient. Unmittelbar nach dem Eingang befindet sich auf der linken Seite an der Wand eine vorübergehend dort angebrachte Sitzbank mit einer Sitzfläche von etwa 1,20 m x 46 cm. Die Sitzfläche befindet sich auf einer Höhe von 42,5 cm. In dem insgesamt etwa 17 m² großen Raum befanden sich weiterhin noch ein Tresen, ein Schreibtisch und ein kleiner Schrank, sowie eine provisorische Spüle. Wegen der Einzelheiten der örtlichen Verhältnisse wird auf die Planskizze auf Bl. 544 d. A. verwiesen.

Unmittelbar nach Betreten dieses Wachraumes setzte der Angeklagte den nach wie vor mit den Händen auf den Rücken gefesselten Geschädigten auf diese Sitzbank. Der Geschädigte äußerte sich weiterhin erbost über den Umstand seiner Festnahme. Hierauf entwickelte sich ein zunehmend lauter werdendes Streitgespräch zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten. Aus Verärgerung über das weiter andauernde renitente Verhalten des Geschädigten trat der Angeklagte aufgrund eines neuen Tatentschlusses, kurz nachdem sich der Geschädigte auf die Bank gesetzt hatte, an diesen heran, zog ihn nach oben und drehte ihn mit dem Gesicht gegen die Wand. Sodann packte der Angeklagte den Geschädigten hinten am Kopf oder im Nacken und stieß dessen Kopf mindestens zweimal gegen die Wand. Der Geschädigte war dabei in seiner Abwehrfähigkeit nicht nur durch die auf den Rücken gefesselten Hände beeinträchtigt, sondern auch durch die Sitzbank, welche sich unmittelbar vor seinen Schienbeinen befand und welche es ihm unmöglich machte, nach vorne auszuweichen und die Stöße damit irgendwie abzufangen oder abzumildern.

Durch die beiden Stöße gegen die Wand brach ein Teil des linken oberen vorderen Schneidezahns ab, ferner erlitt der Geschädigte zwei blutende Quetsch-Risswunden an der Unterlippe, wovon eine 1 cm tief und 0,5 cm breit war. Des Weiteren wurden vier Zähne gelockert.

Danach verließ der Angeklagte das Dienstzimmer.

Einige Zeit darauf kam er wieder in den Wachraum zurück, wo der zwischenzeitlich stark blutende Geschädigte auf der Sitzbank saß. Als dieser den Angeklagten wahrnahm, begann er sofort wieder auf ihn zu schimpfen und ihn zu beleidigen, darüber hinaus spuckte er in Richtung des Angeklagten, ohne ihn jedoch zu treffen. Auch versuchte er gegen diesen zu treten. Wegen dieses Verhaltens entschloss sich der Angeklagte erneut den Geschädigten zu maßregeln und versetzte diesem eine weitere heftige Ohrfeige in die linke Gesichtshälfte. Auch hierdurch verspürte der Geschädigte Schmerzen, bleibende Verletzungen sind aber nicht entstanden.

Die Verletzung an der Lippe wurde im Krankenhaus R … durch zwei Nähte versorgt. Ferner mussten die gelockerten Zähne wieder gerichtet werden und der abgebrochene Schneidezahn durch eine Teilprothese ersetzt werden. Aufgrund der Verletzungen ist beim Geschädigten eine kleine, kaum sichtbare Narbe an der Unterlippe verblieben, zudem besteht ein maßvoll erhöhtes Risiko dafür, dass der geschädigte Schneidezahn später absterben könnte und durch ein Implantat ersetzt werden müsste.

Weitergehende Folgen hat der Vorfall weder in körperlicher, noch in psychischer Hinsicht beim Geschädigten hinterlassen.

Der Angeklagte hat im Rahmen der Durchführung eines von ihm angestrebten Täter Opfer Ausgleichs einen Termin bei der Fachstelle für Täter Opfer Ausgleich der Diakonie in T … am 29.09.2012 wahrgenommen und dort ein Gespräch mit der Dipl. Sozialpädagogin G.G. geführt.

Der Geschädigte nahm an diesem Gespräch nicht teil, weil seine Mutter als Erziehungsberechtigte ein Gespräch mit der Fachstelle ablehnte.

Der Angeklagte verfasste daraufhin unter dem 20.10.2012 ein zweiseitiges Entschuldigungsschreiben an den Geschädigten.

In der Hauptverhandlung erkannte der Angeklagte durch gerichtlich protokollierten Teilvergleich an, dem Geschädigten dem Grunde nach Schadensersatz und Schmerzensgeld zu schulden und verpflichtete sich einen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 6.000 Euro zu bezahlen.“

III.

Aufgrund des Vorfalls vom 3. September 2011 wurden mit Vermerk vom 16. September 2011 gegen den Beklagten disziplinarrechtliche Ermittlungen gemäß Art. 19 Abs. 1 BayDG eingeleitet und wegen des sachgleichen Strafverfahrens ausgesetzt. Mit Verfügung vom 22. September 2011 wurde dem Beklagten die Führung der Dienstgeschäfte verboten. Mit Bescheid des Polizeipräsidiums M … vom 21. Mai 2012, das das Disziplinarverfahren zwischenzeitlich übernommen hatte, wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben. Die jährliche Sonderzuwendung sowie 30 Prozent seiner Dienstbezüge wurden zunächst einbehalten, mit Bescheid vom 25. Juli 2012 auf 25 Prozent reduziert und mit Bescheid vom 8. August 2013 aufgehoben. Mit Verfügung vom 1. Dezember 2016 wurde unter Aufhebung des Bescheids vom 8. August 2013 erneut der Einbehalt der jährlichen Sonderzahlung sowie von 15 Prozent der Dienstbezüge verfügt. Im Rahmen des mit Schreiben vom 8. August 2013 nach Abschluss des Strafverfahrens fortgesetzten Disziplinarverfahrens wurde der Beklagte unter dem 8. April 2014 zur beabsichtigten Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abschließend angehört. Von der Beteiligungsmöglichkeit der Personalvertretung machte der Beklagte Gebrauch. Diese hat der Erhebung der Disziplinarklage mit Schreiben vom 25. Juni 2014 zugestimmt.

IV.

Am 22. Juli 2014 erhob das Polizeipräsidium M … Klage zum Verwaltungsgericht und beantragte, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Grundlage hierfür seien die im Urteil des Landgerichts T … vom 27. November 2012 zur Last gelegten Sachverhalte. Der Beklagte habe sich nicht seinem Beruf entsprechend achtungs- und vertrauenswürdig verhalten und die Gesetze nicht beachtet. Er habe ein schweres, den Kernbereich der Dienstpflichten betreffendes Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen. Unter Berücksichtigung des Umfangs der Pflichtverletzung, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit sowie unter Würdigung des Persönlichkeitsbilds des Beklagten sei eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten; eine mildere disziplinarrechtliche Ahndung sei nicht veranlasst. Bei einem Polizeibeamten, dem gerade der Schutz der Rechtsordnung obliege und der in dieser Funktion auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen werde, leide die Wertschätzung und das Ansehen, die er als Amtsträger nach außen genieße, durch die Begehung einer solchen Straftat erheblich. Er habe über einen längeren Zeitraum ein völlig unverhältnismäßiges Verhalten an den Tag gelegt und seine dienstlichen Machtbefugnisse derart missbraucht, dass sein Verhalten nur noch als Ausdruck persönlicher Machtdemonstration gesehen werden könne. Besonders sei auch zu seinen Lasten zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Vorfall um eine absolute Routinesituation gehandelt habe, der Geschädigte ihm schutzlos ausgeliefert gewesen und er mit besonderer Brutalität vorgegangen sei. Der Beklagte sei seiner Vorbildfunktion nicht im Geringsten gerecht geworden und habe auch nach der Tat keinerlei Einsicht und Reue gezeigt, sondern vielmehr den Anschein erweckt, er wolle auf das Aussageverhalten seiner Kollegen Einfluss nehmen. Die positiv zu würdigenden Gesichtspunkte wie z.B. die fehlende Vorbelastung, die gute Beurteilung und die Leistung eines Schmerzensgelds in Höhe von 6.000,- habe die Schwere des Dienstvergehens nicht aufwiegen können.

Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen, hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

Die Disziplinarklage sei unbegründet, allenfalls komme eine geringere Disziplinarmaßnahme in Betracht. Das Gericht sei verpflichtet, die erforderlichen Beweise in einer Beweisaufnahme zu erheben und sich von den Feststellungen des Strafgerichts gemäß Art. 55 BayDG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 BayDG zu lösen. Eine Lösung sei erforderlich, wie sich aus dem dargestellten und durch Beweisangebote hinreichend substantiierten Sachvortrag des Beklagten ergebe. Das Strafurteil beruhe im Wesentlichen auf den Angaben des Geschädigten, der jedoch aufgrund seiner Alkoholisierung keine glaubwürdigen Angaben habe machen können. Die Feststellungen des Strafgerichts würden nicht durch die erhobenen objektiven Befunde oder sonstige Zeugen- und Sachverständigenaussagen gestützt. Als Leiter der Polizeidirektion R … habe er grundsätzlich nicht an vergleichbaren Vor-Ort-Einsätzen teilgenommen, es habe sich deshalb nicht um eine Routinesituation für den Beklagten gehandelt. Es träfe nicht zu, dass der Beklagte seine Kollegen in ihrem Aussageverhalten habe beeinflussen wollen. Zu Gunsten des Beklagten sei zu berücksichtigen gewesen, dass er bislang völlig unbelastet gewesen sei und herausragende Leistungen erbracht habe. Mit Schreiben vom 29. September 2014 wurden vom Beklagten neun weitere Beweisanträge gestellt.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 15. Dezember 2014 auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt. Die dem Beklagten zur Last gelegten Dienstvergehen stünden zur Überzeugung des Gerichts fest und rechtfertigten die verhängte Disziplinarmaßnahme. Das Gericht habe keinen Anlass gesehen, sich von den tatsächlichen Urteilsfeststellungen des Landgerichts T … zu lösen. Dies sei nur ausnahmsweise und unter eng begrenzten Voraussetzungen möglich, allein die Möglichkeit, dass das Geschehen objektiv oder subjektiv auch anders gewesen sein könnte, reiche nicht aus. Die diesbezüglich gestellten Beweisanträge seien abzulehnen. Im Rahmen einer Gesamtabwägung aller be- und entlastenden Umstände gehe das Gericht davon aus, dass das Fehlverhalten des Beklagten äußerst schwer wiege. Es halte deshalb im Hinblick auf die Eigenart und Schwere des Dienstvergehens, seine Auswirkungen, das Maß der Schuld und auch aus generalpräventiven Erwägungen eine Dienstentfernung des Beklagten für angemessen und erforderlich. Ein Polizeibeamter, der in Ausübung seines Dienstes eine vorsätzliche Körperverletzung begehe, ohne dass ein Fall von Notwehr oder Putativ-notwehr vorliege, verstoße in grober Weise gegen seinen gesetzlichen Auftrag zur Gefahrenabwehr und verletze den Kernbereich seiner Dienstpflichten. Er missbrauche damit die ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben verliehenen Machtbefugnisse, erschüttere das in ihn vom Dienstherrn gesetzte Vertrauen in seine dienstliche Zuverlässigkeit und beeinträchtige in erheblichem Maße das Ansehen der Polizei als staatlicher Institution, weil der Achtungsverlust des Beamten auf die Polizei insgesamt ausstrahle. Gerade bei Übergriffen auf sich in (polizeilichem) Gewahrsam befindlichen Personen sei nach ständiger Rechtsprechung in der Regel die Höchstmaßnahme erforderlich. Auf dieser Grundlage ergebe sich im Rahmen der Gesamtbetrachtung, dass die vom Beklagten begangenen Körperverletzungen im Amt bereits für sich genommen, jedenfalls aber in Verbindung mit seinem Nachtatverhalten, das erforderliche Vertrauen in nicht wiederherzustellender Weise zerstört hätten. Der Beklagte habe in drei, durch zeitliche Zäsur getrennten Komplexen, dem Geschädigten jeweils auf neuen Tatentschlüssen beruhende, erhebliche Verletzungen zugefügt. Beim Abführen auf die Wiesnwache habe er dem Geschädigten mindestens sechs Stöße mit dem Knie in den Gesäßbereich gegeben, die zu zwei bis drei Tage ziehenden Schmerzen, insbesondere im Liegen mit Ausstrahlungen in den Lenden- und Nierenbereich geführt hätten. Auch habe er ihm zwei heftige, Schmerzen verursachende Ohrfeigen versetzt. Diese Körperverletzungshandlungen habe der Beklagte vorgenommen, obwohl der Geschädigte gefesselt gewesen sei und sich nach Aussagen des beim Abführen beteiligten Kollegen in keiner Weise widersetzt habe. Auf der Wiesnwache habe er den auf einer Bank sitzenden Geschädigten nach oben gezogen, mit dem Gesicht zur Wand gedreht, am Nacken gepackt und mindestens zweimal gegen die Wand gestoßen. Hierdurch sei beim Geschädigten ein Teil des linken oberen Schneidezahns abgebrochen und er habe zwei blutende Quetsch-Risswunden an der Unterlippe erlitten, wovon eine 1 cm tief und 0,5 cm breit gewesen sei. Ferner seien vier Zähne gelockert worden. Nachdem der Beklagte den Raum verlassen, dann aber wieder zurück gekommen sei, habe er dem zwischenzeitlich stark blutenden Geschädigten eine weitere heftige Ohrfeige in die linke Gesichtshälfte versetzt, die zu erheblichen Schmerzen geführt habe. Demgegenüber hätten sich die provozierenden Äußerungen und Handlungen des Geschädigten nicht mildernd ausgewirkt. Als langjähriger, erfahrener Polizeibeamter könne der Beklagte nicht darauf verweisen, provoziert worden zu sein. Es habe sich um einen typischen Routineeinsatz gehandelt, zudem sei der Geschädigte dem Beklagten körperlich unterlegen und aufgrund der Handschellen schutzlos ausgeliefert gewesen. Die Körperverletzungshandlungen zeigten eine äußerst brutale Vorgehensweise, ein solches Verhalten stehe völlig außer Verhältnis zu der vorangegangenen Provokation. Auch belege das Maß der angewandten Gewalt den Missbrauch der dienstlichen Machtbefugnisse durch den Beklagten nachdrücklich. Zu seinen Lasten falle in hohem Maße auch ins Gewicht, dass es sich vorliegend um einen mit 14 Punkten beurteilten Polizeibeamten handle, der sich zum maßgeblichen Zeitpunkt in der Probezeit zur Ernennung zum Polizeidirektor befunden habe und über eine jahrzehntelange Diensterfahrung verfüge. Darüber hinaus habe er als Leiter der Dienststelle R … eine Vorbildfunktion inne gehabt. Gegen den Beklagten spreche zudem sein Nachtatverhalten. Er habe durch seine Stellungnahme zum Vorfall mit E-Mail vom 4. September 2011 versucht, seine Kolleginnen und Kollegen zu beeinflussen. Schließlich habe der Kläger weder im Strafverfahren noch im Disziplinarverfahren echte Reue und Einsicht in seine Schuld gezeigt. Zu seinen Lasten sei auch zu berücksichtigen, dass das Dienstvergehen infolge der Presseberichterstattung zu einer massiven Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums und der Polizei in der Öffentlichkeit geführt habe. Milderungsgründe, insbesondere ein einmaliges, persönlichkeitsfremdes Augenblicksversagen, lägen nicht vor. Das notwendige Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn sei völlig zerstört, der Ansehens- und Vertrauensverlust werde auch nicht durch die beanstandungsfreie langjährige Tätigkeit des Beklagten, seine gute Beurteilung und die Schmerzensgeldzahlung an den Geschädigten derart relativiert, dass von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden könnte.

Der Beklagte hat gegen dieses Urteil, zugestellt am 29. Januar 2015, am 12. Februar 2015 Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 19. März 2015 beantragt,

in Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 15. Dezember 2014 die Klage abzuweisen bzw. hilfsweise auf eine geringere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen.

Die Berufung richte sich sowohl gegen das verhängte Disziplinarmaß als auch gegen die Tat- und Schuldfeststellungen im angefochtenen Urteil. Das Verwaltungsgericht habe sich zu Unrecht nicht von den Feststellungen im Strafurteil gelöst. Es habe im Hinblick auf den dem Beklagten vorgeworfenen Sachverhalt auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts T … vom 27. November 2012 abgestellt. Dabei habe es jedoch verkannt, dass die dortigen Sachverhaltsfeststellungen falsch seien. Es treffe nicht zu, dass der Beklagte den Geschädigten mindestens zweimal in der Wache gegen die Wand gestoßen habe. Tatsächlich habe der Beklagte dem Geschädigten in der Wache lediglich einen Stoß mit der rechten Hand gegen die rechte Schulter gegeben, weil sich der Geschädigte trotz entsprechender Aufforderung geweigert habe, sich hinzusetzen. Daraufhin habe der Geschädigte das Gleichgewicht verloren und sei mit dem Kopf gegen die Wand geprallt. Der Beklagte habe dem Geschädigten dann lediglich eine Ohrfeige mit der flachen Hand gegeben, nachdem dieser den Beklagten nochmals bedroht, beleidigt und bespuckt habe. Es habe nur ein Kontakt mit dem Kopf des Geschädigten gegen die Wand stattgefunden. Begünstigt sei das Fallen des Geschädigten offenbar dadurch gewesen, dass dieser stark alkoholisiert gewesen sei und nur schwer auf den Beinen habe stehen können. Das Landgericht habe diese Schilderung aber nicht als bestätigt angesehen, sondern sei insbesondere den angeblich glaubwürdigen Angaben des Geschädigten H … gefolgt. Diese Feststellungen seien falsch. Das Abstellen auf die Angaben des Geschädigten sei schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil das Erinnerungsvermögen des Geschädigten aufgrund einer starken Blutalkoholkonzentration zwischen 1,4 und 1,6 Promille eingeschränkt und nur bruchstückehaft vorhanden gewesen sei und im Gegensatz zu den Aussagen anderer Zeugen stehe. Hierfür spreche auch, dass ein von ihm zunächst behaupteter Faustschlag gar nicht stattgefunden habe, der Geschädigte sich an die durch den Zeugen B … beobachteten Ohrfeigen auf dem Weg zur und auf der Wache nicht habe erinnern können und er im Gegensatz zum Zeugen B … ausgesagt habe, dass er vor dem Stoß an die Wand bereits auf der Sitzbank gesessen und vom Beklagten hochgezogen worden sei. Auch an die genaue Anzahl der angeblichen Stöße gegen die Wand habe sich der Geschädigte nicht mehr erinnern können. In der polizeilichen Vernehmung habe er zunächst von nur einem Stoß gesprochen, später sollen es dann vier bis fünf Kopfschläge gewesen sein (z.B. im Rahmen der Tatkonstruktion vom 27. September 2011). In der Hauptverhandlung vor dem Strafgericht am 19. November 2012 habe der Geschädigte dann nur noch von angeblich drei Schlägen des Kopfes an die Wand gesprochen, die dem zu diesem Zeitpunkt vorliegenden zahnmedizinischen Gutachten entsprochen hätten. Gegenüber der die Platzwunde an der Unterlippe und den Zahnschaden behandelnden Notfallärztin Dr. H … sei als Ursache lediglich von einem Faustschlag auf der Polizeiwache die Rede gewesen und nicht von angeblich mehrfachen Stößen an die Wand (vgl. Befund v. 4. September 2011). Die angebliche Glaubwürdigkeit des Geschädigten werde auch nicht durch objektive Befunde gestützt (s. Gutachten S … zum Grad der Alkoholisierung). Es stehe keinesfalls fest, dass der Geschädigte aufgrund eines erheblichen Kraftaufwandes des Beklagten gegen die Wand gestoßen sei, die Sachverständige habe nicht mit Gewissheit sagen können, ob der Geschädigte zum Tatzeitpunkt überhaupt habe stehen können. Dieser sei wohl aufgrund der Alkoholisierung ins Wanken geraten und gegen die Wand gestoßen. Der Sachverständige K … habe festgestellt, dass der Geschädigte zwei Verletzungsbilder an den Zähnen aufgewiesen habe, welche verschiedenen Krafteinwirkungen zuzuordnen seien. Es liege deshalb der Schluss nahe, dass eine der beiden Verletzungen im Zuge der der Festnahme des Geschädigten vorausgegangenen Schlägerei entstanden sei. Auch der Sachverständige Dr. S … habe nicht ausgeschlossen, dass das Blut an der Wand von nur einem Stoß verursacht worden sei. Der Sachverständige Dr. A … habe zur Frage, ob ein oder mehrere Stöße verübt worden seien, überhaupt keine weiteren Angaben machen können. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass es die tatsächlichen Urteilsfeststellungen des Strafgerichts seiner Entscheidung nicht zugrunde habe legen dürfen, sondern sich zwingend vom Strafurteil gem. Art. 25 Abs. 1, Art. 55 HS 2 BayDG hätte lösen müssen. Das Strafgericht habe nicht dargelegt, warum es gleichwohl von der Glaubwürdigkeit des Zeugen ausgegangen sei, obwohl bezüglich der Richtigkeit der Angaben des Geschädigten ganz offenkundig erhebliche Zweifel bestanden hätten. Die Feststellungen des Strafgerichts würden auch nicht durch die objektiven Befunde oder sonstigen Zeugen – und Sachverständigenaussagen gestützt. Das Festhalten des Verwaltungsgerichts an den unzutreffenden Tatsachenfeststellungen im Strafurteil habe zu einer falschen Bewertung des Tatkomplexes „Wiesnwache“ geführt. Eine vorsätzliche Körperverletzung sei lediglich in der Ohrfeige zu sehen, die der Beklagte zugegeben und der Zeuge B … im Strafprozess bestätigt habe. Diese sei jedoch nicht brutal oder besonders schmerzhaft gewesen, der Geschädigte habe sich hieran aufgrund seiner Alkoholisierung gar nicht erinnern können. Diese sei in besonders aufgeheizter Situation erfolgt und habe keine erheblichen Verletzungen zur Folge gehabt. Soweit der Geschädigte einmal mit dem Kopf an die Wand gestoßen sei, habe dies der Beklagte nicht beabsichtigt. Er habe den Geschädigten lediglich dazu anhalten wollen, sich auf die Bank zu setzen. Der Geschädigte sei so alkoholisiert gewesen, dass ein leichter Schubser oder Stoß dazu geführt habe, dass der Geschädigte mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen sei. Dies sei für den Beklagten nicht vorhersehbar gewesen. Dieses Verhalten des Beklagten begründe – auch im Hinblick auf die vorangegangenen Provokationen - allerdings kein schweres Dienstvergehen, das bereits die Erhebung einer Disziplinarklage rechtfertigen würde. Zudem gebe es für Körperverletzungen im Amt keine Regelmaßnahme. Dies habe das Verwaltungsgericht offenkundig verkannt. Zudem habe das Gericht wesentlichen Sachvortrag des Beklagten nicht berücksichtigt. Er habe sich unmittelbar vor dem vorgeworfenen Ereignis aufgrund eines Hörsturzes und eines starken Tinnitus in Behandlung befunden. Bei ihm habe eine psychische Ausnahmesituation vorgelegen, die durch eine erhebliche dienstliche Belastung des Beklagten (Aufgabenflut, Personalmangel, Vorbereitung des anstehenden Herbstfestes) ausgelöst worden sei. Trotzdem habe er vor, während und nach dem Herbstfest durchgängig 25 Tage Dienst verrichtet. Dies hätte bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme, zumindest aber beim Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ berücksichtigt werden müssen. Selbst wenn man vorliegend von einer Bindungswirkung des Strafurteils ausgehen würde, wäre das Dienstvergehen nicht als so schwerwiegend zu beurteilen, dass das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört sei. Es habe eine aufgeheizte Stimmung auf dem Volksfest geherrscht, der Geschädigte sei zuvor an einer Schlägerei beteiligt gewesen und unstreitig aggressiv aufgetreten. Er habe unter Alkoholeinfluss die Kollegen beschimpft und beleidigt. Es habe sich für den Kläger als PI-Leiter um keinen typischen Routineeinsatz gehandelt. Der Beklagte sei als Gesamteinsatzleiter verantwortlich und aufgrund seiner gesundheitlichen Situation (Tinnitus, Hörsturz) stark belastet gewesen; der Kläger habe die Überlastung des Klägers sehenden Auges trotz seines angeschlagenen Gesundheitszustands zugelassen; zudem sei zu berücksichtigen, dass der Geschädigte durch die Kniestöße und Ohrfeigen keine erheblichen Verletzungen erlitten hätte. Der Beklagte habe auch seine Kollegen nach der Tat nicht beeinflussen wollen. Das Versenden einer Stellungnahme an Kollegen, die man nicht alle Tage treffe, sei in einem solchen Fall absolut üblich. Im Hinblick auf die Persönlichkeit des Beklagten sei auch zu berücksichtigen, dass er bisher unbelastet sei und herausragende Leistungen erbracht habe. Dies spreche für den Beklagten, nicht gegen ihn. Er habe als Leiter der Dienststelle R … gerade nicht über jahrzehntelange Erfahrung für Einsätze „auf der Straße“ verfügt. Auch das Strafgericht habe im Hinblick auf die Strafzumessung von 11 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung ein Verbleiben des Beamten im Beamtenverhältnis als möglich erachtet.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass das Verwaltungsgericht sich zu Recht an die tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil gebunden gesehen habe; Offensichtlich unrichtige oder inzwischen als unzutreffend erkannte Feststellungen seien weder ersichtlich noch von der Beklagtenseite schlüssig dargelegt worden. Der Bundesgerichtshof habe mit Beschluss vom 10. April 2013 die Revision gegen das Urteil des Landgerichts T … als unbegründet verworfen und dabei ausdrücklich festgestellt, dass die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsbegründung im Hinblick auf eine fehlerhafte und unvollständige Beweiswürdigung und die allgemeine Sachrüge keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Beklagten ergeben hätte. Dem Vortrag des Bevollmächtigten sei weder allgemein noch im Einzelnen zu folgen. Insbesondere seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, warum der Geschädigte im Hinblick auf den Vorwurf, er sei mindestens zweimal vom Beklagten mit dem Kopf an die Wand gestoßen worden, unglaubwürdig sein solle. Das Landgericht T … habe ausführlich und nachvollziehbar begründet, warum es den Darstellungen des Geschädigten unter Heranziehung der Sachverständigengutachten gefolgt und von mindestens zwei Kopfstößen gegen die Wand ausgegangen sei. Einen Widerspruch zu den vorliegenden Sachverständigengutachten habe der Beklagte nicht aufzeigen können. Vielmehr habe die vom Beklagten behauptete Vorgehensweise (Stoß gegen die rechte Schulter, um den Geschädigten zum Hinsetzen zu bewegen) gutachterlich nicht plausibel nachvollzogen werden können. Die Alkoholisierung des Geschädigten mache ihn ebenso wenig per se unglaubwürdig wie der Umstand, dass er sich an bestimmte Handlungen des Beklagten (z.B. die Ohrfeige auf der Wache) nicht mehr habe erinnern können. Der Geschädigte habe zu keinem Zeitpunkt Belastungseifer gezeigt und seine Sachverhaltsdarstellung auch nicht im Nachhinein (im Hinblick auf die Ohrfeige) den Zeugenaussagen angepasst. In Bezug auf den zunächst behaupteten Faustschlag habe der Geschädigte seinen Irrtum eingeräumt, der keinerlei Auswirkungen auf den Schuldspruch und das Strafmaß des Beklagten gehabt habe. Bei den drei tatmehrheitlichen Fällen der Körperverletzung im Amt handele es sich insgesamt um ein sehr schwerwiegendes Dienstvergehen, das die Verhängung der Höchstmaßnahme erfordere. Der Beklagte habe wiederholt die Konfrontation mit dem Geschädigten gesucht und ihn selbst nach der Eskalation der Situation nochmals geohrfeigt. Dieses Verhalten offenbare eine schädliche Charakterhaltung und einen erheblichen Persönlichkeitsmangel, der für den Dienstherrn auch und gerade unter dem Aspekt der Vorbildfunktion von Führungskräften für die Zukunft untragbar sei. Mehrere Kollegen des Beklagten hätten übereinstimmend geschildert, dass bezüglich des Geschädigten keine ungewöhnliche Einsatzsituation vorgelegen habe, die ein Einschreiten des Beklagten verlangt hätte. Ohne dienstliche Notwendigkeit habe er einen anderen Beamten abgelöst und die Verbringung des Geschädigten zur Wache übernommen. Dabei sei er diesem von Anfang an ohne Grund gewaltvoll begegnet. Ein solcher Missbrauch der dienstlichen Stellung zum Zwecke der persönlichen Machtdemonstration gegenüber einem Jugendlichen und in Anwesenheit mehrerer Kollegen offenbare einen nachhaltigen Persönlichkeitsmangel und eine falsche Dienstauffassung. Gerade die geringe bzw. fehlende Hemmschwelle hinsichtlich der Gewaltausübung gegen den zum Tatzeitpunkt jugendlichen Geschädigten zeige, dass auch in Zukunft eine Wiederholung nicht ausgeschlossen sei. Belastbare Anhaltspunkte für eine tatsächliche körperliche oder psychische Beeinträchtigung zum Tatzeitpunkt hätten beim Beklagten nicht vorgelegen. Die Behandlung des Tinnitus sei im Zeitraum vom 1. Juni 2011 bis 11. August 2011 in ambulanter Form erfolgt. Krankheitsbedingte Fehlzeiten zu diesem Zeitpunkt seien nicht bekannt. Von einem dienst- und lebenserfahrenen Beamten müsse erwartet werden, dass er seine Stressbelastung selbst erkenne und angesichts seiner dienstlichen Verantwortung entsprechend gegensteuere. Er hätte jederzeit die notwendige persönliche Distanz zum Geschädigten schaffen können. Der Kläger gehe nach wie vor von einer versuchten Einflussnahme auf die Kollegen aus. Dies sei, insbesondere aus der Führungsposition heraus, als besonders verwerflich und grob dienstpflichtwidrig anzusehen. Von der Verhängung der Höchstmaßnahme könne auch nicht wegen der grundsätzlich anerkennenswerten bisherigen Leistungen des Beklagten abgesehen werden. Der nach innen und außen eingetretene Vertrauensverlust sei endgültig. Auch die mit elf Monaten deutlich an der Grenze zu einem Verlust der Beamtenrechte kraft Gesetzes gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG stehende verhängte Gesamtfreiheitsstrafe entfalte insoweit Indizwirkung.

Der Senat hat am 12. Juli 2017 mündlich zur Sache verhandelt. Der Präsident des Landeskriminalamtes H … wurde als ehemaliger Vorgesetzter des Beklagten zum Persönlichkeitsbild angehört. Auf die Niederschrift wird insoweit verwiesen.

V.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft T …, die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums M … sowie die Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG) erkannt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden.

II.

1. Der dem Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts T … vom 27. November 2012 (Az. 2 KLs 580 Js 25447/11) zugrunde liegt, steht gemäß Art. 25, 55, 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Danach hat der Beklagte am 3. September 2011 drei tatmehrheitliche Fälle der Körperverletzung im Amt begangen, als er in drei jeweils durch zeitliche Zäsuren getrennten Komplexen dem Geschädigten jeweils auf neuen Tatentschlüssen beruhende (teilweise) erhebliche Verletzungen zugefügt hat. Beim Abführen zur Wiesnwache hat er ihm mindestens sechs Stöße mit dem Knie in den Gesäßbereich gegeben, die zu zwei bis drei Tage andauernden, ziehenden Schmerzen, insbesondere beim Liegen, mit Ausstrahlungen in den Lenden- und Nierenbereich geführt haben. Zudem versetzte er dem Geschädigten zwei heftige schmerzende Ohrfeigen, nachdem er sich durch das Verhalten des Geschädigten zunehmend provoziert gefühlt und seinerseits von diesem mit den Worten „was ist los Du Irrer“ und „Psycho“ konfrontiert worden war. Diese Körperverletzungshandlungen hat der Beklagte begangen, obwohl sich der Geschädigte, der gefesselt war, nach Aussage des beim Abführen beteiligten Kollegen B … in keiner Weise widersetzt hatte. Auf der Wiesnwache hat der Beklagte den Geschädigten am Kopf oder Nacken gepackt und mindestens zweimal gegen die Wand gestoßen, wodurch bei diesem ein Teil des linken oberen Schneidezahns abbrach und zwei blutende Quetsch-Risswunden an der Unterlippe entstanden, von denen eine 1 cm tief und 0,5 cm breit gewesen war. Ferner wurden vier Zähne gelockert. Daraufhin verließ der Angeklagte den Teil des Wachraums. Nachdem er einige Zeit darauf wieder zurückgekommen war, begann der Geschädigte, der inzwischen auf der Sitzbank saß, sofort wieder, ihn zu beleidigen und zu beschimpfen und in seine Richtung zu spucken, ohne den Beklagten zu treffen. Auch versuchte er, den Beklagten zu treten. Daraufhin versetzte der Beklagte dem mittlerweile stark blutenden Geschädigten eine weitere heftige Ohrfeige in die linke Gesichtshälfte.

Der Senat hat keinen Anlass, sich aufgrund des Vorbringens des Beklagten von den Feststellungen des Strafgerichts zu lösen (Art. 55 2. Halbsatz i.V.m. Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG). Die Disziplinargerichte sind nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils i.S.d. Art. 25 Abs. 1 BayDG zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn diese offenkundig unrichtig sind und sie daher „sehenden Auges“ auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen im Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen, aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig oder in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Darüber hinaus kommt eine Lösung in Betracht, wenn Beweismittel eingeführt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen dessen Tatsachenfeststellungen jedenfalls auf erhebliche Zweifel stoßen (BVerwG, B.v. 15.5.2013 - 2 B 20/12 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 21.1.2015 – 16a D 13.1904 – juris Rn. 60). Wird das Vorliegen einer dieser Voraussetzungen geltend gemacht, so sind die Disziplinargerichte erst dann befugt, dem Vorbringen weiter nachzugehen und schließlich über eine Lösung nach Art. 55 2. Halbsatz BayDG zu entscheiden, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist. Pauschale Behauptungen oder bloßes Bestreiten genügen nicht. Es müssen tatsächliche Umstände dargetan werden, aus denen sich die offenkundige Unrichtigkeit i.S.d. Art. 55 Halbsatz 2 BayDG ergeben kann (BayVGH, U.v. 28.9.2016 – 16a D 14.991 – juris Rn. 40; U.v. 12.3.2013 - 16a D 11.624 – juris Rn. 38 m.w.N.). Anhaltspunkte hierfür sind allerdings nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen. Das Landgericht hat sich über mehrere Verhandlungstage hinweg durch eine Einvernahme zahlreicher Zeugen, sachverständiger Zeugen und Heranziehung mehrerer Gutachten und Ergänzungsgutachten mit dem Tatgeschehen beschäftigt und ist auf dieser Grundlage nachvollziehbar zu den vorliegenden tatsächlichen Feststellungen gelangt. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat es die nicht unerhebliche Alkoholisierung des Geschädigten berücksichtigt, jedoch detailliert dargelegt, warum es diesen gleichwohl für glaubwürdig hält und dessen Angaben - im Gegensatz zur Version des Beklagten - im Einklang mit den objektiven Befunden gesehen. Ein Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen wurde nicht aufgezeigt. Auch der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 4. Februar 2013 ausdrücklich die Beweiswürdigung des Landgerichts T … bestätigt und die Revision des Beklagten verworfen.

III.

Mit seinem Verhalten hat der Beklagte ein einheitliches schweres Dienstvergehen im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 BeamtStG verwirklicht, weil er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt hat. Der Beklagte hat durch drei tatmehrheitlich begangene Körperverletzungen im Amt gegen seine Pflicht zu ordnungsgemäßer Dienstausübung (§ 34 Satz 1 BeamtStG), zur Achtung der Gesetze (§ 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG i.V.m. § 340 Abs. 1 StGB) und gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat – auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds des Beklagten und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens – darüber hinaus die Folge, dass der Beklagte das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Unter diesen Voraussetzungen ist nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen.

Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 29.5.2008 – 2 C-59/07 – juris) zu § 13 BDG (BayVGH U.v. 23.9.2009 – 16a D 07.2355 – juris; U.v. 15.2.2012 – 16a D 10.1974; U.v. 21.1.2015 – 16a D 13.1904, Rn. 81; U.v. 11.5.2016 – 16a D 13.1540, Rn. 61; U.v. 18.1.2017 – 16a D 14.1992 – jeweils in juris).

1. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung, wobei Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG regelmäßig aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen sind. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst im Einzelfall bemessungsrelevante Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastender und entlastender Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, B.v. 11.2.2014 – 2 B 37/12 – juris Rn. 18).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B.v. 10.12.2015 – 2 C-6/14 – juris Rn. 16; B.v. 11.2.2014 – 2 B 37/12 – juris Rn. 20; B.v. 25.5.2012 – 2 B 133.11 - juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation – davon abweicht (BVerwG, U.v. 29.5.2008 a.a.O. Rn. 14).

Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf ihren allgemeinen Status, ihren Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und ihre konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, U.v. 29.5.2008 a.a.O. Rn. 15).

Bei der Anwendung des Bemessungskriteriums „Schwere des Dienstvergehens“ ist das festgestellte Dienstvergehen nach seinem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2008 a.a.O. Rn. 20).

2. Dem Beklagten fallen drei Körperverletzungen im Amt gemäß § 340 Abs. 1 StGB zur Last, die in ihrer Gesamtheit das einheitliche Dienstvergehen ergeben. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis setzt voraus, dass der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (Art. 11 BayDG). Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn aufgrund der Gesamtwürdigung der bedeutsamen Umstände der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen oder aufgrund seines Fehlverhaltens sei eine erhebliche, nicht wieder gut zu machende Ansehensbeeinträchtigung eingetreten (grundlegend BVerwG, U.v. 20.10.2005 – 2 C 12.04; U.v. 24.5.2007 – 2 C 28.06 – jeweils in juris.) Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions-und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden. Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C-6/14 – juris Rn. 13). Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (BayVGH, U.v. 28.9.2016 – 16a D 14.991 – juris Rn. 53).

3. Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, hat das Bundesverwaltungsgericht, nachdem es zunächst nur bei außerdienstlichen Dienstvergehen auf den Strafrahmen zurückgegriffen hat (BVerwG, U.v. 19.8.2010 – 2 C 5.10 – juris Rn. 22; BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 31), nunmehr in seinem Urteil vom 10. Dezember 2015 (a.a.O. Rn. 19) ausdrücklich klargestellt, dass auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der gesetzlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahmen am gesetzlich bestimmten Strafrahmen geboten sei. Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleiste die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen.

Im Hinblick auf die vom Beklagten verwirklichten Delikte ist vorliegend grundsätzlich die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnisses wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten. Das Strafgericht hat den Beklagten wegen dreifacher tatmehrheitlicher Körperverletzung im Amt nach § 340 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt. Bei diesen Delikten reicht der Strafrahmen von einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren – hier sind es sogar bis zu fünf Jahre – vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

Zu Recht ist das Verwaltungsgericht deshalb von der Höchstmaßnahme, also der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gemäß Art. 11 BayDG, ausgegangen. Auch der Senat hält grundsätzlich in schwerwiegenden Fällen, vor allem bei Übergriffen auf sich in (polizeilichem) Gewahrsam befindenden Personen angesichts der Tatsache, dass aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG eine staatliche Schutzpflicht abzuleiten ist, die körperliche Integrität jeder Person in staatlichem Gewahrsam zu wahren und zu schützen, im Regelfall die Dienstentfernung für erforderlich (vgl. BayVGH, U.v. 18.1.2017 – 16a D 14.1992 – juris Rn. 50; U.v. 5.3.2008 – 16a D 07.1368 - juris Rn. 25; U.v. 25.5.1983 VGH n.F. 36, 47/48 f. m.w.N.; vgl. auch: OVG NRW vom 10.3.1999 DÖD 2000, 39/40; VGH BW 10.11.2006 - DL 16 S 22/06 – juris Rn. 50; Zängl, Bayer. Disziplinarrecht, Stand Oktober 2007, MatR/II RdNr. 438).

Ein Polizeivollzugsbeamter, der in Ausübung seines Dienstes eine oder mehrere vorsätzliche Körperverletzungen begeht, ohne dass ein Fall der Notwehr oder Putativnotwehr vorliegt, verstößt in grober Weise gegen seinen gesetzlichen Auftrag zur Gefahrenabwehr und verletzt den Kernbereich seiner Dienstpflichten. Er missbraucht damit die ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben verliehenen Machtbefugnisse, erschüttert das in ihn vom Dienstherrn gesetzte Vertrauen in seine dienstliche Zuverlässigkeit und beeinträchtigt in erheblichem Maße das Ansehen der Polizei als staatlicher Institution, weil der Achtungsverlust des Beamten auf die Polizei insgesamt ausstrahlt. Denn die Allgemeinheit darf mit Recht erwarten, dass das allgemeine strafgesetzliche Verbot, andere körperlich zu verletzen, gerade von Polizeibeamten befolgt wird, die kraft ihrer Dienstpflicht die Einhaltung dieses Verbots zu überwachen und Verstöße hiergegen zu unterbinden und zu verfolgen haben. Das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) besitzt einen besonders hohen Rang (vgl. zum Ganzen: BayVGH, U.v. 5.3.2008 – 16a D 07.1368 – juris Rn. 25; U.v. 18.1.2017 a.a.O.).

Zu Lasten des Beklagten ist vorliegend zu berücksichtigen, dass er den bereits gefesselten und damit widerstandsunfähigen, minderjährigen Geschädigten zunächst auf dem Weg zur Wiesnwache mit Kniestößen traktierte, ohne dass dieses Verhalten notwendig gewesen wäre, um den Geschädigten zum Weitergehen anzuhalten. Nach Aussage des Kollegen B … verhielt dieser sich weder aggressiv noch widersetzte er sich dem Abführen. Erst das Verhalten des Beklagten veranlasste den Geschädigten zu verbalen Ausfälligkeiten, welchen der Beklagte mit einer sehr heftigen Ohrfeige begegnete. Vor der Wiesnwache ohrfeigte er den Geschädigten nochmals, wenn auch weniger heftig. Der Senat geht insofern davon aus, dass die Provokationen, auf die sich der Beklagte stets entschuldigend berufen hat, letztendlich von ihm selbst ausgingen bzw. auf seinem Verhalten beruhten und deshalb nicht geeignet sind, das Dienstvergehen in einem milderem Licht erscheinen zu lassen.

Auch auf der Wiesnwache suchte der Beklagte immer wieder die Konfrontation mit dem sich zunehmend durch das Verhalten des Beklagten provoziert fühlenden Geschädigten, der sich nach Aussage der zugleich auf der Wache Dienst habenden Kollegen des Beklagten den anderen Polizeibeamten gegenüber höflich und zuvorkommend verhielt. Der Beklagte hätte ohne Probleme weiteren Konfrontationen mit dem Geschädigten aus dem Weg gehen können. Dass er dies im weiteren Verlauf unterließ, wertet der Senat zu seinen Lasten. Auch bei der dritten Körperverletzung im Amt – einer Ohrfeige, die er dem bereits stark aus dem Mund blutenden Jugendlichen ins Gesicht versetzte - suchte er erneut den Kontakt zum Geschädigten, nachdem er zunächst den Bereich, in dem sich dieser aufhielt, verlassen hatte. Nach den bindenden Feststellungen im Strafurteil trat der Beklagte jedoch erneut in das Zimmer ein, in dem sich der mittlerweile auf der Bank sitzende Geschädigte befand. Dieser zeigte sich aufgrund des erneuten Erscheinens des Beklagten höchst aggressiv, beschimpfte ihn und versuchte, ihn zu treten und zu bespucken. Daraufhin ohrfeigte der Beklagte den bereits stark aus dem Mund blutenden Jugendlichen erneut.

Mit seinem Einwand, die dritte Ohrfeige habe sich unmittelbar an die Kopfstöße angeschlossen und sei deshalb nicht als tatmehrheitliche Körperverletzung im Amt zu werten, kann der Beklagte deshalb nicht durchdringen. Für eine zeitliche Zäsur zwischen der dritten Ohrfeige und den Kopfstößen spricht im Übrigen auch, dass der Geschädigte mittlerweile (wieder) auf der Bank saß und nach Zeugenaussagen bereits stark blutete.

Selbst wenn die Kopfstöße nicht mit besonderer Wucht ausgeführt wurden, sprechen die Umstände der Tat vorliegend für eine brutale Vorgehensweise, die der Senat ebenfalls zu Lasten des Beklagten wertet. Aufgrund der Handschellen und der vor der Wand befindlichen Bank auf Schienbeinhöhe war es dem Geschädigten nämlich nicht möglich, die Stöße des Beklagten anders als mit dem Kopf abzufangen. Dies führte beim Geschädigten zu erheblichen Verletzungen.

Zu Lasten des Beklagten wirkt auch, dass es sich vorliegend um eine absolute Routinesituation beim Umgang mit alkoholisierten Jugendlichen auf einem Volksfest gehandelt hat, bei der die Reaktionen des Beklagten völlig außer Verhältnis standen und nach Auffassung des Senats der reinen Machtdemonstration dienten. Zu seinen Lasten ist auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte über jahrzehntelange Dienst-erfahrung verfügte und als Dienststellenleiter der Polizeiinspektion R … eine Vorbildfunktion innehatte.

Gegen den Beklagten spricht des Weiteren sein Nachtatverhalten. Zu Recht hat die Disziplinarkammer es als erschwerend gewertet, dass der Beamte versucht hat, durch Abfassung der E-Mail vom 4. September 2011 sein vorangegangenes strafbares innerdienstliches Verhalten gegenüber den Kollegen zu relativieren und diese möglicherweise so in ihrem Aussageverhalten zu beeinflussen (vgl. VGH BW, U.v. 4.11.2008 – DL 16 S 616/08 – Rn. 37). Sein Vorbringen, bei dieser mit E-Mail vom 4. September 2011 versandten Stellungnahme zum Tatgeschehen, handele es sich um eine absolut übliche Vorgehensweise im Hinblick auf Kollegen, die man nicht alle Tage treffe und sei im Rahmen seiner Anzeige gegen den Geschädigten wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte erfolgt, hält der Senat für eine Schutzbehauptung. Zum einen erschließt sich nicht, inwieweit eine Absprache von Gedächtnisprotokollen überhaupt der Wahrheitsfindung dienen soll, zum anderen hegt der Senat Zweifel an der Üblichkeit einer solchen Vorgehensweise. Diese hat auch der in der mündlichen Verhandlung zum Persönlichkeitsbild des Beklagten befragte frühere Dienstvorgesetzte des Beklagten und nunmehrige Präsident des Landeskriminalamts H … nicht bestätigt. Auffällig in diesem Zusammenhang ist zudem, dass eine solche Stellungnahme allein vom Beklagten verfasst und an die ihm unterstellten Kollegen versandt wurde. Zudem ist in den inhaltlichen Ausführungen keine einzige der vom Beklagten später eingeräumten Körperverletzungshandlungen gegenüber dem Geschädigten enthalten.

Soweit das Verwaltungsgericht zu Lasten des Beklagten berücksichtigt hat, dass von ihm weder im Strafverfahren noch in seiner vom Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinargericht verlesenen Stellungnahme vom 14. Dezember 2014 echte Reue und Einsicht zum Ausdruck kam, so ist auch dies rechtlich nicht zu beanstanden. Bereits das Strafgericht hat die Anwendbarkeit des § 46a Abs. 1 StGB beim Beklagten im Hinblick auf eine mögliche Strafmilderung verneint. Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof zeigte der Beklagte lediglich Bedauern im Hinblick auf die Folgen der Taten für seine eigene Person, nicht jedoch im Hinblick auf den Geschädigten.

Schließlich ist zu Lasten des Beklagten auch zu berücksichtigen, dass das Dienstvergehen infolge der Presseberichterstattung zu einer massiven Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums und der Polizei in der Öffentlichkeit geführt hat.

Anerkannte oder in ihrem Gewicht vergleichbare Milderungsgründe, die zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme führen würden, vermag der Senat vorliegend nicht zu erkennen. Insbesondere liegt kein einmaliges, persönlichkeitsfremdes Augenblicksversagen vor (vgl. zu diesem für die Zugriffsdelikte entwickelten Milderungsgrund etwa BVerwG, U.v. 26.02.1997 – 1 D 16.96 – juris; VGH BW U.v. 4.11.2008 – DL 16 S 616/08 – juris Rn. 39). Denn die Anwendung dieses Milderungsgrunds setzt voraus, dass der Beamte einmal spontan ohne hinreichende Überlegung quasi kurzschlussartig gehandelt hat (s. BayVGH, U.v. 5.3.2008 a.a.O. Rn. 33), weil nur dann davon ausgegangen werden kann, dass das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn nicht völlig zerstört ist und wiederhergestellt werden kann. Der Beamte hat hier nicht nur einmalig versagt, sondern sich immer wieder zu Körperverletzungshandlungen gegenüber dem Geschädigten hinreißen lassen, die er im Nachhinein bei den Kollegen zu relativieren suchte.

Mildernd zugunsten des Beklagten ist durchaus seine angeschlagene Gesundheit zum Tatzeitpunkt aufgrund der Belastung durch den Tinnitus zu berücksichtigen, wenngleich die diesbezügliche Behandlung bereits mehrere Wochen vor dem gegenständlichen Vorfall abgeschlossen war und in diesem Zusammenhang keinerlei krankheitsbedingte Abwesenheiten des Beklagten festzustellen sind. Auch der Zeuge H … erklärte in dieser Hinsicht, dass er sich an gesundheitliche Beeinträchtigungen des Beklagten im Sommer 2011 nicht erinnern könne und für ihn in Bezug auf das R … Herbstfest die gesundheitliche Eignung des Beklagten nicht in Zweifel gestanden habe.

Auch die dienstlichen Belastungen aufgrund der angespannten Personalsituation sind zu Gunsten des Beklagten heranzuziehen. Allerdings ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass nach Aussage des Zeugen H … zwar die Personalstärke bei der Polizeiinspektion R … mit einer Abweichung der Istvon der Sollstärke um 20 Prozent als angespannt zu bezeichnen war, eine solche Abweichung um 15 - 20 Prozent aber damals fast alle Dienststellen getroffen habe. Zudem sei R … Sitz der operativen Ergänzungsdienste, so dass dort Unterstützung erfolgen könne, die andere Dienststellen so nicht hätten. Ein Einsatz von 25 Tagen am Stück, wie vom Beklagten geleistet, sei deshalb nicht gefordert gewesen und hätte bei entsprechenden Planungen ohne weiteres verhindert werden können. Der Senat vermag vorliegend deshalb auch keine psychische Ausnahmesituation zu Gunsten des Beklagten zu erkennen. Eine solche wurde auch im Strafurteil nicht festgestellt.

Zwar sprechen die guten Beurteilungen und das Persönlichkeitsbild, das vom damaligen Vorgesetzten H … in der mündlichen Verhandlung vom Beklagten gezeichnet wurde, durchaus zu Gunsten des Beklagten, wenngleich dies nach Ansicht des Senats auch deutliche Anhaltspunkte für ein gelegentlich übermotiviertes Verhalten enthielt.

Auch wenn der Beklagte disziplinarisch nicht vorbelastet ist, erscheint angesichts des Umfangs und der Nachdrücklichkeit seines Versagens das notwendige Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn endgültig zerstört. Der Ansehens- und Vertrauensverlust wird auch durch die beanstandungsfreie, langjährige Tätigkeit des Beamten, seine guten Beurteilungen und die Schmerzensgeldzahlung nicht derart relativiert, dass von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden könnte.

Die Würdigung aller Umstände führt bei prognostischer Beurteilung zu der Bewertung des Senats, dass der Dienstherr und die Allgemeinheit dem Beklagten nach dem von ihm begangenen schweren Dienstvergehen kein Vertrauen mehr in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen können, weil die von ihm zu verantwortende Ansehensschädigung des Berufsbeamtentums bei einem Fortbestehen des Beamtenverhältnisses nicht wieder gut zu machen ist. Die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist angemessen und geboten. Sie ist auch nicht unverhältnismäßig. Die dem Beklagten staatlicherseits auferlegte Belastung ist geeignet und erforderlich, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Sie steht auch nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von den Betroffenen hinzunehmenden Einbußen.

Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründen das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und des dadurch eingetretenen Vertrauensschadens einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis wie hier gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem daher als für alle öffentlich-rechtlichen und privaten Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U. v. 14.10.2003 – 1 D 2.03 – juris; BayVGH, U.v. 28.9.2016 – 16a D 14.991 – juris Rn. 63).

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i.V.m. 154 Abs. 2 VwGO.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG, Art. 3 BayDG i.V.m. § 116 Abs. 1 VwGO).

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

I. Die 19... in M. geborene Beklagte beendete ihre Schullaufbahn 1977 mit dem qualifizierten Hauptschulabschluss. Danach absolvierte sie eine Lehre als Buchbinderin, die sie mit der Gesellenprüfung abschloss. Von 1979 bis 1990 war die Beklagte in der Verlags-Sortiments-Buchbinderei L. tätig. Zum 1. Juli 1990 wurde sie als Justizangestellte beim Oberlandesgericht M. eingestellt. Mit Wirkung zum 1. Januar 1992 wurde die Beklagte zur Justizoberwachtmeisterin z. A. und mit Wirkung zum 1. Januar 1993 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zur Justizoberwachtmeisterin ernannt. Zum 1. Januar 1997 folgte die Ernennung zur Justizhauptwachtmeisterin, am 1. Mai 2003 die Ernennung zur Ersten Justizhauptwachtmeisterin und am 1. Januar 2011 zur Justizsicherheitssekretärin.

Die Beklagte ist ledig und bezieht um 50 Prozent gekürzte Dienstbezüge nach der Besoldungsgruppe A 6.

In der letzten periodischen Beurteilung von 2008 erhielt die Beklagte das Gesamturteil 10 Punkte.

II. Die Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit Urteil des Amtsgerichts M. vom 11. Januar 2012 (Az.: 821 Cs 125 Js 12277/10) wurde die Beklagte wegen Diebstahls in Tateinheit mit Urkundenfälschung in Tatmehrheit mit Verletzung des Briefgeheimnisses in Tateinheit mit Diebstahl in Tatmehrheit mit Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt.

Im Urteil wurden folgende tatsächliche Feststellungen getroffen:

1. Am 16.2.2010 war die Angeklagte als Beamtin in der Posteinlaufstelle des AG M. in der I.-straße ... in M. eingesetzt. Im Posteinlauf dieses Tages befand sich ein Brief der Rechtsanwälte G. und Kollegen an die Gerichtsvollzieher Verteilerstelle des AG M., dem ein Schreiben vom 12.2.2010 und 30,- € Bargeld beilagen. Zu jeweils nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkten am 16.2.2010 öffnete die Angeklagte zunächst diesen Brief und stempelte das Schreiben - anstatt mit dem ihr selbst zugewiesenen Einlaufstempel - unberechtigt unter Ausnutzung der ihr aus ihrem Amt erwachsenen Möglichkeiten mit dem ihres Kollegen D. über die entsprechende Kennziffer 6 zugewiesenen Stempel, um über die Person des den Brief öffnenden Beamten zu täuschen. Außerdem entnahm die Angeklagte den Bargeldbetrag von 30,- € und entwendete diesen, um ihn für sich zu behalten.

2. Zu einem weiteren nicht mehr genauer feststellbaren Zeitpunkt Ende Mai 2010 entwendete die Angeklagte ebenfalls in der Einlaufstelle des AG M. in der I.-straße in M. einen an ihren Kollegen W. persönlich andressierten, per Post eingegangenen Brief, der einen Handyakku Motorola BT 50 im Wert von 6,65 € enthielt, um ihn und seinen Inhalt zunächst für sich zu behalten und den Akku schließlich unter Vorspiegelung ihrer Eigentümerstellung bei ebay zu versteigern.

3. Am 15.6.2010 entwendete die Angeklagte erneut in der Einlaufstelle des Amtsgerichts M. in der I.-straße ... in M. ein an ihren Kollegen W. persönlich adressiertes, als Warensendung präpariertes Päckchen ohne Inhalt, um es für sich zu behalten.

Auf die Berufung der Beklagten hielt das Landgericht M. I mit seit 17. Juli 2012 rechtskräftigem Urteil vom 9. Juli 2012, das Urteil des Amtsgerichts M. vom 11. Januar 2012 mit der Maßgabe aufrecht, dass die Beklagte wegen Diebstahls in Tateinheit mit Urkundenfälschung in Tatmehrheit mit Verletzung des Briefgeheimnisses in Tateinheit mit Diebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt wurde. Das Urteil beruhte auf einer Verfahrensabsprache gemäß § 257 c StPO. Dem Urteil liegen folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde:

Infolge der Berufungsbeschränkung stehen der Sachverhalt hinsichtlich der Fälle 1 und 2 sowie der Schuldspruch rechtskräftig fest. Insoweit wird auf die Ausführungen des Urteils des Amtsgerichts M. verwiesen.

Die Angeklagte gab ergänzend an, dass sie sich damals überfordert gefühlt habe. Seit Anfang 2010 gehe es der Mutter so schlecht, dass sie sich täglich um sie kümmern müsse. Darüber hinaus habe es in der Arbeit immer wieder Probleme gegeben, insbesondere Unstimmigkeiten mit Herrn W. Die 30,- € bzw. den Akku habe sie nicht benötigt. Sie habe sich aber, nachdem es kurz zuvor wieder eine Auseinandersetzung gegeben habe, zu der Kurzschlussreaktion hinreißen lassen.“

Von der Verfolgung des Falles 3 war gemäß § 154 Abs. 2 StPO durch Beschluss in der mündlichen Verhandlung vom9. Juli 2012 abgesehen worden.

III.Mit Verfügung der Generalstaatsanwaltschaft M. vom 12. August 2010 wurde gegen die Beklagte ein Disziplinarverfahren eingeleitet, das mit Verfügungen vom 12. November 2010 und 25. Mai 2011 ausgedehnt wurde. Nach Abschluss des Strafverfahrens wurde das mittlerweile aufgrund der strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzte Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 25. Juli 2012 fortgesetzt.

Mit Verfügung vom 10. August 2012 wurde die Beklagte mit sofortiger Wirkung des Dienstes enthoben. Mit Verfügung vom 5. Dezember 2012 wurden zunächst die monatlichen Dienstbezüge in Höhe von 20 Prozent, mit Verfügung vom 7. März 2013 dann in Höhe von 50 Prozent einbehalten.

Mit Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft M. vom 14. Januar 2013 wurde der Beklagten gemäß Art. 32 BayDG die Gelegenheit zur abschließenden Anhörung gegeben, von der die Beklagte mit Schreiben vom 23. Januar 2013 Gebrauch machte.

IV. Am 22. Februar 2013 erhob die Generalstaatsanwaltschaft Klage beim Verwaltungsgericht mit dem Antrag, die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Grundlage hierfür waren neben den dem Urteil des Amtsgerichts unter den Ziffern 1 -3 zugrundeliegende „Sachverhalte“, auch folgende innerdienstliche Vorwürfe:

1. - 3. (s. oben unter Abschnitt 2, Ziff. 1 - 3).

4. Die Beklagte habe entgegen des § 6 Abs. 1 der Dienstanweisung für die gemeinsamen Zugangsstellen der Justizbehörden vom30. Juni 2006 die Abdrucke der Schriftsätze nicht abgestempelt, und zwar vom 2. Juni bis 8. Juni 2010 in 90% der Eingänge.

5. Die Beklagte habe wiederholt gegen § 8 Abs. 3 der Dienstanweisung für die gemeinsamen Eingangsstellen der Justizbehörden verstoßen, wonach der Eingang von Zahlungsmitteln dauerhaft mit Unterschrift zu bescheinigen ist.

6. Der frühere Leiter der Eingangsstelle V habe der Beklagten untersagt, privat zu kopieren. Dennoch habe die Beklagte täglich private Kopien, insbesondere aus der Süddeutschen Zeitung sowie den Speiseplänen gefertigt, ohne diese zu bezahlen. Erst ab März 2010 habe sie damit aufgehört.

7. Der Vorgesetzte W. habe der Beklagten untersagt, sich in erheblichem Umfang private Post an ihre Dienstanschrift zusenden zu lassen. Die Beklagte habe dennoch in der Zeit vom 19. April 2010 bis 28. Mai 2010 27 private Sendungen erhalten.

8. Die Beklagte habe während der Dienstzeit viele private Telefonate mit ihrem Handy geführt. Obwohl ihr Vorgesetzter (Herr P.) sie angewiesen habe, die privaten Telefonate deutlich zu reduzieren oder zu unterlassen, habe die Beklage am 9. Juni 2010 27 eingehende und 22 abgehende private Telefonate mit ihrem Handy geführt.

9. Im Dezember 2009 habe die Beklagte auf ihrem privaten Handy einen als verfassungsfeindlich einzustufenden Handyrufton (Hitlergruß) verwendet. Auf Hinweis habe sie diesen geändert.

10. Die Beklagte habe zumindest im April 2010 gegen die Zielvereinbarung vom 20. Dezember 2004, wonach sie täglich eine frisch gewaschene Dienstbluse anzuziehen habe und die Diensthose spätestens nach drei Tagen zu wechseln, zu lüften und zu reinigen habe, verstoßen. Sie sei mit verschmutzter Dienstkleidung zum Dienst erschienen und habe einen unangenehmen Geruch verbreitet. Sie habe auch verschmutzte Dienstkleidung in ihrem Dienstschrank aufbewahrt.

11. Am 13. August 2010 habe die Beklagte Herrn Justizangestellten A. gefragt, wie er seinen Geburtstag verbracht habe. Auf seine Frage, woher sie diese Informationen habe, habe die Beklagte mitgeteilt: „ich sitze gerade über deinen Scheidungsakten von 1988“.

12. Am 14. Februar 2011 sei die Beklagte dienstunfähig erkrankt gewesen und habe für diesen Tag ein ärztliches Attest vorgelegt. Vom 15. Februar 2011 bis 21. Februar 2011 sei sie nicht zum Dienst erschienen und habe ihre Dienstunfähigkeit nicht angezeigt sowie keine ärztliche Bescheinigung vorgelegt. Am 22. Februar 2011 sei die Beklagte nicht zum Dienst erschienen, habe jedoch telefonisch Urlaub beantragt, der ihr genehmigt worden sei. Für den 23. Februar 2011 habe sie sich erneut krank gemeldet. Am 24. Februar 2011 sei sie wiederum nicht zum Dienst erschienen. Sie habe dem Vorzimmer der Abteilung 3 mitgeteilt, dass sie bis 1. März 2011 krankgeschrieben sei. Am 25. Februar 2011 sei beim Amtsgericht M. ein Attest des Dr. med. O. vom 24. Februar 2011 eingegangen, das ihre Arbeitsunfähigkeit vom 14. Februar 2011 bis 1. März 2011 bescheinigt habe.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 13. Mai 2013 wurde die Beklagte wegen eines Dienstvergehens aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Die der Beklagten zur Last gelegten Dienstvergehen hielt das Gericht für erwiesen. Hinsichtlich des Diebstahls in Tateinheit mit Urkundenfälschung in Tatmehrheit mit Verletzung des Briefgeheimnisses in Tateinheit mit Diebstahl bestehe die Bindungswirkung des Urteils des Landgerichts M. I vom 9. Juli 2012 (Ziff. 1 und 2 der Disziplinarklage). Die Entwendung der an den Kollegen W. adressierten Warensendung (Ziff. 3 der Disziplinarklage) habe die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ebenso eingeräumt wie die weiteren innerdienstlichen Dienstvergehen (Ziff. 4 -12 der Disziplinarklage), für die keine Bindungswirkung durch das Strafurteil bestehe. Der Umstand, dass sie auf den Kollegen W. sauer gewesen sei, weil er sie angeschrien und bei der Gruppenleiterin hingehängt habe, rechtfertige die Kollegendiebstähle in keiner Weise. Auch der Hinweis der Beklagten, keiner ihrer Kollegen habe nach § 6 Abs. 1 und § 8 Abs. 3 der Dienstanweisung gearbeitet, könne sie nicht entlasten. Ebenso wenig der nunmehr angeführte Stress in der Arbeit und zu Hause. Hätten die behaupteten Umstände wirklich vorgelegen, hätte die Beklagte sich zum damaligen Zeitpunkt sicher darauf berufen. Insgesamt habe die Beklagte ein äußerst schweres innerdienstliches Dienstvergehen begangen. Das Schwergewicht der innerdienstlichen Verfehlungen liege dabei auf den strafbaren Handlungen, nämlich dem Diebstahl, der Urkundenfälschung, der Verletzung des Briefgeheimnisses und den beiden Kollegendiebstählen. Aber auch den Weisungsverstößen komme aufgrund ihrer Häufigkeit und Intensität erhebliche Bedeutung zu. Bei einer Gesamtabwägung aller be- und entlastenden Umstände könne von der disziplinaren Höchstmaßnahme nicht abgesehen werden. Die Beklagte habe ihr dienstlich anvertrautes Geld entwendet und um ihre Täterschaft nach außen zu verschleiern den Verdacht auf einen Kollegen gelenkt. Hierdurch habe sie eine Urkundenfälschung in einem besonders schwerem Fall begangen. Die Diebstähle der an den Kollegen W. gerichteten zwei Postsendungen stellten sich als Kollegendiebstähle, in einem Fall mit Verletzung des Briefgeheimnisses dar. Die Beklagte sei gezielt und mit erheblicher krimineller Energie vorgegangen, indem sie den Diebstahl des Geldes durch die Verwendung des Stempels des Kollegen zu kaschieren suchte. Bei den Kollegendiebstählen sei sie ihrem Plan gefolgt, dem Kollegen zu schaden und ihn zu ärgern, weil sie sich ungerecht behandelt gefühlt habe. Die der Beklagten durch ärztliches Attest ihrer behandelnden Ärztin vom 7. März 2013 bescheinigte außerordentliche Belastung durch die Demenzkrankheit ihrer Mutter begründe weder eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit noch eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit. Sowohl dem Diebstahl dienstlich anvertrauten Geldes als auch dem Kollegendiebstahl komme disziplinarisch ein besonders erhebliches Gewicht zu, das in der Regel zur Entfernung aus dem Dienst führe. Hinzu komme, dass die Beklagte bei der Wegnahme der für den Kollegen W. eingegangenen Briefsendung eine typische Alltagssituation ausgenutzt habe. Der Zugriff auf Vermögenswerte des Kollegen wiege nicht weniger schwer, weil es sich bei der einen Postsendung lediglich um einen Handyakku im Wert von 6,65 Euro und bei der anderen um ein präpariertes Fangpäckchen gehandelt habe. Dies sei für die Beklagte bei der Tatbegehung nicht zu erkennen gewesen. Selbst wenn man zu ihren Gunsten den geringen Wert der entwendeten Gegenstände mildernd berücksichtige, könne von der Höchstmaßnahme nicht abgesehen werden, da die konkrete Tatausführung und ihr sonstiges dienstliches Verhalten sie zusätzlich belasteten. Sie sei leicht einsehbaren Weisungen ihrer Dienstvorgesetzten inklusive einer Zielvereinbarung nicht nachgekommen. Auch die Versetzung in die Hauptregistratur habe zu keiner Verhaltensänderung geführt. Sie habe dort unbefugt Einblick in die Scheidungsakte eines Kollegen genommen und weisungswidrig ein erforderliches Attest nicht bzw. erst verspätet vorgelegt. Zwar spreche die bisherige disziplinarrechtliche und strafrechtliche Unbescholtenheit zugunsten der Beklagten, dies führe aber nicht dazu, dass von der Höchstmaßnahme abgesehen werden könne. Das Vertrauen in die Beklagte sei endgültig erloschen.

Ein in der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2013 gestellter Antrag, Beweis zu erheben dafür, dass bei der Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum von Mitte 2009 bis Anfang 2011 eine erhebliche persönliche Überlastungs- und Ausnahmesituation durch die Pflegebedürftigkeit ihrer Mutter und die Mobbingsituation am Arbeitsplatz bestanden habe, die für das Verhalten der Beklagten zumindest wesentlich mitursächlich gewesen sei, durch Einvernahme der behandelnden Ärztinnen Dr. S. und Dr. H. und Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens, wurde durch Beschluss des Verwaltungsgerichts als verspätet zurückgewiesen.

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 13. Mai 2013 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen.

Im Rahmen der Berufungsbegründung wurde vorgetragen, dass das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt habe, dass lediglich die Dienstvergehen gemäß Ziffer 1 und 2 (der Disziplinarklage) in Rechtskraft des Berufungsurteils des Landgerichts M. I vom 9. Juli 2016 erwachsen seien, nicht jedoch Ziffer 3. Hier sei vom Landgericht M. I gemäß § 154 Abs. 2 StPO von der Strafverfolgung abgesehen worden. Auch im Hinblick auf die rechtskräftig abgeurteilten Sachverhalte (Ziff. 1 und 2) sei keine Bindungswirkung gemäß Art. 25 und 55 BayDG eingetreten, da es zu einer strafrechtlichen Verurteilung der Beklagten wegen dieser Vorfälle nur aufgrund einer Verfahrensabsprache gemäß § 257c StPO gekommen sei. Ein eigentliches Geständnis im klassischen Sinn habe im strafgerichtlichen Verfahren nicht vorgelegen. Das Verwaltungsgericht habe auch unberücksichtigt gelassen, dass die Eingangstempel in der Posteinlaufstelle nicht dauerhaft zugeordnet gewesen, sondern jeden Morgen neu verteilt worden seien. Deshalb sei nicht auszuschließen, dass es bei den Eintragungen der Stempelnummern in Bezug auf die Bediensteten zu Verwechslungen gekommen sei. Der Verletzung des Briefgeheimnisses müsse die unzulässige Handhabung des Kollegen gegenübergestellt werden, sich private Warensendungen an den Arbeitsplatz liefern zu lassen. Vor der angeblichen Entwendung einer präparierten Warensendung ohne Inhalt sei es zu einer erheblichen Provokation der Beklagten durch den betroffenen Kollegen gekommen, zudem habe sie keinesfalls in Zueignungsabsicht gehandelt. Die Überlegung des Verwaltungsgerichts, den Milderungsgrund des Unterschreitens der Geringwertigkeitsschwelle wegen der Begleitdelikte (Urkundenfälschung, Verletzung des Briefgeheimnisses) auszuschließen, greife daher zu kurz. Die die Beklagte entlastenden Gesichtspunkte wie die bisherige Unbescholtenheit und die letzte dienstliche Beurteilung mit 10 Punkten hätten in der Prognoseentscheidung keine ausreichende Berücksichtigung gefunden. Diese genüge deshalb insgesamt nicht den durch das Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Anforderungen. So könne es bei einem einmaligen Fehlverhalten (Zugriffsdelikt) ohne belastende Begleitumstände mit einem begrenzten Schaden ernsthaft in Betracht kommen, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Das Verwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung in fehlerhafter Weise auch nicht berücksichtigt, dass die der Beklagten vorgeworfenen Zugriffsdelikte durch eine gravierende Mobbingsituation gegen die Beklagte mit einem ihr gegenüber verbundenen Aggressionsverhalten sowie durch ihre persönliche Überlastung zumindest mitverursacht sein könnten. Für die prognostische Gesamtwürdigung hätte die Motivlage der Beklagten miteinbezogen werden müssen. Die Beklagte sei auch wegen der Pflegebedürftigkeit ihrer Mutter in einer persönlichen Überlastungs- und Ausnahmesituation gewesen, die ihre Steuerungsfähigkeit zum Zeitpunkt der vorgehaltenen Vorfälle eingeschränkt habe. Zum Beweis seien ärztliche Atteste vorgelegt worden. Zudem werde auf die Stellungnahme der die Beklagten nunmehr behandelnden Therapeutin vom 3. September 2013 verwiesen. Ohne Begründung habe das Verwaltungsgericht eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit bzw. eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit der Beklagten verneint. Ein entsprechender Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens sei ebenfalls ohne Begründung als verspätet zurückgewiesen worden.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend von der Bindungswirkung der Feststellungen im Strafurteil des Landgerichts M. I ausgegangen, zumal Zweifel an der Richtigkeit nicht bestünden. Die strafrechtlich rechtskräftig abgeurteilten Sachverhalte habe die Beklagte auch eingeräumt. Auch im Hinblick auf die weiteren Sachverhalte sei die Beklagte im Wesentlichen geständig gewesen, die Verfahrensabsprache wirke sich nicht auf die Bindungswirkung der Feststellungen aus. Das Verwaltungsgericht habe eine sorgsame Abwägung vorgenommen und das sonstige Verhalten der Beklagten bei der Tatausführung einfließen lassen. Es sei nicht nachvollziehbar, inwieweit eine Mobbingsituation, die im Übrigen auch nicht näher dargelegt worden sei, eine Einschränkung der Steuerungsfähigkeit zur Folge gehabt haben soll. Die von der Beklagten vorgebrachte außergewöhnliche Belastung durch die Demenzkrankheit ihrer Mutter könne weder eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit noch eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit begründen. Hiervon sei auch das Landgericht M. I in seinem rechtskräftigen Urteil ausgegangen. Das Verwaltungsgericht sei dem Beweisantrag deshalb zu Recht nicht nachgekommen. Im Übrigen sei nicht ansatzweise dargetan, worauf die angeblich verminderte Schuldfähigkeit der Beklagten - gemessen an den vier Eingangskriterien der Vorschrift des § 20 StGB - beruhen sollte. Hierzu treffe die Stellungnahme der behandelnden Psychotherapeutin vom 3. September 2013 ebenso wenig eine Aussage, wie zum Grad einer solchen Erkrankung bzw. Störung.

Mit Beschluss vom 29. Oktober 2014 hat der Senat die Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet zu den Fragen,

- ob bei der Beklagten im Zeitraum von Mitte 2009 bis Anfang 2011 mindestens eines der in § 20 StGB genannten Krankheitsbilder vorgelegen hat und deswegen ihre Einsichts- und Steuerungsfähigkeit ausgeschlossen oder erheblich vermindert war (§§ 20, 21 StGB).

- Falls ja: Ob dieses erfolgreich behandelt wurde und ähnliche Pflichtverstöße nicht mehr eintreten werden.

- Falls nein: Kam der Zustand der Beklagten in diesem Zeitraum der erheblich verminderten Schuldfähigkeit nahe und hat sie diese schwierige Lebensphase nunmehr vollständig überwunden, so dass ähnliche Pflichtverstöße nicht mehr eintreten werden.

Laut Gutachten von Prof. Dr. W. vom 1. September 2015 wurde festgestellt, dass bei der Beklagten eine mittelgradige depressive Episode bestehe, sich aber keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Aufhebung oder Minderung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit der Beklagten im Zeitraum der Tathandlungen ergäben. Die psychosoziale Situation der Beklagten habe sich im Jahr 2010 aufgrund der Doppelbelastung durch die Veränderungen am Arbeitsplatz und die Versorgung der demenzkranken Mutter zwar als sehr schwierig dargestellt, ob dieser Zustand jedoch einer Minderung der Steuerungsfähigkeit gleichgekommen sei, müsse aus psychiatrischer Sicht mangels objektivierbarer Angaben und fehlender ärztlicher Unterlagen offenbleiben. Dagegen spreche das von der Beklagten in der Untersuchung eingeräumte normalpsychologisch erklärbare Motiv der Unzufriedenheit und Missachtung am Arbeitsplatz.

Mit Schriftsatz vom 6. November 2015 ließ die Klägerin sowohl formale als auch materielle Mängel des Gutachtens geltend machen. Das Gutachten sei nicht ordnungsgemäß erstellt worden, die in Bezug genommenen Zusatzgutachten würden nicht in unterschriebener Form vorliegen, sondern lediglich zitiert. Es könne deshalb nicht beurteilt werden, ob diese vollständig und sinngemäß wiedergegeben seien. Die Ausführungen zur Motivlage der Beklagten würden eine unhaltbare Vermutung darstellen.

Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts S. vom 15. September 2015 (2 Ds 47 Js 40515/14) wurde die Beklagte wegen Diebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen à 20,-- Euro verurteilt.

Folgender Sachverhalt lag zugrunde:

1. Am 20.7.2014 gegen 20:00 Uhr nahm die Angeklagte in der S-Bahn Linie S 8 (Zug-Nr. 6894) in Fahrtrichtung H., zwischen den Haltepunkten S. und S.-H. den vom Geschädigten N... auf der Gepäckanlage vergessenen Rucksack der Marke Deuter an sich. Im Rucksack befand sich eine Digitalkamera der Marke Nikon P520 und weiße Kopfhörer der Marke WESC. Außerdem befand sich ein Anaphylaxie Notfallset mit einer Bestätigung des Hausarztes und Name und Adresse des Geschädigten im Rucksack. Die Angeklagte verließ die S-Bahn an der Haltestelle S.-H. und stieg in den zweiten Wagenteil, um den Rucksack samt Inhalt im Gesamtwert von ca. 400 Euro für sich zu behalten.

2. Am 28.9.2014 gegen 17:45 Uhr nahm die Angeklagte in der S-Bahn Linie S 8 in Fahrtrichtung H. zwischen den Haltepunkten S. und S.-H. die schwarze Tasche der Geschädigten S. an sich und verließ die Bahn an der Haltestelle S.-H., um die Tasche samt Inhalt für sich zu behalten. Die Geschädigte hatte zuvor den Sitzplatz gewechselt und die Tasche am ursprünglichen Platz vergessen. In der Tasche befand sich ein rosa Dirndl, zwei Paar Schuhe, eine Strickjacke, ein Lebkuchenherz, sowie eine Getränkeflasche im Gesamtwert von ca. 200 Euro.

Aufgrund dieser Sachverhalte wurde mit Verfügung vom 27. Januar 2015 durch den Präsidenten des Amtsgerichts M. ein weiteres Disziplinarverfahren gegen die Beklagte eingeleitet.

Der Senat hat am 11. Mai 2016 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

V. Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft M. I sowie die Disziplinarakten und Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG) verhängt.

I. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - keine Mängel auf. Solche sind auch vom Beklagten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.

II.Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist zur Überzeugung des Berufungsgerichts erwiesen.

1. Der der Beklagten im Disziplinarverfahren zur Last gelegte Sachverhalt (Ziffer 1 und 2 der Disziplinarklage), wie er dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts vom 9. Juli 2012 zugrunde liegt, steht nach Art. 25 Abs. 1, Art. 55 HS. 1, Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Danach sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, das denselben Sachverhalt wie das Disziplinarverfahren betrifft, auch im Berufungsverfahren bindend.

Der Bindung unterliegen die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts, die den objektiven und subjektiven Tatbestand der verletzten Strafnorm, die Rechtswidrigkeit der Tat, das Unrechtsbewusstsein (§ 17 StGB) sowie die Frage der Schuldfähigkeit gemäß § 20 StGB betreffen. Hierzu gehören nicht nur die äußeren Aspekte des Tathergangs, sondern auch die Elemente des inneren Tatbestands wie etwa Vorsatz oder Fahrlässigkeit sowie Zueignungs- oder Bereicherungsabsicht (BayVGH, U. v. 12.3.2013 - 16a D 11.624 - juris Rn. 36).

Aufgrund des Urteils des Landgerichts M. vom 9. Juli 2012 steht fest, dass die Beklagte die Diebstähle unter Ziff. 1 und 2 - einmal in Tateinheit mit Urkundenfälschung, einmal in Tateinheit mit einer Verletzung des Briefgeheimnisses - begangen hat (§§ 202 Abs. 1 Nr. 1, 205, 242 Abs. 1, 248 a, 267 Abs. 1 und 3 Satz 2 Ziff. 4, 52, 53 StGB). Sie entwendete dienstlich anvertrautes Geld in Höhe von 30,- Euro unter Verwendung eines dem Kollegen zugewiesenen Stempels, um über die Person des den Brief öffnenden Beamten zu täuschen, und nahm unter Verletzung des Briefgeheimnisses eines Kollegen dessen Warensendung in Form eines Handyakkus an sich. Diese tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts M. vom 11. Januar 2012 sind aufgrund der Beschränkung der Berufung auf die Rechtsfolgen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht M. I am 9. Juli 2012 rechtskräftig geworden. Hierauf wurde im Berufungsurteil ausdrücklich Bezug genommen (... Infolge der Berufungsbeschränkung stehen der Sachverhalt hinsichtlich der Fälle 1 und 2 sowie der Schuldspruch rechtskräftig fest. Insoweit wird auf die Ausführungen des Urteils des Amtsgerichts M. verwiesen ...). Die Ausführungen der Beklagten zu einer möglichen Verwechslung bei der Verwendung der Stempel bzw. zur Verletzung des Briefgeheimnisses gehen deshalb ins Leere.

Der Senat hat keinen Anlass, sich aufgrund des Vorbringens der Beklagten von den Feststellungen des Strafgerichts zu lösen (Art. 55 HS. 2 i. V. m. Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG). Die Disziplinargerichte sind nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils i. S. d. Art. 25 Abs. 1 BayDG zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn diese offenkundig unrichtig sind und sie daher „sehenden Auges“ auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssen. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen in Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen, aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig oder in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Hierunter fällt auch, wenn dem Strafurteil eine Urteilsabsprache zugrunde liegt, die den rechtlichen Anforderungen nicht genügt (BayVGH, B. v 21.1.2015 - 16a D 13.1904 - juris Rn. 60 m. w. N.). Eine Bindungswirkung ist jedoch nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil das Berufungsurteil im Hinblick auf die Rechtsfolgen auf einer Verfahrensabsprache gemäß § 257 c StPO beruht. Substantiierte rechtliche Beanstandungen hat die Beklagte diesbezüglich nicht vorgetragen (BVerwG v. 26.8.2010 - 2 B 43/10 - juris Rn. 6). Eine Bindungswirkung der tatsächlichen Feststellungen ergibt sich aufgrund der Rechtsfolgenbeschränkung bereits aus dem erstinstanzlichen Urteil.

2. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Beklagte auch den unter Ziff. 3 der Disziplinarklage vorgeworfenen Diebstahl begangen hat.

Aus den tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts M. im Urteil vom 11. Januar 2012 ergibt sich, dass die Beklagte am 15. Juni 2010 ein an ihren Kollegen W. persönlich adressiertes Päckchen ohne Inhalt entwendet hat, um es für sich zu behalten. Zwar erlangten diese tatsächlichen Feststellungen mangels ausdrücklicher Berufungsbeschränkung auf die Rechtsfolgen und anschließender Einstellung vor dem Landgericht M. I in der mündlichen Verhandlung vom 9. Juli 2012 gemäß § 154 Abs. 2 StPO keine Bindungswirkung gem. Art. 25 Abs. 1 BayDG. Diese Feststellungen können aber gemäß Art. 25 Abs. 2, 55, 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG zugrunde gelegt werden (Zängl, Kommentar zum BayDG, Stand: Februar 2011, Art. 25 Rn. 20) und entfalten eine indizielle Wirkung.

Der Sachverhalt wurde im Rahmen des erstinstanzlichen Strafverfahrens und der Gutachtenserstellung durch die Beklagte auch eingeräumt. Ihren Vortrag, sie habe lediglich einen Scherz mit ihrem Kollegen W. machen wollen, hält der Senat angesichts der Zeugenaussagen vor dem Amtsgericht M. und dem eigenen Vorbringen der Beklagten für nicht glaubwürdig. Nach den Aussagen der drei Zeugen W., R. und D. trug die Beklagte ersichtlich ein Päckchen in Ihrer Hosentasche. Auf den Inhalt ihrer Hosentasche angesprochen, entleerte sie diese nur zögerlich und zog erst auf Nachfrage das fragliche Päckchen hervor. Bereits zuvor war die Beklagte vom Zeugen W. auf den Verlust des Päckchens angesprochen worden, ohne sich als dessen Besitzerin zu erkennen zu geben. Ein solches Verhalten spricht - auch angesichts des von der Beklagten geschilderten angespannten Verhältnisses mit dem Kollegen W. - ersichtlich nicht für einen Scherz. Die Beklagte hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 7. Mai 2013 und der Begutachtung durch Prof. Dr. W. selbst zugegeben, dass sie am fraglichen Tag auf den Kollegen W. sauer gewesen sei. Er habe sie aus ihrer Sicht zu Unrecht angeschrien und bei der Gruppenleiterin hingehängt. Sie habe dann den Entschluss gefasst, ihm eine reinzuwürgen. Sie wollte ihn ärgern. Als Reaktion habe sie die Warensendung an sich genommen (Sitzungsprotokoll des VG M. vom 13. Mai 2013, S. 4).

Die sonstigen unter Ziff. 4 - 12 (der Disziplinarklage) aufgeführten Sachverhalte wurden von der Beklagten nicht substantiiert bestritten bzw. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht im Wesentlichen eingeräumt. Insbesondere mit dem unter Ziffer 4, 5, 6, 7, 8 und 10 (in Verbindung mit einer Zielvereinbarung vom 20.12.2004) dargestellten Verhalten hat die Beklagte erhebliche Weisungsverstöße begangen. Mehrfach wurde sie darauf hingewiesen, dass sie gemäß § 6 Abs. 1 der Dienstanweisung für die gemeinsamen Eingangsstellen der Justizbehörden in M. vom 30. Juni 2006 grundsätzlich alle dienstlichen Eingänge - auch Abdrucke -mit dem Eingangsstempel zu versehen hat. Dies wurde auch in den monatlichen Besprechungen immer wieder thematisiert. Gleichwohl kam sie in ca. 90 Prozent der Fälle dieser Anordnung nicht nach, obwohl sie im Juni 2010 nochmals auf die Dienstanweisung hingewiesen wurde. Die Anweisung nach § 8 Abs. 3 der Dienstanweisung für die gemeinsamen Eingangsstellen der Justizbehörden in M., wonach der Eingang von Zahlungsmitteln, die den Eingängen beiliegen, neben dem Eingangsstempel mit Unterschrift zu bescheinigen ist, wurde von der Beklagten ebenfalls dauerhaft missachtet. An das Verbot, private Kopien zu fertigen, private Telefonate zu reduzieren bzw. sich private Postsendungen an die Dienstadresse zustellen zu lassen, hielt sie sich eben so wenig wie an die Zielvereinbarung vom 20. Dezember 2004, wonach sie täglich eine frischgewaschene Dienstbluse anzuziehen und die Diensthose spätestens nach 3 Tagen zu wechseln, ausreichend zu lüften und regelmäßig zu reinigen habe. Vom 15. Februar bis 22. Februar 2011 erschien die Beamtin weder zum Dienst noch zeigte sie ihre Dienstunfähigkeit an (Ziff. 12 der Disziplinarklage). Auch ein Attest wurde nicht vorgelegt. Zudem verwandte sie auf ihrem privaten Handy einen als verfassungsfeindlich einzustufenden Handyrufton (Hitlergruß; Ziff. 9 der Disziplinarklage) und teilte einem Kollegen mit, sie säße (angesichts ihrer Tätigkeit in der Registratur) gerade über dessen Scheidungsakten (Ziff.11 der Disziplinarklage).

III. Die Beklagte hat durch ihr Verhalten ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen i. S. d. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen, weil sie schuldhaft ihr obliegende Dienstpflichten verletzt hat. Sie hat dadurch gegen ihre Grundpflicht zur Achtung der Gesetze (§ 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, §§ 202 Abs. 1 Nr. 1, 205, 242 Abs. 1, 248 a, 267 Abs. 1 und 3 Satz 2 Ziff. 4, 52, 53 StGB) sowie gegen ihre Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf (§ 34 Satz 1 BeamtStG), ihre Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung (§ 34 Satz 2 BeamtStG), ihre Pflicht, dienstlichen Anweisungen ihrer Vorgesetzen Folge zu leisten (§ 35 S. 2 BeamtStG i. V. m. der Dienstanweisung für die gemeinsamen Eingangsstellen der Justizbehörden in M. vom 30. Juni 2006 und § 21 UrlVO), ihre Pflicht, sich ihrem Beruf entsprechend achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) und gegen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit (§ 37 Abs. 1 BeamtStG), verstoßen.

IV. Das Fehlverhalten der Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat - auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds der Beklagten und ihr bisherigen dienstlichen Verhaltens - darüber hinaus die Folge, dass die Beklagte das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Unter diesen Voraussetzungen ist aber nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen.

Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris) zu § 13 BDG (BayVGH U. v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355 - juris; U. v. 15.2.2012 - 16a D 10.1974; U. v. 21.1.2015 - 16a D 13.1904, Rn. 82, 83 - jeweils in juris).

1. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung, wobei Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG regelmäßig aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen sind. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst im Einzelfall bemessungsrelevante Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Die gegen die Beamtin ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastender und entlastender Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden der Beamtin stehen (vgl. BVerwG, B. v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 18).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen der Beamtin für ihr pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B. v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - juris Rn. 16; B. v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 20; B. v. 25.5.2012 - 2 B 133.11 - juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen), insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 14).

Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens der Beamtin im Hinblick auf ihren allgemeinen Status, ihren Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und ihre konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 15).

Bei der Anwendung des Bemessungskriteriums „Schwere des Dienstvergehens“ ist das festgestellte Dienstvergehen nach seinem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Hierbei können die in der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen herausgearbeitete Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 20).

2. Fallen einem Beamten - wie hier - mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, die in ihrer Gesamtheit das einheitliche Dienstvergehen ergeben, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung (BayVGH, U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris), also vorliegend nach den innerdienstlichen Diebstählen, die sogenannte „Zugriffsdelikte“ darstellen.

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis setzt voraus, dass der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn aufgrund der Gesamtwürdigung der bedeutsamen Umstände der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen oder aufgrund seines Fehlverhaltens sei eine erhebliche, nicht wieder gut zu machende Ansehensbeeinträchtigung eingetreten (grundlegend BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04, U. v. 24.5.2007 - 2 C 28.06 - jeweils in juris.)

Für einen Beamten, der auf dienstlich anvertrautes oder zugängliches Gut zugreift - also unabhängig von der strafrechtlichen Beurteilung (z. B. Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung) ein sog. „Zugriffsdelikt“ begeht, galt aufgrund der Rechtsprechung des erkennenden Senats und der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgrund der Schwere dieser Dienstvergehen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich als Richtschnur für die Maßnahmebestimmung (BVerwG, U. v. 10.1.2007 - 1 D 15.05; U. v. 11.6.2002 - 1 D 31.01 - jeweils in juris). Hat sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solches Dienstvergehen regelmäßig geeignet, das Vertrauen in seine Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit zu zerstören (BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 - juris). Da die Verwaltung im Umgang mit öffentlichem und amtlich anvertrautem Gut auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten in hohem Maße angewiesen ist und eine lückenlose Kontrolle eines jeden Beamten nicht möglich ist, muss derjenige, der diese Vertrauensgrundlage zerstört, mit einer Auflösung seines Beamtenverhältnisses rechnen (BVerwG, B. v. 20.12.2011 - 2 B 64.11 - juris Rn. 11; BayVGH, U. v. 9.12.2015 - 16b D 14.642 - juris Rn. 40).

Ein solches Fehlverhalten im Kernbereich der dienstlichen Aufgaben liegt hier in der Entwendung der dienstlichen Gelder in Höhe von 30,- Euro aus der an die Gerichtsvollzieher-Verteilerstelle des Amtsgerichts M. gerichteten Postsendung am 16. Februar 2010. Gleiches gilt für die zwei Kollegendiebstähle, welche nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Schwere im Grundsatz der Veruntreuung amtlich anvertrauter Gelder vergleichbar sind, da ein solcher Diebstahl gegenüber Kollegen das Betriebsklima vergiftet und den Arbeitsfrieden in schwerwiegender Weise stört (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris Rn. 21). In diesen Fällen der sog. „Zugriffsdelikte“, war bisher die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme. So auch im vorliegenden Fall der Beklagten.

Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 10. Dezember 2015 (2 C 6.14 - juris) klargestellt, dass es seine bisherige Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten aufgebe; bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen sei vielmehr ebenfalls die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der gesetzlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahmen am gesetzlich bestimmten Strafrahmen geboten. Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleiste die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen. Hiervon ausgehend ergibt sich im Fall der Beklagten keine abweichende Beurteilung:

Im Hinblick auf die von der Beklagten verwirklichten Delikte ist vorliegend grundsätzlich die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten.

Die Strafgerichte haben die Beklagte vorliegend wegen eines Diebstahls in Tateinheit mit Urkundenfälschung und wegen Diebstahls in Tateinheit mit der Verletzung des Briefgeheimnisses gem. §§ 202 Abs. 1 Nr. 1, 205, 242 Abs. 1, 248 a, 267 Abs. 1 und 3 Satz 2 Ziff. 4, 52, 53 StGB bestraft. Zudem wurde ein weiterer Diebstahl tatbestandlich festgestellt, aber im Berufungsverfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Sowohl nach § 242 Abs. 1 StGB (Diebstahl) als auch nach § 267 StGB (Urkundenfälschung) reicht der Strafrahmen bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht (hier sind es bis zu fünf Jahre), reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U. v. 10.12.2015 - 2 C 6.14 - juris Rn. 20).

Vorliegend hat die Beklagte den Kernbereich ihrer dienstlichen Pflichten verletzt, indem sie in einem Fall dienstlich anvertrautes Geld entwendete, wobei sie durch die Verwendung eines ihr nicht zugewiesenen Stempels zumindest in Kauf nahm, den Verdacht auf einen jungen Kollegen zu lenken, und damit zusätzlich noch den Tatbestand einer Urkundenfälschung verwirklichte. Im anderen Fall brachte sie unter Verletzung des Briefgeheimnisses eine an den Kollegen W. gerichtete Warensendung an sich. Ein weiteres an denselben Kollegen gerichtetes Päckchen steckte sie in ihre Hosentasche. Der Senat geht davon aus, dass ein solches Verhalten grundsätzlich geeignet ist, das Vertrauensverhältnis in unheilbarer Weise zu zerstören. Dienstherr und Allgemeinheit müssen sich im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung auf die Ehrlichkeit der mit dienstlichen Geldern oder Gütern betrauten Beamten verlassen können.

Bei der Einordnung des Dienstvergehens der Beklagten in den bis hin zur Dienstentfernung eröffneten Orientierungsrahmen ist auch die von den Strafgerichten ausgesprochene erhebliche Freiheitsstrafe von acht Monaten - zur Bewährung ausgesetzt - zu berücksichtigen. Ungeachtet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kann bei der disziplinarrechtlichen Ahndung eines Dienstvergehens indiziell auch an die von den Strafgerichten ausgesprochenen Sanktionen angeknüpft werden (nunmehr BVerwG, U. v. 10.12.2015 a. a. O. Rn. 24; U. v. 18.6.2015 - 2 C 9.14 - juris Rn. 38f.).

3. Von der Höchstmaßnahme ist zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abzusehen, wenn ein - ursprünglich vom Bundesverwaltungsgericht zu den Zugriffsdelikten entwickelter - sog. „anerkannter“ Milderungsgrund vorliegt. Diese erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen und psychischen Ausnahmesituationen - auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit - Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 13).

Diese Milderungsgründe stellen jedoch keinen abschließenden Kanon der bei Dienstvergehen berücksichtigungsfähigen Entlastungsgründe dar. Bei der prognostischen Frage, ob gegenüber einem Beamten aufgrund eines schweren Dienstvergehens ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten ist, gehören zur Prognosebasis außerdem alle für diese Einschätzung bedeutsamen belastenden und entlastenden Ermessensgesichtspunkte, die in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen sind. Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht anerkannter Milderungsgründe vergleichbar ist. Entlastungsmomente können sich dabei aus allen denkbaren Umständen ergeben. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes aufweisen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Sie sind bereits dann mit einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BVerwG, U. v. 6.6.2007 - 1 D 2.06 - juris). Bei schweren Dienstvergehen stellt sich dann vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist.

Die Beklagte kann sich vorliegend nicht mit Erfolg auf einen der „anerkannten“ Milderungsgründe berufen.

3.1 Der in der Rechtsprechung entwickelte „anerkannte“ Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache kommt bei der Beklagten nicht zum Tragen. Ausgehend von der Rechtsprechung der Strafgerichte zu § 248 a StGB ist die Grenze zur Geringwertigkeit bei etwa 50,- Euro anzusetzen (BVerwG, U. v. 10.12.2015 a. a. O. Rn. 26; U. v. 25.7.2013 - 2 C 63.11 - Rn. 16), wobei bei einmaligem Fehlverhalten auch 200,- Euro als Grenze in Betracht kommen kann (BVerwG, B. v. 23.2.2012 - 2 B 143.11 - juris). Diese Grenzen sind vorliegend zwar nicht überschritten, jedoch greift ein solcher Milderungsgrund nur unter der Voraussetzung, dass der Beamte nicht durch sein sonstiges Verhalten oder die konkrete Tatausführung zusätzlich belastet ist und, dass durch das Dienstvergehen keine weiteren wichtigen öffentlichen oder privaten Schutzgüter verletzt worden sind (BVerwG, U. v. 8.4.2003 - 1 D 27/02 - juris Rn. 21). Im vorliegenden Fall wird das Unrechtsbewusstsein der Beklagten nämlich nicht durch den Wert der entwendeten Sache - der vorliegend dem Zufall überlassen blieb - bestimmt, sondern durch äußere Umstände der Tatbegehung (BVerwG, U. v. 10.12.2015 a. a. O. Rn. 29). Vorliegend hat die Beklagte drei Diebstähle, einmal einhergehend mit der Verletzung des Briefgeheimnisses und einmal einhergehend mit einer Urkundenfälschung, begangen. Damit wird der Milderungsgrund der Geringwertigkeit des entwendeten Geldes entkräftet, weil über die Zugriffsdelikte hinaus weitere Schutzgüter verletzt worden sind. Im Rahmen der konkreten Tatausführung ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Beklagte mit der Verwendung eines fremden Stempels zumindest in Kauf genommen hat, den Verdacht auf einen Kollegen zu lenken. Als erschwerende Umstände, die die weitere Vertrauenswürdigkeit ausschließen, gelten auch wiederholte Diebstähle über einen Zeitraum von mehreren Monaten (Zängl, Kommentar zum BayDG, Stand: Oktober 2013, MatR II, Rn. 324 e).

Der Umstand, dass es sich bei der dritten Diebstahlshandlung, die letztendlich im Berufungsverfahren nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt wurde, um ein präpariertes Päckchen ohne Inhalt handelte, kann im Hinblick auf die Geringwertigkeit keine Rolle spielen. Hiervon hatte die Beklagte im Zeitpunkt der Tathandlung keine Kenntnis. Darüber hinaus hätte die Berücksichtigung der Geringwertigkeit bei der Einschleusung eines präparierten Päckchens in den Postverlauf bei bereits bestehendem Verdacht zur Folge, dass je nach Wert der Einlage die Grenze zur Geringwertigkeit und damit die Disziplinarmaßnahme steuerbar wäre (vgl. BayVGH, U. v. 9.12.2015 a. a. O. Rn. 47).

3.2 Die Voraussetzungen einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB als weiterer „anerkannter“ Milderungsgrund liegen ebenfalls nicht vor. Ist - wie hier - die Frage der Schuldunfähigkeit mit bindender Wirkung im Strafurteil verneint worden, bleibt es Sache des erkennenden Gerichts, für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme festzustellen, ob ein Fall verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB gegeben ist und welchen Grad die Minderung gegebenenfalls erreicht. Auf Feststellungen, die für diese Frage Bedeutung haben, erstreckt sich die Bindungswirkung eines Strafurteils nicht (vgl. BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass die Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Die daran anknüpfende Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit aufgrund einer krankhaften seelischen Störung „erheblich" war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur der Betroffenen, ihres Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris m. w. N.). Angesichts dessen wird eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit bei Zugriffsdelikten und diesen gleichgestellten Delikten nur in Ausnahmefällen erreicht werden (BVerwG, U. v. 3.5.2007 - 2 C 30.05 - juris Rn. 36; BayVGH, U. v. 20.4.2016 - 16a D 14.938 - juris Rn. 66). Gerade bei der Verletzung einer leicht einsehbaren innerdienstlichen Kernpflicht muss nämlich von dem Beamten im Hinblick auf die Bedeutung dieser Pflicht für das öffentlichrechtliche Dienst- und Treueverhältnis erwartet werden, dass er trotz der verminderten Schuldfähigkeit noch genügend Widerstandskraft gegen eine Verletzung dieser Pflicht im Dienst aufbringt. Die Erheblichkeitsschwelle liegt in solchen Fällen also höher als bei anderen Pflichtverletzungen (OVG Lüneburg, U. v. 22.3.2016 - 3 LD 1/14 - juris Rn. 100).

Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Fähigkeit des Beamten, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB erheblich gemindert war, so muss das Verwaltungsgericht die Frage einer Minderung der Schuldfähigkeit des Beamten aufklären (BVerwG, B. v. 28.1.2015 - 2 B 15.14 - juris Rn. 18). Gegebenenfalls muss also geklärt werden, ob der Beamte im Tatzeitraum an einer seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB gelitten hat, die seine Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, vermindert hat. Hierfür bedarf es in der Regel besonderer medizinischer Sachkunde. Erst wenn die seelische Störung und ihr Schweregrad feststehen oder entsprechende Beeinträchtigungen nach dem Grundsatz „in dubio pro reo" nicht ausgeschlossen werden können, kann beurteilt werden, ob die Voraussetzungen für eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit vorliegen. Denn von den Auswirkungen der krankhaften seelischen Störung auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit in Bezug auf das Verhalten der Beamtin hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit einer verminderten Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB ab.

Der Senat geht vorliegend davon aus, dass eine psychische Erkrankung (depressive Störung) der Beklagten - wenn sie überhaupt bereits zum Zeitpunkt der vorgehaltenen Taten vorgelegen hat - nicht im Sinne des § 21 StGB geeignet war, die Steuerungsfähigkeit der Beklagten einzuschränken. Er folgt insofern dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Prof. Dr. W. vom 1. September 2015, der sich mit dieser Frage dezidiert befasst und sie nachvollziehbar verneint hat.

Aufgrund des Vorbringens der Beklagten bestand hinreichender Anlass, der entscheidungserheblichen Frage der Verminderung der Schuldfähigkeit der Beklagten zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Handlungen nachzugehen. Im Gutachten wird jedoch ausgeführt, dass sich ausreichende Anhaltspunkte für eine Aufhebung oder Minderung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit der Beklagten im Zeitraum der Tathandlungen nicht ergeben hätten. Zwar sei bei der Beklagten zum Untersuchungszeitpunkt im Jahr 2015 eine mittelgradige depressive Symptomatik festzustellen, die sich wahrscheinlich bereits in den letzten Jahren entwickelt habe, insbesondere in der Zeit der Doppelbelastung mit Veränderung des Arbeitsplatzes sowie Versorgung der erkrankten Mutter. Somit lasse sich zumindest ab dem 2. Halbjahr 2013 sicher das Vollbild einer depressiven Störung erkennen, was auch durch die Angaben der die Beklagte ambulant betreuenden psychologischen Psychotherapeutin G. vom 3. September 2013 bestätigt werde. Für die Jahre davor, insbesondere für den Zeitpunkt der Straftaten (Februar bis Juni 2010), ließen sich mangels Unterlagen bzw. Angaben der Beklagten jedoch keine gesicherte Aussagen über das Vorliegen einer depressiven Störung treffen. Aus psychiatrischneurologischer Sicht bestünden allerdings keine Anhaltspunkte für eine zugrunde liegende psychische Erkrankung, welche die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit der Beklagten bei Begehung der Tathandlungen im Jahr 2010 hätte beeinflussen können. Zudem sei das Verhalten der Beklagten im Zeitpunkt der Tathandlungen von Aktivität dominiert gewesen, eine schwere depressive Störung würde jedoch eher Passivität erwarten lassen. Auch im Hinblick auf die im Jahr 2014 neu bekannt gewordenen Straftaten sei trotz der zu diesem Zeitpunkt gesicherten mittelgradigen Ausprägung einer depressiven Erkrankung eine Auswirkung auf die Einsicht- und Steuerungsfähigkeit der Beklagten unwahrscheinlich. Aus dem Gutachten ergibt sich weiter, dass die Beklagte zwar über eine passivaggressive sowie paranoide Persönlichkeitsstrukturierung verfüge, diese jedoch keinesfalls den Schweregrad einer klinisch manifesten und relevanten Persönlichkeitsstörung erreiche. Bei der Beklagten zeige sich aus dem Gefühl der Unzufriedenheit und persönlichen Missachtung am Arbeitsplatz ein aus Gutachtersicht normalpsychologisch erklärbares Verhalten, welches definitions- und erfahrungsgemäß nicht von einer Person mit einem schweren depressiven Syndrom gezeigt werde.

Soweit die Beklagte hierin unhaltbare Vermutungen zu ihrer Motivlage sieht und insoweit Mängel am Gutachten vom 1. September 2015 aufzeigen will, kann sie nicht durchdringen. Die diesbezüglichen Ausführungen von Prof. Dr. W. dienen im Rahmen des Gutachtensauftrags gerade dazu, das Verhalten der Beklagten als Ausdruck einer eher passivaggressiven sowie paranoiden Persönlichkeitsakzentuierung von einer ebensolchen Persönlichkeitsstörung abzugrenzen. Diese Einschätzungen stellen den Kernbereich des psychiatrischen Gutachtens dar.

Das Gutachten vom 1. September 2015 ist auch ordnungsgemäß erstellt worden. Der gerichtliche Sachverständige ist nicht verpflichtet, sämtliche für die Begutachtung notwendige Tätigkeiten persönlich vorzunehmen, sondern darf bei der Vorbereitung und Abfassung des schriftlichen Gutachtens geschulte und zuverlässige Hilfskräfte sowie wissenschaftliche Mitarbeiter - insbesondere zu einzelnen Untersuchungen - heranziehen. Die Mitwirkung geeigneter Hilfspersonen muss jedoch die volle persönliche Verantwortung des gerichtlich ernannten Sachverständigen wahren (BVerwG, U. v. 9.3.1984 - 8 C 97/83 - juris 23 ff.) Die Erstellung des vom erkennenden Senat eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens hält sich ersichtlich in diesem Rahmen. Prof. Dr. W. hat die volle Verantwortung für das erstattete Gutachten übernommen, indem er die in Bezug genommenen Zusatzgutachten ins Gutachten übernommen und seiner Unterschrift die Worte „Einverstanden aufgrund eigener Urteilsbildung“ vorangesetzt hat. Dies entspricht der gängigen Praxis. Die Vorlage der einzelnen Zusatzgutachten in unterschriebener Form bedurfte es deshalb nicht. Anhaltspunkte dafür, dass die Zusatzgutachten nicht ordnungsgemäß im Gutachten von Prof. Dr. W. wiedergegeben wurden, sind nicht ersichtlich und wurden von der Beklagten auch nicht vorgetragen.

3.3 Schließlich kommt auch der „anerkannte“ Milderungsgrund der „Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“ der Beklagten nicht zugute. Dieser setzt außergewöhnlich belastende Umstände voraus, die für die Begehung der konkreten Taten ursächlich geworden, inzwischen aber überwunden sind (BVerwG, U. v. 3.5.2007 - 2 C 9.06; U. v. 10.12.2015 a.a.O - jeweils in juris). Die Überwindung einer im Zeitpunkt der Pflichtverletzung bestehenden negativen Lebensphase kann sich mildernd bei der Maßnahmebemessung auswirken, wenn davon ausgegangen werden kann, dass sich die Lebenssituation der Beamtin inzwischen gefestigt hat und sie sich künftig - ggf. in einem anderen Amt - pflichtgemäß verhalten wird. Erforderlich dabei ist, dass außergewöhnliche Verhältnisse vorlagen, die die Beklagte zeitweilig aus der Bahn geworfen haben. Hinzukommen muss, dass sie die negative Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat (BVerwG, B. v. 9.10.2014 - 2 B 60.14; B. v. 20.12.2013 - 2 B 35/13 - jeweils in juris).

Davon ausgehend, dass die negativen Lebensumstände eine gravierende Ausnahmesituation begründen müssen, die über das hinausgeht, was an familiären und finanziellen Schwierigkeiten grundsätzlich jeden treffen kann (BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris; U. v. 20.4.2016 a. a. O. Rn. 72), hat der Senat bereits erhebliche Zweifel, dass sich die Beklagte auf das Vorliegen einer solchen Phase berufen kann. Selbst wenn vor dem Hintergrund der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den sog. Zugriffsdelikten (BVerwG, U. v. 10.12.2015 a. a. O.) nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass ein Zugriffsdelikt in der Regel die Entfernung aus dem Dienst nach sich zieht, ist vorliegend - zumindest aufgrund der Verletzung im Kernbereich der dienstlichen Pflichten - davon auszugehen, dass nur individuelle Extremsituationen disziplinarisch relevant sein können (BayVGH, U. v. 29.7.2015 - 16b D 13.778 - juris Rn. 65; U. v. 20.4.2016 a. a. O. Rn. 72). Ob eine solche bei der Beklagten, die sich zweifellos wegen der Pflegebedürftigkeit ihrer Mutter in einer persönlichen Überlastungs- und Ausnahmesituation befunden hat, tatsächlich vorlag, kann nach Auffassung des Senats aber dahingestellt bleiben. Aufgrund der weiteren von der Beklagten am 20. Juli 2014 und 28. September 2014 begangenen Diebstähle geht der Senat davon aus, dass die negative Lebensphase der Beklagten zumindest noch nicht überwunden ist. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte zwischenzeitlich die begleitende psychotherapeutische Behandlung abgebrochen hat. Ein insgesamt positive Prognose kommt deshalb vorliegend nicht in Betracht.

3.4 Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer sog. anerkannter Milderungsgründe wie „Handeln in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“, „Vorliegen einer schockartigen psychischen Ausnahmesituation“ oder „einer einmaligen persönlichkeitsfremden Augenblickstat“ bestehen nicht.

3.5 Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen, welche grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Verwirklichung von Diebstahlsdelikten im Kernbereich versagt hat, noch einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen ebenfalls nicht vor. In Betracht käme insoweit, dass ein Beamter vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart und/oder den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470; BVerwG, B. v. 28.8.2007 - 2 B 26.07 - jeweils in juris). Dies ist hier jeweils nicht der Fall.

4. Bei der gebotenen gesamtprognostischen Betrachtung sind sonstige durchgreifende Entlastungsgründe, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme rechtfertigen könnten, ebenfalls nicht zu erkennen. Weitere Milderungsgründe, die zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen wären und die über den Kreis der so genannten „anerkannten Milderungsgründe“ hinausgehen (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 6/14 - juris Rn. 36), sind nicht ersichtlich. Zwar sieht der Senat durchaus, dass sich die Beklagte aufgrund der Belastung mit der Pflege der Mutter im Zeitpunkt der Begehung der Straftaten in einer persönlichen Überlastungssituation befunden hat, zu der sicherlich auch die durch vorangegangenen Vorgesetzen- und Kollegenwechsel angespannte Situation am Arbeitsplatz beigetragen hat. Für eine angebliche Mobbingsituation bestehen allerdings keine Anhaltspunkte. Hierzu wurde von der Beklagten substantiiert nichts vorgetragen. Prof. Dr. W. hat in seinem Gutachten vom 1. September 2015 ebenfalls auf die schwierige psychosoziale Situation der Beklagten infolge der Doppelbelastung hingewiesen, aber zugleich auch festgestellt, dass aus seiner Sicht eher das normalpsychologisch erklärbare Motiv der Unzufriedenheit und Missachtung am Arbeitsplatz als Ursache für das Verhalten der Klägerin bestehe.

Die Beklagte ist weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich vorbelastet. Die gute Beurteilung mit 10 Punkten für den Zeitraum 2004 bis 2007 spricht zwar ebenso für die Beklagte wie die Tatsache, dass sie weder straf- noch disziplinarrechtlich vorbelastet ist. Allerdings sind diese Umstände allein nicht geeignet, die Schwere des Dienstvergehens derart abzumildern, dass bei einer Beamtin, die das in sie gesetzte Vertrauen von Grund auf erschüttert hat, von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden kann (BayVGH, U. v. 29.7.2015 - 16b D 14.1328 - juris Rn. 40). Zulasten der Beklagten sind die zahlreichen weiteren Dienstpflichtverletzungen (Ziff. 4 - 12 der Disziplinarklage), insbesondere die erheblichen Weisungsverstöße - zu berücksichtigen. Sie zeigen, dass die Beklagte im Grundsatz nicht geneigt ist, Anordnungen von Vorgesetzten, die ihren eigenen Ansichten zuwider laufen, umzusetzen. Aus den Akten (Akten des Generalstaatsanwalts Band I, Bl. 114) ergibt sich, dass sich dieses Verhalten auch an der neuen Dienststelle (Registratur) fortsetzte. Dort kam es auch zu weiteren Dienstpflichtverletzungen (Ziff. 11 und 12 der Disziplinarklage). Im Rahmen der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist deshalb nach Überzeugung des Senats die Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild der Beamtin führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit.

Die Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatgebot folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von den Betroffenen hinzunehmenden Einbußen stehen.

Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründen das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, die Beamtin werde dem Gebot, ihre Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und des dadurch eingetretenen Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis wie hier gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch die Beamtin und ist dieser daher als für alle öffentlichrechtlichen und privaten Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U. v. 14.10.2003 - 1 D 2.03 - juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i. V. m. 154 Abs. 2 VwGO.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG, Art. 3 BayDG i. V. m. § 116 Abs. 1 VwGO).

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.

(1) Wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
das Opfer länger als eine Woche der Freiheit beraubt oder
2.
durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung eine schwere Gesundheitsschädigung des Opfers verursacht.

(4) Verursacht der Täter durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung den Tod des Opfers, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 3 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 4 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

(1) Ein Amtsträger, der während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Die §§ 224 bis 229 gelten für Straftaten nach Absatz 1 Satz 1 entsprechend.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

(1) Ein Amtsträger, der während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Die §§ 224 bis 229 gelten für Straftaten nach Absatz 1 Satz 1 entsprechend.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

1. Der am ... 1942 geborene Beklagte ist gelernter Elektromonteurmeister und war vom 1. Mai 1990 bis zu seiner Entlassung auf eigenen Antrag am 6. Oktober 2011 ehrenamtlicher erster Bürgermeister der Gemeinde H. (Gemeinde) im Landkreis E.-... Er ist verheiratet und bezieht nach eigenen Angaben Alterseinkünfte aus der Deutschen Rentenversicherung Bund und der betrieblichen Altersversorgung seines früheren Arbeitgebers in Höhe von insgesamt 1.948,52 € monatlich. Daneben wurde ihm von der Gemeinde für die Zeit vom 7. Oktober 2011 bis zum 6. Oktober 2012 eine um 30% gekürzte Überbrückungshilfe gemäß Art. 137a KWBG a. F. in Höhe von 1.100,78 € monatlich gewährt. Seit 7. Oktober 2012 erhält er von der Gemeinde einen um 30% gekürzten Pflichtehrensold gemäß Art. 59 KWBG n. F. in Höhe von 969,34 € monatlich.

2. Der Beklagte ist disziplinarrechtlich nicht vorbelastet. Ein gegen ihn seit Mitte 2007 geführtes Disziplinarverfahren, in dem ihm vorgeworfen worden war, am 8. März 2001 einen notariellen Kaufvertrag im Namen der Gemeinde über den Erwerb des Grundstücks FlNr. 385 der Gemarkung H. geschlossen zu haben, der eine abweichende Formulierung der von der Gemeinde üblicherweise verwendeten Aufzahlungsklausel enthält, weshalb die Gemeinde mit Urteil des Landgerichts N.-... vom 28. September 2006 zur Zahlung von 257.174,96 € verurteilt worden war, und den Gemeinderat hierüber nicht informiert zu haben, wurde mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 22. Februar 2008 wegen eines Maßnahmeverbots aufgrund Zeitablaufs nach Art. 16 BayDG eingestellt.

3. Der Beklagte ist strafrechtlich wie folgt vorbelastet:

3.1 Mit seit 17. März 2011 rechtskräftigem Strafurteil des Amtsgerichts E. vom 29. Oktober 2010 (6 Cs 902 Js 144703/08) wurde der Beklagte wegen Betrugs nach § 263 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu je 150 € verurteilt; die Höhe des Tagessatzes resultiert aus den Angaben des Beklagten, er verdiene 6.000.- € netto. Das Strafurteil enthält folgende tatsächliche Feststellungen:

„Am 24.08.2005 verpflichtete sich der Angeklagte als gesetzlicher Vertreter der Gemeinde H. in einem vor dem Landgericht A. geschlossenen Vergleich, für den Fall der Veräußerung des Grundstücks Flurnummer 400, Gemarkung H., innerhalb von zehn Jahren nach Bestandskraft des Vergleiches einen den Betrag von 60.000,00 EUR übersteigenden Erlös an die Geschädigten G. und M. zur Hälfte auszukehren.

Mit notarieller Urkunde vom 16.11.2006 verkaufte der Angeklagte für die Gemeinde H. das oben genannte Grundstück zu einem Preis von 60.000,00 EUR, wobei der Angeklagte wusste, dass der Erwerber S. zur Zahlung eines weit höheren Betrages, nämlich 85.000,00 EUR, bereit gewesen wäre. Nachdem der Zeuge N. bereits 85.000,00 EUR für das Grundstück geboten hatte, vereinbarte der Angeklagte mit ihm, das Grundstück Flurnummer 400 zu einem Preis von 60.000,00 EUR zu veräußern und das Grundstück mit der Flurnummer 546, Gemarkung H., zu einem Preis von 25.000,00 EUR an ihn zu übergeben. Dabei wusste der Angeklagte, dass das Grundstück Flurnummer 546, Gemarkung H., lediglich einen Marktwert von ca. 1.330,00 EUR hatte.

Der Zeuge N. ging auf das Angebot des Angeklagten ein und erwarb das Grundstück Flurnummer 400, Gemarkung H., zum Preis von 60.000,00 EUR, das Grundstück Flurnummer 546, Gemarkung H., zum Preis von 25.000,00 EUR. Beide Verkäufe wurden durch den Gemeinderat gebilligt.

Der Angeklagte wollte gegenüber den Geschädigten K. wahrheitswidrig den Eindruck vermitteln, dass im Rahmen des Verkaufes des Grundstückes Flurnummer 400 ein Erlös erzielt wurde, der den Betrag von 60.000,00 EUR nicht überstieg und dass diese somit keinen Anspruch auf Auskehrung des hälftigen Grundstückserlöses gegenüber der Gemeinde H. besäßen. Tatsächlich war das Grundstück Flurnummer 400 jedoch nur deshalb für 60.000,00 EUR an den Zeugen S. verkauft worden, weil dieser zuvor das Grundstück Flurnummer 546 für einen deutlich über dem Marktpreis liegenden Kaufpreis erworben hatte.

Die Geschädigten K. unterließen daraufhin - wie vom Angeklagten beabsichtigt - die Geltendmachung ihres Anspruchs auf Auskehrung gegenüber der Gemeinde H., weil sie von einem mit dem Verkauf des Grundstücks Flurnummer 400 zusammenhängenden Verkauf des Grundstücks Flurnummer 546 keine Kenntnis hatten. Die Geschädigten hatten auch keine Kenntnis darüber, dass der Zeuge N. das Grundstück für 85.000,00 EUR erworben hätte. Folglich konnten sie ihre Ansprüche auf den hälftigen, 60.000,00 EUR übersteigenden Betrag nicht geltend machen. Es entstand bei ihnen ein konkreter Vermögensschaden in Höhe von 12.000,00 EUR [richtig: 12.500,00 EUR, vgl. auch Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 29. Januar 2014 Bl. 4 UA].“

3.2 Mit seit 26. Oktober 2011 rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts E. vom 10. Oktober 2011 (9 Cs 902 Js 141146/11) wurde der Beklagte wegen Untreue in zwei Fällen nach §§ 266 Abs. 1 und Abs. 2, 263 Abs. 3 Nr. 4, 53, 56 StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Dem Strafbefehl liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

„Unter dem Aktenzeichen 902 Js 144703/08 war gegen den Angeschuldigten ein Strafverfahren wegen Betrugs anhängig und am 19.03.2010 vom Amtsgericht E. auch ein Strafbefehl gegen ihn erlassen worden. Nach Einspruchseinlegung gegen diesen Strafbefehl meinte der Angeschuldigte, sich gegen den Betrugsvorwurf damit verteidigen zu können, dass ein von ihm in seiner Eigenschaft als Bürgermeister der Gemeinde H. für diese Gemeinde verkauftes Grundstück lediglich einen Wert von 52.000,00 EUR habe. Um diesen Grundstückswert gegenüber dem Gericht plausibel zu machen, beauftragte der Angeschuldigte am 06.04.2010 den Sachverständigen E. mit der Erstellung des entsprechenden Gutachtens. Obwohl dem Angeschuldigten bewusst war, dass das Strafverfahren und die hierbei anfallenden Verteidigungskosten ihn in seiner Eigenschaft als Privatperson betrafen, erteilte er den Auftrag an den Sachverständigen gleichwohl in seiner Eigenschaft als Bürgermeister der Gemeinde H. und ließ das Gutachten in deren Namen auf deren Rechnung erstellen. Das Gutachten des Sachverständigen B. vom 21.04.2010 legte sodann der Verteidiger des Angeschuldigten mit Schriftsatz vom 30.04.2010 dem Amtsgericht E. vor und beantragte die Ladung des Sachverständigen zu einem Hauptverhandlungstermin.

Für die Erstattung des Gutachtens erstellte der Sachverständige B. unter dem 21.04.2010 eine Rechnung in Höhe von 1.989,68 EUR an die Gemeinde H. Obwohl dem Angeschuldigten bewusst war, dass das Gutachten des Sachverständigen B. alleine für seine Verteidigung im Strafverfahren erstellt worden war und er daher nicht befugt war, im Namen und für Rechnung der Gemeinde H. ein Gutachten in Auftrag zu geben, unterschrieb der Angeschuldigte in seiner Eigenschaft als Bürgermeister am 26.04.2010 eine Auszahlungsanordnung für die Verwaltungsgemeinschaft H., so dass aus dem Gemeindehaushalt die Rechnung des Sachverständigen bezahlt wurde, während er sich eigene Aufwendungen ersparte.

Nachdem ein gerichtlich bestellter Gutachter einen höheren Grundstückswert ermittelt hatte, beauftragte der Angeschuldigte zum Zwecke seiner Verteidigung, aber wiederum im Namen und auf Rechnung der Gemeinde H. den Sachverständigen B., eine fachliche Stellungnahme zu dem Gutachten des gerichtlich bestellten Gutachters zu erstellen. Diese fachliche Stellungnahme ließ der Angeschuldigte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 13.07.2010 gegenüber dem Amtsgericht vorlegen. Für diese fachliche Stellungnahme erstellte der Sachverständige B. am 05.07.2010 eine Rechnung in Höhe von 1.637,44 EUR gegenüber der Gemeinde H. Mit Auszahlungsanordnung vom 13.07.2010 wies der Angeschuldigte erneut in dem Bewusstsein, dass die fachliche Stellungnahme des Sachverständigen und die hieraus entstandenen Kosten allein seine Verteidigung als Privatperson in einem Strafverfahren betrafen, in seiner Eigenschaft als Bürgermeister die Verwaltungsgemeinschaft H. an, die Gutachtenrechnung auszuzahlen, so dass aus dem Gemeindehaushalt die Rechnung des Sachverständigen bezahlt wurde, während er sich eigene Aufwendungen ersparte. Der Gesamtschaden von 3.627,12 EUR wurde zwischenzeitlich vom Angeschuldigten zurückgezahlt.“

4. Nachdem das Landratsamt E.-... am 29. November 2010 seine Disziplinarbefugnisse nach Art. 18 Abs. 4 Satz 2 BayDG auf die Landesanwaltschaft Bayern übertragen hatte, leitete diese mit Verfügung vom 2. Dezember 2010 gemäß Art. 19 BayDG wegen des Vorwurfs des Betrugs beim Verkauf der Grundstücke FlNr. 400 und 546 der Gemarkung H. ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein. Mit Verfügung vom 16. Februar 2011 dehnte sie das Disziplinarverfahren nach Art. 21 Abs. 1 BayDG weiter auf die Vorwürfe aus, der Beklagte habe den Gemeinderat im Zusammenhang mit dem Verkauf der Grundstücke nicht vollständig und zutreffend über den Sachverhalt informiert sowie ein zu seiner Verteidigung im Strafverfahren vor dem Amtsgericht E. vorgelegtes Gutachten vom 21. April 2010 im Namen und auf Rechnung der Gemeinde in Auftrag gegeben. Mit Verfügung vom 29. August 2011 dehnte sie das Disziplinarverfahren nach Art. 21 Abs. 1 BayDG erneut auf den Vorwurf aus, der Beklagte habe eine zu seiner Verteidigung im Strafverfahren vor dem Amtsgericht E. erstellte fachliche Stellungnahme vom 5. Juli 2010 im Namen und auf Rechnung der Gemeinde in Auftrag gegeben. Der Beklagte wurde jeweils gemäß Art. 22 BayDG unterrichtet, belehrt und angehört.

Mit Schreiben vom 19. September 2011 beantragte der Beklagte seine Entlassung als erster Bürgermeister nach Art. 19 KWBG a. F. aufgrund Dienstunfähigkeit und erklärte, für die Zukunft auf die Bewilligung von Ehrensold gemäß Art. 138 KWBG a. F. zu verzichten. Am 27. September 2011 stimmte der Gemeinderat dem Antrag auf Entlassung zu und erteilte dem Beklagten gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Art. 55 Abs. 4 KWBG a. F. die Erlaubnis, die Ehrenbezeichnung „Altbürgermeister“ zu führen. Mit Bescheid der Gemeinde vom 6. Oktober 2011 wurde der Beklagte zum 7. Oktober 2011 nach Art. 20 Abs. 1 KWBG a. F. als erster Bürgermeister entlassen.

Mit Verfügung vom 19. Oktober 2011 setzte die Landesanwaltschaft Bayern das Disziplinarverfahren im Hinblick auf das vorgreifliche Verfahren bezüglich des Verzichts auf den Ehrensold nach Art. 24 Abs. 3 Satz 1 BayDG aus.

Mit Schreiben vom 29. Mai 2012 erklärte der Beklagte gegenüber der Gemeinde, dass er seinen Verzicht hinsichtlich des Ehrensolds zurücknehme.

Mit Verfügung vom 4. Juni 2012 setzte die Landesanwaltschaft Bayern das Disziplinarverfahren gemäß Art. 24 Abs. 3 Satz 2, Abs. 2 BayDG fort.

Mit bestandskräftiger Verfügung vom 22. Juni 2012 ordnete die Landesanwaltschaft Bayern gemäß Art. 39 Abs. 2 BayDG unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Beklagte Überbrückungshilfe nach Art. 137a KWBG a. F. bzw. Ehrensold nach Art. 138 KWBG a. F. bezieht, deren Einbehaltung in Höhe von jeweils 30% an.

Zugleich forderte sie die Gemeinde unter Übersendung einer Abschrift der Verfügung mit Schreiben vom 22. Juni 2012 auf, den angeordneten Einbehalt zu vollziehen und Überbrückungshilfe bzw. Ehrensold jeweils um 30% zu kürzen, sobald der Beklagte Überbrückungshilfe und/oder Ehrensold beziehen sollte. Hiervon unberührt bleibe, dass die Gemeinde in eigener Zuständigkeit und Verantwortung über die Gewährung von Überbrückungshilfe und/oder Ehrensold an den Beklagten zu entscheiden habe.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 1. August 2012 bewilligte die Gemeinde dem Beklagten gemäß Beschluss des Gemeinderats vom 31. Juli 2012 für den Zeitraum vom 7. Oktober 2011 bis zum 6. Oktober 2012 eine monatliche Überbrückungshilfe nach Art. 137a KWBG a. F. in Höhe von 1.572,54 €. Die Überbrückungshilfe sei nach der Entscheidung der Landesanwaltschaft Bayern vom 22. Juni 2012 um 30% zu kürzen und betrage somit 1.100,78 € monatlich.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 28. November 2012 bewilligte die Gemeinde dem Beklagten gemäß Beschluss des Gemeinderats vom 30. Oktober 2012 ab 7. Oktober 2012 einen monatlichen Pflichtehrensold nach Art. 59 KWBG n. F. in Höhe von 1.384,76 €. Der Ehrensold sei nach der Entscheidung der Landesanwaltschaft Bayern vom 22. Juni 2012 um 30% zu kürzen und betrage somit 969,34 € monatlich.

Am 8. November 2012 erhielt der Beklagte gemäß Art. 32 BayDG Gelegenheit zur abschließenden Äußerung. Er beantragte, das Disziplinarverfahren einzustellen, da er gegenüber der Gemeinde auf den Ehrensold in Höhe von 30% verzichtet habe. Nach deren Angaben ist dort von einem solchen Verzicht aber nichts bekannt.

Mit Klage vom 27. Dezember 2012 hat der Kläger beantragt, dem Beklagten wegen der gegen ihn im Straf- und Disziplinarverfahren erhobenen Vorwürfe gemäß Art. 13 BayDG das Ruhegehalt abzuerkennen. Der Beklagte ist dem mit Schriftsatz vom 22. Februar 2013 und 14. Mai 2013 entgegengetreten und hat beantragt, die Disziplinarklage abzuweisen.

5. Mit Urteil vom 29. Januar 2014, den Bevollmächtigten des Beklagten zugestellt am 29. April 2014, hat das Verwaltungsgericht dem Beklagten gemäß Art. 13, Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BayDG das Ruhegehalt aberkannt. Das Disziplinarverfahren weise in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Hinsichtlich des Sachverhalts stünden die in der Disziplinarklage vorgeworfenen Dienstvergehen zur Überzeugung des Gerichts fest, die der Beklagte dem Grunde nach eingeräumt habe, auch wenn er sie z.T. rechtlich anders bewerte. Er habe den vom Urteil des Amtsgerichts E. vom 29. Oktober 2010, an dessen tatsächliche Feststellungen das Gericht gebunden sei, erfassten Betrug vorsätzlich und schuldhaft zum Nachteil der Eheleute K. begangen. Auch stehe aufgrund der Indizwirkung des Strafbefehls des Amtsgerichts E. vom 10. Oktober 2011 fest, dass der Beklagte die ihm vorgeworfene Untreue zulasten der Gemeinde vorsätzlich und schuldhaft begangen habe. Zudem sei aufgrund des Akteninhalts erwiesen, dass der Beklagte es unterlassen habe, den Gemeinderat vom Verkauf der Grundstücke ausreichend zu informieren. Durch sein Verhalten habe der Beklagte gegen seine Dienstpflichten gemäß Art. 34 und Art. 35 KWBG a. F. verstoßen und dadurch ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen i. S. d. Art. 48 KWBG a. F. begangen. Das Fehlverhalten wiege sehr schwer und führe zu einem endgültigen Vertrauensverlust. Am gravierendsten sei der Betrug gegenüber den Gemeindebürgern, bei denen ein Schaden von 12.500,-- € entstanden sei. Dabei könne den Beklagten nicht entlasten, dass er ohne persönliche Bereicherungsabsicht gehandelt habe. Ebenso schwer wiege auch die Untreue zulasten der Gemeinde hinsichtlich der Gutachterkosten, durch die sich der Beklagte in Höhe von 3.627,-- € (zunächst) persönlich bereichert habe. Um seine Absicht, die Eheleute K. zu betrügen, umsetzen zu können, habe er auch nicht davor zurückgeschreckt, den Gemeinderat bei der Beschlussfassung über den Verkauf der Grundstücke über den wahren Sachverhalt im Unklaren zu lassen. Als erster Bürgermeister habe er eine besondere Vertrauensstellung in herausgehobener Position und eine Vorbildfunktion innegehabt, in der er versagt habe, so dass er untragbar geworden sei. Zugunsten des Beklagten sei zu werten, dass er bis auf die genannten Verurteilungen weder disziplinar- noch strafrechtlich vorbelastet sei. Auch habe er den verursachten Schaden wiedergutgemacht. Zudem sprächen die vielfachen Verdienste des Beklagten um das Wohl der Gemeinde zu seinen Gunsten. Gegen ihn spreche jedoch, dass er nicht davor zurückgeschreckt habe, durch „Tricksereien“ zum Erfolg zu kommen. Er habe auch in der erforderlichen Gesamtschau das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren, so dass ihm das Ruhegehalt abzuerkennen sei.

6. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 29. Januar 2014 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen.

Der Beklagte unterliege nicht dem persönlichen Geltungsbereich des Bayerischen Disziplinargesetzes, da er auf Antrag als erster Bürgermeister entlassen worden sei. Bei Erlass der Verfügung vom 22. Juni 2012 sei kein „Ehrensold“ bewilligt gewesen. Durch die nachträgliche Bewilligung des um 30% gekürzten „Ehrensolds“ unterfalle er nicht Art. 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayDG. Die Kürzung des „Ehrensolds“ finde in Art. 60 KWBG n. F. keine Rechtsgrundlage. Die von der Gemeinde in eigener Verantwortung beschlossene Kürzung der Bezüge, mit der sie die Dienstvergehen des Beklagten abschließend sanktioniert habe, sei trotz der Falschbezeichnung eine Maßnahme sui generis, die nicht der gerichtlichen Überprüfung nach dem Bayerischen Disziplinargesetz unterliege. Art. 13 Abs. 1 BayDG gehe vom ungekürzten Ruhegehalt aus, bei einem um 30% gekürzten Ruhegehalt liege ein Unterhaltsbeitrag nach Art. 13 Abs. 2 BayDG vor. Auch könne das Gericht nach Art. 6 Abs. 2 BayDG gegenüber Ruhestandsbeamten lediglich die Kürzung des Ruhegehalts auf bis zu fünf Jahre um höchstens 20% (Art. 12 BayDG) oder dessen Aberkennung (Art. 13 BayDG) verhängen. Die hier an sich gebotene Disziplinarmaßnahme einer dauerhaften Bezügekürzung um 30% sei nicht zulässig. Die Aberkennung der bereits um 30% gekürzten Bezüge sei unverhältnismäßig. Durch die Kürzung sei ein Disziplinarklageverbrauch eingetreten. Das Urteil verstoße deshalb gegen den Grundsatz des „ne bis in idem“ (Art. 103 Abs. 3 GG). Eine Umsetzung des Urteils wäre auch rechtlich unmöglich, da die Gemeinde den bestandskräftigen Bewilligungsbescheid nicht aufheben könne. Der Beklagte habe auf 30% des „Ehrensolds“ verzichtet, da er gegen den Bescheid vom 28. November 2012 kein Rechtsmittel eingelegt habe. Der sachliche Geltungsbereich des Bayerischen Disziplinargesetzes nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b) BayDG sei nicht eröffnet. Darüber hinaus seien die gegen Ehrenbeamte zulässigen Disziplinarmaßnahmen in Art. 6 Abs. 3 BayDG abschließend geregelt, die Aberkennung des Ruhegehalts sei danach nicht möglich. Zugunsten des Beklagten sei mildernd zu berücksichtigen, dass er sich in seiner 21-jährigen Amtszeit große Verdienste um die Gemeinde erworben und nicht eigennützig, sondern nur im Interesse des Gemeindehaushalts gehandelt habe. Er habe den Schaden auch wiedergutgemacht. Die Aberkennung des Ruhegehalts sei daher unangemessen, da der Beklagte auch nicht nachversichert werden könne.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt weiter aus: Der Beklagte beziehe nach der Entscheidung der Gemeinde vom 28. November 2012 Pflichtehrensold nach Art. 59 KWBG n. F. und unterfalle dadurch gemäß Art. 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayDG dem persönlichen Geltungsbereich des Bayerischen Disziplinargesetzes. Aus der Beschlussfassung vom 30. Oktober 2012 und dem Bescheid vom 28. November 2012 folge, dass die Gemeinde eine Entscheidung über Pflichtehrensold nach Art. 59 KWBG n. F. treffen habe wollen und auch getroffen habe. Die Kürzung des Ehrensolds um 30% führe nicht zu einer anderen Klassifizierung und sei für den persönlichen Geltungsbereich des Bayerischen Disziplinargesetzes nicht relevant. Selbst bei Annahme einer Leistung sui generis unterfalle der Beklagte jedoch dem persönlichen Geltungsbereich des Bayerischen Disziplinargesetzes, da nach Art. 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BayDG auch andere Unterhaltsbeiträge zu berücksichtigen seien, die unwiderruflich bewilligt seien. Durch Bewilligung eines um 30% gekürzten Ehrensolds sei keine Disziplinarmaßnahme nach dem Bayerischen Disziplinargesetz ausgesprochen worden, so dass in der Aberkennung des Ruhegehalts nach Art. 13 BayDG keine erneute Disziplinarmaßnahme liege. Der von der Landesanwaltschaft Bayern verfügte Einbehalt von 30% des Ehrensolds sei keine Disziplinarmaßnahme i. S. d. Art. 6 BayDG, sondern eine vorläufige Maßnahme i. S. d. Art. 39 Abs. 2 BayDG. Auch die Entscheidung der Gemeinde, dem Beklagten aufgrund des Einbehalts in Höhe von 30% lediglich einen gekürzten Ehrensold zu zahlen, stelle schon mangels Zuständigkeit keine Disziplinarmaßnahme dar und stehe daher einer Aberkennung des Ruhegehalts im Disziplinarverfahren nicht entgegen. Diese Maßnahme sei auch nicht unverhältnismäßig. Das Verhalten des Beklagten habe zu einem endgültigen Vertrauensverlust geführt, so dass ihm das Ruhegehalt abzuerkennen sei.

Der Senat hat am 7. Dezember 2016 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift Bezug genommen.

Zu Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Disziplinarakten und der Strafakten der Verfahren 6 Cs 902 Js 144703/08 und 9 Cs 902 Js 141146/11 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Beklagten zu Recht gemäß Art. 13 BayDG das Ruhegehalt aberkannt.

1. Verfahrenshindernisse bestehen nicht. Hierunter fallen neben dem Fehlen von Verfahrensvoraussetzungen wie etwa der Verfolgbarkeit von Tat und Täter auch sonstige schwere Mängel des Verfahrens, die nicht auf andere Weise geheilt werden können (BVerwG, B. v. 22.7.2004 - 2 WDB 4.03 - juris Rn. 4). Solche Mängel des Disziplinarverfahrens können sich z. B. aus der Verletzung von Vorschriften über den persönlichen bzw. sachlichen Geltungsbereich des Gesetzes (Art. 1 und 2 BayDG) oder der Nichtbeachtung von Maßnahmeverboten (Art. 15 und 16 BayDG) ergeben. Soweit derartige Mängel gemäß Art. 33 BayDG zur Einstellung des behördlichen Disziplinarverfahrens führen würden, haben sie regelmäßig auch die Unzulässigkeit der Disziplinarklage zur Folge (BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 - juris Rn. 13).

1.1 Der persönliche Geltungsbereich des Bayerischen Disziplinargesetzes, der Verfahrensvoraussetzung für die Verfolgbarkeit eines Dienstvergehens ist (BVerwG, B. v. 27.10.1993 - 1 DB 16.93 - juris Rn. 5), ist eröffnet. Der Beklagte unterliegt als Bezieher von Pflichtehrensold nach Art. 59 Abs. 1 KWBG (in der gemäß Art. 66 Abs. 1 KWBG am 1. August 2012 in Kraft getretenen Fassung der Bek. vom 24. Juli 2012 [GVBl. S. 366] = n. F.) gemäß Art. 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayDG dem persönlichen Geltungsbereich des Bayerischen Disziplinargesetzes.

1.1.1 Der Beklagte unterfiel vor seiner Entlassung auf eigenen Antrag gemäß Art. 19 KWBG (in der Fassung der Bek. vom 1. Januar 1983, zuletzt geändert durch § 7 des Gesetzes vom 16. Februar 2012 [GVBl. S. 30] = a. F.) mit Wirkung vom 7. Oktober 2011 als ehrenamtlicher erster Bürgermeister (kommunaler Wahlbeamter i. S. d. Art. 1 Nr. 1, Art. 4 KWBG a. F. i. V. m. Art. 34 Abs. 2 GO) dem persönlichen Geltungsbereich des Bayerischen Disziplinargesetzes, so dass am 2. Dezember 2010 nach Art. 19 BayDG ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet werden konnte. Nach Art. 1 Abs. 1 BayDG gilt das Bayerische Disziplinargesetz auch für (Ruhestands-) Beamte, auf die das Gesetz über Kommunale Wahlbeamte Anwendung findet. Hiergegen ist verfassungsrechtlich nichts zu erinnern (BayVerfGH, E. v. 18.5.1967 - Vf. 35-VII-63 - VerfGHE 20, 101/107 ff.; E. v. 19.4.1989 - Vf. 1-VI-88 - VerfGHE 42, 54/59 ff.).

1.1.2 Mit Ausscheiden aus seinem Amt als erster Bürgermeister ab 7. Oktober 2011 unterfiel der Beklagte zwar nicht mehr dem Gesetz über Kommunale Wahlbeamte und damit dem persönlichen Geltungsbereich des Bayerischen Disziplinargesetzes gemäß Art. 1 Abs. 1 BayDG, da er mit der Entlassung keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung hat, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 KWBG a. F.). Durch (rückwirkende) Bewilligung von Überbrückungshilfe nach Art. 137a KWBG a. F. ab 7. Oktober 2011 bzw. von Pflichtehrensold nach Art. 59 Abs. 1 KWBG n. F. ab 7. Oktober 2012 unterlag er jedoch erneut dem persönlichen Geltungsbereich des Bayerischen Disziplinargesetzes. Gemäß Art. 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayDG gelten als Ruhestandsbeamte auch frühere Beamte, die Ehrensold nach Art. 59 KWBG n. F. beziehen. Art. 59 KWBG n. F. ist auf den Beklagten anwendbar, da ihm Pflichtehrensold erstmals mit Bescheid der Gemeinde vom 28. November 2012 bewilligt wurde (Art. 64 Abs. 2 KWBG n. F.). Gleiches gilt gemäß Art. 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BayDG für frühere Beamte, die sonstige Unterhaltsbeiträge beziehen, die - wie Überbrückungshilfe - unwiderruflich bewilligt sind. Ihre Bezüge gelten als Ruhegehalt (Art. 1 Abs. 2 Satz 2 BayDG). Das Bayerische Disziplinargesetz trifft insoweit gegenüber dem Bayerischen Beamtenversorgungsgesetz eine eigene Regelung. Für den Vollzug des Bayerischen Disziplinargesetzes gelten die in Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayDG genannten Bezüge, die Grundlage für die Einbeziehung der Leistungsempfänger in den persönlichen Geltungsbereich des Bayerischen Disziplinargesetzes bilden, als Ruhegehalt. Da die dort im Einzelnen genannten Bezüge als Ruhegehalt gelten, sind sie als solche disziplinarrechtlich zu berücksichtigen (Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Stand August 2016, Art. 5 BayDG Rn. 5).

Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte mit Schreiben vom 19. September 2011 gegenüber der Gemeinde auf die Bewilligung von Ehrensold verzichtet hat. Unabhängig davon, ob auf Ehrensold verzichtet werden kann (bejahend: Nr. 3.12 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 18. Januar 1986 [Ehrensold für frühere Bürgermeister und Bezirkstagspräsidenten], Az. IB2-3001-8g/1 (86), MABl. S. 112 - Ehrensoldbekanntmachung) und ob die einseitige Verzichtserklärung wirksam war oder zu ihrer Wirksamkeit der Annahme durch die Gemeinde bedurft hätte, hat diese dem Beklagten mit Bescheid vom 28. November 2012 (ungekürzten) Pflichtehrensold nach Art. 59 Abs. 1 KWBG n. F. bewilligt, so dass er gemäß Art. 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayDG - nach wie vor - dem persönlichen Geltungsbereich des Bayerischen Disziplinargesetzes unterliegt.

Ausweislich der Beschlussfassung des Gemeinderats vom 30. Oktober 2012 und des Bescheids vom 28. November 2012 wollte die Gemeinde dem Beklagten einen Pflichtehrensold i. S. d. Art. 59 Abs. 1 KWBG n. F. bewilligen und hat ihm auch einen solchen bewilligt. Nach Art. 59 Abs. 1 KWBG n. F. ist einem ersten Bürgermeister für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Amt Pflichtehrensold zu bewilligen, wenn er aus dieser Tätigkeit außer Übergangsgeld keine Versorgung erhält, das sechzigste Lebensjahr vollendet hat und dieses Amt in derselben Gemeinde mindestens zwölf Jahre bekleidet hat. Diese Voraussetzungen liegen nach Auffassung der Gemeinde in der Person des Beklagten vor. Dieser hat in der Gemeinde vom 1. Mai 1990 bis zum 6. Oktober 2011 das Amt als erster Bürgermeister ausgeübt, das sechzigste Lebensjahr vollendet und erhält aus diesem Amt nach Ablauf der Überbrückungshilfe keine sonstige Versorgung. Die Bewilligung von Pflichtehrensold kann nach Art. 59 Abs. 5 KWBG n. F. zurückgenommen bzw. versagt werden, wenn sich der Empfänger des Ehrensolds nicht würdig erweist (BayVGH, B. v. 26.3.2015 - 3 BV 13.157 - juris Rn. 20). Die Gemeinde hat nach Erörterung im Gemeinderat eine Unwürdigkeit des Beklagten i. S. d. Art. 59 Abs. 5 KWBG n. F. verneint und diesem im Rahmen ihrer Zuständigkeit und in eigener Verantwortung den sich nach Art. 60 Abs. 1 KWBG n. F. errechnenden (ungekürzten) Pflichtehrensold in Höhe von 1.384,76 € bewilligt.

Daran ändert auch nichts, dass sie den dem Beklagten bewilligten Pflichtehrensold aufgrund der Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 22. Juni 2012 um 30% gekürzt hat, so dass dieser 969,34 € beträgt. Mit der Kürzung hat die Gemeinde als für die Auszahlung des Pflichtehrensolds zuständige Stelle lediglich die Anordnung nach Art. 39 Abs. 2 Satz 2 BayDG vollzogen, 30% des Ruhegehalts des Beklagten einzubehalten, aber keine Entscheidung als Dienstherr des Beklagten (Art. 2 Abs. 1 KWBG n. F. i. V. m. Art. 34 Abs. 1 Satz 1 GO) über eine anteilige Kürzung des Pflichtehrensolds getroffen. Darin liegt entgegen der Ansicht des Beklagten auch keine Maßnahme sui generis, die nicht der gerichtlichen Überprüfung nach dem Bayerischen Disziplinargesetz unterfallen würde, sondern nur der Vollzug des nach Art. 39 Abs. 2 Satz 2 BayDG verfügten Einbehalts, auch wenn er zeitgleich zusammen mit der erstmaligen Bewilligung des Ehrensolds vorgenommen worden ist. Eine anteilige Kürzung des Pflichtehrensolds fände in Art. 59 Abs. 1 und 5, Art. 60 Abs. 1 KWBG n. F. - anders als ggf. bei der Gewährung von freiwilligem Ehrensold nach Art. 59 Abs. 2, Art. 60 Abs. 2 KWBG n. F. (BayVGH, B. v. 21.7.2011 - 3 ZB 10.1484 - juris Rn. 4) - auch keine Rechtsgrundlage.

Der Beklagte hat demgemäß auch nicht auf 30% des Pflichtehrensolds verzichtet, indem er gegen den Bescheid der Gemeinde vom 28. November 2012 kein Rechtsmittel eingelegt hat und diesen bestandskräftig werden ließ, sondern lediglich keinen Antrag auf Aussetzung der Einbehaltung von Bezügen gemäß Art. 61 BayDG gestellt und so die Einbehaltungsverfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 22. Juni 2012 unanfechtbar werden lassen. Demzufolge kommt es auch nicht darauf an, ob die Gemeinde ihren bestandskräftigen Bescheid vom 28. November 2012 aufheben bzw. ändern könnte. Auch der Hinweis darauf, dass Art. 13 Abs. 1 BayDG von einem ungekürzten Ruhegehalt ausgehe, während es sich bei einem um 30% gekürzten Ruhegehalt nur um einen Unterhaltsbeitrag i. S. d. Art. 13 Abs. 2 BayDG handle, liegt neben der Sache. Nach Art. 13 Abs. 2 Satz 1 BayDG wird ein Unterhaltsbeitrag in Höhe von 70% des Ruhegehalts gewährt, wobei eine Einbehaltung des Ruhegehalts nach Art. 39 Abs. 2 BayDG unberücksichtigt bleibt. Im Übrigen ändert die (vorläufige, vgl. Art. 40 Abs. 5, Art. 41 BayDG) Einbehaltung nichts am Rechtscharakter des Pflichtehrensolds als Ruhegehalt i. S. d. Art. 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BayDG.

Selbst wenn man jedoch von einer gemeindlichen Maßnahme sui generis ausgehen wollte, würde dies nicht dazu führen, dass der Beklagte nicht mehr dem persönlichen Geltungsbereich des Bayerischen Disziplinargesetzes unterliegen würde, da die von der Gemeinde gewährten Leistungen jedenfalls als sonstige unwiderruflich bewilligte Unterhaltsbeiträge i. S. d. Art. 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BayDG anzusehen wären. Dabei handelt es sich um einen Auffangtatbestand, der alle unwiderruflichen Leistungen des früheren Dienstherrn erfasst, die der frühere Beamte im Zusammenhang mit seinem Dienstverhältnis erhält (Zängl, a. a. O. Art. 1 BayDG Rn. 19).

Vor diesem Hintergrund wurde das Disziplinarverfahren zu Recht am 19. Oktober 2011 im Hinblick auf den vom Beklagten mit Schreiben vom 19. September 2011 erklärten Verzicht auf den Ehrensold nach Art. 24 Abs. 3 Satz 1 BayDG zunächst ausgesetzt und nach Widerruf des Verzichts mit Schreiben vom 29. Mai 2012 am 4. Juni 2012 nach Art. 24 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 BayDG fortgesetzt. Das Verfahren wäre allenfalls dann gemäß Art. 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayDG einzustellen gewesen, wenn der Beklagte aus seinem Amt als erster Bürgermeister ausgeschieden wäre, ohne dass ein weiteres für die Durchführung eines Disziplinarverfahrens nach Art. 1 BayDG genügendes Beamtenverhältnis fortbestanden hätte oder neu begründet worden wäre (Zängl, a. a. O. Art. 1 BayDG Rn. 3).

1.2 Entgegen der Behauptung des Beklagten ist auch der sachliche Geltungsbereich des Bayerischen Disziplinargesetzes eröffnet. Dieses gilt nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) BayDG für die von Ruhestandsbeamten im aktiven Beamtenverhältnis begangene Dienstvergehen i. S. d. Art. 48 Abs. 1 KWBG a. F. Um solche handelt es sich hier, da die dem Beklagten zur Last gelegten Handlungen aus den Jahren 2006 und 2010 in die Zeit als ehrenamtlicher erster Bürgermeister (1990 bis 2011) fallen. Nach dem Eintritt in den Ruhestand von ihm als Ruhestandsbeamter begangene, gemäß Art. 48 Abs. 2 KWBG a. F. als Dienstvergehen geltende Handlungen i. S. d. Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b) BayDG werden dem Beklagten nicht vorgeworfen.

1.3 Das Disziplinarverfahren ist auch nicht aufgrund des auch im Disziplinarrecht (entsprechend) geltenden Verbots der Doppelbestrafung (Art. 103 Abs. 3 GG, Art. 104 Abs. 2 BV) unzulässig und insoweit auch kein „Disziplinarklageverbrauch“ eingetreten. Das Verbot der Doppelbestrafung gilt unmittelbar nur für Verurteilungen aufgrund der (allgemeinen) Strafgesetze und nicht im Verhältnis von Strafrecht zum Disziplinarrecht (BVerwG, U. v. 11.4.2000 - 1 D 1.99 - juris Rn. 9). Es gilt darüber hinaus aber auch (analog) im Disziplinarrecht, als wegen eines Dienstvergehens nicht mehrere disziplinarische Sanktionen verhängt werden dürfen (BVerwG, U. v. 20.2.2001 - 1 D 55.99 - juris Rn. 61). Ein Disziplinarverfahren ist daher unzulässig, wenn ihm ein tatsächlicher Sachverhalt zugrunde liegt, über den bereits in einem früheren Disziplinarverfahren entschieden wurde. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass der Ehrensold bereits mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 22. Juni 2012 um 30% gekürzt worden sei, so dass eine vollständige Aberkennung des (gekürzten) Ruhegehalts unzulässig sei, handelt es sich bei der Einbehaltung von Bezügen gemäß Art. 39 Abs. 2 BayDG lediglich um eine vorläufige (Sicherungs-) Maßnahme, aber nicht um eine vorweggenommene Disziplinarmaßnahme i. S. d. Art. 6 BayDG (BayVGH, B. v. 28.1.1981 - Nr. 16 C 80 A.2066 - VGHE n. F. 34, 21/22). Die teilweise Einbehaltung des Ruhegehalts trägt dem Umstand Rechnung, dass einem Beamten, dem voraussichtlich das Ruhegehalt aberkannt werden wird, dieses nicht mehr in voller Höhe belassen werden soll, und endet mit dem rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens (Art. 40 Abs. 5 BayDG); soweit darin auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt wird, verfallen die nach Art. 39 Abs. 2 BayDG einbehaltenen Bezüge (Art. 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayDG), andernfalls sind sie nachzuzahlen (Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayDG).

Auch die Entscheidung der Gemeinde, dem Beklagten aufgrund des Einbehalts in Höhe von 30% lediglich einen entsprechend gekürzten Ehrensold auszuzahlen, stellt keine Disziplinarmaßnahme i. S. d. Art. 6 BayDG dar. Die Gemeinde hat damit nur die Anordnung der Landesanwaltschaft Bayern vollzogen, 30% des Ruhegehalts des Beklagten einzubehalten, aber keine eigenständige Disziplinarmaßnahme getroffen. Die dauerhafte Kürzung des Ruhegehalts um 30% wäre nach Art. 6 Abs. 2 BayDG nicht zulässig, da gegenüber Ruhestandsbeamten nur die Kürzung des Ruhegehalts auf bis zu fünf Jahre um maximal 1/5 (Art. 12 BayDG) oder die Aberkennung des Ruhegehalts (Art. 13 BayDG) möglich ist. Darüber hinaus ist die Gemeinde für die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen gegen den Beklagten als ihrem früheren ehrenamtlichen ersten Bürgermeister auch nicht zuständig. Bei Personen i. S. d. Art. 1 Nr. 1 KWBG a. F. (Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 KWBG n. F.) i. V. m. Art. 34 Abs. 2 GO, auch wenn sie Ruhestandsbeamte sind oder - wie der Beklagte - als solche gelten, nimmt die Rechtsaufsichtsbehörde (vorliegend gemäß Art. 110 Satz 1 GO das Landratsamt E.-...) die Disziplinarbefugnisse wahr (Art. 18 Abs. 4 Satz 1 BayDG). Diese hat ihre Befugnisse mit Schreiben vom 29. November 2010 nach Art. 18 Abs. 4 Satz 2 BayDG i. V. m. §§ 1 Abs. 2, 5 Satz 1 DVKommBayDG vom 29. Juli 2008 (GVBl. S. 552) auf die Landesanwaltschaft Bayern übertragen. Gegen Personen i. S. d. Art. 1 Nrn. 1 bis 3 KWBG a. F. (Art. 1 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 KWBG n. F.) wie den Beklagten können Disziplinarmaßnahmen zudem nur durch das Verwaltungsgericht verhängt werden (Art. 35 Abs. 5 BayDG). Daran ändert auch nichts, dass die Gemeinde zunächst in eigener Zuständigkeit und Verantwortung über die Bewilligung von Pflichtehrensold an den Beklagten zu entscheiden hatte.

Für eine Auslegung der von ihr getroffenen Entscheidung dahingehend, dass die Gemeinde dem Beklagten aufgrund der eigenen Würdigung seines Verhaltens nur einen um 30% gekürzten Pflichtehrensold gewähren wollte, um dieses angemessen zu sanktionieren, fehlt es sowohl an einer Tatsachengrundlage, noch gibt es eine Rechtsgrundlage hierfür. Auch lässt die Möglichkeit, einem früheren kommunalen Wahlbeamten, der Ehrensold bezieht, diesen durch Disziplinarurteil zu kürzen bzw. abzuerkennen, die Befugnis der Gemeinde unberührt, ihm den Ehrensold wegen unwürdigen Verhaltens zu entziehen; dasselbe gilt umgekehrt (Weigert, BayDO, Stand Februar 1995, Art. 13 Rn. 7). Daher stünde auch eine dauerhafte Kürzung des Pflichtehrensolds um 30% als beamtenrechtliche Entscheidung der Gemeinde einer Aberkennung des Ruhegehalts als Disziplinarmaßnahme durch Urteil nicht entgegen.

2. Das behördliche Disziplinarverfahren weist, wovon das Verwaltungsgericht zu Recht ausgegangen ist, keine formellen Mängel auf, insbesondere hatte der Beklagte in jeder Lage des Verfahrens Gelegenheit zur Äußerung i. S. d. Art. 22 BayBG. Solche Mängel wurden vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht.

3. Der dem Beklagten im Disziplinarverfahren zur Last gelegte, vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist zur Überzeugung des Senats erwiesen, zumal der Beklagte diesen auch in vollem Umfang eingeräumt hat.

3.1 Der dem Beklagten zur Last gelegte Betrug gemäß § 263 Abs. 1 StGB, der dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts E. vom 29. Oktober 2010 zugrunde liegt, steht nach Art. 25 Abs. 1, Art. 55 Hs. 1, Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Danach sind tatsächliche Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, das denselben Sachverhalt wie das Disziplinarverfahren betrifft, auch im Berufungsverfahren bindend. Es steht daher fest, dass der Beklagte vorsätzlich, rechtswidrig sowie schuldhaft und in Bereicherungsabsicht zugunsten der Gemeinde die Eheleute K. darüber getäuscht hat, dass das Grundstück FlNr. 400 der Gemarkung H. für 85.000,-- € statt 60.000.-- € veräußert worden wäre, wodurch diesen ein Schaden in Höhe von 12.500,-- € entstanden ist.

Der Senat hat auch keinen Anlass, sich aufgrund des Vorbringens des Beklagten von den Feststellungen des Strafgerichts zu lösen (Art. 55 Hs. 2 i. V. m. Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG). Danach sind die Disziplinargerichte nur an offenkundig unrichtige Feststellungen in einem rechtskräftigen Strafurteil nicht gebunden. Ein pauschales Bestreiten genügt hierfür nicht. Es müssen tatsächliche Umstände dargetan werden, aus denen sich die offenkundige Unrichtigkeit ergeben kann. Auch reicht die bloße Möglichkeit, dass das Geschehen objektiv oder subjektiv auch anders gewesen sein könnte, für einen Lösungsbeschluss nicht aus (BayVGH, U. v. 5.2.2014 - 16a D 12.2494 - juris Rn. 30). Der Beklagte hat die von ihm erstinstanzlich gemachten Einwendungen hinsichtlich der Aussagen der Zeugen D. und N. sowie des Sachverständigengutachtens S. zum Verkehrswert des Grundstücks FlNr. 400 im Berufungsverfahren nicht mehr aufrechterhalten. Zudem betreffen diese nicht näher substantiierten Einwände lediglich die Frage der Beweiswürdigung durch das Amtsgericht gemäß § 261 StPO, so dass die hiergegen gerichteten Angriffe nicht zu einem Lösungsbeschluss führen können (BayVGH, U. v. 5.2.2014 a. a. O. Rn. 31).

3.2 Auch die dem Beklagten weiter mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts E. vom 10. Oktober 2011 zur Last gelegte Untreue zulasten der Gemeinde in zwei Fällen gemäß §§ 266 Abs. 1 und Abs. 2, 263 Abs. 3 Nr. 4, 53, 56 StGB steht zur Überzeugung des Senats fest. Die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind zwar nicht gemäß Art. 25 Abs. 1 BayDG bindend, der Senat kann sie jedoch gemäß Art. 25 Abs. 2, Art. 55 Hs. 1, Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG ohne nochmalige Prüfung seinem Urteil zugrunde legen, da der Beklagte die ihm vorgeworfenen Taten mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 20. September 2011 eingeräumt hat. Danach steht fest, dass der Beklagte vorsätzlich, rechtswidrig sowie schuldhaft seine ihm nach Art. 37, 38 GO zustehende Befugnis, über das Vermögen der Gemeinde zu verfügen oder sie zu verpflichten, missbraucht und ihr dadurch einen Vermögensnachteil in Höhe von 3.627,12 € zugefügt hat, indem er zu seiner Verteidigung im Strafverfahren vor dem Amtsgericht E. vorgelegte Gutachten im Namen und auf Rechnung der Gemeinde in Auftrag gegeben hat. Daran ändert auch nichts, dass der Beklagte den Gesamtbetrag inzwischen an die Gemeinde zurückgezahlt hat, da der Beklagte sich durch die unrechtmäßige Nutzung öffentlichen Vermögens der Gemeinde für private Zwecke zunächst selbst ungerechtfertigt bereichert und einen entsprechenden Nachteil zulasten des Vermögens der Gemeinde damit billigend in Kauf genommen hat. Durch seine Verfügungen wurde das Vermögen der Gemeinde unmittelbar vermindert.

Soweit der Beklagte erstinstanzlich aufgrund der Angaben des Geschäftsleiters der Gemeinde H., eine Erstellung der Gutachten auch im Interesse der Gemeinde behauptet hat („Doppelwirkung“), wendet er sich nur gegen die rechtliche Bewertung seines Verhaltens, vermag aber die tatsächlichen Feststellungen im Strafbefehl nicht substantiiert in Frage zu stellen. Im Übrigen ist auch nicht nachvollziehbar, inwiefern die Gutachtenserstellung für ein bereits verkauftes Grundstück auch im Interesse der Gemeinde gelegen haben sollte.

3.3 Aufgrund des Inhalts der vorliegenden Straf- und Disziplinarakten ist außerdem erwiesen, dass der Beklagte es vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft unterlassen hat, den Gemeinderat vollständig und ordnungsgemäß über den Hintergrund des Verkaufs der Grundstücke FlNr. 400 und 546 zu informieren; dass der Beklagte so gehandelt hat, ergibt sich zudem aus den Gründen des Strafurteils, das der Beklagte nicht substantiiert in Frage gestellt hat.

4. Der Beklagte als ehemaliger kommunaler Wahlbeamter (früherer ehrenamtlicher erster Bürgermeister i. S. d. Art. 1 Nr. 1, Art. 4 KWBG a. F. i. V. m. Art. 34 Abs. 2 GO) hat durch sein Verhalten ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen i. S. d. Art. 48 Abs. 1 Satz 1 KWBG a. F. (nunmehr § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) begangen und dadurch vorsätzlich und schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt. Sowohl der Verkauf der im Eigentum der Gemeinde befindlichen Grundstücke als auch die Beauftragung von Gutachten im Namen und auf Kosten der Gemeinde durch den Beklagten war in sein Amt als erster Bürgermeister der Gemeinde und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden, da er diese Handlungen im Zusammenhang mit den ihm gemäß Art. 36 bis 38 GO zustehenden Befugnissen vorgenommen hat, so dass der Beklagte die Dienstpflichtverletzungen innerdienstlich begangen hat (BayVGH, U. v. 5.2.2014 a. a. O. Rn. 33). Durch sein Verhalten hat der Beklagte jeweils vorsätzlich und schuldhaft gegen die Dienstpflichten verstoßen, die Gesetze zu beachten, seine Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und bei seiner Amtsführung auf das Wohl der Allgemeinheit Bedacht zu nehmen (Art. 34 Abs. 1 Satz 2 KWBG a. F. bzw. § 33 Abs. 1 BeamtStG) sowie sich mit voller Hingabe seinem Amt zu widmen und es uneigennützig nach bestem Gewissen zu verwalten (Art. 35 Abs. 1 Satz 1 und 2 KWBG a. F. bzw. § 34 Satz 1 und 2 BeamtStG). Zudem hat er dadurch jeweils vorsätzlich und schuldhaft auch seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes missachtet (Art. 35 Abs. 1 Satz 3 KWBG a. F. bzw. § 34 Satz 3 BeamtStG).

5. Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen der Gemeinde und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist nach Art. 14 Abs. 2 BayDG auf die Höchstmaßnahme zu erkennen. Da der Beklagte, wäre er noch im Dienst, aufgrund seines Fehlverhaltens gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus seinem Amt als Bürgermeister hätte entfernt werden müssen, ist ihm als Ruhestandsbeamten gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 2, Art. 13 Abs. 1 BayDG das Ruhegehalt abzuerkennen.

Die Auffassung, dass nach Art. 6 Abs. 3 BayDG gegen Ehrenbeamte nur die dort genannten Disziplinarmaßnahmen verhängt werden könnten, liegt insoweit neben der Sache, da auch gegen ehemalige kommunale Ehrenbeamte wie den Beklagten als früheren ehrenamtlichen ersten Bürgermeister nach Eintritt in den Ruhestand (nur) die in Art. 6 Abs. 2 BayDG genannten Maßnahmen verhängt werden können.

5.1 Nach Art. 14 Abs. 1 BayDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, U. v. 10.12.2015 - 2 C 6.14 - juris Rn. 12). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amts erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG). Nur so können die Integrität des Beamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden. Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (BVerwG, U. v. 10.12.2015 a. a. O. Rn. 13).

5.2 Da die Schwere des Dienstvergehens nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z. B. Kern- oder Nebenpflichtverletzungen, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z. B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, U. v. 10.12.2015 a. a. O. Rn. 16).

Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, ist auch bei innerdienstlich begangenen Straftaten auf den gesetzlich bestimmten Strafrahmen zurückzugreifen (BVerwG, B. v. 5.7.2016 - 2 B 24.16 - juris Rn. 14). Vorliegend stellen die Taten, die dem Strafurteil des Amtsgerichts E. vom 29. Oktober 2010 und dem Strafbefehl des Amtsgerichts E. vom 10. Oktober 2011 zugrunde liegen - Betrug gegenüber Gemeindebürgern und Untreue in zwei Fällen gegenüber der Gemeinde -, die schwersten Dienstpflichtverletzungen dar. Dies ergibt sich schon daraus, dass für die Straftat des Betrugs nach § 263 Abs. 1 StGB ein Strafrahmen von bis zu fünf Jahren und für die Straftat der Untreue als Amtsträger in einem besonders schweren Fall gemäß §§ 266 Abs. 1 und Abs. 2, 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB ein Strafrahmen von bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe besteht. Begeht ein Beamter innerdienstlich eine Straftat, für die das Strafgesetzbuch als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht (hier sind es sogar bis zu zehn Jahre), reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U. v. 10.12.2015 a. a. O. Rn. 20).

5.3 Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung führt zur Aberkennung des Ruhegehalts des Beklagten, weil er durch sein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 BayDG). Eine vollständige Zerstörung des Vertrauens in die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit eines Beamten, die seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. bei Ruhestandsbeamten die Aberkennung des Ruhegehalts erforderlich macht, ist bei innerdienstlichen Betrugs- oder Untreuehandlungen i.d.R. anzunehmen, wenn entweder das Eigengewicht der Tat besonders hoch ist oder eine zusätzliche Verfehlung mit erheblichem disziplinarischem Eigengewicht vorliegt und durchgreifende Milderungsgründe fehlen. Erschwernisgründe können sich z. B. aus der Anzahl und Häufigkeit der Taten, der Höhe des Gesamtschadens und der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse ergeben. Die vollständige Ausschöpfung des Orientierungsrahmens ist hier wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten. Angesichts der Schwere der in den Strafverurteilungen dokumentierten mehrfachen Pflichtverstöße und des verursachten Gesamtschadens in Höhe von 16.127,12 € sowie der früheren Stellung des Beklagten als ehrenamtlicher erster Bürgermeister ist die Aberkennung des Ruhegehalts angemessen und erforderlich.

Innerdienstliche Betrugshandlungen eines Beamten zulasten Dritter (hier: Betrug gegenüber Gemeindebürgern) mit einem Schaden von 12.500,-- € rechtfertigen i.d.R. die Verhängung der Höchstmaßnahme, auch wenn sie - wie hier - zugunsten des Dienstherrn (Befreiung von der Aufzahlungspflicht) und somit ohne wirtschaftliches Eigeninteresse begangen werden (BVerwG, B. v. 6.5.2015 - 2 B 19.14 - juris Rn. 11). Zu diesen treten die Untreuehandlungen zulasten der Gemeinde, die nicht nur zu einem erheblichen Schaden in Höhe von 3.627,12 €, sondern auch zu einem eklatanten Vertrauensbruch geführt haben (SächsOVG, U. v. 7.3.2014 - D 6 A 555/10 - juris Rn. 86), und die unvollständige und unzutreffende Information des Gemeinderats über den Inhalt der Grundstücksgeschäfte nach Art. 46 Abs. 2 Satz 1 GO (BayVGH, B. v. 15.12.2000 - 4 ZE 00.332 - juris Rn. 14), wodurch der Beklagte gegen die aus der Stellung als erster Bürgermeister resultierenden Kernpflichten gegenüber seinem Dienstherrn verstoßen hat (BayVGH, U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris Rn. 132).

Erschwerend kommt hinzu, dass der Beklagte als erster Bürgermeister nach den kommunalrechtlichen Bestimmungen eine besondere Vertrauensstellung innehatte (BayVGH, U. v. 1.6.2005 - 16a D 04.3502 - juris Rn. 58). Ein erster Bürgermeister als kommunaler Wahlbeamter besitzt weitreichende Befugnisse in der Gemeinde. Dem stehen hohe Anforderungen an seine Führungsqualitäten und seine persönliche Integrität gegenüber. In der Gemeindeverwaltung besitzt er eine Vorbildfunktion für nachgeordnete Bedienstete. Außerdem steht er als gewählter Repräsentant seiner Gemeinde unter besonderer Beobachtung der Gemeindebürger. Sein Fehlverhalten ist demgemäß in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen der Öffentlichkeit in eine gesetzestreue Gemeindearbeit zu beschädigen (BayVGH, U. v. 5.2.2014 a. a. O. Rn. 48). Da der Beklagte als erster Bürgermeister Gemeindebürger betrogen, Gelder der Gemeinde veruntreut und den Gemeinderat nicht ordnungsgemäß informiert hat, was zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Ansehens seiner Gemeinde in der Öffentlichkeit geführt hat, ist sein innerdienstliches Fehlverhalten als so gravierend anzusehen, dass er als erster Bürgermeister untragbar geworden ist.

5.4 Die für den Beklagten sprechenden Entlastungsgründe besitzen demgegenüber sowohl für sich allein genommen als auch im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung kein derartiges Gewicht, um von der Verhängung der Höchstmaßnahme abzusehen.

Ein Absehen von der Höchstmaßnahme kommt nicht deshalb in Betracht, weil der Beklagte durch freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor drohender Entdeckung tätig von seinen Taten abgerückt wäre. Er hat die von ihm verübten Taten erst eingestanden und den durch ihn der Gemeinde verursachten Schaden erst ausgeglichen, als Ermittlungen gegen ihn eingeleitet worden waren. Von einer Freiwilligkeit der Offenbarung bzw. der Wiedergutmachung kann deshalb keine Rede sein. Die spätere Einräumung des Fehlverhaltens bzw. Wiedergutmachung des Schadens ist zwar zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, führt aber nicht zu einer milderen Disziplinarmaßnahme.

Auch die Würdigung des Persönlichkeitsbilds und der dienstlichen Leistungen des Beklagten führen nicht zum Absehen von der Höchstmaßnahme. Der Beklagte ist zwar weder disziplinarrechtlich noch (bis auf die ihm vorliegend zur Last gelegten Verurteilungen) strafrechtlich vorbelastet und ist auch im Übrigen den Dienstpflichten beanstandungsfrei nachgekommen. Die langjährige Beachtung der Dienstpflichten ist - selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen - für sich genommen aber regelmäßig nicht geeignet, schwerwiegende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. Ein Absehen von der Höchstmaßnahme ist auch nicht deshalb möglich, weil sich der Beklagte in seiner 20-jährigen Amtszeit unbestreitbar große Verdienste um seine Gemeinde erworben hat und durch die Ausweisung von Bauland sowie Gewerbeflächen, von denen er niemals persönlich profitiert hat, die Grundlage für bleibend hohe Gewerbesteuereinnahmen der Gemeinde gelegt hat. Das besondere Engagement des Beklagten als erster Bürgermeister im finanziellen Interesse der Gemeinde kann den von ihm gegenüber Gemeindebürgern verübten Betrug und die von ihm zulasten der Gemeinde begangene Untreue nicht aufwiegen. Auch wenn der Beklagte nach den von ihm erstinstanzlich vorgelegten Schreiben von Bürgern und Amtsträgern (siehe Anlagen B13 bis B28 der Klageerwiderung) wegen seiner Leistungen für die Gemeinde ein durchaus von vielen geschätzter Bürgermeister gewesen sein mag, stehen dem Beschwerden von Bürgern und Äußerungen von Gemeinderatsmitgliedern über die selbstherrliche, sich nicht an geltende Gesetze haltende Amtsführung des Beklagten in den ihm im vorliegenden Disziplinarverfahren zur Last gelegten Fällen gegenüber. Die subjektiven Stellungnahmen zugunsten des Beklagten werden durch das ihm vorgeworfene Verhalten relativiert und vermögen daher nicht die objektive Feststellung des endgültigen Vertrauensverlustes in Frage zu stellen.

Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass er hinsichtlich des von ihm verübten Betrugs nicht eigennützig, sondern lediglich im Interesse des Gemeindehaushalts gehandelt habe, vermag ihn dies ebenfalls nicht zu entlasten, weil ein Betrug durch einen ersten Bürgermeister gegenüber Gemeindebürgern, auch wenn er im Interesse der Gemeinde erfolgt ist, ebenso schwer wie ein Betrug zulasten des Dienstherrn wiegt. Im Übrigen ist ein strafbares Vorgehen, um der Gemeinde Aufwendungen zu ersparen, auch durch nichts zu rechtfertigen.

Auch die Tatsache, dass die gegen den Beklagten mit Strafbefehl des Amtsgerichts E. vom 10. Oktober 2011 verhängte Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, laut Beschluss des Amtsgerichts E. vom 9. Januar 2015 nach Ablauf der Bewährungszeit gemäß § 56g Abs. 1 StGB erlassen worden ist, weil sich der Beklagte nichts mehr zu Schulden hat kommen lassen, führt nicht zu einer nachträglichen milderen Bewertung seines gravierenden dienstlichen Fehlverhaltens und des dadurch verursachten endgültigen Vertrauensbruchs.

5.5 Erschwerend ist zulasten des Beklagten zu werten, dass er bei der Begehung der Taten eine erhebliche kriminelle Energie an den Tag gelegt hat. So hat er nach den übereinstimmenden Angaben der Zeugen D. und G. unmittelbar im Anschluss an die Verhandlung vor dem Landgericht A. am 24. August 2005 geäußert, den dort geschlossenen Vergleich „so zu regeln“, dass die Eheleute K. hieraus keinen Nutzen ziehen könnten, und hat den Betrug ersichtlich gezielt und planmäßig vorbereitet. Insoweit ist der Beklagte auch nicht davor zurückgeschreckt, den Gemeinderat über den wirklichen Sachverhalt beim Verkauf der Grundstücke FlNr. 400 und 546 der Gemarkung H. im Unklaren zu lassen, um seine Absicht, die Eheleute K. zu täuschen und finanziell zu schädigen, in die Tat umsetzen zu können. Dabei hat er jedoch den Wert des Grundstücks FlNr. 546 im Grunde mit 0,-- € angesetzt, worin - worauf die Staatsanwaltschaft in ihrer Berufungsbegründung im Strafverfahren wegen Betrugs vom 6. Dezember 2010 zutreffend hingewiesen hat - ein weiterer Fall einer (tatmehrheitlich zum Betrug begangenen) Untreue zulasten der Gemeinde liegt, obwohl der Beklagte nur im Interesse des Gemeindehaushalts gehandelt haben will. Zudem hat der Beklagte bei der Beauftragung der Gutachten Geldmittel der Gemeinde eingesetzt, um sich selbst Aufwendungen in dieser Höhe zu ersparen, obwohl die Gutachten nur seiner Verteidigung im Strafverfahren dienen sollten, so dass er eigennützig und nicht zugunsten der Gemeinde handelte.

5.6 Eine noch positive Prognose zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme gebieten würde, ist in der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände danach nicht möglich. Der Beklagte hat vielmehr das Vertrauen der Gemeinde und der Allgemeinheit endgültig verloren. Ihm ist daher gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 2, Art. 13 Abs. 1 BayDG das Ruhegehalt abzuerkennen.

6. Die Aberkennung des Ruhegehalts ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Beamten staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Zudem darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den vom Beamten hinzunehmenden Einbußen stehen. Die Entfernung eines aktiven Beamten aus dem Beamtenverhältnis als disziplinare Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung auch die Zwecke der Generalprävention, der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen endgültig zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich seine Entfernung aus dem Dienst daher als die erforderliche sowie geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken des Disziplinarrechts Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme für den Beamten einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis - wie hier - endgültig zerstört, stellt die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen dar. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann nämlich auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Folge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BayVGH, U. v. 5.2.2014 a. a. O. Rn. 55). Für Ruhestandsbeamte gilt nichts anderes (BVerfG, NB. v. 22.11.2001 - 2 BvR 2138/00 - juris Rn. 3). Daher ist einem Ruhestandsbeamten wie dem Beklagten bei Vorliegen der eben genannten Voraussetzungen das Ruhegehalt abzuerkennen (BayVGH, U. v. 13.7.2011 a. a. O. Rn. 170).

Demgegenüber kann der Beklagte auch nicht einwenden, die hier an sich gebotene Disziplinarmaßnahme, nämlich die dauerhafte Kürzung des Pflichtehrensolds um 30%, sei nach dem Bayerischen Disziplinargesetz nicht zulässig, weil das Gericht gemäß Art. 6 Abs. 2 BayDG gegenüber Ruhestandsbeamten entweder die Kürzung des Ruhegehalts auf bis zu fünf Jahre um höchstens 20% (Art. 12 BayDG) oder die Aberkennung des Ruhegehalts (Art. 13 BayDG) verhängen könne, so dass die vollständige Aberkennung der bereits um 30% gekürzten Bezüge unverhältnismäßig sei. Wie eben dargelegt, ist die Aberkennung des Ruhegehalts geeignet und erforderlich und nicht etwa unverhältnismäßig, sondern die angemessene Reaktion auf das vom Beklagten verübte Dienstvergehen. Die Frage, ob die im geltenden Disziplinarrecht nicht vorgesehene Sanktionsmöglichkeit einer dauerhaften Kürzung von mehr als 20% des Ruhegehalts angemessen wäre, stellt sich deshalb vorliegend nicht.

Der Senat verkennt nicht, dass der Beklagte und seine Ehefrau von der Aberkennung des Ruhegehalts erheblich betroffen werden. Dies ist jedoch ausschließlich die Folge der vom Beklagten begangenen gravierenden Dienstpflichtverletzungen. Dem Beklagten steht zudem für die Dauer von sechs Monaten noch ein Unterhaltsbeitrag gemäß Art. 13 Abs. 2 Satz 1 in Höhe von 70% des ungekürzten Pflichtehrensolds von 1.384,76 € zu, d. h. die bislang an ihn gezahlten 969,34 €, der ggf. nach Art. 13 Abs. 4 i. V. m. Art. 11 Abs. 3 Satz 3 über sechs Monate hinaus verlängert werden kann, soweit dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 69). Da der Beklagte laut seinen Angaben im Disziplinarverfahren Alterseinkünfte in Höhe von (mindestens) 1.948,52 € monatlich bezieht, steht nicht zu erwarten, dass er die Sicherung des Lebensunterhalts für sich und seine Ehefrau nicht mehr gewährleisten kann.

Im Übrigen wird die Aberkennung des Ruhegehalts nicht dadurch unverhältnismäßig, dass die mittelbaren Folgen der Beendigung des Ruhestandsbeamtenverhältnisses den Beklagten ggf. hart treffen. Ein Ruhestandsbeamter, der als aktiver Beamter das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn zerstört hat, kann nicht verlangen, dass sein Beamtenverhältnis aus Gründen der Vermeidung sozialer Härten unverändert beibehalten wird. Er darf dadurch zwar nicht unter das Existenzminimum fallen. Ihn davor zu bewahren, ist jedoch allein Aufgabe der sozialrechtlichen Vorschriften und Leistungen (BVerfG, NB. v. 22.11.2001 a. a. O. Rn. 6; BVerwG, B. v. 17.5.2006 - 2 B 15.06 - juris Rn. 6; U. v. 23.11.2006 - 1 D 1.06 - juris Rn. 41).

Soweit der Beklagte behauptet, dass er als früherer kommunaler Ehrenbeamter im Gegensatz zu Beamten mit Versorgungsansprüchen, die im Falle der Aberkennung des Ruhegehalts gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 SGB VI in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert würden, nicht mehr nachversichert werden könne, ist die Frage, ob ein ehemaliger ehrenamtlicher erster Bürgermeister, dessen Anspruch auf Ehrensold untergegangen ist, für seine ehrenamtliche Tätigkeit nachzuversichern ist, nicht im vorliegenden Disziplinarverfahren, sondern vor dem Sozialgericht zu klären (OVG Koblenz, U. v. 5.8.1987 - 2 A 21/87 - juris). Dabei ist davon auszugehen, dass der Ehrensold zwar nicht selbst in der Rentenversicherung beitragspflichtig ist, da insoweit kein Beschäftigungsverhältnis mehr zwischen dem Beklagten und der Gemeinde besteht (vgl. Nr. 3.13 Ehrensoldbekanntmachung), dass jedoch die frühere Tätigkeit des Beklagten als ehrenamtlicher erster Bürgermeister in der Rentenversicherung beitragspflichtig war (BayVGH, B. v. 21.7.2011 a. a. O. Rn. 11). Im Übrigen dient der Ehrensold auch nicht als Versorgungsleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts, sondern ist als eine Art Treueprämie gedacht, um Bürgermeistern mit langer Amtszeit die Anerkennung der Gemeinde zuteilwerden zu lassen (BayVerfGH, E. v. 25.5.1970 - Vf. 18-VII-70 - VerfGHE 23, 115/117).

Die Aberkennung des Ruhegehalts kann auch nicht deshalb als unverhältnismäßig angesehen werden, weil der Beklagte bereits strafrechtlich verurteilt wurde. Zwar kann aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) die Verpflichtung hergeleitet werden, zu überprüfen, ob daneben noch eine Disziplinarmaßnahme erforderlich ist (BVerfG, B. v. 2.5.1967 - 2 BvR 391/64, 2 BvR 263/66 - BVerfGE 21, 378; B. v. 29.10.1969 - 2 BvR 545/68 - BVerfGE 27, 180). Das ist in Art. 15 Abs. 1 BayDG dahingehend konkretisiert, dass neben einer strafgerichtlichen Verurteilung pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahmen nicht (Nr. 1) bzw. nur unter bestimmten Voraussetzungen (Nr. 2) verhängt werden dürfen. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerwG, B. v. 23.11.2009 - 2 B 87.08 - juris Rn. 5). Damit ist nicht ausgeschlossen, die Überprüfungspflicht auch auf die disziplinarische Höchstmaßnahme zu beziehen. Insoweit stehen die strafrechtlichen Verurteilungen des Beklagten der Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme aber nicht nur nicht entgegen, sondern gebieten diese im Gegenteil sogar. Es ist mit der herausgehobenen Stellung eines ersten Bürgermeisters nicht zu vereinbaren, wenn dieser wegen Betrugs zulasten von Gemeindebürgern sowie wegen Untreue zulasten der Gemeinde vorbestraft ist (BayVerfGH, E. v. 19.4.1989 a. a. O. S. 63).

7. Nach alldem war die Berufung des Beklagten mit der Kostenfolge des Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG zurückzuweisen.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).

(1) Das Urteil wird, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, in der Regel in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet, in besonderen Fällen in einem sofort anzuberaumenden Termin, der nicht über zwei Wochen hinaus angesetzt werden soll. Das Urteil ist den Beteiligten zuzustellen.

(2) Statt der Verkündung ist die Zustellung des Urteils zulässig; dann ist das Urteil binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(3) Entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung, so wird die Verkündung durch Zustellung an die Beteiligten ersetzt.